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Gefangen in der Dunkelheit

ohne Fluchtweg in einer fremden Welt
von

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Auf ewig Vergangenheit

Schweigend schreiben wir zusammen die Hausordnung ab. Einmal, zweimal, dreimal. Es ist noch nicht genug. Jede halbe Stunde kommt ein Lehrer, meckert immer wieder herum. Mal ist es zu krakelig, mal ist es zu klein geschrieben. Wenn sie soviel an uns zu meckern haben, sollen sie es selber machen.

Nachdem wir fast drei Stunden hier gegessen haben, kommt endlich unsere Klassenlehrerin.

„Suzuki-san muss ich schon wieder mit deinen Eltern reden?“, meint sie.

„Müssen tun sie überhaupt nichts. Es reicht wenn sie uns eine kleine Standpauke halten und uns endlich nach Hause schicken“, erwidert Reita mit einem überheblichen Grinsen.

„Sie ändern sich wohl nie. Und ich würde ihnen anraten Matsumoto-san nicht zu weit mit rein zuziehen. Wie ich sehe hatten sie schon genug schlechten Einfluss auf ihn“, sie erwidert das Grinsen.

Anscheinend habe ich mich wirklich sehr verändert…

„Das geht sie sonst etwas an. Also belehren sie uns und fertig“, faucht Reita, „Oder ist ihnen endlich aufgefallen, dass es bei mir sinnlos ist?“

„Reiß deinen Mund nicht so weit auf Suzki-san, es könnten Fliegen hinein fliegen“, keift sie zurück.

Muss er eigentlich alles schlimmer machen wie es ist? Ich schaue aus dem Fenster und warte, dass die beiden sich endlich genug an geschrieen haben.

Auch eine halbe Stunde später schreien sie noch aufgebracht herum. Langsam reicht es mir.

„Ano…“, leise ziehe ich an Reitas Uniform und überrascht dreht er sich zu mir um.

Anscheinend haben die beiden ganz vergessen, dass ich auch noch hier bin.

„Sumimasen für die Störung“, leicht verbeuge ich mich.

Beide schauen mich weiter verdutzt an, bis die Lehrerin das Wort ergreift.

„Suzuki-san ich bitte sie die nächste Zeit jegliche Zwischenrufe, Widerreden und sonstiges zu unterlassen, ansonsten werfen wir sie von der Schule. Mit der nächsten Zeit meine ich bis zum Zeugnis, mit das klar ist!“, böse funkelt sie Reita an.

„Hai, ich werde mich bemühen“, erwidert dieser lediglich mit einem verschmitzten Lächeln.

„Und sie Matsumoto-san… Sie schlagen ab sofort niemanden mehr. Ich bin zwar im Glauben, dass es nur ein Ausrutscher war, aber bitte reißen sie sich zusammen. Außerdem ist jegliches, unentschuldigtes Fehlen während der Unterrichtszeit verboten. Wenn sie vor die Tür geschickt werden, haben sie dort auch still zu verweilen. Wenn es ihnen nicht gut geht oder sonstiges, sagen sie einem der Lehrkräfte Bescheid. Außerdem haben sie nächste Woche ein Gespräch beim Schulpsychologen. Und wenn ihnen der Lehrer etwas sagt, haben sie dieses auch zu befolgen. Und ich hoffe sie werden wieder den richtigen Weg im Leben einschlagen. Immerhin sind sie zukünftiger Erbe einer einflussreichen Firmengruppe“, bittend schaut mich die Lehrerin an.

Laut meiner Meinung bin ich es nicht mehr, so. Ich habe keine Lust als Sesselpupser mein Leben zu verbringen, ich möchte diese Welt hinter mir lassen. Ich presse ein „Hai“ heraus und hoffe sie somit ruhig zustellen.

Ich brauche solche Belehrungen nicht mehr. Ich habe sie zu oft gehört, besonders in den letzten Jahren. Oft genug habe ich mich gegen die Fesseln meines Großvaters gewehrt. Ich war nicht perfekt, habe immer wieder Fehler gemacht. Hatte nie die richtigen Freunde, habe nie den richtigen Umgangston gefunden. Ich habe nie das Ziel bei Gesprächen erreicht, welches vorher festgelegt wurde.

