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A new Beginning

oder Kopfüber in die Hölle
von

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Alte Freunde

huhu^^

*winks*

es geht weiter^^
 


 

Alte Freunde
 

Sie hatten den Fremden in das kleine Zimmer im oberen Stockwerk ihres beschaulichen Hauses am Rande des angeblich verfluchten Waldes verfrachtet.

Ihre Behausung mit der angrenzenden Schmiede war zwar nicht groß, dafür aber das Grundstück mit einem Trinkwasserbrunnen, einem Flüsschen und dem Kräuter- und Gemüsegarten. In einer Ecke, dort wo die Werkstatt an das Wohnhaus grenzte, befanden sich ein Klotz, sowie eine Axt zum Holzhacken, ein großer Haufen und eine Holzwanne.

Im Hinterhof gackerten Hühner und im Stall stand ihr in die Jahre gekommenes Pferd.

Er saß in dem großen Raum, der als Küche und Stube fungierte, auf einer der beiden Bänke am Tisch und aß von dem Eintopf, den Mariah gekocht hatte.

Die Stufen der Treppe knarzten und die besagte Köchin erschien im Blickfeld des Schwarzhaarigen.

„Und? Wie geht es ihm?“, fragte er schmatzend nach, als sie sich auf einen Stuhl fallen ließ, schnaubte und ihn mit einem bitterbösen Blick bedachte.

„Gut, er ist nur erschöpft, schätze ich. Ein bisschen Schlaf und eine Mahlzeit und wir sind ihn los...“

Der Schwarzhaarige lachte bellend auf: „Du magst ihn nicht, was? Beherrsche dich, noch hat er dir nichts getan! Und“, fügte er grinsend hinzu, „Egal, was passiert, meine Werkzeuge bleiben alle, wo sie sind! Verstanden?“

„Ja, Lee...“, murmelte die Pinkhaarige nun und senkte beleidigt den Kopf.

„Gut. Dann haben wir das ja geklärt. Was denkst du sonst über ihn? Wer, denkst du, ist er?“

Auch seine Schwester begann zu essen.

„Was ich denke?“, fragte sie nach und hob eine sanft geschwungene Augenbraue, „Er ist ein verwöhnter Schnösel von weit her und...“, man konnte ihr ansehen, dass die das Mädchen die anderen Worte, die ihn, ihrer Meinung nach, noch beschrieben, mühsam herunterschluckte, wie ein großes Stück trockenen Brotes.

„Und außerdem muss er entweder sehr mutig oder sehr dumm sein. Normale Menschen wagen sich nicht einmal in die Nähe des Waldes, deswegen müssen wir ja ins Dorf fahren, um deine Ware zu verkaufen oder Besorgungen zu machen, also muss er zusätzlich blind und taub sein. Die Bewohner haben ihn sicherlich gewarnt...“, genervt verdrehte sie die Augen.

Er wusste, was gleich kommen würde: Vorhaltungen, weil sie wegen seiner Schmiedearbeit und seinem Dickschädel hier lebten. Im verfluchten Wald gab es schließlich das beste Wasser zum Härten seiner Schwerter!

„Aber wir müssen ja auch ständig in diesen Wald... Als könntest du dein blödes Wasser nicht auch anderswo wegholen! Wir haben einen Fluss und einen Brunnen in der Nähe! Im Dorf gibt es einen Brunnen und nicht weit entfernt soll es auch eine herrliche Quelle geben!“, schimpfte sie munter vor sich hin, während er nur mit halben Ohr zuhörte. Wie oft hatte er ihr schon erklärt, dass man zum Härten besonderes Wasser brauchte?

„Ich geh dann mal wieder rüber... Du kannst dich ja inzwischen um unseren Gast kümmern...“, schnell verschwand er aus der Tür, bevor einer ihrer Töpfe das Fliegen lernte. Trotzdem konnte er sie im Haus toben hören. Sie konnte es nicht leiden, herum kommandiert zu werden, auch wenn sie sich meist seinem Willen beugen musste. Denn, er war nicht umsonst der ältere.

Als er sich sicher war, dass Mariah wirklich hochgegangen war, kehrte er in den Wohnraum zurück und schnappte sich einen Becher mit dampfender Flüssigkeit, den er stehen gelassen hatte. Immerhin war es inzwischen dunkel und er hatte vor, bald zu Bett zu gehen, da lohnte es sich nicht, noch etwas neues anzufangen.

