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Lebendig

von

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Trennung

Huhu ^^
 

hier das nächste Kapitel.
 

Viel Spaß beim Lesen!
 

~.~.~.~.~.~.~.~.~.~.~.~.~.~
 

Kapitel 16 Trennung
 

Die nächsten beiden Tage blieb ich zu Hause und ließ mich von einem Arzt krank schreiben. Bei Koji meldete ich mich telefonisch ab, immerhin sollte mein Schwindel ja nicht auffliegen. Würde ich trotz des Krankenscheins arbeiten gehen, wäre die Gefahr groß, dass mich jemand aus meiner Klasse sehen könnte und das wollte ich vermeiden.
 

Die beiden Tage vergingen schneller als befürchtet und nun war bereits Samstag.

Meine Hoffnung, Kazuki würde mich vielleicht anrufen und mir sagen, ich solle doch nicht vorbei kommen, war vergebens. Die Party war inzwischen nämlich schon fast zwei Stunden im Gange und von dem Rothaarigen war keine Nachricht, geschweige denn ein Anruf gekommen.

Erwartete er wirklich, dass ich vorbei kam?
 

Eigentlich hatte ich ja keine Wahl oder? Auch, wenn ich die letzten beiden Tage nicht in der Schule gewesen war, so hatte ich Kazuki nicht abgesagt. Vermutlich hatte er ebenfalls auf eine SMS oder ähnliches von mir gewartet.
 

Jedenfalls sollte ich mich endlich mal entscheiden, was ich denn nun tun wollte. Den ganzen Tag schon lief ich unruhig in meiner Wohnung umher, langsam war ich davon richtig genervt. Ich traf eine Entscheidung.

Ich hatte zwar ein mulmiges Gefühl im Bauch, wenn ich daran dachte Kazuki heute zu treffen, dennoch hatte er eine Entschuldigung von mir verdient, das war das Mindeste!

Ich hatte zwar noch keine Ahnung, wie es danach weiter gehen sollte, aber wenigstens würde ich damit mein schlechtes Gewissen etwas beruhigen.
 

Entschlossen packte ich also sein Geschenk in eine Tüte und sah mich um. Wo war meine Jacke?

Oh… die hatte ich vor lauter Panik bei dem Rothaarigen liegen lassen, klasse.

Glücklicherweise lagen die Temperaturen den ganzen Tag schon um den Nullpunkt. Meine alte, mit Löchern übersäte Jacke wollte ich beim besten Willen nicht anziehen, damit würde ich mich und auch Kazuki sicher blamieren. Nein, ein dicker Pullover und ein Schal müssten eigentlich ausreichen.
 

Ok, ich hatte mich geirrt! Dieser Pullover hielt nicht, wonach er aussah. Immer wieder rieb ich mir über die Arme, um die Kälte wenigstens ein bisschen zu vertreiben und beschleunigte meine Schritte.
 

Noch bevor ich um die letzte Ecke bog, konnte ich laute Musik hören. Was für ein Krach… störte das denn die Nachbarn nicht? Ach nein, Kazuki hatte mir ja irgendwann beiläufig erzählt, dass er die Nachbarn vorgewarnt hatte. Damit hatte sich meine Frage wohl erübrigt.
 

Ich hatte das Haus fast erreicht und nun sah ich auch den Grund, weshalb mir die Musik so laut vorkam. Die Haustür war vollkommen geöffnet und es herrschte reger Durchgangsverkehr. Vor dem Haus hatten sich einige Leute getummelt, die in Grüppchen zusammen standen, ihrer Sucht nach Nikotin nachgaben und angeheitert lachten. Einige davon hatten wohl schon ordentlich einen sitzen.

Da sie mich nicht weiter beachteten, konnte ich mich unbemerkt an ihnen vorbei in den Flur zwängen.
 

