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Vampire? Die gibt es doch gar nicht!

von

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Kapitel 33-34

Kapitel 33:
 


 

War nicht irgendwie die Rede vom Jagen gewesen? Aus welchem Grund also stand ich mir die Beine am Rande des Tores in den Bauch? Ich wartete bereits über eine halbe Stunde auf Alucard. Es war mal wieder so typisch von ihm. Wenigstens nutzte ich die Zeit um mir die Schäden an dem Tor genauer anzusehen. Was es auch immer war, es musste riesig gewesen sein, das hier durch gebrettert war. Das Tor wurde nur noch notdürftig zusammen gehalten von einem großen Metall-Querbalken, der sicher gut 100 Kilo wog. Die Mauer am Rande des Tores war zudem ebenso beschädigt und es zogen sich Risse etwas weiter entlang. Würde keiner der Wachen hier stehen, ich hätte einfach über die Reste der linken Mauer an dem Tor rüber springen können und wäre draußen gewesen. Zu schade das sie es dennoch so gut bewachten. Aber sie waren auch schon wieder beim aufbauen. Die Maurer machten nicht einmal in der Nacht halt. Das musste sicherlich einiges kosten, aber diese Verrückte konnte sich das eh leisten. Also machte ich mir darüber keine weiteren Gedanken. Einer der Wachmänner, welcher mir am nächsten stand, schien meine Kleidung nicht richtig einordnen zu können, oder aber er stellte sich gerade vor, wie ich unter der pinken Hose und dem gelben Shirt aussah. Ich hoffte stark, es war das erste von beiden und verschränkte sofort die Arme vor der Brust, drehte mich von ihm weg. Ich hätte mich ja geehrt gefühlt, wenn der nicht schon an die 50 gewesen wäre.

Endlich kam Alucard den Weg entlang auf mich zu. Konnte es nun los gehen? In die Stadt? Die Euphorie zur Jagd war bereits verschwunden und hatte der Vorfreude auf einige Zeit außerhalb dieser Mauern platz gemacht. Noch bevor die Wachen an den großen Querbalken sich zu schaffen machten, nutzte er die offene Stelle an der Mauer und sprang über die Trümmer drüber. Ich musste dabei einfach lächeln und ging an den Wachen vorbei, tat es ihm gleich. „Also, wie läuft das jetzt genau ab?“ Ich hatte keine Ahnung von so etwas und ich wollte mich wenigstens etwas darauf vorbereiten. In mir begann es plötzlich zu kribbeln, als ich erneut daran dachte jemanden zu beißen und von ihm zu trinken. War das normal? Und warum wollte ich es gerade wieder so sehr? Hoffentlich gab es irgendwann einen Weg zurück und doch eine Möglichkeit wieder als normaler, jedenfalls halbwegs normaler Mensch zu leben. Oder war dieser Weg für immer versperrt, wenn ich einmal von einen Menschen getrunken hatte? Was wenn dies so war? Plötzlich überlief mich ein Schauer. Ich wollte ihn gerade fragen, als ich mir doch schnell den Mund verbat. Noch zu wenig kannte ich ihn und wusste daher nicht, ob Alucard eventuell mich in dieser Richtung belügen würde, oder er mitbekam was ich versuchte raus zu bekommen. Nachher würde er vielleicht noch versuchen es aufzuhalten. In meinen Gedanken vertieft, folgte ich ihm einfach in das Nachtleben von London.
 

Wir hielten uns aber mehr am Rande der Stadt auf und ich lehnte mich an eine der Metallenden Zäune zur Themse in der Nähe von North Greenwich, nachdem wir schon zwei Stunden nur gelaufen waren. „Kurze Pause, ja? Meine Füße bringen mich gleich um.“ Was ich auch dem Spaziergang am Tage zu verdanken hatte. Da war ich ja schon Stunden lang rum gewandert und nun schon wieder. Wieso konnte dieses Vampirdasein nicht auch dafür sorgen, das ich so was lange durch hielt? Oder musste ich mir sowas erst antrainieren? „Der Durst wird andere umbringen, wenn du ihn nicht kontrollierst.“ Er lehnte neben mir mit der Hüfte gegen die Abzäunung und schien in die Ferne zu sehen. „Ich kann ihn kontrollieren!“ Wenn ich was zu trinken bekam, ergänzte ich in Gedanken und seufzte dann. „Wieso willst du es mir auf einmal beibringen?“

„Ich habe meine Gründe.“ Und kam vielleicht noch etwas mehr dazu? Ich wartete und drehte mit meiner Hand ein paar Kreise um ihm anzudeuten, das er ruhig weiter reden sollte. Als es aber nicht geschah, lies ich sie nur gefrustet hängen. „Ich habe meine Gründe.“ Äffte ich ihm nach und hievte mich auf das Geländer hoch um meine Beine etwas baumeln zu lassen. Als ich einen Pfiff hörte, drehte ich mich zur Themse um und sah ein Boot vorbei fahren, wo einige Männer mir zu pfiffen, oder wohl eher meinem Hintern. Ich rollte nur mit den Augen und sah wieder weg. „Wir haben unsere Beute gefunden.“

„Wen? Die Leute auf dem Boot? Das sind bestimmt an die 4 Männer, nichts für ungut, aber so viel Durst werde ich sicher auch nicht haben.“

„du kannst gleich an vieren üben.“

„Und wenn ich es bei einen von ihnen falsch mache??“ Anstelle mir zu antworten, zuckte er lediglich mit den Schultern. „Das machst du jetzt nur, weil sie mir eben zugepfiffen haben, oder? Lass sie doch. Es interessiert mich nicht einmal.“

„Weil sie auf dem Fluss sind und leichte Beute. Sie können nicht abhauen und andere auf sich aufmerksam machen.“

„Schreie würde man auch hören und sich wundern.“

„Was schneller zu unterbinden ist und für anderen so aussehen lassen kann, als hätten sie Spaß.“
 

Ich wollte noch etwas dagegen erwidern, als er schon meine Hand nahm und ich selber nur noch schreien konnte. Ich hasste es, wenn er mich mit in die Dunkelheit zog um mich von einem Ort zu einem anderen zu bringen. Nicht einmal vorbereiten konnte ich mich und stand plötzlich auf dem Schiff, hatte die Arme schützend um mich geschlungen und die Augen noch immer fest zusammen gepresst. Die Kälte der Finsternis hatte sich in mir kurzzeitig ausgebreitet und war gerade wieder dabei zu entweichen, als ich es schaffte die Augen zu öffnen. Auf dem Schiff waren wirklich nur vier Männer, alle im Alter von etwa Mitte bis Ende zwanzig. Einer von ihnen eher stämmig, der andere etwas kleiner und schmaler, ein weiterer muskulös und sah mir zu aufgepumpt aus, während der letzte nur gelegentlich zu trainieren schien. In ihren Gesichtern konnte ich Fassungslosigkeit und zudem Angst erkennen, doch bewegte sich keiner der vier einen Millimeter. War die Zeit eingefroren? Nein, denn das Boot bewegte sich noch. „Fangen wir von links nach rechts an.“ Jetzt erschrak ich und sah über meine Schulter zu dem grinsenden Gesicht von Alucard, bis es mir dämmerte. „Hast du sie irgendwie hypnotisiert?“

