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Bleibt alles anders

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von

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II. Kapitel

Missmutig starrte George auf die Hintertür. Er wartete jetzt schon seit geschlagenen zwei Stunden. Nun, eigentlich hatte er den ganzen Tag über gewartet. Darauf, wer durch diese Tür kommen würde. Und er hatte sich geschworen, dass er jeden Ex-Todesser, der dort hindurchkam, hochkant wieder rauswerfen würde, ohne sich erst anzuhören, was dieser zu sagen hatte. Seine Finger trommelten in einem absolut unmöglichen Rhythmus über die Tischplatte, tanzten durch einige Gänseblümchenwurzeln und über ein paar zerstoßene Rosenblätter. Überbleibsel eines erneut missglückten Versuchs.

Das Klopfen an der Tür kam endlich um kurz vor Mitternacht. Abend – pah! Das war Nacht! Und eindeutig zu spät! Was sollte man schon mit jemandem anfangen, der nicht wusste, dass Scherze ein äußerst ernsthaftes Geschäft waren?

„Herein!“, knurrte George widerwillig und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

Die Gestalt – anders konnte man die Person kaum nennen, die hereintrat – war hochgewachsen und verbarg sich völlig unter einem schwarzen Umhang. Die Kapuze war weit ins Gesicht gezogen und voller Schnee, ebenso wie ihre Schultern, von denen sich die weiße Masse jetzt langsam in Richtung Boden verabschiedete.

„Schneit es noch immer?“, fragte George leise und starrte aus dem dunklen Fenster. Er war noch nicht einmal dazu gekommen, den ersten Schnee draußen zu erleben. Und dabei hatten Fred und er sich das nie entgehen lassen... Der erste Schnee sei der wichtigste, hatte Fred immer gesagt. Noch neu und rein und bereit für alle Scherze der Welt...

„Und wie.“ Die regelrecht knurrige Stimme kam dem Rotschopf mehr als nur bekannt vor. Er löste den Blick von der Dunkelheit und sah sein Gegenüber an, das noch ein wenig unschlüssig im Raum stand, sich aber gerade dazu durchrang, den Stuhl ihm gegenüber als Sitzgelegenheit auszuwählen.

„Wer sind Sie?“

Ein Seufzer war die Antwort, dann wurde die Kapuze nach hinten geschlagen und Georges Gesichtszüge entgleisten. Er hatte mit allem gerechnet nur nicht... damit.

„Aber... Sie... sind tot!“, stammelte er und starrte Severus Snape fassungslos an. Das Gesicht des ehemaligen Lehrers und kurzzeitigen Schulleiters von Hogwarts war bleich und zeugte davon, dass es viel zu wenig Licht bekommen hatte, die Wangen waren eingefallen, die Augen lagen tief in den Höhlen und die spröden Lippen verzogen sich nun zu einem äußerst schmalen Lächeln.

„Das dürfte der Information von Mr. Potter zu verdanken sein, schätze ich“, entgegnete Snape kühl. „Für ihn und seine Freunde mag es so gewirkt haben, jedoch sind selbst die wachsamsten Augen manchmal das Opfer von Täuschung.“ Einer solchen Täuschung, wie er alle getäuscht hatte – und es erst Harry im finalen Kampf gegen Voldemort gelungen war, zu enthüllen, dass Snape immer auf Dumbledores Seite gestanden hatte. Und diese Tatsache war der einzige Grund, weshalb George den Ex-Todesser nicht sofort hochkant vor die Tür setzte.

„Aber... wie...?“ George kämpfte immer noch damit, den Umstand zu verkraften, dass er mit einem Totgesagten sprach.

„Bei Merlin, glauben Sie wirklich, dass ich mich in der Nähe von Voldemorts Schlange aufgehalten hätte, ohne ein entsprechendes Gegengift zu besitzen?“ Snape verdrehte die Augen.

„Das... klingt einleuchtend...“, murmelte George leise. Manche Tote kehrten also zurück und entpuppten sich als lebendig. Sein Bruder würde das nicht. Bitterkeit breitete sich in ihm aus und überschwemmte ihn nahezu. Warum durfte Snape leben, während sein Bruder tot war? Das war nicht fair!

Seine Hände begannen zu zittern und er ballte sie zu Fäusten, um diesen Umstand zu verbergen. Snape gegenüber würde er sich keine Schwäche erlauben.