Selbst hier befanden sich unwahrscheinlich viele Menschen, zu viele für meinen Geschmack. Ich drängelte mich irgendwie bis zur Garderobe vor und hielt Ausschau nach meiner Jacke. Das war natürlich nicht der Grund, weswegen ich her gekommen war, aber ich wollte nicht sofort zu Kazuki… ich hatte es ja nicht eilig oder so…
 

Ich wühlte mich durch die Massen an Jacken, doch so schnell würde ich meine dort wohl nicht finden. Naja, war ja auch nicht so wichtig. Ich beschloss, meinen Weg in Richtung Wohnzimmer fortzusetzen und ignorierte dabei alle, die um mich herum standen. Ob ich meine soziale Ader wohl jemals entdecken würde?
 

Am Türrahmen angekommen, blieb ich stehen und sah mich nun doch etwas erstaunt um.

Hatte er nicht etwas von einer Feier im kleinen Kreis erwähnt? Mir war klar, schon seit ich das Haus betreten hatte, dass er anscheinend doch mehr Leute eingeladen hatte, aber das hier? Die halbe Schule schien versammelt zu sein…

Das brachte jedoch auch den Vorteil mit sich, dass ich unter der Masse an Personen wahrscheinlich umso weniger auffallen würde und das beruhigte mich.
 

Das Geschenk hatte ich derweil aus der Tüte genommen und ich ließ meine Augen suchend durch den Raum schweifen. Schnell hatten sie einen gewissen Rothaarigen erspäht und ins Visier genommen.
 

Er saß auf dem Boden, umringt von mindestens sechs Leuten, mit denen er sich freudig unterhielt. Als hätte er meine Anwesenheit jedoch gespürt, huschte sein Blick kurz in meine Richtung und als er mich erkannte, verharrte er einen Moment ruhig.

Ich sah, dass er seinen Freunden etwas sagte und schließlich kam er auf mich zu.

Sein Gesichtsausdruck war undefinierbar und das mulmige Gefühl, welches ich sowieso schon hatte, verstärkte sich noch. Vor mir blieb er stehen und seine ganze Haltung spiegelte Abweisung wieder. Er war wohl doch ziemlich sauer und verletzt, auch wenn ich mir einbildete, in seinen Augen wenigstens ein bisschen Reue zu sehen.

Die Art, wie er mich ansah, machte es mir nicht gerade leicht, etwas zu sagen. Ich spürte, wie mich der Mut verließ und noch ehe überhaupt eine Reaktion von ihm kommen konnte, drückte ich ihm sein Geschenk entgegen.
 

„Alles Gute zum Geburtstag.“, meinte ich zögernd und auch unerwartet leise. Er hatte mich wohl trotz der lauten Musik verstanden.
 

„Danke…“, erwiderte er nur knapp, während er das Geschenk entgegen nahm.
 

Dieser kühle, abweisende Ton in seiner Stimme erschreckte mich ein wenig. So hatte ich ihn wirklich noch nie erlebt.

War es bereits zu spät für eine Entschuldigung? Würde das überhaupt etwas nützen?

Auch wenn ich mich für mein Verhalten entschuldigen würde, so wäre das eigentlich Problem immer noch nicht aus der Welt geschafft. Nein, das hier war der falsche Moment, um wieder in Grübeleien und Unsicherheiten zu versinken.
 

„Hör mal, ich…-“, doch schon wurde ich unterbrochen. Hatte ja wirklich super geklappt…
 

„Hey Kazuki, könntest du mal kurz helfen?“, kam es von irgendwo her.
 

Ich zögerte erneut und die ausbleibende Reaktion meinerseits war für Kazuki wohl Anlass genug, sich umzudrehen.
 

„Ich komme.“, rief er, ehe er mir noch einen letzten Blick zu warf und anschließend in der Küche verschwand, um seinen Kameraden zu helfen.
 

Das war ja wirklich super gelaufen… Die erste Chance hatte ich also gleich verpatzt.

Ihm jetzt nach zu laufen war sicher auch keine gute Idee und das hier war immer hin eine Party. Hier war bestimmt nicht der richtige Ort, um so ein wichtiges Gespräch zu klären und… ach wem machte ich eigentlich etwas vor? Mich hatte gerade der Mut verlassen und nun suchte ich nach Gründen, nicht mit ihm reden zu müssen. Ich war echt ein verdammter Feigling.
 