„So ist es einfacherer für dich bei den ersten malen.“ Und ich dachte wir gehen jagen. Verstand er das unter jagen? Ich dachte wir gehen durch die Straßen, bis wir jemanden gefunden hatten und ziehen den in eine dunkle Ecke wo ich dann einfach zubeiße. Ich musste mir durch die Haare streichen bei meinen Gedanken und laut seufzen. Einfach zu viele Vampirfilme hatte ich in der Vergangenheit gesehen, daran musste es liegen, das ich solche Vorstellungen hatte. „Werden sie sich an alles hier erinnern? Und was wenn ich einen Fehler mache?... Ich will das nicht Alucard. Können wir nicht zurück?“ Die Angst überkam mich, zum einen das ich einen von den Vieren vielleicht umbringen könnte, oder das sie sich selber etwas antaten hier nach. „Mach dir darüber keine Gedanken und trink.“ Er ging an mir vorbei und stellte sich hinter einen der Männer, ganz links. Es war der schmalste von allen. Er trug eine kurze, schwarze Hose und dazu ein Band-Shirt von Avenged Sevenfold, wenn das überhaupt eine Band war und ich mich damit nicht zu sehr täuschte. Zudem hatte er kurze, etwas gelockte, rote Haare. Um seine Angsterfüllten Augen hatten sich kleine Sommersprossen breit gemacht. Ich wollte ihm nicht weh tun, ich wollte keinen hier etwas antun! Was machte ich hier nur? Das war doch vollkommen verrückt. Weiter denken konnte ich aber nicht. Alucard hatte sich vorgebeugt und mit einen seiner Zähne einen kleinen Riss am Hals hinterlassen. Als ich das Blut sah und auch noch roch, legte sich ein roter Schleier über meine Augen. Ich konnte spüren, wie mein Kiefer begann zu schmerzen und auch wie sich mein Körper verspannte. Dagegen ankämpfen hatte keinen Sinn, denn es war viel zu schnell vorbei. Als endlich mein Verstand die Oberhand zurück gewonnen hatte, sah ich nur, wie Alucard dem Muskelprotz von der Gruppe gerade in den Kopf schoss.
 

Was hatte ich getan? Auf dem ganzen Schiff war Blut, ich kniete geradezu in einer Lache und sah auf meine Hände. Unter den Fingernägeln waren noch Hautfetzen und bis zu den Schultern hatte ich Blut an den Armen. Meine ganze Kleidung war beschmiert damit. War es auch in meinen Haaren? Sie fühlten sich zumindest so an. „Oh mein Gott...Was habe ich getan?...Was ist passiert?“ Mir kamen die Tränen als ich um mich herum sah. Zwei von ihnen waren gar nicht mehr wieder zu erkennen. Hatte ich ihnen die Gesichter runter gekratzt? Die Augen waren eingedrückt und ich musste mir den Bauch halten, als ich es nicht mehr ertrug und das ganze Blut, welches ich getrunken hatte rückwärts wieder raus kam. Vorsichtig stand ich auf, ziemlich wacklig torkelte ich zur Reling und übergab mich dort abermals. „Um so öfter du es wiederholst um so leichter wird es, und irgendwann wirst du vergnügen dabei haben.“ Vergnügen? Es wiederholen? Ich würde es ganz sicher nicht noch einmal wiederholen! Das war einfach nur widerlich gewesen. Ich war für den Tod von vier Männer verantwortlich! Ich war eine Mörderin!! Wieder rannten Tränen meinen Wangen hinab, bis ich mich erneut übergeben musste und an der Reling schließlich in die Knie ging. Mehr schien aus meinem Magen nicht raus zu kommen. Ein Schauer ging durch meinen Körper, er strich mit dem Finger über einen Teil meines Unterarmes. Der Weiße Handschuh von ihm färbte sich dabei rot. Anschließend leckte er es von seinem Finger ab. Ich hatte wirklich geglaubt, das ich mich nicht nochmal übergeben könnte und doch tat ich es in diesem Moment abermals. „Was machen wir jetzt? Ich meine...wegen dem hier...“ Ich konnte nicht hinsehen, zeigte aber auf das...Massaker, welches ich angerichtet hatte. Das konnte ich doch nie wieder gut machen. Was wenn sie alle Familie hatten? Mit Sicherheit hatten sie Familie. Wieder brach ich in Tränen aus und wollte das alles rückgängig machen. Dieses schlechte Gewissen in mir breitete sich wie ein Lauffeuer aus. Alleine kam ich nicht auf die Beine, weswegen er mich hoch zog. „Ich bring dich zurück und werde mich danach hierum kümmern.“ Das hieß wieder in die Schatten, denn den Weg zurück gehen, das brachte ich nicht fertig. Daher schloss ich meine Augen und lehnte mich etwas gegen ihn, als er einen Arm um mich legte. Die Kälte kroch in mich hinein und ich spürte den schützenden Mantel um mich sich aufbauen. Es schien mich beruhigen zu wollen und am liebsten hätte ich mich einfach nur fallen gelassen, wenn er mich nicht festgehalten hätte.
 

Einen tiefen Atemzug nahm ich und öffnete meine Augen. Ich war in meinem Zimmer und zwar alleine. War das alles nur ein Traum gewesen? Reine Vorstellung? Ich hätte dafür gebetet, dass es so war und doch, das Blut klebte noch immer an mir und als ich es einige Sekunden lang ansah, begann mein Magen sich wieder zu melden. Eine Mischung aus Übelkeit und Hunger. Ich verfluchte dieses Dasein gerade um so mehr und rannte ins Badezimmer hinein. Die kurze Hose und das Shirt riss ich mir runter und stellte mich schnell unter das fließende Wasser, welches noch nicht einmal genügend Zeit bekommen hatte um warm zu werden. Ich musste das Blut von meinem Körper schrubben, aus meinen Haaren waschen, aus meinen Erinnerungen verbannen. Das letztere würde ich wohl nicht hinbekommen. Zum Glück verlor ich nicht meinen Verstand, während ich mit ansah, wie das rötlich gefärbte Wasser im Abfluss verschwand. Meine Haut war mittlerweile nicht mehr durch das Blut, sondern durch meine schrubberei rot und ich wollte noch immer nicht aufhören, konnte es noch immer auf mir spüren. Jeden Zentimeter musste ich waschen. Die Haare sechs mal shampoonieren und ausspülen. Dann erst ging es einigermaßen und ich stellte das Wasser ab, schlang ein Handtuch um mich und ging zurück ins Zimmer. Den Blick nur auf den Boden gerichtet und die Gedanken bei den Geschehnissen auf dem Boot. Ohne mich anzuziehen, lies ich mich aufs Bett fallen, rollte mich zusammen und fing erneut zu weinen an. Das konnte nicht mein Leben sein, das durfte es niemals werden. Ich musste einen Weg finden um es zu stoppen. Ich musste raus finden, wie ich Jahrelang als Mensch leben konnte und dies schneller den je. Noch so eine Aktion...so eine...Jagd, würde ich mit Sicherheit nicht durchstehen.
 

