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Avatar - Wege des Schicksals

von

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Durch die Wüste

Serina hatte jegliches Zeitgefühl verloren in dieser sengenden Hitze. Die Sonne strahlte umbarmherzig auf sie herab. Dass es solche warmen Temperaturen im Erdkönigreich überhaupt gab, hätte Serina nie für möglich gehalten. Sie hatte diese immer nur in der Feuernation vermutet. So konnte man sich irren.

Toph und Tao hingegen schienen sich nicht weiter an der Hitze zu stören. Sie sagten zwar nicht viel, doch kam von ihnen jedenfalls kein Gemecker wie von Serina zu Beginn der Reise in der Wüste. Wahrscheinlich hatte sie es sich nicht derart schlimm vorgestellt. Wie konnte sich auch ein Mädchen, dass in Eis und Schnee aufgewachsen war, solche Temperaturen überhaupt nur ausmalen. Irgendwann hatte ihr Toph dann einfach verboten zu reden. Nun litt Serina einfach still vor sich hin. Daran ändern konnte man ja auch nichts. Das Leben war so, wie es Toph für sie aussuchte.

Je heißer die Sonne brannte, desto mehr verfluchte Serina Toph für diese Entscheidung, mitten durch eine Wüste zu laufen. Sie hätten sich ja wenigstens irgendein Fortbewegungsmittel anschaffen können, aber nein, Meisterin Toph wollte ja, dass sie unbedingt zu Fuß gingen. Serina hatte es nicht verstanden, besonders weil Toph ihre Entscheidung nicht erklärt hatte, aber das war Serina jetzt auch mehr als egal. Sie wollte nur endlich diese blöde Wüste verlassen. Dass diese unendliche Qual aufhörte.

„Wie lange müssen wir noch durch diese blöde Wüste?“, wagte Serina zu fragen. Diese Frage musste sie einfach stellen, sonst wäre sie wahrscheinlich noch an der Ungewissheit zu Grunde gegangen.

„Wir sind bald da, wo wir sein wollen. Gedulde dich noch ein wenig“, meinte Toph. Das Wort ‚Geduld’ erinnerte Serina an ihr Training, was sie jetzt schon für einige Zeit ausgesetzt hatte. Toph hatte gemeint, dass es in der Wüste nicht viel bringen würde und erst Recht nicht, wenn Serina nicht einsah, was ihr Problem war.

Sie war sich immer noch nicht sicher, ob es wirklich an Paku lag. Toph und auch Tao waren jedoch davon überzeugt. Und bevor Serina das nicht auch so sah, hatte Toph das Training eingestellt. Zum Einen war sie froh darüber, sich bei dieser Hitze nicht auch noch mit Erdbändigen rumschlagen zu müssen, zum Anderen kam es ihr irgendwie falsch vor. Sie war der Avatar, ob ihr das nun gefiel oder nicht und die Aufgabe des Avatar war es, alle vier Elemente zu beherrschen. Und nun weigerte sich schon der erste Lehrer, ihr das Bändigen beizubringen. Serina hoffte nur, dass die nächsten Lehrer nicht ganz so kompliziert werden würden, wenn es überhaupt irgendwen gab, der ihr das Bändigen beibringen würde.

Darüber konnte sie sich aber später immer noch Sorgen machen. Sie hatte auch noch nicht mit Toph über dieses Thema gesprochen. Vermutlich kannte sie jemanden, der ihnen helfen konnte. Aber bis dahin hatten sie sowieso noch etwas Zeit.

Dann fiel Serina plötzlich auf, was Toph gesagt hatte. „Was meinst du denn damit?“, fragte sie. „Wir sind schon so bald in Gaoling? Ich dachte, wir hätten noch eine ziemlich lange Strecke vor uns.“

Toph räusperte sich hörbar. Serina kam das alles sehr verdächtig vor. „Nein, ich meine damit das Ende der Wüste. Das ist doch dein Hauptbegehr, oder nicht?“

Serina war erleichtert, als sie das hörte. Endlich aus dieser unausstehlichen trocken Hitze raus. „Ja, super!“ Sie war wirklich direkt viel besser drauf. Die Aussicht, bald wieder ein normales Klima erleben zu dürfen, war sehr aufmunternd.

