Zum Inhalt der Seite

Das Auge des Ra (J&S)

"Wüstensand"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Das Flüstern der Sterne (ohne Adult)

Für alle, die das 8. Kapitel aufgrund der Adultbeschränkung nicht lesen konnten, habe ich es hier noch einmal in zensierter Fassung.
 

Begleitmusik: http://www.youtube.com/watch?v=eN9wdNNn2bg Prince of Persia Soundtrack

http://www.youtube.com/watch?v=aTAmfkx7Gbc&feature=related Yuki Kajiura – Desert Sunset
 

Kapitel 8

Das Flüstern der Sterne
 

Jono starrte ihn verwirrt an.

„Wie war das?“, fragte er, um sicherzugehen, dass er ihn auch richtig verstanden hatte.

„Es war ein Ausrutscher, Prinz Kail. Ein Versehen. Ich ... war nicht ganz Herr meiner Sinne. Der Schreck darüber, dass dieses Gesindel es immer noch wagt, sich in den Straßen von Men-nefer herumzutreiben, muss meine Sinne verwirrt haben. Solltet Ihr daraus einen falschen Schluss gezogen haben, tut mir das für Euch leid.“

„Aber, Seth ...“

„Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet, Euer Hoheit, ich habe zu tun.“

Ohne ihn noch eines weiteren Blickes zu würdigen, marschierte er an Jono vorbei und aus dem Raum. Dieser fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Sein Blick blieb an einer der Fliesen hängen, mit denen der Raum ausgelegt war. In den Stein war ein feines Muster eingearbeitet. Jono konnte es nicht glauben. Er wollte es nicht glauben. Das konnte doch nicht wahr sein! Er musste träumen.

Tränen lösten sich aus den braunen Augen und tropften auf den Stein. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, während er noch gegen die Tränen ankämpfte.

„Das ist nicht wahr. Das ist nicht wahr“, flüsterte er. „Wie kann er das ein Versehen nennen.“
 

Der Hohepriester des Amun-Ra schritt in schnellem Tempo durch die Gänge des Palastes, den Millenniumsstab fester als nötig mit der Hand umklammert. Sein Vorhaben, in sein Arbeitszimmer zu gehen und sich um den noch nicht gelesenen Bericht über die letzten Abgaben an den Tempel zu kümmern, rückte mit jedem seiner Schritte weiter in den Hintergrund. Er war sich sicher, sich ohnehin nicht auf die Hieroglyphen konzentrieren zu können und es hatte keinen Zweck, wenn er alles dreimal lesen musste und es doch nicht in seinem Kopf ankam.

„Meister Seth, würdet Ihr kurz –“

Er wandte sich zu dem Mann, einem Priester aus dem Tempel des Ptah, und erwiderte nur: „Nicht jetzt.“

Ohne weitere Erklärung ließ er den Mann stehen. Er brauchte Ruhe, wenigstens für eine Weile Stille, um seinen Gedanken die Möglichkeit zu verschaffen, sich zu ordnen. Mitten im Gehen verharrte er. Es gab einen Ort, an den er gehen konnte. Einen, wo er nicht gestört wurde. Seth drehte auf dem Absatz um und stürmte in die andere Richtung davon. Er verließ den Palast durch einen Seitenausgang, nahm eine Abkürzung über die Gartenanlagen und kam auf der Allee der Sphingen, ganz in der Nähe des Tempelbezirks des Amun-Ra, heraus. Als wichtigstem Gott von Kemet gebührte ihm die größte Anlage der Stadt, die von einer Mauer vom Rest von Men-nefer abgeschirmt wurde. In der Nähe des Tempels, unweit der Wohnstätten der Priester, die auf dem Gelände lebten, befand sich der heilige See, in dem die Priester zweimal am Tag und zweimal in der Nacht badeten.

Seth durchschritt die fünf Pylone, die großen steinernen Toranlagen, die dem eigentlichen Tempel vorgelagert waren und mit ihren Seitenmauern verschieden große Vorhöfe bildeten. Die anwesenden Priester und ihre Schüler, die auf dem Tempelgelände im Schreiben und Lesen der Hieroglyphen und vielen anderen Künsten unterrichtet wurden, grüßten ihn ehrfürchtig, doch er beachtete sie kaum. Beinahe blind ging Seth an ihnen vorbei. Der sechste Pylon brachte ihn in das Innere Heiligtum, zu dem nur die höher gestellten Priester Zugang hatten. Hier war es schon um einiges ruhiger. Er überquerte den Hof, betrat den Tempel und verneigte sich tief, wie es der Brauch verlangte. Als sich hinter ihm die Tür geschlossen hatte, umfing ihn die Ruhe, nach der er so gesucht hatte.

Die Luft war mit dem Duft von Weihrauch und anderen duftenden Harzen und Kräutern geschwängert, die von den Priestern verbrannt wurden, um die Götter zu erfreuen. Das leise Flackern der Öllampen, deren Lichter in der leichten Brise flatterten, war das einzige Geräusch, das an Seths Ohr drang. Er atmete tief ein und aus, um seine Atmung und seinen Herzschlag zu beruhigen, die durch seine Hetze in Aufruhr geraten waren. Der hohe blaue Hut wurde auf dem Kopf zurechtgerückt, dann erst durchquerte er gemessenen Schrittes den Vorraum. Das Allerheiligste war durch einen bodenlangen, zart gewebten Vorhang vom Rest des Tempels abgetrennt und nur den höchsten Priestern und dem Pharao zugänglich. Hier stand die Statue des Gottes, gehüllt in kostbare Stoffe, zu ihren Füßen die ihr dargebotenen Speisen auf goldenem Geschirr. Der große Gott war in seiner menschlichen Gestalt mit Falkenkopf und Sonnenscheibe samt Uräusschlange dargestellt.