Die Decke hatte ich mir über den Kopf gezogen und verbrachte gut über eine Stunde in dieser Lage, bis ein ungutes Gefühl sich in mir breit machte. Erst schob ich es auf meine Gedanken die ich hatte, aber dann zog ich die Decke etwas runter und wischte mir über die Augen. Langsam stand ich auf und griff nach etwas zum schnell überziehen. Es war ein dunkelblaues Nachthemd, das mir knapp zur Mitte der Oberschenkel ging und nur Träger oben herum hatte. Wieder strich ich mit der Hand über mein Gesicht, drehte mich dann aber schnell zum Wandschrank um und sprang etwas nach hinten. Die Schatten hatten sich verdichtet. „Alucard?“ Vielleicht war er es, wollte sehen wie es mir ging? Aber es kam keine Antwort von ihm, was auch nichts neues war. Ich ging etwas näher ran und musste das zittern in meinen Gliedern unterdrücken. Etwas kaltes spürte ich an meinen Zehen und sofort sah ich hinunter. Die Dunkelheit hatte sich zu mir bewegt, doch wie? Ich wollte einen Schritt zurück gehen, als ich die Stimme vernahm.

„Hab keine Angst...komm zu mir..ich werde dir nichts tun..dich beschützen.“

Das hatte mir gerade noch gefehlt! Wieso ausgerechnet heute? Konnte man mich nicht mal in Ruhe lassen? Ich wollte nur meine Ruhe, alleine sein. „Verschwinde!!“ Schrie ich daher in den Schatten hinein und trat zurück. „Du leidest, ich kann es spüren...komm zu mir, Dakaria. Ich werde es beenden...“ Ein Schauer lief mir über den Rücken. Es beenden? Wie denn? Entweder mich einsperren oder umbringen, andere Optionen sah ich da nicht! Bis auf eine, und ob derjenige diese ausführen konnte, war eine Frage wert.

„Ich will wieder normal sein!..Kein Vampir! Kein Blut! Keine Besonderheiten!! Ich will einfach normal sein, ganz normal!!“ Erneut liefen Tränen meine Wangen hinab und ich konnte mich nicht länger auf den Beinen halten, ging wieder in die Knie, wollte meinen Kummer und den Schmerz raus schreien.
 

„Komm zu mir...schnell, ich kann dir dabei helfen..ich kenne einen Weg.“ Und das sollte ich so einfach glauben? Aber was wenn es stimmte und ich meinen wirklichen einzigen Ausweg aus dieser Lage verstreichen lies? „Dakaria...er ist auf den Weg zu dir...das Tor wird nicht länger offen bleiben können.“ Er? Wen meinte es denn mit er? Ich schloss meine Augen und versuchte mich zu konzentrieren. Ich begann Blut zu riechen, das selbe wie jenes, welches ich vorhin von mir gewaschen hatte. Mit er war also Alucard gemeint. Ich musste mich entscheiden und zwar schnell. Noch immer konnte ich Alucard nicht richtig einschätzen. War er gut oder schlecht zu und für mich? Er brachte mir viel bei, doch auf meine Fragen zu einem Weg zurück, gab er nie Antworten, meist nur welche die nach vorne gerichtet waren und zwar für den Zustand, in welchen ich mich gerade befand. Die Dichte des Schattens begann abzunehmen, was hieß, das die Verbindung sich schloss. Ob es..oder er noch einmal versuchen würde eine Verbindung mit mir aufzubauen? Ob es gut war? Ich biss mir auf die Lippen und stand auf, griff nach den Bilderrahmen, auf welchen ich mit meinen Eltern drauf war und ging schließlich auf den Schatten zu. Es dauerte keine Sekunde und die Finsternis hatte mich vollkommen umschlossen, schnürte mich geradezu ein. Es ging alles so schnell. Ich hatte das Gefühl, als wenn mich etwas zusammendrücken würde und dies noch bevor sich eine schützende Hülle um mich legen konnte. Mir wurde so kalt, als würde ich erfrieren, ich konnte mich nicht bewegen und es schien ewig zu dauern. Panik begann sich in mir breit zu machen, ich wollte dagegen ankämpfen, mich wehren und entkommen, doch es ließ mich nicht. Der Druck wurde stärker und meine Panik somit auch, bis ich das Gefühl von fallen hatte. Luft durchflutete meine Lungen und die Kälte kroch langsam aus mir raus. „Willkommen, Dakaria...du bist jetzt in Sicherheit..bei mir...“ Die Stimme, es war noch die selbe, aber ihr Klang etwas anders. Etwas ruhiger und tiefer. Ich fühlte mich müde und dennoch schaffte ich es, meine Augen zu öffne. War das Juraj? Seine Augen wirkten kupferfarbend und sein Gesicht glich dem eines Engels, oder eines Teufels. Die dunkelbraunen Haare, welche im Kerzenlicht etwas heller zu leuchten schienen, trug er kurz und sie umrahmten sein schönes Gesicht. „Du musst müde sein, von der langen Reise, Schlaf jetzt. Du bist hier sicher.“

„Bin ich...das wirklich?“ Brachte ich noch heraus, dann fielen mir dir Augen zu. Ich konnte mich nicht länger wach halten.
 


