Hattushiri: Pekeiraz = I'm rising

Das hier wird nur ein kleiner Eintrag, ein kurz gefasster Kommentar, ein geistiger Erguss (Thihi... Sie hat Erguss gesagt). Es ist nur deswegen kein Microblog, weil ich mich gern geschwollen ausdrücke meine gedanklichen Ansätze gern ausformuliere.

In vielen Satire-Blogs zum Thema "Als ich letztens verkaufen wollte" oder "Ich biete folgende Comissions an... But I won't doo thaaaat" begründen einige User ihre Anfrage mit "Das wäre total lieb!" oder "Ich bitte dich ganz doll aus vollem Herzen!" und auch auf Facebook haben einige Anfragen diesen Tonus. 

Ich werde es jetzt für den Anfang sehr hart formulieren und dann ausführen, was ich damit meine... meiner persönlichen Auffassung nach ist das eine Sonderform von dreist. 
Ich biete keine Comissions an, deswegen kann ich auch nicht aus Erfahrung sprechen, sondern aus der oberflächlichen Beobachtung, die man jedes Mal machen kann, wenn man einen derartigen Post oder die Kommentare dazu mitlesen kann. 

Um es noch einmal deutlich zu machen, User, die in dieser Form um Hilfe bitten oder einen Auftrag anbieten, sind seltenst unhöflich. Seltenst. Ausgenommen die klassischen Ausnahmen, die existieren, damit der höfliche Umgangston, der selbstverständlich sein sollte, im Vergleich gleich viel besser aussieht. Ich habe ein gedankliches Problem mit der Begründung. Denn seien wir mal ehrlich: Demjenigen, der seine Kunst oder sein Handwerk im Austausch gegen Bezahlung anbietet, kann mal absolut egal sein, wie lieb das doch wäre. 
Wenn ich als User einem anderen User, der, zum Beispiel, Comissions anbietet, und das ganz explizit gegen Entlohnung, eine Anfrage schicke, die rein Beispielsweise so aussieht:

"Hey Künstler XY, ich bin ein riiiiiiiesen Fan deiner Kunst und jetzt habe ich folgendes Problem: Ich brauche ganz dringend bis nächste Woche fünf Kakaokarten mit Monkey D. Ruffy Motiv, weil ich die mit meinen Freunden tauschen will und verschusselt hab, das abzusagen oder mich vor Wochen darum zu kümmern. Ich überschütte dich dafür mit [symbolischen] Keksen und ganz vielen Küssen und dass wäre soooo liiiiieb von Dir! Dankiiii!"

(Das ist jetzt natürlich ein rein fiktives Beispiel, aber, wie man an existierenden Auszügen aus Blogs und Postings lesen kann, leider nicht weit von der Realität entfernt)
Dann wäre das doch im Prinzip so, als würde ich in einen Laden spazieren, mir drei Packungen Mehl aus dem Regal nehmen und an der Kasse sagen "Ich kann die doch so mitnehmen? Ja? Weil das wäre soooo lieb, bitte bitte." Ihr erwartet eine Leistung, für die de facto jeder Mensch eine Gegenleistung erbringen muss, mal eben für euch erbracht, einfach weil ihr so süß und knuddelig(TM) und chrakterlich einfach dufte seid und eure ewige Dankbarkeit, die solange anhält, bis ihr das nächste Mal etwas braucht, das Äquivalent von Einhornkotze ist. 

