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Schattenspiele

Schatten der Vergangenheit fallen in die Zukunft
von

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Airport: Schwarz

Airport: Schwarz

(oder: Wie es dazu kam)
 

Einmal selbst den Boden unter den Füßen zu verlieren war eine völlig neue Erfahrung gewesen. Ein Erfahrung, die dir für einen Sekundenbruchteil einen Einblick in die Angst deiner bisherigen Gegner verschafft hatte. Wäre einfach nur das Gebäude eingestürzt, hättest du dich und deine Teamkollegen wahrscheinlich vor den herumfliegenden Trümmerteilen abschirmen können. Aber durch die Bauweise dieser Kathedrale, den Sturz dem Wasser entgegen, und dem Umstand, dass dein telepatisch Begabter Kollegen vor Schreck geistig um sich schlug und dir der Schmerz einen kostbaren Moment der Reaktionszeit raubte... bekamst du vom eigentlichen Aufprall im Wasser nicht mehr viel mit. Dafür um so mehr vom Aufprall eines der Trümmerteile gegen deinen Kopf und Rücken. Aber nur kurz. Simple Physik. Schweres Steinteil fällt x mal schneller als leichter Mensch. y ist gleich Schmerz- und Schockresistenz, das Ergebnis hier war: Schwärze. Für einen Moment hat es dich sogar amüsiert. Schwarz, Schwärze... für einen kurzen Moment war es einfach nur komisch. Dann war nichts mehr -
 

- bis irgendjemand scheinbar der Meinung war, auf deiner Brust herumspringen zu müssen. Auf den Händen. Und eine Hand hielt deine. Eigentlich wolltest du diese alle Hände und die dazu gehörigen Personen Kraft deiner Gedanken von dir stoßen. Aber irgendwie brauchte der Umstand Atem zu holen deine gesamte Aufmerksamheit. Und Wasser von innen drückte sich gegen die Luft von ausßen. Das Wasser war stärker. Die Hände drehten dich auf die Seite, und für einen Moment war die Welt Schmerz. Aber danach fiel das Atmen leichter. Leicht genug, um ein Wimmern auszustoßen. Jämmerlich. Bisher hattest du noch alle in Angst versetzen können, um nun wie ein kleines Tier zu fiepen. Wenn wenigstens die Worte um dich herum Sinn ergeben hätten. "Er atmet. Ich denke, er schafft es." Zu schwach, um den Kopf zu dem zu heben, der diese Worte aussprach, blicktest du nur zur Seite. In ein erleichtertes Gesicht. Das eigentlich ob des Umstandes, dass du es schaffen würdest, weiter zu atmen, nicht hätte erleichtert aussehen sollen.
 

"- dass er völlig weggetreten ist."

Der Junge drehte sich erschrocken auf seinem Stuhl herum und sprang gleichzeitig auf die Füße. Mit zuviel Schwung, denn er strauchelte und fiel dem Sprecher nach einem gehetzen Blick in dessen blaugrüne Augen direkt vor die Füße.

"Aber Nagi, so unterwürfig kenne ich dich ja noch gar nicht.", stänkerte Schuldig. Stupste den Jungen mit der Schuhspitze an, behielt dabei jedoch die Hände in den Hosentaschen und dachte nicht einmal daran, seinem jüngeren Teamkollegen eine hilfreiche Hand zum Aufstehen zu reichen. Die dieser wahrscheinlich eher abgebissen als angenommen hätte, gemessen an der latenten Mordlust, die in seinen dunklen Augen funkelte. Nur schwer konnte er den Impuls unterdrücken, den Deutschen mittels seiner Telekinese ebenfalls von den Füßen zu fegen. Aber das hätte dieser wahrscheinlich auf telepatischen Wege wenn nicht verhindert, dann doch schmerzhaft vergolten. Nagi rappelte sich leise grollend auf. Er hasste nichts mehr, als wenn andere Schwäche bei ihm sahen. Und das gerade der Deutsche, der sich noch lange über dieses kleine Intermezzo lustig machen würde, ihn so abwesend und unvorbereitet erwischt hatte, wurmte ihn gewaltig. Fast ebenso wie - aber er schüttelte die Erinnerung an seinen Tagtraum ab. Oder eher: an seine Erinnerung.

Flashback nennt man das, Küken, bohrte Schuldig nun auch noch telepatisch an Nagis Nerven. Obwohl er eher darauf bedacht war, dass ihr Teamleader nichts von dem Grund für Nagis Abwesenheit mitbekam. Wenn er es dem Jüngeren auch nicht auf die Nase binden würde, versuchte er doch ab und zu ganz gern, ihn vor dem Amerikaner in Schutz zu nehmen. Oder aber die beiden gegeneinander auszuspielen. Je nach Tagesform eben.

Crawford maß die beiden mit einem abschätzenden Blick, dem Schuldig nur grinsend begegnete, unter dem der Junge jedoch ein wenig zusammen zu schrumpfen schien, hielt er doch viel auf die Meinung seines väterlichen Mentors.

"Wenn ihr Kinder dann genug gespielt habt, wäre schön, wenn du, Nagi, mir die Informationen geben könntest, nach denen du suchen solltest.", bemerkte Crawford scheinbar ruhig.

Nagi schluckte, denn gemeinhin war es nicht als gutes Zeichen anzusehen, wenn die Ader an der Schläfe des Amerikaners zu pochen begann. Zum Glück hatte er die geforderten Informationen gerade heruntergeladen, als er gedanklich abgeschweift war.

Stumm trat er neben den Tisch und deutete einladend auf den Computermonitor.
 

