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Vampire? Die gibt es doch gar nicht!

von

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Kapitel 35-36

Kapitel 35:
 

Schlafen? Wie kam ich nur auf die Idee schlafen zu wollen? Also wirklich. Ich drehte mich zum x-ten male im Bett herum und fand einfach keine ruhe. Ständig hatte ich Angst, jemand könnte hier rein kommen, während ich schlief. Irgendwann stand ich auf und setzte mich auf die Fensterbank, sah hinaus in die Nacht. Eines musste ich gestehen. Die Sterne am Himmel waren um einiges hier deutlicher zu sehen als in der Stadt. Meine Knie angezogen und die Arme darum geschlungen, entfloh mir ein tiefer Seufzer. Hätte ich in den Monaten zuvor nicht schon einiges schräges erlebt, ich wäre hier vollkommen ausgeflippt oder sonst was. Jetzt jedoch kreisten meine Gedanken mehr darum, das ich hier angeblich die Hausherrin spielen sollte. Aus welchem Grund? Nur wegen dieser Argumentation eines Reinblutes? Das war doch vollkommener quatsch. Wir lebten nicht mehr im Mittelalter, ich zumindest lebte nicht dort! Und außerdem, jeder dieser anderen Vampire hier am Ort könnte mich mit Sicherheit ziemlich schnell umbringen. Auch wenn ich monatelang mit Alucard trainiert hatte, so wusste ich doch genau, das ich keine Chance gegen die haben würde. Eventuell bildeten die sich auch einfach zu viel ein, was mit mir zu tun hatte. Ich wollte nur schnell eine Möglichkeit finden wieder ein Mensch zu sein und aus dieser verrückten Welt zu fliehen, sie nie wieder zu sehen oder mit erleben zu müssen.

Keiner kam noch einmal ins Zimmer hinein und ich sah bereits wie der Himmel am Horizont heller wurde. Nicht mehr lange und die Sonne war da. Es war wirklich eigenartig, dass es hier keinen gab, der sie zu ertragen schien und wieder musste ich nachdenken, was Juraj nur sein könnte. Zu gerne hätte ich ein Handy oder Telefon gehabt um in London anzurufen und bei irgendjemanden dort mal nach zu fragen. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht bei dem Gedanken. Immerzu wollte ich von dort weg und jetzt habe ich es geschafft, zwar nicht so wie geplat, aber dennoch und dann will ich Kontakt zu denen aufbauen. Es war schon komisch, aber noch mehr, dass ich mich dort hab sicherer gefühlt hatte als hier. Ob sie mich überhaupt vermissen würden? Alucard war bestimmt zornig hoch hundert. Vielleicht würde er mich sogar suchen? Wenn er merkte, dass ich nirgends mehr in der Stadt war, oder gar nicht mehr in England, was dann? Würde er es einfach abtun und mich schnell vergessen? Die verrückte Lady war sicher ganz froh, das ich nicht mehr da war. Wieso vermisste ich diesen verdammten Ort bereits? Obwohl...nein, ich vermisste nicht London, ich vermisst nur ihn. Es hatte Spaß gemacht zu sehen, wie seine Mundwinkel zuckten, wenn ich mich in den grellsten Farben kleidete, oder wie seine Finger sich versteiften, wenn ich ihn reizte. Ich musste die Gedanken los werden. Es war ganz gut, das ich von dort weg war und vielleicht eine Möglichkeit hatte normal zu werden. In der Hoffnung das dieser Juraj mir auch wirklich half. Ich sollte mich nachher hier noch genauer umsehen gehen. Es müsste einen weiteren Weg hier raus gehen als nur durchs Tor, nur für den Fall der Fälle. Aber selbst wenn nicht. Ich könnte versuchen meine Fähigkeiten auszubauen, weiter zu üben. Dafür aber musste ich wissen wann und wie viel ich zu trinken bekam und hoffen wirklich nicht raus zu bekommen, wo sie es her hatten. Irgendwie glaubte ich hier nicht an einen Vorratsschrank. Ein eisiger Schauer überkam mich bei den Gedanken hier irgendwo könnten Menschen gefangen gehalten werden. Sollte es so sein, was würde ich tun? Sie befreien. Aber was dann? Es klang alles so toll, wenn man es aussprach, aber bei der Umsetzung verschwamm alles in meinen Gedanken.
 

Ich stand auf und gähnte, als die ersten Sonnenstrahlen ins Zimmer schienen. Jetzt wäre wohl eine gute Gelegenheit zu schlafen. Ich ging zum Bett und schloss darauf meine Augen. „Alles wird gut.“ Sagte ich zu mir selber und kuschelte mich in die weiche Decke hinein. Viel Zeit brauchte es nicht, bis ich eingeschlafen war. Aufwachen tat ich, als ein lautes krachen zu hören war, wie wenn etwas großes und schweres auf den Boden fiel. Ich sah mich sofort um, niemand hier. Die Sonne war noch am Himmel. Liegen bleiben konnte ich nicht und verfluchte diese Müdigkeit. Hatte ich mir das nur eingebildet? Nein, denn ich vernahm Stimmen, Lachen. Was war hier los? Ich zog mir schnell eine dunkelbraune Stoffhose über und dazu einen blauen Pullover, dessen Kragen ich etwas umkrempelte am Hals. Die Sneakers, welche ich gestern schon anhatte, zog ich auch wieder über. Wozu neue aus dem Schrank kramen? Auf dem Weg zur Tür band ich mir schnell meine Haare irgendwie zusammen und steckte die Haarsträhnen, welche ich nicht mit erwischte hatte hinter die Ohren. Dann schob ich den Schrank etwas zur Seite und griff zur Klinke. Wie gerne hätte ich meine Sabroa bei mir gehabt. Ich atmete tief durch und öffnete die Tür langsam und leise, sah vorsichtig hinaus. Auf dem Gang war keiner. Die Stimmen konnte ich aber deutlicher vernehmen. Es waren Männer und sie lachten noch immer. Ich versuchte auf Zehenspitzen mich heranzuschleichen und kam bald ans Geländer der Treppen, wo ich mich versuchte hinter einen etwas breiteren Pfosten zu verstecken. Die Männer tollten in der Eingangshalle herum. Zwei von ihnen schienen sich zu schlagen, während die anderen 4 ihnen zu riefen und anfeuerten. Für mich sahen sie aus wie Mitte 30 und benahmen sich wie meine ehemaligen Klassenkameraden. Waren das Menschen? Zumindest konnten sie sich im Sonnenlicht aufhalten. Es dämmerte so langsam bei mir. Waren das diejenigen, welche tagsüber hier sein sollten? Hatte Juraj sie her geschickt? „Ein kleines Mäuschen, das Verstecken spielt?“ Ich erschrak und drehte mich um. Vor mir standen drei Männer. Sie waren groß, fast an die 2 Meter und regelrechte Muskelprotze. Ich lächelte ihnen falsch zu und wollte schnell an ihnen vorbei, als der, mit den kurzen blonden Haaren mich einfing. „Nicht weg laufen, kleines Mäuschen!“

