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Der Glasgarten

von

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Observation

~ Observation ~
 


 


 

"Dann vereinbaren wir ein weiteres Treffen mit ihr. Oder Brad macht es. Er scheint einen besseren Draht zu ihr zu haben als wir beide."

Manx würde nicht riskieren, auf die Hilfe von Schwarz zu verzichten, nicht aus reinem Stolz.
 

Plötzlich spürte Schuldig ein Lachen in sich hoch steigen. Leise sprudelte es hervor und er drehte sich zu Ran um. „Ich bin… wirklich bescheuert.“
 

"Unter anderem auch, ja", gab Aya grinsend zurück.
 

„Na… Brad! Brad hätte sie nie gehen lassen, wenn sie ihm nicht alles erzählt hätte. Und er hat mit Sicherheit Informationen von ihr erhalten, die sie mir nicht offenbarte. Er wusste, dass ich sie hinausbefördern würde. Vielleicht hat sie ihn genervt, sonst hätte er sie darauf aufmerksam gemacht, dass ich gleich schlecht gelaunt ankomme.“ So ähnlich war es mit Sicherheit gewesen. Das Problem war…Brad würde ihnen nur das erzählen was er wollte.
 

"Brad weiß, dass sie wiederkommt. Er weiß, WANN sie wiederkommt. Er hat wie immer alles im Griff, schätze ich." Das war der tapfere Versuch von Optimismus, den Aya hier an den Tag legte.

"Wir sollten uns gleich in aller Ruhe mit ihm darüber unterhalten."
 

„… das „schätze ich“ war jetzt nicht gerade überzeugend, Honey“, meinte Schuldig ironisch. „Und du meinst, dass er mit dir redet, und dir alles sagt was du wissen willst?"

Wenn ich eins mit Sicherheit weiß, dann, dass er DAS nicht tun wird." Ein Schnauben entkam Aya und er schmuste mit seinen Lippen über Schuldigs Wange.

Dieser fing die zärtlich umtriebigen Lippen ein und schob seine Zunge besitzergreifend zwischen sie hindurch.
 

Das war doch ganz anders als der niedergeschlagene Schuldig von vorhin. So er des Öfteren Widerstand leistete und es Schuldig nicht ganz so leicht machte, so ließ er Schuldig nun seinen Willen und den Drang, der Stärkere von ihnen beiden zu sein.

Nicht, dass es Aya im Speziellen etwas ausmachte. Er stöhnte leise in den Kuss und schloss die Augen.

Schuldigs Arme schoben sich während des zärtlichen Kontakts unter Rans Armen hindurch. Seine Unterarme legten sich auf die Fliesen, zogen so den anderen mit und hielten ihn fest. Er drängte sich während des Kusses an den warmen Körper, der nun vom Wasser ebenso wie seiner berieselt wurde. Sie hatten seit dem Vorfall vor zwei Wochen keinen Sex mehr gehabt und Schuldig war sich auch jetzt nicht sicher ob es ein guter Augenblick war. Aber wenn nicht jetzt, wann dann?
 

Wenn nicht jetzt, wann dann, fragte sich auch Aya und ergab sich dem Kuss, ergab sich Schuldigs Nähe ersuchen. Dass er natürlich jetzt schon wieder seine Haare waschen durfte, nun...
 

Nun...
 

NUN...
 

Für Schuldig tat er vieles.
 

Nur marginal hörte er die Geräusche außerhalb der Dusche, wohl aber Brads Rumoren im anderen Zimmer. Was ihm, so hätte er es niemals von sich gedacht, durchaus Probleme bereitete. Schuldig und er hatten seit der S/M-Session keinen Sex mehr gehabt. Sie hatten es beide wieder nötig, eigentlich war es auch viel zu lange gewesen, doch etwas in Aya sagte ihm, dass es nicht fair war, den Amerikaner draußen darben zu lassen, während sie hier ihren Spaß hatten.
 

Was war schon fair?!, maulte seine egoistische Seite dagegen an und schmiegte sich enger an Schuldig.
 

„Schuldig...", murmelte er, und öffnete die Augen, der fairen, WEISSEN Seite Tribut zollend. „Was ist mit deinem Orakel drüben... wir können doch nicht einfach… während er im anderen Raum ist. Von wollen kann hier keine Rede sein, aber können?"

Schuldig schmiegte seine Wange an Rans, rieb mit seiner Nase über die warme nasse Haut des Japaners. Als er jedoch hörte was die so samtig dunkle Stimme durch das Rauschen des Wassers an sein Ohr schallen ließ stöhnte er frustriert. Seine Stirn legte sich auf Rans Schulter ab.

„Man, Ran. Ich weiß wie groß deine Abneigung ihm gegenüber ist, willst du ihm damit nicht eins auswischen? Wäre doch ‘ne tolle Gelegenheit!“, versuchte Schuldig in altbewährter Bad Guy Manier sein Glück beim weißen Rächer.

"Und du hättest kein, aber absolut gar kein Problem damit, dass er zwischenzeitlich hereinkommen könnte? Oder dass er uns hört, dass er auf uns wartet, obwohl wir beide beschlossen haben, dich heute Abend für deine Unverschämtheit nicht so einfach davonkommen zu lassen, dass er eine Vision von uns hat... das stört dich alles nicht?", grimmte Aya ungläubig. "Das wäre ja mal was ganz Neues, Herr Raubtierdompteur."

„Er hat nur dann eine Vision von uns, wenn er tatsächlich hereinkommt, was noch nicht gesagt ist. Außerdem können wir die Duschkabine schließen und…“ Dumm war nur, dass bei seiner ganzen Überlegung nicht einberechnet war, dass besagte Duschkabine komplett aus Glas war. Und es war nicht satiniertes Glas.

Als er den Fehler in seiner Argumentation erkannte seufzte er ergeben. „Gut… dann eben nicht. Dann aber später?!“ Er hob seinen Kopf und sah Ran halb schmollend an. Dabei brachte er es fertig das Grinsen welches sich auf seinem Gesicht zeigen wollte erfolgreich einzudämmen. „Ran… ich will mich mal wieder austoben… an dir?! Was kann denn daran schon verkehrt sein?“

"Daran ist gar nichts verkehrt", lachte Aya. "Mir gefällt der Gedanke sogar, aber mir gefällt der Gedanke nicht, dass wir es HIER tun, vor Brads Ohren und Augen."
 

Aya küsste Schuldig stürmisch auf die Lippen und rieb sich lasziv an ihm, nur um mit einem leisen Stöhnen ihr Vorspiel zu beenden.

"Ja... später."

„Super“, raunte Schuldig frustriert und halb stöhnend, als Rans Männlichkeit sich an seine drängte und diese zum Mitmachen animieren wollte. Nur um dann das Weite zu suchen.

„Sadist“, murrte Schuldig abschließend Ran hart auf die Lippen küssend, als der sich dann von ihm wegschob und aus der Dusche trat. „Wenn du dich traust, dann kannst du ja in das Zimmer kommen, das ein Stockwerk höher ist.“
 

Schuldig zog ein düsteres Gesicht, schnappte sich zwei Handtücher aus dem Regal und verließ nackt wie er war das Badezimmer. Und stand vor Brad, der sich umdrehte und ihn fragend anblickte. Er hatte die Fernbedienung in der Hand.

„Suchst du den pay-tv-Kanal?“, maulte Schuldig missgelaunt, hatte aber nicht ganz den Biss wie früher im Umgang mit Brad.

„Weshalb sollte ich für nacktes Fleisch bezahlen?“ Brad wandte sich nun komplett zu Schuldig um, ein wirklich gemeines Lächeln um die Mundwinkel spielend. „Wenn es mir so bereit… willig - oder sollte ich sagen bereit und willig – dargeboten wird?“

Schuldig fühlte wie seine Hände, die Handtücher sinken ließen, ungefähr auf Höhe seiner Leistengegend. Er hatte sie jedoch noch nicht ausgebreitet. Ihm war gerade aufgefallen, dass seine Kleidung noch im Bad war. Irgendwie war ihm entfallen, dass Brad hier draußen lauerte.
 

Durch die offene Tür bekam Aya die Diskussion - so man sie denn so nennen wollte - der beiden mit und musste grinsen. Schuldig hatte schlechte Laune und Brad wie immer Oberwasser. Das konnte nur schief gehen. Er trocknete sich rasch ab und steckte dann den Kopf zur Tür hinaus. "Keine Schweinereien, wenn ich nicht dabei bin", mahnte er und zog sich dabei an, halb von der Tür verdeckt.

„Dafür ist Schuldig zuständig.“ Brad drehte sich wieder zu den Nachrichten um. „Für die Schweinereien meine ich. Schließlich ist er es der, den Boden mit Wasser voll tropft. Oder mit anderen Körperflüssigkeiten, deren genauen Definition ich euch überlasse.“

Schuldig stand tatsächlich klatschnass und tropfend an der Tür. Er trat einen Schritt zur Seite und riss die Tür auf, sodass sein neugieriger Freund hindurch fallen konnte. Möglichst auf seine neugierige Nase.