Schlusswort: 
Liebe User,
Wenn ihr das nächste Mal wildfremde Personen im Internet darum bitten wollt, sich Arbeit für euch zu machen, sei es eine Comission, etwas zu nähen, eine Comission, etwas zu zeichnen oder zu entwerfen, sei es aktive Mithilfe bei euren ersten Gehversuchen mit Worbla (Die ich übrigens diese Woche noch vor mir habe, betet für mich) oder geht es darum, für euch 1200 Seiten nach euren Fotos der letzten Connichi zu durchforsten - Es spricht absolut nichts dagegen, um Hilfe zu bitten.
Aber bitte überlegt euch genau, wie ihr dieses Hilfegesuch formuliert. Denn - grob gesagt - als 100% fremde Person im Internet, die euch nicht kennt und euch nie begegnet ist, scheiße ich auf eure virtuellen(!) Kekse, eure Umarmungen, eure 15 Minuten ewiglicher Dankbarkeit, die Tatsache, dass ihr "Bitte bitte bitte bitte bitte" gesagt habt und ich kann in diese besonderen, einzigartigen und im WWW einmaligen Angelegenheit komplett darauf scheißen, wie liiiiiiieb ich wäre, wenn ich es täte.

Mit Gruß und Kuss

Hattu 

Oder: Nur weil man als professionelle Mitarbeiterin im Einzelhandel immer höflich und freundlich gegenüber den den Kunden bleibt, heißt das nicht, dass hinter dem eingefrorenen Lächeln nicht der Kessel brodelt. 

Gesagt:  "Wir werden schnellstmöglich eine Lösung zu ihrer vollen Zufriedenheit finden."

Gedacht: "Ich werde Dir jetzt schamlos Zucker in den Arsch blasen, damit du wenigstens einen nennenswerten Umsatz hinterlässt und sich der ganze Stress hier für mich lohnt."

Gesagt: "Es gibt keine unmöglichen Kunden."

Gedacht:  "Unmögliche Kunden sind auf zwei Beinen wandelnde Geldbeutel und wenn du sie zufrieden stellst, schütteln sie sich und schütten Umsatz aus. Die Umstände sind irrelevant."

Gesagt: "Ich habe diese Vorschriften leider nicht gemacht."

Gedacht: "Aber ich würde es auf der Stelle tun um Dich zu ärgern."

Gesagt: "Wir bieten Umtausch gegen Ware oder Gutschein"

Gedacht: "Wir zahlen kein Geld aus. Lies deinen blöden Kassenzettel"

Gesagt: "Wir gehen bei diesem Modell nur bis Cup H."

Gedacht: "Cup I! Cup I!!! Wie können wir das nur nicht haben! Hat doch jeder, sogar der KiK um die Ecke!"

Gesagt: "Das tut uns leid, wenn die Kolleginnen in der anderen Filiale nicht so freundlich zu Ihnen waren"

Gedacht: "Du hattest es verdient. Du hattest es bestimmt sowas von verdient."

Gesagt: "Die Sonderaktion ist leider bereits abgelaufen."

Gedacht: "Das tut mir jetzt leid... hihi... nein echt. So leid. ... hihi."

Gesagt: "Aber ja, sie können das gerne zuhause probieren und zur Not wieder umtauschen."

Gedacht: "Wag es! Wag es!! Bitch, unhygienische!"

Gesagt: "Diesen Vorgang müssen wir leider wie vorgeschrieben durchführen, damit in der Kassensoftware alles stimmt."

Gedacht: "Computer sagt nein..."

Gesagt "[Insert random phrase of customer service]"

Gedacht: "Seh ich aus, als hätte ich Zeit dafür?!"

Ihr merkt, da steckt eine Menge Frust und Aggression dahinter. Dadurch sollte nochmal deutlich werden, dass ich auf keinen Fall über alle meine Kunden so denke. Nur in einem gestressten Moment, wenn ich einen vor mir habe, der sich wirklich, wirklich Mühe gibt.
90% der Kunden am Tag sind angenehm und machen mir die Arbeit leicht. Bei den restlichen... ist es einfach eher eine Frage der Qualität, denn der Quantität.

Vorgeschichte: An einem vergangenen Samstag hatten wir eine "3 für 2"-Aktion. Der dritte(günstigste) Artikel war dabei geschenkt.

Frau A: "Frau S, könnten Sie mir bei dem Umtausch helfen? Ich bin da noch nicht so sicher."