Plötzlich zerriss ein gellender Schrei die abendliche Stille, gleich gefolgt von einem klatschenden Geräusch und einem Splittern. Es hörte sich an, als wäre das eine Tonschale gewesen...

Der junge Mann seufzte.

Was war jetzt wieder los?

Trotzig hatte er eigentlich vorgehabt, hier unten zu bleiben und seinen dampfenden Tee auszutrinken, doch dann brüllte seine Schwester etwas wie: „Perversling!“ und das ließ ihn aufhorchen.

Konnte man nicht ein einziges Mal in Ruhe...? Vermutlich nicht...
 

„Perversling! Lüstling!“, sie warf mit allem, was sich in ihrer Nähe befand nach dem Kerl, der jetzt halb aufrecht im Bett saß, sie selbst knallrot im Gesicht, „Widerlicher Schnösel!“

Die Tür ging auf.

„Was ist hier los? Mariah würdest du bitte aufhören, mit Gegenständen nach unserem Gast zu werfen?“

„Erst, wenn dein Gast aufhört, mich zu begrapschen!“

„Hn. Du hast angefangen.“

„WAS?“, ihre Stimme wurde schrill, Lee verdrehte die Augen, aber dann richtete er zum ersten Mal seine Aufmerksamkeit auf den Fremden.

Er saß im Bett, den Oberkörper frei. Muskeln hatte er, das musste der Schmied dem Fremden lassen. Und Narben. Viele Narben... Er besaß graue Haare, die zum Teil blau zu sein schienen und die nass an seinem Kopf klebten. Grünliche Tropfen liefen, bei genauerer Betrachtung, auch über seinen Bauch...

„Mariah?“

Keine Reaktion. Die Gemeinte zeterte unberührt weiter.

„Mariah!“

Sie hielt inne.

„Ja, Bruderherz?“

„Warum ist er so nass?“

„Ähm...“

„Ich höre?“, Lee zog eine Augenbraue in die Höhe, als sich der Fremde räusperte.

„Sags ihm, Pinkie. Es wird ihn sicherlich brennend interessieren...“

„WEN NENNST DU HIER PINKIE?!?“

„Dich, oder siehst du hier noch jemanden, zu dem das passt?“

„RUHE!!!!“, donnerte Lee, dem es endgültig zu bunt wurde und entwand eine Schale Eintopf aus Mariahs Händen, die kurz davor schien, das Essen über ihrem Gast auszuschütten.

„Gut. Mariah, du gehst nach unten. Ich komme sofort nach. Und wir“, er musste eine Pause einlegen, als seine Schwester geräuschvoll die Tür schloss und für jeden im Haus sehr gut hörbar die Treppe benutzte, gespickt mit zahlreichen Verwünschungen. Dann war es still.

„Und wir müssen uns jetzt unterhalten, Herr.“

„Hn.“

„Ich bin Lee, der Waffenschmied... Dürfte ich auch Euren Namen erfahren?“

„Kai.“, knurrte der andere nur.

Er war wirklich gesprächig, das musste man dem Fremden lassen. Wenn er mit seiner Schwester sprach, wurde er immer von einer Wortlawine überrollt, was auch nicht grade angenehm war... Dennoch konnte er beim besten Willen nicht sagen, wem er jetzt lieber gegenübertreten wollte... Aber es gab noch wichtige Fragen zu klären!

„Was ist hier eben vorgefallen?“, der Schmied musterte die roten Kratzspuren, die vermutlich von den Fingernägeln einer gewissen Pinkhaarigen stammten...

„Es tut mir leid, meine Schwester ist manchmal ein wenig übereifrig... Was ist hier geschehen?“

„Die Göre hat mich mit einem kochend heißen Gebräu übergossen, ich bin hoch geschreckt und mit ihr zusammen gestoßen, weil sie sich wohl über mich gebeugt hatte. Dann hat sie angefangen, sich wie eine Furie zu verhalten, hat mit dem Geschirr geworfen und an zu schreien gefangen...“

Wenn das wahr war... Lee sah sich und seine Schwester vor großen Problemen stehen...