Es ist das Beste wenn ich diese Hölle vergesse, sie verlasse. Ich bin kein Mensch der für diese geschaffen wurde, meine vorherbestimmte Welt hat gar nichts mit der anderen zu tun. Bevor ich völlig an der Alten zerbreche, wähle ich die Flucht. Flucht in eine Welt in die ich hineingehöre.

Töricht, aber ich glaube daran. Was ist daran falsch zu glauben? Noch Hoffnungen auf nichts zu haben? Nichts, genau. Mir ist es mittlerweile egal, ich bin schon zu vieles gewöhnt. Das einzige was mir noch Kopfzerbrechen bereitet ist das Verlieren.

„Ihr beide könnt jetzt gehen. Die weiteren Strafmaßnahmen sind Hofkehren nächste Woche Mittwoch und Nachsitzen auch für eine ganze Woche. Beim nächsten Mal gibt es schlimmere Strafen, nur damit ihr es wisst!“, warnt sie uns, bevor sie den Raum verlässt.

Ein erleichtertes Seufzen von Reita.

„Endlich ist die Zicke weg. Wie kann man nur so schlechte Laune die ganze Zeit schieben?! Ist doch nicht unsere Schuld, dass in der letzte Zeit so viele Schüler fehlen. Dumme Schreckschraube. Komm Ruki lass uns dieses verfaulte Mauergebilde verlassen“, mosert Reita und zieht mich am Handgelenk raus aus dem Raum.

Erst durch mein schmerzvolles Aufstöhnen lässt er mich los.

„Kleiner Jammerlappen du. Mich wundert es, dass du das Ritzen überhaupt überstehst. Wenn du schon bei solchen minimalen Berührungen dich so anstellst“, sein genervter Unterton ist auch nicht zu überhören.

„Lass deine Laune nicht an mir aus. Außerdem bin ich 10cm kleiner wie du und deshalb brauchst du mich noch lange nicht mit deinen Prankenhänden zu quälen! Denk an meine zarten Knochen, du Sadist!“, motze ich ihn an.

„Ist ja schon gut Ruki. Aber wenigstens weiß ich jetzt, dass du launisch bist. Auch wenn du sicherlich harmloser bist wie Aoi. Kleines Schoßhündchen du“, leise knurre ich ihn an.

Was fällt ihm eigentlich ein? Oder diesem Aoi?! Bin ich etwa jetzt ihr kleines Spielzeug? Wäre Reita nicht so nett die meiste Zeit, wäre ich schon längst weg von den Witzbolden! Ist ja zwischendurch kaum auszuhalten mit denen. Und außerdem bemerken sie noch nicht einmal wenn sie andere mit ihren Worten verletzten.

„Ruki ist das jetzt wieder eine Schweigephase oder bist du sauer auf mich?“, fragt er.

„Kannst du dir aussuchen. Und wenn du es noch nicht bemerkt hast, wir haben unsere Schultaschen vergessen. Und da meine kleinen Beinchen zu lange bräuchten würden und ich ja noch krank bin, musst du sie holen“, grinse ich ihn schadenfroh an. Reita hingegen schlägt sich die Hand auf die Stirn und rennt ins Schulgebäude.

Langsam schlendere ich zum Schultor, er wird sicher nicht lange brauchen. Manchmal ist er auch zu stürmisch und lässt alles stehen und liegen. Gott sei Dank ist es mir noch eingefallen, wer weiß was ansonsten noch für eine lange Rede von der Lehrerin gefolgt wäre. Außerdem müssen wir ja auch Uruha die Blätter mitbringen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihm Schule genauso egal ist, wie Reita sie ist. Mir kommt er eher wie ein gut erzogener Schüler vor.

Ich erstarre plötzlich, als ich ihre Gesichter gehe. Gemächlichen Schrittes gehen sie über den Gehsteig auf der gegenüberliegenden Straße, in der Schuluniform der Privatschule, nicht weit von hier.

Ich drehe mich um, stolpere und renne so schnell ich kann zurück ins Schulgebäude, mitten in Reita rein. Erst torkelt er etwas rückwärts, aber er schafft es das Gleichgewicht zu halten. Er drückt mich kurz an sich und geht dann einen Stück zurück um mir in die Augen sehen zu können.

„Reita… Ich will hier weg…“, flüstere ich.