 

Kapitel 34:
 

Langsam öffnete ich meine Augen. Als ich aufgewacht war, spürte ich etwas warmes an meinem Arm und als ich nun hinsah, konnte ich helles Sonnenlicht darauf erkennen. Mir über die Augen reibend, setzte ich mich in dem großen Bett auf, in welchem ich lag. Wo war ich hier? Plötzlich erinnerte ich mich wieder. Ich bin durch die Dunkelheit gegangen. Na hoffentlich hatte ich eine richtige Entscheidung getroffen. Aber zumindest schien sich meine Zimmeränderung zum besseren entwickelt zu haben. Kein Kellerloch, sondern ein großes und zudem helles Zimmer. Die Bettwäsche war strahlend rot in dem Sonnenlicht und sie fühlte sich an wie Seide, als ich den Stoff durch meine Finger streichen ließ. Vorsichtig stand ich auf und musste lächeln. Unter meinen Füßen breitete sich ein riesiger Teppich aus. Er schien alt zu sein und dennoch so weich. Mein Nachthemd trug ich noch immer und war darüber auch sehr dankbar. In dem Zimmer stand ein großer Schreibtisch aus einem dunklen Holz, ich ging zu ihm rüber und strich mit den Fingerspitzen über die Oberfläche. Sie war rau und nicht so glatt, wie ich es sonst immer kannte. Auf der anderen Seite stand ein weiterer Tisch, aber er hatte einen Spiegel darauf. Ich kannte solche Tische aus irgendwelchen Filmen. Frauen schminkten sich immer vor diesen. Ich verzog etwas die Augenbrauen und drehte mich weiter um. Auf der linken Wandseite vom Bett aus, stand ein großer Kamin. Ich ging auf diesen zu. Er hatte lauter kleine Figuren drauf. Es waren verschiedenste Tiere. Ein Bär der nach einem Lachs fischte, oder ein Wolf, welcher zu heulen schien. Neben ihm stand ein weiterer, welcher wohl am Boden schnuppern sollte. Daneben war ein Adler und ich war fasziniert von diesen ganzen Details in den Skulpturen. Sie waren so genau. Vorsichtig strich ich mit den Fingern drüber und musste lächeln. Der war ja viel zu schön um darin ein Feuer an zumachen. Ich schüttelte den Kopf und drehte mich zu der großen Fensterfront. Wo ich wohl genau war? Noch immer in London? In England? Als ich vor dem Fenster stand, fiel mir der Kiefer geradewegs nach unten. Ich konnte ein Gebirge sehen, über welchem sich Nebelschwaden zogen. Der Anblick war traumhaft. Das Haus hier lag sicher etliche Meter hoch auf einem Gebirge. Wo war ich hier nur?
 

//Schließ die Vorhänge.// Ich erschrak, als ich die Stimme hörte und drehte mich schnell um, aber keiner war hier im Raum. Zudem hatte es sich nicht so angehört als wenn sie von außen kam, sondern...in meinem Kopf war. Was ging hier vor sich? Ich bekam eine Gänsehaut und strich mir über den Arm. //Schließ die Vorhänge.// Nochmal und aus irgend einem Grund bevorzugte ich lieber die offenen Vorhängen und die warme Sonne in meinem Rücken. Irgendwie wünschte ich mich gerade doch wieder zurück, aber lag dies sicher nur an der ungewohnten und unbekannten Situation. Vielleicht war ich hier um einiges sicherer als dort und zudem hatte man mir nicht versprochen, mir zu helfen? Ich biss auf meine Lippe und zog einen der schweren Vorhänge zu. Der Stoff wog sicher 10 Kilo, wenn man ihn abnehmen würde und war vollkommen schwarz. Mit einem konnte ich gerade etwas über die Hälfte des Fensters bedecken, also zog ich den von der anderen Seite ebenso zu und sperrte somit das Licht aus. Ein wenig wehmütig war ich und drehte mich dann aber um. Ich hatte damit gerechnet, das plötzlich jemand im Zimmer stand, doch statt dessen ging die Tür auf und ich musste hinter mich nach dem Stoff greifen, um mich irgendwie daran festzukrallen. Ein Mann kam rein, sein Körper zeichnete sich unter den Sachen mehr als gut ab. Er trug eine enganliegende Jeans und einen genau so eng anliegenden, schwarzen Pullover. Gut zwei Köpfe größer als ich und wohl ein Frauenschwarm ohne ende. Ich konnte selbst unter dem Stoff seines Pullovers seine Muskeln erkennen. Die Haare hatte er kurz geschnitten, sie waren braun und seine Augen so intensiv kupferfarbend. Ich erinnerte mich wieder, genau das selbe Gesicht als ich durch die Dunkelheit gegangen war. „Juraj?“ Fragte ich etwas heiser und versuchte meine Stimme schnell wieder zu erlangen. Was für verdammte Gedanken hatte ich eigentlich gerade? Ich kannte ihn nicht einmal und dennoch, er war so schön. Ich schüttelte den Kopf und sah schließlich von ihm weg, wodurch ich wieder zu verstand kam. Was auch immer er war, ein Mensch mit Sicherheit nicht und es war eigenartig. Sobald ich ihn nicht mehr ansah, verging das Gefühl, das verlangen ihn anfassen zu wollen und mich ihm zu Füßen zu werfen. „Willkommen in deinem Heim, Dakaria.“ Seine Stimme, sie strich mir geradewegs über den Rücken und erzeugte einen wohligen Schauer, der sich zwischen meine Beine zog und ich gerade so ein seufzen unterdrücken konnte. Er war gefährlich, das erkannte ich sofort und aus irgend einem Grund sehnte ich mich in diesem Moment nach Alucards Nähe und Stärke. Das er dieses als mein Heim bezeichnete, ignorierte ich erst mal und dachte, er meinte wohl eher das seine.

„Wo bin ich hier?“ Und dabei deutete ich mit einer Bewegung in Richtung Fenster. „In Sicherheit.“ Mit den Augen rollend sah ich zu ihm hin und sofort wurden meine Knie weich, ich konnte mich gerade so auf den Beinen halten. Damit war es amtlich, ich durfte ihn nicht ansehen. Aus diesem Grund blickte ich wieder zur Seite weg und studierte die Tiere am Kamin. Ein leises Lachen strich mir über den Körper und ich wäre am liebsten ein Stück näher zu ihm gegangen, hielt mich aber davon ab, in dem ich alle Konzentration darauf verwendete hier stehen zu bleiben.
 