"Du hattest Recht, sie hatte das Land vor knapp einer Woche verlassen." Crawford war näher getreten und Nagi musste sich ein wenig verrenken, um nach der Maus zu hangeln. Er scrollte das Bild auf dem Monitor weiter nach unten und erklärte, "aber laut dieser Einträge wird sie schon morgen von Frankfurt aus zurück nach Japan fliegen. Die vorraussichtliche Ankunftszeit am Flughafen Kansai ist übermorgen, am späten Vormittag."
 

Crawford nickte zufrieden. "Gut. Für den nächsten Schritt unseres Planes bis du verantwortlich, Schuldig." Er sah den Deutschen streng an. "Ich verlasse mich darauf, dass alles nach Plan laufen wird."
 

Schuldig lachte vergnügt. "Keine Angst, Brad. Sowas ist doch meine Spezialität."

Mit einer spöttischen Verbeugung in Richtung seines Anführers zog der Deutsche sich in sein Zimmer zurück, um sich auf seinen Teil des Auftrages zu konzentrieren.
 

Kaum hatte Schudlig den Raum verlassen, wandte Crawford sich wieder Nagi zu. "Was ist los mit dir?"
 

Unter dem forschenden Blick des Amerikaners ließ sich der Junge wieder in den Stuhl sinken. "Nichts", nuschelte er und senkte den Kopf, hoffend, dass Crawford sich mit einer einfachen Ausrede abspeisen ließe. "Ich bin wohl einfach nur müde."
 

Nagi sah nicht, wie der andere die Stirn runzelte. Crawford wusste zwar, dass der junge Japaner ihm etwas verschwieg, wollte ihn aber derzeit nicht zwingen, es preis zu geben. Er hatte bisher keine klare Vision gehabt, inwiefern Nagis geistige Abwesenheit das Team beeinflussen könnte. Also nickte er nur,legte Nagi die Hand unters Kinn und zwang den Junge sanft, ihn anzusehen.
 

"Ich werde dich nicht zwingen, mir zu erzählen, was in dir vorgeht." Sein Griff um Nagis Kinn wurde etwas kräftiger, und der Junge versuchte unwillkürlich, ein wenig zurück zu weichen.

"Noch nicht. Wenn ich allerdings den Eindruck haben sollte, dass es dem Team oder unserem Vorhaben schaden könnte...", er sah Nagi kalt in die Augen, um dessen Kinn loszulassen und ihn mit einem Stoß vor die Brust samt Stuhl gegen den Tisch zu drücken, "dann darfst du dir vielleicht sogar aussuchen, ob ich es aus dir oder aus Schuldig herausprügele."

Nagi schluckte und nickte stumm.
 

Schuldig ließ sich auf seinem Bett zurück sinken und verschränkte bequem die Arme hinter dem Kopf. Löste seine telepathischen Fähigkeiten vorsichtig von seiner näheren Umgebung. Soso, da verkaufte Crawford also seine Haut und fragte ihn nicht einmal vorher. Wenn er später gut gelaunt war, würde er dem Amerikaner vielleicht sogar erklären, was ihren Jüngsten quälte. Oder zuerst in Erfahrung bringen, was Nagi ihm bieten würde, damit Crawford es NICHT erfuhr. Um den Kleinen dann abzukassieren und ihn vielleicht doch zu verpetzen.

Unter solcherlei müßigen Gedanken entspannte der Telepath sich und suchte gedanklich nach einer bestimmtem Person. Dieser Person ein paar unterbewusste Denkanstöße zu geben, war nicht weiter schwer. Wenn alles wie geplant weiter verlief, sollte man das Team Schwarz schon wenige Stunden später wegen eines Überwachungsauftrages kontaktieren.
 

Ein wenig schmollte Schuldig, denn Crawford hatte sich geweigert, ihm den gesamten Plan zu erklären. "Du hörst doch sowieso nur das, was dich interessiert", hatte er gesagt. Und damit nicht ganz unrecht gehabt. Aber es ärgerte Schuldig ein wenig, dass er in den Jahren ihrer Zusammenarbeit genug Respekt vor dem Amerikaner gewonnen hatte, um nicht ungefragt in dessen Geist einzudringen und sich dort mit Informationen zu versorgen. Zumindest selten. Und Schuldig scheute sich davor, den Preis für so erworbene Informationen zu bezahlen, wenn er nicht wusste, ob es sich wirklich lohnte. Zwar hatte er ein etwas ungutes Gefühl bezüglich Crawfords Verschwiegenheit... aber schließlich war nicht er das Orakel, sondern der Amerikaner. Also hielt er sich höflich im äußeren Bereich von Crawfords Geist auf, als er diesem schnell eine positive Bestätigung für den Auftrag mitteilte und sich dann ein wenig in den Gedanken der Menschen treiben ließ.

Hier ein wenig zusah, dort ein wenig manipulierte, sich in Träume einmischte... bis er einen Träumer fand, den er als besonders lohnend erachtete. Der ihn vielleicht sogar schon vermissen würde, wenn er seine Stimme als dessen schlechtes Gewissen aufgäbe. Die Träume des Ran Fujimiya waren für Schuldig noch immer eine besonders lohnende Beute.
 

Crawford traf sich am nächsten Tag mit ihrem Auftraggeber. Zumindest teilte Nagi das Schuldig mit, als dieser sich zu fortgeschrittener mittäglicher Stunde aus dem Bett gerollt hatte und seinem jüngsten Kollegen auf dem Weg zur Küche und zu einem ausgewogenen Frühstück im Flur begegnete. Es wurde wirklich Zeit, dass er sich eine eigene Wohnung suchte. Obwohl auch die aufkeimende Agression in Nagis Gesicht als er Schuldigs angesichtig wurde, die Schuldig deutlich als angstbasiert ausmachen konnte, schon einen hohen Nährwert für den Telepathen hatte.
 

