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Bittersweet I

Living to love you
von

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Angst

„Cole...“

Ihre Stimme war heiser, kaum noch hörbar, und voller Angst.

„Cole, wo bist du?“

„Ich bin hier, Phoebe.“

Es war dunkel, sie konnte ihn nicht sehen.

„Geht es dir gut?“

„Ja, ja.“ Seine Stimme klang nicht danach, und sie konnte seine schweren Atemzüge hören.

Er hatte Schmerzen.

„Leo...“

„Er hört dich nicht.“ Behutsam strichen ihr seine Finger das blutverklebte Haar aus dem Gesicht. „Aber mach dir keine Sorgen, deine Schwestern werden uns bald finden.“

Sie griff nach seiner Hand und spürte frisches Blut an seinen Fingerspitzen.

„Cole, du bist ja verletzt...“ Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, sein Gesicht in der Dunkelheit zu erspähen, doch es gelang ihr nicht.

„Ist schon gut.“ Er legte die Arme um sie und hielt sie fest

Sie schloss die Augen wieder und drückte sich an ihn.

„Ich hab’ Angst, Cole. Was ist, wenn sie uns nicht finden?“

„Das werden sie schon. Deine Schwestern sind clever, und ihr habt schon schwierigeres überstanden, hm? Keine Sorge, ich beschütz’ dich.“

Sie wussten beide, wie unsinnig diese letzte Bemerkung war.

Als die Tür geöffnet wurde, flutete ein Streifen gleißend helles Licht den Raum, und sie kniff die Augen zusammen.

Cole gab ein leises Grollen von sich.

„Komm schon, Belthazor, unser Herr will mit dir sprechen.“

Jemand löste unsanft Coles Finger von ihr.

„Cole!“

Sie wollte nicht von ihm getrennt werden, nein, nicht schon wieder!

Sie hielt seine Hand fest, doch ein Schlag traf sie zwischen die Schulterblätter und mit einem leisen Wimmern sank sie zu Boden.

Cole riss die Augen auf.

„Phoebe!“
 

„Phoebe, was hast du denn?“

Sie öffnete die Augen, noch immer am ganzen Körper zitternd.

„C-Cole?“

Er sah sie besorgt an und strich ihr das Haar aus dem Gesicht, eine für ihn so typische Geste der Zärtlichkeit, wie er es bei ihr häufig tat, doch diesmal wurde ihr bei der Berührung fast schlecht.

Auch in ihrem Zimmer war es dunkel, kein Wunder, es war mitten in der Nacht – drei Uhr früh, sagte der Radiowecker.

Cole hatte sich im Bett halb aufgesetzt und beobachtete sie im Halbdunkeln.

Mit zitternden Händen berührte sie seine Wange mit den Fingerspitzen.

Kein Blut, keine Verletzungen...

„Ich...“

„Hattest du einen Alptraum, Schatz? Eine Vision?“

„Ja...“

Sie schüttelte den Kopf, wie um die Bilder ihres Traums loszuwerden, und legte den Kopf an seine Schulter.

Cole seufzte leise und strich ihr erneut durchs Haar.

„Was hast du gesehen?“

Was hast du gesehen?

Sie schloss die Augen wieder und versuchte, alles zusammenzukratzen.

„Ich weiß nicht, wo das war... irgendwo in der Unterwelt, glaube ich.

Wir sind in die Hände von Dämonen geraten, wir beide, u-und...“

Sie schlug eine Hand vor den Mund und biss sich auf die Lippen.

Cole strich ihr über die Stirn und hielt sie fest.

„Keine Sorge, Schatz, ich bin ja hier...“

„Sie haben dich gefoltert, Cole!“ Mit großen Augen sah sie ihn an, doch das Lächeln wich nicht von Coles Gesicht.

„Ist ja gut, Phoebe. Keine Angst, das wird nicht passieren.“

„Aber wir können es nicht verhindern, wenn ich nicht einmal weiß, wer für diese Vision verantwortlich war...“

„Es war ein Alptraum, Kleines.“

Er zog sie in seine Arme und legte sich wieder neben sie.

„Und, hey, ich kann schon auf mich aufpassen...“

„Soll ich den anderen davon erzählen?“, fragte sie und legte den Kopf an seine Schulter.

„Ich weiß nicht... doch, vielleicht Leo. Für den Fall, dass es doch eine Vision war. Aber du hast doch für gewöhnlich keine Visionen im Schlaf, oder?“

„Ich weiß nicht...“

Er strich ihr über den Rücken und küsste ihre Schläfe.

„Schlaf noch ein bisschen, Schatz, morgen sieht die Welt schon wieder besser aus.“
 

„Phoebe, was tust du da?“

Paige stemmte die Arme in die Hüften und begutachtete Phoebes Werk.

„Soll das ein Zauberelixier werden?“

„Eigentlich nur eine Tasse Kaffee...“, seufzte Phoebe, zog den Filter heraus und schnupperte an der Tasse, „Igitt, viel zu stark.“

Der Inhalt der Tasse wanderte ins Spülbecken, und offensichtlich war es nicht die erste.

„Was ist den los mit dir?“

Paige lehnte sich an den Küchentisch.

„Du bist ja ganz durch den Wind...“

„Bin ich nicht.“

„So, wie das hier aussieht, ist das der mindestens dritte Versuch, eine Tasse Kaffee zu kochen.“

Paige nahm ihr die Tasse ab und stellte sie auf den Tisch.

„Was hast du denn? Hast du Stress mit Cole? Soll ich mal mit ihm reden?“

„Nein...“ Phoebe griff nach der Tasse und drehte sie in ihrem Händen.

„Wo ist Piper?“

„Mit Leo abgehauen gestern Abend schon, ich weiß nicht genau wohin. Willst du sie rufen?“

Paige hob die Augenbrauen. „Hattest du eine Vision?“

„Ich...“

Phoebe seufzte leise.

„Komm ins Wohnzimmer, ich erzähl’s dir.“
 

„Hm.“

Paige lutschte gedankenverloren an ihrem Lolly herum und überlegte.

„Hattest du sowas schon mal? Visionen im Schlaf?“

„Sowas ähnliches, ja, aber nicht von der Zukunft, sondern von der Gegenwart...“

„Aber in der Gegenwart geht es Cole gut.“

Paige sah zu Cole, der sich hinter Phoebes Sessel aufgestellt hatte und ihr die Hände auf die Schultern gelegt hatte.

„Oder nicht?“

„Doch, sicher.“

Cole seufzte leise und Phoebe schnurrte und kuschelte sich an ihn.

„Es ist also unwahrscheinlich, dass das eine Vision ist, weil du normalerweise keine Visionen im Schlaf hast, aber wenn es eine Vision ist, sollten wir alle gewappnet sein, also rufen wir einfach Leo und erzählen ihm alles.“

„Der wird begeistert sein, wenn wir ihn jetzt von Piper wegholen...“, sagte Cole, „Wir könnten auch warten, bis er wieder da ist...“

„Aber was, wenn es bis dahin schon zu spät ist?“ Paige betrachtete den Lolly kritisch und beförderte ihn dann mit einem gezielten Wurf in den Papierkorb. „Treffen deine Visionen nicht immer in naher Zukunft ein?“

„Bisher ist es uns jedenfalls noch oft gelungen, sie zu verhindern, also ist es so nahe Zukunft auch wieder nicht.“

„Aber wenn du eine Vision hast, kann es doch auch sein, dass sie sofort eintrifft, oder?“

„Mal den Teufel nicht an die Wand.“, knurrte Cole, dem Phoebes Vision offenbar doch näher gegangen war, als er zugeben wollte.

„He, sie hatte die Vision gestern Nacht, also ist es nicht sofort eingetreten, oder?“ Paige kramte einen neuen Lolly aus der Tasche.

„Leo!“, flötete Phoebe, „Ein wenig Entscheidungshilfe kann nicht schaden!“

Eine Weile geschah nichts, doch dann erschienen Leo und Piper neben ihr, ein bisschen zerzauster als sonst und sichtlich ungehalten. „Wehe, ihr habt keinen guten Grund!“

„Phoebe hatte eine Vision.“ Cole war unmerklich einen Schritt von Leo zurückgewichen.

„So?“ Der Wächter des Lichts nahm auf dem Sofa Platz und Piper neben ihm. „Was schlimmes?“

„Ja, das... würde ich so sagen.“ Phoebe zog die Unterlippe zwischen die Zähne. „In dieser Vision sind Cole und ich in die Hände von Dämonen geraten.“

Leo verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Kopfgeldjäger?“

„Ich weiß nicht.“ Phoebe sah zu Cole. „Ich habe Cole die Dämonen beschrieben, so gut ich konnte, aber er kannte sie nicht...“

„Jedenfalls keine, an die ich mich erinnern könnte. Und ich habe ein gutes Gedächnis.“, fügte Cole in Leos Richtung hinzu.

„Was wollt ihr unternehmen?“, fragte Piper, die bis jetzt stumm zugehört hatte.

„Vielleicht ist es ja nur ein Alptraum.“, sagte Phoebe vorsichtig.

„Willst du also abwarten, ob was passiert?“ Piper hob die Augenbrauen. „Das kann nicht dein Ernst sein.“

„Nein, aber wenn es nichts ist...“

„...dann gilt immer noch, dass einmal Alarm zuviel besser ist als einmal Alarm zu wenig. Hast du gesehen, wie euch das passiert ist?“

„Nein.“ Phoebe schüttelte den Kopf.

„Dann sollten wir also genau aufpassen...“, sagte Leo, „Am besten achtet ihr darauf, nicht mehr allein zu sein, und seid wachsam.“

„Sicher.“, murmelte Phoebe.

„Gut... war’s das?“ Leo sah sich um.

„Lass uns wieder nach oben gehen, Phoebe.“, sagte Cole anstatt einer Antwort und griff nach ihrer Hand.
 

Cole griff nach ihrer Hand und drückte sie.

„Lass uns gehen, Leo und Piper warten sicher schon.“

Warten...?

Ach ja, Pipers Idee... So eine Art Date zu viert, in der Hoffnung, dass sich dadurch das Verhältnis zwischen Cole und Leo ein bisschen besserte.

Laut Cole absoluter Unsinn, und Leo war so höflich gewesen, seine Meinung dazu nicht gleich zu äußern.

„Ja, ich komme sofort. Hilfst du mir mit dem Kleid?“

Auch, wenn es nur zwischen Geschwistern war, musste sie sich ja schließlich einigermaßen attraktiv gestalten, und Cole hatte ihr oft genug Komplimente zu diesem Kleid gemacht.

Mit einem leichten Grinsen trat dieser jetzt hinter sie, um ihr den Reißverschluss zu schließen und ihr dabei wie zufällig einen Arm um die Hüfte zu legen.

„Hab’ ich dir heute schon gesagt, wie verführerisch du in diesem Kleid aussiehst? Das erinnert mich an Königin Victoria auf ihrem Krönungsball...“

„So?“ Sie lehnte sich zurück und legte den Hinterkopf an seine Schulter. „Ich glaube, du hättest mir früher in Geschichte von nutzen sein können...“

„Immer wieder gerne... was darf’s denn sein, hm?“

„Hm, ich hatte immer Probleme mit dem Unabhängigkeitskrieg...“

„He, so alt bin ich nun auch wieder nicht!“

„Schade.“, seufzte Phoebe und löste sich etwas von ihm, „Gehen wir, Schatz?“

„Nenn mich nicht Schatz!“

„In Ordnung, Schatz.“

Cole packte sie ruckartig an den Schultern, drehte sie herum und drückte sie an sich.

