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Stadt der Engel

Schatten und Licht, Band 1
von

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Im Bad der Gefühle

Schon von weitem hörte Sophia, wie sie kichernd, kreischend und lachend den Gang hinunter kamen und schließlich vor der Koje hielten. Mit einem kräftigen Ruck, der die Tür fasst aus ihren Angeln hob, fielen Hitomi und Van in dessen Zimmer ein und verstummten urplötzlich. Sophia, die zu schwach war um aufzustehen, spürte die mitleidigen Blicke des Paares, was nur dazu führte, dass sie sich noch schlechter fühlte. Als Hitomi Van schließlich vorschlug, dass die beiden sich ein anderes Zimmer nehmen könnten, platzte Sophia der Kragen und die aufkeimende Wut verlieh ihr die Kraft um sich vom Bett zu erheben. Noch immer torkelnd drängte sie sich an Van vorbei und trat in den Gang.

„Das Bad ist übrigens frei. Du kannst jetzt rein.“, rief ihr Hitomi hinterher.

Sophia blieb einen Augenblick lang stehen und rang mit sich selbst. Am liebsten wollte sie dieser aufgeblasenen Schlampe ihre geheuchelte Freundlichkeit mit gleicher Grausamkeit zurückzahlen, entschied sich jedoch dagegen. Stattdessen ging sie in ihr Zimmer und suchte sich frische Kleidung aus dem Schrank. Zwar waren diese Sachen nach dem Kontakt mit ihren Staub bedeckten Handschuhen nicht mehr so sauber, doch das kümmerte sie nicht. Das Bündel Kleidung eng an ihren schmutzigen Kampfanzug gepresst, verließ Sophia ihr Zimmer und preschte auf das Bad zu. Nie und nimmer würde sie zulassen, dass diese blöde Kuh vor ihr das Badezimmer benutzt konnte. Natürlich hatte Sophia nicht vor, das Bad in einem akzeptablen Zustand zu hinterlassen. Das feine Fräulein würde sich in Folge dessen wohl mit den Waschräumen des Schiffspersonals zufrieden geben müssen.
 

„Kannst du mir erklären, warum du sie gerade angelogen hast?“, fragte Van Hitomi, während er hinter ihr die Tür schloss.

„Ihr gehört der Kopf gewaschen, sonst würde sie ihre Trauer und Wut nie loslassen.“, begründete Hitomi ihre Entscheidung. „Du hast doch das Selbe auch mit mir gemacht. Glaub mir, der Anblick eines nackten Jungen ist für ein Mädchen ihres Alters befreiender als jede noch so kalte Dusche.“

„Ich glaube nicht, dass sie deine Lüge als Gefallen werten wird.“

„Warum nicht? Als sie ihn das erste Mal sah, war sie so fasziniert, dass sie dich glatt vergaß. Warum sollte das kein zweites Mal funktionieren?“

Ungläubig schüttelte Van den Kopf.

„So wie du Intrigen schmiedest, wirst du wunderbar in meine Welt hineinpassen.“, stellte er fest. „Wo habt ihr den Jungen überhaupt her?“

„Weißt du, Van, das würde gern erzählen, wenn alle zuhören. Die ganze Geschichte ist ein bisschen lang und ich denke, alle haben das Recht sie zu erfahren.“, erwiderte sie.

„Stimmt. Ich wüsste nur gerne, was hier vor sich geht. Vor allem interessiert mich, warum ein Mitglied meiner Leibgarde nach meinem Leben trachtet.“

„Siri ist…“, setzte Hitomi an, doch dann spürte sie einen Kloß im Hals und verstummte.

„Schon gut, du brauchst es mir nicht jetzt zu erzählen.“, beruhigte Van sie und schlang seine Arme um sie. „Am besten du schläfst erstmal eine Nacht darüber.“

„Ach ja?“, sagte sie und erwiderte seine Umarmung. „Und in welchem Zimmer soll ich schlafen?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort schon in seinen Augen sah.

„Na hier, dachte ich.“, klärte er sie auf. „Das Zimmer des Schiffskommandanten hat Sophia bereits bekommen und bis auf diese Koje hier gibt es nichts, was dir sonst noch gerecht werden könnte.“

„Und wo schläfst du?“, erkundigte sie sich.

„Auch hier.“

„Ich denke nicht, dass der Boden für einen König angemessen wäre.“, scherzte Hitomi.

„Sehr witzig! Ich schlaf natürlich im Bett.“, erwiderte Van entrüstet.