"Komm, Krümel, du darfst mir beim Frühstück Gesellschaft leisten.", grinste er und legte dem deutlich kleineren Japaner die Hände auf die Schultern, um ihn in die Küche zu dirigieren.
 

Nagi wand sich unwillig aus seinem Griff. "Und wenn ich um diese Zeit vielleicht etwas anderes vorhabe?"
 

"Ach ja? Was denn?" Schon als sich ein lauerndes Grinsen auf Schuldigs Zügen ausbreitete, begriff Nagi die Falle, in die er gerade getappt war.
 

"Das geht dich überhaupt nichts an!", fuhr er den Rothaarigen an.
 

In Schuldigs Augen blitzte es boshaft auf, als er, noch immer grinsend, drohend auf den Jungen zutrat. Unwillkürlich wich Nagi vor ihm zurück, bis er bis dem Rücken gegenn die Wand stieß. Der Flur ließ ihm nicht viel Platz, um dem größeren Mann auszuweichen. Er hob die Hände, nicht sicher, ob er Schuldig nur körperlich auf Abstand halten könnte, oder ob er seine Kräfte würde einsetzen müssen.

Aber, aber, schalt Schuldig ihn telepatisch, hat denn der große böse Onkel Crawford dir nicht verboten, deine Kräfte im Haus einzusetzen... und das auch noch gegen ein Teammitglied... Schuldig scherte sich nicht um Nagis zur Abwehr erhobenen Hände, lehnte sich im Gegenteil dagegen und stütze seine Hände neben Nagis Kopf an der Wand ab. Nagi drehte unwillig den Kopf zur Seite, als der Telepath sich zu ihm herabbeugte und er dessen Atem über sein Gesicht streifen fühlte.
 

"Dieses Verbot galt genauso für dich, Schuldig." Nagi zog seine Hände zurück und wand sich unter dem Arm des Telepathen hindurch zur Seite.
 

Schuldig schnaubte amüsiert, unternahm aber keinen Versuch, den Jüngeren aufzuhalten. "Jahaaa... aber doch nicht für simple Kommunikation..."
 

Nagi hob zweifelnd eine Augenbraue, während er in seine Straßenschuhe schlüpfte. "Als wenn du so auffällig wärest, dass man es bemerken würde. Obwohl, Crawford vielleicht."
 

Schuldig zog eine Grimasse ob dieses Vertrauens in die Fähigkeiten ihres Anführers. Aber auch, weil er wusste, wie und warum Crawford gelernt hatte, seine geistigen Mauern gestärtk zu halten und ein eventuelles telepathisches Eindringen sofort zu bemerken. Er schüttelte die Gedanken ab und wandte sich wieder Nagi zu, der inzwischen schon fast aus der Tür heraus war. Kurz strubbelte er dem Jüngeren über die braunen Haare, weil er wusste, wie sehr es diesen ärgerte.

"Du bist froh darüber, dass wir nach Japan zurück gekehrt sind, nicht wahr?"
 

Der Junge begenete kurz Schuldigs nun ernstem Blick, senkte aber dann die Augen und nickte.

"Ja. Aber nicht nur... deshalb", sagte er und deutete vage zur Tür hinaus. "Mir ist klar, dass wir noch immer nicht völlig sicher sind. Aber ich erlaube mir zu glauben, dass durch den kleinen Stunt von Weiß während der Erweckungszeremonie die meisten ß-Mitglieder dieses Landes ausgelöscht wurden." Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß, dass ß uns immer noch gefährlich werden können, wir nicht auffallen sollten etc., dass Rosenkreuz durch die Sache mit Farfarello in Deutschland wieder verstärkt auf uns aufmerksam geworden ist... aber trotzdem fühle ich mich hier in Japan sicherer als in Deutschland. Und das nicht nur, weil ich die Sprache besser verstehe." grinste er.
 

Schuldig nickte nur und sah Nagi nach, als er das Haus verließ, wohl wissen, mit wem der Junge sich treffen würde. Vielleicht brachte seine kleine Verräterei zumindest für ihn positive Effekte. Und sei es nur, dass er Entscheidungen traf, die Crawford sicherlich nicht guheißen würde. Schuldig konnte immerhin überwachen, dass keine wichtigen Informationen ausgetauscht wurden. Oder würde es zumindest wissen, wenn dem so war. Innerlich entschloss Schuldig sich, vorerst zumindest dem Jungen zu helfen, sein kleines Geheimnis für sich behalten. Immerhin konnte es auch für ihn Vorteile bringen.

Ach, Kleiner sandte er Nagi hinterher, während er sich seine Cornflakes schmecken ließ, grüß das Kätzchen von mir...
 

Crawford war ansatzweise schlecht gelaunt, als er von der Besprechung mit ihrem neuen Auftraggeber zurückkam. Hatte erst gedacht, der japanischen Katzbuckelei vor gesellschaftlich Höhergestellten entronnen zu sein, war nur gerade diese wieder vonnöten, wenn er seinen Plan umsetzen wollte. Da hieß es, dem Auftraggeber erst einmal zu gefallen. Oh, und wie positiv hatte der alte Saito es scheinbar aufgenommen, dass Brad Crawford, ein Ausländer, die Sitten und Gebräuche Japans so gut kannte. Dass dieser schon vor den Zeiten bei Takatori durch eine harte Schule dafür gegangen war, musste man ihm nicht unbedingt auf die Nase binden. Was in dem respektvoll gesenkten Kopf vor sich ging, erst recht nicht.