So ganz tat Aya ihm nicht den Gefallen, auch wenn er den Anstand besaß, wenigstens die ersten Zentimeter in den Raum zu stolpern. Grollend richtete er sich auf und zog sich die Hose zu.

"Brad die Jungfrau", erwiderte er kryptisch.

Brad enthielt sich ob dieses Kommentars, der wie alle hier im Raum wussten an den Haaren herbeigezogen war. „Ich denke, dass hier nur einer im Raum aufgrund seiner Attribute an eine junge Frau erinnert.“ Schuldig wandte den Kopf zu Ran und grinste. Er zuckte mit den Schultern und ging ins Bad zurück. Zunächst trocknete er sich die Haare rasch ab, band die feuchten Strähnen zusammen und widmete sich dann der Trockenlegung seines Körpers.
 

"Oh es ging mir nicht um die junge Frau, sondern die Prüderie, die hier im Raum steht." Aya schüttelte den Kopf und verließ mit einem letzten Blick auf Schuldig die Suite. Er würde nach oben gehen und Schuldig das geben, was er brauchte, wonach er mit seinen Worten verlangt und mit seiner Frechheit verdient hatte.

Ein entschlossener und wasserdichter Plan reifte in seinen Hirnwindungen, als er den Aufzug nahm und sich zu seinem Zimmer bringen ließ.

Schuldig würde nicht lange Oberwasser haben.

Oben angekommen suchte er in der Bar nach etwaigen Hilfsmitteln, genauso wie im Bad und platzierte sie unauffällig neben und unter dem Bett…
 


 

o ~
 


 

Tokyo – einige Stunden zuvor…
 

Wäre Youji nicht so gerne ein Mann gewesen, so wäre er sicherlich als Frau geboren worden. Ganz bestimmt, wenn er sich seine heutige Beute ansah, die nun hinter ihm an dem kleinen Tisch lehnte und darauf wartete, angezogen zu werden.

Alibiaktivitäten. Alles Alibiaktivitäten um seine Unruhe zu beruhigen, die ihn seit Wochen nun befallen hatte. Sie würden bald untertauchen und Japan verlassen, wahrscheinlich für immer.

Er würde Ran zurücklassen.

Aber er wollte nicht.

Youji seufzte innerlich. Es war ein großes Opfer, das sie bringen mussten, fand er, denn es war ausgeschlossen, dass der rothaarige Mann mitkam. Nicht, wenn Schuldig nicht auch noch mitkam. Und mit Schuldig ganz Schwarz.

Da konnten sie auch gleich hierbleiben.

„Einmal Miso mit Chasshu-Schinken und extra Gemüse“, bestellte er an der Theke. Einen Blick auf die Auswahl musste er nicht mehr werfen, nahm er doch wie so oft das Gleiche. Der Mensch war eben ein Gewohnheitstier.

Sich wieder umdrehend, sah er sich seinem Tisch gegenüber, an dem nun jemand saß.

Jemand sehr bekanntes.

Der leicht erschrockene Gesichtsausdruck, dem sich Jei ausgesetzt sah war ein Stück weit vorherzusehen gewesen, auch wenn er selbst diesen Umstand als logischen Schluss auf das Fehlen seiner Teamkollegen ansah und wenig Überraschendes in ihm fand. Jeis unleserlicher Blick ruhte an diesem Tag nicht zum ersten Mal auf dem hellen Gesicht des Japaners, allerdings war es wohl die Nähe, die seinem Gegenüber einen kleinen überraschten Gesichtsausdruck beschert hatte.

Das aufgewühlte Innere des Blonden war ein stetiger Farbreigen, den Jei faszinierend fand, dennoch musste er sich eingestehen, dass bei diesem Individuum sein Gefühl für die Farben immer öfter in den Hintergrund trat und vom äußeren Erscheinungsbild und vom Wesen allgemein überlagert wurde. Was auf Jei befremdlich wirkte…

Der geschockte Gesichtsausdruck war nicht gänzlich auf Jeis Erscheinen zurück zu führen. Sicherlich... es war hauptsächlich darauf zurück zu führen, aber mehr erstaunte Youji Jeis Erscheinung.

Irgendwie zerrupft sah der Schwarz aus und… verwahrlost. Die Haare standen ab und die Kleidung saß auch nicht wirklich richtig. Sie war schmutzig.

Langsam drehte sich Youji zur Bedienung um.
 

„ZWEIMAL Miso mit Chasshu-Schinken...“, änderte er seine Bestellung ab. Wasser bekamen sie sowieso, das musste reichen. Den Alkohol konnte er sich nachher zuführen.

Youji kam zu dem kleinen Tisch und schob seine Tüten unter den Tisch.

„Was machst du hier?“

Jei hörte die Frage kaum, er war zum großen Teil damit beschäftigt eine Bestandsaufnahme der Umgebung zu machen, sich selbst und seinem Gegenüber in diesem Areal seiner Wahrnehmung einen Platz zu sichern in dem Eindringlinge mit negativen Absichten schnell auffallen würden.

Ganz davon abgesehen hatte ihm Crawford ein Verbot auferlegt, weder den Blumenladen näher in Augenschein zu nehmen, ihn gar zu betreten noch mit dem ‚Playboy’ zu sprechen.

Schweigend wurde er hier angestarrt, was Youji für einen Moment lang blinzeln ließ. Kein Ton kam über die Lippen des Iren, der sehr jung aussah, wie er hier saß. Mit dezenten Schmutzspuren im Gesicht als hätte er wie ein Dreijähriger im Dreck gespielt. Das grauweiße Haar wirkte feucht. Zwei Strähnen waren dem pinselartigen kurzen, strengen Zopf am Hinterkopf entkommen und hingen ihm ins Gesicht. Was den Iren nicht zu stören schien, da sie über die schwarze Augenklappe fielen. Die Lederjacke war bis unters spitze Kinn zugezogen, so als hätte es nicht feuchtwarme Temperaturen draußen. Das goldene Auge starrte ihn unfokussiert an. Eine seltsame Mischung dieses helle irritierende Gold des Auges in Verbindung mit den silberfarbenen Haaren.

Sehr, sehr jung.

Wie alt war er eigentlich? So alt, wie es die Kritikerakten vermuteten? Youji hatte noch nie über die Frage nachgedacht und spürte auch nicht den Wunsch, das jetzt zu tun, besonders nicht, als nun das Essen kam. Er hatte HUNGER!

Wie ein Wolf stürzte er sich auf seine Stäbchen und wünschte dem anderen einen guten Appetit, als dieser immer noch wie der Ölgötze dort saß.

„Willst du nichts essen?“, fragte er stirnrunzelnd, änderte nach ein paar Momenten jedoch seine Fragestellung. „Hast du Hunger?“

Jei hörte die Schlüsselworte und riss sich aus der Betrachtung der Farbzusammensetzung der emotionalen Lage seines Gegenübers los. Er nickte auf die Frage und legte den Kopf schief. Die feuchte Haarsträhne kitzelte ihn an seiner Wange.

Zum ersten Mal blickte er sich in dem Raum um in den er dem anderen gefolgt war und erkannte das Restaurant. Jetzt ließ er auch zu, dass in sein Gehirn der Duft von Essen wahrgenommen wurde.

So als ob Jei bis eben geträumt hätte... so sah es zumindest aus, als er sich dem Hier und Jetzt widmete. Zumindest war es das Letzte, was Youji mitbekam, bevor er sich an sein Essen machte und sich tief in der guten, heißen Suppe verkroch.

„Du siehst durcheinander aus. Wo warst du?“, fragte er in einem erneuten Versuch, Konversation zu betreiben. Und er hatte Erfahrung darin! Schließlich hatte er Ran auch erst einmal dazu überreden müssen, mit ihm zu sprechen... so unähnlich waren sich die beiden also gar nicht...

Himmel, was für ein Vergleich!

Jei empfand die Frage als unwichtig und widmete sich der Betrachtung des offenen Gesichts, der leuchtend tiefgrünen Augen und deren Ausdruckskraft im Verhältnis zur emotionalen Situation des Japaners.

Wie viel er doch aus ihnen lesen konnte…
 

Wieder war da nur Schweigen.

Youji grimmte zwischen zwei Stäbchen Nudeln in Richtung Jei und schluckte seinen Frust über die fehlende Kommunikation mit einem Glas Wasser hinunter.

„Voll heute, nicht wahr? Die Läden waren brechend voll, also noch voller als sonst. Man könnte meinen, morgen gäb‘s nichts mehr“, fing er einfach an, widmete sich dann allerdings wieder seinem Essen. Einfach reden. Das hatte bei Ran auch geholfen. Zermürbungstaktik.

Jei sah dem Geplapper eher zu, als es tatsächlich zu hören. Die Lippen des Mannes waren sehenswert. Da er sich nicht aktiv beteiligen musste, weil er es nicht durfte, beschränkte er sich auf Beobachtung.