Tao war die ganze Zeit eine paar Schritte hinter den Beiden gegangen. Die Arme hinter den Kopf verschränkt beobachtete er sie. Ihm kam es ein bisschen merkwürdig vor, was Toph da von sich gegeben hatte. Er wusste, dass es noch ein ganzes Stück sein würde. Mehrere Stunden hatten sie bestimmt noch vor sich. Vielleicht sollten sie hier sogar eine Nacht verbringen. Sie waren auf jeden Fall noch lange nicht in der Nähe des Randes. Er zuckte mit den Schultern. Naja, was soll’s, vielleicht wollte Toph Serina nur aufheitern. Zumindest sah sie nicht mehr bei Weitem so murrig aus, wie noch ein paar Minuten zuvor. Er hoffte nur, dass sie nicht wütend werden würde, wenn sie herausfand, dass es noch ein ganzes Stück weiter war, als sie ersehnt hatte.
 

Tao bemerkte, wie die Gesichtzüge von Serina mit jedem weiteren Schritt sich veränderten. Man sah ihr deutlich an, dass sie gleich vor Wut platzen würde. Toph schien es nicht zu bemerken oder ihr war es einfach schlichtweg gleichgültig. Vermutlich hatte sie sogar noch Spaß dabei. Dann sah er, wie ein kurzes Grinsen übers Tophs Lippen kam. So kurz, dass Serina es wohl nicht bemerkt hatte. Aber Tao glaubte nicht, dass es das Lächeln auf Serina bezog. Ihr Blick ruhte in der Ferne oder zumindest ihr Verstand. Es schien etwas zu kommen, worauf Toph sich anscheinend freute.

Keine zwei Minuten später lösten sich die Fragen in Luft auf. Tao blickte in die Ferne und wunderte sich, was da auf sie zukam. So etwas hatte er noch nie in dieser Wüste gesehen. Und er hatte sie schon ein paar Mal durchstreift. „Was ist das, Toph?“ Er wandte sich direkt an sie, weil er vermutete, dass sie schon länger wusste, dass sie auf dieses Etwas stoßen würden. Vielleicht war es das, worauf sie so lange gewartet hatte.

„Was meinst du?“, fragte Toph ganz unschuldig, aber wenn man genau aufpasste, konnte man durchaus den sarkastischen Unterton heraus hören.

Tao zumindest bemerkte es sehr deutlich. „Na, diese Sandwölbungen, die da direkt auf uns zukommen“, spielte er das Spielchen mit.

Serina war direkt von ihrer Wut befreit und schaute sich hektisch und ängstlich um. „Vielleicht sind es die Sandwürmer?“

Tao hätte das wohl auch vermutet, wenn er nicht genau wüsste, dass es so Etwas wie Sandwürmer nicht gab. Zumindest hatte er noch nie von ihnen gehört und welchen begegnet war er auch noch nicht. Schlussfolgerung daraus, solche Kreaturen existierten nicht. Aber es würde wohl nichts gefährliches sein, sonst wäre Toph viel aufmerksamer. Ganz im Gegenteil schien sie sich richtig auf die Begegnung mit diesen Wesen zu freuen.

So trat Tao einen Schritt näher an Serina heran. „Du brauchst keine Angst zu haben. Sieh dir nur Toph an.“

Serina tat, was Tao ihr gesagt hatte. Sie betrachtete Toph etwas näher und sie sah etwas, was sie bisher nur einmal bei Toph gesehen hatte, als sie über den kleinen Dachsmaulwurf geredet hatte. Sie schien sich unglaublich zu freuen, obwohl sie das vermutlich vehement verneint hätte. Aber auf was?
 

Auch wenn Toph und Tao Zuversicht ausstrahlten, konnte Serina nicht verhindern, dass es ihr zumindest etwas mulmig wurde, je näher diese Wesen kamen. Sie bewegten sich schnell. Sie steuerten nicht direkt auf sie zu, sondern kamen in Schlangenlinien an. Serina hatte das Gefühl, dass so das Unvermeidliche nur noch weiter rausgezögert würde. Hätte Serina da schon gewusst, was es damit auf sich hatte, hätte sie sich wahrscheinlich über sich selbst totgelacht.

Es kam immer näher und mit jedem verbleibenden Meter weniger, ging Serina einen Schritt näher zu Toph hin. Bei ihr fühlte sie sich immerhin sicher genug. Und dann war das Etwas angekommen. Es sprang aus seinem Sandversteck hinaus und für kurze Zeit konnte Serina vor lauter Sand überhaupt nichts sehen. Er flog überall herum. Aber nicht nur sehen konnte sie ihn, sondern auch am ganzen Leib spüren. Wahrscheinlich würde sie noch Wochen nach ihrer Expedition durch die Wüste Sand in ihrer Kleidung finden. Doch das störte sie jetzt nicht weiter, denn endlich konnte sie erkennen, wer hinter den Angreifern steckte. Es waren drei Kinder, zwei Jungs und ein Mädchen, höchstens zwischen sechs und neun Jahre alt.