Seth kniete vor dem steinernen Abbild des Gottes nieder und legte die Hände zum Gebet zusammen.

„Warum nur, großer Amun-Ra, warum legt Ihr mir solch eine Prüfung auf? Was ging in Euch vor, dass Ihr ein Geschöpf schuft, das so ... vollkommen zu sein scheint? Dem Ihr statt Haar Eure Strahlen verliehen haben müsst ...“

In der letzten Nacht hatte Seth lange vor dem kleinen Schrein gekniet, der sich in seinen Gemächern befand, und die Götter um eine Eingebung angefleht. Die Gefühle, die mit dem Kuss des Hethiters auf ihn eingestürmt waren, waren ihm fremd und machten ihm Angst und gleichzeitig zogen sie ihn an und riefen nach mehr. Er hatte kaum ein Auge zugetan und überlegt, was er tun sollte. Eine Verbindung zwischen ihnen war ein Ding der Unmöglichkeit. Er war ein Priester des Amun-Ra und Kail ein Prinz der Hethiter. Mit dem Tag, an dem er seine Gelübde abgelegt hatte, hatte er sich für immer an diesen Tempel und dieses Land gebunden und Kail ... Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Verhandlungen zu einem hoffentlich erfolgreichen Abschluss kamen und er sich auf den Weg in seine Heimat machte. Und ihn hier zurückließ.

Wenn er ihm nachgab und ihm jetzt, solange er da war, mehr Platz in seinem Herzen einräumte ... Kails Abschied würde ihm ein Loch hineinreißen, von dem er nicht wusste, wie er es füllen sollte. Da war es besser, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen und seinen Wünschen gleich eine Absage zu erteilen.

Vor seinem inneren Auge tauchte das Bild des Blonden auf. Dieses hinreißende Lächeln, mit dem er ihn heute früh begrüßt hatte ... Keine Spur der Rivalitäten hatte darin gelegen, die sonst ihre Zusammentreffen bestimmt hatten.

Er blinzelte. Energisch wischte er sich die verräterischen salzigen Perlen aus dem Augenwinkel, die sich dort gebildet hatten. Es war für sie beide das Beste. Kail würde das sicher genauso sehen.

Sehr viel ruhiger als bei seiner Ankunft im Tempel, verließ Seth diesen und machte sich auf den Rückweg zum Palast.
 

„Seine Majestät lässt sich entschuldigen“, teilte Mahaado den wieder versammelten Diplomaten mit. „Die Kopfschmerzen, die ihm unsere Streitigkeiten bereitet haben, sind doch etwas schlimmer als zunächst angenommen. Er wünscht, dass wir ohne ihn fortfahren.“

Lubarna grummelte etwas von schlechten Manieren und ließ sich auf seinem Platz nieder.

„Wir hoffen auf die rasche Genesung Eures Herrn“, sagte Zidanta, wie immer um ein friedliches Miteinander bemüht.

Jono nickte dazu nur müde. Der Elan, der ihn in den Vormittagsstunden angetrieben hatte und dank dem er selbst die endlosen Diskussionen ertragen hatte, war restlos verschwunden und hatte Trauer und Lethargie an seine Stelle treten lassen. Seth hatte ihn eiskalt abblitzen lassen. Ein Versehen ... Er konnte diese Worte nur mit einem bitteren Lächeln bedenken.

„Und wie ist Eure Meinung dazu, Prinz Kail?“, fragte Shimon, der von Atemu beauftragt worden war, ihn für den Rest der heutigen Verhandlung zu vertreten.

Bei dem sehr verpeilt wirkenden Gesichtsausdruck, den Jono daraufhin zur Schau stellte, musste sich Seth beherrschen, nicht zu lachen.

„Öhm ... Entschuldigt, Shimon, ich hatte meine Gedanken für einen Augenblick woanders.“

„Ist alles mit Euch in Ordnung, Euer Hoheit?“, erkundigte sich Zidanta. „Ergreift der Kopfschmerz, der den Pharao befallen hat, auch von Euch Besitz?“

Seth, der Jono gegenübersaß, beugte sich diesem ein Stück entgegen und sagte mit einem maliziösen Lächeln: „Können Hunde überhaupt Kopfweh bekommen?“

Jono zuckte unter den Worten wie unter einem Peitschenschlag zusammen. Sein Blick hob sich langsam von der Tischplatte, auf die er in der letzten Stunde, seit sie die Sitzung wieder aufgenommen hatten, meistens gerichtet gewesen war.

„Fangt Ihr schon wieder mit diesen Tiervergleichen an, Seth?“, fragte er mit angestrengt ruhig gehaltener Stimme.

„Ich habe nie damit aufgehört. Und wie wäre es, wenn Ihr Euch an der Diskussion beteiligt statt vor Euch hinzuträumen? Immerhin geht es um Euer Reich. Da sollten wir etwas mehr Aufmerksamkeit von Euch erwarten dürfen. Meint Ihr nicht auch, Euer Hoheit?“

„Erstens habe ich nicht geträumt, zweitens sehe ich nicht ein, warum ich mich gerade vor Euch rechtfertigen sollte, Seth. Und was die Diskussion anbelangt ... Oh, da gäbe es einiges, was ich gern mit Euch diskutieren würde, verehrter Hohepriester. Aber jedes Mal, wenn ich unser Gespräch darauf lenke, sucht Ihr Euer Heil in der Flucht.“

Die anderen Anwesenden tauschten verwirrte Blicke aus. Seth war vermutlich der letzte Mensch, von dem man behaupten konnte, dass er sich vor etwas drückte.

„Was tue ich bitte?“ Seine Augenbrauen wanderten nach oben.

