Brief aus Japan
"...Sarah! Sarah! Wir haben Post von Caro!"
Sarah blickte über ihrem Buch auf. Sie hörte das Poltern Kevins auf der Treppe
und seine Aufgeregten Rufe, schüttelte mit einem Leichten Lächeln den Kopf.
Kleine Brüder...
Doch konnte sie ihm jetzt nicht böse sein, denn wäre sie ungefähr in seinem Alter
gewesen, wäre sie wahrscheinlich in noch größerer Aufruhr gewesen als Kevin.
Caroline hatte ihnen geschrieben! Nunja, sie hatte es versprochen, und meistens
hielt sie ihre Versprechen. Schon krachte die weiß gestrichene Holztür gegen die
innere Zimmerwand, und ein kleiner, Achtjähriger Junge kam zum Vorschein, der Kopf
vor Freude gerötet und einen dicken, weißen Umschlag hin und her schwingend.
Er hielt ohne zu Bremsen auf das Bett zu, auf dem Sarah mit einem Aufgeschlagenem
Buch in der Hand halb aufgerichtet lag, und landete mit einem Hechtsprung hinter ihr,
schlug dabei unsanft gegen die weiß verputzte Wand, an dem das Bett stand.
Wie Achtjährige kleine brüder nunmal waren, interessierte er sich nicht ein wenig
für die Schmerzen, die jetzt haben musste und hielt Sarah stolz den dicken
Umschlag vor die Nase.
"Post von Caro!"
Sarah packte den Umschlag und nahm ihn Kevin ab.
"Das weiß ich, steht ja drauf."
Der Umschlag war ziemlich vollgestopft. Sarah fühlte mehrere Schichten von
irgendwas in verschiedenen Größen. Neugierig, fast schon begierig öfnete sie
ihn, und ein Stapel Fotos kam ihr entgegen, sowie zwei zusammengefaltete Blatt
Papier. Während Kevin sich über die Fotos hermachte, entfaltete sie eins davon
und erkannte in ihm das Richtige, Seite Eins des Briefes. Sarah begann, den Brief
laut vorzulesen:
"Liebe Sarah, Lieber Kevin, und alle die diesen Brief sonst noch lesen,
Wir sind größtenteils unbeschadet in Japan angekommen.
Der Flug war ziemlich anstrengend, vorallem weil ich nicht schlafen konnte,
mein Vater war nämlich schneller mit dem Einschlafen und hat wie
immer geschnarcht."
Sie wurde unterbrochen von Kevin, der ein leicht grunzendes Lachen von sich gab.
auch sie selbst musste schmunzeln.
"Jetzt ist aber gut, Kevin, so lustig ist das auch wieder nicht!
´Aber jede Fahrt geht ja mal vorbei, und so sind wir (Mit Ausnahme von meinem Vater)
alle recht müde dort in Japan angekommen. Zur Abwechslung gab es sogar keine Probleme mit dem
Gepäck, trotzdem hatte ich schlechte Laune.
Ich hab nämlich erst während des Fluges erfahren, wie ach so toll denn dieses Haus
sein soll, in dem sie jetzt wohnen. Ja, es ist ja auch toll, so mit altem Zierrat
und geschwungenen Dächern und Gingkobäumen drumrum, Traditionell altmodisch eben.
Nur leider hab ich da drin nur eine Woche gewohnt, denn meine Eltern wollen
mich da drin ja anscheinend nicht haben und haben mich stattdessen in das
Wohnheim meiner neuen Schule verfrachtet. Geht ja nicht anders, sagen die,
das Haus ist zu weit weg, und wenigstens zum Straßenbahnhof fahren können die
mich ja angeblich auch nicht jeden Tag, obwohl sie sonst überhaupt nichts anderes
zu tun haben außer den Ganzen Tag rumzusitzen und Tee zu trinken.´
Es hat sich also nichts daran geändert", seufzte Sarah leise.
"Die Geldsäcke wollen ihre Ruhe haben und Caro wird abgeschoben..
Würd mich nicht wundern, wenn die einfach abhauen würden, sobald Caro 18 ist..
Bloß nichts abgeben vom Geld! Mannoman... Aber naja.
´Aber hier ist es eh viel lustiger, diese Schule ist nämlich das Tollste, was du auf der Welt
finden wirst! Stell dir vor, da in der Straßenbahn hatt ich noch voll angst gehabt, dass ich in
so eine Klasse voller asozialer...´ Öhm... ´Nicht netter Mädchen kommen würde, mit
Zickenkrieg und so weiter... Aaaaber das ist garnicht so! Ich wurde gleich mitgeschliffen,
von Konoka, das müsste das Foto von ganz oben sein, mit der Nummer 1...´ Kevin, zeig mal das
Foto mit der Eins!"