Crawford legte sein Jacket ab und lockerte die Krawatte ein wenig, als er die Wohnung betrat. Er fand Schuldig im Wohnzimmer, den Kopf auf der Sofalehne und scheinbar in Gedanken verloren. Die sicherlich nicht seine waren.
 

"Wo ist Nagi?", fragte der Amerikaner nach einem Blick in das leere Arbeitszimmer. Den Computer verwaist vorzufinden, war ein ungewöhnliches Bild.
 

Schuldig brauchte ein paar Sekunden, um wieder zu sich selbst zu finden, Brad zu registrieren und dessen Frage zu beantworten.

"Aus.", sagte er.
 

Crawford atmete tief ein und lagsam wieder aus, konzentrierte sich darauf, die zu Fäusten geballten Hände wieder zu entspannen. "Das. sehe. ich." Ein weiterer tiefer Atemzug. Schuldig. Das war typisch für den Telepathen. Wenn er nichts hatte, das ihn beschäftigte, machte er sich einen Spaß daraus, seinen Teamleader in den Wahnsinn zu treiben.
 

Scheinbar fiel besagtem Telepathen nun doch langsam der angespannte Grundzustand seines Anführers auf, denn er lenkte ein. "Bin ich meines Bruders Hüter?" spottete er. "Aber ich kann es für dich herausfinden, wenn du willst." Schuldig pokerte gerne gegen sich selbst. Er war schon gespannt, welches Lügenmärchen er Crawford auftischen würde, sollte dieser ihn beim Wort nehmen.
 

Crawford schüttelte müde den Kopf. "Lass. Solange er pünktlich wieder zurück ist." Er ließ sich in einen der Sessel sinken und entschied traurig, dass die Küche und mit ihr eine Tasse Kaffe momentan viel zu weit entfernt waren.
 

Zu seiner Überraschung, nein, zu seinem namenlosen Erstaunen, erhhob sich sein Haustelepath und kam bald darauf mit einer Tasse des lebensspendenden Elixirs zurück.

"Wer bist du, und was hast du mit Schuldig gemacht? Und kann ich nicht lieber dich behalten?"
 

Schuldig lachte. "Vorsicht, ich habe eine Geisel. Oder eher, ein Druckmittel." Er hielt dem Amerikaner die Tasse vor die Nase, sah ihm dabei jedoch fest in die Augen. "Erzähl mir den Plan. Ich will wissen, worauf wir uns da einlassen. Beziehugnsweise, warum wir uns wieder mit jemandem wie Takatori, also mit diesem Saito, einlassen."
 

Brad seufzte. "Warte, bis Nagi zurück ist. Ist möchte das alles nicht zweimal erzählen müssen."
 

Ein hinterhältiges Grinsen erschien auf Schuldigs Gesicht. "Ach, du müsstest es mir nicht erzählen, wenn dir das zu anstrengend ist..."
 

Warnend hob Brad eine Augenbraue. "Halt dich aus meinem Kopf raus, Schuldig. Ich meine das ernst."
 

Schuldig zuckte nur mir den Schultern. "Weißt du, Brad, man könnte direkt den Eindruck haben, dass du mir etwas verschweigen möchtest." Er grinste. "Deswegen hab ich mir die kleine Freiheit genommen, ein wenig im Geist des alten Saito zu stöbern. Und nun sage mir, Brad: Warum lässt du mich diesen alten Zausel beeinflussen, damit er uns den Auftrag gibt, für seine Schwiegertochter Babysitter zu spielen?" Schuldig baute sich vor dem Amerikaner auf und verschränkte die Arme. Crawford seufzte ergeben, er kannte die Launen des Deutschen gut genug um zu wissen, dass dieser jetzt auf einer Antwort bestehen würde. Also gönnte er sich einen Schluck Kaffee, hieß Schuldig, sich zu setzen, und begann seinen Plan zu erklären.
 

Amüsiert beobachtete er das Mienenspiel des Telepathen während seiner Erklärung. Sah Unverständnis, Wut, auch Angst und etwas wie widerwillige Bewunderung mit Panik wechseln. Hielt ihn mehr als einmal nur mit der Androhung köperlicher Gewalt davon ab, einfach aus dem Zimmer zu stürmen. Ließ ihn schließlich im Zimmer auf und ab tigern, damit er seine Aggressionen zumindest ein wenig mildern konnte. Amüsierte sich darüber, wie Schuldig, als er seinen Plan dargelegt hatte, mehrmals ansetzte, etwas zu sagen, ehe er sich wieder auf die Couch fallen ließ, die Ellbogen auf die Knie stützte und das Gesicht und den Händen vergrub. Er stieß einen frustrierten Laut aus, den Brad irgendwo zwischen einem Lachen und einem hysterischen Anfall einordnete, ehe er die Hände in seinen Haaren vergrub und Brad durch seine Arme hindurch ansah. Crawford wusste, dass er den Telepathen auf seiner Seite hatte, als ein schalkhaftes Glitzern in den Augen des Deutschen erschien.

"Wer bist du, und was hast du mit Crawford gemacht?", grinste Schuldig und richtete sich auf.

"Im Ernst, Brad, bist du wahnsinnig geworden? Das klappt nie. Hättest du mich früher eingeweiht, hätte ich dir das sagen können. Du kennst sie nicht."
 

"Aber du.", entgegnete Crawford ruhig. "Und ich habe mir durch Nagis Hilfe Zugriff auf die Akten verschafft, die ß über sie hatte."
 

