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Achromatopsie

Color blind
von

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Schiefergrau

Nuancen von Grau
 

Schiefergrau
 

Jasper erledigte seine Aufgabe mit der Verlässlichkeit eines Schweizer Uhrwerks. Kaum hatte er Emmett und Rosalie gefunden und sie über alles benachrichtigt war er schon wieder in sein MG GT gestiegen. Er konnte ihre Anwesenheit jetzt nicht ertragen, sein innerstes schrie mit aller Macht nach dem Alleinsein.

Als ihm bewusst wurde, dass er absolut nichts mehr machen musste spürte er wie nutzlos er war.

Die Zeit welche sonst wie Wasser durch seine Finger rann schien zu Eis gefrieren und floss nicht mehr.

Es waren nur wenige Stunden vergangen seit ihrem letzten Telefonat aber die Ungeduld in ihm brachte ihn dazu zu glauben, dass es nicht genug gewesen war. Es war nie genug, natürlich nicht aber jetzt war es sogar noch schlimmer als sonst.

Selbst die Geschwindigkeit die ihn vorher so beruhigt hatte schaffte es nicht mehr. Die Kenntnis, dass Emmett und Rosalie in dem Wagen hinter ihm waren und er sie nicht abhängen konnte nagte an seinen Gedanken.

Selbst wenn er weiter beschleunigte würde er keinen Ausweg finden um ihnen zu entkommen. Vielleicht musste er einfach nur wieder wahnsinnig werden und etwas Unerwartetes wagen.

Er sah das Verkehrsschild das auf eine gesperrte Ausfahrt hinwies und ein Grinsen huschte über seine Lippen. Wieder war es ein falsches Grinsen, viel zu starr um seine Augen zu erreichen.

Ohne auf den Verkehr hinter ihm zu achten fuhr er mit unvermindertem Tempo weiter, kurz bevor er an der Ausfahrt vorbei war. Dann riss er das Lenkrad herum und nahm haarscharf die Straße. Weg von denen, die ihn kannten.

Mit unvermindertem Tempo fuhr er immer weiter und er sah wenig später, warum die Ausfahrt gesperrt war. Ein Strommast war umgefallen und versperrte den weiteren Weg. Als würde ihn so was aufhalten. Jasper bremste sobald er sich sicher war, dass selbst ein Mensch die Handzeichen der Arbeiter sehen konnte und kurbelte das Fenster herunter.

„Sie können leider nicht weiter, ein-…“

„Ich sehe es.“ Der Mann zuckte beim Klang seiner Stimme zusammen.

Er selbst interessierte sich nicht sehr dafür, ob er kalt und leblos oder freundlich und höflich klang. Er schaute kurz in den Himmel, zog dann den Schlüssel aus der Zündung und stieg aus dem Auto. Mit beängstigender Gelassenheit zwirbelte er den Schlüssel zwischen seinen Fingern und lief dann langsam los.

„Äh- hey! Einen Augenblick!“ Er wurde von dem Mann in orangefarbener Latzhose eingeholt und dann aufgehalten. Der Arbeiter erschien langsam verärgert aber es kümmerte ihn nicht im Geringsten.

„Wenn Sie jetzt vorhaben zu gehen wird Ihr Wagen abgeschleppt. Auf Ihre Kosten.“ Es sollte wohl drohend klingen aber es hörte sich an wie ein jämmerliches Fiepen. Langsam drehte er seinen Kopf zu dem Mann und dieser schien unter seinem Blick zu schrumpfen.

„Alles klar.“, meinte er immer noch beängstigend gelassen und ging weiter.

Durchweg ruhig wich er auf die Wiese aus welche schlammig war. Seine Schuhe und sein Hosenbein wurden vom Schlamm verfärbt aber es machte ihm nichts aus. Zwar hatte Alice ihm die Schuhe gekauft – sie hatte irgendwas von Prada geredet – aber die Erinnerung daran ließ ihn kalt. Jasper war nicht sehr auf materielle Güter fixiert. Der starke Wind blies ihm durch die Haare, zerrte an seinem Mantel und forderte ihn auf, in sein MG GT zu steigen. Er ignorierte es und ging weiter, die einsame Straße entlang. Es dauerte nicht lang bis Regen einsetzte und ihn in wenigen Minuten durchnässte. Wieder ergriff ihn die Erinnerung an den regnerischen Tag als es nur sie gab.