Ich: "Aber freilich, ich schau mir die Sache doch mal an."

Ich begrüße die Kundin.

Kundin: "Ich möchte bitte dieses Teil umtauschen."

Frau A: "Hier ist auch der Kassenzettel. Ich habe den eingescannt, aber ich kann den Artikel nicht finden."

Ich: "Möchten Sie lieber gegen Ware tauschen oder lieber einen Gutschein."

Kundin: "Also, ich möchte das Geld zurück."

Ich: "Sie haben bei uns die Wahl zwischen Ware oder Gutschein, auch laut Kassenzettel, sehen Sie?"

Kundin: "Na gut, dann nehme ich einen Gutschein."

Frau A: "Hier ist der Artikel, aber die Kasse zeigt da keinen Preis an."

Ich: "Lassen Sie mich mal sehen... okay, ich weiß, woran es liegt. Das ist der Artikel, den Sie gratis erhalten haben. Den könnten wir Ihnen gegen einen gleichwertigen Artikel tauschen, dann erhalten Sie den sozusagen gratis."

Kundin: "Ich möchte für den Artikel aber bitte einen Gutschein."

Ich: "Aber Sie haben für den Artikel doch gar nichts bezahlt."

Kundin: "Ja, und?"

Ich: "Der Artikel hat damit einen Warenwert von 0€. Was sollte ich Ihnen daran denn erstatten?"

Kundin: "Ja, und jetzt?"

Ich: "Sie können der Artikel selbstverständlich umtauschen und wir geben Ihnen einen anderen dafür. Das können wir machen. Aber ein Gutschein macht so keinen Sinn."

Kundin: "Wieso denn nicht?"

Ich: "Wenn Sie ernsthaft einen Gutschein über 0€ haben möchten, den stellen wir Ihnen gerne aus."

Kundin: "Und mein Geld?"

Ich: "Sie haben für diesen Artikel nichts bezahlt. Der war geschenkt. Sie können aber gern einen anderen dafür haben."

Kundin: "Das möchte ich aber nicht."

Ich: "Dann bleibt Ihnen nur der Gutschein über 0€."

Kundin: "Ach so... na dann... Tschüss."

19:58

Ältere Kundin: "Ich hab das heute bei Ihnen gekauft, ich möchte das umtauschen."

Ich: "Gerne, das ist kein Problem. Möchten Sie gegen andere Ware tauschen oder lieber einen Gutschein?"

Kundin: "Ja, also eigentlich möchte ich es auf die Karte zurückgebucht haben."

Ich: "Tut mir leid, wir tauschen gegen Ware oder Gutschein."

Kundin: "Ja, aber das hat mir niemand gesagt!"

Ich: "Das steht auf Ihrem Kassenzettel. Sehen Sie? ... Hier."

Kundin: "Ja, das hab ich nicht gelesen! Ich möchte bitte gefälligst mein Geld zurück."

Ich: "Ich sehe eben nach, was sich eventuell machen lässt."

Kurze Rücksprache mit den Kolleginnen. 

Kundin: "Hören Sie, ich habe eine Lösung gefunden. Sie geben mir den Gutschein, ich gebe den der Kundin nach mir und die gibt mir das Geld."

Ich: "Okay, das können wir gerne so machen."

Kundin 2: "Können Sie mir bitte das Geld so wechseln, dass ich es der Dame passend geben kann?"

Ich: "Tut mir leid, ich darf grundsätzlich kein Geld wechseln."

Kundin 2: "Wie bitte? Was soll denn das? Obwohl ich was kaufe? Dann ist doch die Kasse offen."

Ich: "Ich halte mich an meine Vorschriften und ich darf Ihnen leider vorschriftsmäßig kein Geld wechseln."

Kundin 2: "Also, das ist doch... Sind Sie die Filialleitung?"