„du erzählst uns erst mal, wer du bist und was du hier machst.“

„Hat versucht sich heranzuschleichen.“

„Wie mutig von einem kleinen Blutsauger.“ Die drei lachten bei der Bemerkung und ich schlug mit den Fäusten auf den Rücken des blonden, während seine beiden Freunde die Treppe runter gingen. Der vorne weg lief hatte bis zu den schultern lange schwarze Haare, während der dritte hinter uns eine Glatze trug. „Lass mich runter!!“ Verlangte ich und schlug erneut mit voller Wucht auf seinen Rücken, was ihn eigentlich hätte unermessliche Schmerzen bereiten sollen, doch scheinbar hatte ich recht. Es waren keine Menschen, denn er grunzte nur und schien es amüsant zu finden.
 

„Hey Jungs, guckt mal was wir gefunden haben!“ Rief der schwarzhaarige zu den anderen welche ihre Aufmerksamkeit nun auf mich richteten. Die beiden Streithähne unterbrachen ihre Rangelei und alle versammelten sich im Kreis um mich, als der Blonde mich auf den Boden warf. „Ein Blutsauger? Ich dachte die haben eine Abneigung gegen das Sonnenlicht.“

„Wir scheinen nicht alles über sie zu wissen.“

„Vielleicht sollten wir sie genauer unter die Lupe nehmen.“ Einer von ihnen, mit kurzgeschorenen, dunklen Haaren kam etwas näher und ich sprang sofort auf, knurrte ihn an. „Fass mich an und ich breche dir die Knochen!“ Sofort begann ich mich an Angriffsstellung zu begeben und war mal wieder froh über die ganzen Trainingsstunden mit Alucard. „Oh, sie scheint bissig zu sein.“

„Das gefällt mir. Ich steh auf Weibchen, welche die Zähne zeigen können.“ Hatte er eben Weibchen gesagt? Was waren das für Wesen? „Nur will sie damit nicht nur spielen.“ Wieder ein Lachen von ihnen und ich fing an zu knurren. „Wer seid ihr und was macht ihr hier???“ Ich versuchte meine Angst und Nervosität nicht zu zeigen, hoffentlich gelang es mir. „Das solltest du uns lieber sagen, kleines Mäuschen.“

„Nenn mich nicht so!! Ich habe einen Namen!“

„Die Blutsauger haben Namen? Wieder was gelernt. Wie heißt du denn?“ Wie es aussah, hielten sie nicht sehr viel von Vampiren. Warum also hatte Juraj sie dann hier her geholt? Außerdem wunderte ich mich, das sie anscheinend nicht wussten, wer ich war. „Hast du deinen Namen vergessen, kleines Mäuschen?“ Als er noch einen Schritt näher auf mich zukam, drehte ich mich schnell um und trat dabei mit meinem Bein ihm voll gegen den Kiefer, woraufhin er seitlich nach hinten zurück fiel. Er hatte damit nicht gerechnet und ich war froh, das ich bei denen hier wohl doch etwas Schaden anrichten konnte. „Nenn mich nicht Mäuschen!! Ich heiße Kathrin!!“ Die anderen sahen mich erst etwas ungläubig an und im ersten Moment dachte ich, mich gleich richtig verteidigen zu müssen, doch fingen die anderen schließlich an laut zu lachen. „Die kleine gefällt mir!“

„Mir auch! Sie kann wenigstens was ordentliches austeilen.“

„Und scheint nicht so eingebildet zu sein wie die anderen Blutsauger!“ Was ging hier gerade ab? Konnte mir das einer vielleicht mal erklären? „Hey Paul, hat sie dir ordentlich zugesetzt?“

„Ich glaub sein Kiefer ist gebrochen.“ Kam es wieder lachend von einem und ich ging jetzt einfach ein paar Schritte zurück, da sie den Kreis um mich herum aufgelöst hatten. Ich konnte es riechen, er fing an zu bluten. Scheinbar hatte ich ihm nicht nur den Kiefer gebrochen. Das war nicht gut. Vor allem da sich mein Magen wieder meldete und mein Kiefer begann zu schmerzen. Ich leckte mir unbewusst über einen meiner Zähne und spannte mich an. Doch schaffte ich es dann schnell mich umzudrehen und weg zu laufen, die Treppe wieder nach oben und ins Zimmer.
 