Sie liefen direkt freudestrahlend auf Toph zu und klammerten sich an sie. „Tante Toph, wir haben dich vermisst“, riefen sie wie aus einem Munde.

Dass die Kleinen ihre Meisterin Tante nannten, fand Serina nicht halb so merkwürdig wie Tophs Reaktion. Diese erwiderte die Umarmung nämlich herzlich von den Kindern und schien sichtlich erfreut. Sie wuschelte jedem Einzelnen durch seine Haare. „Na, ihr kleinen Racker?“

„Hey, lass meine Haare in Ruhe“, beschwerte sich der scheinbar Älteste. Er wirkte wie ein Junge, der schon erwachsen sein wollte. „Das verletzt meinen Stolz.“

„Als ob du halbe Portion schon so etwas wie Stolz besitzen würdest“, lachte Toph. Um ihn zu ärgern, fuhr sie ihm ein weiteres Mal über den Kopf. Das kleine Mädchen, die wohl die Jüngste der Drei war, kicherte daraufhin. Sie war sichtlich amüsiert über die Art, wie Toph mit ihrem Freund umging. Der Junge warf ihr daraufhin nur einen finsteren Blick zu. Sie wirkten sehr vertraut, fand Serina. Fast erinnerten sie sie an Paku und sich. Ihr wurde ein wenig schwer ums Herz, als sie an ihren alten Freund dachte. So ausgelassen waren sie auch mal gewesen. Serina hoffte nur für diese Kinder, dass ihre Freundschaft nicht auch auf so eine Art enden musste. Einige Sekunden war Serina nicht anwesend. Ihre Gedanken hingen in der Vergangenheit. Bei ihrem Freund, bei all dem Blödsinn, den sie zusammen ausgeheckt hatten. Dann spürte sie, wie etwas an ihrer Kleidung zog, was sie zurück in die Realität holte.

Serina blickte nach unten und erkannte das junge Mädchen. Sie lächelte breit und strahlte eine Freude aus, die selbst Serina ein bisschen ansteckte. „Wer bist du?“, fragte sie neugierig. Auch ihre beiden Gefährten sahen nun Serina interessiert an.

„Ähm“, stotterte sie, etwas überrascht über diese plötzliche Frage. Sie fand es eigenartig, dass die Drei sich so sehr für sie interessierten, aber Tao mit keinem Blick würdigten. „Mein Name ist Serina. Ich bin eine Schülerin von Toph“, sagte sie. Gerade soviel, ohne zu lügen und nicht in Gefahr zu geraten.

„Wow“, kam es fasziniert von der Kleinen. „Das heißt, du kannst Erdbändigen? Ich auch, siehst du?“ Sie stampfte einmal kurz mit dem Fuß auf und aus dem Sand unter ihr, formte sich die Abbildung eines Wurmes heraus.

Serina wurde ein bisschen rot, als ihr klar wurde, dass dieses Mädchen um Längen besser war als sie selbst. „Naja, ich bin noch am Lernen. So gut bin ich noch gar nicht“, gab sie offen zu. Serina wusste nicht genau, warum sie das sagte, aber irgendwie war es ihr unangenehm die Kleine zu belügen. Sie war so ehrlich und offen zu ihr. „Wie heißt du denn eigentlich?“, fragte Serina, als ihr auffielt, dass sie den Namen von dem Mädchen noch gar nicht kannte.

Daraufhin ging das Mädchen einen Schritt zurück und stellte sich zwischen die beiden Jungs. „Ich bin Ara“, sagte sie.

„Ich bin Mira“, meinte der Älteste.

„Und ich bin Kiron“, fügte der andere Junge hinzu.

„Zusammen sind wir die Sandwürmer“, sagten sie letztendlich alle zusammen.

Serina musste lachen. Das waren also die gefürchteten Sandwürmer, von denen Toph ihr erzählt hatte. Wirklich beängstigend.

„Wisst ihr, Kinder, Serina kann nicht nur Erdbändigen, sondern auch Wasserbändigen“, verkündete Toph einfach so. Serina sah ihre Meisterin nur geschockt an. Erst verbietet sie ihr das Wasserbändigen und nun tönte sie es laut heraus. Manchmal fand Serina Toph zu unberechenbar.