Ich: "Ich bin die Stellvertretung. Die Filialleitung ist nächste Woche wieder im Haus."

Kundin 2: "Ja gut, dann können Sie aber weitergeben, dass das nicht kundenfreundlich ist, kein Geld zu wechseln."

Ältere Kundin: "Denken Sie sich nix, das ist manchmal so... bei diesen jungen ehrgeizigen Führungskräften. Ich arbeite auch im Geschäft, wir dürfen auch nicht wechseln, wenn ich mich recht erinnere."

Kundin 2: "Ach, tatsächlich? Nun, vielleicht versteht die Dame das einfach gerade nicht, wie wir das mit dem Wechseln meinen."

Inzwischen habe ich den Umtausch durchgeführt, die Ware der nächsten Kundin kassiert und mit dem Umtauschbon verrechnet. Und bin nicht über die Theke und den Damen ins selbstgefällige Gesicht gesprungen.

Ich: "So, hier ist Ihr Kassenzettel, der Betrag vom Umtauschgutschein ist abgezogen."

Ältere Kundin: "Ich hab mich bei dem Teil in der Größe vertan. Ich schätze, bei Euch ist es wirklich das Beste, immer zu probieren."

Ich wünsche beiden Damen einen schönen Abend und nachdem beide das Geschäft verlassen haben, schließen wir ab und kümmern uns um den Tagesabschluss, während ich die Situation zusammenfasse.

Nina: "Die Ältere Dame hab ich heute Nachmittag abkassiert. Von wegen, 'Auf die Karte zurückbuchen'. Die hatte mir schon einen riesen Stress gemacht, weil sie mit der Karte nicht zahlen konnte, die war nämlich nicht gedeckt."

ICH HÄTTE ES JA NICHT FÜR MÖGLICH GEHALTEN.

(Liebe Leser, bitte stellt euch anstelle jedes "Oooh" einen langgezogenen geseufzten Klagelaut vor. So einen "Mir gehts so schlecht, alles ist Elend, welch eine Prüfung ist das Leben"-Laut)

Kundin: "Ich möchte bitte Badeanzug umtauschen."

Ich: "Gerne, dass ist kein Problem. Möchten sie sich umsehen und gegen andere Ware tauschen oder möchten sie lieber einen Gutschein?"

Kundin: "Oooh... Ich möchte lieber Geld."

Ich: "Diese Option bieten wir leider nicht an, wir tauschen gegen Ware oder Gutschein."

Ich zeige ihr, an welcher Stelle auf ihrem Kassenzettel der Disclaimer steht, wie lang und wie umgetauscht werden kann. 

Kundin: "Ooooh... können sie nicht machen?"

Ich: "Tut mir sehr Leid, ich kann Ihnen nur diese beiden Optionen bieten."

Kundin: "Ooooh... Dann ich nehme Gutschein" 

Ich: "Alles klar, dann tauschen wir gegen Gutschein."

Kundin: "Haben sie vielleicht Wasser für mich? Einen Wasserspender? Automat?"

Ich: "Tut mir leid, wir haben keinen Wassertank hier im Laden. Ich glaube, nebenan im Müller steht so einer."

Kundin: "Oooh... aber hier haben sie keinen stehen?"

Ich: "Ich habe hier drin leider keine Möglichkeit, Ihnen etwas anzubieten."

Kundin: "Das ist aber schlecht... dass sie sowas nicht haben... ich habe sehr Durst..."

Ich: "Ich führe eben den Kassenvorgang durch, das geht ganz schnell. Das wird Sie nicht lange aufhalten."

Kundin: "Oooh... "

Ich arbeite an der Kasse, während meine Bezirksleitung meine Damenabteilung auf den Kopf stellt, bzw. sie für die Herbstware umbaut.

Kundin: "Sagen Sie mal, wo sind denn ihre ganzen Klamotten?"

Ich: "Sie meinen die Sommerware? Die haben wir allmählich komplett abverkauft und jetzt bekommen wir allmählich die Herbstware geliefert."