Sie verfolgten mich nicht, lachten noch immer laut und ich schob den Schrank wieder vor die Tür. Als wenn das was bringen würde bei denen. Gleich darauf ging ich zum Fenster und öffnete es. Die frische Luft tat gut, vor allen um den Blutgeruch aus meiner Nase zu bekommen. Juraj schien recht zu haben, die Gegenwart von Vampiren war mir im Moment lieber als die von diesen Typen. Ich wusste ja noch nicht einmal, was sie waren! „Wieso nur bin ich her gekommen?“ Heute hätte ich mich vielleicht in dem einen Bus verstecken können und wäre irgendwie zum Bahnhof gekommen, doch nun saß ich hier fest. Irgendwo in Rumänien mit Vampiren, die wahrscheinlich irgendwo im Keller schliefen und einer Horde unbekannter Wesen, die in der Eingangshalle Rugby zu spielen schienen.

Ich setzte mich wieder auf die Fensterbank und genoss regelrecht die kühle Luft und die Sonne. Die ganzen Monate in dem Keller und nur des Nachts herum laufen waren zwar auch nicht so schlecht gewesen, aber ab und an am Tage wach zu sein, tat auch gut. Ich sah zu, wie ein paar Vögel über einen der Gipfel flogen und fragte mich, ob sie irgendwo eine Stadt sehen würden. War hier etwas in der Nähe? Würde ich überhaupt dort hin können? Ich war so in meinen Gedanken vertieft, dass ich den Ball erst bemerkte, als er fast genau vor meiner Nase war. Mit einem Schrei fiel ich von der Fensterbank auf den Teppichboden und war gerade noch so dem Ball in meinem Gesicht ausgewichen, welcher gegen die Wand geflogen war. „Hey kleines Mäuschen! Wirf mal zurück!“ Mein Herz raste wie wild und ich sprang auf, sah aus dem Fenster. Unten hatten sich fünf von diesen Typen versammelt und lachten sich einen zurecht. Das war volle Absicht gewesen! Und dennoch, ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Das war das erste mal seit langem, das ich mich irgendwie...doch etwas normal fühlte. „Das kleine Mäuschen kommt gleich runter und verkloppt euch, wenn ihr nicht endlich aufhört mit diesen bescheuerten Kosewort!!“

„Dann trau dich doch, Blutsauger!“ Schrie ein anderer runter und ich zeigte ihm den Mittelfinger. „Wirfst du jetzt den Ball runter oder müssen wir holen kommen?“

„Wenn ihr euch traut hier rein zu kommen, könnt ihr es ja mal versuchen! Aber ich sage gleich, das ich ziemlichen Hunger hab!“ Ich konnte erkennen wie zwei von ihnen zusammen zuckten bei meinen Worten. Sie veränderten ihre Blicke, von Spaßig zu ernst. Wie es aussah hatten sie keine guten Erfahrungen gemacht mit Vampiren, wohl auch kein Wunder wenn ich kurz wieder zurück an das dachte, was ich auch getan hatte. Ich biss mir auf die Unterlippe und ging vom Fenster weg, griff den Ball und warf ihn einfach nach draußen. Gleich danach schloss ich das Fenster und lies mich anschließend aufs Bett fallen. Fühlte ich mich jetzt wohler, nachdem welche hier waren, die im Tageslicht zurecht kamen? Irgendwie war es eigenartig. Ich vermisste gerade den Schutz von Alucard und schloss meine Augen. Wie es aussah war ich hier in dem Zimmer wirklich sicher.
 

„Wo bist du?“ Ich war gerade in der Schule und hatte Unterricht, saß in meiner alten Klasse in Frankreich über einen Test gebeugt, als ich die Stimme hörte und aufsah. Hatte nur ich sie gehört? Doch als ich mich umsah, waren alle anderen weg. Was ging hier vor? Ich bekam Angst und stand auf, als plötzlich jemand nach mir griff und mich nach hinten zog. Ich drehte mich um und wollte mich von ihm weg stoßen. „Alucard?“ Ich war verwundert ihn hier zu sehen. Was geschah gerade? Eben noch hatte ich einen Test geschrieben und dann waren alle weg und ich alleine und nun stand er hier vor mir. „Wo bist du?“ Fragte er wieder und kam noch näher, so nah das ich meinen Kopf etwas zurück legen musste um ihm in die Augen zu sehen. Er hatte seine Brille nicht auf und fixierte mich mit seinem Blick. „In der Schule.“ Antwortete ich und stieß ein Keuchen aus, als er mich gegen einen der Tische drückte. „Wo bist du?“

„In der Schule!! Das habe ich dir doch schon gesagt!!“ Ich ging sofort in die Verteidigungshaltung über und wollte ihn von mir weg stoßen, als alles um mich herum schwarz wurde. Es war nichts mehr hier, nur noch die reine Dunkelheit und Alucard, der meine Handgelenke festhielt, als würde er sorge haben, ich würde weg laufen. Das war doch nicht normal, was hier geschah! Wie konnte alles verschwinden? Erst meine Klassenkameraden und nun auch noch das Klassenzimmer? „Wo bist du?“ Immer wieder die selbe Frage und ich...wusste es nicht. Wo war ich? Was war los? „Ich weiß es nicht.“ Kam von mir als Antwort und sein Griff wurde fester. Es begann zu schmerzen und ich wollte Schreien, mich wehren. „Ich werde dich finden, wo auch immer du dich versteckst.“ Jetzt ließ er mich los und genau in diesem Moment saß ich senkrecht im Bett, vollkommen verschwitzt. „Ein Traum?“ Fragte ich mich selber und legte die Hand auf meine Brust um mich zu beruhigen. Es war alles nur ein Traum gewesen. Wie kaputt musste ich eigentlich sein? Ich sah zum Fenster hin. Die Sonne war bereits am untergehen und als ich etwas lauschte, vernahm ich keinerlei Geräusche. Es war still. Anscheinend waren die Männer von vorhin weg. Ich stand auf und ging ins Bad. Ich füllte die Wanne mit Wasser und legte mich danach dort rein. „Alles nur ein Traum, Kathrin...alles nur ein Traum...“ Dennoch, seine Gegenwart kam mir so echt vor, doch hatte er mir wieder ziemliche Angst eingejagt. Aber irgendwie mochte ich das bei ihm, warum auch immer. Es gehörte einfach zu Alucard, meiner Meinung nach. Das Bad tat richtig gut. Gleich danach zog ich mir die Sachen vom Tage wieder über und ging zurück ins Zimmer. Die Sonne war untergegangen und ich konnte hören, wie der Ort wieder zu pulsieren begann, ebenso konnte ich wohl mein Abendessen riechen. Ich ging zur Tür und schob den Schrank weg.