Der Blonde schien aufgeregt zu sein. Jei ließ minimal seine Fähigkeiten zum Einsatz kommen, sorgte dafür, dass sein Gegenüber eine gewisse innere Zufriedenheit verspürte. Es war nicht nötig ein unerreichbares Ziel anstreben zu wollen, denn Jei würde sich am Gespräch nicht beteiligen. Also warum stellte der andere ihm ständig Fragen?

Youjis Bedürfnis zum Erzählen war mit der Zeit schwächer geworden, da er mehr und mehr damit beschäftigt war, sich in der Situation hier wohl zu fühlen. Richtig gut zu fühlen, wie ihm die Entspannung in ihm selbst mitteilte.

Doch irgendwie... er hatte doch einen Plan gehabt, einen festen, wieso war er jetzt davon abgewichen? Er war zufrieden, ja, aber...
 

„Hör auf“, sagte er leise, sanft, mit einem kurzen Blick in Jeis Auge.
 

Auch wenn er es bereuen würde, aber er wollte nicht diese... zugegebenermaßen sehr ansprechende, persönliche Droge. Er wollte... er selbst sein.

Wie ein Vogel ruckte Jeis Kopf den Hauch einer Bewegung zur Seite als wolle er genauer hinhören, als hätte er nicht verstanden. Der unfähige, plappernde Playboy, wie ihn Crawford früher benannt hatte, war nicht so unfähig, er hatte gespürt, dass Jei Einfluss geübt hatte.

Jeis Auge weitete sich in fragender und doch in erstaunter, hoffender Art.

Youji sah kurz hoch, dann wieder auf seine Suppe. In der nächsten Sekunde dann jedoch wieder ganz schnell in das Auge, das ihn nun in seiner... Überraschung... fixierte. Da, da war... die Lippen... da...

Youji dachte, er schaute nicht richtig. Das war doch ein minimales Lächeln auf den Lippen des Iren! Ein LÄCHELN!

Youji spiegelte es einen Moment lang, dann widmete er sich wieder seinem Essen. Er hatte den anderen überrascht. Vielleicht beeindruckt? Ein wenig stolz war er schon!
 

Wie weit würde er wohl mit dieser Art der Kommunikation bei dem Weiß Agenten gehen können?

Jei empfand es als äußerst interessant und sogar spannend was sich ihm hier auftat. Für einen Augenblick löste er ein Gefühl der Einsamkeit in dem anderen aus, nur kurz, nur schwach, dann einen Augenblick später, separierter ein Gefühl der Besorgnis.
 

Einsamkeit hatte Youji schon oft verspürt, besonders, nachdem Ran zu Schuldig gezogen war, Besorgnis ob ihrer Zukunft auch, doch beides stand in so abruptem Gegensatz zu der Entspannung oder seinem Normalzustand, dass auch dies noch ein weiterer Test war.

War es das wirklich? Testete Jei ihn? Spielte er Emotionen ein, wie andere Worte? Waren das seine Worte?

Aber was bedeuteten die „Worte“? Bedeuteten sie überhaupt etwas?

Du bist paranoid und zu lange Privatdetektiv gewesen, Youji, schalt er sich selbst und grimmte innerlich.

Wenngleich... wie wäre es damit, wenn er selbst versuchte, etwas zu senden? Wie bei Schuldig? Aber wie machte man das?

Youji versuchte, Freude in sich zu erzeugen, Freude über seine Einkäufe, über das Essen, über interessante Gesellschaft.

Jei beobachtete das Farbspiel, jedoch nahm er lediglich das wahr, was den Blonden in der letzten Zeit umtrieb: Einsamkeit, Sorge, Unzufriedenheit, Angst, Verletzlichkeit. Und das in verschiedenen Schattierungen. Dennoch passte das nicht zur Stärke vermittelnden Statur, Haltung und zum positiv vermittelnden Ausdruck in den grünen Augen. Warum war diese Stärke, die durchaus vorhanden war nur so beherrschend von destruktiven Gefühlen überlagert?
 

Nun war er wieder er selbst. Interessant. Sehr interessant. Aber auch gefährlich. Es waren nur feine Nuancen, die ihm in größeren Stresszeiten nicht auffallen würden. Doch jetzt, wo er Jei gegenübersaß, bemerkte er sie.

Ebenso wie er bemerkte, dass der Ire nicht aß. Youji nickte mit dem Kinn in Richtung Suppe.

„Sie ist gut... iss. Du hast Hunger.“

Jei nahm seine Hände unter dem Tisch hervor und besah sich die Stäbchen, nahm sie vom Tisch und fing an die Suppe zu essen.

Ein Zittern überlief ihn ob der Hitze.
 

Wo war der andere gewesen?, schoss es Youji erneut durch den Kopf, als er sich die Hände des Iren besah, deren Finger und Oberflächen vollkommen verschmutzt waren und danach schrien, gesäubert zu werden. Der ganze Mann schrie danach, gereinigt zu werden.

Ein paar interessante Gedanken huschten durch Youjis Hirnwindungen und einen Moment lang freute er sich, dass Jei kein Telepath war. Dann jedoch erinnerte er sich daran, dass der andere durchaus die Lust hatte verspüren können...

Lästig, das mit den PSI-Talenten. Sehr lästig.

Was auch zu einer etwas unüblichen Szene führte. Jei blickte auf, noch während er die Nudeln zum Mund führte. Er runzelte die Stirn, vergaß die Nudeln und die Suppe für den Augenblick. Gerade jetzt empfand er es als Fluch nicht mit dem anderen sprechen zu dürfen. So hätte er doch zu gerne herausgefunden warum er ein fluktuativ auftretendes Gefühl empfing, welches er in den erotischen Sektor einstufen würde.

Gerade beim Essen… hätte er nicht auf Lust stoßen dürfen, zumindest nicht bei seinem Gegenüber.

Jei fühlte sich seltsam. Die Hitze der Suppe wärmte offenbar auch sein Gesicht. War er so lange dort draußen gewesen, dass ein bisschen warme Nahrung gleich ein Gefühl der Hitze auslösen konnte?
 

Es konnte das Essen sein. Könnte. Hätte sein können. Was auch immer. Aber die Wangen waren rot, die Wangen des Iren waren rot!

Youji stellte sich insgeheim vor, wie diese durchaus lohnenswerte Ansicht durch ihn hervorgerufen wurde, dass er das mit seinen Gefühlen bewerkstelligt hatte. Es war eine gute Vorstellung, sogar eine, die spontan noch mehr Bilder des Iren in anderen Positionen mit anderen Tätigkeiten als dem Essen hervorrief.

Youji schüttelte sich aus diesen Gedanken wie ein nasser Hund. Zu lange keinen Sex mehr gehabt! Aber warum sprach er ausgerechnet auf den Iren so an?
 

Jei nahm sein Essen nach einigen Momenten des Betrachtens selbstständig wieder auf. Er versuchte unterdessen zu ergründen weshalb er sich fühlte als wäre er krank. Etwas stimmte nicht mit ihm. Offenbar war er zu lange mit der Observation beschäftigt gewesen und hatte seine körperlichen Bedürfnisse nach Schlaf, Erholung, Wärme und Nahrung vernachlässigt. Doch das war nicht das erste Mal und es fühlte sich auch unterschiedlich zu sonstigen Nachwirkungen ähnlicher Eskapaden an.
 

Sich der Gedanken des anderen unbewusst, beendete Youji sein Mahl, wartete dann auf Jei, auch wenn er sich bewusst war, dass sie vermutlich getrennte Wege gehen würden, sobald sie das Lokal verlassen hatten.

Diese und ähnliche Gedanken schwirrten in Youjis Kopf, als plötzlich ein Klingeln in seiner Nähe ihn in die Realität zurückzog. Verwirrt sah er auf den Iren, da es eindeutig von ihm kam. Sehr eindeutig.

Jeis hielt den Blick auf den anderen gerichtet, die Finger der linken Hand glitten automatisch in die eng anliegende Lederjacke und zogen ein Mobiltelefon hervor. Mit der anderen Hand behielt er die Stäbchen gerade dabei die letzten Streifen Gemüse aufzunehmen.

Er nahm ab und hörte Crawfords Stimme.

„Empfindest du es angemessen, wie du meine Anweisung in die Tat umsetzt?“

Jeis Blick hatte sich mit Yohjis verschränkt, der gerade den Kontakt brach um nach seiner Geldbörse zu suchen.

„Ja. Wortgetreu“, antwortete er mit brüchiger, rauer, da seit drei Tagen nicht benutzten Stimme.

Es war einen Moment ruhig in der Leitung.