Kundin: "Jetzt schon?"

Ich: "Ja, damit wir, bei einer Lieferung pro Woche pünktlich für Anfang September nur noch ausschließlich aktuelle Kleidung für Sie anbieten können."

Kundin: "Ach so. Und wir hatten schon gedacht, Ihr macht hier zu, weil's so leer ist."

Ich: "Ahaha... Ach nein, der Laden hier bleibt offen."

Kundin: "Und Sie sind sich sicher, hier wird nicht zugemacht?"

Bezirksleitung läuft hinter mir vorbei.

Ich: "Ich verspreche Ihnen, solange ich hier bin, machen die hier nicht zu."

Bezirksleitung versteckt sich lachend im Büro.

Meine lieben Leser, meine lieben Abonennten und liebe User hier auf Animexx.

Zunächst einmal: Danke für Eure Aufmerksamkeit. Danke für Eure Kommentare. Auch Danke für Eure offene Kritik und das negative Feedback. Danke, dass Ihr den Inhalt meiner Texte in Euren Kopf gelassen habt. 

Ich habe meinen aktuellen Job beim Discounter gekündigt. Nicht, weil es mir in etwa schlecht ging. Der Job war, was er eben war und jeder Job hat so seine Schattenseiten. Zu meinen Kollegen habe ich ein gutes Verhältnis und meine Chefin bete ich regelrecht an. Sie war übrigens der Hauptgrund, warum ich es mir fast noch einmal überlegt hätte, als ich auf die einzelne, aus einer Laune heraus abgeschickte Bewerbung hin plötzlich einen Anruf erhielt.

Mein neuer Arbeitgeber ist ein Unternehmen, das aus den Niederlanden stammt und Damenunterwäsche vertreibt. Die Betriebsform ist eine völlig andere, ich wechsle hier vom Discounter zum Fachgeschäft und von der Form der Selbstbedienung zur vollen Beratung. Ich bin nicht mehr in der Führungsposition, allerdings in der Assistenz und arbeite sozusagen in Koop mit der Filialleitung zusammen. 

Ab dem 01.08.2015 bin ich also nicht mehr für das Unternehmen tätig, in dessen täglichen Betrieb mir so viele wunderliche und des Festhaltens würdige Ereignisse begegnet sind. Auf dieser Basis weiß ich nicht, ob es in meinem Betriebsalltag noch weiterhin zu Anlässen für "Kassengeflüster"-Einträge kommen wird. 

Sollte mir doch noch ein weiteres Mal ein Kunde unterkommen, der mir mit seinem Verhalten die Haare zu Berge stehen lässt oder ich etwas anderes finden, dass sich niederschreiben und teilen lässt - Ihr werdet von mir hören. 

Angeregt durch ein Gespräch vom gestrigen Abend habe ich mir meine Gedanken zum Thema Meilensteine es Lebens gemacht. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mich auf alle davon freue - wenn denn dann.

Sollte mein Freund doch noch mal so heftig stolpern, dass er vor mir auf den Knien landet - ich freue mich schon darauf, meinen Freunden, Bekannten, Verwandten, Kunden, Passanten auf der Straße, Hunden, Katzen und Mitarbeitern der Caritas breit grinsend mein "Bling-Bling-am-Fing'" ins Gesicht zu halten. Facebook, Animexx und sämtliche übrige Communities, in denen ich eventuell noch angemeldet sein könnte, soll heißen, wo beim Anmelden meine Zugangsdaten noch erkannt werden, werden mit Fotos vom Finger bombardiert. 
Das ist natürlich stark übertrieben. Aber nichts und niemand wird mich davon abhalten können, der Welt meine unbändige Freude zu verkünden.

