Zum Inhalt der Seite

Der lange Weg zu dir

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Am nächsten Morgen schlenderte Oscar noch im Halbschlaf in die Küche um etwas zu Essen, ihr Haar war zerzaust, einzelne Haarsträhnen hingen ihr genervt ins Gesicht. Gähnend setzte sie sich an den gedeckten Tisch. Sophie hatte bereits das Frühstück aufgetischt. „Guten Morgen Oscar.“ Ihre Schwester die bereits alleine am Tisch saß begrüßte Oscar mit einer sanftmütigen Stimme. Gleich nach Oscar betrat Andrè den Speisesaal, sein Haar war im Gegensatz zu Oscars gekämmt und sah ordentlich aus, auch hatte er es wieder mit einer blauen Schleife zusammengebunden. „Guten Morgen meine Damen.“ Begrüßte Andrè die beiden schmunzelnd. „Guten Morgen mein Herr“ begrüßte ihn Josephine lachend.
 

Während Oscar ein Stück Brot nahm und es mit Butter und Marmelade bestrich, lauschte sie aufmerksam dem Gespräch das Andrè und Josephine nun begonnen hatten. Andrè erzählte ihrer Schwester von Paris. „Aber du musst zugeben das Paris im Grunde eine sehr schöne Stadt ist.“ „Da hast du Recht, es hat sich im Gegensatz zu früher aber einiges verändert.“ Die Worte die die beiden sprachen verstummten langsam in Oscars Ohren. Ihr wurde mit einem Mal klar das die beiden anscheinend etwas verband, etwas das sie mit Andrè auch hatte, Freundschaft! Aber bei dieser Freundschaft war es anders, sie sah mehr als Freundschaft, immerhin hatte ihr Andrè gestanden dass er seine Schwester hübsch fand. Oscar versetzte dieser Gedanke einen heftigen Stich ins Herz. Während sie in tiefen Gedanken versank, verließ Andrè den Speisesaal und begab sich in den Stall. Oscar die nun aufgestanden war räumte mit gemischten Gefühlen ihren Teller vom Tisch ab und stellte ihn unachtsam und mit etwas Gewalt auf einer Theke ab. Der Teller zerbrach zu ihrem entsetzen in zwei Teile. Josephine sah ihre Schwester fragend an, bevor sie Oscar fragen konnte was mit ihr los war lief diese hinaus ins Freie. Diese Sache entging dem General nicht, der vergnügt pfeifend gerade um die Ecke schoss, er folgte seiner Tochter in den Garten um sie zur Rede zustellen.
 

Etwas verriet Oscar das es Eifersucht war die sie spürte. Noch nie spürte Oscar sie so sehr wie jetzt. Sie spürte überhaupt noch nie solche Gefühle, erst seit sie Andrè mit nacktem Oberkörper gesehen hatte und die Liebe zu ihm immer mehr Besitz von ihr ergriffen hatte. Eifersucht, dachte sie. Das war lächerlich, aber sie konnte sich dagegen nicht wehren. Sie spürte einen Stich in ihrem Herzen, und sie wusste, dass sie alles tun würde, um ihn nicht zu verlieren. Der Gedanke das Andrè jede Frau haben konnte die er nur wollte, schmerzte sie, Andrè war frei und er hatte noch nie eine Frau an seiner Seite. Oscar wusste nicht das er nur sie wollte und sonst keine andere. „Oscar bleib auf der Stelle stehen!!“ wütend schrie der General durch den Garten. Nicht nur Oscar hörte General de Jarjayes schreien, sondern auch Andrè der draußen vor dem Stall stand und die Pferde pflegte. Rasch sah er auf und beobachtete die Szene die sich zwischen dem General und Oscar abspielte aus der Ferne. Was der General zu seiner Tochter sagte konnte er aus der Entfernung allerdings nicht hören, da ihr Vater wieder seinen normalen Tonfall gefunden hatte. Doch sein Gesichtsausdruck sagte schon alles, Oscar bekam eine schallende Ohrfeige verpasst und viel heftig zu Boden. Der General entfernte sich danach schnellen Schrittes von seiner Tochter und verschwand wütend im Haus. Andrè beobachtete von weitem wie Oscar am Boden liegen blieb und nicht mehr aufstand. Langsam ging er auf sie zu um sich zu vergewissern das auch alles mit ihr in Ordnung war. „Oscar?“ Oscar antwortete ihm nicht. Sie lag auf dem Boden und Tränen rannen ihr übers Gesicht. Andrè bückte sich zu ihr herab und legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. Nun blickte Oscar endlich auf und sah ihm direkt in die Augen, sie sind so klar, einfach wunderschön, dachte Oscar. Weinend ließ sie sich in seine Arme fallen. Mit beiden Händen krallte sie sich an seinem Hemd fest und legte ihren Kopf schluchzend an seine Brust. Andrè wusste in dem Moment nicht was er sagen sollte, doch eines wusste er, Oscar hatte sich vor ihm noch nie so schwach und verloren gezeigt. Noch nie hatte sie so vor ihm geweint, wie sie es gerade in dem Moment tat. Er wollte sie festhalten, sie trösten, und nie wieder loslassen, doch er wagte es nicht seine Arme um sie zu legen und sie einfach festzuhalten. Zu riskant war ihm die Tatsache dadurch selbst eine Ohrfeige verpasst zubekommen. Oscar wischte sich nach einigen Sekunden rasch die Tränen mit einem Ärmel ihres Hemdes ab und stand auf. „Entschuldige bitte… ich bin heute nicht sonderlich ausgeschlafen.“ Ihr Freund sah sie misstrauisch an, kein Wort glaubte er ihr! „Du hast geweint, wegen deines Vaters, weil er dich geschlagen hat und nicht weil du kaum geschlafen hast, Oscar!“ Oscars Augen funkelten ihn nach diesem Satz wütend an. „Schau mich nicht so an… du weißt das ich recht habe!“ Er trat einen Schritt auf sie zu und sah ihr tief in die Augen. „Du weißt gar nichts!!“ Schrie sie ihn zornig an, drehte ihm den Rücken zu und lief zurück ins Haus.
 