Aber Ara schien diese Nachricht nur noch mehr zu begeistern. „Cool, dann bist du der Avatar, Serina?“

Serina nickte verwirrt. Dieses Mädchen schien überhaupt keine Angst vor ihr zu haben. Sie schien eher darauf erpicht zu sein, soviel wie möglich über sie zu erfahren. Das verrieten Serina die vielen Fragen, die plötzlich auf sie einbrachen. Nicht nur Ara sprudelte los, sondern auch die anderen Zwei. Serina konnte so gut wie kein Wort verstehen, weil sie alle durcheinander sprachen.

„Hey“, sagte sie etwas lauter, um die Kinder zum Schweigen zu bringen. „Einer nach dem Anderen, okay?“ Und die Kinder bestürmten sie wieder mit Fragen, aber sie hielten sich etwas mehr zurück.
 

Toph beobachtete, wie Serina immer mehr zu Strahlen begann. Sie selbst hatte es wahrscheinlich gar nicht bemerkt, aber es tat ihr gut. Sie genoss es sichtlich von jemandem bewundert zu werden. Alles, was sie bisher erlebt hatte, hatte dieses Kind nur immer weiter zerstört. Auch wenn Serina so gut wie nie darüber sprach, machte es ihr zu schaffen, dass die ganze Welt sie als einen Feind ansah. Immerhin war sie noch ein Kind. Wie sollte ein Kind damit klar kommen, von jeden verstoßen zu werden? Und was hätte Toph ihr Tröstendes sagen sollen? So etwas konnte man nicht in Worte fassen. Sie hoffte nur, dass dieses Mädchen stark genug sein würde, um ihr Schicksal zu überstehen. Dass ihr solche Momente genügend Kraft gaben.

Tao hatte Serina geholfen. Wenn sie in seiner Nähe war, fühlte sie sich besser. Das war der einzige Grund, warum Toph ihm erlaubt hatte, mitzukommen. Serina konnte diesen Weg nicht alleine gehen. So stark war keiner. Und dieser Junge schien Serina zu mögen. In ernsten Situationen war Tao auch ganz in Ordnung, die restliche Zeit war er jedoch einfach nur nervig, fand Toph. Aber das würde sie verkraften. Für Serina, für die neue Hoffnung dieser Welt.

Paku jedoch hatte sie tief verletzt. Man sah die Wunde deutlich. Sie war tief und blutete immer noch. Selbst Tao schien nicht in der Lage zu sein, diese Wunde zu heilen. Das könnte Serina nur alleine schaffen oder diese Wunde blieb für ewig. Warum musste der Sohn seinem Vater denn so ähnlich sein?
 

„Tante Toph, dürfen wir Serina unser Geheimversteck zeigen?“, fragte Ara.

Toph nickte abwesend. Seit Serina in ihr Leben getreten war, hatte sie viel zu oft mit den Gedanken in der Vergangenheit gelebt. Jetzt war es an der Zeit nach vorne zu blicken. „Natürlich, Ara. Genau deswegen sind wir ja hier“, riss sie sich zusammen. „Aber passt mir gut auf sie auf. Und nascht bloß nicht von irgendeinem Kaktus.“

Ara fing an zu lachen. „Du bist so lustig, Tante Toph.“ Sie ergriff Serinas Hand und zog sie hinter sich her. Serina blickte zu ihren beiden Gefährten.

Tao winkte zum Abschied. „Keine Angst, ich passe schon auf, dass sich unsere blinde alte Frau hier nicht verläuft.“

„Wir treffen uns bei euren Eltern, Kinder. Kommt nicht zu spät“, ermahnte Toph sie noch einmal zum Schluss, aber meinte dies eigentlich nicht sehr ernst. Dann wartete sie bis die Kleinen mit Serina weit genug weg waren und wandte sich dann zu Tao. „Eine alte Frau?“ Sie zog ihre Augenbrauen hoch.
 

Serina stolperte hinter Ara her. Die Kleine hatte immer noch ihren Arm gepackt, sodass Serina gebückt gehen musste, weil Ara bestimmt nur halb so groß war wie sie selbst. Die beiden Jungs bildeten die Spitze. Sie gingen zielstrebig und Serina war sich sicher, dass sie erwachsen wirken wollten. „Was machen wir denn eigentlich in eurem Versteck?“, fragte Serina interessiert. Sie mochte diese Kinder. Sie waren lieb und ehrlich und besonders Ara hatte es Serina angetan. Denn sie hatte noch so eine kindliche Art die Welt zu sehen.