„Ihr flieht vor mir.“

„Ich verstehe nicht, was Ihr meint.“

„Ach ja? Ich wiederhole es gern so lange, bis Ihr es begriffen habt.“

„Danke, ich verzichte“, sagte Seth und griff nach seinem Weinbecher, um einen Schluck zu nehmen. „Wir sollten dieses sinnlose Gespräch beenden und zum eigentlichen Grund unserer Versammlung zurückkommen.“

„Und wann wollt Ihr dann mit mir darüber sprechen?“

Mahaado lehnte sich zu Isis herüber.

„Irre ich mich oder sprechen die zwei über etwas anderes als unsere Grenzprobleme?“

„Ausschließen würde ich es nicht“, sagte die Priesterin mit einem geheimnisvollen Lächeln und strich mit den Fingern über die Millenniumskette an ihrem Hals.

„Wir haben bereits über dieses Thema gesprochen, Prinz Kail. Es ist müßig, noch einmal davon anzufangen. Ihr habt meine Antwort dazu gehört.“

„Ich akzeptiere sie aber nicht!“, rief Jono und sprang auf. Seine Hände verursachten einen dumpfen Klang, als sie auf die Tischplatte schlugen.

„Euer Hoheit, bitte setzt Euch wieder“, sagte Zidanta beruhigend und versuchte Jono auf seinen Stuhl zurückzuziehen. Dieser schüttelte seine Hand ab, ohne den Blick von Seth abzuwenden.

Ein Versehen – seit über zwei Stunden gingen ihm diese Worte im Kopf herum und er wollte sich nicht mit ihnen abfinden. Wenigstens eine anständige Erklärung wollte er von Seth haben.

„Prinz Kail, Seth, würde es Euch etwas ausmachen, Eure Unterhaltung auf später zu vertagen?“, wandte Karim ein.

„Damit er wieder eine Möglichkeit bekommt, mir zu entkommen? Ich verlange eine Antwort und zwar jetzt!“, forderte Jono.

„Dickschädel“, brummte Seth.

„Nein, ich weiß lediglich, was ich will, im Gegensatz zu anderen.“

„Ich habe keine Ahnung, wen Ihr meint.“ Der Hohepriester verschränkte die Arme vor der Brust. „Und Ihr müsst nicht so schreien, ich bin nicht taub.“

„Ach ja? Ich hatte heute den Eindruck, als würde ich mit einer Wand sprechen. Wahrscheinlich habt Ihr selbst da, wo sich bei anderen Menschen das Herz befindet, einen Stein in Eurer Brust.“

„Treibt es bitte nicht zu weit, Prinz Kail“, warnte ihn Zidanta.

Shimon seufzte. Diese Jugend von heute ... Aber vor Jono musste er den Hut ziehen. Es hatte noch nie jemand fertig gebracht, den jungen Hohepriester aus der Fassung zu bringen und er schaffte das mit Bravour.

„Ich schlage vor, wir machen morgen weiter“, sagte der alte Wesir rasch, denn auch Lubarna und Akunadin sahen so aus, als wollten sie ihren Streit jede Sekunde wieder aufnehmen. „Ich werde jetzt gehen und Seiner Majestät Bericht erstatten.“

„Das dürfte momentan am besten sein“, stimmte ihm Shada zu. „Seth“, er berührte seine Schulter mit der Hand, „wollt Ihr nicht doch noch einmal mit Seiner Hoheit sprechen? Ich fürchte, er wird nicht eher Ruhe geben und die Differenzen zwischen Euch beiden sind für uns alle nicht ... unbedingt förderlich.“

„Seth ist es ja, der diese Differenzen verursacht“, meinte Jono.

„Das höre ich mir nicht länger an“, sagte Seth, schob seinen Stuhl ruckartig zurück und erhob sich. Bevor ihn jemand aufhalten konnte, war er aus dem Zimmer marschiert. Jono schnaubte verärgert.

„So leicht wirst du mir nicht entkommen“, murmelte er und folgte ihm.

Isis sah den beiden kopfschüttelnd nach und fragte sich, nicht zum ersten Mal in den vergangenen Tagen, was sich die Götter nur dabei gedacht haben mochten.

„Kannst du mir erklären, was hier überhaupt los ist?“, wandte sich Hapi leise an Marik. „Ich verstehe Meister Seth nicht mehr.“

Der Ältere lächelte.

„Ich glaube, ich verstehe langsam, was mit ihnen los ist. Komm mit, ich erkläre es dir.“
 

Seth eilte schnellen Schrittes durch die Gänge, wechselte das Stockwerk und nahm die nächste Treppe, um wieder in das vorherige zu gelangen, passierte sich kreuzende Gänge und änderte die Richtung und doch blieb ihm Jono hartnäckig auf den Fersen.

„Jetzt bleibt doch mal kurz stehen. Ich bitte Euch lediglich um eine Erklärung“, versuchte Jono es in einer etwas freundlicheren Tonlage. „Ist das denn zu viel verlangt?“

„Wie bereits mehrfach gesagt: Ich habe meiner Aussage nichts hinzuzufügen“, antwortete Seth, ohne stehen zu bleiben.

„Ihr seid ein Sturkopf.“ Jono sprintete an ihm vorbei und stellte sich, die Arme in die Hüften gestemmt, vor ihn. „Ich glaube Euch nicht, Seth.“

„Glaub doch, was du willst“, meinte Seth und ging an ihm vorbei.

„Ha! Du hast ‚Du’ zu mir gesagt!“, rief Jono triumphierend.

„Ein Versehen.“

„So wie der Kuss?“

Seth blieb wie angewurzelt stehen und fuhr herum.

„Pssst! Seid Ihr von Sinnen, das ... durch den Palast zu brüllen?“

Schnell sah er sich um. Auf dem Gang war niemand zu sehen.