„Das Gebirge vor dem Fenster?“

„Die Karpaten.“ Als ich das hörte musste ich tief Luft holen. Die Karpaten? Wo lagen die nochmal? Im Osten von Europa. Ich rief in Gedanken eine Karte von Europa auf und nahm mir vor, sollte ich jemals wieder die Gelegenheit bekommen in die Schule zu gehen und zwar in den Geografie Unterricht, würde ich mehr aufpassen. Wieder strich ein Lachen von ihm über meine Haut und dieses mal konnte ich ein leises stöhnen nicht unterdrücken. „Rumänien.“ Er stand mir plötzlich genau gegenüber und hatte es mir zugeflüstert. „Rumänien?“ Wiederholte ich und schloss die Augen um ihn nicht anzusehen. Verdammt, damit war ich weiter von Frankreich entfernt als von England aus! „Für Rumänien, sprichst du ziemlich gut Englisch.“

„Ich kann viele Sprachen, auch Französisch, wenn dir das lieber ist.“ Sein Atmen kitzelte mein Ohr und ich spürte ihn an meinem Hals entlang streifen. Das war zu viel, ich riss ein wenig den Stoff auf und das Sonnenlicht streifte meinen Rücken. Mit einem Zischen war er von mir weg gesprungen und stand wieder bei der Tür. „Komm mir nicht zu nahe! Ich bin bissig!“ Knurrend sagte ich die Worte zu ihm und versuchte ihn zumindest aus den Augenwinkel heraus anzusehen. Das Licht drang in einem Strahl bis zur Mitte des Zimmers und irgendwie sehnte ich mich in diesem Moment kein bisschen nach der Nacht. Ich hätte bleiben sollen, wo ich war. „Wir reden später weiter, Bitte, sieh dich hier ruhig um. Solltest du nach mir verlangen, werde ich dich aufsuchen.“ Sicher würde ich es tunlichst vermeiden. „Muss ich Angst vor dir haben?“ Kam es nun einfach aus mir raus und wieder dieses Lachen, das sich über meinen Körper zog und meine Körpermitte zum schmerzen brachte. „Ich habe dir Sicherheit versprochen und das werde ich auch halten, genau so wie meine Hilfe.“

„Warum also manipulierst du mich dann so mit deiner Stimme und deinem Aussehen?“ Was auch immer er oder es war. Vielleicht sollte ich das auch fragen, doch biss ich mir dabei auf die Zunge. „Weil ich es kann.“ Was war das denn für eine Antwort??? Sofort sah ich wieder zu ihm hin und wollte ihm gehörig meine Meinung sagen, doch verstummte ich bei seinem Anblick. Der Kerl war bei weitem eingebildeter als Alucard. „Im Ankleidezimmer liegen Sachen für dich bereit. Ich hoffe sie gefallen dir, Dakaria.“

„Kathrin....“ Brachte ich mit brüchiger Stimme hervor und ging einen Schritt auf ihn zu, doch dann richtete ich ganz schnell meine Aufmerksamkeit wieder auf den Karmin. „Bis nachher, Dakaria.“ Und damit verschwand er wieder durch die Tür aus dem Zimmer. Als er draußen war, konnte ich endlich erleichtert ausatmen und zog sofort die Vorhänge auf um das Zimmer wieder mit Licht durchfluten zu lassen. „Hoffentlich versuchte er mir nur etwas angst einzujagen, ansonsten habe ich sicher ein großes Problem.“ Ich hätte in London bleiben sollen.
 

Seufzend setzte ich mich auf die Fensterbank und sah auf das Gebirge vor mir. Vielleicht aber wollte er mich auch nur Beeindrucken oder sonst was und war ganz...okay. Ein Mensch war er mit Sicherheit nicht. Aus diesem Grund benahm er sich vielleicht so komisch, eventuell kannte er es gar nicht anders. Hätte er mir was antun wollten, hätte er es schon längst tun können. Vor allem als ich geschlafen habe. Stattdessen hatte er mir das Zimmer hier gegeben und ein Ankleidezimmer...Ein ganzes Zimmer? Ich sprang sofort auf und rannte zu einer der Türen, riss diese auf und mir blieb die Spucke weg. Das war ja größer als mein früheres Zimmer zu Hause und so viele Sachen die dort drinnen hingen. Sie waren in Fächern oder hingen an Bügeln. Es gab dazu einen großen Schrank mit verschiedene Schuhen und Accessoires. Das musste ein Vermögen gekostet haben. Von H & M bis zu Louis Vuitton war hier alles drinnen. Irgendwie surreal. Ich griff eine für mich normale Hose und hoffte das die nicht so viel gekostet hat wie ein Kleinwagen. Dazu noch einen einfachen, dunklen Pullover, da es hier etwas frisch war. Unterwäsche fand ich in einem separaten Schrank und fragte mich, aus welchem Grund man hierfür so viel Geld ausgab. In der Hoffnung er hatte es auch bezahlt und nicht einfach mit genommen. Mir reichte die normale Unterwäsche vollkommen aus und ich ich zog mich schnell hier drinnen um, ging dann wieder aus dem Zimmer raus. Von dem Tisch mit dem Spiegel griff ich eine Bürste und band schließlich meine Haare mit einem Zopfgummi zusammen. Er hatte gesagt, ich dürfte mich hier umsehen gehen und ich hoffte mal, es war nicht nur auf das Zimmer beschränkt. Außerdem musste ich schnell viel von hier raus finden. Die Tür des Zimmers schloss ich hinter mir und fand mich in einem Gang aus Stein wieder. Das war keineswegs ein Haus in dem ich war und wieder lief mir ein Schauer über den Körper. Der Gang war nicht sonderlich hell, was daran lag, das kaum Fenster hier waren. Zum Großteil nur Türen zu anderen Zimmern in die ich jetzt lieber nicht sah. Ich ging auf eine Treppe drauf zu. Diese ging geschwungen nach unten und führte in eine große Halle. Von einem großen Anwesen zum nächsten? Fragte ich mich und musste kurz schmunzeln. „Zum Glück nicht wieder im Keller.“ Das war doch wenigstens eine Verbesserung, aber wohl auch die einzig wirkliche. Zu hoffen war es jedenfalls nicht. Ich ging auf die riesige Eingangstür zu. Sie war aus massivem Holz und mit kleinen Schnitzereien verziert. War das die Hölle, welche darauf geschnitzt war? Wieder ein Schauer der über mich fegte. Sollte ich es wagen? Ich ging einfach drauf zu und versuchte sie zu öffnen. Es war ganz schön schwer und doch schaffte ich es. Ein kalter Lufthauch peitschte mir entgegen. Sollte ich mich länger draußen aufhalten, bräuchte ich wohl eine Jacke. Als ich draußen war und mich umdrehte, fühlte ich mich auf einmal so...klein. Das war kein Anwesen, das war ein richtiges Schloss. Ich war in einem Schloss??? Wie konnte das denn sein? Und vor allem, da konnte doch nicht nur Juraj drinnen leben, das war so groß, da mussten doch andere auch noch sein! Aber ich hatte keinen gesehen auf meinem Weg hier her oder waren sie alle...Nachtaktiv? Noch mehr wünschte ich mir in diesem Moment, die Sonne könnte einige Tagen oder Wochen durchgehend am Himmel bleiben.
 