„Wir werden spielen, was sonst?“, kam es fast schon empört von Ara. „Wann hat man schon mal die Gelegenheit den Avatar kennen zu lernen?“ Ara sprach das Wort ‚Avatar’ voller Bewunderung aus. Bisher hatte sie dieses Wort immer nur mit Angst und Panik verbunden. Jeder fürchtete sich davor. Aber diese Kinder anscheinend nicht.

„Warum habt ihr eigentlich keine Angst?“, fragte Serina. Sie verstand es immer noch nicht. Selbst sie hatte bis zu dem Tag, als sie erfuhr, dass sie der Avatar war, Angst vor ihm gehabt. Man musste nur an die Geschichten denken, die im Umlauf waren. Was man nicht alles glaubte, schoss es Serina durch den Kopf. Nur weil irgendwer etwas behauptete. „Ihr kennt doch bestimmt die Geschichten, oder?“

Ara nickte. „Ja, die kennen wir. Aber unser Vater hat gesagt, dass die alle nur gelogen sind. Dass das alles so nie passiert ist und dass der Avatar jemand ist, den man ehren sollte. Eine Person, die das Gleichgewicht in die Welt zurück bringen wird.“ Plötzlich klang Ara richtig ernst. Sie klang richtig erwachsen.

Serina lächelte leicht. „Deinen Vater würde ich gerne mal kennen lernen.“

„Das wirst du noch, Seri. Er ist ein großer Mann. Er hat immer viel zu tun, aber Mira und ich sind ihm wichtiger als seine Arbeit.“

Serina schaute zu dem Jungen vor ihr. „Mira ist dein Bruder?“ Sie wurde schmerzlich an Paku erinnert.

„Ja, und ich habe ihn total lieb“, strahlte sie übers gesamte Gesicht.

„Und ich finde dich nur nervig“, kam es von Mira, während er sich umdrehte. „Wir sind übrigens da.“

Serina schaute sich um. Sie konnte nichts entdecken. Nur Sand, wie schon die ganze Zeit zuvor. Doch dann ging Mira einen Schritt zur Seite und machte den Blick auf einen Eingang frei, der wohl in eine unterirdische Höhle führte. Serina war zwar alles Andere als angetan von dem Gedanken, wieder unter die Erde zu müssen, aber sie wollte ihre neuen Freunde ja nicht beleidigen.
 

Unter der Erde war es angenehm kühl. Die stechende Hitze der Sonne war verschwunden und für Serina kam das einer Welle der Erleichterung gleich. Sie atmete die kalte Luft ein, wollte diese wohlige Temperatur in sich aufnehmen.

„Geht’s dir nicht gut?“, fragte Kiron und musterte sie dabei, als ob sie verrückt wäre.

Serina fühlte sich ertappt und spürte, dass sie leicht rot wurde. „Naja, ich bin nicht an die Hitze da draußen gewöhnt. Wie ihr wisst, komme ich aus einer Stadt aus Eis“, versuchte sie sich zu erklären.

Ara fröstelte. „Mir wird schon beim Gedanken an Eis total kalt.“

„Deine Gedanken hätte ich in der Wüste gut gebrauchen können“, meinte Serina.

Alle drei fingen gleichzeitig an zu lachen. „Du bist ja genau so komisch wie Tante Toph“, sagte Mira. Er zeigte ihr ein strahlendes Lächeln und Serina freute sich ungemein. Bisher war Mira der Verschlossenste der Drei gewesen. Vielleicht auch deswegen, weil er dachte, zu enthusiastisch zu sein, wäre zu kindisch.

„So, dann zeigte mir doch mal euer tolles Versteck“, meinte Serina. „Und dann habe ich noch ganz viele Fragen an euch Sandwürmer.“

Mira zündete vier Kerzen an und gab jedem eine davon in die Hand. „Es ist nicht besonders hell dort unten“, zwinkerte er ihr zu.

Serina fühlte sich wohl in Begleitung der Kinder. Es war angenehm, nicht immer über alle Sorgen nachdenken zu müssen, sondern einfach mal unbeschwert mit irgendjemanden zu spielen und zu reden. Es ging nicht um das Thema Avatar, Überleben oder Verrat. Die Kinder erzählten von ihren Leben und ihren Abenteuern. Was sie als Sandwürmer alles schon unternommen hatten. Es war einfach friedlich.

Das Versteck erstaunte Serina nicht schlecht. Das Tunnelsystem schien fast unendlich zu sein und sie war nur froh, dass sie mit jemanden dort war, der sich bestens auskannte, sonst hätte sie wahrscheinlich nicht mehr herausgefunden. Es ähnelte eher einem Labyrinth, als einem Versteck für Kinder.