„Cole?“ Verwirrt sah sie ihn an. „Was ist denn?“

„Pscht!“

Er drückte ihren Kopf wieder an seine Schulter und sie spürte, dass er vor Anspannung bebte.

„Was ist denn?“, wisperte sie.

„Phoebe, wenn ich es dir sage, dann rennst du los und siehst zu, dass du zum P3 kommst, klar?“

„W-Was?“ Sie riss die Augen auf. „Unsinn! Wenn Dämonen in der Nähe sind, dann bleib’ ich bei dir-“

„Du gehst!“, zischte er, „Und zwar jetzt!“

Mit diesen Worten gab er ihr einen Stoß, der sie drei Schritte von ihm wegtaumeln ließ, und im selben Moment ging um sie beide herum alles in Flammen und Explosionen auf. Mit einem spitzen Aufschrei stolperte sie noch einen Schritt zurück.

„Cole!“

Er packte sie kurzerhand um den Bauch und warf sie zur Seite, um sie vor einem erneuten Angriff in Sicherheit zu bringen. „Geh jetzt!“

„Ich werd’ dich nicht allein lassen!“

„Doch, wirst du!“, fauchte Cole und schob sie Richtung Tür, „Ich komme nach.“

„Red keinen Unsinn! Was geht hier vor sich? Ich sehe keine Dämonen-“

„Das kannst du auch nicht, es ist die Quelle höchstselbst, und die kann sich unsichtbar machen! Jetzt verschwinde hier, herrgott!“

„Ich lass’ dich doch nicht mit der QUELLE allein!“

„Du lässt mir keine Wahl, Schatz.“, knurrte Cole, „Sie jagen mich und nicht dich, das muss ein Ende haben.“

Er packte ihren Arm und Phoebe fand sich ohne weiteres unten vor dem Haus wieder, während Cole ihr einen Kuss auf den Mund drückte, sie losließ und wieder verschwand.

Phoebe starrte ihm verdutzt nach. „He!“

Doch der Anblick ihres Hauses versetzte ihr einen Schreck. Flammen schlugen aus allen Fenstern, ein Teil des Daches war von den Explosionen vollkommen zerstört worden – und da hinein war Cole verschwunden?!

Sie wollte schon loslaufen, doch ein kleiner Rest Vernunft hielt sie zurück. Cole opferte sich gerade, um ihr eine sichere Flucht zu ermöglichen, und Leo und Piper und Paige würden ihr sicher helfen.

Sie riss sich zusammen und begann zu laufen, doch keine zehn Meter weiter traf sie etwas, das sie nicht erkannte, in die Seite und brennender Schmerz breitete sich aus. Sie strauchelte, doch jemand beförderte sie unsanft wieder auf die Beine und riss sie hoch.

Der Angriff

Nach Phoebes zweiter Vision waren nun auch sie selbst und Cole überzeugt, dass ihr Traum mehr als einen Alptraum dargestellt hatte.

Piper bestand darauf, dass Cole und Phoebe sich nirgendwo mehr allein hinbewegten (was beiden auf Dauer doch ziemlich an die Nerven ging) und Phoebe bekam beinahe einen Herzanfall, als Leo an einem Morgen um sechs Uhr früh in ihr und Coles Schlafzimmer orbte, nur um zu überprüfen, ob mit ihnen noch alles in Ordnung war. Diese Aktion kostete Piper eine Vase (die von einem von Cole im Halbschlaf geschleuderten Energieball getroffen worden war), Phoebe ihren Wecker (den sie in Erwartung eines Angriffes Leo an den Kopf geworfen hatte, den sie ebenso wie Cole im Halbdunkeln für einen Dämonen gehalten hatte) und Paige ein halbes Dutzend Lachmuskeln, als sie von der ganzen Sache erfuhr.

Am Abend nun traf man sich zu einer weiteren Krisensitzung im Wohnzimmer.

„Das muss aufhören, klar?“, knurrte Cole, „Vorsicht hin und her, wir brauchen auch noch etwas Privatsphäre!“

Er warf Leo einen eisigen Blick zu, der sich mit einem ebenso eisigen Blick einen Eisbeutel an die Stirn drückte. Phoebes Gesichtsausdruck schwankte zwischen Schuldbewusstsein und einem verstecken Grinsen. „Entschuldige, Leo...“

Leo knurrte etwas unwilliges und Piper nahm ihm mit einem leisen Seufzen den Eisbeutel ab, um ihm einen neuen zu reichen. „Wie wäre es, wenn ihr beide euch mal zusammenrauft? Du und Cole, meine ich?“

„Du meinst, ein jähzorniger Dämon und ich-“

„Ein Schwächling von einem Wächter des Lichts-“

Piper verdrehte die Augen und wandte sich Phoebe zu. „Wir sollten die beiden tatsächlich mal an einen Tisch setzen, vielleicht können wir sie dazu bringen, vernünftig miteinander zu reden...“

„Gib mir eine Stunde und ein einsames Waldstück und wir haben alle Differenzen geklärt.“, knurrte Cole. Phoebe und Piper ignorierten diese Bemerkung geflissentlich.

„Vielleicht ist ein Date zu viert gar keine so schlechte Idee.“, sagte Piper.

„Aber wenn wir das nicht machen, reicht das vielleicht schon, damit meine Vision nicht wahr wird.“, antwortete Phoebe, doch Paige fiel ihr ins Wort. „Es wäre besser, wenn wir die Dämonen direkt finden und dafür sorgen, dass es gar nicht erst so weit kommen kann.“

„Dummerweise ist aber die Quelle selbst dafür verantwortlich, laut Cole in meiner Vision.“

„Wir könnten versuchen, einen Waffenstillstand zu vereinbaren.“

„Paige, du hast keine Ahnung, wovon du redest. Mit der Quelle vereinbart man nicht einfach so einen... Waffenstillstand.“ Cole verzog das Gesicht bei diesen Wort. „Außerdem ist das vollkommener Unsinn, die Quelle würde sich sowieso nicht dran halten.“

„Aber niemand hat eine bessere Idee, oder?“

„Es gibt schlimmeres als die Quelle...“, seufzte Cole, „Wenn wir das eine los sind, ist das andere schon wieder hinter uns her.“

„Und was wäre dieses schlimmere?“ Fragend sah Phoebe zu ihrem Freund hinüber. „Etwa der Satan selbst?“

„Das könnte durchaus passieren.“ In Coles Stimme schwang kein bisschen Scherz mit. „Die Quelle ist nicht das größte annehmbare Übel, das euch passieren kann, glaub mir.“

„Du musst es ja wissen.“, knurrte Leo.
 

„Ich hasse es, hier so untätig herumzusitzen.“

„Du sitzt nicht, du liegst.“ Phoebe nahm neben Cole auf dem Bett Platz und strich ihm durchs Haar.

„Trotzdem geht es mir auf die Nerven. In deiner Vision ist alles im Haus passiert, warum verbringen wir dann nicht möglichst viel Zeit außer Haus?“

„Weil wir hier alle zusammen sein können, und außerdem haben wir das Buch der Schatten in Reichweite.“

„Draußen können wir auch alle zusammen sein.“

„Aber hier drin ist es sicherer.“

„Es gibt mehr Möglichkeiten, sich zu verletzen.“

„Draußen könnten wir gesehen werden.“

„Und wenn jemand durchs Fenster guckt?“

„Alle Nachbarn hassen uns oder haben Angst vor uns...“

Cole grinste. „Das liegt nicht zufällig an mir?“

„Nein, sicher nicht. Hatten sie früher schon... weil bei uns ständig seltsame Dinge passieren.“

„Zum Beispiel, dass Dämonen bei euch ein und aus gehen, wie es ihnen passt?“

„Vor allem, wie es ihnen passt. Ihr solltet dringend mal ein Schutzschild oder sowas ähnliches um das Haus errichten.“

„Leider kann das aber keiner von uns...“ Sie seufzte leise und stützte sich neben ihm auf die Ellenbogen. „Aber könnte das die Dämonen fernhalten?“

„Oh, allerdings. Aber mich auch, fürchte ich.“

„Dann können wir das natürlich unter keinen Umständen tolerieren, was?“

„Das will ich doch hoffen. Hattest du heute noch irgendwelche Visionen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen, hm?“

„Ja, sicher.“ Cole lächelte schwach, doch es wirkte nicht wirklich so, als glaube er an seine Worte.
 

„Oh, was soll denn das hier?“ Nervös ging Piper in der Küche auf und ab, während Leo ihr mit den Augen folgte. „Ich meine, wir sitzen jetzt den ganzen Tag im Haus und keiner traut sich, mal vor die Tür zu gehen! Phoebes Vision hat doch gezeigt, dass sie angegriffen werden, während sie im Haus sind, also wieso gehen wir nicht alle ins P3?“

„In der Öffentlichkeit werden sie uns wohl kaum angreifen.“

„Und wenn wir im Haus bleiben, dann erhöhen wir das Risiko eines Angriffs.“

„Du sagst es, Schatz.“

„Also, warum sitzen wir noch hier?“

„Weil keiner von uns Phoebe und Cole lange genug in die Augen schauen kann, um ihnen zu sagen, dass wir raus gehen wollen. Und vielleicht wollen sie das auch gar nicht.“

„Warum sollten sie nicht? Cole ist unternehmungslustig, er würde sicherlich gern ein paar Dämonen jagen...“

„Dummerweise wollen wir aber keine Dämonen jagen, denn vielleicht sorgen wir damit dafür, dass die Quelle wieder auf uns aufmerksam wird, und sich so Phoebes Vision erfüllt.“

„Du könntest auch mal netter zu Cole sein. Ich glaube, ihr könntet euch ganz gut verstehen, wenn ihr euch nicht dauernd anfeinden würdet...“

„Cole und ich? Ich bitte dich. Er ist ein Dämon, und das bleibt er auch. Ich kann ihm nicht vertrauen, und es ist schlimm genug, dass Phoebe das tut.“

„Sie liebt ihn... und komm mir nicht damit, das ist gegen die Regeln. Was wir tun, ist nämlich auch gegen die Regeln.“

„Aber das mit uns ist was anderes...“

„He, vielleicht werden die beiden heiraten.“

„Großer Gott...“

„Dann haben wir einen Dämonen in der Familie... ist er dann nicht dein Schwager?“

„Besser nicht.“

Phoebe blieb stehen und sah Leo an.

„Das gefällt mir nicht.“

„Was denn?“ Leo hob die Augenbrauen.