„Ich glaube dir jedenfalls kein Sterbenswort“, fuhr Jono fort und begann vor ihm auf und ab zu gehen. „Dir kann aus Versehen etwas herunterfallen, du kannst stolpern ... Wenn du in einem Kampf nicht richtig zielst, kannst du sogar versehentlich deine eigenen Leute töten statt deiner Gegner ...“ Er blieb stehen und stach mit dem Finger gegen die muskulöse Brust. „Aber du kannst nicht aus Versehen einen Kuss erwidern, bei dem du etwas fühlst. Und ich weiß, dass du etwas gespürt hast!“

„Ja, Abscheu.“

„Das sah aber nicht nach Abscheu aus, Schlange.“

Ein freches Grinsen zierte Jonos Gesicht.

„Nenn mich nicht so.“

„Darf ich dich daran erinnern, dass du mit den Tiervergleichen angefangen hast? Im Übrigen hast du noch ein sehr unpassendes genommen, wie ich finde. Einen Hund, also ich bitte dich. Ich habe dich wenigstens mit einem verglichen, das zu dir passt, denn im Moment sprichst du für meinen Geschmack mit einer sehr gespaltenen Zunge.“

„Erstens läufst du mir gerade nach wie ein Hund und zweitens ... Wie kommst du auf diese schwachsinnigen Ideen?“

„Tja ... Außerdem kannst du mit deiner Arroganz verflucht bissig sein und du versuchst mir immer zu entgleiten. Womit wir wieder bei deiner Flucht wären.“

Jono machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, Seth wich instinktiv etwas zurück, um wieder mehr Abstand zwischen ihnen zu schaffen.

„Wie oft soll ich es Euch noch sagen, ich bin nicht geflohen.“

„Ach, wirklich? Und warum tut Ihr es dann in diesem Moment wieder?“, wechselte auch Jono in die höfliche Anrede.

„Das ...“

Seth stieß mit dem Rücken gegen etwas Hartes. Unter seinen Fingern ertastete er fein gearbeitete Reliefs, die sich zu Darstellungen von Menschen und Göttern, Pflanzen und Hieroglyphen formten. Jono folgte ihm mit langsamen, eleganten Schritten, die braunen Augen unter den dunklen Wimpern auf ihn gerichtet. Er stützte seine Hände zu beiden Seiten Seths an der Säule ab, vor der dieser stand und musterte ihn mit einem leisen Seufzen.

„Seth ... Wenn das, was Ihr sagt, wahr ist, dann weiß ich nun, dass ich mir keinerlei Hoffnungen Euretwegen machen darf. Dennoch muss ich Euch noch etwas sagen. Wenn ich es nicht tue, wird es mich von innen auffressen, bis eine leere Hülle alles sein wird, was Ihr noch von mir seht.“ Jono schloss für einige Sekunden die Augen, um zu überlegen, wie er beginnen sollte. Der feine Duft des Öles, mit dem Hapi seinen Herrn massiert hatte, stieg ihm in die Nase. „Seit wir uns zum ersten Mal in der Wüste begegnet sind, habt Ihr Euch mir gegenüber immer kühl und abweisend gezeigt. Nur in dieser einen Nacht, in einer dunklen Gasse dieser Stadt, habt Ihr mir gestattet, einen Blick hinter diese Fassade zu werfen und was ich sah, war ein Feuer, das nur darauf wartet, richtig entfacht zu werden.“

Er löste die rechte Hand von der Säule und ließ seine Finger sanft über Seths Wange gleiten, der unter der Berührung zusammenzuckte. Wieder spürte der Priester das seltsam angenehme Prickeln in sich aufsteigen.

„Ich spürte in Euch den Wunsch danach und trotzdem habt Ihr mich erneut zurückgestoßen, Seth. Euer ... Verhalten ist oftmals von Arroganz geprägt und lässt Euch gern übersehen, dass es auch Menschen gibt, die es mit Euch aufnehmen können. Es ist nicht immer einfach, sich in Eurer Nähe aufzuhalten, da man stets fürchten muss, von Eurem kalten Blick erstochen zu werden. Und dennoch ...“, seine Stimme wurde noch sanfter. „Dennoch ist da etwas in Eurem Blick, das mir Nacht für Nacht den Schlaf raubt und Euch, wenn ich dann endlich einmal Schlaf gefunden habe, durch meine Träume geistern lässt. Den Vogel auf unserer Jagd habt Ihr vielleicht verfehlt, dafür hat ein anderer von Euren Pfeilen sein Ziel ... gut getroffen und mir das Herz durchbohrt. Ich ... Ich liebe Euch, Seth.“

Der Diener der Götter schluckte schwer und wandte den Kopf ab. Seine Wangen begannen unter dem aufsteigenden Blut zu brennen. Jono senkte, seine Geste missdeutend, den Blick.

„Verzeiht mir, ich hätte Euch nicht damit belästigen sollen. Nur ein Narr verliebt sich in eine Schlange, die er nicht halten kann.“

Er stieß sich von der Säule ab und entfernte sich mit langsamen Schritten von Seth, dessen Hände sich fest an den kühlen Stein hinter ihm pressten und ihm doch keine Linderung verschafften. Erst nach und nach sickerten die Worte des Blondschopfes in sein Gehirn und nahmen greifbare Form an. Er hatte lange über diesen Moment in der Gasse nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass es sich um eine Kurzschlussreaktion des Prinzen gehandelt haben musste, ausgelöst durch den Schock, den Kuras Überfall verursacht hatte. Doch seine voller Gefühl vorgetragenen Worte eben hatten ihm vor Augen geführt, dass er nicht der Einzige war, der das, was in ihm aufsteigen wollte, zu unterdrücken suchte. Kail war daran gescheitert. Die Mauer, die Seth bei den ersten Anzeichen, er könnte ihm etwas anderes als Respekt entgegen bringen, in aller Eile um sich errichtet hatte, hatte mit jedem von Kails Worten einen neuen feinen Riss hinzubekommen und zu bröckeln begonnen. Sein letzter Satz schließlich hatte ein großes Loch in das Mauerwerk gesprengt. Ein leises Lachen drang aus Seths Mund. Jono drehte sich um.