„Gibt es Ergebnisse der Observation?“

„Ja. Aber keine signifikanten.“

„Du hast Freizeit. Es ist dir überlassen mit wem du sie verbringst. Und da du augenscheinlich eine schlechte Wahl getroffen hast und ich dich kaum davon abhalten kann ist meine Anweisung diesbezüglich hinfällig.“ Jei erwiderte nichts darauf, er blickte nur auf, verfolgte mit seinem verbliebenen Auge wie sein Gegenüber sich erhob.

„Und Jei… ich will keine zusätzlichen Komplikationen. Denk daran, er ist der zerbrechlichste von ihnen. Brichst du ihn, brichst du uns.“

Kurz darauf verstaute Jei sein Mobiltelefon ebenso schnell wie er es hervorgeholt hatte in der Jacke und nahm sein Essen wieder auf.
 

Währenddessen hatte Yohji das Essen bezahlt. Er griff sich nun seine Jacke, streifte sie sich über und nahm seine Tüten auf.

„Geh nach Hause und wasch dich. Du kannst ein Bad gebrauchen“, sagte er zu Jei gewandt, der ebenso wortkarg am Telefon wie im sonstigen Gespräch war.

Jei erhob sich und wartete bis der andere sich in Bewegung setzte. Er strebte eine andere Richtung an und verließ augenscheinlich den Blonden. Kudou jedoch ständig im Auge behaltend folgte er ihm schlussendlich doch.
 

Youji lief ein gutes Stück, in Gedanken immer noch bei dem Iren, der sich gerade von ihm hatte füttern lassen... zumindest Essen hinstellen lassen und dann wieder verschwunden war.

Seltsam, aber überaus interessant. Youji wusste nicht, ob dieses Interesse wirklich gut war, geschweige denn gesund. Der Ire war gefährlich, das hatte er bei vergangenen Aufträgen nur zu genau gesehen.

Und nun hatte er das Bild des friedlichen Mannes vor sich, der aß, trank, wieder ging... ihn mit positiven Gefühlen reizte, aber auch mit negativen.

Youji ließ sich mit den Menschenmassen mitziehen, kam schließlich in eine weniger dicht belaufene Gegend.

Erst dann sah er sich verstohlen um und sah in der Ferne... Jei.

Er wurde verfolgt.

Hartnäckig.

Eisern.

Beharrlich.

Youji blieb stehen und wartete.
 

Der Moment der Erkenntnis kam später als erwartet, sodass Jei erst jetzt der unausgesprochenen Aufforderung nachkommen und aufschließen konnte und wenige Meter vor dem anderen stehen blieb. Er sah den Mann ruhig an, wartete auf eine Reaktion, die unweigerlich kommen würde.
 

„Du willst bei mir duschen?“, kam das Unweigerliche in Form einer ungläubigen Frage zu Jei geschallt und Youji hob die Augenbraue.

„Will ich das?“, fragte Jei, seiner Stimme nicht genügend Vertrauen in ihre Kraft zusprechend. Sein Blick ging an Kudous Gesicht vorbei, er behielt die Menschen im Blick, die sich in ihrer Nähe aufhielten.
 

Er spricht mit mir, dachte sich Youji erstaunt, was sich aber nach außen hin nur in ein Lächeln umwandelte.

„Was würdest du sonst wollen, wenn du mich verfolgst?“

Jei antwortete nicht auf diese offenbar rein der Rhetorik geschuldeten Frage, er beschäftigte sich in diesem Fall mit der Absicherung der Umgebung und klinkte sich aus ihrer Unterhaltung aus. Es war wichtiger aufmerksam zu sein, als Small Talk zu betreiben. Es war wichtiger den Blonden abzusichern und sich mit ihm später ausführlicher zu beschäftigten, als seiner jetzt verlustig zu werden.
 

Und wieder wurde er mit Schweigen bedacht. Youji zuckte mit den Schultern und drehte sich um, lief einfach weiter. Jei würde ihm schon folgen, das wusste er. Und er würde ihm auch weiterhin folgen... hinein ins Hotelzimmer, das Youji stundenweise für ihn anmieten würde, damit er sich säubern könnte. Denn so, wie er aussah, war gerade niemand von Schwarz vor Ort, der für ihn diesen Part übernehmen könnte.

Youji seufzte innerlich. Aber er wollte es ja so.

Irgendwie... er fühlte sich verantwortlich.

Jeis Interesse galt nur der Umgebung und er folgte dem Blonden ohne zu wissen welches Ziel sie haben würden, wie ein ausgesetztes Hündchen, das sich seinen neuen Besitzer selbst auserkoren hatte.
 

Dieser führte sie nun in eins der günstigen, aber noch relativ guten Hotels und mietete für sie ein Zimmer für fünf Stunden an. Das durfte reichen um den Iren sauber zu bekommen.

Wohl wissend, wie das aussehen musste, hier mit einem anderen Mann einzukehren, noch dazu mit Jei, noch dazu mit den Einkaufstüten, nahm er sich den Zimmerschlüssel und ging den engen Flur entlang.

Platz war Mangelware hier in Tokio.

Genauso sah das Zimmer aus. Vielleicht neun Quadratmeter... oder weniger. Ein kleines Badezimmer, aber es reichte.

Youji wartete, bis der Ire ihm nachkam.
 

Jei hatte nichts übrig für seine menschliche Umgebung. Als sie aus dem Aufzug traten sah er sich aufmerksam um. Der Fluchtweg war nur wenige Meter weit entfernt. Im Zimmer angekommen ging er zunächst zum Fenster hinüber, schob den Vorhang ein Stück zur Seite und blickte sich um. Kein Gebäude war ihnen zu nahe, die ersten folgten gegenüber der viel befahrenen Straße, unter ihnen war eine Baustelle. Er war zufrieden und entließ den Vorhang aus seinen Fingern.
 

So schloss sich die Tür hinter Jei und Youji drehte den Schlüssel um... damit sie auch ungestört waren.

Er besah sich den Iren, ließ seinen Blick über dessen muskulöse Gestalt gleiten. Jei war etwas kleiner als er, schmaler auch, aber ganz gewiss nicht schwächer. Schließlich konnte dieser Mann mit seinen Händen töten.

Youji kam zu ihm an das Fenster und sah hinunter.

„Die Dusche ist in dem kleinen Raum. Geh duschen“, sagte er in die Stille hinein.
 

„Warum?“, wandte sich Jei vom Fenster ab zu dem Blonden, der gerade seine Einkäufe neben dem Bett deponierte. Seine Stimme hörte sich in seinen Ohren seltsam fremd an. Er war zu lange unterwegs gewesen. Nun klang sie als gehörte sie ihm nicht – rauchig, heiser, defekt.
 

„Du bist schmutzig.“

Youji drehte sich anhand der Stimme um, die bei anderen Menschen sehr vielversprechend gewesen wäre. Bei Jei war sie vermutlich... normal. Einfach normal.

„Wo warst du?“, fragte er erneut.

„Eine Observation durchführen.“ Jei blickte an sich herab als wurde er sich zum ersten Mal bewusst, dass er ein menschliches Wesen war. Seine Hände hoben sich und er besah sie sich genauer. Er hatte keine Handschuhe an. Sie waren ohne Handschuhe tatsächlich schmutzig, die silbern feinen Schnitte an seinen Händen waren unter dem Schmutz verborgen.
 

„Beim Sakurakawa-Clan?“

Youji wusste über Ran und Manx, dass dieser Clan in der engeren Beobachtung stand. Anscheinend nahm der Verdacht nun dichtere Formen an. „Hast du etwas herausgefunden?“
 

Jei dachte an die interessanten Beobachtungen, die er gemacht hatte, an die Farbkonstellationen, an viele Dinge, die ihn die Zeit vergessen hatten lassen. Aber sie würden den Blonden nicht interessieren und Jei war sich nicht sicher, ob sie für Crawford wichtig waren.

„Ich denke nicht, dass etwas von dem was ich gesehen habe zum jetzigen Zeitpunkt von Interesse wäre. Die Aktivitäten lagen im normalen täglichen Bereich.“
 

Also nichts Verdächtiges.

„Wie lange warst du da?“ Jei sah schon beinahe verwahrlost aus... gemäß dem sonstigen Standard.
 

„57 Stunden und 26 Minuten“, sagte Jei und zog sich die Jacke aus, der Reißverschluss seiner Lederjacke glitt fast geräuschlos hinab. Er öffnete die untere Schließe und zog sich die Jacke aus. Sie kam mit dem unteren Ende, dem Saum auf dem Boden auf und blieb oben von ihm gehalten an seinen Fingern hängen.
 

Fast schon fragend blieb sie da hängen, als müsse Jei Youji fragen, ob er sich ausziehen dürfe.

Was Youji anbelangte, so hatte er nichts dagegen.

„Du hast die ganze Zeit nichts gegessen und getrunken?“, fragte Youji und legte seine Hand auf die Jacke, wartete ab und sah Jei in das ihn beobachtende Auge.
 