Tereza brachte es mir wieder, nur diesesmal stellte sie es gleich auf den Tisch und verschwand wieder nach draußen. Scheinbar wollte sie nicht mit erleben, wie ich abermals die Kontrolle verlor und mich darüber hermachte. Als ich fertig war, öffnete ich die Tür und sah sie neben dieser stehen. „Fräulein Dakaria, wünscht Ihr noch mehr?“

„Bitte ja, wenn es geht jeden Abend zwei?“ Fragte ich mal nach und bekam ein nicken von ihr, bevor sie weg ging. Irgendwann würde ich es schon schaffen ihr das Fräulein und vielleicht auch dieses Dakaria auszutreiben. Wenn ich hier schon längere Zeit verbringen musste, dann würde ich mich irgendwie damit arrangieren. Ich schloss die Tür wieder und ging zum Fenster, sah hinaus.
 

„Guten Abend, Dakaria.“ Sofort drehte ich mich um und sah, wie Juraj ins Zimmer hinein kam und mir zu lächelte. Er benutzte seine komischen Tricks nicht, daher atmete ich etwas erleichtert aus. „Abend.“ Ich setzte mich auf die Fensterbank, mit Blickrichtung zu ihm. „Danke...für die Gesellschaft am Tage.“ Immerhin hatte ich ihn drum gebeten und wie es schien, hielt er seine Versprechen. Zu hoffen, dass er sein anderes ebenso umsetzte. „Keine Ursache. Ich hoffe sie hatten sich benommen.“ Ich lächelte nur und behielt lieber mal die kleinen Rangeleien für mich. „Was sind sie?“ Es machte mich schon neugierig und Wissenslos wollte ich nicht sein. „Werwölfe, sie stammen aus einem nahe lebenden Rudel.“

„Werwölfe???“ Ich sprang sofort auf und konnte das nicht glauben. „Gibt es die wirklich???“ Anscheinend belustigte ihn meine Frage. „Es gibt sie, ja.“

„Echt jetzt? Das ist ja der Wahnsinn! Ich dachte die seien nur erfunden!“

„Es gibt vieles, das wirklich existiert und dessen Existenz von Menschen als Wahnvorstellung oder sonstiges abgetan wird.“ Bei seinen Worten räusperte ich mich. Er hatte recht. Vor wenigen Monaten dachte ich auch noch, alle seien verrückt als sie zu mir sagten, ich sei ein Vampir. „Sie wussten nicht, dass ich ein Vampir bin und am Tage herum laufen kann.“

„Sie können Vampire nicht leiden.“

„Und dann hast du sie her geschickt?“

„Es war die schnellste und zudem einfachste Lösung für deine Bitte. Sie können sich gegen dich verteidigen, solltest du wirklich auf einen von ihnen Appetit haben.“ So wie er es sagte, begann sich eine Gänsehaut auf mir auszubreiten. „Ich habe nicht mit bekommen das einen von ihnen sein Leben am Tage gelassen hat und du bist ebenso unversehrt. Also nehme ich an, euer Aufeinandertreffen verlief gut?“

„Wie man nimmt...aber wenn sie mir nichts tun, werde ich ihnen ebenso nichts tun.“ Zumindest behandelten sie mich nicht, als würde ich auf einem Podest stehen, das gefiel mir bei weitem besser. „Ich werde ihnen noch sagen, was hier ihre Aufgabe sein wird.“

„Nein!..Ich meine es reicht doch, wenn sie wissen hier einfach für Schutz zu sorgen, ganz allgemein.“ Ich wollte nicht, dass sie erfuhren mich beschützen zu müssen oder sonst was über mich. „Du willst, dass dein Dasein geringer geschätzt wird, als es ist?“

„Ich will einfach das man mich normal behandelt und das haben sie getan.“ Nachdem ich einen den Kiefer gebrochen hatte. „Das Leben als Mensch tat dir wirklich nicht gut.“ Darauf ging ich jetzt lieber nicht ein, sonst hätte ich ihn noch einen Tritt verpasst. „Lassen wir das Thema, sag mir lieber, was ich hier alles machen kann um meine Langeweile zurück zu halten.“ Denn den ganzen Tag und Nacht nur hier im Zimmer rum zu sitzen wurde jetzt schon öde. „Es gibt einige Zimmer weiter eine kleine Bibliothek. Unten in einem Bereich ist ein Trainingsraum, wenn du diesen aufsuchen willst und ebenso haben wir eine hervorragende Vorratskammer.“ Bei diesem Wort kräuselten mir glatt die Fußnägel, vor allem wie er es aussprach. Ich sollte sie vermeiden, für meinen eigenen Seelenfrieden. Die Bibliothek klang nicht ganz so schlecht, aber dennoch. „Ein Fernseher, oder vielleicht sogar ein Rechner mit Internet?“ Das wäre es gewesen, was mir wirklich gefallen würde, doch verneinte er es mit einer Kopfbewegung. „Was habt ihr nur alle gegen Internet? Ich verstehe es nicht.“ Damit hätte ich vieles an Zeit herum bekommen können und zudem wollte ich so gerne mit ein paar alten Freunden mal wieder in Kontakt treten. „Ich kenne mich nicht wirklich aus mit diesen Geräten, aber ich glaube hier würde es dir ohnehin wenig bringen.“ Ich hoffte er meinte damit den Verbindungsaufbau, denn ansonsten würde es mir bei weitem mehr bringen als alles andere. „Ihr solltet anfangen in die Moderne zu kommen.“