„Ich wusste, ich hätte es Euch nicht sagen sollen. Nun amüsiert Ihr Euch über mich.“

„Nein, das nicht. Aber ich dachte gerade daran, dass die Schlange eine Veranlagung zum Selbstmord zu besitzen scheint“, sagte er.

„Wie darf ich das verstehen?“

„Weil ein Falke sie in seinen Klauen hält.“

Mit wenigen Schritten war Jono wieder bei ihm, hielt aber immer noch etwas Abstand zu Seth.

„So, so ... Ein Falke also“, sagte er grinsend.

„Ihr verlangtet nach einem anderen Tier, mit dem ich Euch vergleichen sollte. Eure Augen sind in ihrer Farbe wie seine. Euer Stolz ... und dieser unbrechbare Wille ... Ich habe Euch ein ums andere Mal herausgefordert und immer habt Ihr Euch mir widersetzt. So verletzend Eure spitze Zunge auch sein kann, Ihr habt mir bewiesen, dass sie auch zu anderen Worten in der Lage ist. Ihr seid ein sonderbarer Mann, voller Geheimnisse. In Euch verbinden sich Mut und Kraft mit einem wachen Geist. Und das Temperament, mit dem ich hinlänglich Bekanntschaft machen dürfte, lässt ein Feuer in Euch brennen, das heißer ist als die Sonne Kemets. Ra möge mir vergeben, denn eine andere Sonne als die seine zieht mich in ihren Bann.“

Er überwand das letzte Stück, das zwischen ihnen lag und fuhr mit der Hand zaghaft durch das dichte golden schimmernde Haar, strich Jono eine Haarsträhne zur Seite, die sich vorwitzig in seine Stirn geschoben hatte.

Die ganze Hoffnung, die Jono mit seinem Geständnis zu Grabe getragen hatte, schoss mit einem Schlag wieder auf und brach wie eine Flutwelle über ihm zusammen. Erst glaubte er zu träumen – bis ihm ein Blick in Seths Augen zeigte, dass dem ganz und gar nicht so war. In den Saphiren lag der gleiche Ausdruck wie neulich abends, sanft, sehnsuchtsvoll.

Jono strich über Seths gerötete Wange, umfasste sein Kinn und fuhr mit dem Daumen die Konturen der Lippen seines leicht geöffneten Mundes nach. Heißer Atem perlte auf Seths Haut, als Jono sich weiter vorbeugte und sich ihre Münder berührten. Die Finger des Hohepriesters verkreuzten sich im Nacken des vermeintlichen Prinzen, in der Hoffnung auf Halt, denn unter den zuerst zärtlichen, dann immer leidenschaftlicher werdenden Küssen, die sie tauschten, verwandelten sich seine Knie mehr und mehr zu einer undefinierbaren weichen Masse. Jono umschloss ihn mit dem anderen Arm und drängte ihn sanft, doch bestimmt an die Säule zurück, um ihm einen etwas stabileren Stand zu verschaffen. Den Stein im Rücken, Jono an seiner Brust, fühlte er sich zwischen Kälte und Hitze gefangen.

Jono öffnete seinen Mund weiter, leckte über Seths Lippen und stieß mit seiner Zunge gegen das weiße Bollwerk aus Zähnen. Hitze stieg in ihm empor, als Seth seiner Aufforderung nachkam und ihm Einlass gewährte. Tastend schob er sich vorwärts, erkundete die Mundhöhle des anderen, nahm ihre Wärme in sich auf, den süßen Geschmack, in dem die Reste des schweren Rotweins lagen, den Seth getrunken hatte. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er die Zunge seines Gegenübers erst an seinen Lippen, dann in seinem Mund spürte, die nun ihrerseits auf eine erste, vorsichtige Erkundungstour ging. Jono stupste sie mit seiner Zungenspitze an, schlang sich um sie, neckte sie, lockte, forderte sie zu einem Tanz auf, auf den Seth nur zu gern einging. Wie von selbst presste er sich enger an den erhitzten Körper.

Seths Hände lösten sich aus Jonos Nacken, strichen in fahrigen Bewegungen seinen Rücken hinab und wieder hinauf, ohne ein bestimmtes Ziel. Jono schauderte unter seinen Berührungen und ließ nun seinerseits seine Hände auf Wanderung über den Körper seines Geliebten gehen, über Schultern und Arme, den Oberkörper herab, um kurz an seiner schlanken Taille zu verweilen, bevor sie sich dem Gesäß zuwandten und das feste Fleisch, das sich unter dem Stoff abzeichnete, massierten. Seth entfuhr ein Stöhnen, was den Jüngeren nur dazu animierte, ihr Zungenspiel weiter zu intensivieren, bis er es, nach Atem ringend, abbrechen musste.

„Willst du mir ... nach meinem Herzen auch noch ... auch den Verstand rauben?“, fragte Seth.

Jono näherte sich seinem Ohr und hauchte einen flüchtigen Kuss auf das Ohrläppchen.

„Wer weiß ... vielleicht habe ich es ja vor“, flüsterte er mit sinnlicher Stimme und begann Seths Ohr mit der Zunge zu umschmeicheln. „Immer haben wir uns gestritten ... Dabei finde ich diese Art der Unterhaltung um einiges reißvoller.“

„Ich auch“, gab der Hohepriester, dessen Wangen mittlerweile glühten, zurück und legte den Kopf schief, als sich Jono eine heiße Spur von seinem Ohr über seinen Hals bahnte.