„Es ist so still hier...“ Rasch trat Piper ein paar Schritte näher zu Leo und sah sich prüfend um. „Nicht mal der Wind von draußen ist zu hören.“
 

„Cole? Da wäre noch eine Sache, die ich mit dir besprechen müsste...“

„Hm?“ Cole öffnete die Augen wieder und sah zu ihr. „Was denn, Phoebe?“

Sie setzte sich wieder auf und zog die Knie an die Brust. „Also, ähm, das ist ein bisschen schwierig zu sagen...“
 

Leo verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Hol Phoebe und Cole!“
 

“Ich meine, es war ja auch alles nicht geplant, aber du musst zugeben-“

Cole machte einen Satz vom Bett auf sie zu und drückte sie auf den Boden.

Phoebe sah ihn verdutzt an. „H-Hey!“
 

„Sofort.“ Piper sprang auf und rannte zur Treppe.
 

„Fünf Chamäleons im Haus.“, wisperte Cole, „Zwei gleich hinter dir, einmal die Vase da, die hab’ ich neulich zertrümmert, und einmal dein Wecker, unten drei weitere!“

„Phoebe!“ Pipers Stimme ließ die beiden hochschrecken, doch Cole hielt Phoebe weiter fest. „Chamäleons kommen, um jemanden auszuspionieren, oder um einen Angriff vorzubereiten, und die Quelle weiß fast alles über euch!“

„Ich weiß!“, knurrte Phoebe und versuchte, sich von ihm zu befreien, doch Cole hielt sie fest.

„Nicht bewegen, Schatz!“

Folgsam hielt sie still. „Was ist denn noch?“

„Bleib einfach ruhig liegen...“ Seine Lippen berührten ihre Wange, dann ihren Hals.

„Was hast du vor?“, knurrte sie, „Willst du denen eine kleine Vorstellung liefern?“

„Ich will nicht, dass sie ihre Tarnung aufgeben, also müssen sie denken, diese Aktion hier hat einen etwas anderen Grund.“, wisperte er, „Was wolltest du mir sagen?“

„Ich...“

„Phoebe!“ Piper riss die Tür auf und lief gleich rot an, als sie die beiden sah. „Oh, ähm, entschuldigt...“

„Schon gut.“ Rasch kroch Phoebe unter ihrem Freund hervor und zupfte sich das T-Shirt zurecht. „Darüber reden wir später.“, knurrte sie in Coles Richtung. Dieser verkniff sich ein Grinsen und legte ihr einen Arm um die Hüfte.

Piper sah nervös von Cole zu Phoebe und zurück. „Kommt doch bitte einmal runter...“

Cole sah sich im Zimmer um (Phoebe entging dabei nicht, dass er die Vase besonders lange musterte, und sie war sich sicher, dass der Dämon das ebenfalls bemerkte), dann nickte er leicht und sie folgten Piper die Treppe hinunter, doch noch bevor sie unten angekommen waren, explodierte der untere Treppenabsatz.

Piper wurde zurückgeschleudert und riss Phoebe mit sich, ihr wurde fast schwarz vor Augen, als sie auf die Treppenstufen krachte. Noch während sie fiel, ging ihr auf, dass sie keine Dämonen sehen konnte...

„Phoebe, Piper, nehmt meine Hand!“ Leo war vor ihnen erschienen und streckte die Hand aus, und Piper zögerte nicht lange, diese zu ergreifen.

Phoebe jedoch sah zu Cole, und diese Sekunde war zuviel. Eine weitere Explosion erschütterte die Treppe und Phoebe wurde nach vorn geschleudert, direkt auf die wirbelnden Flammen zu, doch bevor diese sie erfassten, packte Cole ihr Handgelenk und teleportierte sie aus den Flammen heraus in den Garten, gefolgt von Leo und Piper.

„Was geht hier vor sich?“ Paige erschien neben ihnen, zerzaust und voller Ruß, doch sie schien unverletzt. „Ich sehe keine Dämonen, nirgendwo im Haus, sind das diese Chamäleons?“

„Auch.“ Cole hielt Phoebe an sich gedrückt und sah sich um. „Wo können wir hin?“

„Irgendwohin, wo Menschen sind.“, sagte Piper, „Und wo’s ein Telefon gibt, damit wir die Feuerwehr rufen können!“

„Zum nächstbesten Nachbarn vielleicht?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, orbte Cole mit ihr kurzerhand in das Haus gegenüber. „Wohnt hier jemand?“

„Ähm, nein, nicht mehr.“ Phoebe löste sich von ihm. „Aber vielleicht gibt’s einen alten Telefonanschluss...“

„Bleib besser in meiner Nähe!“, knurrte Cole, „Vielleicht sind hier auch welche versteckt...“

„Ja, sicher.“ Phoebe griff nach seiner Hand und Cole folgte ihr durch den Raum.

„Was wolltest du mir gerade sagen?“

Phoebe blieb stehen. „Also, Cole, ähm...“

Sie sah sich um und beförderte ihn dann ohne weiteres in einen übrig gebliebenen Stuhl. „Also, Cole, ich bekomme meine Regel nicht.“

Cole wurde ohne weiteres kreidebleich. „W-Was?!“

Phoebe seufzte leise und nahm auf dem Boden vor ihm Platz. „Ich bin schwanger. Wahrscheinlich.“

„Großer Gott!“ Cole stand rasch auf und zog sie hoch. „Das ist... ich meine, wie konnte das passieren?!“

„Also, weißt du, wenn ein Mann und eine Frau...“

„Das weiß ich!“

„Wo ist dann das Problem?“

„Das Problem ist, dass mir alle Kopfgeldjäger auf den Fersen sind, die von der Quelle für entbehrlich erachtet wurden, und dir geht es nicht besser!“

„Ich weiß, ich weiß...“ Phoebe sah auf ihre Hände hinab. „Also freust du dich nicht?“

„Doch, sicher, aber das Risiko... und außerdem bin ich ein Dämon, und du eine Hexe, ich wusste nicht, dass das überhaupt...“

„Sonst hat’s dich jedenfalls auch nicht gestört!“

„Aber ein Kind ist doch etwas ganz anderes!“

„Ach, aber für’s Bett bin ich gut genug?“

„Was? Phoebe! Hör zu, ja, ich freue mich, sehr sogar, das Problem ist nur, falls es dir entgangen ist, ich bin ein Dämon. Wir sind nicht besonders fürsorglich, weißt du? Man sagt uns nach, dass wir kleine Kinder zum Frühstück verspeisen! Für sowas konnte ich mich zwar nie begeistern, aber ich glaube trotzdem nicht, dass ich der ideale Vater bin, ich meine, ich... ich bin nicht der Typ für sowas!“

„Na und? Das lernst du schon... Paige hatte da doch mal diesen Dummy...“

„Was?“ Cole verzog das Gesicht. „Hör mal, Phoebe, das lässt sich doch nicht vergleichen...“

Phoebe seufzte leise und strich ihm durchs Haar. „Hör mal, Cole, während der Schwangerschaft ist es ja noch nicht so schlimm... ich konnte bisher gut auf mich aufpassen, das kann ich dann auch weiterhin... und das Kind... ich meine, wir passen gut beide darauf auf...“

Cole ließ sich zurück auf den Stuhl sinken und stützte den Kopf in die Hände. „Das weiß ich ja, aber das ändert nichts daran, dass es gefährlich ist...“

Sie lächelte leicht. „Aber es ist nicht weiter schlimm, okay? Ich bin mir sicher, du wirst ein ganz toller Vater...“

Er grinste. „Fünfzig Dollar dagegen.“

Phoebe gab ihm eine leichte Kopfnuss. „Cole!“

Besagter duckte sich mit einem leisen Kichern. „Entschuldige...“ Ohne weitere Vorwarnung packte er sie um die Hüfte, zog sie zu sich auf den Schoß und küsste sie. „Entschuldige, Schatz.“

Sie schnurrte leise und legte den Kopf an seine Schulter. „Ausnahmsweise.“

Mit einem Seufzen strich sie ihm über die Wange. „Was meintest du, als du sagtest, es gibt schlimmeres als die Quelle?“

Cole seufzte ebenfalls und lehnte sich zurück. „Dazu sollten deine Schwester anwesend sein... sei so gut und ruf Leo her, ja?“

„Okay. Leo?“

Nichts geschah.

Phoebe versuchte es nochmal.

„Leo! Paige!“

Wieder geschah nichts.

„Entweder sie sind in der Unterwelt und hören dich nicht – was ich nicht hoffen will – oder sie sind mit den Dämonen beschäftigt... ich seh’ mal nach. Bleib hier, ich komme gleich wieder.“

„Was?!“ Sie sprang auf, um ihn festzuhalten, doch Cole war bereits verschwunden.

Phoebe ließ sich wieder auf den Stuhl sinken und sah sich nervös um. Auch hier war es fast dunkel, die Fenster waren mit Dreck und Graffiti beschmiert, das, was an Möbeln noch übrig war, war zerschlagen und teilweise sogar verbrannt, die Vorhänge heruntergerissen und zerstückelt, die Lampen waren verschwunden, und dort, wo sie früher gehangen hatten, hingen die Kabel bloß aus der Wand.

Genau genommen wurde ihr normalerweise schon beim Anblick des Hauses unheimlich, und jetzt war sie allein...

Unsinn., ermahnte sie sich gedanklich, Du bist noch mit allem fertig geworden, was dich angegriffen hat, oder nicht?

Außerdem hätte Cole sie wohl kaum hierher gebracht, wenn ihnen von hier aus Gefahr gedroht hätte, und er hätte sie auch nie allein gelassen...

Und, verflucht, warum kam er nicht wieder?

Sie zog die Knie an die Brust.

Vielleicht konnte er sie ja auch hören?

„Cole?“, wisperte sie.

Nichts geschah.

Na gut, er konnte sie nicht hören... aber für den Fall, dass sich tatsächlich Dämonen im Haus befanden, war es doch sicher am besten, wenn sie sich einmal umsah, vielleicht konnte sie potentielle Angreifer entdecken?

Andererseits würde Cole wohl hier nach ihr suchen, und er würde sich Sorgen machen, wenn er sie nicht hier fand...

Ein Knarren auf der Treppe ließ sie zusammenzucken.

„C-Cole?“

Keine Antwort. Sie schluckte, um die aufsteigende Panik in ihrer Kehle zu verdrängen, und stand auf.

Sie würde einfach zurück auf die andere Straßenseite gehen, da mussten ja auch die anderen sein...

Rasch stand sie auf und machte sich auf den Weg zur Haustür.

„Phoebe?“

„Cole!“ Rasch drehte sie sich herum. „Da bist du ja endlich, ich hab’ mir schon Sorgen gemacht... wo sind die anderen? Geht es ihnen gut?“

„Bestens.“

Irgendetwas an seinen Augen gefiel ihr ganz und gar nicht, doch sie konnte nicht deuten, was es war.

„Gut, ähm, dann lass uns zu ihnen gehen...“

„Sicher, Liebling.“

Diese Bemerkung machte sie nun stutzig. Cole hatte ihr zwar viele Spitznamen gegeben, aber gegen „Liebling“ hatte sie sich immer vehement gewehrt, und er hatte ihr versprochen, sie nie wieder...

Ein harter Schlag traf sie mit voller Wucht in die Seite und sie krachte gegen die Wand. Beinahe wurde ihr wieder schwarz vor Augen, doch sie rappelte sich auf und wich nur mit Mühe einem Energieball aus, der auf ihren Kopf zielte.