Als ich endlich meinen Blick vom Schloss bekommen hatte, drehte ich mich wieder um. Ein langer und breiter, gepflasterter Weg führte von hier in einem Halbkreis zu einem großen Tor und hinter diesem schien es steil bergab zu gehen. Zumindest konnte ich die Straße nicht mehr sehen und folgte ihr einfach. Alleine bis zum Tor brauchte ich 10 Minuten Fußweg. Rings herum waren Bäume, keine wirklich freie Grünfläche. Vielleicht hielten die hier nicht viel von Rasen, dachte ich mir und stand vor dem riesigen Eisenzaun. Das Tor war verschlossen, welch eine Überraschung. Zumindest konnte ich etwas weiter sehen und somit auch, wie die Straße wirklich steil hinab ging und weiter durch einen Wald führte. Dieser wiederum lag zwischen mehreren Gebirgen. Wo war ich hier nur genau und wo vor allem lag die nächste Stadt? Von hier aus war zumindest keine zu sehen.

Ich war schon wieder eingesperrt und das hasste ich so langsam. Gefrustet ging ich wieder zurück und dann um das Schloss herum. Einige Wege führten drum herum. Ein paar mit etwas größerem Abstand, andere direkt an der Mauer entlang und auch hier, keine Blumen oder schöne Sträucher. Nur Bäume oder freie Fläche voll mit Erde. Sollte es hier einen Gärtner geben, hatte der mit Sicherheit wenig zu tun. Der Eisenzaun ging um das gesamte Schloss herum und war gut vier Meter hoch. Ich hatte beschlossen irgendwann an diesem einmal entlang zu gehen, doch es gab wirklich nur ein Tor, keinen Hintereingang oder ähnliches. Irgendwann kam ich an einem kleinen Nebengebäude vorbei. Es sah im Gegensatz zu dem Schloss neuer aus und ich ging rein. Drinnen befanden sich ein paar Fahrzeuge, welche aber mit Planen abgedeckt waren. Sollte ich einfach eine weg ziehen? Wie oft wurden die eigentlich benutzt, oder standen sie hier nur zur Zierde? Ich zog einfach eine von den Planen runter und fand dort einen dunkelblauen Lamborghini. Wie viel Kohle hatte der hier eigentlich? Die anderen Wagen ließ ich lieber mal unter den Planen und ging wieder raus. Mein vorheriges, einfaches Leben bevorzugte ich bei weitem mehr. Ich weiß nicht wie lange ich mich draußen umgesehen hatte, aber es wurde langsam dunkel. Die Sonne war hinter dem Gebirge kaum noch zu sehen und eine Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus.

Ich ging ins Schloss zurück und die Treppe nach oben zu anscheinend meinem Zimmer. Die Tür konnte ich nicht verschließen, da kein Schlüssel in dem Schloss war. Ich ging zum Fenster und sah den letzten Sonnenstrahlen dabei zu, wie sie hinter den Karpaten verschwanden. „Na hoffentlich überstehe ich die Nacht.“ Vielleicht bildete ich mir auch einfach nur wieder zu viel ein. Warum war ich eigentlich hier her gekommen? Um einen Weg zurück zu finden, um wieder normal zu werden, also sollte ich das auch in Angriff nehmen!
 

Mein Magen begann zu knurren, doch lag dies vor allem an dem, was ich gerade roch. Zur Tür drehte ich mich um, welche gerade aufging als kein Strahl Sonnenlicht mehr zu sehen war. Eine junge Frau stand vor mir, vielleicht Anfang 20. Sie hatte dunkelbraunes Haar, welches sie zu einem Dutt zusammen gerollt trug und mit einer Spange fixiert hatte. Sie war schmal gebaut und etwa so groß wie ich, trug ein dunkelgrünes Kleid, das ihre Kurven gut betonte. Doch das, was mir am ehesten auffiel, waren ihre Augen, welche rot schimmerten. War sie also auch ein...? Die Frage brauchte ich nicht weiter zu stellen, als sie mich anlächelte und ich ihre Zähne sehen konnte. „Guten Abend, Fräulein Dakaria. Ihr Abendessen.“

„Fräulein?“ Bei dem Wort sah ich sie argwöhnisch und fragend an. Noch nie hatte mich einer so genannt, außer meiner Mutter mal in einem Streit, dann aber endetet es meist mit junges Fräulein, ab auf dein Zimmer. Sie trat hinein und ich sah in ihrer Hand ein Glas. Mein Blick begann es zu fixieren und in diesem Moment hasste ich mich abermals für das, was ich war. Irgendwann musste ich es doch einfach mal unter Kontrolle bekommen! Ich hatte es doch auch schon mal geschafft nicht immer so darüber herzufallen, doch heute war es mir nicht gelungen und ich erwachte aus meiner Trance erst wieder, als ich mit der Zunge einen der letzten Tropfen aus dem Glas lecken wollte. Die junge Frau sah mich mit großen Augen dabei an und schien nicht so recht zu wissen, ob sie lachen oder gehen sollte. Räuspernd reichte ich das Glas. „Danke...“ Verletzt hatte ich sie scheinbar nicht, etwas gutes, doch knurrte mein Magen weiter. „Ich werde Ihnen ein weiteres bringen.“ Ein nicken von mir und schon war sie wieder weg. Wie peinlich. Ich seufzte und setzte mich auf das Bett. Es sah genau so aus, wie als ich es verlassen hatte. Die Kopfkissen etwas zerdrückt und die Decke lag sonst wo. Sprich, keiner war hier drinnen gewesen. Ob der ganze Haushalt aus Vampiren bestand und keiner das Sonnenlicht von ihnen ertrug? Aber Juraj hatte keine roten Augen gehabt, sollte das was heißen? Ich wusste es nicht, doch wollte es heraus finden. Ein zaghaftes Klopfen an der Tür und ich sah zu dieser, als die junge Frau wieder rein kam und ein weiteres Glas, gefüllt mit Blut in der Hand hielt. Die Beherrschung ging dieses mal nicht ganz so doll mit mir durch. Ich machte mich zwar gierig drüber her, doch konnte ich mich zusammen reißen und nicht das Glas auslecken. Mein Hunger schien verschwunden zu sein und ich leckte mir über die Lippen. Das Blut war noch warm gewesen und aus irgend einen Grund wollte ich nicht wissen, woher es kam. „Kann ich sonst noch etwas für Euch tun, Fräulein Dakaria?“

„Ja,mich Kathrin nennen und aufhören mit dem Fräulein.“ Das würde für den Anfang schon mal reichen, doch lächelte mich die Frau nur an und schüttelte mit dem Kopf. „Das tut mir leid, doch diesen Wunsch kann ich Euch nicht erfüllen. Solltet Ihr etwas brauchen, so ruft bitte nach mir.“

„Und wie heißt du?“ Ich legte keinen großen Wert auf siezen, wenn sie mich nicht mal mit meinem richtigen Namen, also für mich richtigen Namen, ansprach, wozu dann die Höflichkeit ihr gegenüber? Oder ich war einfach nur Stur, lief auf beides hinaus. „Ihr könnt mich Tereza nennen.“ Ich nickte ihr zu und wollte sie gerade noch etwas fragen, als sie schon wider weg war. Irgendwie bevorzugte ich Walter gerade mehr. Ob ich mich draußen weiter umsehen sollte? Vielleicht raus finden wie viele es hier gab und ob sie wirklich alle das ein und selbe waren. Mir etwas antun wollten sie scheinbar nicht. ich ging im Zimmer auf und ab und entschied mich dann einfach raus zu gehen. Immerhin, ich war nicht eingesperrt...zumindest nicht ins Zimmer und ich wollte zudem schnell Antworten bekommen und einen Weg zu meinen Eltern.
 