Meine Stimme zittert, so wie mein ganzer Körper. Sofort zieht er mir meine Jacke an, die er bis eben noch auf dem Arm getragen hat. Es ist eine etwas dickere Steppjacke, ganz in schwarz. Er zieht den Reißverschluss ganz hoch und wirft mir die Kapuze über.

„Bevor du noch frierst“, grinst er mich aufmunternd an. Ich nicke und hake mich bei ihm ein, schmiege mich nah an ihn.

„Hey ganz ruhig. Wir werden schon nicht voneinander getrennt. Komm lass uns erst Mal zu Uruhas Wohnung gehen“, meint er.

Mit jedem Schritt den wir Richtung Schultor gehen fängt mein Körper mehr an zu beben und mit jedem Schritt drücke ich mich näher an Reita, hindere ihn so mehr und mehr daran ordentlich gehen zu können.

„Was ist denn los mit dir heute? Komm zerquetsch mich bitte nicht. Ich hab auch Gefühle, auch wenn ich größer bin wie du“, schmollt er.

Ich gebe nur ein leises Brummeln von mir und lasse ihn etwas los.

„Du sagst mir ja wenn du umkippst, oder? Ansonsten trage ich dich lieber“, gibt er ehrlich zu.

Leicht nicke ich und schließe die Augen, lasse mich von ihm führen. Er ist richtig lieb, wie mein großer Bruder. Ich mag Reita, da ich ihm nicht egal bin.

Ich öffne die Augen erst wieder, als mich jemand in die Wange kneift.

„Was ist Reita?“, gebe ich genervt von mir.

„Ich will nur wissen ob es dir gut geht“, antwortet er Schulter zuckend.

„Hai, es geht schon. Aber ich nehme trotzdem das Angebot an, trägst du mich?“, bitte ich ihn.

„Liebend gerne doch“, witzelt er.

Ich ziehe mir meine Schultasche an, die er mir hin hält, seine baumelt immer noch von seiner Schulter. Er macht sich kleiner und ich klettere auf seinen Rücken.

„Ich hoffe ich bin nicht zu schwer“, druckse ich herum.

„Du bist ein kleines Fliegengewicht“, lachst du.

Unsere Geschwindigkeit ist noch langsamer wie vorher, aber Reita gibt sein bestes. Ich muss mich zusammenreißen, denn die Angst treibt mir immer wieder Tränen in die Augen. Ich schaue mich um, kann mich gar nicht an diese Häuserreihen erinnern. Irgendwie breitet sich ein sehr ungutes Gefühl in meiner Magengegend aus.

„Reita?“, spreche ich ihn an.

„Hai Ruki?“, antwortet er.

„Wohin gehen wir?“, frage ich vorsichtig nach.

„Zu Uruhas Wohnung. Wenn wir hier entlang gehen brauchen wir uns nicht durch die Menschenmassen zu quetschen“, ich erkenne ein Lächeln auf seinem Gesicht.

Ich kuschle mich näher an ihn, denn trotz der Jacke ist mir kalt. Ich spüre die Gänsehaut, wie sie langsam an meinem Körper empor kraucht.

Ich realisiere erst gar nicht wie er mich vor Uruhas Wohnung ablädt und die Wohnungstür aufsperrt. Ich stehe auf und rette mich in Uruhas Wohnung.

„Nur nicht so stürmisch, Kleiner. Wo willst du denn hin?“, erkundigt er sich.

„Badezimmer“, würge ich noch hervor, bevor ich die Tür hinter mir zu mach und abschließe.

Schnell krame ich in meinem Rucksack herum, wo sind die Tabletten bloß alle hin?

Ein leises Klopfen an der Tür.

„Willst du hier rein Reita? Warte dann komm ich raus“, frage ich ihn.

„Ich will nur wissen ob du nichts verbotenes tust“, lacht er.

„Iie!“, erwidere ich.

Ich nehme meine Wasserflasche und schlucke eine Tablette mit der Flüssigkeit runter. Mein Herz rast immer noch wie verrückt und ich friere immer noch.

Ich öffne die Tür und gehe zu Reita ins Wohnzimmer. Er sucht nach irgendwelchen Sachen. Kurz sieht er mich an und kommt dann auf mich zu.

