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Leave this world behind

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Einsamkeit

Auch in den nächsten Tagen sollte sich nicht viel ändern. Remi blieb feindselig und misstrauisch, obwohl die Verbindung zwischen Carelia und Alvaro tatsächlich ein wenig Interesse bei ihm geweckt hatte. Doch leider war das auch der Grund, warum er sich keinem der beiden näherte.

Anfangs hatte Carelia zwar noch versucht sich mit ihm anzufreunden, aber ihre Versuche waren allesamt erfolglos geblieben, sodass sie ihn nun erstmal entmutigt allein ließ. Bis zu dem Tag, an dem die Braunhaarige eine überraschende Entdeckung machen sollte.
 

Eigentlich war es ein Vormittag, wie jeder andere auch...

Carelia stieß die Tür zu ihrem Gemach vorsichtig mit dem Fuß auf, da ihre Arme mit Bettlaken bepackt waren. Sie musste bei jedem Schritt aufpassen, weil sie nur knapp über die Tücher hinweglinsen konnte.

„Ich bin vielleicht die einzige Frau hier, aber das heißt nicht, dass ich mich ständig um alles kümmern muss“, murrte sie leise und legte die Laken über die Lehne eines Stuhl mit dunkelgrünem Samtbezug, welcher neben ihrem Schreibtisch stand.

Bevor sie den Bezug ihres Bettes abzog, strich sie einmal flüchtig mit der Hand über den weichen Stoff und stutzte: Darauf befanden sich einige Haare.

Bekomme ich jetzt schon Haarausfall, fragte sie sich in Gedanken, bis ihr auffiel, dass die Farbe gar nicht zu ihren kastanienbraunen Strähnen passte. Prüfend hielt sie eines der Haare ins Licht und als sie ihre Hand wieder sinken ließ, blickte sie als erstes nachdenklich zu der Verbindungstür, die ihr Zimmer und das von Remi trennte.

Carelia seufzte traurig. “Ich bin ja so blind…”
 

Als Remi hörte, dass die Tür geöffnete wurde, legte er die Ohren an und seine Augen verengten sich zu Schlitzen.

Der Tag war bereits weit vorrangeschritten. Das Licht der untergehenden Sonne verlieh dem Fell des Katzenmenschen wieder diesen unverkennbaren, goldfarbenen Ton.

Carelia ließ sich von seinem mürrischen Blick nicht aus der Ruhe bringen, als sie den Raum betrat, sondern lächelte ihm freundlich zu. Immerhin hatte sie lange mit sich gehadert, bevor sie diesen Schritt wagte.

Was will sie den so plötzlich? In dem letzten Tagen hat sie doch kaum ein Wort mit mir gewechselt, wunderte sich Remi im Stillen.

Einige Meter von ihm entfernt nahm Carelia auf dem Boden platz. „Ich... ich wollte dich ein paar Dinge fragen, wenn ich darf“, setzte sie vorsichtig an.

Missmutig rümpfte Remi die Nase. Eigentlich hatte er keine besonders große Lust sich irgendwelchen Fragen zu stellen, aber aus purer Lageweile ließ er sich trotzdem darauf ein. „Was willst du denn wissen?“

„Was ist mit deiner Familie und deinen Freunden?“, fragte Carelia geradeheraus, sprach ihre Worte aber bedacht auf.

Remi zuckte zusammen. „Wie kommst du auf einmal darauf?“

„Du vermisst jemanden!“ Keine Frage, nur eine Feststellung.

Der Katzenmensch starrte Carelia sichtlich verwundert an. „Das... das kannst du überhaupt nicht wissen!“, fauchte er aufgebracht. Die Innenseiten seiner Ohren röteten sich, ob nun vor Wut oder aus Scham blieb fraglich.

„Vielleicht hast du recht. Ich kann es nicht wissen, aber ich kann es vermuten“, entgegnete Carelia ruhig. „Ob du es nun zugeben willst oder nicht, aber du suchst trotz deiner abweisenden Art die Nähe zu jemanden.“ Sie ließ ihm keine Gelegenheit, um zu protestieren. „Ich hab deine Haare gefunden, was beweist, dass du in meinem Bett gelegen hast.“

Remi brauchte ein paar Augenblicke, damit er begreifen konnte, was sie damit andeuten wollte. Er rutschte ein wenig zurück und lehnte sich an die kühle Wand, nachdem ihn die Erkenntnis getroffen hatte. Zunächst war er nicht in der Lage irgendetwas zu antworten und nur ganz langsam konnte er Carelia wieder in die Augen sehen.