„Leo!“

Großer Gott, was war mit Cole passiert? Und warum zur Hölle kam Leo nicht?!

„Paige! Piper!“

Die Quelle packte ihren Arm und die Welt um sie verschwand.

Der Bund

Es war dunkel, und es war kalt.

„Cole...?“

Keine Antwort, und so öffnete sie die Augen, um nachzuschauen, doch sie stellte lediglich fest, dass es ihr auch mit geöffneten Augen kaum möglich war, etwas zu erkennen. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, doch es war immer noch stockfinster, und das einzige bisschen Licht fiel orangerot durch einen Spalt in der Wand.

Phoebe kniff die Augen zusammen, um trotzdem etwas zu sehen, und konnte eine schemenhafte Gestalt neben ihr auf dem Boden erkennen. „Cole...?“

Behutsam berührte sie die Wange der Gestalt mit den Fingerspitzen und spürte etwas klebriges daran – Blut.

„Cole!“ Rasch griff sie nach seiner Hand und stellte erleichtert immerhin einen schwachen Pulsschlag fest. „Schatz...“

„Du... sollst mich doch nicht so nennen...“, murmelte Cole und öffnete mit einem schwachen Lächeln die Augen, „Du siehst... hübsch aus...“

Wieder einmal fiel Phoebe ein, dass er im Dunkeln sehen konnte, und unwillkürlich begann sie, zu kichern, obwohl das einen stechenden Schmerz in der Seite auslöste, an der die Quelle sie getroffen hatte. „Ich... was? Ich sehe hübsch aus?“

„So bezaubernd wie immer, ich schwör’s dir.“, murmelte er, „Die paar Kratzer tun dem keinen Abbruch...“

Er verzog das Gesicht und Phoebe zischte ein leises „Leo!“, obwohl sie wusste, dass er sie nicht hören konnte.

„Cole, wie schwer bist du verletzt?“

„Ich weiß nicht... paar Brandwunden, ein, zwei gebrochene Rippen... vielleicht eine Gehirnerschütterung, was meinst du?“

„Mach keine Witze.“, knurrte sie, „Im Ernst, wo hast du Schmerzen?“

Er grinste mit Mühe noch etwas breiter. „Soll ich dir zeigen, wo ich keine habe, Schatz?“

„Oh, du hast wohl zu viele Energiebälle abgekriegt...“, seufzte Phoebe, beugte sich vor und drückte ihm einen Kuss auf den Mund, „Wo sind wir?“

„Sieht mir nicht nach dem Weißen Haus aus... in der Unterwelt, würde ich sagen?“

„Sind die anderen auch hier?“

„Ich weiß nicht... als ich zu ihnen nach draußen gekommen bin, haben sie sich einen Kampf mit ein paar Dämonen geliefert... und mich haben sie gleich wieder erkannt, und ich bin nicht gerade unbekannt unter Dämonen, weißt du, und ich kann nicht fünfzehn Energiebällen gleichzeitig ausweichen...“

Besorgt legte Phoebe ihm eine Hand an die Wange. „Du hast Fieber, Schatz...“

„N-Nenn mich nicht Schatz...“, murmelte er.

„Aber du hast Fieber, wie lange sind wir schon hier?“

„Keine Ahnung... zwei Wochen, drei...“

„Z-Zwei Wochen?! Und Piper und Paige und Leo haben nichts getan, um uns zu retten?“

„Nein...“ Er schloss die Augen wieder. „Hör zu, sie haben... sie haben mir alles erzählt... die Quelle hat... irgendeine Art Zauber... sie denken...“ Seine Stimme wurde schwächer, und Phoebe griff erneut nach seiner Hand.

„Was ist passiert?“

„Sie wissen nicht... dass du existiert hast... denken, nach Prues Tod waren sie nur noch... zu zweit...“

„Oh Gott.“, murmelte Phoebe, „Das heißt, sie werden auch gar nicht versuchen, uns zu retten...“

„Wir müssen... uns selbst helfen, Schatz...“ Er bemühte sich um ein leichtes Lächeln und strich ihr über die Wange. „Aber keine Angst, wir schaffen das schon...“

„Ich hab’ aber Angst.“, murmelte sie, „Verdammt große Angst sogar. Es ist wie in meiner Vision... haben sie dir was angetan, Cole?“

„Nein.“ Er grinste leicht. „He, ich bin Belthazor, die würden mir nie was tun...“

Phoebe musste lächeln und gleichzeitig trieb sein Versuch, sie aufzumuntern, die Tränen in die Augen. „Oh Gott, Cole, es tut mir so leid...“

„Mach dir keine Sorgen um mich, Kleine.“, murmelte er, „Es geht mir gut, okay? Und du musst hier raus... ihr beide, meine ich.“

„Ich lass’ dich aber nicht im Stich!“

„Und ob du das wirst!“, knurrte er.

„Ich lasse dich nicht im Stich!“

„Phoebe, bitte.“, murmelte er, „Du musst, wenn sich die Gelegenheit bietet...“

„Was wollen die überhaupt von dir? Informationen über die Mächtigen Drei?“

„Nein...“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Es geht ihnen viel mehr um dich.“

„Um mich?“ Mit großen Augen sah sie ihn an. „Warum? Und wieso musst du dann darunter leiden?“

„Hör mir gut zu, Phoebe.“ Cole verzog das Gesicht und richtete sich einigermaßen auf. „Was immer ich dir jetzt sage, versprich mir, dass du dich nicht brechen lässt, egal, was sie mir antun, verstanden?“

„A-Aber wie kann ich das? I-Ich weiß doch nicht...“

„Versprich es!“, zischte Cole.

„Okay.“, murmelte Phoebe und griff wieder nach seiner Hand.

„Und damit du’s weißt, das meiste habe ich mir selbst zusammengereimt... wenn sie gedacht haben, ich bin bewusstlos, haben sie sich unterhalten, dabei konnte ich ein bisschen aufschnappen, der Rest ist die logische Schlussfolgerung daraus.“

Phoebe nickte leicht. „Was weißt du denn sicher?“

„Das, was ich dir über deine Schwestern erzählt habe... aber du musst wissen, obwohl sie sich nicht erinnern können, sind sie immer noch die Mächtigen Drei, und sie können diese Kraft einsetzten, obwohl sie das nicht wissen.“

„Oh.“, murmelte Phoebe. Langsam kam ihr ein Gedanke. „Sie wollen, dass ich der Hexerei abschwöre, richtig? Dass ich meine Fähigkeiten aufgebe?“

„Du sagst es, Kleines.“

„Aber... aber das ist doch nur ein geringer Preis... ich besitze keine aktive Kraft, die ich vermissen würde...“

„Phoebe!“, knurrte Cole, „Sowas darfst du nicht einmal denken, verstehst du?“

„Aber das ist ein vergleichsweise geringer Preis für dein Leben...“

„Red keinen Unsinn! Damit würdest du auch deine Schwestern zum Tode verurteilen, gefolgt von tausenden Unschuldigen! Abgesehen davon haben sie dann keinen Grund mehr, dich am Leben zu lassen, und ich würde es nicht ertragen, wenn ich dich verliere... und es geht nicht nur um dich...“

Er strich ihr über die Wange und den Arm, ließ seine Hand auf ihrem Bauch ruhen.

„Cole, was soll ich denn sonst tun?“

„Du musst stark bleiben, bis ich einen Weg finde, um dich oder vielleicht sogar uns beide sicher hier wegzubringen. Bitte, Phoebe, ich will dich nicht verlieren...“

Sie seufzte leise, doch dann legte sie wieder den Kopf an seine Schulter.

„Ja.“

„Was?“ Cole sah sie verwirrt an. „Was ja?“

„Aber ich will keinen Stein oder sowas. Nur so einen schmalen Goldreif, alles andere könnte hinderlich werden... mit Widmung...“

Cole lächelte schwach; offenbar hatte er begriffen und küsste sie auf die Stirn.

„Einverstanden, kleine Hexe...“

„So ein ‚Für Cole von Phoebe in ewiger Liebe’, wie bei Leo und Piper. Verzieh nicht das Gesicht, Leo ist eigentlich gar kein übler Kerl...“

„Jaja...“, murmelte Cole, die Nase in ihrem Haar, „Das heißt also, dass ich dich mal in einem Brautkleid zu sehen bekomme? So ganz in weiß, wie man das unter Menschen halt so macht...“

Sie lächelte leicht. „Du bist auch zur Hälfte ein Mensch, vergiss das nicht. Und wo fahren wir in die Flitterwochen hin...?“

„Ich such uns einen Platz, wo uns niemand findet... wie unsere Ecke in Südfrankreich, erinnerst du dich?“

„Wie könnte ich das je vergessen?“ Sie kicherte. „Wie wär’s mit Spanien?“

„Zu laut... zu voll, zuviel Sonne...“

„Tu nicht so, du bist ein Halbdämon, du verträgst Sonne.“

„Alle Dämonen vertragen Sonne, nur manche kriegen davon Kopfschmerzen. Ich kriege davon Kopfschmerzen.“

„Dafür treibst du dich im Sommer oft genug am Strand rum.“

„Ja, mit Sonnenbrille und so, das ist was anderes... aber wo wir gerade bei Sand sind, was ist mit Afrika? Ägypten ist ganz nett, da gibt’s kaum Dämonen, nur ein paar recht friedfertige Nilgötter, zwei drei Krokodile...“

„Keine Moskitos?“

„Doch, aber die mögen mich nicht, oder besser meinen Geruch, also lassen sie auch von dir die Finger... Flügel... was auch immer...“

Unwillkürlich begann Phoebe erneut zu kichern, und Cole hob die Augenbrauen. „Was ist so lustig?“

„Mir ist nur gerade aufgefallen, dass ich meine Hochzeit in einem Dämonenverlies plane...“

„Aber keine Sorge, feiern wirst du sie hier nicht.“ Er nahm ihre Hände und küsste sie. „Das versprech’ ich dir, Phoebe.“

Sie strich ihm über die Wange. „Danke... in wessen Händen sind wir eigentlich? Die Quelle?“

„Nicht ganz... du musst wissen, ihr liegt nicht ganz richtig, was die Quelle betrifft. Ihr nennt sie die Quelle alles Bösen, aber das trifft eigentlich nicht zu... genauer gesagt sind es sechs.“

„Was?“ Verwirrt sah Phoebe ihn an. „Wieso sechs?“

„Nordamerika, Südamerika.“, zählte Cole an den Fingern ab, „Europa, Asien und Australien mit Indien, Indonesien und Neuseeland, und Afrika natürlich. Die Quelle, wie ihr sie nennt, ist gewissermaßen eine Art Herrscher über die Dämonen eines bestimmten Erdteils... keiner mischt sich in die Angelegenheiten des anderen ein, und jeder hat so seine Problemchen mit Hexen und Zauberern, die alle brav in ihrem Winkel der Welt bleiben. Die Mächtigen Drei allerdings haben sich zu einer Gefahr für die Herrschaft dieser Dämonen entwickelt, denn sie betreffen – nach der Meinung der Dämonenfürsten – nicht nur Nordamerika. So hat bei ihrem letzten Ausflug auf die Kanaren Piper zusammen mit Leo einen Dämonen getötet, was eigentlich nicht ihre Aufgabe gewesen wäre, und wir haben einen in Südfrankreich erledigt... das bedeutet sowas wie eine internationale Krise für die dämonische Welt. Außerdem bilden diese sechs sowas wie den Ältestenrat der Dämonen, und deshalb werden sie sich mitsamt ihrem engsten Gefolge treffen, ein bisschen beraten und sich dann gegen euch verbünden, und dann werden sie den Verräter Belthazor nebst der Hexe, die ihn zu Fall gebracht hat, hinrichten, als gutes Omen, sozusagen.“

„Oh.“, murmelte Phoebe, „Das ist... allerdings keine gute Aussicht, nein...“

„Und dann gehen sie und töten ihre Schwestern, denn die haben dann die Macht der Drei auch nicht mehr...und dann machen sie die Welt unsicher und niemand kann sie aufhalten...“

„Ist ja gut, ich hab’s begriffen!“, zischte Phoebe, „Was tun wir?“

„Ich... denke, ich weiß schon, was... versprich mir, dass du fliehst, wenn du kannst, und halte dich hier versteckt, ich finde dich schon.“

„Was? Aber-“

„Pscht!“, zischte Cole.