"Äh, warte, Moment.."
Kevin durchsuchte kurz den stapel und holte dann ein Foto hervor, sah nocheinmal
prüfend auf die Rückseite und reichte es dann Sarah. Es Zeigte ein Mädchen mit langen
Schwarzen Haaren, in einen Kimono gekleidet und sanft und fröhlich in die Kamera lächelnd.
"Das ist also Konoka... Hübscher Anzug... Sieht aber ein bisschen unbequem aus..."
Sie legte das Foto zur Seite und wandte sich wieder dem Brief zu.
"´...Natürlich tragen sie in japan nicht immer Kimonos, sondern nur zu festlichen
Anlässen... Aber auf jeden Fall hat die mich gleich mit zum Direktor geschliffen,
so ein Uralter Kauz, ein bisschen Verrückt und so, und hat ganz fest darauf bestanden,
dass ich in ihre Klasse komme, in die 6a. Die hat so lange auf ihn eingeredet, bis er
gesagt hat, das ist alles schon geregelt, und schon sind wir wieder raus und zum
Klassenraum gerannt.. Konoka ist immer so, die ist voll offen und hilfsbereit und sympathisch und
lächelt immer so fröhlich und hilft immer überall und so... Aber das Beste ist, was
jetzt kommt. Ich bin da nämlich dann in den Raum gekommen von der 6a, und da
flog mir Konfetti entgegen! Die ganze Klasse hatte eine Willkommensparty für mich
organisiert!´"
Sarah hob ihre Augenbrauen.
"Eine Party? Obwohl die noch nichtmal wussten, ob sie in ihre Klasse kommt?"
"Los, lies weiter!", drängte sie Kevin.
"Ist ja schon gut... Also:
´Die haben mich behandelt, als hätt ich 5 Mal Geburtstag an einem Tag gehabt!
Es gab Kaffe und Kuchen und so.. Und ein großes Banner, auf dem stand "Willkommen Caroline!" Und das
alles in so kurzer Zeit, obwohl die nicht sicher waren, dass ich überhaupt dahin komme! Aber, wäre
ich nicht dahin gekommen, hätten sie einfach den Neuen Tag mit ihrem Lehrer gefeiert...´"[/color]
Sarah lachte auf. Was für eine Klasse...
"´Im großen und Ganzen agierte die Klasse als großer, Gackernder, aufgeregter Haufen,
vorallem, als der Lehrer dann ankam, und das wirst du mir jetzt nicht glauben: Unser Lehrer, Negi
Springfield, ist ganze...´ WAS?!"
Sarah traute ihren Augen nicht.
"Ist das ein Rechtschreibfehler? 14?
Meint sie nicht eher 40?"
"Was?", erwiderte Kevin erstaunt.
"Caros lehrer ist 14 jahre alt?"
"Es scheint wohl so, sonst würd sie das nicht extra anmerken..
´...ist ganze 14 Jahre alt und unterrichtet uns doch tatsächlich in Englisch!
Anfangs hab ich das echt für nen Witz gehalten, aber herr negi ist so intelligent, das glaubst du
garnicht! der ist seinem Alter fast 10 Jahre voraus! ich weiß das klingt alles
sehr Fantastisch, aber es ist die Wahrheit! Da, auf Foto 2 ist er. Sieht gut aus, oder?´"
"Der Kerl da ist ihr Lehrer?"
Kevin beäugte Kritisch as Foto nummer Zwei, auf dem ein Dunkelrothaariger Junge abgebildet war, der
in einem Ordentlichen Anzug gekleidet war. Sarah erhaschte einen Blick auf das Bild.
"Oh, wie erwachsen... Garnicht mal so übel...
Aber 14 Jahre und Lehrer... Und das auch noch in einer Mädchenschule.. Huiuiui!
´Jedenfalls konnt ich mich ganz schnell einleben. ein Glück, dass meine Mutter mir damals japanisch
beigebracht hat. Wenigstens zu irgendwas waren meine Eltern Gut. Ich versteh mich mit allen eigentlich
gut, obwohl mir Evangeline manchmal ein bisschen Angst macht (Bild 5), und Asuna, wenn sie mal wieder
mit Ayaka streitet (Bild 4, ist eine Momentaufnahmezeichnung von Haruna (Bild 3), die müsste den
Weltrekord im Schnellzeichnen halten)...´ Zeig mal her, Kevin, die Bilder!"