„Soll ich etwa auf den Boden schlafen?“, fragte sie mit gespielter Fassungslosigkeit.

„Nein, natürlich nicht. Ich dachte,…du hättest nichts dagegen, wenn…“, stotterte er. Von seiner Unsicherheit sichtlich amüsiert, unterbrach sie ihn mit einem leidenschaftlichen Kuss. Nachdem beide sich von einander gelöst hatten, lächelte sie ihn warmherzig an.

„Nichts erregt mich mehr, als deine Wärme auf meine Haut zu spüren…“, flüsterte sie, woraufhin sich beide wieder küssten. „…aber du musst mir versprechen, dass wir heute Nacht nicht miteinander schlafen werden.“

„Sollen wir die ganze Nacht etwa wach bleiben?“, wunderte sich Van.

„DU!“, regte sich Hitomi auf und stieß Van von sich. „Du weißt ganz genau, was ich meine.“

„Ja, ich weiß.“, versuchte Van sie zu beschwichtigen. „Aber ich hoffe, du weißt, wie schwer es mir fällt zu warten.“

„Natürlich.“, erwiderte sie und zog ihn näher an sich heran. „Schließlich bist du auch nur ein Mann.“

Wieder verschmolzen ihre Lippen.

„Und du bist eine Frau.“, hauchte er und erfühlte mit seinen Händen die Kurven ihres Körpers.

„Und eine Frau hasst es, in abgenutzten Klamotten herumlaufen zu müssen.“, erwiderte Hitomi lächelnd.

„Ich kann dir gerne beim Ausziehen helfen.“, bot Van sich grinsend an.

„Ich wäre schon zufrieden, wenn du mir ein Satz frischer Kleidung besorgen könntest, damit ich endlich ins Bad gehen kann.“

„In den Schränken findest du alles, was du brauchst.“

„Ja, anscheinend hat sich auch schon jemand bedient.“, merkte sie mit einem Blick auf den von Gewändern bedeckten Boden an.

„Entschuldige, ich hatte vorhin etwas überreagiert.“, erklärte er und fing an die Gewänder auf die entsprechenden Bügel zu hängen. Hitomi indes öffnete einen andere Schranktür, sah sich nach einem Kleid in ihrer Größe um.

„Während ich hier mit Sachen raussuchen beschäftigt bin, kannst du mir ja mal erzählen, was zwischen dir und Sophia vorgefallen war.“, schlug sie vor.

Van schluckte.
 

Mit Karacho stampfte Sophia in die Umkleide, welche das Bad vom Flur trennte, und streifte ihren schwarzen Kampfanzug ab. Nur mit sich selbst und ihrer Rache beschäftigt übersah Sophia das Gewand, welches sorgfältig zusammengelegt auf der Holzbank lag. Nachdem sie sich ihrer Kleidung entledigt hatte, schob sie die Tür zum Bad zur Seite und erstarrte.

Direkt vor ihren Augen stand mit dem Rücken zur ihr derselbe Junge, den sie schon im Untergeschoß des Tempels der Fortuna ausgiebig betrachtet hatte. Wieder glitt ihr Blick an seinem athletischen, von glänzend nasser Haut bedeckten Körper hinunter. Der junge Mann, der sich gerade mit einem Handtuch seine langen, weißen Haare abtrocknete, drehte nur den Kopf zu ihr um und erfasste sie mit seinem kühlen Augenpaar.

„Siehst du nicht, dass das Bad besetzt ist?“, schnauzte er Sophia an. Diese erwachte aus ihrer Starre.

„Entschuldigung, man sagte mir, dass Bad sei frei.“, rechtfertigte sie ihr Eindringen. Daraufhin drehte sich der Mann vollends zur ihr um und legte das Handtuch über seine Schulter. Sophias Augen wurden groß, als sein Geschlecht in ihr Blickfeld rückte.

„Du hättest schon an dem Gewand im Vorzimmer erkennen müssen, dass es nicht so ist.“, warf er ihr vor.

„Es tut mir wirklich leid, …“, entschuldigte sie sich ein weiteres Mal. „…aber solltet ihr euch nicht erst einmal bedecken?“

„Ich habe nichts, was du nicht schon im Tempel gesehen hast. Warum also sollte ich mich verstecken? Außerdem scheint dir deine eigene Blöße auch nichts auszumachen.“, stellte er Schulter zuckend fest. Auf einmal kam es ihr in den Sinn, dass sie ebenfalls völlig nackt war. Panisch bedeckte sie mit einer Hand ihren Schritt und legte den anderen Unterarm über ihre zierlichen Brüste.