Schritte näherten sich und die Tür wurde geöffnet.

„Wenn ich sage, du sollst fliehen, dann tu es.“, murmelte Cole, zog sie mit sich in die Höhe und legte einen Arm um sie.

Als Phoebe sein Gesicht im Licht sah, erschrak sie. Blutergüsse, Schrammen und tiefe Schnittwunden bedeckten sein Gesicht und seine Hände, seine linke Gesichtshälfte war mit getrocknetem Blut verdeckt und seine Knie gaben nach, als er sich aufrichtete, sodass Phoebe ihn stützen musste.

„Guten Morgen, Belthazor.“

Die Stimme des Dämonen war genauso wenig unangenehm wie sein Äußeres – dunkle Haut, allerdings kurzes, weißblondes Haar und eisig-grüne Augen, gut zwei Meter groß und muskulös – , doch sie ließ Phoebe einen Schauder über den Rücken laufen, denn genau wie seine Augen strahlte die Stimme etwas eiskaltes, düsteres aus, das Phoebe beinahe mit bloßen Händen zu greifen vermochte.

Der Dämon kam etwas näher, winkte zweien seiner Begleiter, die Cole ohne weiteres festhielten, und wandte sich Phoebe zu.

„Das ist also die Hexe, die dir so den Kopf verdreht hat, Belthazor?“

Cole zischte leise, antwortete jedoch mit einem knappen „ja“.

Der Dämon trat etwas näher zu Phoebe und strich ihr durchs Haar, und Phoebe musste sich zwingen, nicht zurückzuweichen.

„Ich nehme nicht an, dass Belthazor dir schon einmal von mir erzählt hat? Mein Name ist Jeremyah.“

Mit diesen Worten setzte er zu einem Handkuss bei ihr an, was Cole mit einem wütenden Knurren beachte.

„Ich habe schon viel von dir gehört... und nun, da ich dich vor mir sehe, kann ich verstehen, warum Belthazor sich eine Hexe ins Bett geholt hat...“

Phoebe hörte ihm kaum noch zu; Cole zog ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich.

Normalerweise begegnete Cole den Dämonen, mit denen sie zu tun hatte, mit Verachtung oder größtenteils Gleichgültigkeit, doch nun hatte er die Augen zu schmalen Schlitze zusammengezogen, in denen blanker Hass funkelte.

Und, was noch viel schlimmer war, unter dem Blut zeichneten sich auf seinem Gesicht und seinen Händen bereits kaum sichtbar und blassrot Belthazors rote Zeichnungen ab...

Devil

„Nimm deine Finger von ihr!“

Coles Stimme war bereits um mehrere Nuancen tiefer geworden, und er zitterte am ganzen Körper.

„Cole!“ Phoebe riss sich los und stürzte zu ihm. „Cole, hör auf, nicht...“

Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und sah ihn fest an. „Cole! Sieh mich an! Wenn du dich verwandelst, dann kontrolliert er dich, lass das nicht zu!“

Cole öffnete die Augen, sah sie an und schenkte ihr ein schwaches Lächeln.

„Jetzt.“, wisperte er, drückte ihr einen Kuss auf den Mund und im selben Augenblick überzog sich seine Haut mit einem flammenden Rot.

Mit einem Aufschrei riss Belthazor seine Hände los, gab ihr einen Stoß in Richtung Tür, und dann verließ der letzte Rest Menschlichkeit seine Augen. Phoebe rappelte sich zitternd auf und floh den Gang hinunter, während Belthazor, zwar ohne seine Fähigkeiten, aber dennoch nicht gerade ein Schwächling, sich über seine Gegner hermachte.
 

Am ganzen Körper zitternd kauerte Phoebe sich in einer dunklen Ecke zusammen und schloss die Augen.

„Cole.“, wisperte sie.

Er hatte gewusst, was mit ihm geschehen würde, wenn er dem Dämonen in seinem Herzen wieder die Kontrolle überließ, und welchen Preis er eventuell dafür fordern würde, doch er war das Risiko eingegangen, in einem Zustand, der körperlich und geistig nicht schlimmer hätte sein können, ohne eine ernsthafte Chance, Belthazor nach sozusagen getaner Arbeit wieder in seine Schranken zu weisen... hatte fünf Dämonen gegen sich gehabt... ohne seine Fähigkeiten...

Sie presste die Hände auf die Schläfen, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.

Was sollte sie nun tun?

Versteck dich, ich finde dich schon.

Sehr beruhigend, ja, in der Tat.

Eine Mischung aus Angst und Verzweiflung kroch in seiner Kehle empor und ihr wurde übel.

Ob es Cole gelungen war, Belthazor zu bändigen und seine Kontrolle zurückzugewinnen?

Ob er entkommen war?

Vielleicht hatte er es nicht geschafft und musste in diesem Augenblick dafür büßen, dass er ihr zu fliehen geholfen hatte...

Sie schluckte und unwillkürlich stahl sich wieder das Bild von Coles müdem, blutverschmierten Gesicht vor Augen.

Ob Jeremyah ihm das angetan hatte?

Rasch verdrängte sie die Bilder, die auf diesen Gedanken folgten, und rappelte sich auf.

Nein, das würde sie nicht zulassen!

In der Unterwelt war es – wie sollte es auch anders sein – immer fast dunkel, und so tastete sich vorsichtig an der Wand entlang zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war.
 

„Cole?“, wisperte Phoebe.

Um sie herum herrschte vollkommene Stille, selbst das Geräusch ihrer Schritte wurde von dem Gewölbe um sie herum verschluckt.

Umso unheimlicher war es, dass sich ihre Stimme nun als Echo fortpflanzte, den Gang hinunter.

Es kam keine Antwort.

Vorsichtig ging sie weiter – die Tür ihres Kerkers befand sich am Ende des Ganges.

Als sie näher kam, blieb sie abrupt stehen.

Wie wollte sie überhaupt hinein kommen?

Die Tür war sicher abgeschlossen...
 

Versteck dich, ich finde dich schon.

Großer Gott, warum hatte sie nicht auf ihn gehört? Nur dieses eine Mal...

Jeremyah gab einem seiner Gefolgsleute lautlos Anweisung, hinter der Tür Aufstellung zu nehmen, und Cole startete einen schwachen Versuch, sich gegen den eisernen Griff seiner Bewacher zu stemmen, die ihm die Arme auf den Rücken drehten, doch seine Schultergelenke protestierten schmerzhaft und er gab es bald auf.

Wie immer, wenn er Belthazor seinen Willen gelassen hatte, war ihm elend zumute.

Sein Kopf dröhnte, er schmeckte Blut und wusste nicht sicher, ob es sein eigenes war, und er spürte, wie die Bestie in seiner Seele vor Wut grollte. Doch sie zerrte nicht an ihrer Kette – noch nicht.

Vorläufig war ihre Mordlust gestillt.

Ein schwacher Energieball traf seine Seite und seine Knie gaben erneut nach.

Vermutlich hätte er aufgeschrien, hätte er noch die Kraft dazu gehabt und hätte nicht einer von Jeremyahs Schergen die Geistesgegenwart besessen, ihn zu knebeln, damit er Phoebe nicht warnte.

Jeremyahs Faust raste auf seine Schläfe zu und ihm wurde schwarz vor Augen.
 

„Cole!“

Phoebe ließ sich neben ihn auf die Knie sinken und befreite ihn rasch von seinen Fesseln.

Er rührte sich nicht, und selbst im Halbdunkeln konnte sie frische dunkle Flecken auf seinem Gesicht und Brandlöcher in seinem Hemd erkennen.

„Cole, hörst du mich...?“

Er antwortete nicht und Phoebe biss sich auf die Unterlippe. „Cole...“

„Schade um ihn.“

Jeremyahs Schatten löste sich aus der Dunkelheit neben der Tür und Phoebe verfluchte sich dafür, dass sie an die Möglichkeit einer Falle nicht schon eher gedacht hatte.

Der Dämon kam näher, die eisigen Augen lauernd auf sie gerichtet.

„Er war ein guter Kämpfer, bevor du ihn geschwächt hast. Immer loyal, immer erfolgreich... nie Schwäche oder Versagen.“

Phoebe erhob sich und wich langsam zurück.

„Warum hast du ihm das angetan?“, zischte sie, „So, wie du redest, wart ihr Waffenbrüder!“

Sie stieß mit dem Rücken gegen die Wand und Jeremyah stand blitzschnell vor ihr.

„Oh, nicht nur im Dienste desjenigen, den ihr als die Quelle alles Bösen bezeichnet hat er gute Arbeit geleistet. Eine Zeit lang stand er auch in meinen Diensten und hat für mich Hexen getötet...“

„D-Dann bist du einer dieser sechs Dämonenfürsten?“

Sie drückte sich an die Wand, um vor ihm zurück zu weichen, doch ihre Beine waren wie gelähmt und verweigerten ihr den Dienst.

Cole!, dachte sie, Cole, hilf mir, wach auf, bitte...

„So kann man es ausdrücken.“, antwortete Jeremyah, „Du hast Recht. Hat er dir nie von mir erzählt?“

„Nein...“

Aus dem Augenwinkel erhaschte sie eine Bewegung von Cole. Wenn Jeremyah das nicht bemerkte...

„V-Von welchem Kontinent?“, brachte sie hervor. Die Lähmung kroch durch ihre Hüften.

Jeremyah maß sie mit einem Blick, der ihr überhaupt nicht gefiel. „Afrika... und wer weiß, vielleicht nehme ich dich dorthin mit und mache dich zu meiner Fürstin? Es wäre mir ein Vergnügen, Belthazor seine geliebte Hexe zu nehmen...“

„Du bist krank!“, zischte sie und ohne Vorwarnung gab er ihr eine so heftige Ohrfeige, dass sie zu Boden stürzte.

Sie schmeckte Blut und sah aus dem Augenwinkel zu Cole hinüber. Seine Atemzüge gingen flach und schnell, offenbar sammelte er gerade seine verbliebene Kraft für einen Überraschungsangriff, doch Jeremyah machte diesen Plan zunichte, als er unwirsch in die Dunkelheit des Kerkers winkte.

