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Cruel, bloody Paradise

Ihr heiliges Spiel um meine verdammte Seele
von

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Der Weg des Feuers

„Du bist also tatsächlich bis hierhin gekommen?“, fast beeindruckt rollte Natalyel eine Haarsträhne um ihre schmalen Finger, „Wer hätte das gedacht?“.

Sie schritt langsam mit wippenden Bewegungen durch ihren geräumigen, hohen Thronsaal.

„Die Dämonen sind einfach unfähig…“, stellte sie fest und ließ sich auf ihren Thron fallen.

Der Raum war ansonsten völlig leer.

Sie lehnte sich zurück, seufzte tief und spürte das kalte Gold unter ihren Fingerkuppen: „Ich hasse happy ends… es ist wohl an der Zeit etwas Farbe ins Spiel zu bringen…“.
 

Rion hatte unterdessen die Stadt längst erreicht. Auf den staubigen, spärlich besuchten Straßen Madec´s hatte er sich mühsam durchgefragt. Es dauerte ungewöhnlich lange, bis er auf die richtige Spur geführt wurde. Diesen Stiefelverkäufer zu finden war viel schwerer als er erwartet hatte. Doch endlich erhielt er von einem der Einwohner einen wertvollen Tipp. Mit eiligem Schritt hastete er die unebene Hauptstraße entlang und bog wie beschrieben in eine extrem schmale Gasse ein. Er hätte sie glatt übersehen, wenn er nicht von ihr gewusste hätte. Doch er schien Glück zu haben. Der Mann hatte nicht gelogen. Keiner dieser Tipps, die man in den Wind schießen konnte. Er erreichte entgegen seiner bereits niedrigen Erwartungen ein unscheinbares Geschäft. Es war eher ein Straßenstand, der einfache Lederstiefel verkaufte. Eine mittelgroße Person in gräulicher Robe und mit großer Kapuze stand wie angewurzelt dahinter. Erst wusste er nicht ob es wirklich ein Mensch oder eher eine Statue war.

„Hi, ich suche so´nen Typen, der feuerfeste Stiefel verkaufen soll. Bin ich hier richtig?“, fiel er gleich mit der Tür ins Haus.

Die Person zögerte kurz, schien sich zu vergewissern, dass niemand in der Nähe war: „Wie kommen sie darauf?“.

Rion musste zugeben überrascht zu sein. Weniger weil die Person tat als wüsste sie von nichts. Es war eher weil sie ein junges Mädchen war. Allerdings ziemlich groß für ihr geringes Alter. Sie musste von diesem Feuerläufer Volk stammen.

Doch Rion fing sich schnell wieder: „Die alte Hedda hat es mir geflüstert. Pass auf, ich hab es echt eilig und ich hab keine Zeit für Spielchen. Drei Leben hängen davon ab“.

„Lass ihn herein“, gewährte ihm eine unheimliche Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien.

Unter lautem Knarren öffnete sich die Holztür neben dem Mädchen. Sie verbeugte sich tief und deutete Rion mit einer Handbewegung einzutreten.

„Das ist echt abgefahren…ihr habt coole Effekte hier“, meinte er anerkennend und wandte sich kurz vor dem Eintreten noch einmal dem Mädchen zu, „Aber die Tür solltest du ölen lassen. Das kommt dann noch besser…“.

Etwas eingeschnappt verschränkte sie die Arme.

Als Rion den finsteren Raum betrat, schlug die Tür hinter ihm zu. Es war selbst für seine guten Augen stockdunkel. Etwas, das er nicht gewohnt war. Er verzog das Gesicht und begann nach der Wand zu tasten, um einen Lichtschalter zu finden.

„Du wirst kein Glück haben, dieser Raum kennt kein Licht. Er hat nie einen Strahl der Sonne gesehen“, erklärte die Stimme.

„Ach was soll´s“, meinte er, „Ich hatte eh nicht so viel Glück bisher, das überrascht mich jetzt nicht wirklich“.