„Ich lasse mich sehr gerne von dir in diese führen, aber nicht heute Nacht.“ Bei seinem Tonfall schmolz ich kurz dahin und hatte gerade das Bild vor Augen, wie ich auf allen Vieren im Bett war und er von hinten...“Verdammt!! Hör auf damit!!“ Schrie ich ihm zu und schmiss das nächst beste neben mir, was eine Vase war, nach ihm. Er verschwand lachend aus dem Zimmer raus. sich räuspernd betrat Tereza das Zimmer, mit dem Glas in der Hand und ich verschwand schnell vorher ins Bad um mir kaltes Wasser ins Gesicht zu schütten. Dieses Bild wird mich bestimmt Tagelang verfolgen. Als ich in den Spiegel vor mir guckte, musste ich schon wieder daran denken, und mir wurde ganz heiß, aber dieses mal hatte ich dabei nicht Juraj mit im Gedanken, sondern Alucard und keuchte kurz auf. „Was mache ich hier nur?“ Fragte ich mich abermals und knallte mir noch eine Ladung Wasser ins Gesicht, kam danach hinaus. Die Frau war schon weg, das Glas stand auf den Tisch und ich ging hin, leerte es mit einem Schluck.
 


 

Kapitel 36:
 


 

Die nächste Zeit versuchte ich Juraj aus dem Weg zu gehen. Er war mir einfach nicht geheuer. Ich begann mich mehr und mehr um zusehen in den folgenden Tagen. Mit den Wachen des Nachts hatte ich mich am dritten Tag hier angefangen zu unterhalten. Ich versuchte es zumindest. Sie aber erwiderten kaum ein Wort und hatten nur Augen für meine Sicherheit, was mir irgendwann zu blöde war. Die anderen Geschöpfe der Nacht machten einen Bogen um mich herum, als sei ich irgend eine Gefahr für sie oder noch schlimmeres. Wie sollte ich mich mit denen arrangieren, wenn sie alle vor mir reiß aus nahmen? Irgendwann hatte ich dann begonnen mich eher tagsüber mit den Rugby-Spielern zu unterhalten. Ich fing an zu lernen, wie sie tickten. Sie machten Späße und das gefiel mir. Mit ihnen konnte ich ungezwungener in Kontakt treten, auch wenn sie ab und an etwas Abstand zu mir ließen. Mein Tagesablauf verlegte sich mehr und mehr von der Nacht hin zum Tag und ich war dem nicht abgeneigt. Nun war ich schon über eine Woche hier und Fortschritte schien Juraj nicht zu machen, was meinen Wunsch betraf ein Mensch zu sein. Ich stand in der Morgensonne im Trainingsraum und wischte mir mit dem Handrücken über die Stirn. So langsam bekam ich mit, das meine Bewegungen bei Nacht besser waren und vor allem konnte ich Nachts meine Fähigkeiten weiter ausbauen. Daher hatte ich mir vorgenommen, heute das letzte mal am Tage zu trainieren und ansonsten dies in die Nachtstunden zu verlegen, so hatte ich auch immer ein gutes Argument um mich von den anderen fern zu halten. Die Bank am Rande des Raumes war mein Ziel, und ich lies mich darauf fallen, den Kopf an die Wand gelehnt. „Happy Birthday, Kathrin...“ flüsterte ich dann leise zu mir und musste etwas lächeln. Ich wurde heute 17 und es war mein einsamster Geburtstag überhaupt. Früher hatte meine Mutter mir immer einen Kuchen gebacken und wenn ich morgens aufgestanden war und zur Schule musste, hatte sie mir ein Stück davon eingepackt. Ob sie vielleicht aus Gewohnheit heraus heute auch einen gebacken hatte? Und wenn ja, welchen? Ich liebte ihren Apfelkuchen über alles und hätte so gerne ein Stück davon gegessen. Ich fing bereits an manche Geschmäcker zu vergessen. Letztens erst hatte ich daran gedacht, wie eine Mango schmeckte und dann einmal eine Birne. Seufzend rieb ich mir die Nasenwurzel und schloss etwas die Augen. Hatte ich überhaupt heute Geburtstag? Was wenn er erst noch kam, oder schon vorbei war? Was wenn ich noch keine 17 war? Oder schon älter? War das überhaupt wichtig? Nach einigen überlegen sagte ich zu mir selber, nein. Es war nicht wichtig. Heute war mein Geburtstag und heute wurde ich 17, damit hatte es sich. Ich stand wieder auf und lief noch ein paar Runden durch den Raum, ehe ich wieder begann mit einigen von den Techniken, welche ich einst gelernt hatte.
 