„Und Sie sind hier, weil Sie... für mich arbeiten wollen?“ Diese Tatsache machte George als nächstes zu schaffen. Wenn man Malfoys Schilderungen glauben durfte, musste Snape ja wirklich verzweifelt sein...

„Draco Malfoy hielt das für eine gute Idee. Und in meiner Situation wäre es angemessen“, sagte Snape steif. Geschmolzener Schnee tropfte von seinen Ärmeln zu Boden und hinterließ dort eine nasse Lache auf dem Holzboden, überschwemmte die Brandflecken und die vielen feinen Kratzer.

„Halten Sie es für eine gute Idee?“

„Nein. Sie waren mein Schüler.“

George nickte leicht. Klar. Als Lehrer konnte man nicht auf einmal für seinen Schüler arbeiten, auch wenn diese Ironie des Lebens doch etwas für sich hatte. Fred hätte sie definitiv gefallen. Außerdem brauchte er Hilfe. Und von Snape wusste er zumindest, dass er gut war. Und wenn man Scherzartikel aus der Hand eines äußert aufmerksamen Beobachters kannte, dann konnte man vielleicht an deren Produktion effektiv mitmischen...

„Ich halte das auch für keine gute Idee. Aber ich glaube kaum, dass wir beide eine große Wahl haben.“ Die braunen Augen trafen auf äußerst aufmerksame schwarze. „Also versuchen wir es. Allerdings mit der Auflage, dass jeder von uns jederzeit aussteigen kann, Professor.“ Spott lag in dem Titel, den dieser Mann vor ihm nicht mehr trug. Spott, der an der unbewegten Miene vollkommen abglitt.

„Diese Bedingung erscheint mir angemessen.“ Snape nickte. „Ich werde morgen früh hier sein.“ Er stand auf und erklärte damit das Gespräch für beendet. Snape, wie George verärgert bemerkte, nicht er, der Geschäftsführer. Nein, der Bittsteller, der Bewerber, der...

„Eins jedoch noch: Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn niemand von meiner Anwesenheit hier erfahren würde. Es... weiß kaum jemand, dass ich... noch lebe.“ Zögern lag in Snapes Stimme, ein Zögern, das auf einmal einen schwachen Blick hinter die Maske ermöglichte und dort sehr deutlich auf tiefe Abgründe hinwies.

„Kein Problem. Ich lege auch keinen Wert darauf, dass jemand erfährt, dass ich ausgerechnet mit Ihnen zusammenarbeite. Ihr Ruf war zum Zeitpunkt Ihres Todes nicht gerade der beste. Auch wenn Harry ihn posthum nahezu reingewaschen hat.“ George lehnte sich betont lässig zurück und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Mit der rechten Hand zupfte er sich am Ohrläppchen, während die linke nur auf Leere traf. Daran würde er sich wohl auch nie gewöhnen. Mit Fred hatte er darüber Witze reißen können, aber ohne ihn... Molly Weasley hatte versucht, ihn zu einer Prothese zu überreden, aber er hatte beharrlich abgelehnt. Es wäre ihm trotz allem falsch vorgekommen. Was man nicht mehr besaß, das besaß man nicht mehr. So einfach war das. Und damit fand man sich am besten ab.

Snapes Augen ruhten für einen Augenblick auf der Stelle, wo sich dunkel der Gehörgang abzeichnete, weil das Ohr fehlte, ehe sie sich wieder auf Georges Gesicht richteten. Einen winzigen Augenblick glaubte dieser, etwas in der Miene des älteren Mannes zu lesen, doch er konnte es nicht zuordnen. Vermutlich war es eh Einbildung.

„Ist sonst noch etwas?“, fragte er schließlich in die Stille hinein.

„Nun... wäre es möglich, im Laden... ein Zimmer zu bekommen? Es würde mir die Anreise weitaus erleichtern“, gab Snape widerwillig zu.

George konnte darauf nur nicken. Wie hätte er das ablehnen können? „Ab Morgen wird ein Zimmer für Sie fertig sein. Ich hoffe, Sie kommen mit einem Junggesellenhaushalt zurecht.“ Erneut lag Spott in seiner Stimme.

„Daran hege ich keinen Zweifel.“ Snape wandte sich endgültig ab und erst jetzt bemerkte George, dass der Saum seines Umhangs abgetreten war und es einige Mottenlöcher gab, die von den gefräßigen Tieren zeugten. Irgendwie schien Snape wirklich Probleme zu haben. Ansonsten wäre er auch wohl kaum hier aufgetaucht. Allerdings war das kaum ein Wunder. Man kehrte schließlich nicht problemlos aus dem Tod in eine vollkommen veränderte Welt zurück.