Mit einem Seufzen strich er sich eine verirrte Haarsträhne zurück.

So schön war die Erinnerung, so schön beruhigend.

Jasper schloss seine Augen und ließ sich von ihr überrennen.

Es war phänomenal wie sehr sie ihn glücklich machte.
 

Die Zeit verging nicht.

Er schaute an sich runter, zählte die Jahre welche er schon überlebt hatte und zählte die Jahre welche er schon lebte.

Es war einfach, jedes Jahr mit Alice hatte er gelebt.

Die Nacht ohne sie war dunkel, viel dunkler als sonst. Er sah keine Sterne, keinen Mond und fragte sich, ob er sich diese eingebildet hatte.

Der Tag ohne sie war leblos, jede Bewegung um ihn herum schien tot zu sein. Die Lebewesen um ihn herum waren von einer eigenartigen Lethargie umgeben.

Jasper kam nicht darauf, dass er es war, der die Lethargie verbreitete.

Für Wesen wie ihn sollten Tage keine Bedeutung haben, da das Leben unendlich lang war, aber es stimmte nicht.

Auf einer kleinen Mauer sitzend, in die Leere starrend und mit den Gedanken bei seinem Leben das gerade irgendwo in Italien in Gefahr war schien Jasper wie eine Skulptur.

Der Regen hatte irgendwann in der Nacht aufgehört, am späten Morgen dann wieder angefangen und jetzt tröpfelte es nur noch.

Seine weiße Haut erschien in einem blassen Grauton, die Sichelförmigen Narben traten stärker hervor als sie es sonst schon taten. Der Stoff auf seiner Haut haftete feucht auf dieser wie eine zweite Hülle.

„Ich mag den Himmel nach dem Regen.“

Sie lagen zusammen auf einem Moosbett welches so nass war, dass sein Rücken in wenigen Minuten mit der Feuchte in Berührung kam.

„Wieso?“ Seine Stimme war nur ein Flüstern, vielleicht auch weniger. Zu fasziniert war er von diesem friedlichen, leicht verliebten Gesichtsausdruck.

Er wusste, dass sie ihn liebte aber das Wohlwollen wegen dem Himmel in ihren Augen zu sehen war noch schöner.

„Die Luft, die Welt riecht dann gereinigt. Als hätte das Wasser alles weggewaschen was nicht hier hin gehört.“

„Auch uns?“

Sie drehte ihren Kopf zu ihm, ihre fröhlichen Augen überschattete Traurigkeit. Sofort tat es ihm Leid, dass er immer so pessimistisch sein musste.

„Wir gehören hier hin.“

Ihre ruhige Stimme ließ keinen Zweifel zu und es machte ihn glücklich. Er musste ihr glauben, er konnte nicht anders. Er spürte wie seine Lippen sich zu einem feinen Lächeln verzogen und sie erwiderte es sofort.

Der vom Regen gereinigte Himmel roch jetzt nach Hölle.

Die Erinnerung war ein stechender Schmerz und er war sich sicher, dass sie nicht aufhören würde bis er erdolcht war.

Schlagartig sehnte er sich in Mitten einer Menschenmenge zu sein.

Die Gefühle, welche auf ihn einstürmen würden, der Geruch des Bluts, das Hören ihrer Herzschläge würde ihn ablenken.

Es wäre angenehm all die Erinnerungen zu verdrängen um sich der quälenden Kontrolle hinzugeben. Gleichzeitig war es aussichtslos.

Er würde es niemals wagen, auch nur annähernd ohne Alice unter Menschen zu wandeln, so süchtig nach Selbstverletzungen war er nicht. Und er wusste, dass er schwach war. Dass er die Kontrolle nur zu leicht verlieren konnte.

Schade, er könnte etwas Abwechslung gerade gut gebrauchen.

Das Klingeln seines Mobiltelefons riss ihn aus den Gedanken und mit einer schnellen Bewegung hatte er es aus seiner Manteltasche geholt.

Er starrte auf das Display welches einen Namen anzeigte.

Ihren Namen.

Alice.