„Aber was ... hältst du davon, wenn wir sie irgendwo fortführen ... wo wir mehr ... für uns sind?“

„Ich habe nichts dagegen.“

Widerwillig löste sich Jono von ihm, nicht ohne ihm noch einen verlangenden Kuss zu stehlen, den Seth mit gleicher Kraft erwiderte. Noch halb in der Benommenheit gefangen, drangen erst jetzt die sich nähernden Schritte an ihre Ohren. Rasch brachten sie den Abstand zwischen sich, den sie bisher immer eingehalten hatten. Eine junge Sklavin, die einen Stapel Leinentücher trug, bog um die Ecke. Als sie die beiden sah, verbeugte sie sich rasch, bevor sie an ihnen vorüberging. Seth betete, dass sie das Rot in seinem Gesicht als Widerschein der Fackeln deuten möge, die den Gang mit Licht versorgten.

Jono sah sich prüfend im Gang um. Inzwischen kannte er sich relativ gut im Palast aus; durch seine Streifzüge, mit denen er sich seine freie Zeit zwischen Verhandlungen und Unterricht bei Marik und Zidanta vertrieben hatte, hatte er die meisten Trakte zu Gesicht bekommen. Er ergriff Seths Hand und zog ihn in die Richtung weiter, in die sie ursprünglich gegangen waren.

„Wo willst du mit mir hin?“

„Meine Gemächer sind näher“, raunte Jono ihm zu und ließ ihn los, denn schon wieder näherte sich ihnen jemand. Was war das denn für ein Verkehr heute Abend?

Seth schloss zu ihm auf, Seite an Seite gingen sie durch die Gänge, ohne einander anzusehen, bemüht nicht zu schnell zu laufen, um sich nicht verdächtig zu machen.
 

„Und, hast du verstanden, was ich dir erzählt habe?“, fragte Marik.

Er und Hapi saßen in Mariks Zimmer, eine Schale mit süßen Früchten zwischen sich, die sie sich aus der Palastküche organisiert hatten (Hapi war mit einem der Sklaven, die dort arbeiteten, befreundet).

„Ich denke schon. Aber glaubst du wirklich, Meister Seth und Prinz Kail sind ineinander verliebt? Sie streiten sich doch den ganzen Tag.“

„Kennst du den Spruch ‚Was sich neckt, das liebt sich’?“

Sie hörten, wie sich die Tür zu den prinzlichen Gemächern öffnete und kurz darauf wieder schloss. Leises Lachen drang zu ihnen.

„Wer ist denn da?“

Marik zog seine Tür einen Spaltbreit auf und spähte hinaus. Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Hapi duckte sich unter seinem Arm hindurch, um auch etwas zu sehen. Er zog scharf die Luft ein und wandte sich, den Kopf rot wie eine Tomate, ab.

„Bei Hathor“, flüsterte er.

„Ja, kann sein, dass die auch ihre Hand im Spiel hatte“, meinte Marik und schloss die Tür sorgfältig. „Bei den Göttern kann man das nie so genau wissen.“

„Und ... und was sollen wir jetzt machen? Wir können hier nicht raus. Wenn Meister Seth mich sieht, wird er furchtbar wütend werden.“

„Tja, da hilft nur abwarten“, sagte Marik. „Kannst du Senet spielen?“
 

Jono und Seth sahen sich verstohlen auf dem Gang um, ob ihnen jemand gefolgt war. Bei der Geschwindigkeit, mit der sich hier Nachrichten verbreiteten, wusste mit hoher Wahrscheinlichkeit längst der ganze Palast von dem handfesten Streit, in dem sie die Verhandlung verlassen hatten. Es wäre sicher nicht wenigen Menschen merkwürdig erschienen, wenn der Prinz den Hohepriester danach um ein Treffen in seinen privaten Gemächern bat, wo doch bekannt war, dass sie einander nicht riechen konnten.

Jono schloss die Tür hinter ihnen und wandte sich zu Seth um, der etwas unschlüssig mitten im Raum stand, nicht wusste, wohin mit den Augen und sie so über Jono, die Möbel, wieder über Jono und weiter über die Wandmalereien gleiten ließ. Wie süß, ihn auch einmal unsicher zu sehen, dachte dieser und näherte sich ihm mit geschmeidigen Bewegungen. Seth folgte ihm mit den Augen, wie er ihn umkreiste, ihn von Kopf bis Fuß einer genauen Musterung unterzog. Arme schlangen sich von hinten um ihn und zogen ihn fest an den Körper Jonos. Er platzierte seinen Mund im Nacken des Hohepriesters und begann diesen zu liebkosen, während seine Hände über das sehnige Fleisch an seiner Brust wanderten. Ein überraschtes Keuchen war zu hören, als sich Jono unvermittelt einen Weg zu seinen Schenkeln suchte und dabei die leichte Ausbeulung streifte, die unter dem Gewand erkennbar war.

„Noch können wir aufhören“, flüsterte Jono an seinem Ohr, ohne die Liebkosungen zu unterbrechen. „Du musst es mir nur sagen. Wenn du noch nicht so weit bist, habe ich dafür Verständnis.“

„Und wie viel Zeit ... bleibt uns dann noch?“

„Was meinst du?“

„Wie viel Zeit wird es in Anspruch nehmen, die Verhandlungen zum Ende zu führen?“, sagte Seth. „Es können Wochen sein, ebenso gut wie nur wenige Tage. Dann wirst du in deine Heimat zurückkehren und mich ... vergessen.“

„Dich vergessen! Was unterstellst du mir da, Schlange.“

„Wird es nicht so sein, Falke?“ Seth drehte sich zu ihm um.

„Es mag sein, dass mein Körper von hier fortgeht, wenn ich ... nach Hause zurückkehre.“

Jono schluckte. Wo befand sich nun seine Heimat? Zawtj konnte es nicht mehr sein, dort erwartete ihn der Tod. Doch würde Zidanta ihn auch noch den Prinzen spielen lassen, wenn er nicht mehr gebraucht wurde? Und selbst wenn ... Das Reich Hatti, das dem Prinzen als Heimat galt, war für ihn eine fremde Welt.