„Du bist wegen der besonderen Stiefel hier…“, es war eine interessante Mischung aus Frage und Feststellung.

„Bingo“, entgegnete Rion ihm, „Du bist ja echt clever. Aber wieso is das hier so dunkel? Bist du so hässlich? Ich meine… ödet das dich nicht an?“.

Die mysteriöse Stimme schien ihn zu ignorieren: „Da Hedda dich hierher schickte, musst du einen wichtigen Auftrag haben. Das Schicksal muss es gut mit dir meinen…“.

„Das würde ich so nicht unterschreiben“, bemerkte Rion und verdrehte die Augen.

„Es ist ein besonderes Privileg, eine Ehre dieses Wunderwerk an Handwerkskunst zu tragen“, klärte er ihn darüber auf.

„Lass mich raten, du hast die Teile selber gemacht?“, grinste er.

„Woher weißt du das?“, wunderte die Stimme sich.

Rion zuckte mit den Schultern: „Ich bin auch ein Mann…“.

Die Stimme räusperte sich und beendete seine Ausführungen: „Wie auch immer… Sie sind gefertigt aus seltenem Leder und beschlagen mit den Fäden von reinstem Silbermithryl. Dieses Material ist getränkt mit hundertprozentigem Animae. Es ist unzerstörbar“.

„Cool, ich nehme die Dinger“, erklärte er sich bereit, „Hat so´n Supermann auch einen Namen? Ich meine, wo du hier schon so im dunklen hausen musst“.

„Nein“, war die überraschend kurze Antwort.

„Naja wieso auch…“, murmelte Rion, „Okay, egal. Dann mal her mit den Wunderteilen, ich hab es bombenmäßig eilig, weißt du doch sicher“.

„Warum? Die Zeit in dieser Sphäre vergeht sehr viel langsamer. Sie teilt sich die Zeit von Acris mit ihrer Parallelwelt. Alles geht hier langsamer“, beruhigte er ihn ein wenig.

Während Rion noch darüber nachdachte, zog ein eisiger Wind über seine Füße herüber. Im nächsten Augenblick bereits trug er die ersehnten Stiefel, seine alten Schuhe waren weg und er befand sich unlängst vor dem Tor der Stadt.

Völlig überrascht blickte er um sich. Seine Augen gewöhnten sich nur langsam an das Licht des Tages. Die enge Gasse, das Mädchen, der dunkle Raum und die mysteriöse Stimme waren weg. Rion warf einen Blick in die Stadt hinter sich, dann an sich herunter. Er trug sie tatsächlich. Diese schwarz, silbernen Stiefel. Sie fühlten sich so leicht an als ginge er barfuss. Sie ermöglichten einen federleichten Gang. Er fühlte sich als würde er schweben, den unebenen Boden gar nicht berühren. Es war ein seltsames Gefühl, ungewohnt und ein wenig als könne er fliegen. Der plötzliche Schrei eines Vogels lockte Rions Blick gen Himmel. Dort oben, weit über ihm, zog ein riesiger, majestätischer Adler seine Kreise. Rion schützte die Augen mit dem Oberarm vor der Sonne. Einen Augenblick folgte er ihm, breitete die Arme aus wie Schwingen und schloss die Augen. Ihm war es, als fliege er mit ihm. Ein Gefühl der Erleichterung, der unendlichen Freiheit erfüllte ihn und ließ seinen Körper leichter werden, als könne er dem König der Lüfte Gesellschaft leisten. Weit weg von den tausend Problemen dieser Welt, zurück in sein altes Leben. Bis weit über den Horizont hinaus. Er öffnete die Augen, fixierte den Vogel und rannte einfach los. Er lief quer über die Steppenähnliche Ebene, spürte keinen seine Schritte. Flog einfach los und wurde doch jäh vom Bergmassiv gestoppt, welches sich vor ihm auftürmte. Bedrohlich bot es ihm die Stirn. Nun gab es nur noch dieses Hindernis zu überwinden. Dahinter lag sein Ziel. Ohne zu zögern suchte er sich seinen Weg hinauf auf die erste Etappe seiner Bergbesteigung. Das Gefälle war uneben und lud zum Erklimmen ein. Es stellte keine allzu große Herausforderung dar, war jedoch unberechenbar. Über ihm zog der Adler noch einmal seine Bahn und verschwand schließlich hinter der Bergspitze, die bis an den Himmel zu stoßen schien. Zumindest durchbohrte sie eine der Wolken, die wie festgetakert am Himmel verharrten. Die Zeit schien wahrlich zu schleichen. Doch trotz allem hielt Rion sich zur Eile an. Er hoffte innerlich noch nicht zu spät zu sein. Und zum Glück musste er nicht bis zur Spitze des Berges vordringen. Ihm genügte es den Rand des Vulkans zu erreichen, der von jenem Bergmassiv eingerahmt wurde. Er steckte in deren Mitte als hätte man ihn dort eingeklemmt und er wirkte auf Rion als wolle er alldem entkommen.

