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Piratenblut / Familienbande

Dein Schicksal ist die See
von

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Prolog

Liebe Serenity,
 

verzeih´ das ich mich nicht meldete, ich weiß du hast jeden Tag auf eine Antwort gewartet. Verzeih´ das ich dir Sorgen gemacht habe.
 

So möchte ich dir versichern, mir geht es gut. Doch um ehrlich zu sein und verzeih´ meine nicht vorhandene Disziplin in diesem Falle, doch mir geht es überhaupt nicht gut. Ich weiß ich sollte nicht darüber schreiben und Haltung bewahren, aber ich weiß du wirst es mir vergeben.
 

Denn diesen Brief habe ich aus keinem glücklichen Anlass verfasst und es fällt mir schwer jedes einzelne Wort zu schreiben, doch möchte ich nicht, dass du es von Vater erfährst. Ich habe meinen Dienst bei der Royal Navy quittiert und bin, so schemenhaft das aus sein mag, in Tortuga.

Doch bitte richte nicht über mich, weißt du doch nicht was vorgefallen ist. Ich weiß ich hätte niemals meine Haltung verlieren dürfen und schon gar nicht diesem Leben hier zu sprechen dürfen, doch ist es eine gute Art zu vergessen. Ja, Schwester, liebste Schwester, ich will vergessen. Nicht dich oder Erinnerungen meiner Vergangenheit, nein den Schmerz, das Leid, die Kränkungen der vergangen Zeit.
 

Auch muss ich dich ein weiteres Mal enttäuschen, verzeih´ meine Inkompetenz, doch wird meine Hochzeit mit der ehrenwerten Miss Swann nicht stattfinden. Hat sie sich doch für diesen Schmied Will Turner entschieden und mich vor der gesamten Royal Navy bloßgestellt, indem sie sich auf die Seite dieses vermaledeiten Piraten Jack Sparrow stellte.

Entschuldige meine niedere Sprache, doch weiß ich nicht, wie ich meine Situation anders darlegen soll, damit du sie verstehen kannst.
 

Verzeih´ mir kleine Prinzessin, ich weiß ich hatte dir versprochen dich mit nach Port Royal zu nehmen, doch weiß ich nicht, wann ich dazu in der Lage bin. Sag Mutter bitte, dass es mir Leid tut, habe ich doch Schande auf unser Haus gebracht und sage Vater, dass es mir Leid tut, ihm nicht den nötigen Respekt gezollt zu haben.
 

Serenity, ich hoffe du wirst mir verzeihen können, auch wenn mein Fehlverhalten unverzeihlich ist. Doch werde ich versuchen alles wieder in Ordnung zu bringen. Ich werde mich für mein Verhalten entschuldigen und einen Weg finden, die Ehre unseres Hauses wieder herzustellen. Lord Beckett ist auf der Suche nach etwas und Jack Sparrow ebenfalls. Da er wohl bald hier einlaufen wird, werde ich alles daran legen, dass zu bekommen, was Lord Beckett will und dann werde ich wieder in die Navy eintreten und unserer Familie Ehre machen.

Also sei nicht traurig Serenity, denn nichts liegt mir ferner als dich traurig zu machen. Und bitte mache dir keine Sorgen um mich, solltest du dich doch nun um deine Vermählung und um einen gescheiten Gatten kümmern, obwohl niemand in der Welt dich wirklich verdient hat.
 

Eine letzte Bitte habe ich noch an dich. Verurteile Elizabeth bitte nicht, kann sie doch nichts für ihre Gefühle. Ich weiß du mochtest sie nie und warst nie von meiner Idee begeistert, doch bitte richte nicht über sie. Wird sie doch an deiner Hochzeit teilnehmen und eine wichtige Rolle spielen. Wie gerne ich an diesem Tage an deiner Seite stehen würde und dich zu deinem Bräutigam leiten möchte. Darum verspreche ich dir, werde ich alles daran legen wieder Ehre zu erlangen und diese Schmach vergessen zu machen. Denn ich werde dich zu deinem Bräutigam führen, so wie du es dir immer gewünscht hast.
 

Doch nun kleine Prinzessin muss ich diesen Brief beenden, denn ein schreibender, gebildeter Pirat fällt doch sehr auf. So hoffe ich, dass du mir verzeihen kannst und ich verspreche dir, ich komme dich so bald wie es mir möglich besuchen und zeige dir Port Royal.
 

In Liebe,

James Norrington

Marinekind

„[..] Denn meine Barke ist mein Reichtum, denn mein Gesetz ist mein Begehr, mein Gott der Wind, mein Recht die Freiheit, mein einzig Vaterland das Meer […]“ – Richard Dehmel, Der Pirat
 

Die Karibik, dass waren viele kleine, zum Teil noch nicht entdeckte Insel. Reiche Einwanderer, oder auch Besetzer aus Europa, Engländer, Spanier, Franzosen und wie sie alle heißen mochten. Schätze und Rum, unendlich viel Rum. Piraterie, Handel, Schlachten und unerbitterte Kämpfe. Aber vorallem, vor alle dem war die Karibik tiefes unendlich weites himmelblaues Meer. Sie war Freiheit, mein Zuhause. Dort wuchs ich auf einer kleinen Insel auf den Islas del Rosario, südwestlich von Cartagena de Indias auf. In dem kleinen Dorf namens „Ilusión“, welch treffliche Bezeichnung, wie ich selbst finde. Als zweites Kind eines Marineoffiziers wurde ich zu Disziplin und stetiger Haltung zu jeder Zeit erzogen. Respekt vor jedem, egal welchen niederen Rang er auch besaß. Doch nun finde ich mich unter einem Haufen Piraten wieder, einer Meute zivilisationsfremder Verbrecher, ohne jeden Anstand, jede Würde oder Stolz, auf einem Schiff voll beladen mit Kanonen, Schießpulver und Schwertern. Sie waren nichts weiter als ein Haufen dreckiger Taugenichtse und doch waren sie der Schrecken der Royal Navy. So oft waren sie schon in die Enge getrieben worden, doch nie gefasst. Nach zehn Jahren an Bord, nach zehn Jahren unter ihnen, war ich nun ein Teil von ihnen geworden. Ein Teil „ihrer Familie“, wie sie es nannten und führte ein so „gottesfeindliches Leben“, wie mein Vater immer sagte. Ein Leben, das ich niemals führen wollte und dem ich doch letztendlich nicht widerstehen konnte. Wurde ich doch von dem disziplinierten, der Krone ewig treuen Kind eines Marineoffiziers zu einem Verbrecher, einem Gesetzlosen, einem Verräter von Gottes´ Gesetz, einem „elenden Hund“, wie mein großer Bruder Piraten immer nannte. Nach zehn langen Jahren der Suche nach einer Antwort, die ich vielleicht niemals finden werde und die mich, wenn ich sie finde, wahrscheinlich töten würde, weil sie zu schmerzhaft ist um sie ertragen zu können. Nach zehn langen Jahren der Gesetzlosigkeit, zehn langen Jahren der Suche, zehn langen, verdammt langend Jahren des Kampfes und der Entbehrungen war ich nicht mehr, nicht einmal in irgendeiner Weise mehr das Kind eines Marineoffiziers, ein Diener der Krone.

Ich starre wieder auf das endlos weite Meer hinaus mit den Gedanken an meine so verworrene und schmerzvolle Vergangenheit. Kühler Wind fährt mir durch das mit einem Band zusammengebundene schulterlange braunen Haaren, das ich mit einem Tuch nach hinten unter dem alten Lederhut gebunden habe. Der salzige Geschmack des Meeres legt sich in meinen Mund und ich fühle mich wieder frei. So, wie jeden Morgen, wenn ich mich an die schwarze Reling der „Black Pearl“, des wunderschönsten Schiffes der ganzen Welt stelle und auf meine Heimat, das Meer, schaue. Das schwarze Holz ist von den vielen Schlachten die wir geschlagen haben gezeichnet, schwer gezeichnet. Mit meiner rechten Hand fahre ich über die Kerben in der schwarzen Reling, taste jede langsam ab und auch wenn es mir weh tut, wie die alte Lady leidet, so muss ich doch lächeln. Ich muss an jede Schlacht denken in die sie uns geführt hat, an alle Inseln und Ziele und an das Zuhause, das sie uns gibt. Für einen Außenstehenden ist es schwer zu verstehen, wie sehr man ein Schiff lieben kann, wie sehr man sich mit ihm verbunden fühlt. Doch wer auch nur einen Monat, ein Jahr auf einem Schiff segelt, auf der Black Pearl segelt, der wird verstehen, wie wunderbar dieses Gefühl ist. Dieses Gefühl der Freiheit. Dieses Gefühl der Geborgenheit.

„John!“, ruft mir eine heitere Männerstimme zu und ich weiß sofort wer es ist, ohne mich auch nur umdrehen zu müssen. Ebenso weiß ich, dass er wankenden Schrittes, mit zurückgelehntem Oberkörper, ausgebreiteten Armen und einem Lächeln auf seinen Lippen auf mich zugewankt kommt, „Bist du auch so erfreut wie ich?“ Und wie ich es schon ahnte, legt er seine beringte und sonnengebräunte Hand auf meine Schulter. „Aye Captain“, sage ich lächelnd, obwohl ich weiß, dass er sich wieder Ärger einhandeln wird, wie jedes Mal wenn wir dort ankern, „Wer ist das nicht?“ Mit einer fließenden Bewegung drehe ich mich um, um meinem, gut einen Kopf größeren, Captain anzuschauen. Seine braunen, schwarz umrandeten Augen blitzen unter seinem Lederhut und seinen zum Teil zu Rasterlocken gewordenem Haar aus seinem gebräunten Gesicht heraus. „Hmm…vielleicht bist du es ja“, entgegnet er und seine Augen verziehen sich zu Schlitzen, während er belehrend mit dem linken Zeigefinger vor meinem Gesicht rumfuchtelt, „Denn er, der er nicht erfreut ist dort hinzufahren, würde ja nie zu geben das er nicht erfreut ist dort hinzufahren, da alle andern ja erfreut sind und der der nicht erfreut ist ja nicht die Freude derer, die sich freuen dort hin zu fahren, auf das zerstören wollen würde auf das er sich nicht freut, aber sich die anderen freuen. Ist es nicht so?“
 

>Oh Captain, du hast zu viel Freizeit<
 

Ich lächle ihn an, „Genau!“ Ein verwirrter Blick meines Gegenübers trifft mich. „Was?“ „Nichts Johnny….- boy“, grinst er zugleich und seine Goldzähne blitzen in der Sonne auf, als er seinen Arm um meine Schulter legt und mich ein wenig über das Deck zieht, „Weißt du…Johnny…alter Kumpel…Wie du ja weißt laufen wir bald in Tortuga ein…schönes Städtchen…viele Frauen…“ „Captain, ich kenne Tortuga“, löse ich mich aus seinem Griff und schaue ihm in seine dunkelbraunen Augen, welche, wie ich verständnisvoller Weise bemerken muss, eine unglaubliche Anziehungskraft auf Frauen auswirken, „Was ist los?“ „Warum denkst du immer, dass ich etwas von dir will, wenn ich nett zu dir bin?“, fragt er vorwurfsvoll und mit Unschuldsmiene, „Sei doch nicht immer so navy-ich!“ Navy-ich! Welch ein Hohn! Dieses Wort hatte er selbst für mich erfunden, verhalte ich mich doch manchmal wie ein Anhänger der Navy! Unverschämtheit! Bin ich doch mehr Pirat als einige Mitglieder seiner Crew, vielleicht sogar mehr Pirat als er! Aber ich werde mich von ihm nicht provozieren lassen! „Was willst du Jack?“, hake ich unvermittelt nach, schaue ihm starr in diese tiefbraunen Augen, in denen man so leicht versinken kann und muss mich konzentrieren ihrem Bann nicht zu erliegen. Er winkelt seine Arme an und hebt sie, während er sich in einer fließenden Bewegung umdreht und über seine Schulter auf mich schaut, „Weißt du John, du als First Mate…“, er macht einige Schritte auf das Ruder zu, „Musst deinem Captain ja immer zur Seite stehen“ „Wie viel?“, erkundige ich mich leicht stöhnend, obwohl es mir hätte klar sein müssen, dass er wieder Geld von mir braucht. Ist es denn nicht immer so? „Wieso denkst du ich will Geld von dir?“, entgegnet er und dreht sich wieder um, eine Hand auf das Ruder legend. Ich folge ihm und schaue ihn an, „Weil du mich immer um Geld bittest, bevor wir in Tortuga einlaufen?“ „Stimmt schon, ABER….“, er streckt wieder seinen Zeigefinger aus und lehnt sich leicht mit seinem Oberkörper nach vorne, „Was ich eigentlich brauche sind Informationen“ „Und?“, frage ich ihn auffordernd. „Na ja, da kommst du ins Spiel! Du besorgst mir die Informationen die ich brauche“, erklärt er grinsend. „Und warum kann der große Jack Sparrow“, fange ich an, werde jedoch von ihm unterbrochen, „Captain Jack Sparrow, Captain!“ „Ja ja, Wieso kann der große CAPTAIN Jack Sparrow sich diese Informationen nicht alleine besorgen?“ „Weil der nette John Every gute Kontakte hat und diese um einiges hilfreicher sein werden, als diese des Captains, savvy?“, entgegnet er und richtet sich wieder auf. „Navy?“, erkundige ich mich kurz und wenig überrascht. „Aye“, gibt er kurz zurück und setzt ein zufriedenes Lächeln auf. „Jack, du weißt ich hab nichts mehr mit diesen Leuten zu tun“, gebe ich ihm zu bedenken, aber es scheint ihm egal zu sein. „Ich will ein paar Informationen bezüglich eines alten Freundes von mir“, fährt er unverändert vor, „Die Navy wird wohl einige Unterlagen über seinen Verbleib haben…vorausgesetzt sie ist so ordentlich wie immer behauptet wird“ „Wer?“, frage ich schließlich und schaute Jack an. Auf seinem Gesicht macht sich ein breites Grinsen breit und seine Augen leuchten auf, „James Norrington“

James Norrington ist tot!

„James Norrington ist tot“, gab ich scharf zurück und musste mir eingestehen, dass sein Name, wie ein Stich in mein Herz wirkte. „Aye, aber man kann sich doch trotzdem mal über den netten Herrn unterhalten“, entgegnet Jack lächelnd. „Was willst du dich über ihn unterhalten? Er ist tot!“, fahre ich ihn an und er schaut mich überrascht an. „Haben wir da eine Schwachstelle gefunden bei unserm Johnny?“, fragt er grinsend, „Warum sind wir denn so gereizt bei diesem Thema?“
 

>Ganz ruhig<
 

Ich atme tief durch und besinne mich eines besseren. „James Norrington war ein Commodore der Royal Navy, er hat Piraten getötet Jack, reicht das nicht aus um ihn zu hassen?“, antworte ich ihm und schaue ihn böse an, „Und ich kann auch nicht verstehen warum du ihn als „Freund“ bezeichnest, geschweige denn, warum du etwas über einen toten Commodore wissen willst. Er ist tot und das ist gut so“ Jedes meiner Worte ist wie ein Schlag in den Bauch, ist wie der Tod eines Teils von mir. „Aye“, entgegnet Jack und schaut auf seinen Kompass, „Trotzdem will ich das du mir sagst, was die Navy darüber weiß“ „Warum?“, fahre ich ihn an, „Jack, er ist tot“ „Johnny…“, seufzt Jack und legt einen Arm um meine Schulter, lehnt seinen Oberkörper leicht zu mir, „Johnny…mach einfach was ich dir sage“ Er nimmt den Arm von meiner Schulter, „Und nun husch, husch, geh schon“ Mit einer Handbewegung schickt er mich fort. Verärgert und verwirrt zugleich gehe ich unter Deck in den Frachtraum, nur um dann gegen irgendeinen Sack zu schlagen. „Verdammter Mistkerl!“, schreie ich wütend und schlage auf den harmlosen Sack ein. Nach unendlich vielen Schlägen, bei denen mir die raue Faser des Sackes die Faust aufreißt sinke ich müde und nach Luft ringend zu Boden. „James Norrington ist Vergangenheit…“, stöhne ich leise und lege mich auf den schwarzen Boden, „Er ist Vergangenheit“
 

Tortuga war nur noch zwei Tageslängen entfernt und dem entsprechend waren die Crew und Jack mächtig aufgeregt. Die Themen an Bord beschränkten sich auf die Frauen, die besucht werden würde, Freunde die man besucht und Leute, mit denen man noch ein Hühnchen zu rupfen hätte. Ich sah mir das ganze Geschehen weit entfernt vom Krähennest an. Die Sonne brannte wie immer nieder auf uns und der salzige Geschmack erreichte mich sogar hier oben. Mein Blick richtete sich gen Himmel und ich überlegte mir, was Jack wohl wollte. Er würde ja nicht umsonst Untersuchungen nach einem Toden machen, oder? Jack tat nichts ohne Grund…Nein. Dazu war ihm seine Zeit viel zu wichtig, obwohl ich manchmal doch daran zweifelte…

Tief in Gedanken versunken, darüber was Jack wohl vor hatte und ob es mich überhaupt interessieren sollte starre ich in den himmelblauen Himmel in dem ein paar weiße Wolken hängen. Viele kleine Schweißperlen zieren meine gebräunte Stirn und das Wasser sieht wieder einmal sehr einladend aus, doch werde ich mich dieser Versuchung nicht hingeben, habe ich doch immer meine Disziplin behalten, auch nach diesen zehn Jahren an Bord eines Piratenschiffes. Stöhnend richte ich mich auf und ziehe meinen Lederhut und mein Tuch aus, löse das Band um meine Haare, sodass sie auseinander fallen und ich sie kurz aufschüttele, bevor ich sie wieder zusammen binde. Ich lehne mich zurück und lege meine linke Hand auf die Scheide meines Schwertes, ein sehr gutes Schwert, das Schwert meines Bruders. Bevor ich mich meinen schmerzhaften Erinnerungen hingebe richte ich mich wieder auf und atme tief durch. Sauge den Duft des Meeres, den Duft der Freiheit in mich auf und genieße den Moment der absoluten Harmonie. Das ist mein Paradies. Leise summe ich vor mich hin, gehe in Gedanken den Text eines Liedes durch, den mein Vater mir immer verboten hatte zu singen. Ein Lied, das den Mund eines Marineoffiziers und dessen Familie in keinem Fall entsprach. Das Lied eines Piraten. Leise auf das Meer hinausstarrend entspringen die Worte meinem Mund, ohne das ich mich gegen sie wehren kann:„Fliege, mein Segler, Fliege, unverzagt; fliegest und segelst zum Siege, spottest der Stürme der Klippen, der Riffe, der Himmelslaunen, der feindlichen Schiffe, weil dein Herr sein Leben wagt. Zwanzig Brisen haben wir gemacht, haben die Staatsmützen ausgelacht, hundert Nationen liegen und grüßen hier, mit ihren Flaggen zu Füßen mir“, mit einem bedächtigen Blick auf die Pearl singe ich weiter, „Denn meine Barke ist mein Reichtum, mein Gesetz ist mein Begehr, mein Gott der Wind, mein Recht die Freiheit, mein einzig Vaterland das Meer“
 

Es ist Abend, letztlich habe ich mich doch entschieden das Krähennest zu verlassen, schließlich kann ich nicht ewig Jack davonlaufen, was auf einem Schiff auch leider schwer möglich ist. So spaziere ich über das Deck, während am Horizont die Sonne untergeht und das Meer, sowie den Himmel in ein rotes Feuermeer verwandelt. Mit einem sehnsüchtigen Blick auf das Meer und in den Sonnenuntergang bleibe ich an der Reling stehen. Wie gerne wäre ich jetzt wieder daheim in „Ilusión“, wie gerne wieder bei meiner Familie. Doch ich weiß wie einfältig dieser Wunsch ist, so naiv wie das Lachen eines Kindes. So naiv, dass er niemals wahr werden kann.