„Bringt Belthazor wieder auf die Beine.“, sagte er mit einer Stimme, die nun wieder so kalt wie seine Augen war.

Cole wurde unsanft hochgerissen und Jeremyah brachte ihn mit ein paar kräftigen Ohrfeigen wieder vollends zu Bewusstsein.

Er blinzelte aus halb geschlossenen Augen zu Phoebe hinüber. „Schatz...?“

Jeremyah wirbelte herum und rammte ihm ohne weiteres den Ellenbogen ins Gesicht. Phoebe schloss mit einem leisen Wimmern die Augen und biss die Zähne zusammen, als sie hörte, wie Coles Nase mit einem Knirschen nachgab.

„Ist... schon gut, Schatz...“, nuschelte Cole, „N-Nichts gravierendes...“

„Deine Tapferkeit ist erstaunlich, aber im Augenblick fehl am Platz.“ Jeremyah begutachtete interessiert Coles Gesicht und zog einen Dolch.

Phoebe hörte, wie die Klinge aus der Scheide glitt – sie hörte sich sehr lang an. Und sehr scharf.

Cole beobachtete ihn misstrauisch. „Was hast du vor, du verrückter Bastard?“

Jeremyah überhörte seine letzte Bemerkung und wandte sich wieder Phoebe zu. „Hast du deiner Freundin erzählt, was wir von ihr möchten?“, fragte er über die Schulter.

„Ja...“ Cole zucke und verzog das Gesicht. „Aber macht euch keine Hoffnungen, sie ist stark, das wird sie niemals tun..“

„So?“

Jeremyah trat zu Cole hinüber und setzte ihm den Dolch an die Kehle.

„Egal, was wir dir oder ihr antun?“

Phoebe schluckte, doch Cole warf ihr einen warnenden Blick zu.

„Oder...“ Jeremyah wandte sich zu Phoebe um, „Was wäre, wenn nicht ihr beide es seid, auf dessen Leben es hier ankommt, sondern...“

Er wandte sich zu Phoebe um, ballte eine Faust und im selben Augenblick schoss ein stechender Schmerz durch ihren Unterleib, der ihr die Tränen in die Augen trieb und sie mit einem leisen Wimmern in die Knie sinken ließ.

„Lass sie in Ruhe!“, fauchte Cole und im selben Augenblick ließ der Schmerz nach.

Cole verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, als er begriff, was der Dämonenfürst vorhatte.

„Das wagst du nicht.“, knurrte er.

„So?“ Jeremyah hob die Hand.

„Nicht!“ Cole riss die Augen auf. „H-Hör zu, du darfst ihr nichts antun und dem Kind auch nicht, w-wenn es geboren ist, dann wird es ein mächtiges magisches Wesen, halb Dämon und halb eine der Mächtigen Drei, das...“

„Zu einem Viertel Dämon.“, korrigierte Jeremyah mit einem Lächeln und Cole zischte leise bei dieser Bemerkung, doch zum Glück verkniff er sich einen Kommentar.

Phoebe kniff die Augen zusammen. Cole versuchte zwar, ihr Zeit für einen weiteren Fluchtversuch zu schaffen, doch das würde ihm selbst nicht weiterhelfen, das konnte sie nicht verantworten...

Jeremyah hatte Coles Absicht allerdings offenbar bereits durchschaut, denn er warf Cole einen verächtlichen Blick zu.

„Früher hast du zwar oft versucht, deine Intrigen zu spinnen, aber ich hätte nicht gedacht, dass du so tief sinken würdest...“

Cole biss die Zähne zusammen und warf Phoebe einen kurzen hilflosen Blick zu, der ihr durch Mark und Bein fuhr.

Jeremyah strich ihr erneut über die Wange. „Hm... vielleicht sollte ich dich zuerst töten und sie anschließend mitnehmen...“

„Nimm deine Finger von ihr!“, fauchte Cole.

„So?“ Er strich ihr durchs Haar und über den Rücken.

Cole biss sich auf die Unterlippe. Offenbar zweifelte er nicht daran, dass Jeremyah seine Drohung wahr machen würde.

„Hast du eigentlich schon einmal wieder darüber nachgedacht, wieder der Quelle zu dienen?“

„W-Was?!“, entfuhr es Phoebe, die kaum noch zu atmen wagte, „Das wird er nicht! Nie wieder!“

Cole verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Bring Phoebe sicher zu ihren Schwestern zurück, dann tue ich alles, was du verlangst.“

„Red keinen Unsinn, Cole!“, zischte Phoebe, „Das darfst du nicht!“

„Sei still, Phoebe.“ In seiner Stimme schwang eine Ruhe mit, die an Gelassenheit grenzte. „Das ist die einzige Möglichkeit.“

„Inder Tat...“ Jeremyah ließ sie los und ging langsam zu Cole hinüber. „Du bist ein Ehrenmann, und du wirst dein Wort halten, nicht wahr, Belthazor?“

Cole nickte leicht, und Phoebe konnte ihm ansehen, was es ihn für eine Überwindung kostete.

Here I Am

Ein Stoß traf sie zwischen die Schulterblätter und unversehens fand sie sich auf dem Gehweg vor Halliwell Manor wieder. Hinter ihr verschwand die Gestalt Jeremyahs ebenso schnell, wie sie gekommen war, und zitternd ließ Phoebe sich auf die Stufen vor dem Haus sinken.

Cole...

Nein, Jammern half ihr jetzt auch nicht weiter.

„L-Leo...?“

Tatsächlich erschien er vor ihr und sah sie verwirrt an.

„Wer bist du? Und warum höre ich dich?“

Natürlich, sie war ja immer noch sein Schützling!

„Ich bin Phoebe...“ Rasch stand sie auf. „Leo, du musst mir helfen!“

„Was? Hör mal, ich hab’ genug Probleme, wende dich an deinen Wächter des Lichts...“

„Das bist du!“

„Nein, ich habe... ich hatte nur drei Schützlinge, inzwischen nur noch zwei, also bitte... das ist kein guter Witz...“

„Ich bin Pipers jüngere Schwester, Phoebe!“

„Piper hat keine Schwestern außer Paige und Prue...“

„Hör zu! Du hast Piper geheiratet, aber sie hat erst abgelehnt, weil die Ältesten es nicht erlaubt haben, dann hat sie gedroht, ihre Tätigkeit als Mächtige Drei über den Haufen zu werfen und dann haben die Ältesten es euch erlaubt, dann hat sie deinen Antrag angenommen. Prue wurde von einem Kopfgeldjäger der Quelle alles Bösen umgebracht, du kamst zu spät, du konntest nur noch Piper retten...“

Leo verengte die Augen zu schmalen Schlitzen.

„Woher weißt du das alles?“

„Ein Dämon hat euch mit einem Zauber belegt, ihr erinnert euch nicht an meine Existenz...“

„Das ist wohl war, ich habe keine Ahnung, wer du bist. Woher weiß ich, dass du kein Dämon bist?“

„Du hast dich als Handwerker ausgegeben, um unser Vertrauen zu erringen!“

Leo sah sie verdutzt an.

„Ich bin deine Schwägerin, so glaub mir doch! Ich brauche deine Hilfe!“

Nun wurde Leo doch hellhörig: „Hilfe? Wobei?“

„Ihr braucht mich, um die Macht der Drei einzusetzen, aber es geht um Cole...“

„Cole? Cole Turner? Du meinst Belthazor? Hat er dir etwas angetan, ist er hinter dir her?“

„Um Gottes Willen, nein! Das... das erklär’ ich euch drinnen im Haus, bitte hilf mir...“
 

„Wir sollen dir also glauben, dass du unsere Schwester bist, aber ein Dämon uns jede Erinnerung an dich geraubt hat.“

Piper legte die Stirn in Falten. „Außerdem sollen wir dir helfen, deinen Verlobten aus der Unterwelt zu retten, der aber leider der böse Dämon Belthazor ist?“

„Er ist ein Halbdämon.“, korrigierte Phoebe rasch, „Ich sage die Wahrheit, bitte glaubt mir!“

„Du musst zugeben, das alles klingt an den Haaren herbeigezogen.“

„Stellen wir sie auf die Probe.“, schlug Paige vor, „Wenn sie das Buch der Schatten anfassen kann, sagt sie die Wahrheit. Das Buch entzieht sich doch allem Bösen...“

Ein leiser Stich meldete sich in Phoebes Kopf, als sie daran dachte, wie oft Cole versucht hatte, das Buch anzufassen, und es ihm nie gelungen war.

Zwar hatte er immer gescherzt und darüber gelacht, doch Phoebe hatte den Schmerz in seinen Augen gesehen, darüber, dass es ihm dank Belthazor nie möglich sein würde, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen... Sie hatte seine Hand gehalten, wenn er wieder aus den Alpträumen hochgeschreckt war, in die ihn die Gesichter von Belthazors Opfern und ihre Schreie, wenn er sie in Stücke riss, verfolgten, sie hatte ihm versichert, dass diese Zeit ein für allemal vorbei war...

Doch jetzt war er in Jeremyahs Hand und musste einem erzwungenen Treueschwur Folge leisten, daran würde er über kurz oder lang zerbrechen...

„Wenn ihr darauf besteht.“, murmelte sie.
 

„Du wirst gehen und Piper Halliwell töten.“

Vergiss es.

„Warum Piper? Wenn es nur um die Mächtigen-“

„Sei froh, dass ich nicht schon meine Leute geschickt habe, um eine andere der Schwestern zu erledigen!“, fauchte Jeremyah, und Cole fuhr zusammen.

Immerhin hatte er die Gewissheit, dass Phoebe vorläufig in Sicherheit war... aber wenn er eine ihrer Schwestern tötete, dann würde sie ihn hassen...

Aber genau das war Jeremyahs Plan., erkannte er, Verlieren würde er sie so oder so... und ihr Leben war wichtiger als das Pipers... und wenn er erst einmal in ihre Nähe kam...

„Einverstanden.“
 

„Wie willst du deinen Freund denn retten?“

Piper sah vom Buch der Schatten auf und Phoebe griff danach.

„Erst einmal brauche ich einen Spruch, der euer Gedächnis wiederbringt... und dann habe ich irgendwann mal einen Spruch geschrieben, der ihn herbeiruft...“

„Gibt es im Buch der Schatten einen Spruch, der Erinnerungen zurückbringt?“ Interessiert beugte Paige sich über das Buch. „Ich habe meinen Autoschlüssel verlegt und kann ihn nirgends finden...“

„Zur Not schreibe ich selbst einen, aber den müsst ihr dann mit mir zusammen-“

Der Spiegel neben Piper zerbarst klirrend und sie fuhr zusammen.

„Was-“

Leo griff nach ihrem Arm. „Piper!“

Rasch orbte er sie ans andere Ende des Zimmers, um sie aus der Schusslinie eines weiteren Energieballs zu bringen.

Phoebe ihrerseits sah in die Richtung, aus der die Kugel gekommen war – und erstarrte.

Es war Cole.