Und dennoch, George hätte alles dafür gegeben, wenn statt Snape Fred durch diese Tür marschiert wäre...
 

Pünktlich um acht Uhr am nächsten Morgen wurde George davon aus dem Schlaf gerissen, dass jemand äußerst nachdrücklich an die Hintertür hämmerte. Missmutig zog er sich das Kissen wieder den Kopf und schloss die Augen. Wer auch immer das war – er würde garantiert ganz schnell wieder verschwinden. Er hatte Kopfschmerzen und er würde sich weigern, sein Bett heute zu verlassen. So einfach war das.

Das Klopfen hörte jedoch nicht auf und gewann langsam einen nahezu hysterischen Beiklang. Verdammt! Nur gut, dass der Laden magisch abgesichert war, ansonsten wäre dieser nervige Jemand sicher schon längst drin...

George seufzte tief und zwang sich dazu, doch aufzustehen. Er hangelte nach dem dicken Bademantel neben seinem Bett, warf ihn über und hopste darin gehüllt die Treppe herunter.

„Wir haben...“ geschlossen, wollte er sagen, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er Snape vor sich stehen sah. Ein äußerst missmutiger Gesichtsausdruck zierte den Zaubertränkemeister, der jedoch jetzt von so etwas wie Verblüffung und Amüsement abgelöst wurde. Die schwarzen Augen wanderten kurz über den jungen Mann in der Tür, dann folgte die bissige Bemerkung, die George schon erahnt hatte. Wie hatte er nur so dämlich sein können zu vergessen, dass er mit Snape gestern eine Abmachung getroffen hatte?

„Besteht Ihre Arbeitskleidung immer aus einem blauen Bademantel, grünen Socken und... Quidditchboxershorts?“ Snapes Augenbraue wanderte nach oben und der Spott in seiner Stimme war kaum zu überhören.

„Nur, wenn ich aus dem Schlaf gerissen werde“, gab George patzig zurück und zog fröstelnd die Schultern hoch. Die Novemberluft war kalt und es segelten bereits wieder einige Schneeflocken zu Boden. Sehnsüchtig hob er den Blick zum Himmel empor, während er die Hand ausstreckte und einige Flocken auffing, die innerhalb weniger Sekundenbruchteile schmolzen. Einen Augenblick lang blieb er so stehen, ehe ihn ein nachdrückliches Räuspern dazu zwang, seine Aufmerksamkeit wieder seinem neuen Mitarbeiter zuzuwenden.

„Äh... Gehen wir rein...“, murmelte er leise und senkte den Blick. Die roten Haare fielen ihm wirr in die Stirn, als er zurücktrat und vor Snape herging. Mitten in dem Arbeitsraum blieb er einen winzigen Moment stehen und sagte: „Sehen Sie sich schon um, ich komme gleich.“ Damit verschwand er durch die Tür und hetzte die Treppe empor.

Verdammt! Warum machte er sich so zum Deppen? Normalerweise brachte ihn doch nichts aus der Fassung? Immer ein lockerer Spruch auf den Lippen – so war das doch, ein Weasley-Zwilling zu sein! Aber... er war kein Zwilling mehr.

Er schluckte die Gedanken, den aufkommenden Schmerz, den elenden Verlust herunter und verschwand im Bad. Mist, er musste Itodi Bescheid sagen, dass sie das Zimmer für Snape fertig machte. Er hatte es gestern vollkommen versäumt, mit der Hauselfe zu sprechen. (Natürlich war es eine befreite Hauselfe, die Hermione ihm vermittelt hatte und die für einen Hungerlohn arbeiten wollte, sich dabei jedoch unglaublich unabhängig und emanzipiert fühlte.) Irgendwie hatte er gestern wohl alles in einem äußerst bedenklichen Zustand getan. Er hatte ja noch nicht einmal daran gedacht, einen beschissenen Arbeitsvertrag aufzusetzen! Und das musste sein, ansonsten... Ihm kamen Malfoys Worte wieder in den Sinn. Verzweifelt, was? Das hieß doch letztlich nur eins: Dass Snape verdammt dringend Geld brauchte. Nichts anderes. Also musste der Vertrag sowieso sein...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2015-08-18T09:52:24+00:00 18.08.2015 11:52
Die Story gefällt mir bis jetzt sehr gut.^^
Das Paaring ist mal was anderes.^^

Werde mal weiter lesen.^^

Lg^^


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