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Vermilion

von

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Krieg

Krieg
 

Als ich wieder aufwachte, war es bereits dunkel. Ich erschrak und richtete mich auf, nur um im nächsten Moment wieder nach hinten zu kippen, die Kutsche hatte kurz angehalten und war gleich darauf wieder losgefahren.

Ich brauchte einige Zeit, um zu begreifen. „Die Kutsche ist losgefahren!“

Nervös schälte ich mich aus den Tüchern, in die ich mich gekuschelt hatte. Hatten die Leute mich denn nicht gesehen, als sie losgefahren waren, oder war dies vielleicht eine Entführung?

So oder so, ich musste zum Kutscher. Bevor ich den Stoffvorhang zu Seite zog, atmete ich noch einmal tief ein und machte mich auf das Schlimmste gefasst.

Der Kutscher zog erschrocken die Luft ein, als er plötzlich meinen Kopf neben sich entdeckte. „Was zum?!“

Reflexartig hielt er die Kutsche an. „Wer bist du?“, fuhr der alte Mann mich an. Er hatte graues kurzes Haar und seine Haut war auffällig faltig und braun. Dies war mit Sicherheit ein Bauer, stellte ich erleichtert fest. Seiner Reaktion nach, hatte er nicht gewusst, dass ich an Board war. „Tut mir Leid!“, antwortete ich verspätet, als der Mann mich durchdringend anstarrte.

„Was machst du auf meinem Karren, Mädchen?“, fragte er barsch. Verlegen kratzte ich mich am Kopf.

„I-Ich wollte nur ein Platz zum Verstecken... ich bin eingeschlafen, tut mir Leid!“, nuschelte ich. Der Blick des Mannes wurde sanfter. „Na, da hast du dir ja einen tollen Ort zum Ausruhen ausgesucht. Diese Kutsche fährt bis nach Sarikokar, dass ist eine der abgelegensten Orte überhaupt.“ Ich starrte den Alten entgeistert an. Er fing an zu lachen. „Nun schau nicht so, Mädchen. Bis dahin sind es noch Wochen, wir sind gerade mal einen halben Tag unterwegs, also kann ich dich wieder zurück bringen.“ Ich lächelte dankbar. „Das ist wundervoll! Komme ich dann noch heute an? Meine Eltern machen sich bestimmt sorgen.“ Der Mann rutschte auf seinem Sitz ein wenig zur Seite und bot mir den Platz neben sich an. Wir wurden von eben dem Pferd durch einen dunklen Wald gezogen, dass ich mir im Stall so genau angeschaut hatte, stellte ich fest.

„Heute werden wir nicht weiter reisen, es ist schon sehr spät und ich bin erschöpft. Morgen, in aller Frühe, brechen wir auf, dann bist du gegen Mittag wieder zu Hause, wenn das in Ordnung für dich ist.“ Ich seufzte ein wenig enttäuscht, nickte aber. „Natürlich, vielen Dank. Wie ist Ihr Name?“ Der Alte schaute mich überrascht an. „Was für ein Themenwechsel... Mein Name ist Hama, Mädchen. Wie hat man dich genannt?“ – „Kiraya.“, antwortete ich automatisch. Hama zog die Augenbrauen hoch. „Dieser Name kommt mir verdammt bekannt vor...“ Ich betrachtete mich mit zusammengekniffenen Augen, dann schüttelte er den Kopf. „Was soll’s...“, murmelte er vor sich hin. Hama ließ das Pferd bis zu einem geeigneten Rastplatz weitergehen und band es dann an einem Baum fest.

Er trug mich von der Kutsche und holte danach Decken und einen Schlafsack aus der Kutsche. „Die Nächte können verdammt kalt werden, wenn du willst, kannst du in der Kutsche schlafen. Ich mache uns ein Feuer, das hält die Tiere fern.“ Er schaute sich um. „Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich mich ein wenig umschauen, bevor wir es uns hier zu gemütlich machen, du kannst ja schon mal Brennholz suchen.“, schlug er freundlich vor. Ich nickte. „Aber warum musst du dich umsehen? Hast du dich verlaufen?“ Hama lachte. „Aber nicht doch.“ Er beugte sich zu mir hinunter. „Dieses Gebiet hier ist dafür bekannt, dass Dämonen hier herum streifen.“, flüsterte er bedrohlich. Dann richtete er sich wieder auf. „Aber keine Sorge, mit ein paar von denen werd ich immer wieder fertig!“ Er drehte sich um und ging auf die dunklen Schatten des Waldes zu. „Bleib aber unbedingt hier, Mädchen! Bleib beim Pferd!“

Ich nickte. „Ist mir so wieso zu gruselig hier herum zu schleichen.“, gab ich fröstelnd zu. Hama lächelte und verschwand in der Dunkelheit.