„Cole!“

Rasch trat sie zwischen ihn und Piper. Immerhin waren seine Verletzungen geheilt – und seine Kräfte waren offenbar wieder vollständig einsatzbereit...

„Cole, was soll das?!“

Er fuhr zusammen, als habe sie ihm eine Ohrfeige gegeben, und wandte den Blick ab.

Sie machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, doch ehe sie ihn erreicht hatte, flog eine Ampulle an ihr vorbei und zerschellte zu Coles Füßen, der sich nicht einmal die Mühe machte, auszuweichen.

„Nein!“ Die letzten Schritte legte sie im Lauf zurück, doch es war nicht rückgängig zu machen – mit einem leisen Stöhnen brach Cole zusammen und Phoebe konnte sehen, wie das Elixier seine Wirkung entfachte, wie seine Kleidung zu rauchen begann...
 

„Phoebe!“

Jemand griff nach ihrer Hand.

„Phoebe, hörst du mich?“

Wohltuende Wärme breitete sich von ihrer Hand aus in ihrem ganzen Körper aus.

Sie riss die Augen auf und stieß Leo unsanft von sich.

„Cole! Wo ist er?! Was ist passiert? Ist er... ist er...“

Die Erinnerung an das Geschehene trieb ihr die Tränen in die Augen.

„Nein, leider nicht.“, knurrte Leo, „Zuerst sah es zwar aus, als hätte es ihn voll getroffen, aber es hat wohl nicht richtig gewirkt – Paige kann das eben noch nicht so gut – es wirkte eher, als würde... was weiß ich, irgendwas entweichen, als wäre er besessen und das wäre vernichtet worden...“

„Großer Gott.“, murmelte Phoebe, „Wo... wo ist er jetzt?“

„Im Keller, eingesperrt. Darryl war so freundlich, uns seine Handschellen zu überlassen. Er hat nicht einmal den Versuch gemacht, zu fliehen, Piper bastelt gerade an einem neuen Vernichtungs- he, warte, wo willst du hin?!“
 

„Cole!“

Phoebe riss die Kellertür auf.

Im Halbdunkeln konnte sie Coles Gestalt erkennen – Leo hatte ihn mit einer Hand an die Heizungsrohre gefesselt und er starrte mit leerem Blick in die Dunkelheit.

Vorsichtig nahm sie neben ihm Platz. „Hey... Cole...“

Er fuhr zusammen und sah sie für einen Moment lang an, als erkenne er sie nicht, doch dann klärte sich sein Blick. „Ph-Phoebe?“

Rasch wandte er den Blick wieder ab, doch sie griff nach seiner Hand und drückte diese. „Hey.“, sagte sie leise, „Bitte sag mir, was passiert ist... wieso wolltest du Piper töten?“

„Weil Jeremyah es gesagt hat.“, murmelte er, „Ich weiß, dass es unverzeihlich war, aber er sagte, er würde dich töten... und schlimmeres...“

Sie strich ihm über die Wange. „Ist ja gut.“, sagte sie leise, „Es war nicht deine Schuld, ihr geht es ja gut...“

Cole grinste schwach. „Schatz, sie wollen mich umbringen.

„Ja... Cole, warum fliehst du nicht?“

„Weil ich an die Heizungsrohre gekettet bin?“ Er sah sie an verwirrt an.

„Na und? Schimmer ins Mausoleum...“

„Das geht nicht.“

Es dauerte eine Weile, bis sie die genaue Bedeutung seiner Worte erfasste.

„Was heißt ‚es geht nicht’?“

Cole hob die Schultern. „Ich weiß es nicht genau, aber meine Fähigkeiten sind verschwunden, alle. Belthazor ist tot, vermutlich hat das Elixier nur meine dämonische Seite vernichtet...“

Phoebe schwankte zwischen Sorge und unbeschreiblicher Erleichterung.

„Cole, das ist...“ „...die beste Nachricht seit langem.“, sagte er leise, „Ich weiß. Aber das wird Jeremyah nicht davon abhalten, herzukommen... dadurch sind wir alle nur noch leichtere Beute. Diesmal dürfen wir nicht den Fehler machen wie beim ersten Mal, ihr müsst ins P3 gehen.“

„Du bleibst auf keinen Fall hier, verstanden?“, knurrte Phoebe, „Ich lasse dich nicht noch einmal allein!“

„Damit habe ich bereits gerechnet.“, murmelte Cole, „Ich weiß, romantisch ist es nicht und auch recht kurzfristig, aber ich werde wahrscheinlich sterben, und ich möchte, dass mein Kind den Namen Turner trägt...“

Vorsichtig sah er zu ihr auf.

„Wäre es möglich, dass wir einen kleinen Abstecher machen?“
 

„Phoebe, was soll das?“

Mit wenigen Schritten war Leo bei ihr und vertrat ihr den Weg.

„Er hat versucht...“

„Das weiß ich, aber dafür habt ihr ja seine dämonische Seite vernichtet. Jetzt lass mich bitte durch, ich will heiraten.“

The Difference between good and evil

„Ich-befürworte-das-überhaupt-nicht!“, knurrte Piper und schloss ihren Mantel, „Nicht nur, dass er mich umbringen wollte, nein, sowas will geplant sein, ihr habt weder Kleid noch Torte noch Gäste, habt ihr überhaupt Ringe?“

„Haben wir.“, sagte Phoebe leise und drückte Coles Hand, „Mehr brauchen wir im Moment nicht, das holen wir alles später nach...“

„Hoffentlich.“, murmelte Cole.

Einzig Paige schien gut gelaunt und lief ihnen fröhlich nach. „Phoebe, wenn er ein Dämon ist – oder besser war, und das tut mir echt leid – wie habt ihr euch dann kennen gelernt?“

„Ähm...“

Sie sahen sich an und Cole begann zu grinsen. „Es war Liebe auf den ersten Blick, könnte man so sagen...“

„Abgesehen davon, dass du mich ein halbes Jahr lang umbringen wolltest.“, schnurrte Phoebe.

Cole grinste schwach. „Das nimmst du mir doch nicht mehr übel, oder?“

„Nein...“

Sie waren angekommen und Cole hielt ihr die Tür zu der kleinen Kapelle auf, doch Phoebe blieb wie angewurzelt stehen, kaum dass sie einen Fuß in selbige gesetzt hatte.

Drinnen herrschte, gelinde ausgedrückt, heilloses Chaos.

Die Bänke waren größtenteils umgeworfen und zertrümmert, die Statuen umgeworfen und zerschmettert, der Altar wies Brandspuren und dunkelrote Flecken auf, die, wie Phoebe hoffte, vom Messwein stammten, der über den Boden und das halb verbrannte Altartuch verteilt war.

Jeremyah selbst hatte es sich auf dem Altar bequem gemacht, lässig an das darauf befestigte Kruzifix gelehnt, ein gefährlich aussehendes Schwert, dessen Griff mit schwarzem Leder umwickelt und dessen Klinge sicherlich doppelt so lang wie Phoebes Unterarm war, auf seine Schultern gelegt.

Die Klinge der Waffe schimmerte blutig-rot und Phoebe entdeckte die enthauptete Leiche des Priesters zu seinen Füßen, wo außerdem zwei Dämonen seiner Leibwache auf den Stufen, die zum Altar hoch führten, hockten.

„Schatz...?“

Cole trat hinter ihr durch die Tür, erfasste die Szene mit einem Blick und zog eine Augenbraue hoch.

„Wow.“

„Ist das alles, was dir dazu einfällt?“, wisperte Phoebe.

Jeremyah begutachtete sie beide abschätzend. „Ihr seid gar nicht zum Heiraten angezogen... wie schade.“

Er richtete sich halb auf, und sein Blick galt nun allein Cole, der mit halb zusammengekniffenen Augen ins Halbdunkel spähte.

Offenbar schien ihn die Tatsache, dass er im Dunkeln nicht mehr sah, mehr zu beruhigen als der Umstand, dass ein Wahnsinniger ihm nicht nur die Hochzeit verdorben, sondern auch noch den Priester hingerichtet und die Kirche verwüstet hatte.

„Was willst du, Jeremyah?“

„Du hast Piper nicht getötet, also bin ich gekommen, um meinen Teil der Abmachung einzuhalten... Ich will nur das Mädchen, dann passiert hier niemandem etwas.“

„Jetzt reicht es aber!“, fauchte Piper, trat an ihnen vorbei und hielt die Zeit an.

Praktischerweise brachte das auch Cole zur Erstarrung, doch Piper beachtete das nicht weiter und ließ einen von Jeremyahs Handlangern mit einer ebenso gereizten Geste explodieren.

Erst jetzt fiel ihr auf, dass Cole ebenfalls erstarrt war, und sie gab ihn frei. „Wer sind diese Spinner?“

„Mein wahnsinniger Halbbruder und sein Gefolge.“, seufzte Cole und fuhr sich durchs Haar.

„Lass uns hier verschwinden, Cole!“ Phoebe griff nach seiner Hand, doch als sie sich umdrehte, stand Jeremyah vor ihr und setzte ihr die Spitze seines Schwertes an die Kehle.

„Nicht so schnell... bitte.“, setzte er mit einem betont freundlichen Lächeln hinzu, „Und von dir verbitte ich mir sämtliche familiären Anspielungen, Belthazor... ah, nein, Coleridge.

Der Name klang wie ein Schimpfwort, und Cole verengte die Augen zu schmalen Schlitzen.

„Was willst du?“, knurrte Piper.

„Ich und dieses... Produkt menschlichen Verlangens hatten eine Abmachung. Leider hat er seinen Teil nicht erfüllt, also werde ich nun den meinigen einfordern – seine Verlobte. Sei so gut und nimm meine Hand, Phoebe.“

„Vergiss es!“, zischte Phoebe, und im selben Augenblick rief Paige „Schwert!“ und die Waffe materialisierte sich in den Händen der jungen Frau, die sie ebenso schnell Cole zuwarf.

Im selben Moment brach Chaos aus.

Jeremyahs Spießgesellen materialisierten sich in allen Ecken, die Luft war erfüllt von schwirrenden Energiebällen, Atamen und Elixieren, und Cole gab ihr einen unsanften Stoß gegen die Schulter, der sie hinter eine der umgestürzten Kirchenbänke stolpern ließ, wo sie sich zusammenkauerte.

„Leo, bring Phoebe in Sicherheit!“, zischte Piper und brachte einen weiteren Dämon zur Explosion, doch ein anderer nahm seine Stelle ein und bald wurde klar, dass sie hoffnungslos unterlegen waren.

Phoebes ganze Aufmerksamkeit jedoch galt Cole, der Jeremyah zum Altar gefolgt war, und gegen seinen Halbbruder trotz seiner fehlenden Fähigkeiten gar keine so schlechte Figur machte.

Leo packte ihren Arm, doch sie löste sich unsanft von ihm. „Hör auf damit! Wir sind wenig genug! Kümmer dich lieber um Paige und Piper!“

Leo seufzte leise, ließ sie jedoch los.

Eine Waffe musste her, sie konnte hier nicht einfach sitzen bleiben...

Phoebe sah sich um und griff schließlich nach dem vielleicht unterarmlangen Kurzschwert eines Dämons, der bereits gefallen war, und da Cole ihr schließlich beigebracht hatte, mit so etwas umzugehen, folgte sie Leo so gerüstet durch die Trümmer zu Piper und Paige.
 