„Einen Moment bitte...“, er schloss leise die Tür hinter sich, „MARIAH!“, brüllte er dann und machte sich an den Abstieg.

„Ja, Bruder? Hier habe ich die Sachen des Perv... Fremden... sie sind zwar noch nicht gewaschen, aber das macht ihm sicher nichts aus... Wann geht er denn?“

„Was ist zwischen euch passiert?“, mühsam beherrschte er sich. Er wusste zwar, dass er dem Fremden nicht einfach trauen konnte, aber unter Einberechnung des Temperaments seiner Schwester hörte es sich ziemlich wahrscheinlich an...

„Du hattest mich gezwungen zu ihm hoch zu gehen, also wollte ich das Tablett mit dem Tee auf den Tisch neben dem Bett stellen, weil der Kerl nicht wach war. Kann sein, dass ich zu stürmisch war, aber ein bisschen Tee ist aus dem Becher gespritzt... Und dann hat er seinen Kopf in meinen Ausschnitt gesteckt und ich habe mich dagegen gewehrt...“

Was hatte er nur getan? Was hatte er getan, dass er das verdiente?
 

Kai schnaubte und machte sich hungrig über den Eintopf her, den der Schmied ihm gebracht hatte und überdachte das Geschehene.
 

Langsam war er zu sich gekommen, ohne die Augen öffnen zu wollen. Die weiche Unterlage und die warme Decke luden ein, noch ein Weilchen zu schlafen. Ein blumiger Duft stieg in seine Nase und etwas kitzelte an seinem Hals.

Vielleicht sollte er doch...? Nein... Es war viel zu angenehm... Was, wenn dieses Gefühl dann verschwand und er sich um kalten Wald oder inmitten dieser Räuber wiederfand.

Was Ray wohl dort getan hatte? Es hätte ihm von Anfang an klar sein sollen, dass der Schwarzhaarige nicht entführt worden war, sondern um der Ehe mit ihm zu entgehen einfach geflohen war, ohne jemandem Bescheid zu geben. Verständlich, dass er nichts gesagt hatte... Man hätte ihn nur aufzuhalten versucht oder er hätte weniger Zeit zur Flucht gehabt...

Große, heiße Tropfen ergossen sich über seinen Hals, durchweichten die Decke und liefen über seine nackte Haut. Entsetzt riss er die Augen auf und schreckte hoch, wobei er mit dem Kopf gegen etwas weiches stieß.

Ein greller Schrei ertönte und ließ sein Trommelfell unangenehm erzittern.

Das Klatschen einer Ohrfeige und die klauenartigen, messerscharfen Fingernägel der jungen Frau, die vor ihm stand und eine blutrote Spur quer über seinen Oberkörper zogen, überraschten ihn.

Dennoch holte es ihn in die Realität zurück und er erkannte, mit was er zusammengestoßen sein musste, um solch eine Reaktion rechtfertigen zu können.

Die Furie entleerte etwas heißes über seinem Kopf und sprang geschickt wie eine Katze vom Bett weg.

„Perversling!“
 

„Blöde Göre...“, murmelte er, bedauernd, dass sie ihn nicht hören konnte.

Mühsam schwang er sich aus dem Bett und sah an sich herunter.

Das war...erniedrigend.

Nicht nur, dass man ihn seiner Kleidung fast völlig beraubt hatte, nein, die Kratzspuren der Furie waren deutlich zu sehen, sowie die Stelle, an der der Räuber ihn gestreift hatte. Außerdem brannte seine Wange von der Ohrfeige der Pinkhaarigen...

„Herr, ich denke, wir müssten reden... Ihr habt sicher ebenso Fragen, wie ich gewisse Dinge wissen möchte... Es wäre falsch, diese Dinge aufzuschieben.“

„Hn.“

Wo kam der denn so plötzlich her?

Er setzte sich aufs Bett, während der andere vor ihm stehen blieb und ihn mit verschränkten Armen musterte.

„Was ist dort im Wald geschehen?“

„Nichts, was für dich von Interesse wäre.“

Lee seufzte.

„Wo ist Ray?“, Kai musterte den anderen argwöhnisch.