„Du frierst ja immer noch. Warte ich mach dir eine Wärmflasche in Ordnung? Dann legst du dich hier hin mit einer Decke, während ich Uruhas halben Haushalt zusammensuche“ und schon verschwindet er in die Küche und kommt kurz wieder um sicher zu gehen, dass ich mit einer Decke auf der Couch Platz nehme.

Ich schließe die Augen und versuche mich nebenbei noch etwas zu beruhigen, auch wenn die Tabletten schon den größten Teil der Arbeit erledigt haben. Mittlerweile habe ich auch die Wärmflasche, welche ich liebevoll unter der Decke umarme. Langsam döse ich ein.

Leicht wird mir über die Wange gestrichen und ich schmiege mich an die Hand.

„Ruki wollen wir dann langsam wieder?“, höre ich leise deine Stimme.

„Ich bleib noch etwas hier, in Ordnung? Wenn ich doch hier schlafen will, dann ruf ich an… Möchte gerne noch etwas allein sein und mich ausruhen“, hoffentlich versucht er mich nicht zu irgendetwas zu überreden.

„Nur wenn du auf dich aufpasst und nur dann nachkommst, wenn es dir gut geht, versprichst du mir das?“, ich spüre seinen Blick auf mir.

„Hai, sumimasen“, entschuldige ich mich.

„Ist in Ordnung. Es ist menschlich Schwächen zu zeigen… Wann denkst du, kommst du ungefähr nach? Uruha wird mich umbringen wenn er merkt, dass du nicht mit mir nach Hause gekommen bist“, du streichelst mir noch immer über die Wange.

Ein langes Schweigen. Leicht schlägt er gegen meine Wange und ich öffne etwas die Augen.

„Weiß nicht… Sumimasen…“, wieder entschuldige ich mich.

„Hey nicht schlimm. Ich versteh schon, dass du seelisch etwas durcheinander bist. Aber hier kann dir nichts passieren. Hol dir später einfach ein Taxi, dann bist du auf der sicheren Seite. Lenke dich etwas ab, schlafe eine Nacht darüber und mach dir keine unnötigen Sorgen“, sein Lächeln spendet einem richtig viel Trost.

Ich löse die Umklammerung der Wärmflasche und umarme Reita kurz.

„Arigato“, bringe ich leicht zögerlich hervor.

„Kein Problem. Soll ich dich nicht lieber abholen? Oder direkt hier bleiben?“, fragt er hoffnungsvoll.

„Iie… Heute Abend geht es mir bestimmt besser. Ich brauche nur etwas Zeit alleine und wenn jetzt jemand um mich herum ist…“, ich schlucke leise.

Insgeheim habe ich seit dem Weg hierhin Angst vor Reita, wieso und weshalb weiß ich nicht.

Zaghaft streicht er mir durch die Haare, als ich mich von ihm löse.

„Dann ruhe dich jetzt aus. Ich gebe dir zwei Stunden… Ich mach mir Sorgen um dich und mir wäre es lieber dich in meiner Nähe zu haben… Damit ich besser auf dich aufpassen kann“, er klingt richtig besorgt.

Wieder Stille.

„Reita… Ich habe die beiden heute wieder gesehen, sie gehen auf die Nachbarschule… Ich hab so Angst“, ich kann die Tränen nicht mehr aufhalten.

„Ach komm, das ist alles nicht so schlimm wie es auf den ersten Blick aussieht. Ich hab noch Haarfärbemittel und meine Mum ist ein guter Friseur. Und mit der Schuluniform siehst du eh ganz anders aus… Du brauchst ehrlich keine Angst zu haben“, versucht er mich zu beruhigen.

Ich presse mir die Hand vor den Mund und gucke mich verzweifelt um. Er nimmt mich in den Arm und streicht mir beruhigend über den Rücken. Warum ist mir auf einmal nur so schlecht? Mir wird auch wieder kalt… Mein Körper beginnt zu beben.

„Ganz ruhig…“, ein erster Schluchzer.

„Was hältst du davon… Du ziehst etwas von Uruha an, dann ist dir auch nicht mehr so kalt und dann kannst du von mir aus etwas im Park in meiner Nähe deine Zeit vertreiben. Die Ecke ist auch nicht so gottverlassen und du bist unter den Leuten ehrlich sicher“, flüstert er mir ins Ohr.

Ich nicke nur und er zieht mich hoch auf die Beine. Immer noch schluchzend gehe ich mit ihm in Uruhas Zimmer wo mir auch direkt ein dicker Pulli und eine Jeans gereicht wird, beides eher einfach gehalten.