„Ich geh dann mal.“, verabschiedete sie sich und schlüpfte schnell zurück in die Umkleide. Kopfschüttelnd schloss der Junge hinter ihr die Tür. Sophia indes setzte sich zitternd auf die Holzbank und versuchte zu verarbeiten, was eben geschehen war.

Er hatte alles gesehen. Jedes noch so kleine Detail ihres jungen Körpers und das auch noch in Großformat. Noch nie zuvor hatte ein männliches Wesen sie derartig entblößt, Van eingeschlossen. So erschreckend diese Erkenntnis auch war, sie löste in ihrem Unterleib ein Kribbeln aus, welches beängstigend und aufregend zugleich war. Plötzlich erschien das Bild des Mannes in ihrem Kopf, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Störrisch versuchte Sophie sein Abbild aus ihrer Vorstellung zu verbannen, doch erst seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Kann ich rauskommen?“, fragte er durch die Tür hindurch.

„Einen Moment bitte.“, rief sie verlegen zurück. Hastig griff sie nach dem von ihr mitgebrachten Kleid und presste es an sich. Einen Moment fragte sie sich, ob sie sich die Zeit nehmen sollte und es anziehen sollte, doch überraschender Weise sträubte sich ihr Herz dagegen. Ihr Verstand jedoch bestand auf ein sittsames Auftreten ihrerseits und somit begann die Diskussion zwischen den beiden, die Sophia schließlich mit dem Argument beendete, welches ihr der Mann an den Kopf geworfen hatte.

„Du kannst jetzt rauskommen.“, sagte sie laut, woraufhin sich die Tür zum Bad öffnete. In dem festen Glauben, dass er noch immer nackt war, schloss sie ihre Augen.

„Du kannst ruhig gucken. Ich habe mir ein Handtuch umgebunden.“, beruhigte der Mann sie, während er an ihr vorbeiging. Mit einem kurzen Blinzeln überzeugte sich Sophia, dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte, und sah dann zu ihm auf. Sein Unterkörper war zwar bedeckt, doch sein strammer Rücken reichte völlig aus um sie erröten zu lassen. Einen Moment lang war sie verärgert, weil der Mann ihr gegenüber ein solch maßloses Verhalten an den Tag legte, doch dann begriff sie, dass auch sie mehr zeigte, als sie sollte. Ihre Beine und die Seiten ihres gesamten Oberkörpers waren für ihn sichtbar und zur ihrer eigenen Überraschung störten die gelegentlichen Blicke, mit denen er sie musterte, sie nicht. Schließlich hatte der Mann sein Gewand übergestreift und machte sich auf die Umkleide in Richtung Flur zu verlassen.

„Wie heißt du eigentlich?“, fragte Sophia aus dem Bauch heraus. Als der Mann an der Tür stehen blieb und schwieg, zweifelte sie an ihrer instinktiv getroffenen Entscheidung, begriff jedoch, dass sie nicht zurück konnte.

„Ich möchte es gerne wissen…ich meine, wo wir doch…“

„Antigonos.“, antwortete er und trat hinaus in den Flur. Während er den Gang hinunter schritt, steckte sie ihren Kopf durch die Tür und rief ihm nach: „Ich heiße Sophia.“

„Du machst deinem Namen nicht sehr viel Ehre.“, gab Antigonos zurück und verschwand aus ihrem Blickfeld.
 

Sophia saß im mit heißem Wasser gefüllten Becken des Badeszimmers und grübelte verärgert über Antigonos Kommentar bezüglich ihres Namens. Was hatte er damit gemeint? Wie konnte er es wagen, sie in irgendeiner Weise bezüglich ihres Namens zu kritisieren? Wie konnte er es wagen, sie überhaupt zu kritisieren?

Die Tür zum Bad öffnete sich und Sophia fuhr wutentbrannt herum. Was bildete sich dieser Antigonos eigentlich ein? Hatte es ihm nicht gereicht sie nackt zusehen? Wollte er ihr etwa jetzt auch noch beim Baden betrachten? Als sie jedoch Hitomi ohne ein Stück Kleidung auf der Haut im Türrahmen stehen sah, verrauchte ihre Wut so schnell wie sie gekommen war.