Draußen auf den Gang konnte ich keinen sehen. Ich schloss die Tür hinter mir und ging weiter, erneut auf die Treppe zu. Dieses mal aber blieb ich oben am Geländer stehen. Unten sah ich gut 20 Leute herum gehen. Einige trugen irgendwelche Sachen durch die Gegend. Andere unterhielten sich, während sie durch die große Eingangstür gingen und das was mich am meisten schockte oder irritierte, waren Männer, die aussahen wie aus dem 18. Jahrhundert. Sie trugen solch komische Kettenhemden. Waren die aus dem18. Jahrhundert oder noch älter? Sie wirkten brutal, also nicht die Kettenhemde, sondern die Männer. Mit denen wollte ich mich nicht anlegen. An ihren Seiten konnte ich Schusswaffen sehen, aber bevorzugen taten sie wohl das Schwert, welches sie griffbereiter trugen. Ich war wirklich im falschen Film hier. Vorhin bei Tage war das Schloss wie ausgestorben und in der Nacht ein pulsierender Ort. Was wenn die mal Tagsüber einen angriff bekamen? Aber eventuell war dies auch zu meinem Vorteil. „Dakaria, ich freue mich dich zu sehen.“ Diese Stimme, sie fuhr mir wieder durch den Körper und ich musste mich am Geländer festkrallen um mich nicht um zu drehen und zu ihm zu laufen. „Sind das alles Vampire?“

„Der Großteil, ja. Ich dachte mir, du würdest dich unter deinesgleichen sicherer fühlen.“ Unter meines gleichen? „Sicherer fühle ich mich unter Menschen.“

„Wirklich? Das hätte ich nicht erwartet, wo ich gehört habe, dass deine Kontrolle im Bezug auf deine Nahrung noch nicht sehr ausgeprägt ist.“ Welch nette Umschreibung dafür, das ich wohl bei einer Hungerattacke über mehrere herfallen würde wie ein wildes Tier. Ich musste wieder an die Szene gestern zurück denken und sah betrübt weiter nach unten. Vielleicht war es wirklich ganz gut, das hier keine Menschen waren, solange ich noch in diesem Zustand mich befand. „Du sagtest, du kannst mir helfen, wieder ein Mensch zu sein, also kein Vampir mehr. Dann hilf mir endlich!“ Verlangte ich von ihm und wurde ungeduldig. „Das werde ich, doch alles mit der Zeit.“ Seine Stimme wollte mich einwickeln, woraufhin ich knurrte. „Und hör auf mit diesen verdammten Spielen! Das funktioniert nicht bei mir!“ Konnte ich ihn zumindest glauben lassen. „Hier hast du einen bemerkenswerten Widerstand, doch ist dieser nicht ewig zu halten. Aber ich werde deinen Wunsch respektieren, Dakaria.“ Ein seufzen entfloh meiner Kehle, als ich endlich seine Stimme hörte und dabei nicht sofort daran dachte ihn bespringen zu müssen. Jetzt drehte ich mich auch zu ihm um, konnte ihn ansehen und atmete auch hier etwas erleichtert aus. „Was bist du?“ Wenn sollte er gleich mit offenen Karten spielen. Ein Grinsen legte sich auf seine Lippen und er kam näher auf mich zu, was mich sofort beunruhigte. Er strahlte eine stärke aus, die nicht normal war. Als er schließlich vor mir stehen blieb, musste ich nach oben zu ihm sehen. „Willst du das wirklich wissen?“

„Ja! Wenn dann will ich eine Ahnung haben, mit wem oder was ich es zu tun habe!“ Ich wäre weiter zurück gegangen von ihm, wenn das Treppengeländer nicht genau hinter mir gewesen wäre und sich in meinen Rücken bohrte. Ich sah zu, wie seine Augenfarbe sich änderte. Sie wurden gelb und dann aber schien ein Feuer in ihnen zu lodern. Es kam mir so vor, als wenn ich die Hitze auf meiner Haut spüren könnte...nein, es war keine Einbildung! Es war echt! Er strahlte wirklich eine Hitze von sich aus und kurz hatte ich das Gefühl in Flammen aufgehen zu müssen. Mir blieb die Luft weg und ich wollte mich schützen, weswegen ich schließlich über die Brüstung sprang und unten in der Halle auf dem Steinboden ankam.
 

Wäre ich ein normaler Mensch gewesen, ich hätte mir wohl etliche Knochen oder das Genick gebrochen, so aber sah ich nur nach oben, während die umherlaufenden Leute stehen blieben und zu mir sahen. Aber nur kurz, dann nahmen sie ihre Wege wieder auf, verließen jedoch alle die Halle und nur die zwei brutal aussehenden Wachen an der Tür blieben, wo sie waren. Ich sah den Leuten hinter her, welche schnell die Halle verlassen hatten und dann sah ich hoch zur Treppe. Doch Juraj war bereits dabei, sie nach unten zu kommen. Mit seiner Hand schmolz er einen Teil des Geländers, welches sich unter seiner Hand befand und in mir stieg nur noch mehr Angst hoch. Ich begann in meinen Kopf zu kramen. So viele Bücher musste ich lesen, über irgendwelche Mythenwesen oder sonstiges. Ich suchte nach etwas. Gelbe Augen, ausstrahlende Hitze, aber ich kam nicht drauf und wollte gerade weg laufen als die Türen sich ringsherum schlossen und ich sah, wie weitere Wachen sich vor jeder der Türen stellten. Insgesamt waren es 5 Türen und 9 Wachen. Sie schienen alle aus der gleichen Zeit zu stammen und vielleicht aus der selben Region. Ob um Hilfe schreien etwas brachte? Ich versuchte einen Ausweg zu finden und wollte dann einfach auf die beiden Wachen am Eingang los gehen, sie versuchen umzuhauen mit den Kampftechniken, welche ich von Alucard gelernt hatte. Doch noch bevor ich zum Angriff übergehen konnte, hallte das Lachen von Juraj durch die Halle. „Du musst keine Angst haben und auch nicht weg laufen, Dakaria. Hätte ich dich verletzen wollen, dann hätte ich es schon längst getan.“