"Brad, halt den Kleinen da raus. Sowas wie ihn verspeist sie zum Frühstück..." Schuldig schüttelte den Kopf. "Aber abgesehen davon ist dein Plan so verrückt, dass er schon fast wieder klappen könnte. Aber wir müssen vorsichtig sein. Ich schulde ihr noch was..."
 

Brad wollte nachhaken, aber Schuldigs abwesender Blick hielt ihn davon ab. Hätte der Telepath rein auf seine Zeiten bei Rosenkreuz und ß angespielt, hätte er nicht so unentschlossen ausgesehen. Nein, Rache war also nicht Schuldigs Motiv. Andererseits... "Sag es mir, wenn du meinst, dass es unseren Plan beeinflussen könnte." Sein Ton war wieder befehlsgewohnt, seine Schwäche von vorhin abgelegt. Jetzt ging es um eine wichtige Planungsphase.
 

"Ach, jetzt ist es unser Plan?" Schuldig hob abwehrend die Hände. "Das vergiss ganz schnell. Ich arbeite für dich, aber wenn um die Verantwortung für diesen Wahnsinn geht, bleibt die bitte schön bei dir. Falls sie fragen sollte." Wie ungläubig schüttelte er erneut den Kopf. "Es könnte den Plan beeinflussen. Aber trotzdem geht es dich nichts an. Ich kann es nicht fassen, dass ich da mitmache."
 

Crawford war zu dem jüngeren Mann getreten und legte ihm die Hände auf die Schultern, zwang dessen umherirrenden Blick, unter seinem still zu stehen. "Du warst schon immer fast genauso masochistisch wie sadistisch.", versicherte er ihm grinsend. Schudlig schnaubte unwillig, aber der gehetzte Ausdruck hatte seine Augen weitetstgehend verlassen.

"Es muss ja schließlich einen Grund geben, dass ich noch für dich arbeite." Er tätschelte dem Engländer frech eine Hand. Crawford verstand die Geste und ließ Schuldig los. Dieser trat zum Fenster und ließ den Blick nach draußen schweifen. "Aber eins meinte ich ernst, Brad. Halt den Jungen da raus."
 

Wenn Schudlig ernst gemeinte Vorschläge einbrachte (was selten genug geschah), neigte Crawford dazu, diese ernst zu nehmen. Totzdem stellte es ihr Team vor ein logistisches Problem, wenn nur Schuldig und er aktiv an der Personenüberwachung teilnehmen würden. Dieses und kleinere Probleme besprachen sie am Abend in Crawfords Büro. Nagi würde sozusagen als Notschaltzentrale fungieren, falls etwas schief gehen sollte. Eventuelle Notrufe weiterleiten etc. Wenn auch Schuldig unkte, dass es sicher keine Notrufe gäbe, falls wirklich etwas schief laufen sollte. Crwaford meinte nur kalt lächelnd, dass er noch einen Joker in der Hinterhand hätte, um ein ansolutes Fiasko nötigenfalls abzuwenden.

Und wer oder was dieser Joker war, darüber machten sich Nagi und Schuldig lieber keine weiteren Gedanken.
 

"Gut, wenn das alles geklärt ist, schlage ich eine frühe Nachtruhe vor." Crawford überflog noch einmal die Akten vor sich, um sich Termine und Gesichter besser einzuprägen.
 

"Ist das ein Vorschlag, oder ein Befehl?" Schuldig konnte sich die kleine Stichelei einfach nicht verkneifen. Er war nervös wegen des morgigen Treffens mit ihrem Auftraggeber und ihrer "Zielperson". Wenn sie die Frau einfach würden umbringen wollen, würde er das Risiko geringer einstufen. Aber in diesem Fall...
 

Crawford warf ihm einen düsteren Blick zu, während Nagi, ganz entgegen seiner sonstigen Angewohnheiten, ein kurzes Lächeln aufblitzen ließ. Dies wiederum erheiterte Schuldig dermaßen, dass er sich ruhig in seinem Stuhl zurücklehnte, selbst als der Amerikaner seine Akten zusammenschob, sich erhob und um den Tisch herum hinter Schudlig trat. Hätte man annehmen können, er wolle den Jüngeren beruhigen, indem er ihm die Hände auf die Schulter legte, sprach dagegen, dass seine Finger sich in gefährlicher Nähe zum Kehlkopf des Deutschen befanden.
 

"Lass es mich so ausdrücken, Schuldig. Wir müssen für deine Verhältnisse früh am Flughafen sein. Ergo uns noch früher auf den Weg machen. Wenn du also nicht rechtzeitig fertig bist, und mit fertig meine ich präsentabel, mit Anzug und Krawatte..."
 

Schuldig legte den Kopf in den Nacken und grinste unverschämt zu Crawford empor.

"Lass mich raten... dann wirst du derjenige sein, der mir die Krawatte zuschnürt?"
 

"Ganz genau. Schlaf gut, Kinder." Mit einem sanften Druck seiner Hände, der den Telepathen nur ein wenig zusammenzucken ließ und einem Nicken zu Nagi zog Crawford sich zurück.
 

Schuldig wartete, bis Crawford den Raum verlassen hatte, ehe er das Gesicht verzog und sich über sein rechtes Schlüsselbein rieb. Nagi grinste und wollte sich mit einem Nicken in Richtung des Deutschen ebenfalls empfehlen. Dieser hielt ihn jedoch an der Schulter zurück.
 

"Nicht so schnell, Krabbe. Erzähl mir doch erstmal von deinem Date", verlangte der Telepath und grinste wölfisch.
 