Jei blickte hinab auf die Hand, die die Jacke berührte und ließ sie los als er aufsah. „Es war nicht wichtig. Ich war beschäftigt.“
 

„Jetzt ist es aber wichtig. Du hast mehr als zwei Tage dort verbracht, ohne dich um deine Bedürfnisse zu kümmern. Zieh dich aus und dusch dich.“ Youji nahm die gewärmte Jacke an sich und legte sie bedächtig auf das Bett.
 

„Warum?“
 

„Weil...“ Youji kam Jei näher und lächelte leicht. „...ich es will.“

Jei sah sein Gegenüber fragend an. Er konnte den sanften Hauch des Atems an seiner Schläfe fühlen. Es kitzelte.

„Du glaubst dein Wille ist für mich absolut?“

„Brauchst du einen absoluten Grund um zu duschen oder reicht ein simpler Wunsch?“, hielt Youji dagegen und trat einen Schritt zurück.

Ein Wunsch war kein Wille und das war der springende Punkt in Jeis Überlegung. Auf seinem Gesicht erschien ein schmales gut verstecktes Lächeln. Der Blonde amüsierte ihn. Dennoch musste er sich waschen. Er drehte sich und sah hinaus. Es war noch nicht dunkel, der Tag dauerte noch an und somit war noch Zeit. Die Geschäfte hatten gerade erst geschlossen.

Ohne ein Wort zu sagen ging er in das Badezimmer und schloss die Tür. Er ließ die Dusche an und begann damit sich auszuziehen.
 

Das war einfach... fast schon zu einfach gewesen.

Während er dem Rauschen der Dusche lauschte, legte er sich auf das unbequeme Bett und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.

So einsam war er also schon, dass er mit fremden Männern auf Hotelzimmer ging und sie hier duschen ließ.

Nun gut, so ganz fremd war Jei nicht, aber Youji hatte nicht wirklich das Gefühl, ihn zu kennen. Er war zum guten Teil unruhig in dessen Gegenwart, auch wenn er interessiert war. Unruhig, weil er die dämonische Seite des anderen kannte.
 

Diese und andere Gedanken umgaben Youji wie einen bittersüßen Hauch... bis er sich schließlich bewusst wurde, dass das Wasser unnatürlich lange rauschte.

Es waren mehr als zwanzig Minuten vergangen, als Jei in die Dusche gestiegen war. Youji runzelte die Stirn. War etwas passiert? Er wusste es nicht. Aber dennoch ließ ihn eine gewisse Unruhe nicht los.

Also was blieb ihm anderes übrig als sich zu erheben und nachzusehen? Aber was würde er sehen, außer einem nackten Iren? Wie würde dieser darauf reagieren, wenn Youji ihn störte?
 

Drauf geschissen.
 

Youji stand auf und ging zum Bad, schob vorsichtig die Tür auf.
 

Das kalte Wasser rauschte über Jei hinweg und seine Aufmerksamkeit wähnte sich nicht in seiner unmittelbaren Umgebung sondern ein paar Stockwerke weiter unten. Er vertrieb sich die Zeit damit, die sein Körper damit zubrachte sauber gespült zu werden indem er die unterschiedlichen Emotionen der Hotelgäste bespannte. Dabei bemerkte er nicht wie die Tür aufging.
 

Somit hatte Youji genügend Zeit, sich den Oberkörper des anderen genau zu beschauen und festzustellen, dass ihm die dort abgebildeten Muskeln doch recht gut gefielen. Zudem das Wasser malerisch darüber prasselte. Die Haut war über und über mit Narben übersät, die an manchen Stellen ein Muster darzustellen schienen.

Schaurig schön, so sah es aus.

Allerdings war auf Höhe des Hosenbundes Schluss, denn die Hose hatte der Ire noch angelassen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Youji schließlich, als Jei ihn nicht einmal beim Eintreten und Beobachten zu bemerken schien.

Jei war momentan eher anderen Dingen zugeneigt, als sich von dem Japaner in seiner kontemplativen Stimmung stören zu lassen. Das Pärchen vier Zimmer weiter war in faszinierende Stimmungsschwankungen verstrickt…
 

Immer noch keine Reaktion. Was erst als einfache Frage begonnen hatte, wurde nun zur Sorge und schließlich überbrückte er die Distanz zu Jei, schob den Duschvorhang zur Seite und stellte sich seitlich hinter den anderen, dass dieser ihn sehen konnte, wenn er wollte.

Es regte sich auch hier nichts, also fasste er um Jei herum an den Schalter der Dusche und stellte sie ab, fasste den anderen schließlich sanft am Oberarm.
 

Etwas zupfte an Jeis Aufmerksamkeit und zog ihn dann sofort ins Hier zurück. Es war eine sorgenvolle Stimmung, die ihn von dem Pärchen sich losreißen und ihn reagieren ließ.

Er spürte die Berührung und die Sorge des anderen übertrug sich um ein Vielfaches wie der Inhalt eines übervollen Gefäßes in ein Leeres. Im gleichen Moment zuckte er innerlich vor dieser Intensität zurück, kontrollierte aber sogleich ebenfalls die Umgebung. Sein Blick fokussierte sich auf sein Gegenüber.

Seine Hand griff zielsicher zu der Brücke, die Kudous Gefühle mit seiner Empathie koppelte.

„Gibt es ein Problem?“
 

„Das könnte ich dich fragen. Alles in Ordnung? Du schienst abwesend zu sein.“ Jeis kalte Hand ruhte auf seiner und hielt sie fest, so blieb Youji in aller Ruhe hier stehen.

Bei anderen Männern hätte er gewusst, wie er sich zu Verhalten gehabt hätte, doch der Ire machte ihn vorsichtig, wusste er doch nicht, aus welcher Stimmung er den vernarbten Mann herausgeholt hatte.

Jeis Gesichtsausdruck wandelte sich in Unverständnis.

„Deine Besorgnis galt… mir?“ Er spürte die Wärme der Hand auf seiner kalten Haut, wie ein Glüheisen so heiß. Seine Hand war nicht im Stande die andere zu entfernen.

„Ich war abgelenkt.“
 

„Ja sicher galt sie dir. Wem sonst? Was hat dich abgelenkt? Sind wir in Gefahr?“ Immer noch hielten sie sich gegenseitig fest und keiner machte Anstalten, den anderen freizugeben. Youji für seinen Teil genoss die kalte Hand, die ein wenig hart schien, ein wenig rau.

„Deiner Sicherheit. Emotionen in dieser Umgebung. Nein, sofern meine Fähigkeiten die potentiellen Angreifer enttarnen können“, beantwortete er alle Fragen nacheinander.

„In Ermangelung der Fähigkeit unsere gegenwärtigen Feinde zu entlarven solltest du unsere Rückversicherung sein. Ich bin nutzlos was das anbelangt.“
 

„Du bist eine tödliche Waffe und weit davon entfernt, nutzlos zu sein.“ Aber in einigen Punkten hatte Jei vermutlich recht. Youjis Job war es jahrelang gewesen, nur das Schlimmste zu vermuten und jedem kleinen Hinweis nachzugehen. Das hatte ihn geschult, ebenso wie die Jahre des Kampfes als Weiß.

Er hatte nie Kräfte gehabt, die ihn im Kampf unterstützten, also brauchte er sie auch jetzt nicht, sondern verließ sich auf das, was er jahrelang geschult hatte.

„Willst du dich nicht ausziehen und richtig duschen?“

„Richtig?“ Jei erkannte anhand der Verbindung, die sie innehatten, dass die Sorge des anderen verblasst war und das übliche hintergründige Gefühlschaos, der sonstige Normalzustand einkehrte. Er ließ die Hand des anderen los.
 

„Dich einseifen, den Schaum abwaschen, dich abtrocknen...“ Youjis Hand sank an seine Seite, doch er bewegte sich noch nicht zurück. Noch blieb er in dessen Nähe, sich für einen Moment lang überlegend, wie es wäre, wenn er den Iren hier in der Wanne gegen die Wand vögeln würde, wie dieses ausdruckslose Gesicht sich nur für ihn rot färbte und die bleichen Lippen mit der tiefen Stimme sich nur...

Himmel, was war nur los?

„Es gibt interessantere Dinge, die mich fesseln als die körperliche Reinigung… mein… Kör…pers.“ Und schon in den letzten Worten hatte sich Jei wieder ausgeklinkt. Er konzentrierte sich lieber wieder auf die Farbspiele des Pärchens, welches ihn vorhin schon gefesselt hatte. Zusammen mit ihren Gefühlen bildete dies eine ansprechende Unterhaltung. Die Frau verspürte so etwas wie Hass… der Mann… Lust und Gier…

Er fragte sich wie lange es noch dauerte bis sie ihn tötete…
 

Und damit war er schon wieder abgeschrieben.

Youji runzelte die Stirn. Wenn er so weitermachte, blieben sie ewig hier und ewig war keine Zeitspanne, die Youji übrig hatte. Er musste zurück zu Weiß und durch seine kleine Eskapade würde er sowieso schon zu spät kommen. Aber er konnte Jei auch nicht alleine hier stehen lassen. Wer wusste schon, was aus dem Hotelpersonal wurde, wenn es dieses Zimmer betreten würde und Jei unvorbereitet zuschlug.