Erstaunt blickten ihn die bernsteinfarbenen Augen des Schmiedes entgegen. Dieser Schwarzhaarige war ein guter Schausteller, aber Kai konnte er nicht täuschen! Er hatte Ray mit eigenen Augen gesehen, auch wenn er verstehen konnte, dass sein Verlobter sich nicht die Blöße geben würde, dort zu erscheinen...

Da machte sich eine Idee in seinem Kopf breit: Was wenn der Prinz des Graslandes mit Lee verabredet hatte, dass dieser ihn nur zum Schein niederschlug und entführte, alles nur, um hier in Ruhe leben zu können? An der Seite von Pinkie... Sehr ruhig und harmonisch... Vermutlich aber besser, als den Mann zu ehelichen, den er verabscheute...

„Ihr kennt Ray?“

„Ja, das tue ich, also antworte mir!“

„Ist das nicht offensichtlich? Er ist der Sohn des Königs, daher wird er vermutlich im Palast sein... Warum interessiert Euch das so sehr?“

Tief durchatmend versuchte er, Ruhe zu bewahren, sonst würde er nichts erreichen. Vielleicht sollte er...

„Nein, es wäre schön, wenn es so wäre... Ray wurde entführt und ich habe die Aufgabe, ihn zurückzubringen...“

„Unmöglich! Wisst Ihr eigentlich wie stark Ray ist? Vermutlich... Er hat doch nicht umsonst jahrelang verschiedenste Kampfkünste studiert, so wie seine Mutter vor ihm...!“

„Wenn ich es dir doch sage! Es ist geschehen! Ich war selbst dabei und konnte nur tatenlos zusehen!“, er ballte die Hände zu Fäusten und sah seinen Gegenüber böse an.

Mit einem Mal fühlte er sich wieder so schwächlich und erbärmlich wie in dem Moment, als er nicht verhindern konnte, dass dieser Unbekannte den Schwarzhaarigen mitnahm. Und Wut, dass er sich überhaupt deswegen schlecht fühlte.

Es brodelte in seinem Inneren. Er hatte sich selbst nicht mehr unter Kontrolle und sein Verlobter war Schuld daran!

„Hm... Aber warum sucht Ihr allein nach ihm? Und was macht Ihr dann in dieser Gegend?“

„Ich wurde von den anderen getrennt. Aber sag, du wohnst weit vom Schloss entfernt, wie kannst du dann Ray kennen?“

„Mariahs und meine Eltern lebten in einer Schmiede nahe dem Schloss. Eines Tages erfüllte sich unser größter Traum und wir wurden vor den König gerufen. Ich war vielleicht sechs oder sieben... Es hieß, der König wünsche ein Geschenk für seinen Sohn, also brachten wir ein paar unserer Stücke mit. Ich hatte zwar viel zu tragen, dennoch konnte ich mich gut umsehen und ich war begeistert vom Inneren des Schlosses. So etwas schönes hatte ich noch niemals zuvor gesehen... Und in meiner Begeisterung übersah ich Ray, dem das natürlich gar nicht gefiel und wir beide landeten auf dem Boden und... nun ja... wir rauften uns ein wenig... Mein Vater hatte nichts von dem bemerkt und war weitergegangen, bis er schließlich geschockt feststellte, was ich tat... und wer der Junge unter mir war... Er zwang mich, Ray um Verzeihung zu bitten und wollte mich grade rügen, als hinter uns jemand in schallendes Gelächter ausbrach. Selene hatte alles beobachtet und konnte sich vor Lachen kaum noch halten... Sie war immer so fröhlich... so unbeschwert... Nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatte, wies sie uns an, spielen zu gehen. Die Lachfältchen in ihrem Gesicht sehe ich noch deutlich vor mir... Sie hatte etwas besonderes an sich... Währenddessen machte sie sich mit meinem Vater auf den Weg zum König. Und Ray und ich haben uns dann angefreundet...“

Kais Augenbrauen hoben sich, bis sie seine Ponyfransen berührten: „Selene?“

Jetzt war es an Lee, erstaunt auszusehen, jedoch seufzte er nur und antwortete nicht.
 

„Warum muss ich mich um die Wäsche dieses Lüstlings kümmern?“, Mariah klatschte ein schwarzes Kleidungsstück mit voller Wucht auf den Boden. Dann wrang sie es und stellte sich vor, statt des Stoffes den Hals des Besitzers zwischen ihren Fingern zu haben.