Als ich fertig war, ging ich zurück in mein Zimmer und unter die Dusche. Die Werwölfe hatten sich draußen auf dem Gelände verteilt und nur einer von ihnen stand in der Eingangshalle. Doch als ich frisch geduscht und angezogen zur Treppe kam und mir die Haare mit einem Tuch trocken rubbelte, sah ich seinen sehnsüchtigen Blick nach draußen. Er tat mir richtig leid. „Brian, richtig?“ Fragte ich beim runter gehen und er sah zu mir hin, mit einem nicken und einen Lächeln. Sie hatten angefangen zu merken, das ich keinen von ihnen beißen würde. Anscheinend war ich so etwas wie eine Rarität für sie. Ein Vampir der bei Tage rum laufen konnte und keine Ambitionen verfolgte ihnen das Blut auszusaugen. Eine kleine Narbe zog sich auf seiner rechten Wange hinunter und seine eisblauen Augen wirkten nicht nur sehnsüchtig, sondern auch wachsam. Er war genau wie die anderen ein regelrechter Muskelprotz und ich hatte mich schon gefragt, ob alle Werwölfe so waren. Seine schwarzen, kurzen Haare hatte er etwas nach oben gegelt. Es sah ein wenig lustig aus, fand ich zumindest. „Lassen sie dich nicht mit spielen?“

„Einer muss eben immer hier sein und ich hab den kürzeren gezogen.“

„Oh, das tut mir richtig leid für dich. Aber wenn du willst, können wir etwas Stöckchen holen spielen.“

„Wenn du willst, kann ich dir deinen süßen Hintern verhauen.“

„Also bitte, das würde deiner Frau sicher nicht gefallen.“

„Wenn ich ihr sage, das ich einem Blutsauger den Arsch versohlt habe? Sie würde mich bespringen wie einen notgeilen Bock, also bringe mich nicht in Versuchungen.“ Ich musste nach seiner Antwort lachen, was er mir gleich tat. „So ein großes Schloss, wie viele Blutsauger leben hier eigentlich?“

„Keine Ahnung. Ich habe wenig mit ihnen zu schaffen und ich glaube auch andere Arten..oder Wesen..oder wie auch immer leben hier mit.“ Er sah mich verwirrt an und schien nicht zu verstehen, aus welchem Grund ich mich von den anderen zu distanzieren schien. War es wirklich so eigenartig? In deren Augen mit Sicherheit. „Du bist einsam.“ Eine Feststellung, welche ich gerade nicht gebraucht hätte und doch kam ein langgezogenes seufzen von mir. „Und mir ist zudem schrecklich langweilig.“

„Wieso bist du dann hier?“

„Schon mal das Tor gesehen? Es ist abgeschlossen und einen Schlüssel habe ich noch nicht gefunden.“

„Aber du bist ein Blutsauger, Türen machen euch doch wenig aus.“ Des Nachts hatte er recht, aber leider hatte ich diese Fähigkeit noch nicht gelernt, oder besaß sie nicht einmal. Eines von beiden. „Mir schon. Aber ist ja auch egal. Wer weiß was in Zukunft noch alles passiert.“

„Ja, zum Beispiel könnte einer von uns zufällig das Tor nicht abgeschlossen haben, als wir rein gekommen sind.“

„Wirklich?“ Ich sah ihn nun mehr als fragend an. „Wozu auch? Wir sind hier und passen auf. Es kommt keiner rein, ohne das wir es mit bekommen.“

„Vielleicht ist es aber eher um welche drinnen einzusperren?“

„Was nicht unsere Aufgabe ist. Wir sollen hier nur aufpassen. Mehr nicht.“ Welch ein Glück das sie wohl wirklich nicht mehr zu wissen schienen. „Dann könnte ich einfach mal so, durch reinen Zufall, am Tor vorbei gehen und es un-abgeschlossen vorfinden?“

„Vielleicht? Sagen wir in etwa zwei Stunden? Ich glaube nämlich dann hat jemand Wechsel in der Wache und wird sich außerhalb des Geländes umsehen müssen ob alles seine Richtigkeit hat.“

„Oh Brian, wenn du nicht eine Frau hättest, die alles an dir riecht, würde ich dir jetzt einen Kuss auf die Wange geben!“

„Lieber nicht! Ich bevorzuge meinen Schwanz in der Hose, und nicht an der Wand als Trophäe!“ Wieder mussten wir beide lachen und ich nickte ihm nochmal zu, ging wieder die Treppe nach oben. Es hatte wirklich was gutes, sich mit ihnen zu verstehen. Eine Bessere Entscheidung hätte ich wohl nicht treffen können, mich eher mit ihnen auseinander zu setzen, als mit den anderen. Außerdem freute ich mich schon darauf, meinen Geburtstag hier nicht eingesperrt zu verbringen.

Als ich dann daran dachte, vielleicht doch irgendwo eine Stadt zu finden und dabei gerade in den Spiegel sah, verging meine Euphorie. Ich hatte keine Kontaktlinsen hier und was würden sie von mir halten, wenn sie mich sahen? Früher versuchte ich drüber zu stehen, doch wusste ich damals ja nicht die Wahrheit, doch jetzt? Ich setzte mich vor diesen komischen Schminktisch und bürstete meine noch etwas feuchten Haare um sie danach zu einen Flechtezopf zusammen zu binden. Aus dem Schrank hatte ich eine dunkelblaue Jeans und einen schwarzen Pullover genommen, dazu eine Jacke, die gut warm hielt. Ich konnte zwar einiges an Kälte weg stecken, aber wenn ich wirklich draußen jemanden begegnete, musste der das ja nicht wissen. „Du schaffst das, Kathrin. Sei einfach genau so selbstbewusst wie früher. Da war die auch jede Meinung scheißegal!“ Ich nickte mir selber zu und stand auf. Zwei Stunden waren nicht lang, wenn man was zu tun gehabt hätte. Ich aber hatte nichts, also ließ ich mich aufs Bett fallen und machte die Augen kurz zu, nachdem ich einen Wecker richtig einstellte. Der war so alt, das ich ganze zwei Tage gebraucht hatte um zu verstehen, wie ich das Ding überhaupt richtig stellen konnte, damit er einen Alarmton von sich gab. Zudem wie er auch wieder ausging. Von Alucard hatte ich nicht noch mal geträumt, was mehr als Schade war, wie ich fand. Aber vielleicht auch nicht so schlecht. Wenn ich mir vorstellte, er würde jetzt hier sein? Was dann wohl geschehen würde? So viele Vampire und ob die ihm freundlich gegenüber treten würden? Sicherlich nicht, so wie ich ja einmal Jurajs Reaktion aufgefasst hatte.
 