Auf meinem Junggesellinnenabschied müssen alle Anwesenden schwarz tragen, um ihre Trauer darüber auszudrücken, dass so eine Gold-mit-Gold-überzogene Trophäe wie Ich endgültig vom Markt ist. Ich werd sicher kein pinkes nicht passendes Shirt tragen und einen 1€-Schleier-Haarreif aufsetzen und Kondome in der Fußgängerzone verticken, nein, ich will Stripper, eine Mannschaft Maids und Hosts, die mir den ganzen Abend den Hintern hinterher tragen und mir permanent sagen, wie super ich drauf bin, obwohl ich doch keinen Alkohol trinke.

Sollte ich mich jemals doch mit dem Konzept des Kindergebärens anfreunden können, kann mein Umfeld schon einmal mit dem bauen von Fruchtbarkeitsstatuen anfangen um die glorreiche Fortpflanzungsfähigkeit meines göttlich weiblichen Körpers zu zelebrieren. Ich erwarte potentiell jeden Sitzplatz im Bus oder der Bahn und die anerkennenden Blicke der älteren Generation, dass ich zur Sicherung ihrer Rente beitrage.

Ich freue mich auch darauf, meine Panik vor dem Autofahren zu überwinden. Nicht mehr hyperventilieren zu müssen, sobald ich hinter dem Lenkrad sitze. Kein Herzrasen mehr, kein Zittern, kein Weinen. Ich werde mich dann in meinen eigenen Augen noch eher als vollwertig erwachsenen Menschen betrachten können, mit der Möglichkeit, ohne Fahrplan von A nach B zu gelangen und mich unabhängig von jeglicher Mitfahrgelegenheit zu machen.

Das ging jetzt in eine etwas andere Richtung, als ich erwartet hatte, als ich das Tippen angefangen habe.
Ich glaube, ich möchte damit sagen, dass man jeden auf seine Facon selig sein lassen sollte. Und sich auf die Art zu freuen, die für das selbst als die passendste erscheint.
Ich habe im Leben noch einige Meilensteine vor mir. Und ich freue mich schon.

Ich stehe an der Kasse und erledige Abschriften. 
Kunde schiebt mir eine DVD an den Rand der Kassentheke. 

Kunde: "Hier... können sie das extra kassieren?"

Ich drehe mich zu ihm um : "Äh. Wie bitte?"

Kunde flüstert: "Die hier. Nur schnell extra machen."

Der Kunde sieht sich immer wieder nervös um und entdeckt seine Frau, die auf ihn zu kommt. Sie sieht die DVD auf meiner Theke, es war übrigens diese hier:

Kundin: "Und was ist das?"

Kunde: "Ich nehm mir ein bischen Zauberei mit."

Kundin: "Nein! Also nein! Sowas kommt mir nicht ins Haus!"

Kunde: "Aber ich möchte mir ein bischen Zauberei mitnehmen..."

Kundin: "Ach was, Zauberei, das lässt du da! Können sie das wieder aus der Kasse nehmen?"

Ich: "Ich hatte es noch gar nicht aufgenommen."

Kundin: "Gut. Und du kommst jetzt mit, ich bin noch nicht fertig mit aussuchen!"

Bildquelle: http://ecx.images-amazon.com/images/I/810CG-hzdWL._SL1500_.jpg

... Er kam nun endlich auch an mir vorbei gefahren.

Auslöser für diesen Eintrag war der Post einer Hestia-Cosplayerin in der Animexx.de-Gruppe auf Facebook. Ja, Facebook. Diese Verhaltensstudie in Community-Form.
Ich möchte keinen Kommentar zu den Themen Victim Blaming und Slut Shaming an sich verfassen, denn da ist meine Ansicht rigoros und unerschütterlich: Verdient beides einen besonderen Platz in der Hölle.
Ich möchte nur schildern, wie der Post ablief, zumindest, soweit ich mitgelesen hatte. Ich werde keinen Screenshot posten, ich möchte nicht das gleiche auslösen wie beim letzten Mal, als ich mir nach einem Besuch auf Facebook einen Abdruck in Form der Tasten "4" bis "9" bzw. "R" bis "I" in die Stirn geprägt habe.