Die Erinnerung an meine Kindheit holt mich ein, aber auch die Erinnerung an den Tag an dem der Brief kam…der Brief der Navy. Ein Brief, der nichts Gutes zu verheißen hatte. Der Brief, der mein Leben für immer veränderte. Er nahm mir nicht nur Vater und Bruder, sondern auch Mutter. Konnte sie die Last des Leids nicht mehr tragen und zerbrach sie doch daran. Der Brief, der unser Haus genau Übermorgen vor zehn Jahren erreichte.

>„Mutter, was ist das für ein Brief den du erhalten hast?“, fragt ein Kind, gerade einmal vierzehn Jahre alt. „Es ist nichts mein Liebes“, antwort seine Mutter bitter und unterdrückt die Tränen. „Lüg nicht! Was ist passiert?“, hakt das Kind nach, wohl in dem Wissen, dass es ein Brief der Navy war. Ein Brief, der nichts Gutes bedeuten kann. „Mein liebes Kind…“, schnieft die Mutter und bricht unter der Last ihrer Gefühle, des Leids was sie tragen muss zusammen. Ihr Kind legt sie ins Bett und ruft einen Arzt, der ihm, wie es schon vorher weiß sagen wird, dass es seiner Mutter schlecht geht und sich ihr Gesundheitszustand stark verschlechtert hat. Es weiß, dass seine Mutter dem nicht mehr lange standhält. Mit zitternden Händen ergreift es den Brief, wohl wissend was auf es zukommt und doch hoffend, dass der Verlust nicht so schlimm sei. Doch das Öffnen und Lesen des Briefes kommt einem Fall in ein tiefes, schwarzes Loch gleich. Ein Fall ohne Aufprall. Ein endloser Fall in eine endlose Leere. Ein Fall der Unschuld. „Nein, Bruder…“, mit erstickter Stimme drückt es den Brief an seine Brust und fällt unter Tränen auf seine Knie<

Piratenblut

Wir fahren in Tortuga ein und die Crew ist kaum noch zu halten. Zwar ist es Mitten in der Nacht, aber keiner von ihnen konnte schlafen, nicht einmal Mr Gibbs. In der Dunkelheit der Nacht sticht Tortuga mit seinen hell erleuchteten Kneipen und Häusern heraus. Tausende von Leuten tummeln sich in den überfüllten und stinkenden Gassen, wie Fliegen die um das Licht fliegen. Ich denke nur mit Unwohlsein an Tortuga. Zwar ist es ein großer Teil meines Lebens und ich bin hier öfter als auf irgendeiner anderen Insel, jedoch fürchte ich mich jedes Mal, wenn ich einen Fuß auf ihren Boden setze. Tortuga ist der Ort an dem ich meine Vergangenheit begraben habe und mich für meinen Weg entschieden habe. Eine Woche nach dem ich den Brief über den Verlust meines Bruders und meines Vaters erhalten und meine Mutter gestorben war, an meinem Geburtstag, da hörte ich auf das Kind eines Marineoffiziers zu sein und wurde Pirat. An meinem fünfzehnten Geburtstag.

Ich betrete hinter Jack den Kai auf dem wieder einmal ein Haufen von Leuten wartet, denen Jack irgendetwas schuldet. Und wie jedes Mal schafft es Jack sich aus der Misere zu retten und marschiert los in Richtung „Betrunkener Admiral“, einer meist überfüllten Kneipen. Wie nicht anders zu erwarten ist die Kneipe mehr als überfüllt und es stinkt nach Alkohol, Schweiß und Erbrochenem. Jack kämpft sich durch die Masse in der schwach erleuchteten Kneipen, vorbei an Prügeleien, Paaren die ihren Beschäftigungen ohne jeden Scham nachgehen und einigen seiner „Freunden“, denen er wie schon den Leuten auf dem Kai etwas schuldet. Schließlich erreichen wir einen kleinen Tisch in der Ecke eines Raumes und mit einem kurzen Befehl, „Sicher uns mal den Tisch!“ verschwindet Jack wieder in Richtung Bar. Stöhnend setze ich mich an den Tisch und beobachte das Schauspiel was sich mir darbietet. Es ist laut, sehr laut. Leute wollen das Fiedelgespiele und die Prügeleien übertönen, brüllen Parolen, sprechen Lobe aus und stimmen schiefe Lieder an. Ich erinnere mich gut an den ersten Tag als ich hier eintraf. Es war für mich schier unverständlich, wie Leute sich hier wohl fühlen konnten. Tortuga war für mich ein der Zivilisation so fremder Ort, so dreckig und unmoralisch, dass er für mich erst wie die Hölle auf Erden vorkam. Aber war man erst einmal eine Zeit hier, so erkannte man die „tiefere Bedeutung“ dieses Ortes. Tortuga ist der einzige Ort auf der Welt an dem man, fernab von allen Regeln, Moralvorstellungen und Ansehen, sein konnte wie man war. Tortuga war der einzige Ort an dem jeder willkommen war. Hier war es egal ob man Pirat, Bettler, Tischler oder Soldat war. Hier war man einer von vielen und wurde nicht in Klassen eingeteilt, hier war man etwas wert.
 

>Das Paradies auf Erden<
 

„Hier John“, Jack setzt sich und schiebt mir einen Becher Rum über den Tisch. „Danke“, gebe ich kurz zurück und lächele glücklich in mich hinein. Hatte sich doch mein ungutes Gefühl bei der Ankunft in ein Gefühl des Glückes und des Willkommenseins verwandelt. „Du denkst an die Informationen?“, kommt es von Jack, der mich über seinen Becherrand anschaut. „Ja“, stöhne ich genervt.
 

>Denkt er, er kann mir nicht vertrauen?<
 

Er lächelt glücklich. „Schön wieder hier zu sein, findest du nicht auch?“ „Ja…endlich wieder daheim“, antworte ich ihm und schaue wieder durch die Kneipe. „Johnny…“, kommt es von Jack und ich schaue wieder zu ihm. „Ja?“, erkundige ich mich und nehme einen Schluck von dem braunen Gebräu in meinem Becher. Ein brennendes Gefühl macht sich in meinem Hals breit, bevor eine wohlige Wärme meinen Magen ausfüllt und ich mich wieder unglaublich wohl fühle. „Was hast du eigentlich vor deiner Zeit als Pirat gemacht?“, fragt Jack und trinkt ebenfalls aus seinem Becher. „Warum?“, entgegne ich ihm, nicht wirklich willig ihm über meine Vergangenheit zu erzählen. Sohn eines Marineoffiziers kommt nicht so gut. „Ich bin dein Captain, du bist mein First Mate…wir kennen uns zehn Jahre“, erklärt Jack grinsend, „Erzähl!“ „Erzähl du doch, was hast du vor deiner Zeit als Pirat gemacht, CAPTAIN Jack Sparrow?“, frage ich und schaue ihn durchdringend an, während ich einen Schluck aus meinem Becher nehme. „Ich…“, fängt er zögernd an und doch dann ganz entschlossen und trocken, „war Captain der Handelsmarine“ Ich verschlucke mich abrupt und huste. „Was?“, entfährt es mir und ich starre ihn geschockt an. Ja ich starre. Ich starre auf den Piraten vor mir, der, wie ich jetzt erst bemerke im Kerzenschein unglaublich anziehend wirkt. „Jeder macht mal Fehler“, gibt er kleinlaut zurück und nippt an seinem Becher, den Blick auf den Tisch gerichtet.
 

>Jack vertraut mir. Sonst würde er mir nicht anvertrauen das er bei der Handelsmarine war….oder er legt mich rein<
 

„Jack…“, fange ich an und atme tief, „Bevor ich Pirat wurde…da…habe ich mich um meine Mutter gekümmert. Sie war schwer krank und mein Vater und mein Bruder…die“ Er schaut mich neugierig an und ich atme noch einmal tief, „Mein Vater war Marineoffizier“ Jack formt den Mund zu einem O und dann lacht er laut auf, „Kein Wunder das du so navy-ich bist“ Ich schaue ihn verwirrt an und fühle einen gewissen Schmerz, eine gewisse Kränkung. „Hör auf!“, fahre ich ihn an und schlage mit der Hand auf den Tisch, obwohl es in dem Lärm gar nicht zuhören ist. „Schon gut“, sagt Jack lächelnd, „Du kannst ja nichts für deinen Vater“ „Mein Vater war ein ehrenwerter Mann und er hat Respekt verdient…von jedem!“, zicke ich sauer und stehe auf. „Johnny…reg dich ab“, entgegnet Jack und lehnt sich in seinem Stuhl zurück, „Ich bin Pirat, ich kann keinen Respekt vor Marineoffizieren haben. Das musst du verstehen. Aber das ist ja jetzt kein Grund abzuhauen. Setz dich hin, ich geb dir noch nen Rum aus und dann sieht die Welt schon gleich ganz anders aus, savvy?“ Widerwillig und wütend setze ich mich wieder.
 

>Du respektloser elender Hund!<

„Lass uns wieder zu unserem eigentlichen Grund für unser Eintreffen hier kommen“, fängt Jack an und ich werde wieder auf den Boden der Tatsachen zurück geworfen. „Was willst du mit diesem James Norrington. Er ist tot und daran lässt sich nichts ändern“, entgegne ich angesäuert. „Ich war auch tot“, wirft Jack stolz grinsend ein. „Du warst nicht tot, du warst verdammt“, korrigiere ich ihn stöhnend. „Na und! Ich habs trotzdem geschafft!“, zickt er beleidigt und nimmt einen Schluck aus seinem Becher. „Er ist tot!“, sage ich wieder. „Woher willst du das wissen? Warst du dabei? Weißt du wie er gestorben ist?“, entgegnet Jack. „Nein“, gebe ich kleinlaut zurück und muss mir eingestehen, dass ich darüber wirklich nichts weiß, „Wie ist er denn gestorben?“ „Erstochen, von einem Crewmitglied der Flying Dutchman“, antwort Jack grinsend und leert seinen Becher, „Sein Leichnam wurde mit den Andern über Bord geworfen“ Ich verspüre eine plötzliche Übelkeit und eine unglaubliche Wut, meine Fingernägel bohren sich in die Innenseite meiner Hand. „Er war ein guter Kämpfer und ein sehr guter Stratege. Im Grunde war er ein guter Pirat, wenn er gewollt hätte…“, er legt nachdenkend den rechten Zeigefinger an die Lippe, „Leider hat er einen großen Fehler gemacht“ Er schaut mich auffordernd an und seufzend frage ich:„Welchen?“ „James Norrington hat sich in die nette Miss Swann, jetzige Mrs Turner verliebt. Hübsches Ding, gute Kämpferin, leider ein wenig todbringend.“ „Hat da der nette Captain Sparrow ein kleines Geheimnis?“, erkundige ich mich grinsend, um meine unendlich große Wut zu verbergen. „Was?“, fragt er ertappt und ich lächele nur still in mich hinein. Ein weiterer Kommentar wäre mehr als überflüssig.

Nach einiger Zeit Stille fragt Jack und es scheint als hätte er die ganze Zeit darauf gewartet diese Frage zu stellen:„Wie kommt ein Sohn eines Marineoffiziers dazu Pirat zu werden?“ „Piratenblut“, gebe ich kurz zurück. „Piratenblut?“, erkundigt sich Jack. „Ich werde jetzt meinen Informanten aufsuchen, wenn Ihr nichts dagegen habt Captain der Handelsmarine“, verabschiede ich mich knapp und lasse einen grinsenden Piraten zurück. „Piratenblut, sehr interessant“, höre ich noch Sparrow zu sich selbst sagen, als ich mich durch die überfüllte Kneipe auf die ebenfalls überfüllten Straße dränge.
 

>Ja, Piratenblut<

Norrington

Ich kämpfe mich durch die überfüllten und ekelhaft stinkenden Straßen Tortugas. In Gedanken rege ich mich immer noch über Jacks Unverfrorenheit auf. Was interessiert ihn einen toten Kommodore? Nebenbei den meist verhassten Kommodore der Karibik! Ich kann es nicht verstehen. Warum kann er die Toten nicht einfach ruhen lassen? Was hat er nur vor?
 

Nach einiger Zeit in der ich durch die Straßen wandere und versuche betrunkenen Leuten und beschäftigten Paaren auszuweichen, was mir leider nur schwer gelingen mag, erreiche ich ein kleines Haus, leicht abseits des Herzen Tortugas. Hier ist es um einiges ruhiger, trotzdem finden sich hier einige beschäftigte Paare. Ich klopfe an die Tür des Hauses und ein gut gebauter Mann öffnet die Tür. Seine blauen Augen blitzen unter seinen langen dreckigen blonden Haaren heraus und er sagt überrascht:„Hallo“ „Hallo“, gebe ich zurück und schaue ihn durchdringend an, „Kann ich reinkommen? Ich habe einige Fragen“ „Klar“, antwortet er und lässt mich hinein. Die kleine Stube wird durch einige Kerzen erhellt und an einem großen Tisch sitzen zwei weitere Männer mit Rumbechern. „Ah, welch seltener Besuch“, kommt es von dem einem und er grinst mich an. „Schön Euch wieder zusehen Mr. Morgan“, begrüße ich ihn. „Welchem Grund verdanken wir diesen ehrenwerten Besuch MR. EVERY?“, erkundigt sich der andere, etwas dickere. „Informationen“, antworte ich kurz und setze mich an den Tisch. Der Mann der mir die Tür öffnete reicht mir einen Becher Rum und setzt sich neben mich. „Danke Joey“, bedanke ich mich und schaue wieder in die Runde, „Informationen über James Norrington“ Ein Raunen macht sich breit. „James Norrington ist tot, dass weißt du besser als wir John“, entgegnet Joey bedächtig und ein wenig betrübt. „Gebt mir einfach die Informationen die ich haben will“, sage ich und leere meinen Becher mit einem Zug, „Es ist mir egal ob er tot ist oder nicht“ „Lass die Toten ruhen, du kannst sie nicht lebendig machen“, entgegnet Mr. Morgan und schaut mich durchdringend an. „Ich will ihn ja auch nicht lebendig machen. Ich will nur wissen, was mit ihm passiert ist und wo er ist“, erkläre ich trocken und ich spüre die unglaubliche Anspannung, die sich im Raum mit der Erwähnung seines Namens verbreitet hat. „Nur tote Männer können erzählen, wo tote Männer hingehen“, kommt es von Jeffrey, dem dritten im Bunde. „Nur ist es schwer mit toten Männern zu reden. Darum frage ich euch“, gebe ich zurück und schaue sie an, „Ich bin bereit eine beträchtliche Summe für die Informationen zu bezahlen“ „Die da wäre?“, erkundigt sich Joey mit strahlenden Augen. Mit einer schnellen Bewegung fasse ich ihn am Kragen, ziehe mein Schwert und halte es an seinen Hals. „Dein Leben“, antworte ich kalt und er schaut mich schockiert an. Die beiden anderen sitzen ebenfalls schockiert und wie erfroren dar.

„Lass ihn los, John“, erklingt eine raue Männerstimme von der Treppe und ich lasse von Joey ab. Mein Schwert zurück in die Scheide steckend, richte ich meinen Blick auf den Schatten der sich die Treppe hinunter bewegt. Die drei Männer stehen sofort auf und nehmen Haltung an. „Admiral“, sagen sie gleichzeitig und wie erstarrt. „Lasst uns allein“, befiehlt die raue Stimme wieder und die drei verlassen auf schnellstem Wege das Haus. Der Schatten tritt langsam in den Schein der Kerzen und ein älterer Mann, gut gebaut und mit langem verzotteltem Haar in Marineuniform stellt sich vor mich. „Lange nicht mehr gesehen, John Christopher Richard Every“, begrüßt er mich und betont meinen Namen unglaublich ironisch, „Du bist ein Ebenbild deines Vaters“ „Könnte man meinen“, gebe ich abwehrend zurück. „Was verschlägt dich in mein ehrenwertes Heim?“, erkundigt er sich und setzt sich auf die Bank. „Ich denke das wissen Sie bereits, Admiral“, entgegne ich nur kalt und schaue auf ihn herab. Schaue so auf ihn herab, wie er es immer auf mich tat. „Informationen über den netten Commodore Norrington? Hmm…tja, schickt dich Sparrow wieder einmal?“, fängt er an und fährt sich durch seinen Bart, „Wie geht es deiner Mutter und dem netten Lord Beckett?“ „Tot, beide“, antworte ich kurz und schaue ihn wütend an, „Haben Sie nun Informationen für mich oder nicht?“ „Welchen Preis bist du bereit zu zahlen?“, fragt er und seine grauen Augen blitzen auf. „Welchen Preis verlangt Ihr?“, entgegne ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das weißt du genau“, antwortet er grinsend und betrachtet mich von oben bis unten.
 

>Mieses Schwein<
 

„Wenn Ihr mir die Informationen gebt, so bin ich bereit Euch diesen Preis zu zahlen“, versichere ich, obwohl es mir den Magen umdreht, auch nur daran zu denken. „Bist du denn auch vertrauenswürdig?“, erkundigt er sich und steht auf. „Ich bin das Kind eines Marineoffiziers“, ist meine einzige Antwort und ich atme schwer. „Na gut“, stöhnt er und setzt sich wieder, „James Norrington wurde von einem Crew Mitglied der Flying Dutchman erstochen. Sein Körper wurde mit denen der anderen über Bord geworfen“ „Das weiß ich schon“, falle ich ihm wütend ins Wort und spüre wie sich eine unglaubliche Wut in mir manifestiert. „Ich war ja noch nicht fertig“, fährt er fort, „Sein Körper trieb also im Meer, wurde aber von einigen Fischern aufgenommen“ „Und?“, frage ich neugierig, einen kleinen Funken aufkeimender Hoffnung in mir spürend. „Na ja, sie nahmen ihn mit auf ihre Insel, doch er ist gestorben. Wurde in das Reich von Yama gebracht“ „Und?“, frage ich wieder. „Mehr weiß ich nicht. Aber wenn er dort ist, dann kommt er von dort auch nicht wieder zurück. Wer einmal in Yama’s Totenreich ist, der kommt nie wieder dort hinaus“, erklärt er und steht auf, beide Hände auf meine Schultern legend, „Und nun, zu deiner Bezahlung“

Mit einer unglaublichen Wut, die sich plötzlich aus der sterbenden Hoffnung und der Kränkung entwickelt, ziehe ich mein Schwert und ramme es ihm in den Bauch. „Beiweilen Admiral, doch niemals wird sich auch nur einer meiner Familie Eurer hingeben“, sage ich und drücke das Schwert tiefer in seinen Bauch, während sein Blut über die Klinge und meine Hände läuft und meine Kleidung sich damit voll saugt. „Du bist genau wie dein Bruder, sein Ebenbild“, sind seine letzten lächelnden Worte, bevor er leblos zu Boden sinkt und in einer roten Pfütze, die sich auf dem steinernen Boden verteilt liegen bleibt. Schwer atmend trete ich von der Leiche zurück und gehe zu dem großen Bild der „Freedom“, eines der schönsten Marineschiffe dieser Zeit und nehme es von der Wand. Dahinter erscheint eine Öffnung, in der ein Buch liegt. Altes Leder umfasst die alten Seiten, in denen das Geheimnis dieser Welt verborgen liegt, ist man nur fähig es zu lesen. Ich stecke es in meine Tasche und verlasse das Haus hinaus in die Dunkelheit.

Henry Every's Buch

Ich wandere in Tortugas Straßen umher, das Buch immer noch in meiner Tasche. Nicht wissend, ob Jack die richtige Person ist, es zu besitzen. Mein Weg führt mich aus Tortuga hinaus auf den Kai zur Black Pearl. Wie ich mich freue die alte Lady wieder zu sehen. Fröhlich betrete ich das Deck, doch meine Freude verfliegt sofort wieder. Sind dort doch Jack und seine beiden Lieblingsfrauen, Gisele und Scarlet. Stöhnend gehe ich an ihnen vorbei, doch wie nicht anders zu erwarten, hat Jack wieder irgendetwas zu sagen. „John“, ruft er freudig aus und drückt die beiden Damen näher an sich, „Und, hast du bekommen nach was ich dich schickte zu suchen?“ „Ja“, antworte ich nur kurz und wende mich ab, bevor noch irgendetwas kommt. Schnell gehe ich unter Deck und in den Frachtraum. Neben Rumfässern und irgendwelchen Säcken mache ich es mir bequem und atme tief durch. Schließlich nehme ich das Buch aus meiner Tasche und fahre mit meinen Fingern über den alten Umschlag. Mein Herz schlägt schnell, könnte dieses Buch doch alle Antworten auf meine Fragen beinhalten.
 

>So lange habe ich auf diesen Moment gewartet und endlich ist er heute gekommen<
 

Ich öffne das Buch und meine Freude verblasst sofort wieder. Steht in dem Buch doch:

スシチツ ツはい しすうせ ねぬる めほるむ

ハサ キルヨユ スみまかあ つぬるをほア ハタサじ がざぁゃ ばヂゥょぷゅ#

バビガ ゃピブゥヵ ドぼぺぞぉぁぇげづず ギゅビピパバ バザゃゅギ ヂポヴョ ヶベペプャゥ
 

ヒケつにシさい サスウチミヨ
 

Wütend schlage ich das Buch wieder zu und werfe es in eine Ecke des Raumes. „SCHEIßE“, schreie ich wütend. Wie hatte ich auch so einfältig sein können und glauben, dass es so einfach sein würde. So bin ich doch auf Jack angewiesen. Wie hätte ich auch etwas anderes erwarten können? Hatte Jack Sparrow nicht überall seine Finger im Spiel?
 

Es vergeht einige Zeit, eine endlose Zeit bis ich mich schließlich wieder beruhige, das Buch aufhebe und wieder an Deck gehe. Die Sonne ist bereits am Aufgehen und an Deck herrscht wildes Treiben, werden wir Tortuga doch heute noch verlassen. Von dem hellen Licht geblendet versuche ich Jack auszumachen und entdecke ihn schließlich in wilder Diskussion mit Cotton’s Papagei. Stöhnend gehe ich auf ihn zu. „Jack“, unterbreche ich seine fieberhafte Diskussion und er wendet sich mit einem letzten Wort an den Papagei, den ich persönlich immer Willi nenne, „Und ich habe doch Recht!“ an mich, „Ja, Johnny-boy?“ „Deine Informationen“, entgegne ich kurz und er zieht mich, mit einem misstrauischen Blick auf Mr Cotton und dessen Papagei, über Deck an einen mehr oder weniger ungestörten Ort. „Ja?“, erkundigt er sich neugierig. „Also, es war nicht wirklich viel Neues dabei“, antworte ich ihm und werde sogleich von ihm unterbrochen, „Na ja, und anscheinend hat dir das nicht sehr gefallen“. Sein Blick senkt sich auf meinen blutgetränkten Mantel. „Das geht dich nichts an! Wir hatten noch eine Rechnung offen!“, verteidige ich mich und nehme das Buch aus meiner Tasche, „Auf jeden Fall hat er mir mehr oder weniger freiwillig das Buch gegeben. Aber wie auch immer. James ist in Yama’s Reich und wer einmal dort ist, der kommt dort nicht wieder raus. Das weißt du selbst“ Er reißt mir das Buch aus der Hand und öffnet es. Ein Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit. „Aha! Interessant“, ruft er aus, „Wer hätte gedacht das ich dieses Buch einmal in Händen halten würde“ „Was soll so besonders daran sein?“, frage ich und versuche dabei so gleichgültig wie möglich zu wirken, obwohl ich ihm am liebsten die Antwort rausprügeln würde. „Das Buch ist von Henry Every, sehr guter Pirat“, antwortet Jack grinsend und ich weiß an was er denkt, „Sag mal John, wusstest du das Every eine Tochter hatte?“ „Ach, hatte er?“, erkundige ich mich unschuldig und schaue auf den Lederumschlag des Buches. „Ja, steht zu mindest hier drin. „Dieses Buch widme ich meiner Tochter Serenity Hope de la Tortue, meinem einzigen Nachkommen. Dieses Buch erzählt die Geschichte unserer Familie und derer, die mit ihr verbunden sind.“ Interessant!“, ruft Jack wieder aus, „Ist dir eigentlich aufgefallen das ihr den gleichen Nachnamen tragt“ „Zufall“, werfe ich ein und lehne mich gegen die Reling, „In wie weit soll dir das Buch helfen die Antwort auf deine Frage zu finden?“ „Helfen? Es ist die Antwort!“, entgegnet Jack und schaut mich mit aufblitzenden Augen an, „Dummerweise können nur Blutsverwandte von Henry Every dieses Buch lesen“ „DU kannst es lesen“, weise ich ihn hin, obwohl ich weiß, dass das was er sagt totaler Schwachsinn ist. „Die ersten Zeilen, die für jeder Mann lesbar sind, aber schau dir die folgenden Seiten an“, erklärt er und zeigt mir einige Karten und Einträge. Und beiweilen er hat Recht! Sie sind in einer fremden Sprache und Schrift, aber trotzdem kann ich sie lesen. Was ich Jack aber nicht mitteilen muss. „Und wie soll dir dieses Buch helfen James Norrington zu finden? Ich meine er ist tot und in Yama’s Reich. Auch da du jetzt weißt wo er ist, kannst du ihn nicht finden. Wie willst du in das Todesreich kommen? Gut, das reinkommen ist nicht so schwer, aber wie willst du dort wieder rauskommen?“, durchbohre ich ihn mit meinen Fragen. „Du bist ziemlich neugierig Johnny, navy-ich“, bemerkt Jack grinsend und schließt das Buch. „Ich bin dein First Mate, sollte ich nicht wissen, was du vorhast?“, entgegne ich dem und er lächelt. „Aye“, ist seine Antwort und mit seinem Blick auf das Meer gerichtet erklärt er:„Dieses Buch enthält den Weg unseren netten Commodore aus Yama’s Reich zurückzuholen und wenn wir diesen Weg finden, ist er wieder hier. Savvy? Das ist es was ich will. Und wenn er dann wieder hier ist, wird er unglaublich glücklich sein, dass er mir einen Gefallen tun wird“ „Er wird dich töten Jack“, bringe ich ihn zurück auf den Boden der Tatsachen, „Sein ganzes Leben bestand darin dich auszuschalten und nicht einmal die Rettung von dem Tod würde ihn davon abhalten von diesem Ziel abzuweichen“ „Warum denn immer so negativ?“, fragt Jack mit Dackelblick, „Er hat mich gern!“ „Jack, er hasst dich“, entgegne ich ihm mit ernstem Blick, „Und beiweilen“, ich nehme ihm das Buch aus der Hand, „Solange du nicht in der Lage bist, dieses Buch zu lesen, solange werde ich es nehmen!“ Ich drücke mich von der Reling ab und marschiere unter Deck.
 

>James wird ihn töten. Er wird ihn töten und ich werde ihn zurückholen<

Flashback

„Die Vergangenheit ist im Grunde genommen ebenso ein Produkt der Phantasie wie die Zukunft“ – Jessamyn West
 

- Flashback –
 

Es ist ein heißer Tag im karibischen Meer. Der Admiral James Norrington steht an Bord seines Schiffes, der „Dauntless“, Haltung bewahrend und auf das endlose blaue Meer schauend. „Admiral“, erklingt eine Frauenstimme hinter ihm und er dreht sich lächelnd um. „Ja, Miss de la Tortue?“, fragt er lächelnd und schaut in die grünen Augen der jungen Frau vor ihm. „Wie lange wird es noch dauern, bis wir unser Ziel erreichen?“, erkundigt sich diese und streicht eine Strähne ihres langen braunen Haares aus ihrem gebräunten Gesicht. „Nicht mehr lange, bei gutem Wind, so wie jetzt, werden wir Cartagena de Indias noch vor der Abenddämmerung erreichen“, antwortet er lächelnd. „Das erfreut mich“, gibt sie zurück und schreitet in ihrem roten Kleid an die Reling, „Ich freue mich dort einzutreffen, war ich doch noch nie dort“ „Ein Admiral der Royal Navy hält seine Versprechen, junge Miss“, erklärt er und wendet seinen Blick kurz auf das Meer, dann wieder zurück auf sie, „Es ist nicht Port Royal, aber bald werde ich Sie auch dorthin bringen“ „Danke, Admiral“, bedankt sie sich und schaut ihn kurz an, „Danke, James“ Ein glückliches Lächeln macht sich auf seinen Gesicht breit und er möchte gerade etwas sagen, als sein First Mate, Mr. Gibbs ihn unterbricht:„Admiral“ „Ja, Mr. Gibbs?“ „Auf Backbordseite treibt ein Handelsschiff der East Trading Company in Seenot“, erklärt er und deutet auf das in der Ferne schwimmende brennende Frack eines Schiffes. Der Admiral läuft sofort, gefolgt von der jungen Frau auf die Backbordseite und stützt sich an die Reling. „Mann über Bord!“, schreit er auf das Deck, „Macht die Rettungsboote klar und sucht nach Überlebenden!“ Hektisches Treiben macht sich auf Deck breit und die Boote werden in Windeseile ins Wasser gelassen und suchen nach Verletzten. „Admiral“, fragt die junge Frau schockiert, „Was ist dort passiert?“ „Piraten“, antwortet Mr. Gibbs finster und nimmt einen Schluck aus seiner Umhängeflasche. „Malen Sie nicht gleich den Teufel an die Wand Mr. Gibbs!“, stutzt ihn Norrington zurecht, „Dafür kann es auch ganz andere Erklärungen geben! Machen Sie der jungen Miss de la Tortue keine Angst!“ „Ich habe keine Angst“, entgegnet Miss de la Tortue und erntet einen finsteren Blick ihres Gegenübers. „Serenity…“, will er gerade anfangen, wird jedoch von einem Soldaten auf unterbrochen. „Admiral!“, er salutiert. „Ja?“, fragt dieser eindeutig gereizt. „Wir haben einen Überlebenden gefunden, allerdings…“, antwortet dieser, weiß aber nicht wie er erklären soll, was er gesehen hat. „Allerdings?“, hakt der Admiral wütend nach. „Sehen Sie selbst“, ist der einzige Kommentar des Soldaten und der schwer verletzte, blutige Körper eines Mannes wird herbei getragen. Auf seiner Brust prangt groß, in sein Fleisch geritzt ein großes H verschlungen mit einem E. „Admiral, es war Henry Every“, erläutert der Soldat schwer schluckend. Ein Raunen fährt durch die Runde und die junge Frau fährt zusammen. Der Blick des Admirals richtet sich auf sie, wohl wissend, welche Verbindung beide besitzen. „Admiral, das steckte in seiner Tasche“, der Soldat reicht ihm einen Brief. Er nimmt ihn in die Hand und liest ihn:

An alle englischen Kommandeure.

Lassen Sie es Genüge sein, dass ich in diesem Moment auf der Fancy, einem Man-of-war [Kriegsschiff] unterwegs bin, zuvor bekannt unter dem Namen Charles, die zur spanischen Expedition gehörte und die aus La Coruña am 7. Mai 1694 ablegte, die damals und jetzt ein Schiff mit 46 Kanonen und 150 Männern ist und im Begriff, das Glück zu suchen. Weder habe ich bislang etwas an Engländern oder Niederländern verbrochen, noch beabsichtige ich es, solange ich der Anführer bin. Da ich üblicherweise mit allen Schiffen sprechen möchte, denen ich begegne, und ich nicht möchte, dass jemand zu Schaden kommt, und sollten Sie oder alle, die Sie davon in Kenntnis setzen, aus der Entfernung wissen wollen, wer wir sind, dann sollten Sie ihre Fahne zu einem Ball binden und am Mast hissen. So werde ich in gleicher Weise antworten und Sie nicht belästigen, denn meine Männer sind beutehungrig, standhaft und entschlossen, und falls die Männer meinem Wunsch nicht folgen, so kann ich dies nicht verhindern. Noch immer ein Freund der Engländer,

Bei Johanna, den 18. Februar 1695

Henry Every

Hier sind ungefähr 160 bewaffnete französische Männer bei Mohilla, die auf die Gelegenheit warten, irgendein Schiff zu bekommen, also gebt Acht.
 

Mit einem Blick auf Serenity atmete er tief durch packt sie am Arm und sagt bestimmend:„Zu Ihrer eigenen Sicherheit werden Sie nun unter Deck bleiben“ „Aber…Was habt Ihr vor Admiral?“, erkundigt sie sich ängstlich, wohl in dem Wissen, dass dieser Brief mehr als ein Ansporn für James Norrington ist, Henry Every zu jagen und zu töten. „Wir werden ihn jagen“, antwortet er. „Habt Ihr nicht gehört? Er ist eindeutig in der Überzahl! Das ist Wahnsinn!“, entgegnet sie, „Abgesehen davon wäre es für Euch besser, mich an Deck zu haben, bin ich doch ein Grund dafür, dass er dieses Schiff nicht angreifen würde!“ „Miss de la Tortue! Ich bin Kapitän dieses Schiffes und Sie haben meinem Befehl Folge zu leisten!“, befiehlt er sauer, „Und nun begeben Sie sich unter Deck!“ Er wendet ihr den Rücken zu und will gerade einige Befehle gebe, als sie ihm ins Wort fällt. „James, er wird euch töten!“, schreit sie förmlich, „Verstehst du nicht?! Er wird euch töten. Er kennt keine Gnade, dass weißt du genauso gut wie ich. Ich weiß du bist unendlich Stolz und es ist eine Kränkung, aber was nützt es gegen ihn in den Kampf zu ziehen und zu fallen?“ „Serenity!“, entgegnet er mehr als wütend, „Zum letzten Mal, geh unter Deck und bleibe dort! Zwing mich nicht dich dort unten einsperren zu lassen“ Die Beiden halten Blickkontakt, keiner von ihnen willig dieses „Duell“ abzubrechen. „Wie Sie wollen Admiral“, gibt sie nach, wieder in ihre alte Haltung zurückfindend und wendet sich ab, „Aber eigentlich hatte ich die Hoffnung meinen Bruder nicht auf dieser Reise zu verlieren“ Mit diesen Worten geht sie unter Deck und schließt sich in der Kapitänskajüte ein.

Jack und das Meer / Zu viel Rum

Es ist eine Woche vergangen seit wir Tortuga verlassen haben und wir segeln - und ich bin mir sicher, dass Jack keinen Plan hat wo er eigentlich hin will – ohne jedes Ziel über das Meer. Lassen uns von den Wellen tragen und vom Wind leiten, in der Hoffnung irgendeinen Ort zu erreichen. Ich weiß nicht was Jack damit bezwecken möchte und auch bin ich mir unschlüssig, warum er das Buch nicht wieder eingefordert hat. Was ist nur der Sinn seines Handelns? Das frage ich mich schon seit Beginn unserer gemeinsamen Abenteuer. Hat alles was er tut einen Sinn oder macht er es einfach und danach ergibt sich ein Sinn daraus? Egal welche dieser Antworten stimmen würde, oder ob es eine ganz andere wäre, sie wäre niemals ausreichend genug.

Aber ich sollte mich nicht beschweren. Habe ich in dieser Woche doch viel gelesen und verstanden, über Henry Every und seine Familie, über sein Leben. So wusste ich nun, dass er auf der Suche nach einem großen Schatz war, einen Schatz den er nie fand. Ein Schatz, der ihn zu dem mächtigsten Piraten der Welt gemacht hätte. Ein Schatz so groß und wundersam, dass er mehr wert war als alles Gold dieser Erde, ein unglaublicher Schatz. Ein Schatz, der von keinem Auge je erfasst wurde, nur von einem und dieser jemand musste dafür bitter bezahlen. Yama. Der Gott des Todes. Wurde er doch verdammt über die Toten zu achten und ihre Seelen in seinem Reich festzuhalten, dass sie nie wieder frei kommen und die Seelen zu bestrafen, die zu ihren Lebzeiten böses getan hatten. Wo wir wieder bei Jacks eigentlichem Plan wären, James Norrington aus dem Totenreich zurückzuholen. Ich kann mir immer noch nicht recht vorstellen, wie er dies bewerkstelligen möchte, aber wie Jack immer sagt, er ist halt CAPTAIN JACK SPARROW. Das wird wohl die Lösung dieses Problems sein.

So grübele ich über Jacks Ziele nach, während ich auf der Segelstange des Hauptmastes sitze und lese, Henry Every’s Buch. „Hey Johnny“, werde ich plötzlich aus meiner Konzentration gerissen und falle beinahe von der Segelstange, kann mich aber gerade noch so halten. „Was?“, frage ich schockiert, ohne überhaupt zu wissen mit wem ich rede. Wobei die Frage nach meinem Gegenüber im Grunde unnötig ist. Denn wer sollte es anders sein als Jack? Er steht auf der Segelstange und lehnt lachend am Mast. „Sehr witzig“, entgegne ich nur kurz und richte mich auf. „Na, was spannendes im Buch gelesen?“, erkundigt er sich und schaut mich durchdringend an. „Du hast doch selbst gesagt nur Blutsverwandte von Every können das Buch lesen“, entgegne ich und stecke das Buch in meinen Stiefel. „Ihr tragt zu mindest den gleichen Namen!“, bemerkt er und streckt einen Zeigefinger aus. „Und? Das ändert ja nichts an meiner Familie“, weise ich ihn hin und mache einige Schritte auf ihn zu. Zwar ist es schwer das Gleichgewicht auf der schmalen und klitschigen Stange zu halten, vorallem bei Wellengang, allerdings habe ich mich daran gewöhnt. Kommt es doch öfters vor, dass Jack mich hier oben sprechen möchte. „Was steht drin?“, fragt er nach und schaut mich mit einem so durchdringenden Blick an, dass ich weiß, er weiß, dass ich es lesen kann. „Nichts Besonderes. Ein wenig von seinem Tagesablauf und so“, antworte ich kurz. „Interessante Dinge, savvy?“ „Aye…“, stöhne ich und überlege kurz, ob es klug ist, Jack davon zu erzählen, „Every’s Tochter, Serenity“ „Ja?“, seine Augen blitzen neugierig auf. „Sie ist die…“, ich zögere kurz, doch weiß ich, dass es jetzt zu spät ist einen Rückzieher zu machen, „Halbschwester von James Norrington. Sie haben die gleiche Mutter“ „Interessant“, ruft Jack grinsend aus und fährt sich über den Bart, von den Wangenknochen an bis hinunter zu den beiden geflochtenen Zöpfen, „Hat unser Norrington also doch ein kleines Geheimnis“ Er reißt die Arme in die Luft und will gerade etwas sagen, als das Schiff von einer Welle erfasst wird und Jack rücklings ins Meer stürzt. „Jack!“, schreie ich laut, gar nicht realisierend, was eigentlich gerade passiert.
 

>Ist der zu blöd um auf dem Schiff zu bleiben!<
 

„Mann über Bord!“, rufe ich auf das Deck und die Crew stürmt an die Reling. „Was? Wer?“, fragt Mr Gibbs hinauf. „Jack!“, antworte ich ihm und entledige mich meiner Waffen, meines Hutes und meiner Schuhe, die auf dem Deck landen. „Nicht schon wieder“, stöhnt Mr Gibbs auf dem Deck und ruft der Crew einige Befehle zu, während ich in das kühle Nass springe. Eigentlich sollte man meinen ist das Wasser in der Karibik warm, aber im Vergleich zur Luft ist es eiskalt. Das Eintauchen in das Wasser kommt tausend Nadelstichen gleich und für einen kurzen Moment habe ich das Gefühl zu ersticken. Doch dann tauche ich wieder auf und schaue auf die Pearl, die gerade den Anker geworfen hat. „Seht ihr ihn?“, rufe ich der Crew zu und ein lautes:„Da hinten“ kommt als Antwort. Und tatsächlich, einige Meter von mir entfernt treibt Jack im Meer. Gegen meinen schweren, sich mit Wasser voll saugenden Mantel ankämpfend, schwimme ich zu Jack und ziehe ihn so gut es geht über Wasser.
 

>Er ist ohnmächtig! Das ist jetzt nicht wahr. Kann der eigentlich irgendwas?<
 

„John!“, ruft Mr Gibbs mir zu und wirft ein Tau ins Wasser. Mit einer Hand halte ich mich daran fest, mit der anderen Jack. „Auf drei“, befiehlt Mr Gibbs der Crew und kurz darauf wird an dem Tau gezogen. Wenig Momente später befinde ich mich neben Jack auf dem Deck der Black Pearl, umringt von den Crew Mitgliedern. Ein Husten kommt von dem durchnässten Piraten neben mir und ich schaue ihn sauer und erschöpft an:„Ich hasse dich Jack Sparrow“ „Seltsam aber dass du, da du mich ja hasst, den so verhassten Piraten, sprich dann trotzdem gerettet hast. Wäre es für den diesen Piraten hassenden, denn nicht besser gewesen den verhassten einfach ertrinken zu lassen?“, entgegnet er grinsend und stellt sich auf. „Jack“, sage ich hustend und richte mich ebenfalls auf, „Du…“ Nach Worten suchend und dann doch aufgebend, nehme ich mein Hab und Gut und begebe mich unter Deck.

Ich lasse mich im hinteren Teil des Frachtraumes erschöpft nieder und falle auf den Boden. Meine Lunge schmerzt und meine Muskeln brennen. So lange ist es her dass ich im Meer war. Erst jetzt fällt es mir wieder auf. Schwimmen, das war in meinem früheren Leben nicht meines Standes würdig. Was mich natürlich nicht daran hinderte es zu tun. Aber nach dem Tod meines Bruders, da konnte ich nicht mehr schwimmen. Nein, danach hörte ich auf Kind zu sein, endgültig. Auch wenn ich nie wirklich Kind war. Nach Luft ringend drehe ich mich auf den Rücken und schaue auf die schwarze Decke des Frachtraumes, das ekelhafte Gefühl der an mir klebenden Kleidung versuchend zu vergessen. Ich bin müde, doch will ich nicht schlafen. Weiß ich doch, dass mich wieder Alpträume plagen werden, wie immer um diesen Tag herum. So setzte ich mich, zwar nur mit viel Anstrengung und Schmerzen, auf und nehme mir eine Rumflasche. Das beste Mittel gegen ALLES! Ich nehme einen großen Schluck und sofort fühle ich eine gewisse Beruhigung.

„Johnny?“, ruft eine Stimme in den Frachtraum. Es ist einige Zeit vergangen. Einige Zeit und fünf Flaschen Rum! Ich liege mehr tot als lebendig in der Ecke und schaue auf Jack der gerade vor mir steht und mich grinsend anschaut. „Ein wenig viel getrunken alter Kumpel, was?“, sind seine weit entfernten Worte und ich versuche aufzustehen, wobei mir allerdings ständig der Boden unter den Füßen wegrutscht. Jack stützt mich und sagt:„Langsam Johnny-boy! Bist wohl nicht gewöhnt soviel zu trinken. Obwohl ich dachte du wärst trinkfest nach zehn Jahren an Bord mit mir“, grinst er wieder und sein Bild verschwimmt vor meinen Augen zu einer gruseligen Maske. „Du…du…Schwein“, nuschele ich, wobei ich mir nicht sicher bin warum ich es sagen, geschweige denn ob es überhaupt zu verstehen ist. „Danke“, antwortet er und lässt mich, nachdem ich einiger Maßen stabil stehe los, „Ich hab dich auch so lieb Johnny“ „Ich hasse dich Jack Sparrow“, nuschele ich ein letztes Mal bevor ich in seine Arme falle, „Du hast meinen Bruder in den Tod getrieben“ und alles schwarz wird.

Serenity's Alptraum

„Wenn wir Anfang und Ende des Lebens mit dem Überqueren eines imaginären Meeres vergleichen, so machen wir nach Jahren des heiteren und unbegrenzten Hingleitens auf einmal die schmerzhafte Entdeckung, daß es ein unaufhaltsam näher rückendes Ufer gibt.“ - Manfred Poisel, (*1944), deutscher Werbetexter, »Sprach-Juan« und »Verbanova«
 

Ich erwache und mein Kopf dröhnt, erinnere ich mich doch an gar nichts mehr, was gestern war. Es scheint mir, als hätte der letzte Tag gar nicht existiert, dabei weiß ich es doch besser. Mit unerträglichen Kopfschmerzen richte ich mich auf und finde mich in einem weichen Bett in der Kapitänskajüte wieder.
 

>Was mach ich hier?<
 

Ein kurzer Schock durchfährt, aber das kann ja nicht passiert sein, oder doch? Mein Blick wandert durch die Kajüte und ich entdecke Jack, der auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes steht, ohne Hemd und an irgendetwas rumzupft. „Was tust du da?“, stöhne ich und halte meinen Kopf. Jack zuckt zusammen, doch dreht sich grinsend um, „Aha, ist der kleine Trunkbold endlich aufgewacht?“ „Was?“, gebe ich verwirrt zurück und bemerke, wie mein Blick gen Boden wandert, bin ich doch peinlich berührt Jack so zu sehen. „Du hast gestern einiges getrunken“, erklärt Jack und kommt wankend, sein Hemd in der Hand auf mich zu, „Tja, warst sehr anhänglich. Welcher Mann kann da widerstehen?“ „WAS?“, rufe ich schockiert aus, mein Herz bleibt beinahe stehen und falle fast vom Bett. „Das war ein Witz“, lacht Jack aus vollem Leib. „Das ist nicht witzig!“, beschwere ich mich wütend und stehe auf, „Und zieh dir was an!“ „Aha! Findet unser Johnny-boy das etwa anziehend?“, fragt Jack grinsend und stellt sich so nah an mich, das ich die Wärme seines Körpers spüren kann. „Nein, aber das ist eine Beleidigung für jedes Auge“, antworte ich, obwohl es eigentlich das genaue Gegenteil ist. „Musst doch nicht gleich so beleidigend werden“, entgegnet er immer noch selbstsicher grinsend und zieht sich das Hemd an, „Abgesehen davon, bist du doch nur eifersüchtig“ „Red dir das bloß ein“, stöhne ich und verlasse die Kajüte. Eifersüchtig? Auf Jack? Niemals würde ich SEINEN Körper als meinen wollen! NIEMALS!
 

>Idiot<
 

Müde und angeschlagen betrete ich das viel zu helle und laute Deck, wobei dies dem Eintritt in eine Folterkammer gleich kommt. Nach fünf Minuten der Folter entscheide ich mich um und gehe wieder unter Deck, in die Vorratskammer. Ohne Kraft falle ich in eine Ecke und ich weiß, würden wir jetzt angegriffen werden, könnte ich mich nicht verteidigen. Doch das beruhigende Schwanken des Schiffes, lässt diesen Gedanken schnell verschwinden. Gibt es mir doch das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit und lässt mich in seliger Ruhe einschlafen.
 

Nach einiger Zeit, ich kann nicht sagen, wie lang es war, wache ich auf, meine Kopfschmerz sind ertragbar geworden. Ich setze mich auf und atme tief durch. Immer noch leicht müde greife ich nach Henry Every’s Buch und öffne es.
 

>Was willst du mir sagen Henry?<
 

Stöhnend blättere ich durch das Buch, starre nur, jedoch lese nicht. Dann bemerke ich einen Brief und öffne ihn. Diesen Brief hatte ich dort hinein gelegt, ich erinnere mich. Habe ich ihn doch auf meiner Suche nach Antworten und auf der Suche nach Jack Sparrow erhalten, mehr oder weniger freiwillig. Auch wenn er mir nicht viel gebracht hat. Ich hatte ihn ins Buch gelegt, damit ich ihn nicht verliere und vielleicht auch, damit Jack ihn nicht bei mir findet.

Tief durchatmend lese ich erneut den Brief, dessen Worte mich damals so trafen und die nun fast schon verblasst sind, jedoch wieder alte Wunden aufreißen:
 

Ehrenwerter Offizier Norrington,
 

hiermit möchte ich mich für Ihre Treue und die Treue Ihrer Familie, insbesondere, die Ihres Sohnes Commodore James Norrington bedanken und ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihrem Anliegen mit freudiger Erwartung nachkomme.
 

So haben Sie zu Recht erkannt, und dies ohne irgendeinen Tadel an Ihrer Ausdrucksweise zu finden, fürchten Sie nicht, dass es für mich Zeit ist, eine ehrenwerte Frau zu ehelichen. Doch hatte ich, wie Sie zu Recht erkannten, nicht Zeit eine solche Frau zu finden. So bin ich glücklich, dass Sie Ihr Anliegen vor mich gebracht haben und bin bereit, mit Freude im Herzen dieses Anliegen zu erfüllen. Sind unsere Familien doch schon seit mehreren Generationen geschäftlich, wie persönlich miteinander verbunden. So wäre diese Verbindung die perfekte Krönung, der perfekte Abschluss unserer lang lebenden und Blüte tragenden Zusammenarbeit.
 

Ich erfreue mich Ihnen hiermit mitteilen zu können, dass die Vorbereitungen für diesen Festtag schon in vollem Gange laufen und ich mich darüber freue, Ihre Tochter bald hier begrüßen zu dürfen. So ist der Hochzeitstag auf den 25. Mai dieses Jahres gesetzt und ich erwünsche mir Ihre Anwesenheit. Eines unserer Schiffe wird Sie und Ihre Familie eine Woche nachdem dieser Brief Ihr ehrenwertes Haus erreicht von den Islas del Rosario nach Port Royal bringen, wo Sie im Haus des Gouverneurs herzlich willkommen sind.
 

So hoffe ich, dass Ihre ehrenwerte Tochter, Serenity Hope, mit der gleichen Freude, wie ich, auf diesen Tag wartet und sich hier in Port Royal gut einleben wird. Habe ich doch alles unternommen, um es ihr hier so gemütlich wie möglich zu machen.
 

In tiefer Dankbarkeit und fröhlicher Vorausschau

Lord

Cutler Beckett
 

Bei jedem Wort das ich lese dreht sich mir der Magen um. Wie kann man ein Mädchen nur dazu zwingen, ein solches Monster zu heiraten? Wobei es im Grunde ja gar nicht zur Hochzeit kam, ist der Bräutigam doch vorher auf dem Schlachtfeld gefallen, genau wie Vater und Bruder der Braut. So hat das arme Mädchen nicht nur Bräutigam, sondern gleich seine ganze Familie verloren. Armes Ding!

Mit einem tiefen Atemzug stelle ich mich auf und verlasse den Frachtraum hinauf an Deck. Eine kühle salzige Brise empfängt mich und die Sonne strahlt wieder heiß herab. Ich atme erneut das Meer ein, die Freiheit.
 

>Schön…<
 

Mit einigen Schritten über das Deck, auf der die Crew wieder mit allem möglichen beschäftigt ist, von Arbeiten bis Wetten, lehne ich mich an die Reling und schaue dem blauen Meer beim Sein zu. Wunderschön glitzert die Sonne darin und bricht sich in tausenden kleinen Wellen. Fische schwimmen darin, auch einige Delfine, die freudig vor dem Bug aus dem Wasser springen. Das ist das Paradies auf Erden. Das Paradies, das so viele Menschen suchen und es doch nicht finden. Und ich habe es gefunden, erneut gefunden an meinem fünfundzwanzigsten Geburtstag. Ich nehme eine Rumflasche und trinke einen Schluck daraus. „Alles Gute zum Geburtstag“, sage ich leise zu mir selbst und versinke in Erinnerungen an meine Geburtstage in meiner damaligen Heimat. An Geburtstage mit meiner Familie. An Geburtstage ohne irgendwelche Sorgen. Doch diese Zeiten sind so lange vorbei und wenn ich eins gelernt hatte, dann das man die Vergangenheit nicht zurückholen kann. Sie ist vergangen und es ist unmöglich, gar verrückt sie erneut erleben zu wollen, oder sie gar zu Gegenwart, Zukunft zu machen. Es ist viel zu schmerzhaft…zu schmerzhaft.

Stöhnend wende ich mich vom Meer ab und gehe hinauf zum Ruder, setze mich auf die Reling. Mr Cotton steuert uns an irgendeinen weit entfernten Ort, einen Ort der vielleicht gar nicht existiert.
 

>Was mach ich hier eigentlich?<
 

So lange bin ich schon an Bord und im Grunde ist das der schlechteste Haufen Piraten den es überhaupt gibt. Aber aus irgendeinem Grund schaffen sie es immer wieder das Gegenteil zu beweisen, obwohl es ja eigentlich gar nicht sein kann!

Alle diese Gedankengänge machen mich gerade aggressiv und so denke ich ist es besser mich ins Krähennest zu legen und einfach darauf zu warten, dass irgendwas geschied. Irgendwas, egal was. Ein Schiff das wir angreifen können, eine Insel am Horizont. Einfach irgendwas, dass mich aus meiner Depression reißt und mich wieder leben lässt.

Meer

Was bedeutet das Meer für die Menschen? Für die einen ist es das Leben, Wasser und Nahrung, für andere nur ein unüberbrückbares Hindernisses. Andere sehen in ihm einen Gott, einen launischen unberechenbaren Gott und wieder andere die sehen in ihm ihre Heimat und ihre Freiheit, das Paradies auf Erden. Ich zähle mich zu den letzteren, wie wohl jeder Pirat es tut. Doch so sehr wir das Meer auch lieben, so sehr fürchten wir es auch. Kann es in dem einen Moment so still und friedlich sein, ist es im anderen doch unberechenbar und wild. Dennoch liebt es niemand so sehr wie uns, sind wir doch seine Kinder. Denn niemand liebt es so, wie wir. Wir ziehen für es in den Krieg, wir sind bereit für es zu sterben. Denn das Meer gehört uns allein, es ist unsere Heimat! Und niemand, wirklich niemand wird es uns jemals wegnehmen können. Ihm ist es egal ob wir Uniformen tragen oder Kleider. Ihm ist es egal ob wir zum Tode verurteilt sind oder Commodore der Royal Navy, denn wir sind eins mit ihm und niemand kann uns entzweien. Das Meer, dass sind wir!
 

Wir sind schon mehrere Wochen unterwegs, doch haben immer noch kein Ziel. Zwar habe ich einiges gelesen aus Every’s Buch, jedoch nichts weiter herausgefunden. Das einzige was es mir brachte, waren schmerzhafte Erinnerungen und mehrere Erinnerungslücken an den vorausgegangenen Tag. Ich bin dabei wieder in dieses schreckliche schwarze Loch zu fallen, in das ich fiel, als ich die Nachricht über meinen Bruder hörte. Tot! Er und tot? Wie kann er tot sein?
 

>Bruder…<
 

Und schon wieder holt mich eine Erinnerung ein. Eine Erinnerung, die ich schon fast wieder vergessen hatte. Die Erinnerung daran, was er mir immer sagte, was er versuchte mir zu vermitteln, doch was mir so schwer fiel. Es war mir nicht möglich seinen Wünschen und Anforderungen gerecht zu werden, hatte ich doch alles daran gesetzt. Ich wollte perfekt sein, niemals Fehler machen, damit er mich liebt. Wie töricht dieser Gedanke doch war! Als hätte er mich nicht geliebt hätte ich Fehler gemacht! Dabei hat er mich so sehr geliebt. Mein geliebter Bruder…
 

Tief in Gedanken versunken betrete ich zum ersten Mal seit Tagen wieder das Deck und werde von der hellen, brennenden Sonne geblendet. Bin ich doch nicht mehr an ihren hellen Schein gewöhnt. Auf Deck herrscht wieder wildes Treiben. Eine solche Hektik bin ich gar nicht mehr gewohnt. Wie schnell man sich doch an einen Zustand gewöhnen kann.

„Hey Johnny“, erklingt Jacks fröhliche Stimme hinter mir und ich stöhne leicht, habe ich doch gerade keine Lust mit ihm zu reden. „Aye Captain?“, entgegne ich lächelnd und versuche meine wahren Gefühle zu verbergen. Schließlich bin ich ja gut darin, bin ich doch Kind eines Offiziers der Royal Navy. „Hab dich schon lange nicht mehr gesehen. Hast du dich vor mir versteckt?“, fragt er lächelnd und legt seinen Arm um meine Schulter. Warum muss er mich denn ständig antatschen?! „Nein, ich habe nur ein wenig Ruhe gebraucht“, antworte ich und löse mich aus seiner „Umarmung“. „Hast du denn was neues raus gefunden?“, erkundigt er sich. Ich zögere kurz bei dem Gedanken an Becketts Brief, entgegne jedoch dann:„Ne“ „Hm…du bist vier Tage in der Vorratskammer und liest und findest nichts raus?“, fragt Jack ungläubig und seine Augen blitzen auf, „Weißt du Johnny…du magst vieles sein. Ein guter Pirat, ein guter Kämpfer, aber kein guter Lügner. Savvy?“ „Aye“, stöhne ich deprimiert und muss mich doch geschlagen geben, „Norringtons Schwester war Becketts Verlobte. Die Ehe wurde arrangiert und sie sollten am 25. Mai vor zehn Jahren heiraten“ „Aha!“, ruft Jack aus und streckt belehrend den rechten Zeigefinger in die Luft, „Nur kam es wohl nicht zu dieser Hochzeit. Ist Beckett ja an diesem Tag ein wenig leicht gestorben“ „Aye“, bestärke ich seine Vermutung. „Interessant, interessant“, murmelt Jack und wandert nachdenklich über das Deck.
 

>Oh Jack, du hast keine Ahnung wie gut ich lügen kann…<
 

Mit einem Seufzen klettere ich ins Krähennest und schaue in den himmelblauen Himmel. Endlich wieder Ruhe, fernab von der Crew und vorallem fernab von Jack. In letzter Zeit war er aber auch unglaublich nervig. Lag es an mir? Oder lag es an ihm? Ist ja auch egal! Die Tatsache änderte ja trotzdem nichts daran, dass ich sein First Mate war und immer noch nicht das gefunden hatte, nachdem ich suchte. Stöhnend atmete ich die salzige und kühle Luft ein. „Was mach ich hier nur?“, frage ich mich selbst in Gedanken an meine ersten Tage auf der Pearl. Dieses Leben war mir so fremd und so neu, doch Jack hatte großes Vertrauen in mich. Er sagte, ich wäre der geborene Pirat. Woher er das wohl wusste? Wieso hatte er mich unter all den Leuten auf Tortuga angesprochen? Wieso gerade mich? Schließlich bin ich nicht gerade der stärkste und ziemlich auffallend bin ich nicht. Aber er bahnte sich zu mir seinen Weg und fragte mich, ob ich bei ihm anheuern möchte.
 

>Was hast du vor Jack Sparrow?<
 

Ich hole ein altes abgenutztes Buch aus meiner inneren Manteltasche und öffne es. Lächelnd und in Erinnerungen schwelgend lese ich:

„Es ist der dritte Tag an Bord der Pearl. Jack ist mir irgendwie unheimlich. Ständig wankt er herum und erzählt irgendwelche Ammenmärchen und Abenteuer mit Untoten oder Fischmenschen. Ich frage mich immer noch ob es die richtige Entscheidung war hier hin zu kommen. Ob es mir wohl auf meiner Suche hilft? Okay, wen nicht Jack Sparrow, wer kann mir dann helfen? Aber warum fühle ich mich dann so schlecht?

Ach Bruder, ich vermisse dich so! Ich kann immer noch nicht glauben dass du fort bist! Wieso? Ich hoffe du kannst mir verzeihen, dass ich mich von der Royal Navy abgewandt habe.“
 

Ich spüre wie mir eine Träne über die Wange läuft, sind doch die alten Wunden wieder aufgerissen. Sind doch alle alten Gefühle wieder weg. Ohne zu zögern wische ich die Träne weg, die Erinnerung daran und verbanne sie aus meinem Herzen. Stoße sie von mir weg, damit sie mich nicht erreicht, mich nicht verletzen kann. Denn wer verletzlich ist, der ist schwach und wer schwach ist, der ist verletzlich und ich darf nicht verletzlich sein. Ich darf keinerlei Schwächen haben. Nicht in dieser Welt. In dieser Welt zählt nur Stärke und Erfolg, Macht und Geld. Haltung und Disziplin. Wie naiv ich doch war anzunehmen, dass diese Welt ein schöner Ort ist. Ein Ort voller Freude und Glück. Wie naiv dieser Gedanke doch war! Diese Welt ist nicht schön. Sie ist nicht einmal annähernd schön. Sie ist die Hölle! Und wir können ihr nicht entkommen. Vielleicht sind wir deshalb Piraten geworden, weil wir feige sind und vor ihr fliehen wollen. Vielleicht ist das Meer gar nicht das Paradies, sondern einfach nur ein Ort, der besser ist als die Hölle, die uns an Land erwartet. Vielleicht liebe ich das Meer deshalb…weil es mir die Möglichkeit gibt fortzulaufen…

Erinnerungen

Die Erinnerung ist die einzige Hölle, in die wir schuldlos verdammt sind. – Arthur Schnitzler
 

Ich versuche vor den Erinnerungen davon zu laufen, genau wie ich vor der Hölle an Land davonzulaufen versuche. Aber sie breitet sich immer mehr aus und die Welt wird immer kleiner. Es gibt keinen Ort mehr, der unentdeckt bleibt, keinen Ort an dem man sich verstecken kann. Die Welt holt uns langsam aber sicher ein. Die Welt, vor der wir davon laufen, weil sie uns das wegnehmen möchte, für das wir so hart gekämpft haben und das wir mehr lieben als unser Leben. Unsere Freiheit. Jack sagte einmal zu mir:„Weißt du Johnny-boy, lieber sterbe ich im Kampf, mein Körper durchbohrt von tausenden Kugeln, als in einem Kerker eingesperrt zu sein oder vom Meer getrennt und ihnen dienen zu müssen. Sollen sie mich lieber hängen“ Und er hatte so Recht. Denn niemand, wirklich niemand hat das Recht uns unsere Freiheit zu nehmen und uns zu sagen, wie wir leben sollen. Niemand hat das Recht uns dieses Leben zu nehmen, NIEMAND!
 

So ziehe ich mich in den Frachtraum zurück, so wie ich es immer tue. Ich setze mich hinter eine große Holzplatte, die an der Wand lehnt. Mein Stammplatz, fernab von der Welt da draußen. Abgeschottet von den anderen Menschen. So sinke ich hinter der Holzplatte zu Boden und lehne den Kopf an die schwarze hölzerne Wand.
 

>Ach Pearl, du bist so unglaublich schön…<
 

Ich versuche mich irgendwie von den Gedanken, die mich gefangen halten loszureißen, aber je mehr ich es versuche, desto mehr nehmen sie mich gefangen, erfüllen meinen Kopf, mein Herz. Es tut so weh darüber nachzudenken. Immer habe ich diese Gedanken verdrängt, von mir weggestoßen, um bloß diesem Schmerz zu entgehen, diesem Schmerz, der mich schwach werden lässt. Doch jetzt holt mich alles wieder ein, trifft mich wie ein kalter Schlag ins Gesicht. Fernab von der Crew, fernab von Jack, sitze ich im dunklen Frachtraum hinter der Holzplatte und kämpfe mit mir selbst. Kämpfe gegen die Tränen, gegen den Schmerz, der sich in meine Brust gelegt hat, wie ein aufgeblasener Ballon, der droht jede Sekunde zu platzen. Und ich bin nicht stark genug es zurückzuhalten. Tränen laufen mir über das Gesicht, ohne das ich etwas dagegen tun kann. Der Schmerz zerreißt mich innerlich, während das Bild meines Bruders in mein Gehirn gebrannt aufflackert wie tausend Kerzen.

„Oh Bruder“, schniefe ich, „Ich bin es so satt hier zu sein. Das wird mir alles zu fiel. Warum musstest du gehen? Warum musstest du mich allein lassen? Du hast gesagt, du bleibst bei mir!“ Ich breche vollkommen in Tränen aus, sinke zu Boden, nicht einmal mehr die Kraft habend sitzen zu bleiben, „Warum kannst du nicht einfach hier sein? Der Schmerz ist einfach zu groß für mich. Die Wunden wollen einfach nicht heilen, ich weiß ich sollte stark sein, aber ich kann nicht. Ich vermisse dich so!“ Ich schluchze und ringe nach Luft, noch nie habe ich so geweint. Nicht an dem Tag als ich von seinem Tod erfahren habe, nicht als Vater starb, nicht als Mutter starb, nicht in den Jahren danach. Niemals. Nicht als ich mich verletzte, niemals. Doch ich ertrage den Schmerz einfach nicht mehr. „Deine Erinnerungen verfolgen mich, sie zerreißen mich! Es ist einfach alles zu viel für mich! Die Zeit vergeht so schnell, dein Bild verblasst vor meinem inneren Auge. Ich habe Angst dich zu vergessen.“ Ich liege am Boden unfähig mich zu bewegen, mein Körper ist wie gelähmt von dem Schmerz, dieser unglaubliche Schmerz, der sich von meiner Brust über meinen ganzen Körper ausbreitet und ihn lähmt. „Du hast mich immer beschützt, wenn es mir nicht gut ging, wenn irgendjemand mich verletzen wollte. Aber jetzt bin ich ganz allein. Deine Worte verfolgen mich jeden Tag und dein Bild verfolgt mich in der Nacht. Du hast mir immer gesagt wir müssten das Böse bekämpfen, egal wann und egal zu welchem Preis. Aber was, wenn ich mir nicht mehr sicher bin wer der Böse ist? Wenn alles andere was du mich gelehrt hast zum Bösen wurde? Wenn ich gesehen habe, was der Preis ist? Wenn ich mir nicht einmal mehr sicher bin, was noch übrig ist, für das es sich zu kämpfen lohnt? Sag mir, wie kann ich dann noch kämpfen? Bruder, komm bitte zurück und wische meine Tränen fort. Komm zurück und rette mich“ Ich schluchze wieder, „Es fällt mir so schwer einzusehen das du für immer fort bist, sehe ich dich doch imemr wieder vor mir stehen, deine Arme um mich legen. Ich kann es immer noch nicht verstehen. Ich bin ganz allein“ Verzweifelt schlage ich die Arme um meinen Oberkörper, habe ich doch Angst er könnte zerreißen. „Komm zurück“, schreie ich verzweifelt in die Dunkelheit des Raumes, obwohl ich weiß, dass keiner Antworten wird, „Warum hast du mich allein gelassen?“ Weinend und immer noch unfähig mich zu bewegen, zu denken oder irgendetwas zu tun falle ich wieder auf den Boden und weine, ich weine einfach nur. Verliere Haltung und Disziplin, verliere alles aus den Augen, was mein Bruder mich lehrte. Keine Schwäche zeigen! Ja, dass sollte ich nicht, doch ist mein Körper gelähmt vor Schmerz, vor dem Schmerz, den ich all die Jahre unterdrückte, vor dem ich davonlief und der mich jetzt eingeholt hat. Schmerz, den mein Körper nicht mehr ertragen konnte und der so stark ist, dass ich meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle habe. „Warum hast du mich allein gelassen?“, schreie ich wieder und wieder, „Warum? Warum? Warum hast du mich allein gelassen? Warum?“
 

„WARUM?“, schreie ich wieder, so laut das ich das Gefühl habe mein Hals zerreißt, so laut, dass es mir selbst weh tut, so laut, das ich das Gefühl habe mich selbst damit zu zerreißen. Und so sehr ich mir eine Antwort wünsche, so sehr weiß ich auch dass keine kommen wird. Denn er ist fort, weg, tot und er kommt nicht zurück. Niemals. Er hat mich einfach allein gelassen. Er hat mich allein gelassen. Er is einfach gegangen…einfach fort.

Mein Kopf fühlt sich taub an, mein Körper ist eiskalt und gelähmt, doch erfüllt ihn jetzt auch noch ein Gefühl, für welches ich mich selbst hasse. Hass. Hass dafür, dass er gegangen ist, dafür dass er mich allein gelassen hat. Wie kann ich nur? Wie kann ich ihn nur hassen? Meinen geliebten Bruder… Wütend auf mich selbst, reiße ich mich aus meiner Trance, obwohl sich alles immer noch taub anfühlt, alles scheint soweit von mir entfernt und die Tränen fließen weiter, unaufhaltsam. Ich ergreife mein Messer und ziehe es aus seiner Scheide. „Schlechter Mensch, ich bin ein schlechter Mensch“, murmele ich vor mich hin und starre auf das Messer, dessen Klinge sich auf meinen linken Unterarm legt, „Schlechter Mensch. Schlechte Menschen müsse bestraft werden…“ Ich ramme mir die Klinge in den Unterarm und Blut überströmt meinen Arm, doch ich spüre nichts, überhaupt nichts. Langsam ziehe ich die Klinge weiter den Arm herunter und das Blut wird zu einem kleinen Fluss, fließt über meinen Arm, mein Bein auf den schwarzen Holzboden und verbreitet sich in einer Pfütze. Und endlich spüre ich ihn, den Schmerz. Ein unglaublicher Schmerz, ein erleichterndes Gefühl. Die Erinnerungen schwinden langsam, die Tränen versiegen und das Blut fließt. Ich kann wieder atmen. Strafe und doch zugleich Rettung. Rettung. Schmerz ist Rettung. Immer tiefe steche ich das Messer, damit der Schmerz stärker wird, so stark, dass er jede Erinnerung verblassen lässt. Und langsam verschwinden die Erinnerungen, verblassen, platzen wie Seifenblasen. Mit jeder Seifenblase platzt ein Teil des Schmerzes, aber auch ein Teil meiner selbst, welches den Schmerz wieder verstärkt. Immer tiefer und tiefer drücke ich das Messer, doch die kurze Rettung ist vergangen. Es ist nur eine Rettung für einen kurzen Moment, einige Sekunden nicht länger. Aber es ist Rettung. Ich schaue auf die rote Pfütze am Boden, sie wird größer immer größer und vermischt sich mit den salzigen Tränen, die mir immer noch über das Gesicht laufen. „Schlechter Mensch“, murmele ich immer wieder vor mich hin. Mein Kopf dröhnt, die Welt draußen scheint sich auf einmal unglaublich schnell zu bewegen, das Wanken des Schiffes, die Geräusche der Crew, alles wird schneller. Ich verliere das Gleichgewicht, falle erneut zu Boden. Versuche mich aufzusetzen, doch schaffe es nicht. Ich schaue auf das Messer in meinem Arm. Es wäre so leicht, dem ein Ende zu setzen. Er solle aufhören, der Schmerz, ich kann es beenden. Endgültig. Jetzt, in diesem Moment. Es soll einfach nur aufhören. Ich versuche das Messer zu erreichen, doch bevor ich es auch nur berühren kann wird die Welt um mich rum schwarz und die Zeit für mich bleibt stehen.

Flashback die 2te

- Flashback -
 

Sanft rauscht das Meer an diesem kühlen Sommermorgen im Hafen des kleinen Dorfes „Ilusión“. Ein kühler Wind weht durch die Straßen, in denen sich die Leute ihren Arbeiten zuwenden. In einem kleinen Haus in der „Baker Street“ sitzen ein Junge und seine kleine Schwester in ihrem Zimmer auf dem Boden. „Das i-i-is-t de-r T-a-g a-n d-e-e-em d-as jü-ü-ü-ü-ng-g-g-ste Ge-er-Geri-cht ko-o-mmt“, liest das kleine Mädchen langsam aus dem dicken Buch zu ihren Füßen vor. „Du wirst immer besser Serenity“, lächelt ihr großer Bruder. „Findest du? Ich habe das Gefühl ich werde das niemals lernen“, überlegt sie traurig und starrt auf die Buchseite vor sich mit deren tausenden kleinen Zeichen und Wörtern, die ihr so fremd sind. „Ach komm schon“, ermutigt sie ihr Bruder, „andere Mädchen können das überhaupt nicht, du machst dich wirklich gut und mir fiel das auch nicht leicht am Anfang“ „Wirklich?“, fragt das Mädchen und schaut auf zu ihrem Bruder, „Das kann ich mir gar nicht vorstellen, bist du doch so ein guter Leser und Schreiber“ „Jeder fängt mal klein an“, lächelt er und fährt ihr durch das lange braune Haar, „lies weiter“ Und wieder wendet sie sich dem Buch zu und versucht die einzelnen Zeichen zu Wörtern zusammenzusetzen. „James!“, ruft eine raue Männerstimme von unten und das Mädchen zuckt zusammen. Schnell nimmt der Junge das Buch, schiebt es unter sein Bett und zieht das Mädchen auf die Beine. Die Zimmertür wird aufgerissen und ein gut gebauter, großer Mann kommt herein gestürmt. „Hast du deine Sachen schon gepackt? Das Schiff wird in wenigen Stunden ablegen!“, hallt seine Frage in dem kleinen Zimmer wieder und das Mädchen senkt traurig ihren Kopf zu Boden, während sie die Hand ihres großen Bruders ergreift. „Ja, Sir“, entgegnet der Junge seinem Vater und nimmt Haltung an. „Mach dich bereit“, befiehlt der Mann, während er das Zimmer verlässt, „Und Serenity, deine Mutter braucht Hilfe. Du sollst nicht nur faul hier oben im Zimmer rum sitzen! Geh und hilf ihr bei der Hausarbeit, dass ist schließlich deine Aufgabe!“ Die Tür fällt hinter ihm in die Angeln und die Anspannung verschwindet, zerplatzt wie eine Seifenblase. „Ich will nicht das du gehst James“, schnieft das kleine Mädchen und drückt die Hand ihres großen Bruders. „Du weißt ich muss gehen Serenity“, entgegnet er und nimmt sie in den Arm, „Ich komme doch wieder und dann nehme ich dich mit nach Port Royal“ „Und was ist, wenn du nicht wieder kommst?“, fragt sie vorwurfsvoll und schaut ihn mit geröteten Augen an, „Was ist, wenn ihr von Piraten angegriffen werdet? Wenn du verletzt wirst oder gar stirbst?“ „Ich werde nicht sterben“, beruhigt er sie sanft, „Ich lasse dich nicht allein, okay kleine Prinzessin?“ Er drückt sie näher an sich und versucht sie zu trösten, obwohl sein Herz selbst vor Trennungsschmerz weint, „Außerdem musst du doch lesen und schreiben üben. Denn du musst doch meine Briefe lesen und beantworten können“ Er lächelt das kleine weinende Mädchen an. „James…“, schnieft sie wieder. „Ja?“, erkundigt er sich und schaut sie fragend an. „Versprichst du mir was?“, möchte sie wissen und löst sich aus der Umarmung. „Alles was du willst“, lächelt er und schaut sie aufbauend an. „Versprich mir dass du wieder kommst und dass dir nichts passiert“, bittet sie ihn und Tränen laufen ihr über das Gesicht, hat sie doch von den schrecklichen Übergriffen von Piraten auf Schiffe der Royal Navy gehört. „Ich verspreche es dir“, schwört er ihr und schaut sie lächelnd an, während er ihr eine Träne wegwischt, „Du bist doch mein Herz, wie könnte ich ohne mein Herz leben?*“ „Ich hoffe gar nicht“, weint sie und fällt ihm in die Arme. Es ist ein schrecklicher Abschied für sie, liebt sie ihren großen Bruder doch so sehr, ist er doch der wichtigste Mensch in ihrem Leben. Es ist aber auch ein schrecklicher Abschied für ihn, ist seine kleine Schwester doch alles was er hat. „Serenity“, sagt er nun trocken und löst die Umarmung, „Nimm Haltung an“ Das kleine Mädchen wischt sich die Tränen weg und atmet tief durch, bevor sie sich wieder aufrichtet. „Aye, Sir“, schmunzelt sie und salutiert vor ihm. Ein Lächeln erscheint auf seinem traurigen Gesicht. „Ich muss jetzt gehen, wir sehen uns am Hafen“, verabschiedet er sich und nimmt einen Sack, voll gepackt mit verschiedenen Sachen, „Geh hinunter zu Mutter, bevor Vater noch wütend wird“
 

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* aus Blow, der Stoff aus dem die Träume sind

Erwachen

Wie aus einem schlimmen endlosen Alptraum erwache ich in das in Kerzenlicht getauchte Zimmer. Für einen kurzen Augenblick spüre ich nichts, nicht meinen Körper, nicht die kühle Luft, ich rieche nicht den stechenden Geruch von Rum und nicht den Geruch von dem warm dampfenden Brei neben mir. Doch im nächsten Moment spüre ich die Schwere meines Körpers, spüre den brennenden Schmerz in meinem linken Arm, der meine Gedanken lähmt und der mich laut aufschreien ließe würde ich mich nicht dagegen wehren. Meine rechte Hand ergreift nach meinem linken Unterarm, um den Schmerz zu nehmen oder um zu überprüfen, was der Grund für diese Schmerzen ist. Jedoch ergreift er anstand Blut oder Knochen ein bandagiertes Stück Holz, ja so fühlt es sich an. Wie ein bandagiertes Stück Holz. Nur der Schmerz lässt mich wissen, dass dieses Stück Holz zu mir gehört. Erst jetzt bemerke ich den Schmerz in meinem Hals, der mir das Gefühl gibt, nicht mehr sprechen zu können, keinen Ton mehr auszusprechen und diese Hitze, die sich in meinem Körper verbreitet und mir das Gefühl gibt als wäre alles nur ein Traum, eingepackt in Watte, so zerbrechlich wie Seifenblasen.
 

>Was ist nur passiert?<
 

Nach einiger Zeit in der mich einige Schmerzes- und Hitzewellen überkommen und ich mich an die Schmerzen und dieses komisches Gefühl gewöhnt habe, setze ich mich langsam auf. Doch diese Bewegung, die ich für meinen angeschlagenen Körper anscheinend zu schnell ausgeführt habe, wird mit einem schrecklichen schmerzhaften Pochen an meinen Schläfen bestraft und gibt mir das Gefühl, als würde mein Kopf zerspringen. Einige Minuten sitze ich so dort, konzentriere mich auf den Schmerz, akzeptiere ihn und gewöhne mich an ihn, um ihn ertragen zu können.

Erst jetzt bemerke ich wirklich die kühle Luft, die für mich wie ein Eishauch wirkt, ist doch die Decke, die mich einst bedeckte hinuntergerutscht. So schaue ich an mir herunter und bemerke geschockt, so dass mir beinahe das Herz stehen bleibt und ich für einen kurzen Moment das Gefühl habe, ich würde wieder ohnmächtig werden, wird doch alles schwarz vor meinen Augen, dass ich ohne Mantel hier liege. Tausende von Gedanken schießen durch meinen Kopf, verstärken die Kopfschmerzen und ich habe das Gefühl, als wäre mein Kopf nicht groß genug, sie alle zu tragen. Den Schmerzen resignierend falle ich zurück in das Kopfkissen, ziehe die Decke mit meinem rechten Arm wieder über mich und sieche in einer Hitzewelle, die meinen ganzen Körper gefangen hält dahin. Versuche so gut es geht das Pochen in meinem linken Arm, in meinem Kopf zu ertragen.
 

„Ah Johnny“, erklingt auf einmal eine hellauf erfreute Stimme in der Tür und Jack kommt lächelnd auf mich zu stolziert, „Wieder wach alter Kumpel?“
 

>Nein, der hat mir jetzt gerade noch gefehlt!<
 

„Scheint so Captain“, gebe ich nur schwach zurück und halte mir wieder den linken Unterarm. „Das würd ich nicht machen“, rät mir Jack und zieht meine rechte Hand wieder zurück, „Es sei denn du hast vor links einhalbarmig rum zu laufen…obwohl das schon toll wäre…“ Er legt nachdenkend den Finger an die Lippen. „Was ist passiert?“, erkundige ich mich schließlich, brennt mir diese Frage doch schon lange auf den Lippen. „Was passiert ist?“, grinst Jack hocherfreut, lässt sich auf einen Stuhl fallen und legt seine Füße auf die Bettkante, sodass seine verdreckten Stiefel direkt neben meinem Gesicht sind, „Du hast versucht mit dem Messer zu spielen. Du solltest doch wissen, das kleine Kinder nicht mit Messern spielen dürfen“ Er lacht amüsiert auf, doch erntet von mir nur ein müdes Lächeln.
 

>Ich erinnere mich<

„Ich wollte mich nicht umbringen, falls du das denkst“, stelle ich richtig. „Das habe ich auch nicht behauptet, oder?“ „Ich bin nur ausgerutscht, als ich beim Schnitzen war“, erkläre ich und schaue in die Flamme der Kerze, die neben Jack steht. Feuer… „Interessant“, ruft Jack aus und grinst wieder einmal zufrieden in die Welt hinaus, „Du hast also geschnitzt und dabei bist du ausgerutscht. Das Messer ist dann von der Armkehle bist hinunter zum Handgelenkt gerutscht…“ Er schaut mich mit hochgezogener Augenbraue an, „Also in der Regel ist das doch anders herum, oder?“ „Ich wollte mich nicht umbringen“, erwidere ich wieder, ohne den Blick von der Flamme zu nehmen. Feuer…
 

>Feuer…<
 

„Das habe ich auch nicht behauptet, ich habe nur gesagt, dass es seltsam ist. Aber was in dieser Welt ist nicht seltsam“, entgegnet Jack und steht wieder auf, „Du solltest was essen“ „Hörst du mir zu?“, fragt er kurz darauf leicht beleidigt, wie ein kleines Kind, dem man nicht genug Aufmerksamkeit schenkt. Ich bin kurz irritiert und richte meinen Blick, wenn auch nur schwer, von der Flamme wieder auf Jack. Bin ich doch davon ausgegangen geantwortet zu haben. „Was?“, kommt es von mir und ich spüre wieder diese unerträgliche Hitze in mir. „Du sollst etwas essen hat Mr Gibbs gesagt“, erklärt Jack ruhig, ungewohnt ruhig. Ich seufze kurz und wehre dann ab:„Ich hab keinen Hunger“ „Na dann“, ruft Jack lachend aus, „Trink halt etwas Rum“ „Nein danke“ „Was?“, Jack schaut schockiert drein, unwillig zu glauben, dass ich gerade Rum ausgeschlagen habe, „Es ist ernster als ich dachte“ Er lehnt sich zu mir hinunter und schaut mich prüfend an. „Vielleicht sollte ich Mr Gibbs mal fragen, ob mit dir wirklich alles in Ordnung ist“, er schaut nachdenklich nach oben und dann wieder zu mir, „Er war ja so unsicher…“ Ich atme tief durch:„Jack, kannst du mich bitte alleine lassen? Ich möchte schlafen“ „Das ist meine Kajüte!“, sagt er abweisend und verzieht seine dunklen Augen zu Schlitzen. „Soll ich gehen?“, frage ich und mache Anstalten mich aufzurichten. „Nein, nein!“, wehrt er ab und stöhnt leise, „Johnny…“ „Ja?“ Er schaut auf einmal ernst und demütig drein, „Jetzt mal ganz ehrlich Johnny-boy…willst du mir irgendetwas sagen?“ „Was?“, frage ich verwirrt, während mein Kopf immer mehr anfängt zu pulsieren. „Du kannst es Good Ol’Jack ruhig sagen. Egal was du auf dem Herzen hast“, er spricht, oder versucht es zu mindest, wie ein Vater mit seinem Sohn zu reden, „Ich bin immer für dich da“ „Jack, du machst mir Angst“, gebe ich leicht stockend zurück. Er lacht auf und schaut mich an:„Wir alle haben Geheimnisse Johnny, aber manchmal ist es gut jemanden einzuweihen, findest du nicht auch?“ „Es ist gut wenn man mit jemandem reden kann“, sage ich und schaue in Jacks dunkle Augen, damit er nicht merkt, welche Angst ich in diesem Moment habe, dass er mein Geheimnis kennt. „Du würdest mit mir über dein Geheimnis sprechen?“ „Natürlich Captain“, gebe ich zurück, obwohl ich weiß, dass ich ihn in diesem Moment anlüge. Ich damit gegen alles verstoße, was mein Bruder mich einst lehrte. „Das ist gut zu wissen Johnny-boy“, entgegnet Jack und geht zur Tür. Er atmet tief durch, öffnet sie und bevor er geht sagt er:„Denn hat man ein Geheimnis, dass einen Kopf kosten kann, so sollte man sich sicher sein, dass jemand da ist, der einen den Kopf rettet und wer würde das tun, wenn er hintergangen wird. Savvy?“

Vertrauen?!

Mein Bruder war ein stolzer Commodore der Royal Navy und mein größtes Vorbild, der wichtigste Mensch in meinem Leben. Er lehrte mich alles was ich weiß. Lesen und Schreiben, Kämpfen und Erstversorgung von Wunden. Diskutieren und überzeugen mit Argumenten. Er lehrte mich alles, er machte mich zu dem, was ich heute bin. Auf meinen Weg gab er mir fünf wichtige Grundpfeiler mit, fünf Grundpfeiler die für ihn mehr Wert waren als sein eigenes Leben. Wahrheit, Mut, Ordnung, Ehre, Disziplin. Für diese fünf Grundpfeiler war es wichtig zu kämpfen, für sie wäre er gestorben. Er war so sehr darauf fixiert sie zu erfüllen, sie aufrecht zu erhalten, dass er alles was nicht dafür kämpfte bekämpfte, es vernichtete. Alles was nicht nahezu perfekt war musste verändert werden. Wie sehr ich doch dafür kämpfte perfekt zu sein, immer ehrlich, mutig, ehrvoll, diszipliniert und ordentlich zu sein, aus Angst er könne mich nicht mehr lieben. Mein Bruder war alles was ich hatte, er war das Licht am Ende meines dunklen Tunnels. Er zeigte mir was es heißt zu leben und was es heißt zu lieben und vorallem zeigte er mir für das zu kämpfen was ich liebe.

Er sagte mir immer wieder, dass wir das Böse bekämpfen sollen, egal wann und egal zu welchem Preis. Ja das sagte er zu mir. Ich wollte dieses Ziel verfolgen, aber letztendlich…letztendlich habe ich aufgegeben. Wer sagt was gut und was böse ist? Woher soll man wissen ob etwas gut oder böse ist? Ist es böse einen Menschen zu töten, der andere Menschen unterdrückt und man sie nur so retten kann? Ist es böse? Oder zählt es als gut? Wird ein Mord zu einer guten Tat, wenn man ihn aus einem „guten“ Grund begeht? Ist es denn nicht trotzdem Mord? Mein geliebter Bruder…er hätte eine Antwort auf diese Frage gehabt. Er hatte niemals als einen seinen Prinzipien, an den Gesetzen der Krone gezweifelt. Für die Krone wäre er gestorben, für die Krone…für sie ist er gestorben. In diesem Glauben ist meine Mutter gestorben, doch ich weiß dass er für etwas anderes gestorben ist. Und wer hätte gedacht, dass diese Tatsache mich in meinen Grundfesten jemals so erschüttern würde? Er hat seine Prinzipien über Bord geworfen und hat sich für das, was er immer das „Böse“ nannte eingesetzt. Aber warum? Hat er vielleicht eingesehen, dass man die Welt nicht in gut und böse, schwarz und weiß einteilen kann? Oder wurde er einfach nur fehlgeleitet von einem Gefühl…von einem Menschen…
 

Mein Fieber ist geblieben, doch habe ich mich an den Schmerz gewöhnt, so wie ich mich an jeden Zustand gewöhne. An den Zustand ohne Vater, Mutter und Bruder zu leben, an den Zustand Pirat, ein Verbrecher zu sein. Auch wenn ich manchmal los schreien möchte vor Schmerz, so tue ich es nicht. Schmerz ertragen ist auch eine Art von Disziplin, Disziplin die mein Bruder mich lehrte und die ich auf keinen Fall ein weiteres Mal verlieren möchte. Ich weiß nicht wie es um meinen Arm steht und um ehrlich zu ein möchte ich es auch gar nicht wissen. Die Gefahr von Wundbrand und Infektionen kenne ich, hat mein Bruder mir doch viel davon erzählt und lebe ich doch schon seit zehn Jahren an Bord der Pearl. Habe ich doch schon viele Schicksale miterlebt. So viele…viel zu viele…

„Johnny“, Jack betritt wieder einmal breit grinsend die Kajüte. Ob er wohl jemals schlecht gelaunt ist? „Jacky“, entgegne ich ironisch. „Wie es scheint geht’s dir wieder gut“, grinst Jack und stellt eine Schale mit einigen Früchten neben mich. „Könnte man so sehen“, sage ich schwach und schaue auf die Bananen, Äpfel, Mangos und was es da noch so gibt. „Du brauchst Vitamine“, erklärt Jack belehrend, „Wie geht’s deinem Arm?“ „Er ist noch dran“, schmunzele ich und muss leider bemerken, dass der Schmerz stärker wird. Er grinst und reicht mir einen grünen Apfel. „Nein danke“, wehre ich ab und schaue an die schwarze Decke. „Johnny“, fordert Jack mich auf und schwenkt den Apfel vor meinen Augen hin und her, „Du wirst ganz hungrig, dein Magen grummelt und du verspürst den dringenden Wunsch nach diesem leckeren saftigen grünen Apfel, der hundert prozentig nicht vergiftet ist“ „Jack, ich will nicht“, wiederhole ich und atme tief durch. „Weißt du Johnny-boy“, fängt er an und beißt genüsslich in den Apfel, „Er, der er ja schwer verletzt, dank eines SCHNITZUNFALLs, in des Captains Bett liegt, sollte das nette Angebot des Captains, der ihm, der er ja einen Schnitzunfall hatte und deshalb schwer verletzt ist, sein Bett übergeben hat, annehmen und den leckeren Apfel in den der nette Bettspender des Schnitzunfallopfers gebissen hat essen. Savvy?“ „Na gut“, gebe ich nach und nehme Jack den Apfel aus der Hand. Zwar möchte ich im Grund nicht in Jacks angebissenen Apfel beißen, aber eigentlich ist es auch egal, haben wir uns doch schon so viel geteilt. So beiße ich in die grüne Frucht und verziehe kurz, wegen des bitteren Geschmacks, das Gesicht. Auf Jacks Gesicht macht sich ein zufriedenes Lächeln breit. Eine Stille, eine sehr merkwürdige Stille verbreitet sich im Raum, ist es mit Jack doch niemals ruhig. Es sei denn er schläft, aber selbst dann… „Hast du es dir überlegt?“, unterbricht Jack auf einmal die Stille. „Was?“, frage ich überrascht, überhaupt nicht wissend worum es geht. „Dein Geheimnis“, antwortet er kurz und lehnt sich in einem Stuhl zurück, den Blick auf mich gerichtet. „Was meinst du?“, erkundige ich mich unschuldig, obwohl ich genau weiß was er meint. „Du weißt, was ich meine“, entgegnet er unglaublich ruhig und ernst. „Ich…“, fange ich an, „Was willst du wissen? Warum willst du es überhaupt wissen? Was bringt es dir wenn du es weißt? Es gibt Gründe warum Geheimnisse Geheimnisse sind!“ Jack schaut mich nur weiter an, entgegnet nichts. „Jack!“, sage ich und schaue ihn an, „Wenn ich es dir sage, wer sagt dass du nicht…du nicht sauer bist?“ „Warum sollte ich sauer sein Johnny-boy?“, erkundigt sich Jack, lehnt sich nach vorne, stützt sich mit seinen Ellbogen auf seine Knie und reibt die Hände leicht gegeneinander. „Was hast du vor Jack Sparrow?“, frage ich ihn ruhig und atme tief durch. „Ich will wissen, was du mir verheimlichst. Denn ich habe es nicht so gern, wenn ich nicht weiß, was um mich rum geschieht“, erklärt Jack. „Ich habe dir nichts zu sagen“, wehre ich schließlich kalt ab und schaue wieder an die schwarze Decke. Jack atmet tief durch und grinst, „Das habe ich mir gedacht“ Mit einer schwungvollen Bewegung steht er vom Stuhl auf und geht in Richtung Fenster, durch das er auf das blaue Meer schaut. „Weißt du Johnny…“, sagt er und wendet sich kurz zu mir, „Das einzige, was uns von den Anderen unterscheidet ist das Vertrauen das wir ineinander haben“ „Welches Vertrauen?“, entgegne ich kalt und höre wieder die Stimme meines Bruders, die all die Verbrechen aufzählt, die Jack begangen hat, „Man kann keinem Piraten vertrauen! Das müsstest du wissen“ Jack antwortet mit einem Lächeln, „Na gut, dass du in erster Linie Kind eines Marineoffiziers bist“ „In erster Linie bin ich Pirat“, fauche ich ihn wütend an, doch besinne mich eines besseren. Warum soll ich mich von ihm reizen lassen? „Du und ich, Johnny. Wir sind anders als die anderen“, fängt Jack mysteriös lächelnd an und wankt auf mich zu, „Wir beide tragen ein Geheimnis mit uns herum, dass uns leicht den Kopf kosten könnte und wir erzählen es nicht, weil wir wissen, dass uns die Person, der wir es erzählen würden, nie mehr so sehen würde, wie sie uns zuvor gesehen hat“ „Was willst du damit sagen Jack?“, frage ich ihn verwirrt. „Ich geb dir jetzt einen Rat, den mir mal ein sehr kluger Mann mit auf den Weg gegeben hat“, weicht Jack der Frage aus, „Es kommt nicht darauf an ewig zu leben, Johnny. Sondern darauf, ewig mit sich selbst zu leben*“ Mit diesem Satz verlässt er das Zimmer und mich sehr unschlüssig zurück.
 

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* aus Fluch der Karibik, At World’s end.

Everything you can image is real

Everything you can image is real“– Pablo Picasso
 

Es ist eine Woche vergangen, seit meinem „Schnitzunfall”. Mir geht es wieder besser, was mich selbst sehr wundert, hatte ich doch mit einer Infektion gerechnet. Jack hat unser Gespräch nicht wieder aufgefasst und um ehrlich zu sein, geht er mir ein wenig aus dem Weg. Jetzt da ich endlich wieder aufstehen kann, habe ich erfahren, dass wir erneut Tortuga ansteuern. Wohl weniger um Informationen zu sammeln, als viel mehr die Crew zu besänftigen. Müde von der ganzen Herumliegerei betrete ich zum ersten mal seit einer Woche wieder das Deck. Wie schön es doch ist die warmen Strahlen der Sonne und den kühlen salzigen Wind wieder auf meinem Gesicht zu spüren, den salzigen Geschmack des Meeres wieder zu schmecken. Fröhlich nehme ich den Gesang der Möwen und das Geräusch der Wellen war. Wie friedlich doch alles hier erscheint, bis Pintel die Ruhe unterbricht:„Land in Sicht! Tortuga!“ Ein Freudenschrei geht durch die Crew und alle laufen an die Reling um das heiß geliebte Ziel zu erblicken.
 

>Tortuga…hier werde ich wohl immer wieder hin zurückkehren<
 

Ich lächele sanft über die Freude der Mannschaft und schaue, mit verschränkten Armen vor der Brust hinauf zum Ruder, wo Jack steht. Sein Blick ist sehnsüchtig hinaus aufs Meer und schließlich auch auf Tortuga gerichtet. Wie sehr er das Meer doch liebt… Doch als sich unsere Blicke kreuzen zuckt er kurz zusammen und überlässt Mr Cotton und seinem Papagei das Steuer.
 

>Was ist nur los mit ihm?<
 

Stöhnend komme ich zu Mr Gibbs:„Hey Joshamee, was hat Jack in Tortuga vor?“ „Was? Eh…nichts“, stottert Mr Gibbs verstört, geschockt, so als hätte er einen Geist (oder auch eine Frau ;)) gesehen, „Ich muss weg!“ „Eh…“, will ich noch etwas sagen, doch er ist schon fort.
 

>Verdammt nochmal! Was ist hier denn los?! Hab ich ne Krankheit oder so?<
 

Jack steigt die Treppe vom Ruder herunter und schaut mich an, so als wolle er etwas sagen. „Ja?“, frage ich auffordernd. Er macht mehrere Anläufe etwas zu sagen, doch verwirft es dann schließlich. Mit einem deprimierten Blick auf den Boden dreht er sich um. „Jack!“, sage ich und drehe ihn wieder um, „Was ist los?“ Nahezu angewidert löst er meine Hand von seinem Arm. „Warum behandelst du mich so?“, erkundige ich mich verzweifelt, „Hab ich ne Krankheit oder was?“ Er hebt die Hände hoch und macht wieder mehrere Anläufe bis er etwas sagt. Kurz stöhnend zieht er mich ein wenig übers Deck und bleibt an einem „sicheren“ Ort stehen. „Also“, fängt er an und sucht nach Worten. Dann schließlich nach endlosem drum herum reden, sagt er mit zu Schlitzen verzogenen Augen, „Hast du mit Mr Gibbs geschlafen?“
 

>Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaas?<
 

Die Frage trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht. Im ersten Moment bin ich unfähig irgendetwas zu sagen, ich schaue ihn an wie ein Pferd. Erst als ich realisiert habe, was er eigentlich gesagt hat, muss ich mir ein Lachen verkneifen. Das ist ja so absurd! „Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?“, frage ich ihn. Sein ernster und kalter Blick, lassen mir mein Lachen im Halse stecken. „Nein! Natürlich nicht!“, antworte ich ihm schließlich wehemend, „Was denkst du denn von mir?!“ „Na dann“, atmet Jack erleichter aus, „Ich dachte nur…weil er so…und du so…und alles so…“ Ein verwirrter und zugleich auch leicht enttäuschter Blick meinerseits trifft ihn.
 

>Wie konnte er nur so was von mir denken?<
 

„Ich dachte wenigstens…“, er schaut mich wie ein verletztes kleines Kind an, „das wenn, dann das du…mit mir…“ Ein noch verwirrterer, aber diesmal weitaus schockierter Blick trifft ihn.
 

>Bitte?<
 

Tief durchatmend und mich auf meine Haltung konzentrierend sage ich:„Jack, wenn ich jemals das Verlangen verspüren sollte, etwas mit einem Mann zu haben, werde ich es dich wissen lassen! Obwohl dies wohl eher nicht vorkommen wird!“ „Aber wenn doch lässt du es mich wissen“, grinst Jack mit sich selbst zufrieden. Über so viel Impertinenz kann ich nur müde lächeln und den Kopf schütteln. „Jack, du bist wirklich der seltsamste Pirat von dem ich je gehört habe“, stöhne ich. „Aber du hast von mir gehört!*“, entgegnet er, die Hände leicht in die Luft hebend. „Ich weiß, ich segele seit zehn Jahren mit dir…wäre doch seltsam dich dann nicht zu kennen oder?“ Ich lege eine Hand auf seine Schulter, während ich an ihm vorbei gehe. Jedes weitere Wort wäre wie immer mehr als überflüssig.

Kopfschüttelnd und lächelnd lasse ich mich ins Krähennest fallen. Wie kommt Jack nur dazu zu denken, ich wäre schwul? Und wie kommt er auf die Idee, dass wenn ich schwul wäre, ich etwas mit ihm anfangen würde? Er ist doch gar nicht schwul…oder etwa doch? Wäre es nicht so absurd wäre es ja witzig. Aber im Grunde ist dies ja eine riesige Beleidigung meiner selbst! Eine Kränkung! Noch schlimmer als mich navy-ich zu nennen. Nur leider muss ich zugeben, verhält sich Mr Gibbs wirklich seltsam… Woran dies wohl liegt? Jack sagte, er habe sich um mich geküm…oh!
 

>Nicht gut!<
 

Ein kalter Schock durchfährt mich. „Das ist nicht gut!“, sage ich leise zu mir selbst und mit leichter Panik in der Stimme. Doch im nächsten Moment weicht diese Panik wieder, „Aber er hat Jack nichts davon erzählt….sonst würde dieser ja nicht denken ich sei schwul…“ Grübelnd und zugleich unsicher über mein weiteres Handeln, sitze ich im Krähennest und beobachte das immernäher kommende Tortuga am Horizont. Wieder einmal kehren wir hier ein…wie jedes Mal.

_____________

* Verweis auf Szene aus Fluch der Karibik, The Curse of the Black Pearl

Samara Grace Norrington

Es ist bereits Abend und die Crew, sowie ihr Captain haben sich auf den Weg nach Tortuga gemacht und feiern schon seit den Mittagsstunden. Ich bin freiwillig zurückgeblieben und bewache das Schiff, wobei sowieso niemand ein Schiff klauen wird, sind sie doch alle viel zu betrunken.

Der Vollmond steht am Himmel, als ich das Krähennest verlasse und das Deck betrete, das in unheimliches Licht getaucht ist. Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen die Pearl ist ein Geisterschiff. Sie wirkt viel größer, nun da niemand an Bord ist. Und erst jetzt, erst nach zehn Jahren erkenne ich ihre wahre Schönheit. Natürlich war sie für mich schon immer das schönste aller Schiffe, aber nun, da niemand an Bord ist und der wunderschöne Vollmond sie in dieses helle Licht taucht, erkenne ich erst alle ihre wunderschönen Seiten. Fasziniert wandere ich über das Deck, lausche den Wellen und dem Gesang in der Stadt, den Fiedeln und Geigen. Und schon wieder werde ich daran erinnert, warum ich dieses Leben so sehr liebe. Dieser Moment, der Inbegriff der Perfektion. Nichts könnte besser oder schöner sein…

Doch im nächsten Moment ist alles auch schon wieder vorbei, höre ich doch Schritte am Kai und Rufe einer Frau, „Lass mich los!“ Erst will ich etwas tun, doch es ist nicht meine Aufgabe mich in anderer Leute Geschäfte einzumischen, bin ich doch kein Gesetzeshüter. So schreite ich an die Reling auf der gegenüberliegenden Seite des Kais und schaue aufs schwarze, stille, friedliche Meer hinaus, versuchend die Schreie der Frau zu überhören. Ich versuche mich auf etwas anderes zu konzentrieren und denke wieder an Jack, wie es immer geschieht. „Ich hab dir nichts zu sagen!“, das habe ich ihm gesagt, habe ihn angelogen. Es war keine kleine Lüge, keine einmalige, es war eine große, immer wieder kehrende Lüge. Nicht so sehr stört mich daran, dass ich ihn angelogen habe, obwohl dies schon schlimm genug ist. Viel mehr ist das Problem, worüber ich ihn angelogen habe und das ich es immer und immer wieder tue. „Lügen ist schlecht!“, das war einer der Grundpfeiler mit denen ich seit meiner Geburt erzogen wurde. Ehrlichkeit war das wichtigste, unterscheidet es uns doch von Verbrechern, wie mein Bruder immer sagte. Aber was ist Ehrlichkeit in einer falschen Welt? Warum lügen selbst Priester? Warum lüge ich? Warum lüge ich immer wieder? Ehrlichkeit ist eine große Tugend und schwer zu tragen. Niemand kann immer ehrlich sein. Niemand. Und wenn ich ehrlich bin, dann weiß ich warum ich lüge, nicht aus Angst vor Bestrafung, wie es die anderen Menschen tun. Nein, sondern weil die Wahrheit so unglaublich weh tut. Deshalb ist lügen auch notwendig. Wir versuchen die Wahrheit zu ignorieren und zu leugnen, weil wir sie nicht ertragen können. Deshalb lügen wir, deshalb lüge ich…

So grübele ich darüber, was ich Jack „angetan“ habe und es funktioniert, die Schreie der Frau verschwinden aus meinen Gedanken, bis dann die Schritte auf unser Deck führen und ich mich umdrehe. Es ist Jack! Wäre auch ein Wunder gewesen, wenn er einmal nichts damit zu tun gehabt hätte. Er zerrt eine Frau mit sich. Eine wunderschöne Frau. Schwarze lange Haare, gift-grüne Augen und eine goldbraune Haut. Eine wunderschöne Frau, wie ich sie nur einmal kannte und deren Ähnlichkeit mit dieser anderen Frau mir den Atem stocken lässt.
 

>Mum….<
 

„Hey Johnny, lass dich nicht stören“, bringt Jack nur heraus, während er die sich sehr gut wehrende Frau unter Deck schleift. „Lass mich los du Bastard“, schreit sie nur wild um sich schlagend, bis ihre Stimme mit dem Zufallen der Tür verhallt.
 

>Mum… aber das…ist unmöglich…<
 

Wie erstarrt stehe ich immer noch an meinem angestammten Platz, während mir tausende von Gedanken durch den Kopf schießen, bis ich schließlich eine, wenn vielleicht auch fatale Entscheidung treffe. Ich reiße mich aus meiner Trance und laufe unter Deck, folge dem Weg, den Jack zurückgelegt hat und höre schon von weitem das Fluchen und Schreien der Frau.
 

>Verzeih mir Jack…<
 

Ich schlage die Tür zur Kapitänskajüte auf, wo ich Jack sogleich erblicke, die Frau aufs Bett drückend und versuchend sie zu entkleidend. Wenn auch mit wenig Erfolg. „Johnny-boy, was ist los? Du hast doch gesehen, dass ich beschäftigt bin!“, kommt es vom schwer atmenden Piraten vor mir vorwurfsvoll. „Lass sie los“, fordere ich ihn kalt auf und endlich verhallen die Schreie der Frau. „Was?“, fragt Jack verwundert, lässt von der Frau ab und dreht sich zu mir. „Lass sie los, Captain“, wiederhole ich kalt und schaue auf die Frau, die sich aufgestellt hat und nun wegrennen will. Jack ergreift sie und hält sie, wenn auch mit Problemen fest. „Warum sollte ich das tun Johnny-boy?“, erkundigt sich Jack und wirft sie aufs Bett, „Das ist ganz allein meine Sache“ Er setzt sich auf sie und wendet sich dann an sie, „Sei ein liebes Mädchen und halt still, damit sich Good Ol’Jack und sein kleiner Freund unterhalten können“ „Jack, zum letzten Mal, lass sie los!“, herrsche ich ihn wieder an und weiß, dass es ein Fehler und ein Verrat an Jack ist. Ein Verrat, für den ich mich selbst hasse. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass ich Jack belogen habe, muss ich ihm jetzt auch noch in den Rücken fallen. „Du kannst sie ja auch gleich haben“, bietet Jack mit Unschuldsmiene an. „Captain, ich meins ernst“, ich schaue ihn durchdringend an und stöhne kurz, „Bitte zwing mich nicht die Waffe auf dich zu richten Jack“ Verwundert schaut er mich an, setzt dann jedoch ein Grinsen auf und steigt von ihr herunter. „Hast du wieder das Ufer gewechselt?“, grinst Jack, „Sag das doch gleich! Ich hätte sie dir direkt überlassen“ „Jack!“, schreie ich ihn wütend an, „Ich bin nicht schwul! Beiweilen nicht einmal ein bisschen! Ich war es nicht, ich bin es nicht und ich werde es niemals sein! Also hör endlich auf damit!“ „Alles klar Schätzchen“, sagt er und im vorbeigehen flüstert er mir ins Ohre, „Und wenn ihr fertig seid, bin ich immer gerne für dich da“ Noch bevor ich ihn zurechtstutzen kann, hat er schon den Raum verlassen. Den ganzen Zorn, die ganze Kränkung herunterschlucken schaue ich auf die Frau vor mir, die erschrocken und verängstigt zugleich an die Wand gedrückt auf dem Bett sitzt. „Komm mir nicht zu nahe!“, knurrt sie und schaut mich finster an. „Beiweilen junge Miss“, ich gehe auf das Bett zu, während sie zurückweicht und lasse mich darauf nieder, „Mir liegt im Moment nichts ferner, als mit Ihnen irgendwelchen Beschäftigungen nachzugehen“ „Verschwinde du… dreckiger Pirat“, faucht sie mich wieder an und langsam werde ich gereizt. „Verdammt noch mal“, schreie ich sie wütend an und baue mich vor ihr auf, „Ich will Sie nur einmal daran erinnern, dass ich Ihnen gerade geholfen habe! Denn Sie sahen mehr als hilfsbedürftig aus!“
 

>Ganz ruhig…das bringt doch alles nicht. Beruhig dich wieder<
 

Tief durchatmend setze ich mich wieder aufs Bett und werfe der schockierten Person neben mir einen Apfel zu, den sie auffängt. „Essen Sie etwas“, sage ich und schaue auf den Boden vor mir, die Ellbogen auf meine Knie gestützt, „Wir müssen wohl einige Zeit hier drin bleiben. Sonst kann ich Sie wieder vor Jack retten“ Irritiert von meinen Worten beißt sie in den grünen Apfel. Es herrscht einige Zeit Stille in welcher ich mich meinen Gedanken hingebe, die so verwirrend und unrealistisch sind, dass ich das Gefühl habe den Verstand zu verlieren. „Warum hast du mir geholfen?“, unterbricht die zitternde Stimme der jungen Frau die Stille. „Ich habe meine Gründe“, antworte ich und richte meinen Blick auf ihre gift-grünen Augen, diese gift-grünen Augen, wie ich sie schon so lange nicht mehr gesehen habe, „Aber wenn es Ihnen lieber ist, kann ich Sie auch wieder zu Jack schicken“ „Nein!“, ruft sie aus und bereut diesen Ausruf auch sofort wieder, „Wer bist du?“ „Wer ich bin? Ein Niemand. Ein Verräter von Gottes Gesetz, ein Verbrecher“, entgegne ich und schaue sie an, fahre jeden Millimeter ihres wunderschönen Gesichts mit meinen Augen ab, „und Ihr?“ Und als hätte ich es nicht geahnt, fing mein Herz doch schon vorher so stark an zu schlagen, kommt diese Antwort, die mich wie einen Schlag in den Magen trifft, innerlich zu Boden gehen lässt, mich betäubt, mich verletzt. Fragen über Fragen aufwirft und alte, schmerzhafte nur langsam verheilte Wunden wieder aufreißt. „Samara“, ist ihre unsichere Antwort, „Samara Grace Norrington“ Unfähig irgendetwas zu sagen starre ich sie nur an. Starre und starre, Minute für Minute. Versuche verzweifelt die Gedanken in meinem Kopf zu sortieren, ihrer Antwort eine Logik zu geben. Doch gibt es nur zwei logische Antworten und die eine wäre so unglaublich, dass sie beinahe gar nicht existieren könnte und die andere, wäre so schmerzhaft, so verletzend und vertrauen raubend, dass sie einfach nicht wahr sein darf.
 

>Samara? Aber…nein…sie…nein…<
 

„Du kannst nicht Samara sein“, ich steige langsam auf und gehe zur Tür, „Samara ist gestorben, noch als sie ein kleines Kind war!“ Bedächtig öffne ich die Kajütentür, „Verschwinde!“ Ein erschrockener, fragender Blick von dieser angeblichen Samara trifft mich, „Aber ich bin Samara, ich kenne doch meinen Namen!“ Und etwas passiert mit mir, etwas, dass ich immer verhindern wollte. Eine Wut, Enttäuschung, eine unglaubliche Enttäuschung und die Gewissheit über eine so große Lüge, die über Jahre, über mehr als zehn Jahre unterdrückt wurden, werden entfesselt. Ich ziehe mein Schwert und stürme auf die junge Frau zu. Angst und Panik spiegeln sich in ihren grünen Augen wieder und ihr schwarzes Haar weht, während sie versucht fortzulaufen. „Samara ist tot!“, brülle ich wütend und mein Schwert schlägt knapp hinter ihr in der Kajütenwand ein. „Nein“, schreit sie verzweifelt und läuft weiter fort, „Hilfe!“ Sie stolpert und fällt vor mir zu Boden, ihr dunkelrotes Kleid verbreitet, wie eine Blutlache, ihre grünen Augen voller Panik, ihre goldbraune Haut übersäht mich Schweißperlen, ihre vollen Lippen zitternd vor Angst. „Niemand zieht ihren Namen in den Schmutz“, knurre ich wütend und hebe das Schwert, „Niemand zieht Samaras Namen in den Schmutz!“ Kurz vor des Betrügers Brust wird die Klinge meines Schwertes von einer anderen davon geschlagen. Wütend richtet sich mein Blick auf Jack, der sich nun schützend vor die junge Dame stellt. „Geh mir aus dem Weg!“, befehle ich mehr als wütend, merke, wie ich keine Kontrolle mehr über mein Handeln habe, meine Wut, meine Kränkung die Kontrolle übernimmt und nur eins will, Rache. „Johnny-boy, also ich habe nichts gegen verschiedene Praktiken beim Sex, aber den Partner dabei umzubringen… na ja, das finde ich nicht so ganz in Ordnung“, entgegnet Jack grinsend. „Geh aus dem Weg, das hat nichts mit dir zu tun“, fordere ich ihn wieder auf, „Geh weg, oder ich töte dich“ „Magst du mich denn so wenig?“, fragt Jack mit kindlicher Miene und kann gerade noch so einen Schlag meinerseits parieren. „Hey, hey, ganz langsam mit den jungen Pferden“, versucht er mich zu beruhigen, doch es prasselt nur weitere Hiebe, die er zwar nur schwer, aber parieren kann. Die junge Frau ist inzwischen schon fortgelaufen, was mich nur noch weiter erzürnt und mich Jack nur noch stärker und zügelloser angreifen lässt.

Die Wahrheit kommt immer ans Licht

„It’s a basic truth of the human condition that everybody lies. The only variable is about what.” – Hugh Laurie, Dr. House
 

Es war ein harter, unerbittlicher Kampf zwischen mir und Jack. Meine Klinge geführt von Hass und Verzweiflung, schmerzhafter Erinnerung, Enttäuschung auf nichts anderes sinnend als Rache und Jacks Klinge geführt von der Hoffnung seinen alten „Freund“ zu beruhigen ihn nicht zu verletzen, war seine letzte Verletzung doch immer noch nicht verheilt. Oft hatte ich Jack getroffen, mehrmals an Armen, Beinen, aber auch einmal im Gesicht, zierte deswegen nun dort eine nicht sehr tiefe Schnittwunde über dem linken Auge sein Gesicht. Über eine halbe Stunde hatten wir gekämpft bevor ich, unter dem Blutverlust, der wieder aufgerissenen Narbe an meinem Unterarm zusammenbrach und selbst dann wollte ich noch weiter kämpfen. Unersättlich war mein Hunger nach Rache, nach Erlösung und unerträglich ist nun das Schuldgefühl, welches mich quält.

Wieder liege ich auf Jacks Bett, habe wieder Haltung verloren, bin Jack wieder in den Rücken gefallen, wurde wieder mit meiner Vergangenheit konfrontiert. Aber was noch viel viel schlimmer ist: Ich habe Jacks Leben gefährdet, ich wäre bereit gewesen ihn ohne zu zögern zu töten. Ich hätte ihn einfach getötet… ein schwerer Schmerz legt sich in meine linke Brust, ein Gefühl das Tränen in meine Augen steigen lässt, Verrat, ich habe ihn verraten. Sein Vertrauen enttäuscht. Etwas, das ich mir selbst geschworen hatte niemals zu tun. Niemals…war es doch viel zu schmerzhaft, um es jemandem anzutun.
 

Jack betritt den in Kerzenlicht getauchten Raum. Meine Wunde hat er wieder verbunden, sie erneut ausgebrannt, sie versorgt. Doch seine Wunden hat er nicht angerührt. Er kommt mit einer Schale Wasser wieder, einer Flasche Rum und einem Tuch. Langsam taucht er das Tuch ins Wasser und fährt mit dem feuchten Tuch über meine Stirn. Warum tut er das? Das macht alles nur noch schlimmer. „Jack…“, sage ich leise, fast unhörbar und so voller Scham, voller Enttäuschung über mich selbst. „Aye?“, fragt er und legt das Tuch wieder ins Wasser. Sein gebräuntes, wunderschönes Gesicht über mir und seine wunderschönes dunkelbraunen Augen in die meinen schauend. „Es tut mir Leid“, entschuldige ich mich und spüre, und ich kann nicht glauben das ich dies wirklich tue, Tränen über mein Gesicht laufen, „Ich weiß, dass was ich getan habe ist unverzeihlich, aber…es tut mir Leid“ Nein, ich darf nicht weinen! Nicht vor Jack, nicht jetzt, nicht deswegen. Aber ich tue es. Ich weine, vor Jack. Ich weine. „Shhht“, haucht Jack und wischt meine Tränen mit einem feuchten Tuch weg, „Ganz ruhig“ Es ist still, man hört nur das leise Rauschen der Wellen und ganz leise, fast nicht hörbar, die Musik der Geigen und Fiedeln. „Es ist schon okay“, sagt Jack leise. „Ist es nicht“, schniefe ich und versuche mich langsam zu beruhigen, „Ich habe dich verraten, bin dir in den Rücken gefallen. Ich habe dich angelogen…“ Er wischt mir wieder die Tränen weg „Jack, ich habe ein Geheimnis, aber ich kann es dir nicht sagen, weil … ich kann nicht“ Unaufhaltsam fließen meine Tränen weiter, genau wie das Blut aus Jacks Schnittverletzung, das sich langsam seinen Weg über sein Gesicht bahnt. Ich fühle mich geborgen bei ihm. Was soll ich denn sagen? Ich fühle mich einfach geborgen bei ihm. So absurd das auch klingen mag. „Beruhige dich“, flüstert Jack und wischt wieder meine Tränen weg, „Es ist in Ordnung, jeder hat Geheimnisse und ich habe dich ja auch mehr als einmal angelogen“ „Aber nicht so“, entgegne ich und beruhige mich, bringe die Tränen zum versiegen und bemerke erst jetzt wie nah mir Jack eigentlich ist. Sein Körper mehr oder weniger auf dem meinigen liegend…nicht gut! Er schaut mich mitleidig an und wischt ein letztes Mal mit dem nassen Tuch über mein Gesicht, bevor er mir einen Kuss auf die Stirn gibt.
 

>Nicht gut…<
 

Mein Verstand ist immer noch gelähmt und mein Herz blutet vor Leid. Ich muss es ihm sagen, muss es wieder gut machen. Aber ich kann es ihm nicht sagen. Ich kann nicht. „Johnny, ich muss dir was sagen“, flüstert Jack leise und bedächtig. Nicht gut! „Jack, ich muss dir zuerst was sagen“, bestehe ich, obwohl ich es nicht möchte, es alles was ich in den zehn Jahren aufgebaut habe zerstören kann. „Was denn?“, fragt er lächelnd und ich habe das ungute Gefühl, dass was auch immer Jack mir sagen möchte, ich lieber nicht wissen möchte. „Ich…“, stammele ich vor mich hin, zum ersten Mal Jacks Geruch nach Meer, Rum, nach Freiheit wahrnehmend, „Ich bin…nicht…der für den du mich hälst. Ich bin nicht…John Christopher Richard Every“ Er lächelt, „Und? Die meisten Leute, die Piraten werden legen ihren Namen ab und nehmen einen andern an“ Ich stöhne leicht, „Das meine ich nicht“ Mir wird schlecht, habe ich doch solche schreckliche Angst es ihm zu sagen. Will ich es ihm doch gar nicht sagen. „Sondern?“, erkundigt er sich und sein Gesicht sinkt näher an das meinige, so nah, dass ich seine Wärme spüre, seine unglaublich schöne Wärme.
 

>Nicht gut!<
 

„Jack, bitte“, sage ich, jeden Zweifel aus meinem Herzen bannend, „Sei nicht böse“ „Das bin ich nicht“, entgegnet er und schaut mich bannend an. Ich atme tief durch und besinne mich kurz auf die Worte meines Bruders „Wenn der Tag unseres Todes, an dem über uns gerichtet wird, kommt, dann sollten wir ihm tapfer und erhobenen Hauptes entgegentreten. Denn wir haben nichts zu befürchten, außer unserer Angst.“ Stelle ihn mir in seiner Uniform vor, wie er voller Stolz auf seinem Schiff steht. Ein sanftes Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit. „Ehrlichkeit ist das Einzige was uns von Verbrechern unterscheidet“, das hatte mein Bruder immer gesagt und er hatte Recht. Ich bin kein Verbrecher!

„Ich“, atme tief durch, mache mich bereit, mir selbst den letzten Schups in Richtung Totenreich zu geben, „Ich bin kein Mann“ Ein breites Grinsen macht sich auf seinem nun auf der linken Seite mit blutverziertem Gesicht breit, seine Augen leuchten auf, „Ein sehr schöner nebenbei“ Ich schaue ihn verwirrt an, meine Angst ist wie zerplatzt, wie eine Seifenblase. Anstatt ihrer findet sich jetzt nur noch Verwirrung und Unsicherheit. „Ich weiß das du eine Frau bist“, erklärt er sanft und schaut mich bedächtig an, „Wer hätte geglaubt das du es so lange durchhältst? Eigentlich dachte ich es fällt schon nach einer Woche irgendwem auf, oder wenigstens nach einem Monat…aber du bist gut“ „Was?“, entfährt es mir erschrocken und enttäuscht, tausendmal lauter als in dem stillen, bedächtigen Ton, in dem wir vorher sprachen. „Hey, glaubst du ich hab es nicht gemerkt“, entgegnet er wieder leise und grinsend, „Ich bin Captain Jack Sparrow, Liebes“ „Aber du…“, stammele ich verwirrt, „Wir waren auf Tortuga und du… und die Frau eben und…du wolltest doch das ich….und das mit Mr Gibbs…und du hast dich vor mir umgezogen“ „Warum sollte ich mich vor dir schämen?“, grinst er, „Ich hab doch nen tollen Körper“ Ich blicke ihn ungläubig an. „oder?“ „Eh…“, entfährt es mir nur und ich merke wie meine Anspannung schwindet. Warum macht es mir auf einmal nichts mehr aus? „Du zögerst!“, Jack schaut mich geschockt und enttäuscht an, „Also bis jetzt hat sich noch keine Frau bei mir beschwert….“ „Wie lange weißt du es schon?“, frage ich die Frage, die auf meinen Lippen brennt. „Seit ich dich das erste Mal sah“, er fährt mit seinen beringten Fingern über mein Gesicht, „Du bist das Ebenbild deines Bruders“ „Und wieso wusstest du dann, dass ich ein Mädchen bin? Er hätte auch einen Bruder haben können“ „Er hat es mir gesagt“, entgegnet Jack sanft, während seine Finger über mein Gesicht fahren und ich muss bemerken, auch wenn ich es nicht so empfingen sollte, dass es ein wunderschönes Gefühl ist, „Auch wenn er mich nicht mochte, so hatten wir doch eine sehr tiefgründige Unterhaltung“ Ich schaue ihn fragend an und er scheint überrascht, dass ich seinem Handeln, über mein Gesicht zu fahren, keinen Einhalt gebiete. „Er hat mir von seiner Schwester erzählt, die Lord Beckett heiraten sollte und das er, wegen ihr, unbedingt zurück zur Navy muss und seine Ehre und die Ehre eurer Familie wiederherstellen. Er habe dir versprochen dich zum Altar zu führen. Gott, wie er dich liebte“, er lachte leise, aber keinesfalls höhnisch, sondern eher voll Respekt und traurig auf, „Er hat gesagt, du bist der wichtigste Mensch in seinem Leben, wichtiger als Lizzie, wichtiger als er selbst“ „Das war er auch für mich“, sage ich traurig und schaue hinunter auf Jacks Brust. Zwar wollte ich zu Boden schauen, aber Jack sitzt im Weg, so schaue ich auf seine Brust. „Wir holen ihn ja zurück“, erinnert mich Jack und ich spüre seinen warmen und rumhaltigen Atem auf meiner Haut, „Er wird sich freuen seine geliebte Schwester wieder zu sehen“ „Was willst du von ihm?“, frage ich eine Frage, die mich so lange schon quält. „Nur eine einfache Antwort, mehr nicht. Eine Antwort, die nur er mir geben kann“, antwortet er sanft lächelnd und mein Blick richtet sich wieder in seine wunderschönen braunen Augen. „Welche?“ „Shht“, flüstert er leise und legt sich langsam neben mich, „Nicht sprechen…“

Schwer, heiß...so empfand ich meinen Körper. Schwer wogen meine Glieder, die mich auf den weichen Grund drückten und mir die Luft abschnürten. Heiß brannte das Feuer auf meiner Haut und in meinem Innern, welches mir die wenige Luft entriss und mein Herz rasen lies, gleich einem aufgeregten Gaul der über eine Weide galoppiert. Mein Atem war schwer und jeder Atemzug kam der Anstrengung einer langen Reise gleich. Die Hitze, die meinen Körper gefangen hielt, schien unaufhaltsam zu steigen, obwohl ich im selben Moment unerbitterlich fror und zwischen Hitze und Kälte hin und her gerissen wurde. Während mich eine Hitzewelle erfasste und meinen Körper, gleich einer heißen Klinge durchfuhr, verspürte ich in dem gleichen Moment den Schock einer unmenschlichen Kälte auf meiner Stirn, die mich ins Gesicht schlug, wie ein Fehdenhandschuh. Ich schnappte nach Luft, doch meine Lunge schrie auf vor Schmerz und ein metallener Geschmack stieg in meinen Mund, während der Reiz in meinem Rachen mich zum Husten brachte. Immer noch die Augen geschlossen, das Rauschen des Blutes in den Ohren, spürte ich ein Brennen in all meinen Organen und hörte aus weiter Ferne ein leises:„John...Johnny“ Ich atmete und hustete, und mit jedem einzelnen Atemzug, mit jedem Husten brannte meine Lunge auf, brannte mein Körper und wurden meine Glieder schwerer. In meine Nase drang der Geruch nach Rum und Meer, aber ebenfalls der Duft von nassem Holz. Ich versuchte die Augen zu öffnen, nur einen Spalt. Doch alles was ich sah war verschwommene Dunkelheit und ein heller Schein. Erneut erfasste mich eine Hitzewelle, traf mich gleich einem harten Schlag in den Magen, warf mich zurück und ich schloss, schmerzhaft, abschweifend die Augen. „Nein, nein, nein. Johnny, hey, Johnny-boy...bleib schön bei uns“, erklang wieder dieses Stimme, die ich nicht einmal als solche wahrnahm, „Schön wach bleiben, werd nicht wieder ohnmächtig. Du musst wach bleiben Johnny“ Auf den Ruf der Stimme, die mir so bekannt und doch so fremd erschien, versuchte ich deren Aufforderung Folge zu leisten. Obwohl die Hitze und die Schwere meines Leibes, das Brennen meiner Organe, mich immer weiter in die Benommenheit trieben, so versuchte ich das wenige Leben in mir wieder zu beleben. Mein Herz schlug schneller und schneller, ich wollte schreien, doch als ich meinen Mund öffnete um solches zu tun, so entfloh ihm nichts mehr als ein Zug warmer Luft. Hitze durchschlug erneut meinen Körper und von Schmerzen gepeinigt riss ich meine Augen auf. Doch statt Klarheit verschwamm vor meinen Augen das Bild, welches ich erhoffte zu sehen, zu einem großen facettenreichen Farbenmeer. Auf der unerfüllten Suche nach einem festen Punkt, einem Halt, schweifte mein Kopf ziellos umher und die Zeit schien stillzustehen, während die Ohnmacht wieder drohte Oberhand über mich zu gewinnen. „Johnny“, eine warme Hand ergriff mein Haupt und richtete es auf einen dunklen Farbpunkt, der wie ich, auch nicht klaren Verstandes, einem Menschen, welchem auch immer, zuordnete. „Hey, hörst du mich?“, fragte dies Wesen, dessen Hand immer noch meinen Kopf in Richtung hielt. Ich nickte, benommen, in einer halben Ohnmacht, gleich dem Augenblick bevor man einschläft. Ebenso wenig wie die fehlende Klarheit vor meinen Augen, blieb mir auch das Gefühl meines Körpers fern. Er war wie eine Hülle, auf die ich keinen Einfluss hatte und deren Hitze erneut stieg, während die Schmerzen meiner Organe mir wieder zu Bewusstsein riefen, dass es sich hierbei um meinen Leib handelte. „Johnny....“, entfernte die Stimme sich erneut wieder und das Bild, welches sich vor meinen Augen darbot, verlor an Glanz, verlor an Farbe und zuletzt hatte die Ohnmacht diesen Kampf gewonnen.
 

Aus der kalten Dunkelheit der Benommenheit erwachte ich, wie aus einem sehr tiefen Schlaf. Der Schmerz, die Hitze all dies erschien nun wie ein Leid aus einem Traum, wie ein Leid aus einer weitentfernten Zeit. Keine Hitze, die meinen Körper verbrannte. Keine Schwere, die meine Glieder zu Boden drückte. Eine angenehme Frische erfüllte meinen Körper, eine sanfte Brise streifte meine Haut, eine unglaubliche Leichtigkeit lies meinen Leib nahezu schweben. Das Rauschen meines Blutes war den Geräuschen der sanften Wellen gewichen und der Geruch des feuchten Holzes dem einer salzigen Meeresbrise. Nach einem kurzen Augenblick der Still, in dem ich die Weichheit meiner Unterlage bemerkte, öffnete ich langsam meine Lider. Und zu meiner Verblüffung erblickte ich ein klares Bild. Meinen Kopf nach rechts drehend, blickte ich auf ein volles Bücherregal und eine alte große Truhe zu dessen Seite, welche beide vor der schwarzen Holzwand standen. Ich setzte mich langsam auf und, auch wenn ich damit rechnete, verspürte ich keinerlei Schmerz. Meinen Blick nach vorne richtend, erblickte ich einen großen Schreibtisch mit allerlei Papier darauf, einigen Flaschen Rum und einem großen Sessel. Direkt dahinter war ein großes Fenster, welches den Blick auf den Ozean preisgab. Ich lag in einem weichen Federbett, bedeckt mit einer dicken weißen Decke und mein Kopf getragen von einem weißen Kissen. Unwissend was zu tun, was geschehen war oder wo ich überhaupt war, erhob ich mich. Werde allerdings sofort von meinem doch deutlich angeschlagen Körper zurück in die weiche Matratze gezwungen.

Ein dumpfes Geräusch außerhalb des Raumes riss mich nach einiger Zeit aus meiner Eintönigkeit, die ich seit dem Erwachen verspürte, da ich immer noch nicht in der Lage aufzustehen, vielmehr erlaubte es mir mein Körper nicht. Das Geräusch das in gleichmäßigen Abständen wiederhallte kam näher und verstummte schließlich vor der Tür des Zimmers. Als diese geöffnet wurde, schloss ich wie aus Reflex meine Augen, als wollte ich mich selbst vor einer unglaublichen Grässlichkeit schützen. Die Tür wurde wieder geschlossen und die Schritte verstummten erneut neben meinem Bett und ich spürte wie sich etwas oder jemand neben mich niedersetzte. Eine Hand legte sich auf meine Stirn und kurz darauf stand wer auch immer wieder auf, um das Fenster ein wenig zu öffnen. Nachfolgend klopfte es an der Tür und ein trockenes „Herein“ gab die Erlaubnis des Eintritts. „Wie geht es ihm, Captain?“, erklang eine Stimme an der Tür und eine andere aus der Richtung des Fensters antwortete:„Gut. Er ist nur nicht willig sich mit uns Gesindel abzugeben“ Der Witz in seinen Worten war unverkennbar und so war mir mit einem Mal klar, um wen es sich hier handelte. Ich öffnete meine Augen einen Spalt weit und tatsächlich, am Fenster stand der große, gebräunte Mann mit schwarzen verfilzten Haaren, dem alten abgetragenen Ledermantel und dem alten Hut. „Die Crew wird langsam unruhig. Sie wollen wissen was mit ihm ist. Ich kann ihnen nicht ständig sagen, ihm ginge es gut. Sie wollen ihn endlich sehen“, erklärte die Stimme, die eindeutig zu Mr Gibbs gehörte. „Mr Gibbs. Was gedenken Sie denn bitte soll ich tun? Wenn unser lieber Johnny-Boy lieber in seinen zuckersüßen Träumen mit schnuckeligen Mädchen seine Zeit verbringt, kann ich ihn ja wohl kaum aus dieser watteweichen Welt reißen, nur damit ein paar verschwitzte, dreckige, wenn auch gute, Piraten ein wenig Zeit mit ihm verbringen möchten. Was ich, möchte ich nebenbei einmal bemerken, sehr interessant finde. Gibt es da ein Geheimnis was unsere Crew mit dem netten Johnny verbindet?“, legt Jack los und zieht beide Augenbrauen in die Höhe. Mr Gibbs war fassungslos über diese Antwort, mit der er eindeutig nicht gerechnet hatte. „Nicht das ich wüsste, Captain“, antworte ich also, an Stelle des Angesprochenen und zwei überraschte Augenpaare trafen mich. „Johnny...-boy, seit wann hast du dich denn aus deiner watteweichen Welt mit den zuckersüßen Schnuckelschnäuzchen zu uns gesellt?“



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Kommentare zu dieser Fanfic (25)
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Von: abgemeldet
2008-07-07T17:40:54+00:00 07.07.2008 19:40
wäh!!! jetz hab ich gedacht würde mal was erfahren was ich noch nicht weiß! *flenn* Aber es war trotzdem spannend!^^
Von: abgemeldet
2008-07-05T16:47:39+00:00 05.07.2008 18:47
aha... es wird ja immer geheimnisvoller!!! hoffe du bekommst ne gelegenheit möglichst schnell die nächsten kapitel on zu stellen!!! ^///^
Von: abgemeldet
2008-07-05T16:39:24+00:00 05.07.2008 18:39
interessantes argument von jack... ^__^
Von: abgemeldet
2008-07-03T18:08:36+00:00 03.07.2008 20:08
oh! du hast blow eingebaut!!! der film ist soo toll!!! von dem zitat will ich jetzt mal gar nicht reden wie toll das ist! ^///^
es ist definitiv kein schlechtes flashback falls du das denkst!^^
Von: abgemeldet
2008-07-01T16:47:20+00:00 01.07.2008 18:47
verdammt! ist das... mir fällt da kein wort für ein sorry.... voll ergreifend... ich kann mir das so gut vorstellen... wie real halt... *schock* O.O
Von: abgemeldet
2008-07-01T16:17:44+00:00 01.07.2008 18:17
wow hey!!! das is ja voll mega spannend!!! WAAAHHH! *schrei*
ich finds echt voll gut!!!! ^///^
Von: abgemeldet
2008-07-01T15:49:19+00:00 01.07.2008 17:49
„Denn er, der er nicht erfreut ist dort hinzufahren, würde ja nie zu geben das er nicht erfreut ist dort hinzufahren, da alle andern ja erfreut sind und der der nicht erfreut ist ja nicht die Freude derer, die sich freuen dort hin zu fahren, auf das zerstören wollen würde auf das er sich nicht freut, aber sich die anderen freuen. Ist es nicht so?“

musste jetzt sein... XD also der satz ist mal echt überzeugend, sehr realistisch XD voll geil. hey! ist vielleicht doch ganz gut, dass du alles noch mal überarbeitest: es kann ja nur besser werden! *zuversichtlich ist* =)
Von: abgemeldet
2008-06-17T06:00:09+00:00 17.06.2008 08:00
Hallo!^^ Da du dich ja entschieden hast deine story noch mal umzuändern muss ich da ja dann auch mal was zu sagen! ^___^
Aaaaaaaaalso: Ich find dem brief voll schön und find ihn als prolog voll passend!!! *BIG SMILE* les dann auch die anderen kapis so schnell wie möglich!!! ;)

lg calico_anne_rackham
Von: abgemeldet
2008-06-09T12:16:29+00:00 09.06.2008 14:16
ohhhhhhhhh... ^^ na endlich! ^____^

also jacks kommentare sind ja echt mal geil! XDXDXD

Bin ja mal gespannt, wie du jetzt weitermachen willst! ... *gespannt wart* ^^
Von: abgemeldet
2008-06-01T18:46:51+00:00 01.06.2008 20:46
lolz... das is soooooooooooooo geil!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!^^ ich mag die story immer mehr!!!!!! ;)


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