„Dieser Ar....!!“, etwas nasses klatschte auf den Stein, um gleich darauf wie ein Seil oder eine Peitsche durch die Luft zu wirbeln.

„Das wirst du mir büßen, Lee...“, aufgebracht starrte sie zur Schmiede, aus der man das charakteristische Hämmern ihres Bruders hören konnte, „ ‚Koch was zu essen, Mariah!‘ “, äffte sie ihn

nach, „ ‚Du kannst das besser, als ich. Nachher denkt er noch, ich will ihn vergiften!‘ Argh!!“

Dieser Spanner und Grapscher mit seinen ach so tollen Muskeln!
 

Müde ließ er sich in einen der Stühle vor dem Feuer fallen.

„Wie geht es voran?“, Bryan löste sich aus dem Schatten.

„Die Versilberung kommt gut voran. Noch ein bis zwei Lagen und wir sind fertig. Dann müssen die Kerzenständer nur noch poliert werden...“

„Das meinte ich eigentlich nicht, Tala, aber nett, dass du es mir erzählt hast...“, der andere Ritter seufzte.

„Ach so... Bisher hat mir der Meister nichts erzählt, was wir nicht auch schon wussten, aber ich glaub, so langsam fängt er an, mir zu vertrauen... Gibt’s was neues von Kai?“

„Nein, er bleibt verschwunden. Das ist schon der vierte Tag... Das sieht ihm doch gar nicht ähnlich... Schließlich ist er nicht so ein Casanova, der nächtelang von Weib und Kind wegbleibt und sie damit in tiefe Verzweiflung treibt... Obwohl... das ist in diesem Fall etwas anders... Schließlich ist Ray ein Mann, wie Kai und die beiden sind noch nicht verheiratet... und das mit den Kindern könnte auch problematisch werden... und Ray ist zuerst verschwunden, daher stellt sich die Frage, wer hier wen in Verzweiflung treibt, aber das kann man so auch nicht sagen... Ich rede zu viel...“, er ließ betrübt den Kopf hängen.

„Du verbringst zu viel Zeit am Stück mit Kira und den anderen beiden... Das muss ja irgendwann abfärben...“

Beide lachten.

„Was, wenn er in ernsthaften Schwierigkeiten steckt? Du weißt, ich hänge an meinem Kopf...!“, er musterte den anderen aus seinen eisblauen Augen.

„Wenn dein Informant sich nicht irrt...“

„Er irrt sich sicherlich nicht...“, murrte er.

Schließlich war Maia verlässlich, wenn es um ihre Tätigkeit als Spionin ging!

„Also gut, da dein Informant sich nicht irrt, wissen wir, dass das Zeichen auf der Brosche das Wappen eines Clans ist, der als mystisch gilt und von dem nicht sicher ist, ob es noch lebende Nachkommen gibt. Außerdem soll diese Familie in dem Wald wohnen, in den sich niemand hinein traut. Sehr glaubhaft, die Geschichte, wirklich...“, seine Stimme triefte nur so vor Ironie, „Ach ja, und sie sollen aus diesem Zauberwald schon so manche Intrige gesponnen haben...“

„Kann doch gut möglich sein! Sag mal, wo steckt eigentlich Kira?“

„Im Bett. Du weißt schon, dass es spät ist, oder? Warum fragst du?“, der lavendelhaarige Eisländer schien plötzlich misstrauisch.

„Das ist nicht unbedingt für ihre Ohren bestimmt, sie würde mit wollen und das können wir nicht verantworten...“

„Was hast du vor, Tala?“, jetzt war er offensichtlich voller Misstrauen.

„Wir werden uns ein paar Männer suchen und uns diesen Wald mal genauer von innen ansehen!“

„Du bist verrückt! Da wird keiner mitkommen wollen! Nicht freiwillig! Außerdem können wir nicht einer Spukgeschichte hinterherrennen!“

Trotz heftiger Proteste Bryans setzte Tala seinen rothaarigen Dickschädel durch und so schickten sie die beiden Grasländer auf die Suche nach Männern, die sie begleiten würden.
 