Schnell ziehe ich mich um, da ich mich in dem blutverschmierten Hemd langsam nicht mehr wohl gefühlt habe. Reita packt die Sachen anschließend in die Tasche von Uruha und wir verlassen zusammen mit unserem Gepäck die Wohnung.

„Wenn es dir in irgendeiner Weise schlechter geht sagst du es, ne? Und du brauchst hier ehrlich keine Angst zu haben. Wenn du mit mir zusammen bist, dann machen die Leute eher einen großen Bogen um uns“, lachst du.

Ob es nun falsch oder echt ist, weiß ich nicht. Wahrscheinlich hast du dich wohl nur mit deiner Situation angefreundet.

Mein Körper bebt immer noch, den aufkeimenden Schmerz ignoriere ich.

„Reicht dir auch eine halbe Stunde Ruki? Ein kranker Uruha ist für meine Nerven im Grunde schon zu viel“, was er wohl damit meint?

Wohl doch nicht die nervenden Mädchen die ihm den ganzen Tag hinterher rennen um sich nach Uruha zu erkunden?! Ich nicke lediglich als Antwort und rolle die Augen. Er hat mich schon wieder zu etwas überredet…

Am Park angekommen trennen sich unsere Wege, meiner führt zu dem kleinen Teich, der sich ganz nah am Eingang befindet, seiner führt ihn zu sich nach Hause. Als mich die Kois sehen, kommen sie direkt an geschwommen, zaubern somit ein Lächeln auf meine Lippen.

Die Kälte gräbt sich immer tiefer und ich schlinge die Arme um mich. Wieso ist mir nur so kalt? Reita läuft ohne Jacke herum und ich? Ich laufe hier mit einem mehr als dicken Pullover und meiner Steppjacke herum. Meine Zähne fangen an zu klappern, egal wie sehr ich es versuche zu unterdrücken.

Fragen schießen in meinem Kopf hin und her. Ich mache mir schon wieder unnötig Gedanken, lasse mich von meinen Zweifeln, meinen Sorgen mitreißen und einer holt mich besonders oft mit.

Ob sie mich wirklich mögen weiß ich nicht. Ich will es auch nicht wissen. Ich will mir keine Hoffnungen machen, ansonsten würde ich wieder zu tief fallen. Ich muss Vertrauen suchen und es finden, die Ängste hinter mir lassen.

Leise seufze ich auf, ich muss zurück. Ansonsten verspiele ich die letzte Runde Roulette in meinem Leben. Ich setze alles auf diese eine Zahl, wenn ich verliere, sterbe ich. Es ist mir egal, denn dann weiß ich, ich habe es versucht, habe wenigstens einige der Chancen genutzt. Ich will sie noch nicht enttäuschen, will ihnen noch etwas Lebensfreude vortäuschen. Mein Herz ist innerlich schon verfault, mich hält im Grunde nichts mehr hier. Warum sollte es auch?

Ich reiße mich vom Brückengeländer los und gehe zurück. Wachsam schaue ich mich um, registriere jede noch so kleine Veränderung der Umgebung. Ich habe Angst, Panik steigt in mir auf. Ich versuche sie zu verdrängen, will ruhig vor den anderen auftreten. Was werden die beiden nun von mir halten? Ich weiß es nicht, ehrlich nicht. Warum sollte es mich interessieren? Nur um sicher zu sein, ist nicht Grund genug. Ich möchte nicht sicher sein, nicht wegen irgendwelchen daher gesagten Worten. Dabei war er extra heute vor der Toilettentür, es letzte Mal auch. Aber kann ich mir wirklich jetzt schon sicher sein? Ich kenne sie mal gerade einen Monat.

Ich krame den Schlüssel raus, den du mir vorher noch gegeben hattest. Möglichst leise schließe ich das Gartentor auf und anschließend die Haustür. Ich möchte seinen Eltern nicht begegnen, ihnen nicht unter diesen Umständen unter die Augen treten. Was soll ich denn sagen, wenn sie fragen woher ich den Schlüssel habe? Es ist ja nicht gerade üblich einfach Leuten den eigenen Schlüssel zu überlassen, besonders nicht wenn man die Leute noch nicht lange genug kennt. Schnell streife ich Schuhe und Jacke ab und stelle bzw. lege sie zur Seite, damit sie nicht im Weg sind.