Der Wecker klingelte und ich schlug mit der Hand drauf, richtete mich streckend auf. Der kurze Schlaf hatte gut getan und dennoch wäre ich noch länger liegen geblieben. Aber ich konnte diese Chance nicht vertun. Unten in der Eingangshalle stand bereits Brians Ablöse an der Tür. Daniel, wenn ich mich recht erinnerte. Ich ging auf ihn zu. „Oh, haben die Wachhunde die Schicht getauscht?“

„Wir wollen doch alle etwas von dem kleinen Mäuschen.“ Irgendwann brachte ich dem glatzköpfigen noch bei, mich nicht so zu nennen, irgendwann. „Das kleine Mäuschen kann nicht nur schnell weg laufen, sondern auch gut zubeißen, also solltest du besser aufpassen.“

„Ich mag meine Mäuse, wenn sie versuchen weg zu laufen und auch sich versuchen zu wehren.“

„War ja klar, das du so was jagst. An was größeres traust du dich eh noch nicht ran.“ Ich ging lächelnd an ihm vorbei und quiekte kurz auf, als er mir einen Schlag auf den Hintern versetzte. „Pass auf was du sagst Blutsauger. Wir können auch beißen.“ Er grinste mich an und ich streckte ihm meine Zunge raus, ging weiter und rieb mir über den Hintern. Der Schlag hatte weh getan. Bald schon stand ich vor dem Tor und die Kette hing wirklich offen davor. Ich hätte Brian umarmen können. Das Tor machte ein lautes Geräusch und kurz verharrte ich in meiner Position, aber es kam keiner her. Ich sah nur das einer von den Männern aus einem Stückchen Wald zu mir sah und sich dann wieder zurück zog. Also stimmte es, sie dachten wirklich, sie dürften hier nur keinen rein lassen. Ich musste vor Sonnenuntergang wieder zurück sein, ansonsten würden sie bestimmt ärger mit Juraj bekommen und das wollte ich vermeiden. Aber andererseits, wieso schloss er mich überhaupt ein, wenn er mir helfen wollte? Voller Tatendrang verließ ich das Grundstück und folgte der steilen Straße hinunter. Vielleicht einen Kilometer bis der nächste Wald begann. Ich folgte jedoch weiterhin nur der Straße und kam dennoch an keiner Stadt vorbei. Wie weit die wohl entfernt war? Zu Fuß an einem halben Tag nicht zu erreichen, wie ich feststellen musste und irgendwann zurück sah. Ich konnte das Schloss in der Ferne sehen und auch den steilen Weg nach oben.
 

Auf den Aufstieg freute ich mich so gar nicht, aber noch weniger freute ich mich, als plötzlich drei Wagen an mir vorbei fuhren und ich erkannte wer drinnen saß. Sie hupten mich an und wanken aus den Fenstern mir noch zu, bevor sie um die nächste Kurve verschwunden waren. Die Sonne würde bald unter gehen und ich musste noch zurück. Vor Sonnenuntergang? Das konnte ich vergessen. Ein toller Geburtstag war das. Keine Geschenke. Keine wirkliche Gesellschaft. Kein Kuchen und niemand der es zu wissen schien. Aber woher auch? War ja nicht so, das es irgendwo drauf stand. Ich drehte mich um und ging zurück.

Noch ehe ich vor dem steilen aufstieg ankam, tauchte vor mir einer der Wachen auf.

„Oh..Hey.. Wie gehts?“ Fragte ich und versuchte seinen finsteren Blick zu umgehen. Neben ihm tauchten immer mehr auf, bis alle neun vor mir standen. Wie es aussah, war dies wohl das Suchkommando. „Gibt es hier irgendwas umsonst?“ Versuchte ich die Stimmung zu lockern und wünschte mir die Wölfe wieder her. „Das Schloss zu verlassen hätte euch Euer Leben kosten können!“

„Wenn Ihr es verlassen wollt, gibt einen von uns Bescheid!“

„Wir werden Euch gerne begleiten!“ Ich sah von einen zum anderen und dann wieder zurück. „Ihr könnt Englisch?? Also habt ihr mich immer verstanden, wenn ich versuchte mit euch zu reden?? Könnt ihr auch Französisch?“ Die Wachen sahen mich an und schüttelten dann mit dem Kopf, bis auf einer, welcher nickte. Na gut, einer mit dem ich mich auf meiner Muttersprache unterhalten konnte. Eine Erleichterung schien sich in ihren Reihen breit zu machen und irgendwie taten sie mir gerade leid. Andererseits tat ich mir aber auch leid! Ich war 17! Und ich wollte nicht ständig von jemanden bewacht werden wie ein kleines Kind. Nicht nur meine Freiheit zu essen was ich will war weg, sondern auch jene mal alleine irgendwo hin zu gehen. Ein Ortswechsel hatte dabei keinerlei Veränderung gebracht. Es war hier eben genau wie in London. Nur das dort nur einer ständig an meinen Fersen geklebt hatte. Ich sah von den Wachen weg, zurück auf einen der Wälder. „Wo liegt die nächste Stadt?“

„Etwas mehr als 30 Kilometer von hier entfernt.“ Dann war es kein Wunder, das ich sie per Fuß nicht so schnell erreicht hatte. „Kann ich dort hin?“ Sie nickten und ich sah sie weiter an. „Jetzt?“ Wieder ein nicken von ihnen und keine weiteren Anstalten. „Mit einem...Auto vielleicht?“ Nun skeptische Blicke. Musste ich denen wirklich sagen, das ich keine solchen Tricks drauf hatte wie sie? „Mit einem Auto?“

„Wir wissen nicht wie man mit einem umgeht.“ Gestand nun einer von ihnen und Augenrollend ging ich an ihnen vorbei, machte mich bereit für den Anstieg. „Ihr müsst wirklich mal in die Moderne!“ Das würde mein Leben um einiges erleichtern. Zwei von ihnen gingen hinter mir her, der Rest hatte sich in Luft aufgelöst und war wohl schon wieder oben. Vielleicht wurde ihnen ja jetzt endlich klar, das ich nichts besonderes war.
 