„Und?“, fragte sein Kollege am nächsten Tag und hielt ihn davon ab, einen interessanten Plan an Tyson durchzuführen, der einige Schmerzen beinhaltete, „Wie viele habt ihr gefunden? Wie viele kommen mit?“

Bevor der eigentlich Gemeinte die Frage beantworten konnte, sprudelte sein Freund hervor: „Uns mit eingerechnet? Lass mich kurz nachdenken...“

Max nutzte die Zeit der Stille, in der der Blauhaarige mit Hilfe seiner Finger Berechnungen anstellte, und setzte erneut an: „Also um genau zu sein...“

„Maxie, sei mal kurz ruhig!“

„Ty...?“

„Ich muss rechnen...“, er hielt seine Finger empor.

Der Blonde holte Luft, wurde aber von einem gezischten „Shhhhh!“ wieder unterbrochen.

Einige Minuten später blickte Tyson strahlend auf.

„Wir sind genau...“, ein kurzer Blick auf seine Hand, „...Also wir sind genau zu viert!“

Geschockt trafen eisblau und tiefgrün aufeinander.

Der Lavendelhaarige verkniff sich eine Antwort.

„WAAAAS?!?!“, polterte der rothaarige Eisländer und fuhr nach einem unsanften Rippenstoß von Bryan etwas leiser fort, „Willst du damit etwa andeuten, dass ihr außer uns niemanden gefunden habt, der in diesem dämlichen Wald mitkommt?“

„Genau das soll es heißen!“, Tyson sprang auf, wurde jedoch von Max aufgehalten, der entschuldigend lächelte.

„Ihr müsst die Leute verstehen, sie haben Angst. In diesem... Ding... sind schon viele Menschen verschwunden und keiner von ihnen ward je wieder lebend gesehen...“
 

„Hier, kennt ihr das vielleicht? Habt ihr so etwas schon einmal gesehen?“, Kai legte die Brosche vor den Geschwistern auf den Tisch.

„Ich wüsste nicht, warum wir dem Perversling helfen sollten...“, Mariah drehte demonstrativ den Kopf zur Seite.

„Weil er zu Rays Gefolge gehört und du doch auch willst, dass er wieder wohlbehalten bei seinem Vater ankommt!“

„Ich verstehe nicht, warum er so einen für sich arbeiten lässt! Das hat er doch gar nicht nötig!“

„Hn. Und ich verstehe nicht, dass du so eine frei hier herumlaufen lässt...“, Kai zuckte bedauernd die Schultern.

Die Pinkhaarige starrte ihn wütend an und wetzte ihre Fingernägel auf dem Holz des Tisches.

Lange Zeit sagte niemand ein Wort, sodass der Prinz schon aufgeben wollte, doch dann räusperte sich der Schmied.

„Ich kenne es.“

„Was?“, Kai konnte es nicht glauben.

„Diesen Wappen, ich habe es schon gesehen.“

„Wo?“, der Eisländer sprang auf.

„Nicht weit von hier im Wald. Hing auf ner Fahne am höchsten Turm von ner Art Schloss. Das war, als ich einmal auf der Suche nach gutem Wasser zum Härten war. Ihr ahnt nicht, wie wichtig gutes Wasser dafür ist!“

„Weißt du noch, wo es war? Dann führ mich hin!“

„Ich denke, ich kann es finden... Aber es ist mindestens eine Tagesreise, wenn nicht länger!“

„Egal! Wir brechen so bald wie möglich auf! Wer weiß, was Ray inzwischen zugestoßen sein könnte!“

„Mariah! Pack uns etwas Proviant zusammen! Ich werde so lange ein paar Waffen einpacken, falls wir auf Widerstand treffen, wenn wir Ray befreien!“, Lee schien von der plötzlichen Anspannung Kais angesteckt worden zu sein.

„Für dich gerne, Bruder, aber der da“, sie nickte in Richtung Kais, „Der kann sehen, wo er bleibt!“

„Mariah!“, der Schwarzhaarige starrte seine Schwester für einen Moment an. Sie senkte den Blick und begann das Essen zu packen.

Kai zog sich unterdessen zurück und zog sich um. So lange seine Kleidung nicht trocken war, hatte er welche von Lee bekommen. Unter sein langes hellbraunes Hemd zog er sein schwarzes Oberteil ohne Ärmel, das eng an seinem Bauch anlag und durch welches der Riss ging, den er von der Begegnung mit dem Räubern hatte. Dazu noch die dunkelbraune Hose. Den Mantel warf er sich über den Arm und kehrte in den Wohnraum des Hauses zurück.