Leise schleiche ich die Treppe hoch. Es ist spät abends, eigentlich schon mitten in der Nacht. Ich höre Reitas Mutter in der Küche spülen, höre seinen Vater im Arbeitszimmer am Computer. Ein idyllisches Familienleben, ja. Seit ich hier bin habe ich weder einen Streit zwischen den Eltern, noch einen anderen gehört. Ich weiß nicht ob mir so ein Leben überhaupt Spaß machen würde. So friedlich…

Erst hatte ich in deinem Zimmer nach dir gesehen, du warst nicht da. Auch im Garten und auch sonst konnte ich dich nicht entdecken. Ich wollte dir nur ausrichten, dass ich wiedergekommen bin. Mich nicht meiner Trauer hingegeben habe, mich nicht den letzten Schritt gewagt habe. Dass du umsonst bedenken hattest.

Ich sehe einen Lichtstrahl unter der Tür zum Gästezimmer. Leise Geräusche dringen zu mir hindurch. Wahrscheinlich ist er dort drinnen. Am besten ich warte hier auf ihn. Ich will nicht so tun als wäre ich ein Hund und würde ihm überall hin nachrennen.

„Gomen ich wollte dich nicht wecken“, was danach kommt kann ich nicht verstehen, sie reden zu leise.

Es ist nicht gerade das netteste ihnen zu lauschen, aber schon den ganzen Tag beschleicht mich ein komisches Gefühl.

„Es läuft alles aus dem Ruder… Ich kann nicht mehr. Es zerreißt mir mein Herz ihn jeden Tag so zu sehen!“, leise Tränen bahnen sich ihren Weg in den Tod.

„Er hat sich wieder selbst verletzt, aber in der Schule. Es wird immer schlimmer…“, ich kann ein Schluchzen kaum unterdrücken.

Ich will ihnen nicht wehtun, vielleicht ist es doch das Beste ich gehe, für immer.

Ich höre leise Schritte im Flur, ich versuche mich zu verstecken, aber schon spüre ich eine Hand auf meiner Schulter.

„Komm bitte mit runter Ruki. Lass den beiden etwas Zeit. Hast du heute schon deine Tabletten gehabt?“, leicht schüttele ich bei den geflüsterten Worten Reitas Mutter meinen Kopf.

Langsam folge ich ihr die Treppe runter ins Wohnzimmer und setze mich neben sie auf ein Sitzkissen.

„Geht es dir gut Ruki?“, erkundigt sie sich nach meinem Befinden.

„Es geht schon, danke“, bedanke ich mich.

„Bitte versuch es ein paar Tage mit den Tabletten, tue es für die beiden“, fleht sie mich fast schon an.

„Ich versuch es…“, bringe ich noch hervor bevor ich wieder in Tränen ausbreche.

Leicht werde ich in den Arm genommen und hin und her gewiegt. Warum macht sie das? So viele Fragen bilden sich in meinen Kopf, jedoch verdränge ich sie und genieße es. Langsam versiegen meine Tränen, mein Körper bebt weiter. Noch nie hat ein Erwachsener mich umarmt.

„Uruha war früher genauso. Mit 14 stand er auf einmal mit zerrissener und blutiger Kleidung vor unserem Haus und ist kurz danach zusammengebrochen. Er hat nie ein Wort darüber verloren was passiert ist in jener Nacht. Von dort an hat er sich geweigert zu sich nach Hause zu gehen und er hatte sich mehrmals versucht umzubringen. Bitte tue Reita es nicht noch einmal an diese Qual, okay? Du schaffst es schon, da bin ich mir sicher. Lass dich nicht so unter Buttern und zeig deinen wahren Charakter. Dann wird alles gut, da bin ich mir sicher“, und schon herrscht wieder Stille.

„Ich geh mich etwas hinlegen… Bitte sagen sie Reita nichts“, mit einem bitteren Lächeln verschwinde ich Richtung Garten und lege mich auf eine der Gartenliegen und beobachte die Sterne. Wie es wohl zu Hause ist? Wieso erinnern mich die Sterne nur immer an zu Hause? Ich seufze einmal und schließe die Augen.