Youji war sehr ungerne schuld am Tod eines Unschuldigen.
 

Was also blieb ihm anderes übrig als den Iren selbst zu waschen?
 

Youji grollte und trat einen Schritt zurück, zog sich unwirsch sein Shirt über den Kopf. „Nun gut, dann wollen wir mal... Beschwerden nehme ich später entgegen!“ Die Hose folgte auch und schon war er in die Duschbadekombination gestiegen und hatte den Vorhang hinter sich zugezogen.

Er hatte noch NIE einen Mann gewaschen... zumindest nicht so dermaßen asexuell, wie er es jetzt gerade tat. Wie ein Baby. Fast…

Er überlegte kurz, dann legte er seine Hände an die Hose des Iren und knöpfte sie auf, zog sie hinunter, löste sie mit einigen Mühen von seinen Beinen. Die schwarze Unterhose würde an bleiben, denn er würde zumindest den LETZTEN Funken Anstand sichern, den er selbst im Leibe hatte.

Nicht, dass es diesen Iren hier kümmerte.
 

„Die Hose kannst du dir nachher selbst ausziehen, hast du das gehört?“, knurrte er und stellte die Dusche wieder an, schauderte ob des kalten Wassers, das er nur zu gerne und zu schnell gegen warmes austauschte. Die kleine Duschgelprobe verteilte er auf seine Hände und diese nun auf dem Körper des Iren, der sich ebenso hart anfühlte, wie dessen Hände. Hier gab es kein Gramm Fett, nur Muskeln und Narben. Youji bemühte sich, keine von ihnen nachzufahren und sei es nur aus Neugierde. Bis auf Jeis attraktive Körpermitte, die er komplett ausließ.
 

Seltsam. Sehr seltsam kam er sich dabei vor und seufzte.
 

Unterdessen ging die Farbshow für Jei weiter. Allerdings bekam er nach ein paar Augenblicken, in denen er zu dem Pärchen gefühlsmäßig und geistig zurückgekehrt war Probleme. Ihre Emotionen gerieten durcheinander. Etwas überlagerte ständig seine Verbindung zu ihnen. Gefühle, die nicht zu dem Pärchen passten…

Jei knurrte einmal kurz auf ob der Unstimmigkeit und hatte vor sich nur kurz von dem Pärchen zu lösen um…

Seine Hände hoben sich so plötzlich, so schnell als er noch im Begriff war sich auf seine Umgebung einzustellen und griffen sich die fremden Handgelenke, die so umtriebig die Hände über seinen Körper schickten. In dem winzigen Bruchteil einer Sekunde hatte er den Blonden mit seinem Körper an die Wand gedrückt, dessen Hände hinter dessen Rücken gezogen. „Du bist das?“ Er wirkte weder außer Atem noch wütend. Lediglich erstaunt und irritiert. Er hatte nicht damit gerechnet den anderen hier so nahe bei sich vorzufinden. Dessen Gesicht so nahe an seinem zu sehen.
 

Überrascht und mit wild klopfendem Herzen starrte Youji Jei in das ruhige Auge, der Körper wie ein Bogen zum Zerreißen gespannt.

Da hatte er seinen tödlichen Killer, der in der Lage war, ohne Probleme zu töten.

„Natürlich bin ich das“, knurrte er ungehalten. „Wenn du dich nicht regst und dich säuberst, sollte ich das wohl übernehmen!“

Jeis Hände gaben ihre Gefangenen frei, er selbst jedoch blieb wo er war und seine Hände fanden ihre Wege zum einen auf Höhe Yohjis Herz auf seine Rückseite. Zum anderen auf dessen Bauch, dem Ort des Sonnengeflechts. „Deine Interferenzen stören meine Observation.“ Er blickte nach wie vor leicht nach oben in die grünen, aufgebrachten Iriden.
 

Interferenzen? Was für...

„Ich kann meine Gefühle nicht unterdrücken oder steuern“, erwiderte Youji, als er begriff, was Jei meinte. Als er begriff, wo die Hände des anderen lagen.

Am liebsten hätte er, sich aus der Berührung gewunden, doch er konnte... und wollte nicht.

„Eine interessante und weise Feststellung, meine ich“, erwiderte Jei für sich.

„Das heißt ich muss mich mit dir beschäftigen.“ Er übte leichten Druck auf das Sonnengeflecht aus, sog Yohjis Gefühle wie ein Schwamm in sich auf und schmeckte sie als würden sie auf seiner Zunge liegen. „Du bist aufgeregt.“

Kudous Herz machte immer noch einen HundertMeter Lauf.
 

Wo Youji zunächst befürchtet hatte, dass Jei ihn angreifen würde, so fühlte der Empath nur. Nur...

Youji spürte nichts, nur den Druck der Hand. Der warmen rauen Hand.

„Bin ich das?“, entgegnete er nach einiger Zeit des stillen Betrachtens. Was für eine Frage, natürlich war er aufgeregt und angespannt.

„Willst du dir nicht die Haare waschen?“, versuchte er vom Thema abzulenken und zu seinen normalen Tätigkeiten zurück zu finden.

„Willst du mir nicht die Haare waschen?“, echote es fast haargenau von Jei zurück, entgegen seiner sonstigen stoischen Art, die oft nichts mit der Realität anfangen konnte. Der Tonfall war völlig identisch.
 

Wollte Youji es?

Er hatte schon lange niemandem mehr die Haare gewaschen. Schon sehr lange nicht mehr... schon gar keinem Mann. Doch mit Jei war vieles anders, vor allen Dingen wurden sehr sexuelle Dinge sehr schnell sehr asexuell. So auch das Haare waschen.

„Ja, will ich.“ Warum auch nicht?

Jei stand immer noch sehr nahe an Yohji, lehnte sich nun aber an diesen an, da er mehr von dem schnellen Herzschlag, mehr von den wirbelnden Farbstrom wollte. Diese ungefilterten Emotionen von Yohji empfangen zu können war entspannend. Jei vergrub sich mit seinem Selbst darin und klinkte sich für seine Umgebung unempfänglich aus.
 

Youji nahm diese Annäherung mit einem kurzen Überraschungsmoment zur Kenntnis, denn so nahe waren sie sich bisher noch nicht oft gewesen.

Nichtsdestotrotz besann sich Youji pflichtbewusst auf seinen Auftrag und griff nach dem dünnen Haargummi, löste dies aus Jeis Haaren. Anschließend nahm er sich das Shampoo und verteilte es großzügig auf dessen Zotteln, die unter den letzten Tagen sehr gelitten hatten.

Während er sich zur besseren Ausbalancierung an die Wand lehnte, griff er mit beiden Händen in die Haare und massierte die Kopfhaut unter dem lauwarmen Wasserstrahl, massierte das Shampoo in die Haare und ließ es soweit es ging einwirken.
 

Währenddessen merkte Youji nur allzu gut, dass sein eigener, sexhungriger, da vernachlässigter Körper, auf Jei ansprach, so wie er hier lehnte und vollkommen still war. Er sprach sogar sehr darauf an... sehr stark. So stark, dass es sich bei ihm tief unten körperlich bemerkbar machte... was aber nicht schlimm war.

Nicht wirklich.

Fertig mit dem Ausspülen der Haare blieb Youji für einen Moment an der Schläfe des Iren.

Warum eigentlich nicht? Warum kein kleines Stelldichein ohne nennenswerte Bindungen? Sie hatten Lust und Youji konnte sich ausmalen, dass die gefährliche Wildheit des anderen sich auch auf das Bett übertrug.
 

„Ich will dich“, raunte Youji schließlich.

Jeis aktives Bewusstsein bekam die Frage mit, während ein anderer Teil von ihm geradezu gefangen war von der Lust, die so nah und so ungefiltert auf ihn einströmte. Es war alles viel zu viel, zu nahe.

„Wofür?“, fragte er trunken und blinzelte träge.
 

Wie... bitte?!

Wofür sollte er ihn in dieser Situation schon wollen? Spürte Jei nicht die Lust in ihm? Konnte er nicht die Lust AN ihm spüren?

Herrje!

„Formulieren wir es anders... ich möchte mit dir schlafen“, sagte er schließlich rau, leise.
 

„Ich brauche nicht zu schlafen… du kannst…“, fing Jei an, bevor ihn etwas an seiner Antwort störte.

Jeis Gesichtsausdruck wurde nachdenklich. Der Blonde war erregt. Jeis Hand wanderte von der Hüfte hinab zu dessen Bauch, über den Stoff der Unterhose hinab zu dessen Männlichkeit. Er ertastete die Erregung.

Jei konnte keine Verbindung zu sich als Objekt der Lust ziehen, sodass er andere Ursachen für diesen Umstand suchen musste.