Bis sie in die Haupthalle kamen, war bestimmt schon eine halbe Stunde vergangen, aber das war es allemal wert. Sie war riesig und einfach wunderschön. Die Kinder hatten sich ein richtiges Zuhause eingerichtet. Hier war nicht nur Sand, sondern vielmehr ein richtiges Zimmer. Es gab Tische, Stühle, Teppiche und Betten. Man hätte hier wohnen können.

„Wow, das ist ja richtig schön hier. Habt ihr das alles alleine gemacht?“, fragte Serina erstaunt.

Ara schüttelte den Kopf. „Nein, Tante Toph hat uns dabei geholfen. Sie hat uns auch viele interessante Dinge über das Erdbändigen beigebracht. Ich bin so neidisch, dass du ihre Schülerin bist. Sie ist so eine tolle Lehrerin.“

Serina lächelte verlegen. Bisher hatte sie nichts davon mitbekommen, dass Toph eine tolle Lehrerin war. Vielmehr hatte sie fast nur schlechte Erinnerungen, aber das lag wohl auch zum Teil an ihr selbst. Erst wollte sie zu viel und zu schnell und seit sie Paku getroffen hatte, funktionierte plötzlich überhaupt nichts mehr. Aber ob das wirklich an Paku lag, das bezweifelte Serina. Sie konnte zwar immer noch nicht so recht glauben, was vor einigen Tagen da passiert war, aber sie kannte ihre Bestimmung. Und ihr Unterbewusstsein kannte sie auch. Sie war der Avatar und sie würde sich nicht vom Wunsch danach, dass es nicht so wäre, davon abhalten lassen.

„Was ist los? Geht es dir nicht gut?“, fragte Ara besorgt.

Serina schaute ein wenig verwirrt zu der Kleinen runter. „Nein, alles okay. Wieso fragst du?“

„Weil du weinst.“

„Ich weine?“, fragte sie irritiert und fasste sich an die Wange. Tatsächlich, sie war nass. Serina hatte es gar nicht gemerkt, dass sie angefangen hatte, zu weinen. Worüber war sie denn traurig?

„Hast du Schmerzen?“, wollte jetzt Mira wissen.

Serina schüttelte den Kopf, schaffte es aber nicht, ihre Tränen zu stoppen. Sie setzte sich auf den Boden, versuchte sich, wieder zusammen zu reißen, aber es wollte ihr einfach nicht gelingen. Ara trat an sie ran und streichelte ihr über den Kopf. „Vielleicht vermisst du ja jemanden. Wenn Toph wieder geht, muss ich auch immer weinen, weil ich weiß, dass sie lange weg bleibt. Das letzte Mal habe ich sie vor einem Jahr gesehen, dabei habe ich sie doch so lieb.“

Serina schaute das Mädchen ungläubig an. Sie konnte wirklich alles auf den Punkt bringen und sie sah wirklich viel. Vielleicht weinte sie nur, weil sie Paku vermisste, ihren Paku, der Paku, der sie immer beschützt hatte. Sie wischte sich die Tränen fort. „Du hast wohl Recht, Ara“, brachte sie hervor. „Ich vermisse meinen Freund.“

„Erzähl uns von ihm“, meinte Kiron und setzte sich neben Serina. Auch die anderen Beiden nahmen Platz.

Serina schaute in die Runde. Sollte sie jetzt etwa eine Geschichtsstunde abhalten? Das konnten die Kinder doch nicht ernst meinen? „Ähm“, kam es stockend von Serina.

„Das hilft, glaub mir“, flüsterte Ara ihr ins Ohr und lächelte sie daraufhin breit an.

Auch Serina gelang ein kleines Grinsen. „Okay“, meinte sie und erzählte ihren neuen Freunden von Paku. Sie erzählte ihnen Geschichten von ihren Erlebnissen als Kinder, als sie gerade mal so alt waren, wie die Drei, die jetzt vor ihr saßen. Das schien schon so lange her, fand Serina, dabei waren es gerade mal ein paar Jahre. Die Kinder hörten aufmerksam zu und lachten an den passenden Stellen.