„Ihr seid es!“, stellte sie überrascht fest, während sie Hitomi in ihrer ganzen Pracht musterte. Jetzt begriff sie, warum Van sich für Hitomi entschieden hatte. Mit dem voll ausgewachsenen und mit perfekten Rundungen ausgestatteten Körper ihrer Rivalin konnte Sophia beim besten Willen nicht mithalten.

„Ja, ich bin es.“, bestätigte Hitomi. „Du kannst mich übrigens duzen.“

„Ich kann mich nicht daran erinnern, euch die Erlaubnis gegeben zu haben, mich zu duzen. Ich bin eine Prinzessin des Königreichs Chuzario und somit mit Eure Hoheit anzusprechen!“, verlangte Sophia hochnäsig, während sie sich von ihr abwendete. Hitomi indes schloss hinter sich die Tür trat auf das Becken zu.

„Nach allem, was Van mir über dich erzählt hat, dachte ich, du wärst mehr an echten Freundschaften als an dieses Hofgeplänkel interessiert.“, konterte sie und füllte eine Schüssel mit kalten Wasser, welche sie ohne zu zögern über sich ausschüttete.

„Wir beide lieben ein und denselben Mann. Wie könnten wir unter diesen Umständen Freundinnen werden?“, fragte Sophia misstrauisch.

„Konkurrenz belebt das Geschäft. Wusstest du das nicht?“, scherzte Hitomi, während sie zu der Prinzessin ins Becken stieg. Seufzend ließ sie sich ihre angespannte Haut von dem heißen Wasser verwöhnen. „Nur weil wir Rivalinnen sind, heißt das noch lange nicht, dass wir uns gegenseitig hassen müssen.“

„Du schreckst nicht einmal davor zurück mich mit jemand anderen zu verkuppeln, um Van für dich allein zu haben. Warum also sollte ich dir trauen?“, klagte Sophia sie an.

„Ich weiß nicht, was du meinst.“, behauptete Hitomi unschuldig, während ihre Zehen kleine Wellen über die ruhige Wasseroberfläche schickten.

„Du lügst! Du wusstest ganz genau, dass Antigonos noch im Bad war.“

„Gut, ich gebe es zu. Ich wusste, dass sich jemand noch hier drinnen befand. Aber was sollte ich denn machen. Heute war meine einzige Chance, dich anderweitig unterzubringen.“

„Bei diesem Perversen?“, beschwerte sich Sophia.

„Wieso pervers?“, wunderte sich Hitomi. „Er war vor dir im Bad, nicht umgekehrt.“

Damit ging Sophia ihre Argumente aus und sie verstummte, bis ihr etwas in den Sinn kam, was Hitomi zu ihr gesagt hatte.

„Du sagtest, heute wäre deine einzige Chance. Wieso?“, erkundigte sie sich.

„Ich werde nicht mit Van nach Farnelia zurückkehren. Schon morgen werden sich unsere Wege wieder trennen.“, klärte Hitomi sie auf.

„Weiß er es?“

„Sicherlich ahnt er es, aber ich habe es ihm noch nicht gesagt. Du siehst also, du hast massig Zeit Van einzuwickeln. Somit ist es doch in Ordnung, wenn ich mit drastischeren Mitteln versuche, dich als Konkurrentin auszuschalten?“, fragte sie traurig lächelnd.

Sophia zögerte einen Augenblick, ehe sie antwortete.

„Ja, wahrscheinlich hast du Recht.“, gab sie zu.

Beide schwiegen.

„Sophia, ich möchte dich um etwas bitten.“, verkündete Hitomi schließlich.

„Ich höre.“, verkündete Sophia neugierig.

„Ich möchte, dass du bei Van bleibst und ihm beistehst.“

„Das tue ich doch jetzt schon.“

„Und ich bitte dich, es weiterhin zu tun. Wie du sicherlich selber festgestellt hast, ist er nicht so stark, wie er wirkt. Ich habe Angst um ihn.“, bat Hitomi eindringlich.

„Keine Sorge.“, sagte Sophia und wischte sich eine Träne von ihrer Wange. „Ich bleibe bei ihm.“

„Im Gegenzug gestatte ich es dir auch, weiterhin im Kuppelzimmer zu wohnen. Aber gewöhn dich bnicht daran. Es ist eigentlich nur für Vans zukünftige Ehefrau bestimmt.“, warnte Hitomi sie.

Sophia, die deutlich den Schmerz hinter Hitomis Heiterkeit heraushörte, nickte entschlossen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Doena
2010-11-29T17:14:50+00:00 29.11.2010 18:14
dieses kappi ist lustig und traurig zugleich T^T


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