Oscar flüchtete auf ihr Zimmer.

Als sie sich wieder etwas beruhigt hatte, viel ihr Blick auf ein Buch das auf ihrem kleinen runden Tisch lag. Langsam nahm sie das Buch zur Hand das sie vor ein paar Tagen angefangen hatte zu lesen, doch das Buch blieb nicht lange in ihren Händen. „Verdammt!“ fluchte sie und warf das Buch gegen die Wand. Sie schlug die Beine übereinander und stützte den Kopf in die Hände, ihre gewohnte Haltung, wenn sie in Gedanken versank. Wie konnte sie nur so dumm sein? Wieso musste sie sich auch unbedingt in seine Arme schmeißen und auch noch weinen. Sie hatte ihm Schwäche gezeigt, Schwäche von der er nichts wusste. Nie hatte sie vor Leuten geweint, immer hatte sie es heimlich getan. Vor allem vor ihrem Freund hätte sie das nie getan. Ihre Augen brannten vor Erschöpfung, es dauerte nicht lange und sie viel in ihrem Sessel in einen tiefen, unruhigen Schlaf.
 

In Oscars Ohren ertönten die Klänge von Kirchenglocken. Immer lauter und näher kamen die Klänge. Weiße Blütenblätter vielen auf einmal von oben auf sie herab. Sie schaute sich um und stellte fest, dass sie ihre weiße Uniform trug. Normal trug sie diese nur, wenn sie mit der Königin wieder einmal auf einer ihrer Bälle tanzte, oder sie zog sie zu Festlichkeiten an. Ihr Blick richtete sich auf die Kirchentür, die sich in dem Moment, leise knarrend öffnete. Das Brautpaar schritt durch das große Hauptportal und ging strahlend die Treppen hinunter. Zu ihrem Entsetzten musste sie feststellen das es Andrè war, doch sie konnte nicht erkennen wer die Braut war mit der er Hand in Hand aus der Kirche kam. Die Unbekannte trug ein wunderschönes weißes Brautkleid mit einem Schleier der ihr Gesicht bedeckte. Und Andrè, er war doch tatsächlich in vornehmer Kleidung. Die letzten Glockenschläge verstummten. Oscar stand da wie erstarrt, was war bloß passiert? Andrè heiratet? Das konnte doch einfach nicht wahr sein, nein das war bloß ein Traum! Wach auf Oscar! Doch es gab kein aufwachen, das Brautpaar blieb einige Schritte vor ihr stehen und war nach wie vor da. „Andrè….“ Oscar sackte zusammen. Lautes Gelächter erklang in Oscars Ohren, Andrè starrte bösen Blickes auf sie herab und lachte sie aus. Hilflos spürte sie wie sie schwächer wurde, weiße Punkte begannen vor ihren Augen zu tanzen und alles begann sich im kreise zu drehen.….
 