Serina gefiel es, so offen über Paku zu erzählen. Es machte Spaß, mit jemanden die Erinnerungen zu teilen. Sie vermied es aber auf das Ende der Geschichte zu sprechen zu kommen. Sie wusste nicht, ob sie das verkraften würde. Jedoch ließ sich das nicht verhindern, denn Ara fragte: „Und wo ist er jetzt? Warum ist er nicht mit dir gekommen?“

Serina sah das junge Mädchen lange an. Sie könnte einfach lügen, das wäre das Einfachste, aber es wäre nicht fair Ara gegenüber. „Ich konnte ihn nicht mitnehmen. Ich musste alleine auf diese Reise gehen.“

„Du hattest niemanden, der bei dir war?“ Mira schien schockiert zu sein. Wie erwachsen er auch schon sein wollte, man sah ihm deutlich an, dass er allein schon bei der Vorstellung ganz einsam durchs Land reisen zu müssen, Angst bekam.

Serina nickte. „Ja“, gab sie zu. „Aber nicht lange, denn ich habe Tao getroffen. Der Junge, der eben bei uns war. Er hat mir geholfen, Toph zu finden und in vielerlei Hinsicht sogar noch mehr.“ Sie lächelte leicht.

„Und was ist mit Paku?“, wollte Kiron wissen. „Das ist doch bestimmt noch nicht alles.“ Er musterte sie mit einem Blick, der Serina irgendwie unangenehm war.

Sie schüttelte den Kopf. „Er ist mir nachgereist“, sagte sie schließlich.

Ara klatschte freudig in die Hände. „Dann hast du ihn doch vor Kurzem gesehen, oder? Bist du da nicht froh drüber?“

„Er hat sich verändert. Er will jetzt nicht mehr mein Freund sein.“ Den Grund ließ Serina außen vor. Er war nicht wichtig und die Kinder würden es sowieso nicht verstehen.

„Aber du hast ihn doch noch lieb, oder nicht? Magst du ihn jetzt nicht mehr?“ Ara blickte sie aus großen Augen an.

Serina musste feststellen, dass Ara genau die richtigen Fragen zu stellen wusste. Sie tat es vermutlich gar nicht mit Bedacht, sondern es war einfach ihre Art, die Welt zu sehen. „Ich habe ihn immer noch sehr lieb, egal, was er zu mir gesagt hat. Für mich wird er immer mein bester Freund bleiben.“

„Wieso will er denn nicht mehr dein Freund sein?“, wollte Mira wissen. Er bemerkte, dass Serina nicht alles erzählt hatte.

Serina schluckte. Sollte sie es den Kindern wirklich erklären? „Weil ich jetzt der Avatar bin. Er denkt, dass ich jetzt ein anderer Mensch wäre, als vorher. Dabei stimmt das gar nicht. Ich bin immer noch dieselbe und die ganze Avatar-Geschichte ist nur Blödsinn.“

„Das ist kein Blödsinn, Seri“, beschwerte sich Ara. „Du solltest stolz darauf sein, der Avatar sein zu dürfen. Es ist eine große Ehre. Und Paku sollte das auch so sehen. Er ist wirklich dumm, wenn er so denkt.“

Serina lächelte leicht. Erst wirkte Ara so erwachsen und zum Schluss verhielt sie sich doch wieder nur wie ein Kind. „Da hast du wohl Recht. Er ist wirklich dumm.“

„Aber jeder kann sich mal irren, Serina“, mischte sich nun auch Kiron ein. „Du musst ihm nur zeigen, dass du immer noch die Gleiche bist, dann wird das schon wieder. Wir Drei streiten uns auch manchmal, aber wenn wir darüber reden, ist es schon wieder vergessen. Man kann alle Probleme lösen.“

Serina musste über so viel Naivität nur grinsen. Sie hatten wirklich keine Ahnung. Manche Sachen konnte man nicht so einfach aus der Welt schaffen, besonders nicht das Problem, was zwischen Paku und ihr bestand. Es war eine Hürde, die man nicht überwinden konnte. Paku hasste sie, weil Serina der Avatar war. Das war aber leider eine Tatsache, die sich nicht ändern ließ. Egal, ob sie sich weigerte, das Erdbändigen zu erlernen, sie blieb der Avatar. Daran würde sich bis zu ihrem Tod nichts ändern. „Es ist nicht so leicht, wie du es sagst. Er wird seine Meinung über den Avatar nicht ändern. Dafür ist er viel zu stur.“

„Hey, red’ nicht so ein Unsinn.“ Mira stand auf und blickte auf sie hinunter. „Er ist auf die falsche Bahn geraten, na und?“ Er zuckte mit den Schultern. „Du hast uns eben erzählt, dass er immer auf dich aufgepasst hat. Er war wie ein großer Bruder für dich, stimmt’s?“ Serina nickte zaghaft. Worauf der Junge wohl hinaus wollte? „Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass du mal auf ihn achtest. Manchmal muss man die Verhältnisse ändern, wenn es nicht mehr so funktioniert, wie früher. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass du ihn rettest, so kindisch, wie er sich verhält.“