Nagi verdrehte die Augen und prüfte unauffällig seine Möglichkeiten, sich von Schuldig loszumachen und schnell genug durch die Tür und näher zu Crawford zu gelangen, damit der Telepath ihn in Ruhe ließe. Scheinbar jedoch nicht unauffällig genug, denn das Grinsen eben jenes Telepathen bekam etwas unbestreitbar lauerndes und sein Griff um den Arm des Jüngeren wurde fester, schon beinahe schmerzhaft. Nagi verzog wütend das Gesicht, seufzte aber ergeben und ließ sich von dem Rothaarigen auf den Stuhl neben ihn ziehen. Ihm war klar, dass er sich Schuldigs Neugier nicht lange würde vom Leib halten können.
 

"Brav so, Krabbe", grinste Schuldig und tätschelte Nagi den Kopf. Was diesen nun doch zu einem Knurren veranlasste. Wütend schlug er die Hand des Deutschen zur Seite. Dieser lachte nur leiste, verschränkte aber brav die Hände auf dem Tisch vor sich und schenkte Nagi einen solch unglaubwürdigen Blick unschuldiger Neugier, dass dieser wieder grinsen musste.
 

"Ärgere mich nicht, Schuldig. Du weißt so gut wie ich, dass 'Date' hier das falsche Wort wäre", sagte er ruhig. "Also behalte deine schmutzige Phantasie gefälligst bei dir."
 

Der Telepath machte ein feierliches Gesicht und hob die rechte Hand. "Ich gelobe feierlich, dich nicht weiter zu ärgern", mit einer schnellen Bewegung hatte er den Arm um die Schulter des Jungen gelegt und ihn zu sich herangezogen, um mit den Fingern leicht auf seine Stirn zu klopfen. "- aber wenn du nicht bald auspackst, packe ich es mir selbst aus."
 

Nagi fuhr erschrocken zurück, und Schuldig ließ ihn los. Der Jüngere rieb sich mit dem Händen über die Unterarme, als wäre ihm kalt, und Schuldig bekam beinahe ein schlechtes Gewissen. Andererseits sollte der Junge nach den Jahren ihres Zusammenarbeitens langsam an seine Launen gewöhnt sein. Dass er jetzt so verängstigt wirkte, verletzte Schuldig etwas, machte ihn aber andererseits auch neugierig, was wohl hier vor ihm verborgen wurde.
 

Nagi schüttelte den Kopf. "Ich weiß auch nicht. Vielleicht tut es einfach gut, mit jemandem zu reden, der nicht zum Team gehört, und trotzdem versteht, was in unserem Leben vor sich geht." Er zuckte in einer hilflosen Geste mit den Schultern. "Ich kann mir ja schlecht Freunde in meinem Alter suchen und mit ihnen, rein hypothetisch natürlich, über das Töten von Menschen reden, oder?"
 

Schuldig verstand die Beweggründe ihres jüngsten Teammitglieds, war aber ein wenig verletzt, dass dieser sich scheinbar weder ihm noch Crawford anvertrauen wollte. Obwohl er es bei genauerer Überlegung verstand. Er achtete nur auf Nagi, wenn es ihm in den Kram passte, und vor Crawford hatte der Junge einfach zuviel Respekt.
 

"Dann pass mal nur auf, dass du nicht über zu vieles redest, Kleiner", scherzte er halb drohend, als er sich erhob, dem Jungen noch einmal durch die Haare wuschelte und sich zur Ruhe bekam.
 

Er sah nicht mehr, wie Nagi den Kopf senkte und bitter den Mund verzog. Was war zuviel? Crawford würde ihn halb tot schlagen, wenn er mitbekäme, mit wem Nagi sich ab und zu traf. Wenn 'halb' noch reichen würde. Es wunderte ihn sowieso, dass ihr 'Orakel' ihn noch nicht zur Rede gestellt hatte. Scheinbar konzentrierte der Mann sich mehr auf den vor ihnen liegenden Auftrag, als auf ihr Privatleben. Darüber konnte er froh sein, und dennoch ängstigte ihn die Aussicht, dass Crawford eine Vision ihn bezüglich empfangen und ihn zur Rede stellen würde. So sehr er den Mann auch respektierte, so wenig konnte er doch dessen Reaktion in dieser Sache abschätzen. Und ob Schuldig ihn vor dieser Reaktion würde beschützen wollen, und selbst wenn er es wollte, könnte, wollte Nagi sich lieber nicht ausmalen. Erst als er sich sicher sein konnte, keinem der beiden Männer mehr im Flur zu begegnen, ging auch er zu Bett, fand aber nicht viel Schlaf in dieser Nacht.
 

Auch Schuldig ruhte lange Zeit eher, als dass er schlief. Er betrieb für ihn anregendes und auch beruhigendes 'Traumhopping', ehe sich endlich der Schläfer, auf den er wartete, zur Ruhe begab.
 

Wie so oft schon sah er Ran Fujimiya auf einem Bett sitzen, dem Bett seiner Schwester. Ein Krankenhausbett. Aber leer. Und diesmal keine Spur des lachenden Mädchens, oder des schlafenden Mädchens.
 