Sein Gehirn konnte es nicht registrieren, er war unfähig an die Bedeutung zu denken. Einige Zeit starrte er nur das klingelnde Ding in seiner Hand an, dann wurde ihm mit einer Wucht bewusst, was das hieß.

Sie rief an, Alice war am anderen Ende der Leitung.

Ihr ging es gut, sie hatte es geschafft.

Die Lüge, welche sie ihm erzählt hatte würde nicht wahr werden.

Alice liebte ihn.

Sie würde zurückkommen.

Mit einer für einen Vampir groben Bewegung klappte er das Handy auf und hielt es atemlos an sein Ohr.

„Jazz?“

Er schloss seine Augen, kostete den Moment völlig aus. Ihre Stimme klang nach flüssigem Honig, so schön und zärtlich wie immer.

„Alice.“ Er wisperte nur ihren Namen, zu mehr war er nicht fähig.

Schweigen erfüllte die Leitung und es fühlte sich richtig an.

Wie lang hatte er auf diesen Moment gewartet und nun, als er auf einmal da war wusste er nicht, was er fühlen sollte. Es gab so viel, was er fühlte.

Erleichterung, natürlich. Liebe, selbstverständlich. Aufregung, Freude, Neugierde, alles erfüllte ihn.

„Ich habe es dir doch gesagt.“ Sie klang auf einmal selbstsicher und er konnte sich genau vorstellen wie sie am anderen Ende grinste.

„Natürlich.“

Er erwachte aus seiner Starre, seine Lippen formten ein Lächeln und dieses Mal war es echt.

„Ich bin froh, deine Stimme zu hören.“

Er nickte nur zustimmend auch wenn sie es nicht sehen konnte. Er war so froh, dass die Welt auf einmal wieder lebhaft war, durch den tröpfelnden Regen sahen die Wiesen grüner als sonst aus, der Himmel war nicht mehr grau sondern blau.

„Bin ich auch.“ Für einen Moment zögerte er, dann sprach er weiter. „Ich bin fast wahnsinnig geworden.“

Jasper konnte ihr von seiner Schwäche erzählen, er konnte ihr alles sagen, sie würde es verstehen. Und auch jetzt verstand sie, antwortete mit einem verstehenden Schweigen und er war einfach nur froh darüber.

Seine Fingerkuppe zeichnete auf den Stein der Mauer ihre Gesichtszüge nach und er konnte es noch nicht fassen, dass er mit ihr redete.

„Edward geht es gut.“ Sie hörte sich locker an, freudig und Schuldgefühle überkamen ihn. Dass er nicht nach seinem Bruder gefragt hatte, nicht einmal über ihn nachgedacht hatte war rücksichtslos. Zu sehr in den Gedanken versunken, dass es Alice gut ging hatte er nicht darauf geachtet.

„Gut. Erzählst du es mir?“

Sie setzte zum Erzählen an und er war froh, dass sie nicht weiter darauf einging. Es war beruhigend ihrer Stimme zu lauschen auch wenn er das, was sie erzählte in manchen Momenten nicht ertrug. Allein der Gedanke, dass Alice in so einer Gefahr gewesen war ließ ihn wieder erstarren.

„Wir sitzen jetzt im Flugzeug, in wenigen Stunden wirst du mich also wieder ertragen müssen!“, schloss sie ihre Erzählung lachend und er stimmte ein.

„Und ich habe die Tage ohne dich doch so genossen!“ Er wollte sie eigentlich necken, klang aber völlig ironisch.

„Stell dich darauf ein, dass ich erstmal wieder shoppen muss.“

Ein Seufzer entglitt ihm und am anderen Ende war leises lachen zu hören.

„Du bist ein kleines Monster.“

Jasper stellte sich vor wie Alice schief lächelte, eine Haarsträhne verlegen zwischen ihren Fingern zwirbelte und aus dem kleinen Fenster schaute.

„Ich muss aufhören, Jazz.“

Argwöhnisch registrierte er ihre fröhliche Stimme, beschloss dann aber nicht nachzufragen.

„Okay.“

Viele wären am anderen Ende der Leitung wohl enttäuscht gewesen über so eine emotionslose Reaktion aber nicht so Alice. Er wusste, dass sie ihn kannte und es verstand.