Ich nahm die kleine Öllampe von der Kutsche und suchte nach Feuerholz.

Es tat gut, mal einfach wieder etwas normales zu tun und ich erinnerte mich an ein Sommerferiencamp, dass ich mal besucht hatte. Es war nicht einmal zwei Jahre her und doch schien es mir in einem anderen Leben geschehen zu sein.

Als ich einen ordentlichen Haufen zusammen gesucht hatte, suchte ich nach passenden Feuersteinen. Ich fand keine und entschied mich, ein wenig Magie ein zu setzen.

Außer dem Knistern des Feuers und dem gelegentlichen Scharren von Pferdehufen, herrschte absolute Stille. Selbst der Wind schien still zu stehen, es war unheimlich.

Angespannt lauschte ich in die Dunkelheit um mich herum. Ein Rascheln, ein Knistern, es mussten Tiere in der Nähe sein.

„Ahhrrgh!“

Erschrocken stand ich auf. „Das war Hama!“, dachte ich entsetzt. Ohne zu Überlegen stürzte ich mich in die Dunkelheit, in die Richtung, aus der der Schrei kam.

Ich rannte eine halbe Ewigkeit, wie es mir vorkam. Aus der Ferne hörte ich Kampfschreie, doch als ich versuchte, Hama mit meinem Geist zu erspüren, spürte ich lediglich die Anwesenheit von Dämonen.

Mit stechender Seite und völlig außer Atem, hatte ich Hama endlich eingeholt. Ich schickte meine Leuchtkugel vor, um das Geschehnis besser erkennen zu können.

Hama kämpfte mit einer Horde von Dämonen auf etwas Ähnlichem, wie Pferde. Die Wesen waren kleiner und flinker als normale Pferde und sahen nicht kräftig genug aus, um jemanden zu tragen und doch saßen die Dämonen fest im Sattel.

Hamas Schutzschild geriet schon ins Wanken und er hatte ein paar kleinere Schnittwunden. Sein Gesicht spiegelte blanken Hass wider und immer wieder schoss er lilafarbene Feuerkugeln ab. Die Dämonen hatten keine Probleme damit, seine Attacken abzuwehren und zogen ihren Kreis um ihn enger.

„Aufhören, bitte!“, rief ich ihnen keuchend zu und rannte winkend auf sie zu. Die pferdeähnlichen Wesen wurden unruhig und die maskierten Dämonen drehten sich zu mir um. Undeutlich rief einer von ihnen etwas und dann ging alles Blitzschnell. Einer der Dämonenmänner durchbrach mit Leichtigkeit Hamas Schutzschild und schlug ihn Bewusstlos und zusammen mit einem anderen Dämonen verfrachteten sie ihn auf eines der Wesen. Als ich bei der Lichtung ankam, waren sie schon in der Dunkelheit der Nacht verschwunden und ich stand allein da, keuchend und mit brennenden Lungen.

Ich brauchte ein paar Minuten , um wieder zu Atem und zu klaren Verstand zu kommen.

Warum hatten sie Hama entführt? Er war nur ein alter Mann, ein Händler, und sie hatten nicht einmal seinen Karren ausgeraubt.

Mein Magen knurrte laut in der Stille des Waldes und entsetzt stellte ich fest, dass ich keine Ahnung mehr hatte, aus welcher Richtung ich gekommen war. Ich drehte mich in jede Richtung. Ich war einfach so blind in die Nacht hineingelaufen, mir kam nichts bekannt vor.

Ich ließ meine Lichtkugel dicht über dem Boden schweben und suchte nach meinen Fußspuren. Sie waren nur ganz schwach, aber erkennbar.

Nach etwa fünfhundert Metern hörten meine Spuren auf, der Waldboden war dort so hart, dass keine Spuren mehr erkennbar waren.

Missmutig setzte ich mich an einen Baum. Wohin sollte ich jetzt? Zurück zum Pferd, aber was dann? Ich musste jemanden finden, im Schloss bescheid sagen. Doch was würde in der Zwischenzeit mit Hama passieren? Und sicher würde man die Dämonen abschlachten, wenn man sie fand.

Ich seufzte laut. Warum konnte ich die Dämonen nicht einfach genauso hassen, wie alle anderen Magier? Sicher wäre vieles einfacher, wenn man wüsste, auf welcher Seite man stand.

Die Antwort kam mir natürlich sofort in den Sinn, als ich an Vermilion dachte. Vielleicht waren er und seine Familie ja eine Ausnahme, dürfte ich die anderen dann einfach hassen? Sofort fiel mir Araiko und ihre Tochter Mirave ein. Wie ich es auch drehte und wendete, die Dämonen schienen mir nicht böse zu sein.

Hinter mir hörte ich Hufgetrappel und Pferdeschnaufen. Waren sie noch einmal zurückgekommen, um mich zu holen?

Ich löschte meine Lichtkugel und verkroch mich in den riesigen Wurzeln eines Baumes. Die Pferdgeräusche kamen langsam näher. Das Tier schien auf dem Boden nach etwas zu schnüffeln. Nach mir? Konnten Pferde das überhaupt?

Ich hielt die Luft an, als die Schnauze eines Pferdes neben mir hinter dem Baum auftauchte. Erschrocken wich ich zurück, atmete dann aber erleichtert auf. Neben mir stand die riesenhafte Gestalt von Hamas Pferd und sah mich aus klugen Augen an.

„Ach, du bist es! Du darfst mich doch nicht so erschrecken!“ Ich stand auf und klopfte mir den Dreck von der Kleidung. Mein einst weißer Mantel war zerrissen, grau und befleckt. Mein Kleid sah nicht unbedingt besser aus. Während meines Sprints durch den Wald, war ich an etlichen Zweigen, Ästen und Dornensträucher hängen geblieben.

„Ich habe mir große Sorgen um euch gemacht, was ist mit Hama geschehen?“

„Tut mir Leid! Sie haben Hama einfach..“ Entsetzt drehte ich mich um. Dort stand nur das Pferd. „Hast du...!?“ Das Pferd schnaubte. „Was haben sie mit Hama gemacht?“

„Du kannst ja reden!“ Es sah fast so aus, als hätte das Pferd seine Augenbrauen gehoben. „Was dachtest du denn, natürlich kann ich Sprechen, auch wenn ich keine Stimme habe.“

Ich hatte nicht bemerkt, dass es telepathisch mit mir sprach, denn seine Stimme schien direkt vom Pferd aus zu kommen. Es war die Stimme eines jungen Mannes, wie es schien und doch klang sie erhaben.

„Also, was haben sie mit Hama gemacht?“, fragte er streng. „Sie haben ihn mitgenommen. Ich konnte ihnen nicht folgen, tut mir Leid.“ Das Pferd schnaubte. „Es wäre ziemlich unklug, diesen Leuten zu folgen. Sie kennen kein Erbarmen, auch nicht bei Fohlen.“

„Aber, warum haben sie ihn denn gefangen genommen und nicht gleich umgebracht?“

Das Pferd schnaubte angewidert. „Ich habe von Gerüchten gehört, dass die Dämonen Magier gefangen nehmen, um sie zu Foltern und irgendwelche Informationen von ihnen zu bekommen. Doch manchmal sind sie sogar noch grausamer.“ Ich schaute das Pferd schaudernd an. Etwas Schlimmeres als Folter? „Sie unterziehen ihren Opfern eine Gehirnwäsche und zwingen sie dazu, alle, die sie lieben, zu töten.“ Ich bekam eine Gänsehaut. Das waren nicht die Dämonen, die ich kennen gelernt hatte, das waren wahre Monster. Langsam verstand ich, wie die Menschen in der Stadt fühlten und dachten.

„Kannst du ihnen folgen... äh, wie heißt du eigentlich?“ Das Pferd sah mir tief in die Augen. „Um auf deine erste Frage zu antworten, ich kann jedem überall hin Folgen. Deine zweite Frage ist schon schwieriger zu beantworten. Namen sind für magische Wesen etwas sehr persönliches. Jemanden einer anderen Rasse seinen wahren Namen zu nennen, bedeutet, ihm aus tiefsten Herzen zu vertrauen.“ – „Und warum? Es ist doch nur ein Name, ein Wort, nichts weiter.“ Das Pferd schnaubte. „Mädchen, du scheinst keine Ahnung zu haben. Wenn einer der Dämonen deinen wahren Namen wüsste, könnte er dich auch über eine große Entfernung verfluchen, aufspüren oder was ihm sonst noch einfällt. Er hätte dich praktisch in der Hand!“ Ich hatte wirklich keine Ahnung, woher auch? Es gab in dieser Welt so viele Dinge, die ich schon von Klein auf hätte lernen müssen. Stattdessen brachte man mir völlig sinnlose nichtmagische Dinge bei, die jeder Normalo lernte.
 

Ich bereute diesen Gedanken sofort. Ich hatte eine glückliche Kindheit und hätte mir keine liebevolleren Eltern wünschen können. In Momenten, wie diesen, wo mir alles über den Kopf zu wachsen schien, sehnte ich mich fast nach diesem normalo Leben.

„Es tut mir Leid, Herr Pferd, ich weiß noch so manches nicht. Ich wollte wirklich nicht aufdringlich sein.“, antwortete ich mit einiger Verspätung. Das Pferd sah mich an und wieder schien es, als würde es seine Augenbrauen heben. „Herr Pferd? ... Ich bitte dich, fällt dir nichts Besseres ein?“ Ich grinste verlegen. „Ich bin nicht besonders gut in Namen ausdenken...“ Ich überlegte. „Wie wäre es mit Furie oder irgendsowas? Hm, der weiße Fleck auf deiner Stirn sieht wie eine Sternschnuppe aus, Shootingstar oder Stardust vielleicht.“

Das Pferd scharrte nervös mit den Hufen. „Ich weiß nicht, was diese Namen bedeuten, aber entscheide dich langsam. Ich muss etwas unternehmen!“ Ich nickte ernst. „Du meinst, wir sollten etwas unternehmen. Ich komme auf jeden Fall mit! Ich werde dich einfach Star nennen, ist kurz und leicht zu rufen.“

Star sah mich ernst an. Ich hoffte, dass der Ton in meiner Stimme ihm klar gemacht hatte, wie ernst ich es meinte.

„Nun gut, dann spring auf.“ Star schaute auf seinen Rücken und dann wieder zu mir. Er schnaubte, was eher wie ein Seufzen klang, und legte sich hin. Dennoch fiel es mir schwer, auf seinen Rücken zu kommen. Ich wusste nicht, wo ich mich festhalten sollte, denn er war nicht gesattelt. Als ich endlich aufsaß, erhob sich Star ruckartig und ich fiel fast wieder runter.

„Halte dich gut an meiner Mähne fest, das tut mir schon nicht weh, keine Sorge.“ Gerade als ich nach der Mähne gegriffen hatte, preschte er los. Dafür, das Star so unglaublich groß und stämmig war, lief er in einer Geschwindigkeit, die alles übertraf, was ich kannte.

Ich schmiegte mich eng an seinen Körper, um nicht den Wind ins Gesicht zu bekommen. Die Landschaft um uns herum war nur noch als verschwommene Farben zu erkennen. Wir hatten keine Hindernisse im Weg und mir kam es so vor, als würden wir in Lichtgeschwindigkeit reisen, wie in diesen Science-Fiction Filmen.

Wir waren nicht lange unterwegs und doch kam es mir vor, als wären es Stunden gewesen. All meine Muskeln taten mir von der angespannten Haltung weh und meine Finger schienen eingefroren zu sein.

Star hatte seine Geschwindigkeit auf normale Pferdegeschwindigkeit reduziert und schnaufte erschöpft.

„Wir scheinen in Hamas Nähe zu sein, ich kann sein Blut wittern.“ Ich setzte mich auf und sah mich um. Wir waren noch immer in einem Wald, doch wirkte dieser eher, wie ein Dschungel und trotz der Dunkelheit erkannte man, dass die Bäume nicht in diesem typisch-magischem Blau, sondern ganz normal grün waren.

"Wo sind wir hier, Star?"

"Wir sind hier im Reich der Dämonen. So wie die Welt der Magier, ist auch sie durch gewisse Zauber versteckt. Sie befindet sich übrigens näher an der normalen Menschenwelt als Kigen."

Ehrfürchtig sah ich mich um. "Wenn diese Welt so gut geschützt ist, wie kommt es dass wir hier sind?" Star schnaubte triumphierend. "Ich bin kein gewöhnliches Pferd, Mädchen. In meinen Adern fließt das Blut von Dämonenpferden!"

Ich stutzte. Diese schlanken, kleinen Wesen waren das direkte Gegenteil von Star... "Und jeder, der auf deinem Rücken sitzt, kann in diese Welt?", fragte ich zweifelnd.

Star erhöhte erneut seine Geschwindigkeit und ich klammerte mich fest. "Nein. Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, dass der Schutzzauber dich abhält und du draußen gewartet hättest. Offenbar bist du berechtigt hier zu sein. Ein ranghoher Dämon muss es dir erlaubt haben." Der Ranghöchste sogar. Kan Gorir hatte mir höchstpersönlich die Erlaubnis gegeben, dass ich wieder kommen durfte. "Ja...", nuschelte ich nachdenklich und Star hielt so abrupt an, das ich über seinen Kopf flog und unsanft auf dem Hintern landete. "AUA! Was sollte das?" Star richtete sich drohend vor mir auf und schaute mich eindringlich an. "Bist du ein Spion der Dämonen? Ich habe von Anfang an den Geruch dieser Brut an dir gerochen!"

Verwirrt schüttelte ich den Kopf. "Nein, ich bin kein Spion." Star schnaubte ungläubig. "Aber ich habe dämonische Freunde und bevor du mich verurteilst, ", denn Star wollte gerade nach mir schnappen und ich wich zurück, "sie sind wirklich gute Wesen. Die Dämonen, die ich kenne, sind keine Monster. Sie sind liebenswürdig und ehrlich!" - "Kein Dämon ist ehrlich! Sie alle haben nur das eine Ziel: Magier auslöschen!" Ich schüttelte energisch de Kopf. "Das ist nicht wahr. Sie haben das gleiche Ziel, wie wir alle: Sie wollen überleben! Wie kann ein halbdämonisches Pferd die Dämonen verurteilen?"

Ich war erstaunt, wie viele Emotionen ein Pferdegesicht zustande brachte. In diesem Moment strahlte Stars Gesicht pure Verwirrung aus. Er erwiderte nichts, denn gegen pure Logik war kein Kraut gewachsen.

Langsam trottete er an mir vorbei und drehte sich zu mir um. "Brauchst du eine schriftliche Einladung?" Ich schüttelte lächelnd den Kopf und stieg wieder auf seinen Rücken.

Star verhielt sich äußerst ruhig, er schien angestrengt nach zu denken. Ich ließ ihn das gesagte erst einmal verdauen.

Mittlerweile hatte sich die Landschaft verändert. Vom Mondlicht beleuchtet sah ich die Umrisse von grossen Bergen vor uns. Die Bäume wurden weniger und wichen mannshohem Gras. "Riechst du das auch?", flüsterte ich in Stars Ohr und dieser schrak auf. "Es riecht nach Feuer!", bestätigte er. "Es muss ein Dorf in der Nähe sein."

Unsicher zog ich mir meine Kapuze ins Gesicht. Wie würden Dämonen auf ein Kind das auf einem riesigen, offensichtlich nicht dämonischem Pferd saß, reagieren?

Star ging langsam weiter und versuchte kleiner zu wirken... es gelang ihm nicht!

Das Dorf war von einer zwei Meter hohen Mauer aus morschem Holz umgeben. Am Eingangstor standen zwei Wachen, ich war sicher, dass es Wachen sein sollten, auch wenn sie wie Herumtreiber aussahen. Der eine Dämon bohrte gelangweilt in der Nase und kratzte sich am Kopf. er war äußerst dreckig, aber nichts, im Vergleich zu seinem Kollegen, der sich an die Mauer gelehnt hingesetzt hatte und leise schnarchte. Ich stieg von Star herunter und erreichte das Tor zusammen mit einer Gruppe von Dämonen, die offenbar betrunken waren. Niemand beachtete uns. Das riesige Pferd in ihrer Mitte wäre jedem aufgefallen, doch diese Männer waren viel zu betrunken und die Wachen sahen, zu unserem Glück, nicht einmal auf.
 

Sobald wir das Tor durchquert hatten, setzten wir uns unauffällig von der Gruppe ab und verschwanden im Schatten einer kleinen Lehmhütte. So musste es im Mittelalter im Armenviertel ausgesehen haben, kam es mir in den Sinn.

"Ich werde zu den Ställen gehen und die Pferde befragen. Versuche möglichst unauffällig Informationen über Hama zu sammeln. Ich kann ihn nicht mehr spüren, das ist kein gutes Zeichen!"

Ich bekam ein flaues Gefühl im Magen. Ohne ein weiteres Wort trennten wir uns. Das Dorf war fast dämonenleer. Um diese Zeit schliefen die meisten sicher. Ich bewegte mich leise im Schatten der Gebäude. Es stank an einigen stellen fürchterlich und der Boden war eine einzige riesige Schlammpfütze.

Ich kam mir schäbig vor. Ich hatte einfach alles, was ich mir wünschen konnte und hier gab es anscheinend nicht einmal Toiletten...

"Uff..." Plötzlich tauchte vor mir ein Dämon auf und ich wäre fast mit ihm zusammen gestoßen. "Drankzrk.", entschuldigte ich mich. Vermilions Sprachunterricht trug nun erstmals Früchte.

Im Schein einer Fackel erkannte ich das Gesicht des Mannes. Er war uralt und schien nur aus Falten zu bestehen. Verwirrt schaute er mich an und schenkte mir dann ein zahnloses Lächeln. "Gir szollk menorkz!", krächzte er und schlurfte langsam von dannen. Das bedeutete in etwa: "Nur mit der Ruhe, Liebes" oder "Ruhig Blut, Kleines." Die Dämonensprache ließ viel Platz für Fantasie, was sie ziemlich schwer zu verstehen machte. Je nachdem, zu wem man etwas sagte, konnte ein und der selbe Satz völlig unterschiedliche Bedeutungen haben.

Langsam schritt ich weiter und kam an eine große, leer stehende Fläche, offenbar so etwas, wie ein Versammlungs- oder Marktplatz. In der Mitte brannte ein größeres Feuer, um das sich eine Horde Dämonen versammelt. Sie sprachen ausgelassen miteinander und ich schlich näher heran um sie zu verstehen. Sie unterhielten sich auf dämonisch und ich konnte ihre Sätze nur halbwegs übersetze. Es ging um irgendeinen General und eine Armee.

"Ich hab es gehört, der General plant einen Angriff. Da muss irgendwas in Kigen passiert sein, Leute.", sagte einer der Männer auf dämonisch. "Das wäre doch praktisch Selbstmord! Der General hat noch lange nicht genug Leute, um gegen die feindliche Armee an zu kommen."; erwiderte ein anderer. Ein grauhaariger Dämon mischte sich ein. "Ich habe gehört, dass er eine geheimnisvolle, mächtige Waffe erlangt hat. Ich weiß nichts genaues, aber angeblich soll sie alle Magier vernichten können." - "Idiot! Dann wären doch schon alle erledigt!"

Der restlichen Unterhaltung konnte ich nicht mehr folgen, da alle durcheinander und sehr schnell sprachen.

Dies war der erste Beweis, den ich hatte, dass sich Dämonen und Magier im Krieg befanden. Es gab also einen General und er hatte eine Geheimwaffe? Oder war dies nur ein Gerücht? Ich hoffte es inständig.

Hinter mir fing eine Dämonenfrau an zu schreien. Hatte sie mich erkannt?

Erschrocken drehte ich mich um und sah die Frau in eine andere Richtung laufen.
 

Es war, als würde die Erde beben. Eine Reiterschar aus dreißig Männern auf riesigen, muskulösen Pferden, die Star in nichts nachstanden, ritt mir Fackeln und Schwertern bewaffnet durch das Dorf. In Panik flohen die Dämonen in alle Richtungen. Die Reiter waren mit schwarzen Hauben maskiert und zündeten die Strohdächer an. Überall fing es an zu brennen und der Qualm trieb mir die Tränen in die Augen.

Hustend versuchte ich einen geschützten Platz zu finden, rannte aber stattdessen vor die Füße eines der riesigen Pferde, dass sich drohend aufbäumte.

"Du mieses kleines Stück Abschaum!", erklang eine dumpfe Männerstimme unter der Haube. "Stirb!"

Der Mann holte mit seinem Schwert aus und ich war unfähig irgendetwas zu tun. "Das sind Magier!", wurde mir schlagartig bewusst. Meine zukünftigen Untertanen! Sie griffen ein wehrloses Dorf an, einfach so.

"Zganrikz!", hörte ich eine Stimme schreien und ich wurde von den Füßen gerissen. Das Schwert des Reiters hatte mich nicht getroffen, sondern steckte nun im Rücken des alten Dämons, mit dem ich fast zusammen gestoßen wäre. Der Alte hatte sich mit einer Geschwindigkeit bewegt, die sein Alter lügen strafte.

Der Reiter ritt unbeeindruckt durch die Menge weiter und schlachtete einfach so ein kleines Dämonenkind ab, dass ihm im Weg stand.

Nicht fähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, kroch ich auf den toten, alten Dämonen zu. Er hatte sich einfach so für mich geopfert. Für mich!

Auf dem Gesicht des Alten befand sich ein zufriedenes Lächeln. Er hatte mit deinem letzten Atemzug ein Leben gerettet und dies war ein äußerst ehrenvoller Tod für Dämonen, wie ich von Vermilion wusste.

Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch in diesem Augenblick erbebte die Erde erneut.

Eine Gruppe von über 50 Reitern ritt auf kleinen, schlanken Pferden durch das Tor und sogar über die Mauer hinweg.

Wo ich auch hinsah kämpften Dämonen gegen Magier und mitten unter ihnen schrieen und weinten die Dorfbewohner und rannten um ihr Leben.

Die Angst siegte über meine Fassungslosigkeit und ich rannte blindlings los.

Eines der Dämonenpferde rammte mich im vorbei preschen und ich wurde gegen die Mauer einer Hütte geschleudert.

Endlose Sekunden bekam ich keine Luft mehr und alles drehte sich. Schwankend richtete ich mich auf und sackte wieder zusammen, um mich zu übergeben.

Etwas warmes floss über meinen Kopf in mein Gesicht und ich wischte es achtlos weg.

An die Hauswand gestützt, schwankte ich voran. Ich musste hier weg. Weg von dem Geschrei. Weg von dem Feuer. Weg von dem Tod...

Vor mir stand ein kleines schreiendes Dämonenmädchen. Es war etwa so alt wie Vermilion und stand einfach da, zwischen all den Leichen, und schrie sich die Seele aus dem Leib. Sie blutete aus einigen Schrammen, schien aber nicht weiter verletzt zu sein.

Ein Reiter hatte sie entdeckt und ritt mit erhobenem Schwert auf das Mädchen zu.

Einen Herzschlag lang, sah ich tatsächlich vermilion dort stehen und ich wurde wütend.

"NEIIIN!", schrie ich und errichtete ein Schutzschild um mich und das Kind. Der Reiter stieß mit aller Macht zu und verstärkte sein Schwert sogar mit Magie, sodass es dunkelblau leuchtete, doch es prallte wirkungslos an dem Schild ab.

Nein! Dieses Kind werdet ihr nicht auch noch töten, nicht solange ich lebe!

Ich schlang meine Arme beschützend um das Kind und duckte mich, um den Schild verkleinern und somit Kraft sparen zu können. Tokiro war ein ausgezeichneter Lehrer gewesen.

Der Reiter schlug immer Kräftiger zu, doch ich würde den längeren Atem haben! Plötzlich hörten die Schläge auf und der Reiter brach zusammen. In seinem Rücken steckte das Schwert eines Dämons.

"Nirkgrsk!", rief er und zu, doch ich kam nicht mehr dazu, zu verschwinden, denn im selben Augenblick trafen mich die Hufe eines herrenlosen Pferdes und ich sank in eine schwarze Leere.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-11-04T21:01:54+00:00 04.11.2008 22:01
Wie GEIL.........
Das Kapi war jaa mal voll der Hammer.......
Deine Story wird von kapi zu Kapi spannender........
Bin jaa mal echt toal gespannt von welchem pferd sie da am Schluss umgenietet wurde.......von Star???
Wer weiß......und wie gehts eigentlich Vermillion.......da is jaa schon etwas länger nicht mehr vorgekommen.......irgendwie vermiss ich den kleinen Kerl.......ich mag den voll......
Ich hoffe der spielt bald weider mit........
Bin schon gespannt wie ein Flitzebogen wies weiter geht........
Hoffe des dauert diesesmal nich soo lang.......hatte schon voll entzug.....
Freu mich schon ganz doll aufs nächste Kapi.......
LG Nici


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