Mitten in der Nacht schreckte Oscar schweißüberströmt aus dem Schlaf. Hektisch sah sie sich um und es dauerte eine Weile bis sie wusste wo sie war. Sie ließ sich erschöpft in den Sessel zurückfallen und dachte nach. Sie hatte geträumt, dass ihr Freund aus Kindertagen heiratet.

Was sie gesehen hatte, erschreckte sie zu tiefst. Noch immer sah sie Andrès laut lachendes Gesicht vor sich, sie kniff die Augen hastig zusammen und wollte diese Bilder aus ihrem Kopf verbannen. Ihr Fenster klapperte in dem Moment, sie hatte es vergessen zuschließen. Langsam öffnete sie ihre Augen wieder und sah zum Fenster. Nachdem sie das Fenster geschlossen hatte, schlich sie sich ganz leise in die Küche. Dort angekommen, schnappte sie sich eine Flasche des bestens Weines und machte sich daran den Korken heraus zu nehmen. Während sie im stehen versuchte den Korken zu entfernen, dachte sie an den Traum zurück. Es war alles so real gewesen, würde es wirklich so weit kommen das Andrè heiratet? Sie wusste es nicht, sie wusste nur dass sie ihr Herz an Andrè verloren hatte und sie ihm das gerne gesagt hätte. Oscar dachte auch an Graf von Fersen, ihm hatte sie ihre Liebe gestanden, doch diese Liebe wurde von ihm nicht erwidert. Was wenn Andrè ihre Liebe auch nicht erwidert? Ihre Freundschaft würde zerbrechen und das wollte sie nicht riskieren. Aber was wenn es irgendwann zu spät dafür sein würde und Andrè tatsächlich irgendwann eine Frau heiratete? „Ach.. wieso ist das alles nur so kompliziert….“ dachte sie laut. „Was ist kompliziert?“ Lady Oscar schreckte auf und drehte sich in die Richtung von der die Stimme her kam. „Josephine…“ „Willst du nicht darüber reden?“ Oscars Schwester setzte sich auf einen Stuhl und sah Oscar fragend an. „Da gibt es nichts zu reden!“ blockte Oscar stur ab. „Weshalb hast du heute Morgen in der Küche so wütend reagiert? Und was soll kompliziert sein, Oscar?“ Einen kurzen Moment überlegte Oscar was sie sagen soll. „Ach, ich hatte einfach zu wenig Schlaf. Was das komplizierte betrifft, das geht nur mich etwas an, es hat mit der Königlichengarde zu tun und diese Sache muss ich alleine klären.“ Natürlich hatte sie gelogen, aber sie wusste, dass Josephine ihr diese Ausrede glauben würde, wie oft hatte sie ihr früher schon Dinge erzählt die gelogen waren und trotzdem hatte sie ihr geglaubt. Ihre Schwester war in manchen Dingen einfach fürchterlich naiv.

Josephine setzte ein Lächeln auf und sah zu ihrer Schwester, die immer noch krampfhaft versuchte die Weinflasche zu öffnen. „Ich möchte das du etwas weißt, du sollst die erste sein die es erfährt.“ Da war Oscar ja mal gespannt, was das sein könnte was ihre Schwester da wichtiges zu erzählen hatte. „Ich werde wieder heiraten.“ Schoss es aus Josephine heraus. Bei diesen Worten gab es einen etwas lauteren Knall und der Korken flog mit einem heftigen Druck an die Decke und landete schließlich auf dem Fussboden. Josephine hatte tatsächlich gesagt, dass sie wieder heiraten würde. „Das freut mich für dich.“ Antwortete Oscar überrascht. „Tatsächlich?“ Ihre Schwester sprang vor Freude auf. „Ich möchte das du meine Trauzeugin bist Oscar.“ „Ich weiß nicht so recht… ich trage doch niemals ein Kleid, ich bin einfach nicht geeignet für so etwas.“ Ihre Schwester stand auf „Bitte überleg es dir noch einmal, es würde mir wirklich sehr viel bedeuten.“ Sie verließ die Küche und ließ Oscar alleine zurück. Lady Oscar setzte sich seufzend an den Tisch und goss sich ein Glas Wein nach dem anderen ein. Nach kurzer Zeit fragte sich Oscar, wer wohl der Bräutigam ihrer Schwester sein würde, doch nicht etwa Andrè?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück