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Velours Noir

"schwarzer Samt" - Kapitel 2 online
von

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Interdépendance

Kapitel Zwei: Interdépendance
 

Musik:

- Max Buskohl – „Hit the Road Jack“, „When you were Young“

- Christina Stürmer – „Scherbenmeer“

- P!NK – „So What“

- Peter Fox – „Alles neu“

- Curse – „Freiheit“

- Linkin Park – „Leave out all of the Rest“
 

Gelassen zog er an seinem Joint. Der süßliche Duft stieg ihm in den Schädel, benebelte ihm Kopf und Geist. Es brannte ganz leicht in seiner Nase und seinen Lungen. Ihm wurde die Stirn schwer. Er konnte die Augenlider kaum offen halten. Er fühlte sich befriedigt. Zufrieden. Innerlich eins. Diese Ruhe hatte er nur, wenn er sich sein Gras reinzog. Mochten die anderen davon halten, was sie wollten. Es war sein beschissenes Leben, dass er mit dauerhaften Konsum von Drogen hinschmiss, nicht ihres.
 

Besänftigt schloss er die Augen. Zwar war gerade wegen seiner Sucht schon mehr als eine Beziehung in die Brüche gegangen – er dachte dabei an seine letzte Freundin, TenTen, die seine große Liebe gewesen war und das meinte er ernst –, aber egal, wie sehr er jemanden liebte. Die Liebe zu seinem Marihuana war größer als alles andere. Es gab ihm dieses Gefühl des inneren Friedens, des körperlichen Zusammenhalts. Etwas, das selbst die gütigste Frau der Welt nicht bieten konnte. Denn mit denen gab es immer wieder mal Streit und Stress. Und seit er einmal von dieser unbeschreiblichen Harmonie gekostet hatte, war er umso weniger gewillt, es aufzugeben. Inzwischen war er so abhängig davon, dass er es nie wieder opfern wollte.
 

Aber kurzzeitig spürte er einen unerklärlichen Stich in der Herzgegend. Verwirrt blinzelte er. Ein Gedanke huschte durch seinen benebelten Schädel, klein und unbedeutend, kaum der Rede wert, aber dieser rauchige Gedanke durchzog den Nebel und machte auf sich aufmerksam. Diese Verfärbung seines Bewusstseins erweckte ihn aus der trägen Müdigkeit. «Aber wenn TenTen es nur akzeptiert hätte, dann hätte ich mit ihr die Ewigkeit verbringen können. Sie war einzigartig…»
 

Shino griff sich an den Kopf, wo sich plötzlich ein heftiger Schmerz von den Schläfen aus über die gesamte Schädeldecke ausbreitete. Zittrig ließ er den Joint fallen, bevor er sich stöhnend zusammenrollte. Wie in seine embryonale Urform zurückgekehrt, krümmte er sich und drückte sich gegen die Lehne seines Sessels.
 

Er keuchte. „Aufhören“, wisperte er und kräuselte die Stirn in dem naiven Irrglauben, dass es dadurch gelindert werden könnte. “Aufhören!“
 

Doch der Schrei vibrierte in seinen Schädelknochen und verstärkte den Schmerz seiner Migräneattacke ins Unermessliche. Shino wand sich, als könnte er sich vor dem Leiden wegducken, aber jede Bewegung schien es zu verschlimmern. Stöhnend rollte er sich unbeabsichtigt von dem Sessel und knallte hart zu Boden, sodass der physische Schmerz in Rücken und Arm kurzzeitig den im Kopf ausblendete. Danach kehrte die Pein mit doppelter Intensität zurück. Wimmernd rutschte und robbte er vorwärts zu seinem Tisch, wo er in einem Schubfach sein Aspirin aufbewahrt hatte. Auf den Bauch gerollt, drückte er sich mittels der Kraft seiner Beine voran, wobei er konsequent ignorierte, dass er sich seine Knie durch die zerfetzte Hose aufscheuerte. Allmählich schaffte er es, sich aufzuraffen und auf allen Vieren zu krabbeln, als wäre er in das Stadium frühester Kindheit zurückgefallen und finge erst wieder an, das Laufen zu erlernen. Für ein paar Sekunden musste er innehalten, als er den Tisch erreicht hatte. Atemlos hob er langsam den Arm, um das Schubfach zu öffnen. Als er seine Hand hineinsteckte, um nach der Packung zu tasten, durchzuckte ihn mit einem Mal eine schlagartige Bewegungslosigkeit, dass sich sein Denken ausschaltete und er nicht einmal verwundert darüber sein konnte, dass er in eine spontane Starre verfallen war. Es dauerte eine gefühlte Minute, die eigentlich nur maximal drei Sekunden sein konnten, war er nicht fähig, auch nur ein Glied zu bewegen. Seine Kiefer pressten sich wider seinem Willen zusammen und jeder seiner Muskeln, auch seine Nerven standen wie unter elektrischem Strom, dass er nach diesem Moment der Unbeweglichkeit in sich zusammensackte, da die Muskeln sich ruckartig lockerte. Er blinzelte.
 

Zitternd, als ob sein Körper einen einstündigen Dauerlauf hinter sich gebracht hatte, griff Shino nach der Kautablette. Ihm war zum Würgen zumute, als er das Aspirin zerbiss und dann die Speiseröhre hinunter zwängte.
 

Benommen schaffte er es auf zwei Beinen zu seinem Sessel zurückzukehren.
 

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„Du bist nur noch mit lernen beschäftigt. Du hast gar keine Zeit mehr für mich! Ich bezweifle auch mal ganz stark, dass du dich überhaupt noch für mich interessierst!“, brüllte er ihr entgegen und schmiss eines ihrer Bücher laut polternd zu Boden. Fassungslos sah sie von der Lektüre zu ihm und wieder zurück. Sie konnte es nicht ertragen, ihn anzusehen. Sie hatte noch nie einen so… verletzten Ausdruck in seinen Augen gesehen, als wäre irgendetwas in ihm zersplittert und das wegen ihr. Sie spürte einen heftigen Schmerz in der Brust, doch gleichzeitig schob sich ein anderes Bild vor ihr inneres Auge, das ihr Leid abmilderte und sie sogar eine gewisse Verachtung ihm gegenüber empfinden ließ.
 

Wütend funkelte sie ihn an und schrie zurück: „Wenigstens tu ich was für meine Zukunft und arbeite ernsthaft! Du hängst doch bloß faul auf deiner Haut! Du wirst nie was erreichen! Du bist ein Nichtsnutz!“
 

Vielleicht bereute sie ihre Worte darauf, vielleicht auch nicht. Sie wusste es nicht. Sie blickte zu ihm, sah Bilder vergangener Zeiten vorbeiziehen und erkannte, dass sie ihn dieses Mal wirklich tief getroffen hatte. Sie hatten sich schon oft gestritten, aber heute ahnte sie, dass sie zu weit gegangen war. Viele hätten diese Worte ignoriert oder sie wären ihnen egal gewesen. Aber nicht ihm. Ihr war klar, dass dies der Punkt war, der ihn sehr berührte. Von vielen wurde er als Versager gesehen, weil er schlechte Noten hatte, Schwierigkeiten in der Schule und eventuell Legastheniker war, auch wenn dies noch nicht offiziell bestätigt worden war. Und jetzt hatte sie, die Person, die er aufrichtig liebte, ihn auch so genannt.
 

Naruto starrte auf den Parkettboden, als könnte er dort die Wahrheit der Welt lesen. Seine Schultern bebten, aber Sakura wusste, dass er vor ihr niemals weinen würde. Immer wollte er stark sein, damit niemand seinen seelischen Schmerz erahnen konnte. Und da, ja da, tat es ihr plötzlich leid. Die Schuld überspülte sie wie eine heiße Welle, aber es lähmte sie, sodass sie nicht dem Strom entgegen schwimmen konnte, sondern sich treiben lassen musste. Hilflos musste sie mit ansehen, wie sich sein Körper plötzlich spannte. Seine sonst so warmen, lebensfrohen hellblauen Augen strahlten nun eine Eiseskälte aus, die sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Sakuras Unterlippe bebte; die Furcht stieg ihr die Kehle hinauf. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und knallte hinter sich die Tür zu.
 

Es war das erste Mal seit langem, dass Sakura weinte.
 

*~*
 

Inzwischen war sie damit beschäftigt, sich die Haare mit ihren Händen zu kämmen. Wenn die Tränen dabei waren zu versiegen, brachen sie erneut hervor. Ihre grünen Augen waren gerötet und brannten fürchterlich, aber das interessierte sie in ihrem Zustand nicht. Selbst das Ziepen ihrer Haare, wenn sie einen Knoten erwischte, war ihr momentan egal. Gerade hasste sie sich. Sie hatte Naruto Unrecht getan, obwohl er immer bemüht war, ihr Gutes zu tun, ihr das Leben angenehm zu machen und, dass sie sich wohl fühlte mit ihm. Er war zärtlich zu ihr, hatte immer ein offenes Ohr für sie. Sakura wusste, dass sie mit ihm jemanden gefunden hatte, mit dem man eine sehr lange Zeit zusammen bleiben konnte, vielleicht auch bis zum Lebensabend. Doch der Gedanke erschreckte sie immer wieder aufs Neue.
 

Naruto war ihr erster Freund. Davor hatte sie zwar schon diverse Liebeleien gehabt, aber es war nie länger als ein Monat gewesen, doch der Blondschopf, wie sie ihn liebevoll nannte, war nun schon seit knapp zwei Jahren mit ihr zusammen und hatte ihr die Jungfräulichkeit geraubt. Aber sie konnte sich einfach nicht vorstellen, mit ihm das gesamte Leben zu verbringen, so wie er es sich wünschte. Es mochte egoistisch und auch schlampenhaft klingen, aber sie wollte schlichtweg nicht nur einen Mann gehabt haben. Sie wollte auch einmal ein Abenteuer und die Erfahrung, Sex mit jemand Anderem gehabt zu haben.
 

Zwar war ihr Sex mit ihm nicht schlecht, das wollte sie nicht bestreiten, aber sie hatte nun mal keinen Vergleich. Und allmählich war das Ganze schon so vertraut, bekannt und gewissermaßen auch routiniert, dass sie sich nach einer Abwechslung sehnte.
 

„Sasuke“, wisperte sie verstohlen und schämte sich zugleich. Sie hatte eben gerade einen Streit mit Naruto gehabt, ihrer ersten großen Liebe, und dachte dann wieder an seinen besten Freund. Sie spürte, wie es sie innerlich zerriss. Sie konnte es nicht leugnen, dass sie sich in den schweigsamen und exotischen Uchiha verliebt hatte. Der Schwarzhaarige strahlte erotische Versprechungen aus, derer sie sich nicht verwehren konnte. Ihr war klar, dass sie damit Naruto unglaubliche Schmerzen zufügen würde, wenn sie sich nicht zurückhielt. Aber gleichzeitig sperrte sie sich damit in einen Käfig der Verpflichtung und stellte ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zurück, nur um ihn glücklich zu machen. Aber war das richtig? Natürlich nicht. Das war auch ihr klar. Vielleicht würde sie irgendwann an seiner Seite wandeln, ohne irgendein Gefühl für ihn noch übrig zu haben, nur um ihn nicht zu verletzen. Und sie wäre unglücklich bis ans Ende ihrer Tage.
 

„Aber… ist es schon so weit? Liebe ich ihn nicht mehr?“
 

Sakura trat ans Fenster, nachdem sie sich mühsam aus ihrer sitzenden Position erhoben hatte. Sie wurde von dem heftigen Wunsch überfallen, jemanden zum Reden zu haben, der sich jetzt ihr Problem anhören würde. Aber ihre Eltern waren arbeiten und ihr Vater wäre sowieso nicht der richtige Ansprechpartner, ihre Mutter nur bedingt. Sie wusste genau, dass ihre Oka-san sehr angetan von Naruto war. So eine Art „perfekter Schwiegersohn“. Wahrscheinlich würde sie sie überreden wollen, es noch weiterhin mit ihm zu versuchen.
 

Aber sie fühlte diese… Veränderung in sich. Dieser Umbruch. Der Wunsch nach einem Wandel in der Struktur ihres öden Lebens. Selbst wenn das hieß, Naruto verlassen zu müssen, denn es war eine Tatsache, dass sie mit ihm in die Stagnation verfallen würde. Das zeigte sich schon jetzt. Sie wollte etwas im Leben erreichen, Ärztin werden wie ihre Tante. Oder Chirurg wie ihr Onkel. Und Naruto, der jetzt im Abschlussjahr war wie sie selbst, hatte immer noch keine Ahnung, was er mal tun sollte und würde vielleicht in der Gosse enden. Sie wollte ihn nicht durchfüttern müssen.
 

Ihr Herz schmerzte. „Noch nicht. Noch ist es nicht so weit“, sagte sie leise, während sie ihren Kopf gegen die kühle Scheibe lehnte. Das tat ihren überhitzten Wangen unglaublich gut.
 

Ja, momentan würde sie es noch nicht über sich bringen können, sich von ihm zu trennen, denn er war nun einmal ihre erste Liebe. Und die Angst, danach alleine zu bleiben, war größer als die Gewissheit in Trostlosigkeit das Leben zu verbringen. Noch waren die Gefühle für ihn zu stark, aber sie wurden Tag für Tag schwächer.
 

Deshalb brauchte sie noch bestimmt zwei Stunden, bevor sie ihn anrief, um sich zu entschuldigen. Er klang überglücklich und erleichtert. Sie hingegen fühlte sich verlogen und schlecht. Sie quälte sich durch das Gespräch.
 

Es wurde Zeit für einen neuen Haarschnitt, erkannte sie.
 

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Ino
 

Mir brummte der Schädel, obwohl… es war mehr das Gefühl, dass er angeschwollen war und nun mit dreifachem Gewicht auf den Schultern ruhte. Ich konnte mich kaum vom Bett aufrichten. Ich hasste den Kater am nächsten Tag, wenn das Beschwingtsein vorüber war und die harte Realität über einen hereinbrach. Meine verklebten Augen bekam ich nur schwerfällig auf und musste auch sofort wieder blinzeln, als mich das grelle Licht blendete. Ich wirbelte meinen Arm herum und er landete hart auf der anderen Seite. Ich hatte viel Platz und strich über die Bettlaken.
 

„Moment“, murmelte ich und blickte zu der Seite. Danach verdrehte ich innerlich die Augen. Natürlich. Er lag nicht neben mir.
 

Ruhelos ließ ich meinen Blick durch sein Zimmer schweifen, entdeckte ihn aber nirgends. Nur viele Bögen Papier, auf denen er Skizzen und andere diverse Zeichnungen gekritzelt hatte. Aber von Sai war nichts zu entdecken. Aber was erwartete ich? Er trank nie, machte eigentlich nie wirklich Party und kam nur mit ins Dust, weil er es keinen Tag ohne mich aushielt und die Nächte schon gar nicht. Selbstredend war er dann früher wach, da er keinen Rausch auszuschlafen hatte.
 

Manchmal hasste ich ihn, weil er so ein Langweiler war. Er saß im Dust meistens im Vorraum, wenn ich mit Tanzen oder Trinken beschäftigt war. Wenn wir uns mit Freunden unterhielten, stand er meist schweigend daneben. Warf hin und wieder ein Wort ein, aber es war weder ein Lacher, noch irgendwie anders für das Gespräch wichtig. Er war nicht interessiert an meinen Freunden und seinen stellte er mich nicht vor – wenn er denn überhaupt welche hatte. Er wirkte wie ein zurückgezogener Intellektueller und ich war das Dummchen an seiner Seite, eine Rolle, die mich ankotzte.
 

Aber andererseits… war er ein unglaublich aufmerksamer Mensch. Er war immer da, wenn ich ihn brauchte. War eine Stütze in Zeiten der Not. Er –
 

„Na, bist du wach?“, fragte eine sanfte, leise Stimme und ich blickte benommen zur Tür. Dort stand mein langweiliger Freund, ein Tablett in den Händen, auf dem ich eine dampfende Schüssel und eine Tasse erkannte. „Wie wär’s mit einem Katerfrühstück?“ Er lächelte mich auf diese besondere Art an, so wie er es immer tat – halbherzig und irgendwie nicht echt, aber trotzdem höflich und freundlich. Ich hatte ihn noch nie ehrlich lachen sehen. Vielleicht war er dazu noch nicht einmal in der Lage.
 

„Arigatou“, wisperte ich und versuchte jeden Lärm zu vermeiden. Mein Schädel schien bei jedem Ton zu vibrieren. Zögerlich griff ich nach dem Tee und nippte daran. Eine Kräutermischung, die mir nach einer heftigen Partynacht schon öfters geholfen hatte. Er war heiß und wärmte meinen Bauch, der aber auch mit einem Warnen reagierte, dass ich nicht übertreiben sollte. Ich wollte mich gern daran halten. Deshalb löffelte ich auch nur ganz sacht die Reissuppe, die er extra für mich gemacht hatte.
 

Ich beobachtete ihn aus meinem Augenwinkel. Das war dann wieder einer der Momente, in denen ich dachte, ich hätte den Mann fürs Leben gefunden. Aufmerksam, absolut treu und liebevoll. Er hatte eine eigene Wohnung, einen Job und sogar ein kleines Auto. Wenn ich irgendwas mit Kindern am Hut gehabt hätte, dann hätte er auch der Vater meiner Nachkommen sein können, weil er sich sicher gut um sie gekümmert hätte. Aber ich fand Kinder ätzend. Sie waren nervenaufreibend und kostet Unmengen an Geld, das man nicht zurückbezahlt bekommen würde. Sie weckten einen mitten in der Nacht, weil sie entweder Hunger, Durst, Angst oder sich ins Bett gemacht hatten. Ich wollte mein Leben nicht jemanden aufopfern, der mir nichts zurückgeben könnte. Es gehörte mir und es war kurz genug. Wieso Jahre dann noch an ein Kind verschwenden?
 

„Wirst du dich heute noch mit Sakura-san und Naruto-san treffen?“, fragte mich Sai, der mit scharfen Augen genau beobachtete, ob ich ja alles aufaß. Er war der Meinung, ich äße zu wenig und ich wäre zu dünn. Wieso fand er mich dann dennoch attraktiv? «Man verstehe doch mal die Kerle», maulte ich innerlich und zwang den nächsten Löffel hinunter. Allmählich war es dann doch zu viel.
 

So gut es ging, zuckte ich mit den Schultern. Eigentlich wollte ich heute mit Naruto, Sakura, Sasuke und noch ein paar anderen eine Hausparty schmeißen. Den Alkohol hatte ich schon besorgt, ebenso hatte ich CDs rausgesucht, die gespielt werden sollten, aber wie immer würde ich das auf den letzten Drücker entscheiden. Immerhin litt ich mal wieder an einen Kater – zwar sollte man dann da weitermachen, wo man aufgehört hatte, aber ich wartete immer bis zum Abend, wie mein Zustand es zuließ. Manchmal ging es mir soweit gut, dass ich ohne Probleme noch mal feiern konnte. Natürlich hatte ich auch schon eine Party geschmissen, obwohl mir noch der Kater vom Vortag in den Knochen saß, aber diese Feiern waren grauenvolle Szenarien gewesen, die von Filmrissen erzählten und vom Erbrechen. Jedoch weil man nicht wissen konnte, wie lange man lebte, und wie viele Partys man noch mitmachen konnte, stürzte ich mich immer mal wieder ins Getümmel. Es kam nur selten vor, dass ich zuhause blieb.
 

Aber irgendwie hatte ich das dumme Gefühl, das heute so einer war.
 

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Sie hasste dieses Geräusch.
 

Es war ein schriller, hoher Piepton, der von ihrem rechten Ohr durch ihren Gehörgang zum linken Ohr zu wandern schien. Oder war es in ihrem Inneren und drang durch beide Seiten nach außen? Sie konnte es nicht bestimmen, aber sicher war – sie hörte diesen verdammten Ton immer und immer zu und es machte sie halb wahnsinnig.
 

In solchen Momenten der Stille, wenn alles ruhig war und man nichts hören konnte, schraubte sich ihr Tinnitus in die Höhe, als ob er sie verspotten und noch mehr peinigen wollte. Deswegen verabscheute sie die Ruhe.
 

Entnervt schlürfte sie zu ihrem Radio und stellte die Musik an. Sie hätte nicht gewusst, was sie tun sollte, wenn sie nicht diese Ausweichmöglichkeit gehabt hätte. Sie schraubte es zu einer mittleren Lautstärke. Das Geräusch in ihrem Ohr verschwand nicht, wurde aber überdeckt. Nur wenn sie sich intensiv darauf konzentrierte, konnte sie das Piepen zwischen der Melodie noch hören. Aber sie war nicht so dumm, das zu tun. Wenn sie eines in der Zeit, in der sie unter diesem Symptom – ihr Ohrenarzt hatte ihr deutlich gemacht, dass Tinnitus keine Krankheit, sondern lediglich ein nicht effektiv zu behandelndes Symptom war – litt, gelernt hatte, dann war es, dass sie es vermeiden sollte, bewusst diesen Ton erlauschen zu wollen. Es würde sie nur noch wahnsinniger machen, als es das jetzt schon tat.
 

Sie seufzte. Manchmal wünschte sie sich, dass sie auch wüsste, wie es war, Stille hören zu können. Aber ihre Stille war immer erfüllt mit einem einzigen Geräusch. Schon seit sie acht Jahre alt gewesen war. Den Grund kannte niemand. Vielleicht hatte es etwas mit ihrem Sport zu tun, den sie als Kind effektiv betrieben hatte. Sie konnte sich schließlich nicht daran erinnern, jemals einem zu lauten Geräusch ausgesetzt gewesen zu sein, der dann einen Hörsturz oder Tinnitus verursacht hätte. Was es auch war… sie war zu spät gekommen, es zu behandeln, denn als Kind hatte sie sich nicht getraut, ihren Eltern davon zu erzählen, um vielleicht noch etwas zu retten. Jetzt musste sie sich bis zum Ende ihres Lebens damit herumplagen.
 

TenTen seufzte wieder. Das waren tolle Zukunftsaussichten. Schließlich hatte sie vielleicht noch so 50 oder 60 Jahre noch vor sich. Und manchmal hegte sie jetzt schon den Wunsch, sich ihre Ohren zu durchbohren.
 

Besonders bei Klausuren oder Tests und stillen Arbeiten war es ein Grauen. Sie konnte sich kaum konzentrieren, weil das Piepen so laut war. Und sie konnte schlecht ihre Dozenten drum bitten, einen MP3-Player anmachen zu dürfen, nur, um das Geräusch zu überdecken.
 

Sie warf sich auf ihr Bett und drückte ihr Gesicht ins Kissen. Sie würde schon irgendwie damit klar kommen. Hatte sie die letzten Jahre ja auch irgendwie bewerkstelligt.
 

Gerade als sie dabei war, sich vollkommen zu entspannen und in ihre liebste Gedankenwelt abzudriften, in der alles so lief, wie sie es sich wünschte, wo es keine Therapie und keine nervlich kranke Mutter gab, da ertönte ein anderes Piepgeräusch. Und zwar eines, das TenTen manchmal noch mehr hasste, als das in ihrem Kopf.
 

Sie hatte eine SMS bekommen.
 

Sie griff nach ihrem Handy und las die Nachricht.
 

Lust, dich mal wieder mit mir zu treffen? Haben uns eine Weile nicht gesehen, Hübsche. ;) Kankurou
 

Einerseits freute sie sich und sie spürte ihr Herz leicht schneller schlagen. Andererseits war sie auch ein wenig genervt, denn er konnte ziemlich anstrengend sein. Aber Kankurou war zuweilen auch unheimlich charmant, wenn er denn wollte. Sie genoss die Dates mit ihm, auch wenn sie ihn hin und wieder etwas zu aufdringlich fand. Doch das machte er mit Höflichkeit wieder wett. Sie überlegte kurz, was sie ihm antworten sollte. Sie wollte ihn wiedersehen, definitiv. TenTen konnte sich mehr mit ihm vorstellen und sie war ihrer Meinung nach lange genug wieder Single gewesen – und mit einer neuen Liebe konnte man am besten über eine alte hinwegkommen. Aber sie war vorsichtig, was derlei Dinge betraf, weshalb sie ihn etwas auf der kurzen Leine hielt. Sie drehte sich einmal auf dem Bett herum und wog alle Eventualitäten ab.
 

Schließlich gelangte sie dennoch zu der Einsicht, dass es sich lohnen könnte.
 

Sie antwortete ihm, dass sie ihn gern wiedersehen würde.
 

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Nach Ewigkeiten ein neues Kapitel, wow ^^ Ich hatte einfach irgendwann die Lust an dem Thema verloren, obwohl ich das Kapitel schon lange angefangen hatte. Nun ja. Hier werden erst einmal diverse Beziehungsprobleme aufgerollt. ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2010-04-29T14:42:08+00:00 29.04.2010 16:42
Hui ^^
hab grade durch Zufall gesehen, dass hier ein neues Kapi zum Lesen bereitsteht, als ich meine Favo-Liste durchgegangen bin =D

Ich mag das Kapi... es ist sehr tiefgründig und das, obwohl zu jedem Chara nur eine kurze Squenz zur Verfügung steht. Großartige Leistung!
Gruseliger Weise kann ich mich mit Sakura ziemlich gut identifizieren...unheimlich...>.<...

Naja mach weiter so ^^
Ich mag diese FF und würde mich freuen wenn du sie weiter schreibst, selbst wenn es lange dauert bis neue Kapis rauskommen =)

Liebe Grüße
Yaki-Chan

PS: Kannst du mir vllt per ENS Bescheid sagen wenn es weiter geht?
Von:  KeKsi
2010-01-22T23:59:24+00:00 23.01.2010 00:59
Hei~
Mein Kommi wird jetzt nicht so lange dauern. Und leider hab ich auch nicht so viel Zeit dafür.
Aber hei, mir gefällt das Kappi genau wie das erste...
Du beschreibst alles so gut, dass man auch gleich alles mitfühlen kann. Und auch mitvorstellen kann.
Das finde ich an einer FF sehr wichtig, dass die FF auch irgendwie realistischer ist.
Bin gespaannt auf das nächste Kappi~
Von:  Golemsauge
2010-01-09T06:36:01+00:00 09.01.2010 07:36
Hallihallo. Ich muss sagen, dass mich deine FF bisher wirklich sehr anspricht. Du schreibst sehr detailliert und schaffst es in jedem einzelnen Abschnitt, einem die Charaktere nah zu bringen. Man muss mit jedem von ihnen mitfühlen. Man kann gar nicht anders, als sich ihre Geschichten zu Herzen zu nehmen. Das kann man wirklich nur über eine handvoll Geschichten sagen. Du hast meinen Respekt.
Zu den Abschnitte im Einzelnen: Shinos und Tentens Teil haben mir am besten gefallen (obwohl ich beide nicht zu meinen Lieblingscharakteren zähle :D). Überhaupt finde ich es ja schon super, dass mal jemand etwas aus Shinos Sicht schreibt. Das ist schon ziemlich selten. Mehr davon bitte. :) Auch ist er bisher der erste Junge, aus dessen Perspektive du schreibst. Ich hoffe, es bleibt auch nicht der Letzte.
Deine Tenten ist auch sehr interessant. Eigentlich finde ich sie sonst total langweilig, aber durch den Tinnitus, hast du sie für mich interessant gemacht. Das lese ich hier zum ersten Mal und ich bin gespannt, wie du es im weiteren Verlauf der Story noch einbringen wirst.
Etwas geärgert hat mich Sakura, aber das liegt an meiner Liebe für Naruto und auch das Pairing NaruSaku. Das lässt mein Herz bluten. Aber mal meine Pairingvorlieben außen vor gelasssen, finde ich auch sie als Charakter sehr spannend. Ich denke, das Gefühl etwas zu verpassen, bei dem Gedanken, sein ganzes Leben nur mit einer Person verbracht zu haben, ist durchaus plausibel (auch wenn ich Sakura gerne dafür den Hals umdrehen würde, dass sie im Grunde nur noch darauf wartet, dass durch ihre eigene Distanz ihre Gefühle für Naruto alllmählich abflauen). Na ja, im Grunde wünscht sie sich ein sexuelles Abenteuer und keine komplett neue Beziehung, obwohl ihr das selbst nicht zur Gänze klar zu sein scheint.
Zu guter Letzt noch Ino und Sai. (Entschuldige, ich muss einmal kurz fangirlen. Way, Sai is such an adorable brat. Love him. *__*) So, genug davon. Okay, ich liebe Sai und Ino mag ich auch verdammt gerne. Zusammen sind die beiden auch in Ordnung, immerhin ist das hier AU (im Canon sehe ich für die beiden einfach keine Grundlage), aber egal, darum geht's hier nicht. Oder doch? Auf jeden Fall gefiel mir die Stelle, als Ino meinte, dass sie nicht gerne die Rolle des "Dummchens an seiner Seite" hat. Da sehe ich einiges an Potential was die Charakterentwicklung angeht. Ansonsten war dieser Abschnitt leider etwas langatmig und nicht ganz so interessant wie der Rest, aber man erfuhr, wie Ino ihren Sai sieht, und das ist ja auch wichtig zu wissen.

Ich hoffe, du schreibst demnächst weiter. (Vielleicht mal aus Hanabis Sicht? Ich mag die Kleine, aber so wenige schreiben über sie. Auch über ein Wiedersehen mit Temari würde ich mich sehr freuen.)

Liebe Grüße,
Golemsauge


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