„Bis später. Holst du uns vom Flughafen ab?“

Jetzt musste er grinsen und gut gelaunt machte er eine kleine Pause, ehe er sich erbarmte zu antworten.

„Selbstverständlich. Ich freue mich. Und, Alice-…“ Er hielt inne, lehnte sich etwas zurück und schaute in den mit Wolken übersäten Himmel.

Er würde ihr das sagen, was er die letzten Stunden nicht hatte sagen können.

„Ich liebe dich.“

Dieses Mal war seine Stimme ruhig, gelassen und sicher.

Ein freudiges Quieken war zu hören ehe es klickte und die Leitung unterbrochen war.

Jasper sprang von der Mauer und schlenderte die Straße entlang, er musste sein Auto abholen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Eisvoegelchen
2009-02-28T15:26:13+00:00 28.02.2009 16:26
Also ich geb dann wieder auch mal meinen Senf ab.Ich schreib jetzt mal meine Kritik zum Teil 1 und Teil 2 in einen Kommentar xD
Mhh also gut geschrieben ist es auf jeden Fall nur für meine Begriffe war der erste Teil und der Anfang des zweiten Teils ein wenig langweilig. Das liegt aber denke ich weniger an dir sondern eher daran das ich solche "Selbstgespräch-Oneshots" nicht so gut leiden kann. Dem zu folge gefällt mir das Telefonat sehr viel besser. Jaspers Gefühle hast du gut rüber gebracht und ich finde sein Liebesgeständnis und Alice´s Reaktion wirklich super. Acuh das Zitat aus dem ersten Teil finde ich unheimlich schön.

Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel das mein Kommi nicht 100% positiv ist (wenn ich die anderen kommis sehe krieg ich schon fast ein schlechtes Gewissen xD). Nja ich denke die beiden Teile sind sehr gut, entsprechen nur nicht so meinem Geschmack aber man kann es ja nicht jedem Recht machen. immerhin sind Geschmäcker (Gott sei dank!!!) verschieden ;3

P.S freut mich das du mit meinem Farbvorschlägen was anfangen konntest x3
Von:  AdrienDuCranier
2009-02-25T21:16:40+00:00 25.02.2009 22:16
*quieck*
Ich hab mir vor Spannung und Mitgefühl was sonst ausgerissen....
>___<
Die beiden gehören zusammen und als Jasper "ich liebe dich" sagte, war auch ich vollkommen gelöst..
*sfz*
Du bist eine verdammt gute Autorin!!
Von:  SamanthaGallin
2009-02-25T21:03:23+00:00 25.02.2009 22:03
Gott, das wär die Hölle gewesen, wenn sie nicht zurück gekommen wär, ich liebe es einfach wie du die Gefühle der Charaktere beschreibst und JasperXAlice ist mein absoluter Favo, nur ein kleiner Wehmutstropfen ich hatte soooooo gehofft der Flugafen, wenn sie zurückkommt wäre auch mit drin (besteht da vieleicht die Möglichkeit, das du das irgendwann auch noch beschreibst ???)
Auf jedenfall war es mal wieder wunderschön ich hab mich geradezu euphorisch mit Jasper gefreut als Alice ihn dann angerufen hatte und er wußte das sie zurück kommt
ich freu mich schon wahnnsinnig auf deine nächste
lg Sam
Von: abgemeldet
2009-02-25T18:45:20+00:00 25.02.2009 19:45
Q________Q
ich glaub es nciht
aber ich hab echt tränen in den augen
so viele gefühle
jaspar liebt alice sooo abgrundtief
er lebt nur für sie
es ist so schön wie du es in worten formulierst

schreib auf ewig weiter
ich liebe deine os
und ich liebe alice/jaspar bei dir
(sonst natürlich auch, aber bei dir sind sie viiieeel lebendiger als bei vielen anderen)
glg
Von:  CurlyHair
2009-02-25T17:48:08+00:00 25.02.2009 18:48
"AliceXJasper forever!" kann ich nur sagen.
Du schreibst echt super, vorallem gefällt mir das viele Gefühl darin.
(An manchen stellen sind kommafehler, aber wen scherts?)
Mach weiter so, ich freu mich schon aufs nächste kapitel :)
lg nicole


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