Es wunderte Schuldig immer wieder, denn schließlich hatte er selbst dafür gesorgt, dass das Mädchen aus ihrem komatösen Schlaf erwachte. Aber war ihr Bruder dankbar dafür? Nein. Was daran liegen mochte, dass er keinen Zusammenhang zwischen Schuldigs Zeit mit seiner Schwester und deren Erwachen herstellte. Noch immer quälten ihn Zweifel, quälte er sich mit Selbstvorwürfen, hegte in seinem Unterbewusstsein die Angst, das Aya ihn verstoßen würde, wenn sie erfuhr, wie er die Zeit ihres langen Schlafes verbracht hatte. Eine Angst, die Schuldig zu Anfang amüsiert und die er genährt hatte. Die ihm aber mittlerweile gehörig auf die Nerven ging. Er hatte die Saat des Zweifels ihn Ran Fujimiya genährt, die Dunkelheit ausgebreitet und den jungen Mann darin eingehüllt, immer abwartend, ob dessen Verstand brechen und ihn zum Ausflippen bringen würde. Vorzugsweise blutig, denn mit seinem Katana, dem Werkzeug seiner Rache, konnte der Junge umgehen. Aber mittlerweile war die Rache schal, ihr Nachgeschmack bitter, und das, was Ran angetrieben hatte, seine hilflos im Koma liegende Schwester, in deren Namen er gemordet hatte, aufgewacht. Was blieb ihm noch, außer der Erinnerung? Warum also dieses Beharren auf alten Alpträumen?
 

"Hälst du dich noch immer daran fest, Ran?" Schuldig war hinter den Träumer getreten, stützte die Unterarme auf dessen Schultern. Dieser, den Blick starr nach vorn gerichtet, reagierte nicht direkt auf ihn. Wie schon so lange nicht mehr. Schuldig spürte mehr, als dass er es hörte, wie die Gestalt des jungen Mannes seufzte und in sich zusammensackte.
 

"Das wird langsam langweilig, weißt du?" wisperte Schuldig ihm ins Ohr, versuchte ihn zu reizen. Strich ihm das kurz rote Haar aus der Stirn. Keine Reaktion. Schuldig kniete sich hinter dem jungen Mann auf das Bett und überlegte, wie er ihn quälen sollte, welche Bilder er aus dessen Unterbewusstsein ziehen sollte. Durch diese kurze Abwesenheit überraschte es ihn um so mehr, dass die Gestalt vor ihm sich plötzlich zurücklehnte, sich beinahe schon nach hinten fallen ließ, den Kopf auf seiner Brust ruhen ließ.
 

Vorsichtig, um den Träumer nicht zu verschrecken, schloss Schuldig seine Arme locker um ihn. Dieses Spiel bot ihm ganz neue Möglichkeiten, wenn er geschickt spielte.
 

"Such dir etwas neues, Ran. Halt nicht an deiner Angst vor ihrer Ablehnung fest."
 

Der Träumer lachte bitter auf.
 

"Ich habe mich an der Rache festgehalten. Mir eingeredet, ich täte es für sie. Die Rache hat nichts geändert. Ich habe gebetet, dass sie wieder aufwacht. Aber dass sie es wirklich tun würde, damit habe ich nicht gerechnet, niemals wirklich. Es passt nicht ins Bild, verstehst du? Sie wird ihr eigenes Leben führen, ohne mich. Ich kann mich nicht mehr hinter ihr oder meiner Rache verstecken."
 

Schuldig strich über die Wange des Mannes, der sich hier so vertrauensvoll an ihn schmiegte. Überraschten ihn die Tränen? Nein. Wohl aber dies nächsten Worte des Träumers.
 

"Woran soll ich denn jetzt festhalten? An dir?"
 

~*~
 

Früh am nächsten Morgen erwachte Nagi kurz von den vertrauten Geräuschen, als Crawford aufstand. Er sah auf die Uhr, beschloss, dass er noch fast eine Stunde liegen bleiben konnte und schlummerte weiter. Bis ihn wüstes Gezeter aus eben jenem Schlummer riss und er grinsend feststellte, dass Crawford es scheinbar nicht dem Zufall, oder schlimmer, dem Telepathen selbst überlassen wollte, ob Schuldig pünktlich aufstand. Er wartete vorsichtig ab, bis diese Naturgewalt der schlechten Laune, die Schuldig war, wenn er vor einer zweistelligen Uhrzeit aufstehen musste, krachend die Badezimmertür hinter sich zuwarf, ehe er sich zu Crawford in die Küche gesellte.
 

"Alles in Ordnung?", fragte er den Amerikaner grinsend.
 

Dieser senkte seine Kaffeetasse und sah über seine Morgenzeitung zu Nagi. "Du weißt doch, seit er einmal versucht hat, mir in die Hand zu beißen, bewerfe ich ihn nur noch von der Tür aus mit Gegenständen."
 

Nagi lachte und machte sich einen Tee. Trotzdem erinnerte er sich daran, wie Crawford Schuldig damals die Beißattacke vergolten hatte. Nein, beißen würde er ihren Teamleader sicherlich nie wieder. Kurz darauf schlurfte ein noch immer missgelaunter, aber scheinbar nicht mehr bissiger Deutscher in die Küche. Sein rotes Haar, vom Waschen noch feucht und dunkel, bildete einen angenehmen Kontrast zum dunklen Grün des Anzugs, dessen Jacket er lässig über die Lehne seines Stuhles warf. Die Krawatte noch schlampig um den Kragen des hellgrünen Hemdes gelegt, grunzte er Nagi kurz begrüßend zu und funkelte den Amerikaner wütend an.
 

"Ich hätte noch mindestens zwei Stunden schlafen können. Was soll diese Psychofolter?", ereiferte er sich.
 

Der angesprochene Folterer lächelte nur düster. "Ich hätte mit mehr Widerstand deinerseits gerechnet, das war zeitlich schon eingeplant." Er nahm einen Schluck Kaffe. "Du wirst lahm, Schuldig. Verlierst sozusagen deinen Biss."

Nagi verschluckte sich fast an seinem Tee, von Schudlig kam nur ein dunkles Grollen.
 

Crawford grinste. "Aber so kannst du nach dem Frühstück die Akten nochmal durchgehen." Sein Blick verdüsterte sich etwas. "Richte dich außerdem darauf ein, dass wir auf mindestens einen Weiß treffen werden."
 