Die Hälfte der Anhöhe hatte ich geschafft, als ein Knurren zu hören war. Ich blieb sofort stehen und sah mich um. War einer der Werwölfe zurück gekommen? Also wenn ja, war ich auf der einen Seite gespannt und auf der anderen etwas unsicher. Ich hatte noch keinen von ihnen gesehen, nachdem sie sich verwandelt hatten. Ob ich das überhaupt sehen wollte? In den letzten tagen hatte ich darüber nachgedacht und die Neugierde siegte bei mir immer ziemlich schnell. Doch jetzt gerade war sie nicht sonderlich erpicht darauf, ihren Sieg auch abzuholen. Die beiden Wachen zogen jeweils ihre Schwerter und bleckten nebenbei noch die Zähne. Das war nicht gut. Angst breitete sich in mir aus und ich machte mich schnell weiter auf den Weg. Zugern hätte ich mich jetzt auch in Luft aufgelöst und den Weg schneller hinter mich gebracht. Ich konnte spüren, das den beiden der selbe Gedanke durch den Kopf ging. Doch dann stand ich auf einmal alleine da. Sie waren wirklich weg! Hatten sie mich jetzt alleine gelassen?? Einfach so?? Was sollte denn das auf einmal? Doch noch ehe ich irgendwie beleidigt oder traurig sein konnte, hörte ich ein paar Schüsse aus dem Wald und nahm meine Beine in die Hand. Okay, sie waren nicht einfach weg und schon vor gegangen, sie schienen sich um das zu kümmern, was im Wald war. Die Schüssen hatten wohl auch die anderen gehört, denn die restlichen sieben Wachen kamen zu mir. Ich deutete auf den Wald. „Keine Ahnung was es ist, aber es hat geknurrt und die beiden anderen sind scheinbar hingegangen.“ Ich hoffte mal, das ihnen nichts zugestoßen war. Sie sahen zwar brutal aus, mir gegenüber aber hatten sie nie etwas getan, außer mich bis heute glimpflich ignoriert. Einer von den Wachen legte seine Hand um meinen Arm und ich sah ihn erst fragend an, dann aber war ich plötzlich in der Dunkelheit und hatte die Augen geschlossen, wie so üblich. Die Kälte war nicht mein größter Freund hier und Unbehagen breitete sich wieder in mir aus. Der schützende Mantel fehlte. Es war jetzt schon das zweite mal, das ich diesen nicht so schnell aufbauen konnte und es sich anfühlte, als wenn etwas mich zusammendrückte und dann auseinanderreißen wollte. Die Hand von der Wache konnte ich noch an meinem Arm spüren, etwas gutes, dachte ich bis zu dem Moment als sie nicht mehr da war. Ich fühlte mich auf einmal alleine und hilflos. Die Enge fing an mich zu umklammern. War er draußen und hatte mich nur vergessen? Ich versuchte in der Panik zu denken und aus der Finsternis zu entkommen, aber ich schaffte keinen Ausgang zu erzeugen. Wo war ich nur? Ich wollte um Hilfe rufen, doch auch meine Stimme war versiegt und ich spürte wie nicht nur die Enge mehr und mehr wurde, sondern auch wie meine Kraft begann abzunehmen. Meine Beine wurden schwerer und ich müder. Würde ich mich jetzt hier verlieren? Oder irgendwo vielleicht später aufwachen?
 

Wie in Watte gelegt fühlte sich mein Verstand an, bis ich fühlte, wie ein sicherer Umhang sich um mich schlang. Auf ihn hatte ich die ganze Zeit gewartet und schmiegte mich darein. Ich konnte wieder atmen und mich entspannen. Meine Beine waren noch immer schwer und ich war auch kurz davor das Bewusstsein zu verlieren, dennoch fühlte ich mich ruhiger und wärmer. Eine Hand legte sich unter mein Kinn und hob es hoch. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, doch gelang es mir abermals nicht. Geborgenheit durchflutete mich, obwohl ich genau wusste, das dies nicht sein durfte. Ich wusste nicht, wer mir gegenüber stand und mit seinem Finger über meine Lippe strich. „Dakaria!“ Juraj. Ich hörte seine Stimme von weiter weg und die Geborgenheit verließ mich wieder, genau wie die schützende Hülle und es wurde eiskalt. Eine Hand griff um mein Handgelenk und ich spürte einen kurzen Zug, bis die Finsternis mich freigegeben hatte. Völlig erschöpft öffnete ich die Augen. Ich war in der Eingangshalle des Schlosses und in Jurajs Armen, der mich festhielt. Seine Augen waren gelb und die Hitze von ihm verbrannte mich fast, doch brachte ich es nicht fertig, ihn darauf aufmerksam zu machen. Als er zu mir runter sah, wurde sein Blick etwas weicher. War das nur gespielt? Es kam mir so vor. „Ruh dich aus, Dakaria. Du bist sicher.“ Nein, dachte ich mir. Vorher hatte ich mich sicherer den je gefühlt, dennoch verlor ich mich wieder in der Dunkelheit, nur dieses mal in der es Schlafes.



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