Ich öffne sie wieder, als meine Gedanken zum Thema Schule schweifen. Erst wenn Uruha wieder geht, will ich wieder gehen. Ab nächste Woche muss ich auch die restlichen Strafarbeiten erledigen und zum Schulpsychologen. Bei dem Gedanken steigt in mir wieder die Übelkeit auf, sowie jetzt.

Erst bleibe ich einige Zeit liegen, warte darauf dass sie vergeht. Nichts geschieht, es wird schlimmer. Stolpernd bewege ich mich noch rechtzeitig zur Toilette.

Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Stirn und ich lasse meinen Kopf langsam auf die Klobrille sinken.

„Komm leg dich etwas hin Ruki. Wir können etwas in meinem Zimmer Fernsehen gucken, Uruha ist auch da“, höre ich Reitas Stimme bevor er die Klospülung betätigt und mich wieder auf die Beine stellt.

„Arigato…“, bringe ich noch hervor bevor ich zum Waschbecken stolpere und meinen Mund kräftig durch spüle.

„Ruhe dich etwas aus Ruki ok? Es gefällt mir nicht wie du dein Essen wieder gibst und du ständig irgendwelche Nervenzusammenbrüche oder sonstiges der Art hast. Es hat bei Uruha schon verdammt lange gedauert, zu lange. Bitte tue mir den Gefallen und versuch es, versuch uns eine Chance zu geben. Versuch einfach Gedanken an die Vergangenheit zu verdrängen, in Ordnung? Uruha kennt bestimmt deinen Schmerz, aber spreche ihn bitte nicht darauf an. Er wird es dir vielleicht irgendwann von alleine erzählen, aber wie meine Mum meint, wissen tun wir es nicht“, flüstert Reita in mein Ohr und umarmt mich fest von hinten.

Ich spüre seine heißen Tränen auf meinen Schultern.

„Reita bitte wein nicht…“, langsam kommen wieder die Tränen hoch, aber ich darf nicht weinen. „Bitte lass uns nicht allein“, flüstert er in mein Ohr.

Außer sein Schluchzen hört man nichts mehr im Raum. Im Spiegel kann ich sehen wie er um Fassung ringt, aber immer wieder verliert er den Kampf.

„Ruki geh schon Mal vor ok? Ich komm dann nach“, seine Stimme zittert gewaltig als er mich loslässt und mich Richtung Tür drängt.

Einerseits will ich ihn nicht alleine lassen, aber anderseits will ich seine Schmerzen, seine Verzweiflung nicht spüren. Mein eigener Schmerz ist schon schwer genug zu ertragen.

Mich an der Wand abstützend gehe ich in Reitas Zimmer, wo ich mich auch wenig später auf den Futon neben seinem Bett lege und somit genau vor Uruhas Füße.

„Soviel musst du mir auch nicht danken, dass du dich vor mir hinlegst“, lacht er.

Dabei habe ich gedacht er sei schwer krank, wie kann man da nur solche Witze machen? Ich knurre leise und beiße in seine Wade.

Genau in dem Moment kommt ein Reita rein und lacht sich halb tot über die ihm gebotene Szene. Ich lasse Uruhas Bein los und funkele ihn böse an.

„Nicht so aggressiv Ruki. Wir lieben dich auch ohne Raubtierverhalten“, meint Reita mit einem dicken Grinsen im Gesicht.

Ich reiße meinen Kopf herum und gucke ihn nur böse an.

„Hey schon ok. Hab verstanden“, versucht er mich zu beschwichtigen und setzt sich neben Uruha auf das Bett.

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Disclaimer: nichts mir, keine kohle~

Warnung: SVV
 

neues 'pitel... häng am nächstn momentan fest~ aber es geht schon vorran ^^
 

10.07.2009:

3964 -> 4150 Wörter °_°



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Gongji
2007-10-02T17:14:31+00:00 02.10.2007 19:14
jaaa die Fanfiction is wirklich hammer!!!
bin schon darauf gespannt wie es weitergeht!!^^
Von:  Sero-Iori
2007-09-22T19:05:33+00:00 22.09.2007 21:05
Ich muss dir sagen das deine Geschichte...
naja...
ähm...
Scheiss Geil ist. XD
ich hab mir schon gedacht was Uruha hat (oder hatte) aber damit hatte ich nicht gerechnet.
Bitte schreib schnell weiter ^^
*knuff*



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