„Woran denkst du?“ Jei konnte nicht wie Schuldig die Gedanken des Mannes lesen, aber er ging davon aus, dass das Haare waschen Erinnerungen an jemanden oder etwas hervorbrachte.
 

War der andere... ungeküsst? Also keine einfache Jungfrau, sondern ungeküsst?

Nein, Youji, du HAST ihn schon geküsst, erinnerte er sich... also ungeküsst nicht, aber Jungfrau?

Also was antwortete man auf so eine Frage? Die Wahrheit? Vielleicht verstand Jei wirklich nicht, was er hier wollte... was er von IHM wollte.

„Ich denke daran, mit dir zu schlafen, hier, auf dem Bett, irgendwo, weil du mich erregst, so wie du hier stehst.“

Also... die Wahrheit.

„Ich? Weshalb?“ Jei löste sich vom anderen um ihn ins Gesicht zu sehen. Dem anderen war es ernst. Er wollte also sexuell tätig werden? Das war absurd.

Jei schüttelte einmal den Kopf, die Hände behielt er an dessen Brustkorb gelegt. „Das kann nicht sein. Offenbar habe ich zu viel Einfluss geübt.“ Sein Blick ging auf seine Hände hinab. Aber er hatte nichts davon gespürt, keine Absicht hatte seinerseits dahintergestanden.
 

Youji wollte dagegenhalten, wollte Jei versichern, dass dem nicht so war, doch die Entschlossenheit in der Stimme und im Auge des anderen belehrte ihn eines Besseren. Jei dachte es wirklich und es brachte zu diesem Zeitpunkt nichts, ihn vom Gegenteil überzeugen zu wollen.

„Ja, das hast du wohl“, erwiderte Youji, sich schmerzlich der Härte zwischen seinen Beinen bewusst. Sich schmerzlich bewusst, dass dieses Problem nicht, so schnell abschwellen würde.

Jeis Hände lösten sich vom anderen und er wandte sich ab.

„Warum hast du nichts gesagt? Künstlich erzeugte Emotionen sind dir zuwider.“ Jei verstand nicht ganz. Er war verwirrt. Seine Hände griffen sich ein Handtuch. Er stand unschlüssig da, hielt dieses in der Hand und zog sich seine nasse Unterhose aus.
 

‚Halt ihn auf, halt ihn auf! Verdammt, schau ihn dir an, halt ihn auf!‘, schrie es wütend in Youji, als er sah, wie sich der Ire von ihm entfernte und sich auszog.

Was bist du blöd, ein wenig länger und er hätte dir schon geglaubt! Verdammt noch mal!

Youji schluckte den allzu großen Kloß hinunter, der sich in seinen Hals gestohlen hatte und gab sich alle Mühe, NICHT auf die nackte Seitenansicht des anderen zu starren und ihn dabei gleich über irgendetwas beugen und ficken zu wollen.
 

„Nun... ich...“, fing er an, räusperte sich dann. „Also... so künstlich...“ Und wieder verstummte er.

Jei sah den anderen unschlüssig an, drehte sich nur halb zu diesem um, während er sich abtrocknete, durchaus in der Lage dies selbst zu tun.

Danach wanderte sein Blick nochmals über die Gestalt des Blonden, vor allem über dessen Gesicht, die feuchten Haare, die unsicher blickenden grünen Augen.

Für einen Moment wusste er nicht warum diese Unsicherheit dort zu finden war, dann drehte er sich um, ließ das Handtuch los und verließ das Badezimmer.
 

Das war doch mal ein leichter Ausweg gewesen, stöhnte Youji innerlich auf und vergrub seine Hände in seinen Haaren. Wie wunderbar... da versuchte er sich dem ersten Mann seit Wochen zu nähern und der hatte keine Ahnung, wie er auf ihn wirkte, vor allen Dingen keine Ahnung, was Youji von ihm wollte. Wunderbar!

Aber erst einmal musste er sich abreagieren... Haare waschen!

Und hoffen, dass sein Ständer mit der Zeit wegging.
 

Erst danach, als seine Haare vollkommen sauber waren, trocknete er sich rabiat ab, verließ denn das Bad. Von Jei fand er keine Spur... anscheinend hatte der Ire ihn schon verlassen. Kein Wunder nach der Aktion.

Youji stöhnte auf. Er musste heute Abend raus, irgendjemanden vögeln. Egal wen, einfach Dampf ablassen.
 

Doch dazu musste er jetzt erst mal nach Hause, was er nun mit grimmiger Anspannung erledigte. Ab durch die langsam weniger werdenden Menschenmassen zurück zum Koneko, dort sofort in sein Zimmer.

Nur um festzustellen, dass Jei keinesfalls nackt oder in nassen Sachen weggegangen war, nein, das wäre ja ZU schön gewesen.
 

Neeein, er hatte sich seine neuen Sachen ausgeliehen und angezogen. SEINE gekauften, neuen Sachen!

„Verfluchter Schwarz!“
 


 

o~
 


 

Schuldig stopfte sich während er aus dem Bad kam das Hemd unelegant in die Hose und sah sich um. „Is er schon weg?“ Schuldig verzog den Mund missgelaunt.
 

„Hast du schon Angst?“ Brad lächelte, während auf CNN gerade der neueste Kriegsschauplatz in Afrika eingeblendet wurde.
 

Schuldig spitzte die Lippen und kam zu Brad. „Ich? Nie!“ Er blieb nahe an Brad stehen und legte seine Hände an dessen Seiten, die Stirn an den muskulösen Rücken gelehnt.

„Hey… meinst du ich könnte heute Nacht…“ Er schwieg, fühlte der Hand nach, die sich auf seinen Unterarm legte.

Wie sollte er das aussprechen? Und Brad schien ihm dabei kaum eine große Hilfe.

„Meinst du ich könnte… heute Nacht bei dir… sein?“
 

Brad furchte die Stirn. „Ich bin prüde, schon vergessen?“
 

Schuldig verstärkte seine Umarmung, während er CNN lauschte. „Nein, das meinte ich nicht. Ich meine klar bist du das!“, sagte er etwas lahm. „Würdest du es erlauben, wenn ich heute Nacht in deinen Gedanken bin? Nicht tief… nur oberflächlich.“
 

Brads Haltung versteifte sich etwas. „Vor oder nach dem Sex mit Fujimiya?“
 

Schuldig seufzte, atmete den Duft Brads ein. „Weit danach.“
 

Brad schwieg.
 

Schuldig spürte wie seine Brust enger wurde. „Bitte Brad. Es tut mir leid was damals in der Klinik passiert ist“, flüsterte er.
 

„Dass du mich vergewaltigt hast? Ich dachte mit dem Thema wären wir durch.“ Brads Stimme machte deutlich, dass sie mit dem Thema noch nicht durch waren. Sie war emotionslos. Ein Zeichen, dass etwas in Brad vorging.
 

„Nein, das sind wir nicht.“ Schuldig hatte damit noch nicht abgeschlossen. Und er ahnte, dass es bei Brad ebenso war. „Wir kommunizieren… bei Einsätzen. Warum sollte ich also nicht für eine kurze überschaubare Zeit in deinen Gedanken verweilen? Dabei passiert nichts.“
 

„Ich bin nicht wach dabei. Das ist das Problem.“
 

Schuldig kaute auf der Innenseite seiner Unterlippe herum. Selbst wenn Brad wach gewesen wäre, hätte er keinen allzu großen Einfluss auf die Tiefe des Eindringens oder auf die Tatsache, dass Schuldig in Brads Gedankenwelt wollte und das auch ohne große Gegenwehr tun könnte.
 

Da Schuldig schwieg und sich einen Weg überlegte wie er mit Brad in Verbindung kommen konnte, fühlte sich dieser aufgrund des Schweigens dazu verpflichtet weitere Gründe für seine Ablehnung vorzubringen. „Du warst kein einziges Mal in meinen Gedanken, während ich keine Kontrolle über meine Träume, oder Gedanken hatte.“
 

Schuldig sah auf und rutschte zur Seite, sodass er Brads Profil ansehen konnte. „Doch! War ich! Letztens erst. Als ich aus den Staaten zurückgekommen bin. Du weißt schon… der Sandstrand… die Rothaarige…“
 

Brad schaltete CNN aus und entließ Schuldig aus der Umarmung. Er ging zum Bett hinüber und setzte sich aufs Bett. Die Fernbedienung wanderte auf das kleine Tischchen neben dem Bett.

„Du warst kurz in meinen Gedanken, richtig?“
 

Schuldig kam näher und kniete sich vor Brad, seine Hände fanden ihren Platz auf jeweils einem Knie.

„Ja, nur kurz, zur Hypnose.“
 

„Und nun willst du länger bleiben. Das ist der Unterschied, Schuldig. Ich weiß nicht, ob das gut ist. Du warst noch nie so lange… bei mir.“ Brad schien unsicher.

Schuldig schob Brads Beine auseinander, sodass er sich dazwischen platzieren konnte. Brad ließ zu, dass er ihm die Brille abnahm und sie auf das Tischchen ablegte.