„Irgendwie kann ich das nicht so wirklich glauben! Vor allem nicht, wenn ich eingesperrt werde!“ Ich deutete dabei auf die ganzen Wachen. „Die Wachen sind alleine zu deinem Schutz hier, Dakaria. Wenn, werden sie mich angreifen.“ Was? Hatte er das eben wirklich gesagt? Ich sah mich wieder um und erkannte, das einige von ihnen ihre Schwerter gezogen hatten und wirklich Juraj mit ihren Blicken fixierten. „Aber...wieso?“

„Weil ich es ihnen befohlen habe und weil sie nun dir gehören.“ Mir gehören? Was sollte der Scheiß??? „Ich will nicht, das mir irgendwer gehört!! Verdammt nochmal!! Ich will nur mein altes Leben zurück!!!“ Schrie ich und war kurz davor auf ihn einzuschlagen, auch auf die Gefahr hin, das er mir die Haut von den Knochen brennen würde. „Du ziehst das Dasein eines Menschen dem hier vor?“

„Endlich auch gecheckt? Ja! Das tu ich! Also, machst du mich wieder zu einem, oder nicht??“ Er sah mich genau an und ich musste mich zusammenreißen nicht weiter zurück zu gehen, da mir die Hitze geradezu entgegen stieß. „Wenn nicht, dann kannst du mich auch wieder nach London bringen!..Nein, lieber gleich nach Frankreich!“ Was wollte ich in London? Ich wollte zu meinen Eltern, meiner Familie. Ein langes schweigen breitete sich aus, bis sich wieder ein Lächeln auf seine Lippen legte. „Ich werde es versuchen, doch versprechen kann ich nichts. Dies könnte unter Umständen schwer oder unmöglich werden.“

„Unmöglich ist keine Option! Es hat schon mal funktioniert!!“

„In der Tat, das hat es.“ Hörte ich da einen Ton von Frust raus? Es schien fast so. Vielleicht aber mochte er auch einfach kein Menschen und konnte daher meine Beweggründe nicht verstehen. Doch ich war lieber einer, als weiterhin ein Wesen, das Blut trank und...mordete. Das konnte ich einfach nicht und wollte es auch nicht weiter.
 

„Also gut, du hast gewonnen, ich werde versuchen deinen Wunsch zu erfüllen, doch wirst du in dieser Zeit hier bleiben und versuchen deinen Platz einzunehmen.“

„Meinen Platz einnehmen? Als was denn?“ Wenn er jetzt Kammerdienerin oder irgend so was sagte, würde ich mir ein Schwert von einen der Wachen greifen und ihn damit so lange schlagen, bis er nicht mehr klar denken konnte, oder tot war. Eines von beiden. Bei ihm funktionierte irgendwie mein Vorsatz nicht, niemanden mehr umzubringen. „Als Herrin dieses Schlosses.“ Ich hob meine Hand um ihn zu unterbrechen und fing dann an zu lachen. „Als was? Willst du mich veräppeln?“

„Mit nichten. Dakaria. Du bist ein Reinblut, weißt du eigentlich, was für eine Macht in dir steckt?“

„Wenn du sie willst, kannst du sie gerne haben! Sie interessiert mich einen Scheiß! Ich werde hier sicher keine Hausherrin oder sonst was spielen!“ Zumal ich nicht mal Ahnung hatte, was die tat und außerdem bevorzugte ich das normale Leben bei weitem. Alleine schon wenn ich mir vorstellte hier Tagsüber ganz alleine zu sein in dem Schloss, es jagte mir eine Gänsehaut ein. „Nun, was soll ich darauf erwidern? Wenn du nicht willst, dann werde ich dich nicht zwingen, doch dir helfen ebenso wenig.“ Ich biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. „Ich werde hier bleiben! Aber ich werde keine Hausherrin spielen! Außerdem will ich das hier auch welche Tagsüber sind!“ So fühlte ich mich wenigstens etwas sicherer und zudem auch wohler. Ich wollte wenigstens den Anschein von etwas normalen um mich herum haben. „Du willst Menschen hier leben haben?“

„Oder von mir aus irgendwelche Wesen die aussehen wie Menschen und das Tageslicht ertragen!...Was ist mit...Alucard, kann er nicht..“

„NEIN!“ Das kam jetzt aber sehr schnell und bestimmend. Ich zuckte glatt etwas zusammen. Zu schade, auch wenn ich ihn am liebsten immer wieder eines auswischte, fühlte ich mich bei ihm dennoch am sichersten. Ob Juraj etwas persönliches gegen Alucard hatte oder steckte noch mehr dahinter? Vielleicht lag es auch an meinem Gefühl, denn noch immer traute ich ihm herzlich wenig. „Ich werde welche her schicken, die Tagsüber hier leben können, doch bei Nacht werden sie verschwinden.“ Also am Tage und Nachts wechselte sozusagen die Belegschaft des Schlosses. Na das klang doch nach seeeehr viel Spaß. Ich sah zu, wie Juraj plötzlich mit der Dunkelheit hinter sich verschmolz und verschwand. Hätte ich das nicht schon bei Alucard gesehen oder selber durchgemacht,ich wäre vielleicht erschrocken gewesen, aber so war ich einfach nur froh, das er weg war. Die Wachen öffneten die Türen wieder und das pulsieren des Ortes schien seinen Betrieb wieder aufzunehmen. Ich für meinen Teil hatte genug hiervon und machte mich schnell auf zum Zimmer in das ich verschwand. Ich schob einen der Schränkte vorsichtshalber vor die Tür, nur um sicher zu gehen. Auch wenn mir das bei denen hier wenig brachte. Die Vorhänge lies sich auch auf, so konnte bei Sonnenaufgang der Raum zum Glück einen normalen Schutz haben und als nächstes? Suchte ich das Bad auf, welches hoffentlich im Nebenraum war und ich hin ging. Ein Glück, es war wirklich eines und zum Glück auch ein modernes mit Wanne und Dusche. Die Wanne hätte ich zu gerne genommen, aber später, vielleicht am Tage. Jetzt bevorzugte ich schnell die Dusche und dann alles andere im Bad um schließlich mein Nachthemd und nicht die anderen Teile aus dem Ankleidezimmer anzuziehen und mich ins Bett zu legen. In der Hoffnung das ich hier wirklich lebend raus kam und mich keiner des Nachts auffressen würde.



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