Die Cosplayerin postet also ein Foto von sich ihrem Cosplay. Es war ein gutes und charakternahes Cosplay. Wer sich gerade rein gar nichts unter der Situation vorstellen kann, der beauftrage bitte jetzt Google mit der Bildersuche nach "Hestia Anime". Ja. Bewbs.

Die Kommentare begannen mit "Sind die echt?"; "Kann man dich treffen?" und als die Cosplayerin darauf unwirsch reagierte, da sie garantiert das Wochenende mit derartiger Korrespondenz verbracht hatte, kamen von andere Userinnen doch ernsthaft Kommentare mit dem O-Ton "[...]Muss man doch damit rechnen[...]"; "[...]Ist selber Schuld[...]"; "[...]Große Brüste-Komplexe[...]" und mein erster Gedanke war nur: Mädels? Geht es eigentlich noch?
Ich dachte, das Thema Slut Shaming und "Cosplay is not consent" hätten wir durch! Ja, die Figur hat Gag Boobs. Ja, das ist definitiv kein ganzes Kleid. Aber, Ich kann mich trotzdem entscheiden, dieses Cosplay aus liebe zur Figur oder dem Design so authentisch wie möglich zu machen und niemand, wirklich niemand, hat das Recht, daraus einen Bezug zu meinem Schamgefühl herzustellen! Warum setzen wir beim Cosplay offensichtlich so andere Höflichkeitsmaßstäbe?
Beispielhafter Vergleich: Ich habe heute zur Animuc-Nachbesprechung ein rückenfreies Shirt angezogen. Ich mag das Shirt sehr sehr gerne. Damit mein BH am Rücken nicht sichtbar ist, habe ich eine BH-Verlängerung zum Einhaken benutzt.
Freitag Abend habe ich ein selbstgenähtes Maxikleid zum Essen getragen, dass leider am Bustier so gestaltet ist, dass nicht mal mein Low-Cut-BH davon verdeckt wird (Ich rede hier vom Neckholderträger). Ich habe es mit meinem Klebe-BH versucht gehabt und schließlich auf Nipple Covers vom H&M zurückgegriffen.
Diese Ausführungen bezüglich meiner Garderobe führen zu einem bestimmten Punkt: Ich hätte es als schwer unhöflich empfunden, wenn eine fremde Person mich darauf angesprochen hätte, was ich in diesen beiden Fällen drunter gehabt hätte. 
Selbstverständlich ist mir klar, dass im Internet so ganz andere Höflichkeitsstandards herrschen können, aber ist es wirklich der Usus, sich nicht mehr um gutes Benehmen zu bemühen, einfach, weils auch kein anderer tut?

Eine Cosplayerin, die ein knappes, sexy Cosplay trägt, setzt sich wissentlich dem Risiko aus, dass sie sexy darin aussehen könnte. Sie setzt nicht voraus, von Myriaden von Kommentaren überrollt zu werden, wie kurz ihr Rock ist, wie groß ihr Ausschnitt, ob die Möpse echt sind, sie ein Höschen drunter hat, ob sie sich auf ein Eis treffen möchte und ob sie denn schon 18 ist.

Und ich sage es hier, damit mein Animexx-Bekanntenkreis es lesen kann: Wer in meiner persönlichen Gegenwart der Meinung ist, wer Haut zeigt, hätte selbst Schuld am Fehlverhalten anderer, dass auf den Anblick von Haut erfolgt, oder andere Formen des Victim Blamings oder Slut Shamings betreibt, der verschwindet aus meiner Kontakliste, meiner Freundesliste, meinem Handyregister und meiner persönlichen Wahrnehmung menschlicher Existenz. 

My 2 Cents.

Nächste Woche folgen voraussichtlich neue Kassengeflüster-Einträge.