„Aber etwas würde ich hier zurücklassen, in deinen Händen, wo ich es sicher verwahrt weiß.“

„Und was?“, fragte Seth mit belegter Stimme.

„Mein Herz.“

Ein neuer, von Leidenschaft getragener Kuss entbrannte zwischen ihnen, spülte die Gedanken an das, was gewesen war und das, was sein konnte, fort und ließ nur das Hier und Jetzt zurück. Jono, der den Mund von Seth einer genüsslichen Ausplünderung unterzog, dirigierte den Priester an dem Möbeln vorbei durch den Wohnraum, hinüber in sein Schlafzimmer, und schloss die Tür mit einem Fußtritt. Seth stieß mit den Beinen gegen den hölzernen Rahmen des Bettes, ließ sich auf dessen Kante nieder und wehrte sich auch nicht, als sich Jono breitbeinig auf seinen Schoß setzte. Zu sehr war er schon in dem Feuer gefangen, das Jonos Berührungen in ihm entfachten. Ihre Umhänge und Seths Hut hatten bereits vor einer Weile den Weg auf den Boden gefunden.

Jono machte sich an Seths breitem, goldenem Halskragen zu schaffen, nahm ihm diesen und die Armreife ab. Unter dem Stoff fühlte er erhitzte Haut, die nur darauf wartete, aus ihrer textilen Hülle befreit zu werden. Sie mussten sich beide kurz erheben, damit er Seth das blaue Obergewand vom Leib streifen konnte. Ein breiter Brustkorb kam darunter zum Vorschein, über den er seine Hände gleiten ließ. Die von Seth schoben sich derweil bedächtig zu Jonos Gürtel und lösten diesen, so dass sein Gewand locker fiel. Als der Priester aber seine Hände an den Saum legen wollte, hielt Jono sie fest und schüttelte den Kopf.

„Noch nicht, Seth“, sagte er und drückte ihn sanft in die seidenen Kissen zurück.

Er beugte sich über ihn und ließ seine Zunge in kleinen, kreisenden Bewegungen über seine Brust tanzen, umspielte die sich aufrichtenden Brustwarzen und lächelte angesichts des unterdrückten Stöhnens, das er seinem Opfer damit entlockte. Ein feiner Schweißfilm bedeckte Seths Haut, doch die Wärme, die von ihm abstrahlte, war kein Vergleich zu der, die dabei war, ihn von innen heraus zu verbrennen. Seine Hand krallte sich in das Laken, als Jono an seiner Brustwarze zu saugen begann und die andere zugleich mit den Fingern zwirbelte. Ein sanfter Biss in die empfindliche Haut hinterließ rötliche Flecken bei ihm. Sein Rücken bog sich. Längst hatte ihm sein Kopf den Dienst versagt und der sich immer mehr aufbauenden Ekstase Platz gemacht.

Jono markierte mit der Zunge eine feucht-warme Spur von Seths Brustwarzen über seinen Bauch, kreiste einige Male um den Bauchnabel. Als er den Lendenansatz erreichte, hob er den Kopf und befreite Seth mit wenigen Handgriffen von dem vielfach gefältelten ägyptischen Rock und dem Lendenschurz, den er darunter trug. Tiefes Dunkelrot bedeckte das priesterliche Gesicht. Diesen Tag hatte er in seinen Träumen ebenso gefürchtet wie herbeigesehnt.

„Kail ... Aaaahh ...“

Ein überraschtes Keuchen entfleuchte seinem Mund, Jono aber fühlte einen leichten Stich im Herzen. Der Name, den Seth stöhnte, war seiner und doch wieder nicht. Kail ... Der Name, den er angenommen hatte, um seine Identität zu verbergen, kam ihm nun vor wie ein Fluch.

Seth wand sich unter der süßen Folter, die Jono ihm gerade zuteil werden ließ. Seth warf den Kopf zurück, er glaubte, in diesem köstlichen Rausch noch zu ertrinken, wenn er nicht bald erlöst wurde. Verwirrt, den Blick glasig vor Erregung, sah er auf, als Jono plötzlich von ihm abließ. Dieser stemmte sich vom Bett hoch und entfernte sich von ihm.

„Was ... warum hörst ... du auf“, protestierte Seth.

„Lass mich nur kurz absperren“, bat er, stieg vom Bett und huschte zur Tür, wo er den Riegel vorlegte. Er kannte Zidantas Vorliebe dafür, ihn ohne größere Anmeldung aufzusuchen, wenn er etwas mit ihm besprechen wollte und er hatte nun weiß Gott andere Dinge im Sinn als eine Unterhaltung über die politische Situation in Hatti.

Langsam schritt er wieder auf das Bett zu – um festzustellen, dass Seth von den zerwühlten Laken verschwunden war. Er blickte sich suchend um, als warme Hände von hinten über seine Arme strichen, sich einen Weg nach unten suchten und sein Gewand auf dem Rückweg hochschoben. Er hob die Arme, ließ sich den Stoff über den Kopf ziehen, der neben Seths Obergewand auf dem Boden landete. In rascher Folge schlossen sich der Schmuck und sein kurzer Lendenschurz an. Neugierige Hände glitten über den entblößten Körper, erforschten das unbekannte Terrain und ließen Jono lustvoll aufstöhnen.

Er packte sie, fesselte Seth so und hielt ihn davon ab, sein Werk fortzuführen. Jono sehnte sich nach den zärtlichen Berührungen, doch erst wollte er ihm das geben, was er verdiente. Mit Seth in seinen Armen ließ er sich auf das Bett zurückfallen, dirigierte ihn weiter in dessen Mitte und küsste sich an seinem Körper herab und verwöhnte ihn, bis dieser glaubte, sich im freien Fall zu befinden. Jono leckte sich über die Lippen und krabbelte zu ihm hoch.