„Ach, wenn ich doch nur wie dieser Adler wäre. Dann könnte ich mir einiges leichter machen. Menschen müssten echt Flügel haben…“, sagte er sich selbst und griff vorsichtig nach dem nächsten Vorsprung, der aus der Gebirgswand ragte, „Er weiß gar nicht wie gut er es hat. Verpisst sich einfach, wenn er grad keinen Bock hat auf diesen Mist hier unten. Und ich? Ich hänge hier immer noch rum. Und das werde ich auch noch ne ganze Weile…“.

Es dauerte einige Zeit, bis Rion die Felswand bezwungen hatte. Fast hundert Meter über dem Boden hing sein Leben immerhin bei jeder Bewegung am seidenen Faden. Die Luft wurde spürbar dünner. Das Gestein brüchiger. Eine unvorstellbare Erleichterung erfüllte ihn im dem Moment, an dem seine Hand den oberen Rand des Vulkans erreichte und es nicht weiter nach oben ging. Keuchend zog er seinen Körper hoch. Die Öffnung hatte einen Durchmesser von gut fünf Metern. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und setzte sich auf den vielleicht einen Meter breiten Rand, um die Öffnung. Alles war voller Lavarückstände und Geröll. Rion musste tief durchatmen. Aus dem Schlund entstieg bereits eine unheimliche Hitze zu ihm hinauf. Die Luft war hier oben allerdings noch angenehm kühl. Fast verachtend warf er einen Blick in den Schlund des Berges. Es funkelte ihm rot orange entgegen.

„Oh man…“, pustete er heftig klebrige Strähnen aus dem Gesicht, „Diese verdammte Krakselei geht mir vielleicht auf den Sack. Ich hab hiermit doch echt die Arschkarte gezogen. Die soll´n mir bloß nie wieder mit ihrem Schicksal Scheiß kommen. Die sind ja alle immer sehr fein raus. Was bildet diese Schicksals Tante da oben sich eigentlich ein? Die soll mir ja nicht über den Weg laufen. Manchmal denke ich die glaubt ich würde vor Enttäuschung heulen, wenn etwas mal richtig gut klappen würde und ich einmal keine Probleme hab mit denen ich mich rumschlagen muss. Es könnte doch auch einmal einfach gehen. Aber was is? Nur Mist! Ich will einfach mal nicht ständig bis zum Hals drin stecken müssen. Ich muss echt Looser auf der Stirn stehen haben… oder so was, dass die mich hier so zumüllen“.

Am inneren Rand des Vulkans gegenüber von ihm ragte eine halbrunde Plattform aus der Lava heraus. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den Anderen. An den Seiten rieselte der Staub herab. Als die andere Seite erreicht war, atmete er tief durch. Der Vogel am Himmel war längst verschwunden. Wehmütig wandte Rion seine Augen vom pastellblau des Himmels hinab in das bedrohlich brodelnde rot des Berginneren. Ohne noch eine Sekunde zu verweilen sprang er hinein und landete hart auf dem Felsvorsprung, der ihn direkt ins Erinnere zu führen schien.