Schuldigs düsterer Blick erhellte sich mit einem sardonischen Grinsen, aber Crawford hob abwehrend die Hand. "Zum Spielen bleibt keine Zeit, kümmere dich im Fall des Falles also ruhig und gesittet darum."
 

Schuldig schob spielerisch die Unterlippe vor, während er sich Cornflakes und eine Tasse Kaffee schnappte. Crawford lächelte kalt.
 

"Spar dir die Schmollerei. Ich denke, du wirst schon bald Gelgenheit bekommen, mit dem einen oder anderen Kätzchen zu 'spielen'", tröstete er kalt. "Und bind dir die Krawatte ordentlich. Du weißt doch - sonst tue ich es."
 

Schuldig lachte und machte sich daran, sein Frühstück zu verputzen. Nachdem er sich die Krawatte ordentlich umgebunden hatte.
 

Crawford ließ Schuldig zum Flughafen fahren, vorrangig, damit der Telepath etwas hatte, worauf er sich konzentrieren musste, und ihn nicht wahnsinnig machte, indem er aufzählte, was denn so alles schief gehen konnte. Selbst beim Fahren motzte dieser noch leise, oder eher, nicht ganz so leise vor sich hin, während sie durch den aufkommenden Berufsverkehr zum Flughafen schlichen. Irgendwann reichte es Crawford, und er wies den Deutschen zischend darauf hin, dass er auch des Lesens mächtig war, wahrscheinlich sogar besser als dieser selbst, und sich der Risiken durchaus bewusst war. Vor allem, dass seit beinahe sechs Jahren nur noch sporadische Einträge über ihre Zielperson in den Akten von ß existierten. machte den Amerikaner nervöser, als er sich selbst und vor allem dem Telepathen eingestehen wollte. Es machte die Einschätzung und das Erstellen eines psychologischen Profils ihrer Zielperson deutlich schwieriger.
 

Schuldig schmollte ob des scharfen Tonfalles, verhielt sich aber für den Rest der Fahrt ruhig. Vor dem Flughafen parkte er sehr phantasievoll auf einer nicht ausgezeichneten Parkfläche und überzeugte den herbeieilenden Ordnungshüter im Vorbeigehen telepatisch von der Richtigkeit seines Parkstiles. Crawford schüttelte zwar den Kopf, ließ Schuldig die Kinderei aber durchgehen. Zumal sie so wirklich einen wesentlich kürzeren Weg zu Fuß zurücklegen mussten.
 

Das Treffen mit ihrem Auftraggeber verlief oberlfächlich reibungslos. Schuldig wies Crawford zwar telepatisch auf den kleinen Weißspäher hin, aber als dieser widerstandslos das Gebäude verließ, kümmerte Crawford sich nicht weiter darum. Nichtssagende Floskeln wurden ausgetauscht, und Crawford nutzte die Gelegenheit, sich die Männer vor sich genauer anzusehen. Der alte Saito verließ nie ohne mindestens zwei seiner Leibwächter das Haus. Diese beiden streifte er nur mit einem oberflächlichen Blick. Sie waren gut, das musste er ihnen lassen, fielen nicht sofort als Wächter auf. Wenn man nicht wusste, worauf man zu achten hatte, hätte man sie auch für niederrangige Geschäftspartner halten können. Dass Katsumi Saito selbst am Flughafen auftauchte, um die geflüchtete Schwiegertochter wieder in Empfang zu nehmen, wunderte ihn. Die Anwesenheit seines Sohnes Masaru war daher schon leichter zu erklären. Hätte er nicht die Akten sorgfältig verinnerlicht, wäre ihm nicht aufgefallen, dass der junge Mann blind war. Nichts an seiner Haltung verriet etwas davon. Saitos Stellvertreter, Hideo Nagata, dagegen ließ in Crawford eine Saite unangenehm schwingen. Er beschloss, den Mann mittleren Alters besser im Auge zu behalten.
 

Man vertrieb sich die Zeit mit sinnlosem Smalltalk, allerdings machte Saito noch einmal unmissverständlich klar, dass er eine Überwachung seiner Schwiegertochter rund um die Uhr wünschte. Crawford nickte nur kurz. Schuldig langweilte sich bald und überließ es Brad, Konversation zu betreiben. Er berührte kurz den Geist des jungen Saito, schauderte aber ob der Fremdartigkeit von dessen Wahrnehmung. Der Mann war von Geburt an blind, aber trotzdem lag noch etwas in seinen Gedanken, das Schuldig stutzen und sich zurückziehen ließ. Noch mehr erschreckte es ihn allerdings, dass der junge Japaner blicklose braune Augen kurz auf ihm ruhen ließ und ihn kalt anlächelte. Als hätte er gemerkt, dass Schuldig sich in seinen Gedanken umgetan hatte.
 

Schuldig war froh, dass mittlerweile der erwartete Flieger gelandet war und sie nun am Ausgang der Gates auf ihre Zielperson warteten. Er hielt die anderen Menschen am Flughafen unbewusst ein wenig auf Abstand, so dass ihre kleine Gruppe eine Insel blieb im Strom der Heimkehrer und derer, die sie begrüßen wollten. Wie auch die anderen Männer hielt er nach der hochgewachsenen blonden Frau Ausschau.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  novembermond
2008-06-03T17:46:18+00:00 03.06.2008 19:46
♥
ich kann gar nicht sagen, wen du besser schreibst, Crawford, Nagi, Schuschu oder Aya... wahrscheinlich alle. *squee*
mehr davon bittebitte


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