„Ich habe nur Wärme gesucht“, flüsterte er leise, als er seine Sprache wiedergefunden hatte. „Leider hast du mich ertappt... ich bin es einfach nicht gewohnt allein klarzukommen.“ Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. „Aber ich habe gar nicht das Recht meine Angehörigen zu vermissen.“

Carelia blickt ihn verständnislos an, doch der Katzenmensch schüttelte den Kopf.

„Vergiss lieber, was ich gesagt habe. Denn würdest du die Wahrheit kennen, würdest du mich bestimmt hassen.“

Carelia schnaubte und verzog dabei das Gesicht. „Ich kann dich auch so nicht besonders gut leiden! Du bist ein kratzbürstiger, egoistischer Sturkopf, der anfangs nichts besseres zu tun hatte, als zu meckern. Und nun willst du mir erzählen, dass ich dich theoretisch hassen müsste, wegen einer Sache, von der ich gar nichts weiß. Das ist absolut lächerlich!“

„Du hast doch keine Ahnung“, brummte Remi.

„Eben! Und genau deswegen zerbreche ich mir auch nicht den Kopf darüber.“ Carelia musterte ihn nachdenklich. „Ich mag dich nicht und ich hasse dich nicht, aber... Ich glaube, dass ich dich mögen könnte!“ Sie schmunzelte zaghaft. „Nein, da bin ich mir sogar sicher, denn wir sind uns gar nicht so unähnlich.“

„Jetzt nimmst du mich aber auf den Arm“, murmelte Remi perplex.

„Ganz im Gegenteil, das war mein voller Ernst. Camus, Alvaro und ich sind doch auch nur hier, weil wir etwas zu verbergen oder unsere Vergangenheit hinter uns gelassen haben“, erklärte Carelia. Sie hatte sich wieder vom Boden erhoben und entzündete ein Feuer im Kamin, denn die Sonne bot inzwischen nicht mehr ausreichend Licht. Außerdem war es deutlich kälter geworden.

„Du bist wirklich seltsam!“ Remi lachte unsicher, bis sich das Lachen in ein Schluchzen wandelte.

Carelia senkte schuldbewusst die Stimme. „Entschuldige, ich war wieder mal zu direkt.“

„Schon in Ordnung...“ Remi wischte sich einmal übers Gesicht und schaute sie dann traurig und mit wehmütigem Lächeln an. „Ich fürchte, für das, worum ich dich jetzt bitte, wird der Dämon mich am nächstbesten Baum aufknüpfen.“
 

Das entfernte Läuten einer Standuhr ließ Carelia aus ihrem Schlaf erwachen. Stumm zählte sie die Schläge mit und seufzte dann schließlich leise. Zwei Uhr, es war mitten in der Nacht. Nachdem sich ihre Augen ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie den Körper neben sich ausmachen.

Zaghaft hatte sich Remi an sie gekuschelt und schlummerte ruhig. Im Nachhinein war es so offensichtlich gewesen, dass er irgendjemanden vermisste und es nur schlecht ertrug allein zu sein. Doch zu spüren, wie Carelia in seiner Nähe war, schien ihn vorerst zu beruhigen.

Obgleich die beiden die meiste Zeit über miteinander zankten, war sie die einzige, die für Remis Suche nach Wärme überhaupt in Frage kam.

Carelia spähte in das finstere Zimmer. Alvaro war nicht da, wie sonst immer. Natürlich nicht, denn immerhin war Remi hier.

Ich hätte vielleicht besser mit ihm reden sollen, grübelte Carelia reumütig.

Alvaro war vermutlich höchst überrascht gewesen, die zwei zusammen anzutreffen.

Bei dem Gedanken wurde Carelia rot und hoffte, dass Alvaro nun nichts Falsches von ihr dachte. Sie hatte Remi zur Seite stehen wollen, aber selbstverständlich wusste auch sie, wonach die Situation aussehen musste.

Sie versuchte nicht weiter darüber nachzudenken und stattdessen wieder einzuschlafen. Doch wie immer, wenn man so einen Vorsatz fasste, klappte es nicht sonderlich gut. Dabei war sie tatsächlich sehr müde.

Unvermittelt murmelte Remi etwas im Schlaf, was aber zu fast leise war, um es zu verstehen.

Überrascht lauschte Carelia und hielt sogar für einen kurzen Moment die Luft an. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. „Warm...“, wiederholte sie ganz leise und lächelte dann. Nicht zum ersten mal stellte sie fest, wie niedlich Remi manchmal sein konnte, wenn er sich nicht gerade mit ihr stritt.



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