„Ich weiß.“
 

Schuldig hob sein Gesicht Brads entgegen und berührte die Lippen mit seinen, ließ sich küssen, sich vereinnahmen von einem hungrigen Kuss, einem ausgehungerten Brad.
 

„Hör zu… Brad… warte“, Schuldig löste sich keuchend, seine Hände in Brads Hemd geschlagen. „Es hat Gründe warum ich das möchte. Das mit meiner Tante… mit dieser Frau…“, fing er an, doch Brad unterbrach ihn.

„Sie hätte es mir zuerst sagen müssen. Sie hatte es vor, doch sie hat ihre Entscheidung kurzfristig geändert.“
 

Schuldigs Kiefer mahlten. „Ist gut.“ Er schüttelte einmal den Kopf, sah auf seine Hände, die vor ihm lagen. „Ich muss eine Rückführung machen. Ich denke, dass in mir einige Informationen über sie zu finden sind, an die ich mich nicht erinnern kann.“
 

Brads Augen wurden dunkel, sein Gesicht verdüsterte sich. „Nein. Das verbiete ich dir. Du wirst nichts dergleichen tun, Schuldig.“
 

„Ich wusste, dass du so reagierst!“, rief Schuldig aus, sein Blick hetzte nach oben zu Brads dunklen Orben. „Bitte! Verwehr mir das nicht. Es ist die einzige Möglichkeit um herauszufinden ob ich sie von früher kenne.“
 

Brads Lippen pressten sich zu einer schmalen Linie zusammen. „Nein. Es gibt auch noch andere Möglichkeiten.“ Er schwieg und schüttelte den Kopf. Nach einer Weile legte er sich nach hinten auf das Bett, rieb sich die Nasenwurzel. „Du müsstest an einigen unschönen Erinnerungen vorbei, Schuldig.“
 

„Ein Teil meiner positiven Erinnerungen hat mit dir erst richtig begonnen. Du hast mir Halt gegeben.“
 

„Ich habe einen Teil begonnen und einen Teil davon komplett ausgelöscht. Hätte ich früher gehandelt, wäre vieles nicht so gekommen wie es schlussendlich eingetreten ist“, sagte Brad leise.
 

Schuldig kam auf das Bett, seine Knie landeten zu beiden Seiten Brads und er stützte sich mit den Händen neben Brads Kopf ab.

„Das weißt du nicht. Und es ist vorbei. Ich brauche jemanden, der mit mir verbunden ist während der Aktion. Ran taugt dazu nur bedingt. Ich kann ihn nicht uneingeschränkt erreichen. Zwar habe ich mit ihm trainiert, aber er kann die Barriere nicht ständig offen halten. Irgendwann ist sie zu. Zwei Dinge müssten die Sache vereinfach. Erstens brauche ich eine ständige Verbindung zu dir wenn es los geht, damit ich zurückfinde. Und dann…“, Schuldig zögerte, suchte den Blick in Brads Augen.
 

„Zweitens?“, hakte Brad misstrauisch nach.
 

Schuldig ließ sich auf Brad nieder und vereinnahmte Brads Lippen zu einem sanften Kuss. „Zweitens wäre es geschickt, wenn wir vorher Sex gehabt hätten.“

Brad hob fragend die Brauen und lachte dann, was Schuldig zu einem Murren veranlasste.

„Das ist dein Plan? Weshalb der Sex?“

Weil wir noch keinen hatten?, fragte Schuldig mürrisch, allerdings behielt er diesen Gedankengang für sich.

„Weil ich dann eine bessere Verbindung zu dir und der jetzigen Situation ziehen kann, in dem Augenblick in dem du Kitamura behilflich bist an mir seine Spielzeuge zu testen.“
 

Brads Hand strich Schuldigs Nacken entlang, bis zur Kieferlinie vor und dann über die Wange, mit dem Daumen koste er über die weichen Lippen. Er konnte seinen Blick kaum von den Lippen lassen, doch seine Augen krochen weiter über die gerade Nase bis hin zu den grünen Augen. Eine gefühlte Ewigkeit versank er darin.

„Es hat mir weh getan, dich dort so zu sehen. Damals habe ich mir geschworen SZ dafür zu vernichten. Ich wollte die Welt brennen sehen, dafür was sie dir und uns angetan hatte. Sie war es nicht wert, dass wir in ihr lebten. Sie hatte uns nicht verdient.“ Brads Augen waren eine Nuance heller. So wütend hatte Schuldig ihn lange nicht mehr erlebt. Echte, reine Wut.
 

Schuldig fand diesen Brad faszinierend. Er war nicht ständig kontrolliert, kalkulierend, beherrscht. „Nein. Das tut sie immer noch nicht. Das liegt daran, dass sie noch nicht bereit für uns ist. Wir sind Mutationen, die sich noch nicht durchgesetzt haben.“ Schuldig nahm die Finger in seine Hand, die seine Lippen berührt hatten.
 

„Oh… sie sind bereit für uns. Zumindest hat das meine Familie einmal behauptet. Doch ihre Bereitschaft gipfelt darin, dass sie uns gerne beschützen wollen und uns damit in Einrichtungen sperren, die für uns am besten geeignet wären.“
 

„Du hast nie über deine Vergangenheit gesprochen.“
 

„Ich werde jetzt nicht damit beginnen.“ Brad blockte ab und Schuldig ließ ihn. Er hatte einiges in Brads Gedanken in der Klinik gelesen. Allerdings gab es trotzdem noch Erinnerungen, die Brad gut versteckt hielt. Schuldig sah mit Erleichterung, dass er nicht alles von Brad wusste.

„Hilfst du mir?“
 

Brad ließ seine Hand sinken, Schuldig hielt sie immer noch fest. „Ich helfe dir. Willst du deshalb heute in meine Gedanken?“ Schuldig nickte zur Antwort.

„Gut. Dann tu es. Aber sei vorsichtig.“
 

„Ja.“ Schuldig küsste Brad erneut und blieb für einige Augenblicke auf ihm liegen.
 

„Wie lange willst du ihn warten lassen?“, fragte Brad mit Belustigung in der Stimme.
 

„Das heizt die Stimmung an.“
 

„Welche? Die Negative?“ Brad schubste Schuldig von sich herunter. „Jetzt geh schon, ich will ins Bett.“
 

Schuldig rutschte zur Seite und besah sich das große Doppelbett.
 

Brad sah diesen Blick, als er sich aufsetzte und sein Hemd aufknöpfte. „Denk nicht einmal daran. Ich gedenke hier alleine zu schlafen.“
 

„Ich habe an gar nichts in diese Richtung gedacht“, entrüstete sich Schuldig wenig glaubhaft und stand auf. „Also dann… bis später.“
 

Er schlüpfte in seine Schuhe, die er zuvor ausgezogen hatte und verließ wie Ran Minuten zuvor das Zimmer.

Mit nachdenklich zerfurchter Stirn ging er in Richtung Aufzug und fuhr hinauf zu ihrem zweiten Zimmer, das sie gebucht hatten. Nicht ganz bei der Sache klopfte er an, vermied die obligatorische Zimmerklingel dabei geflissentlich…
 


 


 


 


 

Fortsetzung folgt…

Vielen Dank für’s Lesen.

Bis zum nächsten Mal!
 

Coco & Gadreel ^.^
 


 

Diese und unsere anderen Geschichten findet ihr auch unter

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Viel Spaß beim Stöbern!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  yinni
2010-09-05T19:44:23+00:00 05.09.2010 21:44
Schön mal wieder was von Yohji und Jei zu lesen.
Also Yohji ist gerade wirklich nicht zu beneiden wie er sich um Jei bemüht und Jei es fast kaum zur Kenntnis nimmt... xD
Mal sehen, wie es sich zwischen den beiden weiter entwickelt und scheinbar kann Brad diese Entwicklung wohl auch nicht stoppen.
Auf die Entwicklung der Dreiecksbeziehung bin ich auch schon sehr gespannt :3
Das Gespräch zwischen Brad und Schuldig fand ich auch sehr interessant und musste schmunzeln als Brad meinte, er wäre prüde *lol* Ja klar, ich mag solche Unterhaltungen... xD
nya~ ich freue mich schon sehr aufs nächste Kappi!
Von:  Silverdarshan
2010-09-05T11:38:21+00:00 05.09.2010 13:38
ach herrje... youji kann einem ja leid tun xD
aber jei ist auch nicht minder zu bemitleiden. ich bin gespannt, wie es mit den beiden noch weiter geht und ja, ich hoffe immer noch ungeduldig auf eine schöne brad/schuldig/ran szene xD ich geb mich noch nicht geschlagen. ein wenig ungewohnt war dieser ganz und gar unsichere Brad ja schon, aber ich finde es ist eine weitere gute seite an ihm ^^
in freudiger erwartung auf das nächste kapitel,
eure Silverdarshan


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