„Dann mal viel Spaß beim Laufen! Wir besitzen nur unseren alten Gaul und keinen Esel, wenn man von Euch mal absieht...“, Mariah schaute ihn spöttisch an.

„Was sagtest du gerade?“, in Gedanken machte er Pläne, was er nach dem Mädchen werfen konnte, sodass es den größtmöglichen Schmerz verursachte, fand aber nichts gescheites.

„Wir brauchen noch eine Leine für Euch!“

„Das wagst du nicht!“

„ Doch! Mickriger, verzogener Bengel!“

„Miststück!“

„Esel!“

„Pinkie!“

In der angespannten Stille, die darauf folgte betrat Lee das Haus und schaute von einem zum anderen, seufzte.

„Wir können aufbrechen.“

„Gut, dann los!“

„Komm mir ja wohlbehalten wieder, Lee! Den da kannst du ruhig unterwegs verlieren!“

„Mariah! Darüber reden wir, wenn wir zurück sind!“

Lee schulterte sich den Beutel, den seine Schwester gepackt hatte und so machten sich die beiden jungen Männer auf den Weg, der sie entlang eines fast ausgetrockneten kleinen Flüsschens führte, über Stock und Stein, bis sie sich quer in den Wald schlugen.

Schnell verspeisen sie ein kurzes Mahl, um keine wilden Tiere anzulocken und wanderten weiter, bis es dunkelte.

„Bis hierhin war es leicht zu kommen, der Rest wird beschwerlicher..“, der Schmied kramte in dem Beutel und fand einen Feuerstein und ein kleines Stück getrocknetes Holz vor, womit er ein Feuer entfachte.

Kai zog die Decke enger um seinen Körper. Seine Füße und sein Rücken sangen in der Stille ein anderes Lied... Niemals würde er es jedoch zugeben, dass er den Weg doch etwas anstrengend fand...

„Bisher konnten wir uns grob am Flusslauf orientieren. Jetzt müssen wir andere Wege einschlagen, leider weiß ich nicht genau, welche das waren... Wenn ich sie sehe, erkenne ich sie höchstwahrscheinlich wieder...“, fuhr der Freund seines Verlobten fort.

Der Eisländer zog es vor zu schweigen. Er konnte nicht glauben, dass sie einfach losmarschiert waren...

„Ihr wolltet doch wissen, wer Selene war, oder?“, fragte Lee leise.

Kai antwortete langsam: „Ja... Warum ‚war‘?“

„Sie starb, als Ray noch sehr jung war, ein als Unfall getarntes Attentat auf die Königin, munkeln viele. Andere beharren darauf, dass es wirklich ein Unfall war. Ich weiß nicht, was passierte, also erlaube ich mir kein Urteil darüber zu fällen.“

„Königin?“

„Ja... Selene ist... ich meine war, Rays Mutter.“

Jetzt wusste er mehr und hatte auch endlich erfahren, wer die Schwarzhaarige auf dem Bild in dem Zimmers des Palastes war und warum sie seinem Verlobten derart ähnlich sah.

Trotzdem fragte er sich, wie jemand, sollte es wirklich ein Mord gewesen sein, bewusst so einem kleinen Kind die Mutter nehmen konnte. Er selbst hatte niemals die Liebe der Frau zu spüren, bekommen, die für seine Existenz verantwortlich war, wohl aber die der alten Frau, die sich stets für ihn gesorgt hatte, wenn er wieder einer der Erziehungsmethoden seines Vaters zum Opfer gefallen war... Bis sie eines Tages selbst... Wut machte sich in seinem müden Körper breit und er schwor sich Rache, sollte er die Übeltäter je zwischen die Finger bekommen.

Was Ray wohl in diesem Moment gerade tat? Ging es ihm gut?

Gedankenverloren sah er zum schwarzen Himmel. Einer der Sterne leuchtete heller und klarer als alle anderen. Fast vergleichbar mit den Augen des Schwarzhaarigen, die immer eine Wärme, eine gewisse Güte und Selbstsicherheit ausstrahlten, aber dabei sanft blieben. Fürwahr, dieser Junge hatte etwas faszinierendes an sich...



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