Rion staunte allerdings nicht schlecht. Am äußersten Rand des Lavameers führte ein schmaler Weg zu einer niedrigen Höhle herüber. Rion hob die Brauen und folgte dem vorgezeigten Weg. Dies stellte sich jedoch als leichter gesagt als getan heraus. Der Pfad war schlecht gefestigt. Rion ging auf dem Vorsprung wie auf Eiern. Gesteinsstücke brachen heraus, rollten weg oder stachen spitz hervor. Schon jetzt war er froh die Stiefel zu haben. Und das auch noch völlig umsonst. Es war fast so, als haben sie auf ihn gewartet. Diesen aberwitzigen Gedanken schob er jedoch weit von sich. Das war einfach zu lächerlich. Der Weg verschmälerte sich deutlich. Das letzte Stück des Weges musste er sich mit dem Rücken an der Wand entlang drücken. Die Spitze der Schuhe hatte bereits keinen Boden mehr unter den Füßen. Unter seinem linken Stiefel brach ein großes Stück sauber heraus und sank ins Feuer herab. Rions Mundwinkel zuckte leicht, denn er hatte eine ungute Vorahnung. Er versuchte still stehen zu bleiben. Bewegte sich keinen Millimeter. Wagte kaum zu atmen. Kurz darauf schossen bereits eine Hand voll scharfer Sicheln auf ihn zu. Rion blieb lange stehen, beobachtete ihre Flugbahn und drehte sich im letzten Moment darunter weg. Schnell atmend drückte er sich gegen die kühle Wand. Sie bildete einen willkommenen Kontrast zur Hitze, die von unten zu ihm hinauf drang. Es war fast nicht zu ertragen. Er fühlte sich als würde er zerfließen. Es war erbarmungslos heiß. Alles an ihm klebte widerlich und war schweißnass. Den Weg konnte er vergessen, das fehlende Stück war zu groß. Er musste über die in der Wand steckenden Sicheln zur Höhle kommen. Rion griff nach der ersten Sichel, die mit den anderen eine Art unebene Treppe bildete. Er zog die Hand jedoch gleich wieder zurück. Die Fingerkuppen glühten, da die Sicheln aus Eisen waren, waren sie auch entsprechend heiß. Rion schüttelte die schmerzenden Finger und leckte darüber. Es blieb ihm jedoch kein anderer Weg übrig. Also nahm er sein Shirt, schützte damit die Finger und erklomm die erste Stufe. Von dort aus konnte er auf die anderen hüpfen wie über Steine in einem See. Dank der Sohle der speziellen Schuhe verbrannte er sich nicht die Füße. Dadurch gelangte er relativ schnell und sicher zur Höhle herüber. Erleichtert wickelte er sich das Shirt um die Hüfte und setzte seinen Weg fort. Durch das Loch in der Wand kam er nur kriechend und eher mühsam. Am anderen Ende konnte er sich nur schmerzhaft herauswinden, da die Oberfläche uneben war und Steinspitzen sich in seinen Rücken bohrten. Erleichtert entstieg er dem dunklen Loch und war froh um alles, was bereits hinter ihm lag. Für nichts auf der Welt wollte er auch nur eines dieser Dinge wiederholen. So viel konnte ihm gar keiner bieten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  alana_chan
2009-06-21T19:07:17+00:00 21.06.2009 21:07
Ich fand dass Kappi gut und das mit den Sicheln richtig scharf *grins*.
Das gab bestimmt die übelsten Brandblasen :-) Aber Rion kennt ja keinen Schmerz. Und dass kappi war noch cool weil die Engelkönigin rum stolzierte.

lg
lana



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