„Möchtest du mehr, meine schöne Schlange?“, fragte er und strich ihm eine braune Haarsträhne aus der vom Schweiß feuchten Stirn. Glühende Augen sahen zu ihm auf, Arme schlossen sich um ihn und ehe Jono sich versah, hatten sie die Position gewechselt und Seth war über ihm.

„Frag einen Verdurstenden in der Wüste, ob er Wasser haben möchte, mein Falke“, kam die Antwort, dann nahm ein fleischiges Paar Lippen seine Arbeit an Jonos Brust auf.

Er schloss die Augen und überließ sich den teils vorsichtig-unsicheren, teil ungestümen Zärtlichkeiten des Mannes, der bis vor kurzem noch Amun-Ra allein sein Herz geöffnet hatte. Ein heißes Pochen durchzog seine Lenden, bis er glaubte, es nicht mehr lange aushalten zu können. Gebieterisch warf er Seth auf das Laken zurück.
 

Hapi sah unschlüssig auf den Tisch, auf dem sie Senet spielten und dabei die Geräusche zu ignorieren versuchten, die gedämpft aus dem Schlafzimmer drangen. Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Überlegungen. Er und Marik wechselten einen alarmierten Blick. Besuch hatte ihnen gerade noch gefehlt.

„Wir tun, als wäre niemand da, vielleicht geht er dann wieder“, flüsterte Marik.

Kaum waren seine Worte jedoch verklungen, öffnete sich die Tür und Zidanta trat ein.

„Marik, ist dein Herr da? Ich würde gern mit ihm sprechen.“

„Nein, also ...“

Ein Stöhnen ließ Zidanta den Kopf wenden.

„Ah, also ist er da“, sagte er und ging auf das Schlafzimmer zu. Marik und Hapi hetzten an ihm vorbei.

„A-also es ist so“, begann Hapi, „Seine Hoheit ist gerade ...“

„Prinz Kail ist zurzeit unpässlich“, sagte Marik. „Es geht ihm nicht so gut, er scheint etwas Falsches gegessen zu haben.“

„Sollte dann nicht der Arzt verständigt werden?“, wandte Zidanta ein.

„Es handelt sich nur um eine kleine Magenverstimmung“, fuhr Marik fort. „Aber im Augenblick möchte er niemanden sehen.“

Der Fürst warf ihm einen leicht verärgerten Blick zu, weil er es wagte, ihn einfach so hinauszukomplimentieren, wandte sich dann aber um und ging. Die beiden Jungen stießen einen erleichterten Seufzer aus. Das war gerade noch gut gegangen.
 

Jono und Seth hörten und sahen nichts mehr um sich herum und doch waren ihre Sinne seltsam geschärft, nahmen jede Kleinigkeit des anderen wahr, jede Bewegung, jeden keuchenden Atemzug. Hilflos, sich aneinander klammernd, riss der Strudel sie mit sich fort.

Darum bemüht, wieder Luft in seine Lungen zu pumpen, ließ sich Jono neben Seth fallen, dessen Brustkorb sich in schnellem Wechsel hob und senkte. Die blauen Saphire glitzerten dunkel, noch verschleiert von dem Rausch des eben Erlebten, und wandten sich Jono zu.

„Ich liebe dich, mein Falke“, flüsterte er und schloss erschöpft die Augen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  little_sunshine
2010-03-26T00:34:48+00:00 26.03.2010 01:34
Eine wirklich tolle Geschichte, mittendrin musste ich mich vergewissern das ich eine FF lese und kein Buch...
ich hatte wirkliche Zweifel daran xD

du hast einen sehr schönen und vor allem mitreisenden Schreibstil, man hat nie das Gefühl, in dem FLuss der Erzählung unter zu gehn und sich zu verirren...

du hast die Personen toll beschrieben und auch die Ereignisse wirken total echt ^.^
man merkt das du viel für die Story recherchiert hast, das find ich toll, so wirkt das ganze nur noch realistischer.

Nein wirklich, ich kann nur sagen, toll^^


LG sunny
Von:  SMC_Smoker
2010-02-18T18:51:29+00:00 18.02.2010 19:51
wow.... wirklich.
also ich hab die letzten drei tage diese ff durchgelsen(also wenn ich am pc war) und... wow.
die ist dir wirklich gelungen.
sehr schön beschrieben und eine wirklich gute idee.
sehr spannend, ich konnte kaum aufhören, wenn ich erstmal zu lesen angefangen hatte. hab mir deshalb oft ärger mit mama eingehandelt ^^"
naja.

die charakter ausarbeitung fand ich auch sehr gut, mir sind fürst zidanta und natürlich hapi sehr ans herz gewachsen:)
während ich anitta überhaupt nicht mochte....
... was du wahrscheinlich auch erreichen wolltest...

horus ist cool:)
ich hab so gelacht bei seinen kommentaren, ich hab mich kaum eingekriegt...
Urlaub auf Kreta, einfach göttlich(im wahrsten sinne des wortes);)
und als jono am ende sein ka-wesen einfach so hergerufen hat, das war echt cool, und so typisch Jono!
*breit grins*

das ende ist auch echt spannend, so offen, dass ich einfach nciht anders konnte und weiter gedacht hab.
was passieren könnte.
oder so...
naja.

ich bin jedenfalls total begeistert(mal wieder) wie genial du schreibst.
bis zur nächsten ff:)
lg wibi
Von: abgemeldet
2008-11-16T18:48:37+00:00 16.11.2008 19:48
super, endlich konnte ich das fehlende kappi auch noch lesen
toll geschrieben, mal wieder^^ und auch ohne adult teil sehr lesenswert ;)


Zurück