Kevin hatte die Fotos schon bereitgehalten und reichte sie mit einem leichten Kichern Sarah, die mit
einem Lächeln und Kopfschütteln die Zeichnung begutachtete, auf denen sich zwei Fotorealistische
Mädchen in den Haaren lagen. Sie legte die Bilder nach einiger Zeit beiseite und nahm dann das Zweite
Blatt des Briefes zur Hand.
"´Aber alles in Allem sind alle Total nett und verrückt, und alles ist lustig, auch
Herr Negi, mit dem ich übrigens in einem Zimmer wohne, zusammen mit Konoka und Asuna... Da wohn ich auch
viel lieber als in diesem komischen Haus wo meine Eltern jetzt drin vergammeln, da ist einfach immer was los!
Und alle sind mehr oder weniger verliebt in Herrn Negi, was immer zu komischen Situationen führt...
Also eigentlich habe ich nichts zu meckern.. Ich dachte ja, Mein Leben in Japan wär Langweilig und Öde..
aber diese Klasse ist einfach nur verrückt und Chaotisch, nicht zuletzt deswegen, weil immer irgendwas
verdammt merkwürdiges passiert, was eigentlich gar nicht geht, und alle irgendwas viel zu gut können.
Und dann ist da noch dieses Komische weiße Wieselfrettchen(Bild 6), dass immer überall zwischen uns rumklettert,
vorallem bei Herrn Negi und Asakura (Bild 7)!
Es heisst Kamo und scheint irgendwie eine Neigung für Unterwäsche zu haben...
Und manchmal glaub ich, ihn sprechen zu hören, aber wenn ich dann nachsehe, ist er ganz... nunja, normal. aber hier ist irgendwie alles nur auf den Zweiten Blick normal.
Mahoraschule, eben...
Was soll ich sagen, es geht mir gut! Ich will nicht sagen besser als in Deutschland,
sonst werdet ihr ja noch eifersüchtig...
Und wie geht es Euch? Marilena, Johanna, Karin? Kevin, Eduard? Der Rest der Klasse?
Hoffe Ihr seit nicht zu traurig, dass ich weg bin, ich vermiss euch so sehr!
So, Ich muss jetzt dann mal Schluss machen, wir schreiben morgen einen Test...
Hoffe, Es geht euch allen gut, und ihr schreibt mal zurück..
Eure Caroline.
P.S.: Seht euch noch die andern Fotos an, und ach ja, vorallem Die Zeichnung von Haruna von mir und Konoka,
die ich für Euch kopiert hab! Ist sie nicht schön geworden? das hat sie in 2 Minuten gezeichnet.. Zur Info,
sie hat mir auf den Rücken geklopft, weil ich mich am Eistee verschluckt hatte, als Asakura fragte, ob wir
denn immer Sauerkraut und Schnitzel essen...´
Ende!"
Sarah kramte in den Fotos. Da waren zig Fotos von allen Schülern aus der Klasse, dann noch etliche
Gruppenfotos, Bilder von der schule und der Stadt. Die gemeinte Zeichnung hob sie vom bett auf und begutachtete sie.
Ehrlich, hätte Caroline nicht geschrieben, was es wirklich darstellte, sie hätte die beiden für ein verliebtes
Paar gehalten. aber es war ja auch nur eine Zeichung, die von irgendeinem Anderen Mädchen gemalt wurde.. aber
sie musste zugeben, die Zeichnung war wirklich gut.
Kevin war schon wieder davongehuscht, er hatte alle Bilder wohl schon durchesehen. Kopfschüttelnd griff Sarah nach ein
paar reißzwecken auf ihrem Nachttisch und pinnte die Zeichnung an die Wand.
Es ging ihr also gut... Und sie hatte neue Freunde gefunden.
Sie nahm den Stapel Fotos und Papiere und legte ihn beiseite. Gleich würde sie den Brief nocheinmal durchlesen.
Sie ließ sich auf ihr Kopfkissen fallen.
Wie lange würde sie ihr noch schreiben?
sie wischte den gedanken weg. Sie war schließlich Carolines beste Freundin, und konnte nicht darauf bestehen, dass
sie die einzige war, vorallem nicht, weil sie tausende Kilometer voneinander weg wohnten..
Aber dass sie sich so schnell hatte einleben können, das Hatte sie nicht gedacht..
"Ich will nicht sagen, es geht mir besser als in Deutschland, sonst werdet ihr noch eifersüchtig..."