Cole indes fühlte sich so gut wie selten in seinem Leben.

Trotz der Gewissheit, dass er Leo brauchen würde, um seine Wunden zu heilen, hatte der Verlust seiner Kräfte ihn auch von der ständig an ihm zehrenden Bösartigkeit Belthazors in seiner Seele befreit, und das verlieh ihm ein schier unerschöpfliches Maß an Energie.

Hinzu kam der Hass auf seinen Gegner, und, nachdem sich Jeremyah unbewaffnet als definitiv weniger schlagkräftig erwiesen hatte, beinahe überirdische Siegesgewissheit.

Jeremyah fauchte und schoss einen weiteren Energieball auf ihn ab, traf jedoch nicht Cole, sondern einen Dämonen hinter ihm, der gerade zum Todesstoß für Piper angesetzt hatte, und zog sich mit einem weiteren verärgerten Knurren hinter den Altar zurück.

Cole setzte ihm nach und spaltete im Vorbeigehen einem weiteren Dämonen den Schädel.

Als er hinter dem Altar ankam, war Jeremyah verschwunden.
 

„Cole!“

Phoebe tauchte neben ihm auf. „Wo ist Jeremyah?“

„Verschwunden.“, sagte Cole düster und sah sich prüfend um, „Und ich kann mir auch vorstellen, wohin...“

Phoebe folgte seinem Blick – unter dem Altar befand sich eine Falltür.

„In die Gräber?“

„Du sagst es, Schatz.“

Ein Querschläger zischte über ihre Köpfe hinweg und sie duckten sich.

„Du musst da nicht mit runterkommen, Schatz...“

Sie lächelte leicht. „Ich werde dich aber nicht allein lassen.“

Cole seufzte leise. „Irgendwie habe ich das befürchtet... lass uns gehen.“
 

In den Gräbern unter der Kirche war es kalt und feucht.

Immerhin brannten Fackeln an den Wänden, die Jeremyah nicht gelöscht hatte – so mussten sie sich schließlich nicht im Dunkeln vorantasten.

Cole drückte mit einem leichten Lächeln ihre Hand, doch sie konnte die Unsicherheit in seinem Blick erkennen – er hatte Angst um sie.

„Sobald du verletzt wirst, ruf Leo.“, murmelte er.

„Mach ich.“, antwortete sie ebenso leise, „Wo steckt Jeremyah?“

„Ich kann ihn jetzt nicht mehr wahrnehmen, Schatz, das musst du jetzt...“

„Das ist nicht nötig.“

Jeremyah trat hinter ihnen aus dem Schatten und ehe einer von ihnen reagieren konnte, schleuderte er ihnen einen Hagel von Energiebällen entgegen.

„Phoebe!“ Cole packte sie um die Hüfte und warf sie zur Seite, doch er selbst brach in die Knie und Phoebe konnte dunkle Brandflecken auf seinem Hemd erkennen.

„Cole!“, kiekste Phoebe, „Leo!“

Nichts geschah.

„LEO!“

Immer noch geschah nichts.

Jeremyah packte sie an der Kehle und schnürte ihr die Luft ab.

„Leo!“, krächzte sie, doch noch immer erschien er nicht, und ihr ging langsam die Luft aus.

Schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen, als sie ihre Waffe hob und sie Jeremyah bis ans Heft in die Brust rammte.

Der Dämon fauchte unwillig, doch sein Griff lockerte sich und sie fiel zu Boden, wo sie zitternd und hustend liegen blieb.

Jeremyah knurrte leise und hob die Hand, um einen Energieball nach ihr zu schleudern, doch im selben Augenblick konnte Phoebe hinter ihm das Scharren einer Metallklinge auf Stein wahrnehmen und die Waffe zischte durch die Luft, trennte nicht nur die Hand, sondern mit dem selben Schlag auch Jeremyahs Kopf ab.

Cole stützte sich mit einem schwachen Grinsen auf die Waffe und atmete tief durch.

„Gar nicht so schlecht für jemanden, der erst seit sechs Stunden ein Mensch ist.“, murmelte er.

Somewhere

„Hey, Schatz.“

Phoebe murmelte etwas unverständliches und schlug die Augen auf.

Als erstes sah sie nur weiß.

Dann wurde ihr bewusst, dass sie in einem Krankenhausbett lag, und dass Cole neben ihr saß, ihre Hand in seinen Händen, den Oberkörper verbunden und den linken Arm in einer Schlinge.

„Na, wie geht es dir?“

„Ging mir schon besser.“, murmelte sie, „Und selbst...?“

„Ganz gut.“ Er lächelte leicht und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. „Der Arzt hat gesagt, es bleiben vielleicht ein paar Narben zurück, aber nichts Schlimmes... Leo wurde von einem Wächter der Finsternis ziemlich schlimm zugerichtet, aber das wird schon wieder, er hat’s überlebt. Unkraut vergeht halt nicht. Und Paige hat zwei gebrochene Finger...“

„Ah.“, murmelte sie und schloss die Augen wieder.

Cole zögerte einen Augenblick, doch dann legte er sich neben sie und schloss sie in die Arme.

„Schlaf noch etwas, Schatz.“, murmelte er, die Nase in ihrem Haar, „Ihr beide könnt es gebrauchen, du und unsere Tochter...“

„Tochter?“ Phoebe legte ihre Wange an seine Schulter. „Woher weißt du denn das...?“

„Ab dem dritten Monat kann man doch das Geschlecht bestimmen, weißt du das denn nicht?“

„Nein.“, murmelte sie, „Wusste ich nicht...“

Und mit diesen Worten glitt sie in einem tiefen, traumlosen Schlaf hinüber.
 

„Was ist mit Jeremyah? Ist er tot?“

Piper nahm am Fußende von Leos Bett Platz und strich ihrem Ehemann über die Wange. Leo sah zwar immer noch recht blass aus, doch ebenso wie Cole würde er schlimmstenfalls ein paar Narben davontragen – und die Gewissheit, dem Tod ein weiteres Mal von der Schippe gesprungen zu sein.

„Dieser Gedächtniszauber hat jedenfalls seine Wirkung verloren.“, bemerkte Paige und trat mit einem enervierten Stöhnen gegen den Automaten an der Wand, der sich beharrlich weigerte, die Coladose auszuspucken, für die sie das Geld hineingeworfen hatte.

Verstohlen sah sie sich um und orbte die Dose heraus, während sie gleichzeitig einen entschuldigenden Blick nach oben Richtung Ältestenrat warf.

„Es hat sich herausgestellt, dass er ein halber Lazarusdämon war.“, antwortete Cole auf Leos Frage, „Deshalb ist er da, wo er jetzt ist, recht gut aufgehoben. So schnell werden wir ihn wohl nicht wiedersehen...“

„Hoffentlich nie wieder.“, murmelte Phoebe und legte den Kopf an Coles Schulter.

Cole lächelte leicht. „Nie wieder. Versprochen, Schatz. Sie haben ja auch keinen Grund mehr, uns zu verfolgen... zumindest bei mir denken sie, dass ich tot bin.“

„Hmh.“

Phoebe kam ein Gedanke und sie setzte sich auf.

„Cole...?“

„Hmh?“

„Wir waren ja eigentlich aus einem anderen Grund in der Kirche...“

„Hmh.“, murmelte Cole, „Und ich würde jede weitere Gelegenheit nutzen, weißt du? Ich will dich nämlich immer noch heiraten.“

Phoebe lächelte leicht.

„Oh, gut... sag mal, Leo, im Krankenhaus gibt es doch immer Priester, oder?“

Leo hob die Augenbrauen. „Eigentlich nicht zu diesem Zweck...“

Phoebe sah zu Paige hinüber, und diese betrachtete sie beide mit einem leisen Seufzen.

„Also gut, wenn es denn sein muss... willkommen in der Familie, Großer.“

Und zum ersten Mal seit Monaten breitete sich auf Coles Gesicht wieder ein echtes Lächeln aus.
 

Ich habe einen Schatz gefunden und der trägt deinen Namen.

So wunderschön und wertvoll mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.

Du schläfst neben mir ein, ich könnt dich die ganze Nacht betrachten.

Sehn wie du schläfst, hörn wie du atmest, bis wir am Morgen erwachen.

Hast es wieder mal geschafft mir den Atem zu rauben.

Wenn du neben mir liegst, dann kann ich es kaum glauben, dass jemand wie ich so was Schönes wie dich verdient hat.
 

Du bist das Beste was mir je passiert ist.

Es tut so gut wie du mich liebst.

Vergiss den Rest der Welt, wenn du bei mir bist.

Du bist das Beste was mir je passiert ist.

Es tut so gut wie du mich liebst.

Ich sag’s dir viel zu selten: Es ist schön, dass es dich gibt.
 

Dein Lachen macht süchtig fast so als wär es nicht von dieser Erde.

Auch wenn deine Nähe Gift wär, ich würd’ bei dir sein solange bis ich sterbe.

Dein Verlassen würde Welten zerstören, doch daran will ich nicht denken.

Viel zu schön ist es mit dir, wenn wir uns gegenseitig Liebe schenken.

Betank mich mit Kraft.

Nimm mir die Zweifel von den Augen.

Erzähl mir tausend Lügen, ich würd’ sie dir alle glauben.

Doch ein Zweifel bleibt:

Dass ich jemanden wie dich verdient hab.
 

Wenn sich mein Leben überschlägt, bist du die Ruhe und die Zuflucht.

Weil alles was du mir gibst einfach so unendlich gut tut.

Wenn ich rastlos bin, bist du die Reise ohne Ende.

Deshalb lege ich meine kleine, große Welt in deine schützenden Hände.
 

Du bist das Beste was mir je passiert ist.

Es tut so gut wie du mich liebst.

Vergiss den Rest der Welt, wenn du bei mir bist.

Du bist das Beste was mir je passiert ist.

Es tut so gut wie du mich liebst.

Ich sag’s dir viel zu selten: Es ist schön, dass es dich gibt.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  XxDraixX
2011-05-12T17:49:04+00:00 12.05.2011 19:49
Also das ist eine Super Geschichte vorallem weil es hier mit Cole und Phoebe gut ausgeht ^^.
Von:  Katrina_18
2009-01-12T15:37:40+00:00 12.01.2009 16:37
Das ist eine super Geschichte. Ich bin ein großer fan von Charmed. Mach so weiter.
Von:  LexiBlack
2008-03-02T16:42:54+00:00 02.03.2008 17:42
Hey^^ also ich find deine ff echt gut. Die story hat mich echt bewegt..*löl* wirklich...ist wirklich schön deine ff, schreib schnell weiter *wissen will wies weitergeht*
Lg drama
Von: abgemeldet
2008-02-22T17:41:10+00:00 22.02.2008 18:41
Hey auch wenn ich kaum ne Ahnung von der Serie habe, mir gefällt dein kapitel ziemlich gut.^^
Du benutzt ausschlaggebend immer die Königsdisziplin und das freut mich, deine Ausdruckweise und dein idee.
Mach weiter, mich interessiert, wies weiter geht *grins*

By Hisoka


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