Serina sah Mira nur aus großen Augen an. Was der Junge da von sich gegeben hatte, klang logisch. Es klang sogar sehr einleuchtend. Vielleicht musste sie ihn wirklich retten. Vielleicht war ihre Aufgabe als Avatar nicht nur darauf beschränkt, den Menschen zu zeigen, was der Avatar bedeutete, vielleicht sollte sie auch die Menschen retten, die sie liebte. Und vielleicht war dieses vielleicht völlig sinnlos.

Es musste so sein. Als Avatar war sie stark genug, um diesen Weg gehen zu können und als Serina würde sie es schließlich schaffen, Paku davon zu überzeugen, was richtig war. Sie würde es tun und niemand konnte sie davon abhalten, nicht einmal Paku selbst.

„Oh, mist, wir müssen wohl langsam mal nach Hause“, schreckte plötzlich Kiron auf. „Ihr kennt doch meine Mutter. Wenn ich wieder zu spät komme, kriegt sie einen Anfall.“

Ara erhob sich und streckte Serina die Hand hin. „Komm, Seri, jetzt wirst du meinen Vater kennen lernen.“

Freudig ergriff Serina die Hand. Sie fühlte sich plötzlich so stark, als könnte sie alles schaffen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2010-07-14T16:21:45+00:00 14.07.2010 18:21
juchu es geht weiter!!! hehehe ich fand das Kapital echt toll! :)

Hier meine Lieblingsstellen:

"Tao bemerkte, wie die Gesichtzüge von Serina mit jedem weiteren Schritt sich veränderten. Man sah ihr deutlich an, dass sie gleich vor Wut platzen würde." - voll lustig *lach* :D

"„Tante Toph, wir haben dich vermisst“, riefen sie wie aus einem Munde." - woah....cool! Da hat sich bestimmt auch Sarah sehr drüber gefreut, so sehr wie sie Toph mag xD

"Warum musste der Sohn seinem Vater denn so ähnlich sein?" - mhm....interessant ;P

"Vielleicht auch deswegen, weil er dachte, zu enthusiastisch zu sein, wäre zu kindisch." - ach ja....mir macht es nix aus kindisch zu sein....ich bin gern enthusiastisch....vlt manchmal was zuu sehr ^^

"„Manchmal muss man die Verhältnisse ändern, wenn es nicht mehr so funktioniert, wie früher. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass du ihn rettest, so kindisch, wie er sich verhält.“ - puh...diese Sandwürmer sind ja ganz schön weise....

Das wars, hoffe bald auf mehr! HDL Janine xD
Von:  fahnm
2010-07-12T22:52:07+00:00 13.07.2010 00:52
Klasse kapi!^^
Von:  Nochnoi
2010-07-12T14:00:38+00:00 12.07.2010 16:00
Oh Mann, ein Marsch durch die Wüste ...
Für jemanden, der nur Eis und Schnee gewöhnt ist, ist das sicherlich die Hölle schlechthin. Serina kann einem schon ziemlich leid tun (obwohl sie sich eigentlich echt nicht zu beschweren braucht, in der Wüste herrscht wenigstens eine angenehm trockene Hitze - ganz anders als die Schwüle, die wir hier ertragen müssen O.o Von daher sollte sie es lieber nicht zu eng sehen xDD)

Und dann diese Sandwürmer ^^
Wirklich putzig, die Kleinen! Besonders das "Tante Toph" kann einen ja zum schmelzen bringen >.<
Und schön, dass sie es schaffen, Seri (^^) wieder was aufzumuntern. Tja, manchmal kann Reden und ein Kinderlächeln schon sehr viel bewirken ("Aber wenn sie dich nur EINMAL anlächeln, dann kriegst du alles wieder zurück!!" :D)
Und besonders der Älteste scheint ja durchaus schon so etwas wie Weisheit zu besitzen. Zumindest war das, was er über Paku gesagt hat, nicht von schlechten Eltern!

Jetzt bin ich aber auf jeden Fall gespannt, wer der Vater ist und woher Toph überhaupt die ganze Brigarde kennt!! Ist es möglich, dass er in der Serie vielleicht auch schon mal aufgetaucht sind *grübel*?
Ich warte voller Ungeduld auf die Antwort :)

Hab dich lieb
Sarah


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