Wenn ich sowieso nicht mehr vorhatte, mit ihm zu sprechen konnte ich auch gleich gehen, oder nicht? Ja, das sollte ich tun… doch meine Beine taten nicht das, was sie sollten.

Nun ja, wenn ich schon mal hier war… konnte ich doch auch die Gelegenheit nutzen, Kazuki etwas eingehender zu betrachten und mich an seinem Anblick zu erfreuen. Das war wirklich erbärmlich… aber genau das wollte ich tun.
 

Ich beschloss erst einmal, mir einen freien Platz zu suchen, doch mir war schnell klar, dass ich hier keinen finden würde. Ich lehnte mich notgedrungen gegen einen der Wohnzimmerschränke.

Von hier aus hatte ich einen guten Überblick über das Geschehen und befand mich nicht unbedingt im Zentrum der Gäste.
 

Eine Weile betrachtete ich die einzelnen Leute, besah mir ihre Kleidung und ihr Aussehen, doch wirklich interessieren tat es mich nicht. Es dauerte kaum zehn Minuten, da langweilte ich mich schon. Und die Musik trug auch nicht gerade dazu bei meine Stimmung zu heben. Die ganze Zeit lief nur irgendwelcher Techno und das ständige Bumm Bumm Bumm zerrte irgendwie an meinen Nerven.

Dieser Krach würde ganz sicher niemals zu meiner Lieblingsmusik gehören und wenn ich dann noch sah, wie die Typen darauf tanzten, konnte ich innerlich nur noch den Kopf schütteln. Die machten sich doch total zum Affen!

Ich wandte meinen Blick von dieser sich seltsam bewegenden Menge ab und sah erneut durch den Raum. Kazuki war mal wieder nirgends zu entdecken, das war echt ärgerlich. Ständig wechselte er zwischen Küche, Wohnzimmer und Esszimmer hin und her und schien von seiner eigenen Party selbst nicht viel zu haben.

Ah, gerade hatte er das Wohnzimmer betreten und gesellte sich zu einer kleinen Gruppe von Personen. Endlich schien er mal einen Moment Ruhe zu haben und ich die Möglichkeit ihn eingehender zu betrachten.

Der Rothaarige sah heute besonders gut aus!
 

Er hatte sich die Haare gestylt, so dass sie leicht struppelig aussahen und doch irgendwie verwegen. Seine blauen Augen kamen dadurch sehr gut zur Geltung. Er trug ein schwarzes Hemd, welches im Licht einen leicht bläulichen Schimmer hatte und die ersten drei Köpfe waren geöffnet. So hatte ich einen schönen Ausblick auf seinen gut gebauten Oberkörper. Dazu trug er passend eine dunkelblaue, für meinen Geschmack, sehr eng anliegende Jeans, die bestimmte Körperteile besonders betonte. Bei dem Gedanken, was sich darunter verbarg, erschauderte ich leicht.
 

Leider konnte ich mich nicht lange an diesem Anblick erfreuen, da mir plötzlich etwas oder besser gesagt jemand die Sicht versperrte.
 

Vor mir stand ein Mädchen, ungefähr in meinem Alter, kurze Haare, frecher Gesichtsausdruck, knappes Top und enge Jeans. Sie grinste mich keck an und ich zog eine Augenbraue nach oben.
 

„Hey wie wärs? Lust zu tanzen?“
 

„Nein, danke.“

Da würde ich noch eher ein Jahr lang in einem Kürbis Kostüm Flyer verteilen, als auf diese „Musik“ zu tanzen…

Sie schien von dem abweisenden Ton meiner Stimme nur wenig beeindruckt.
 

„Ach komm schon! Du stehst hier die ganze Zeit schon so alleine rum, das ist doch langweilig.“
 

„Ich habe keine Lust!“, kam es nun etwas eindringlicher von mir, doch sie wollte sich einfach nicht davon abbringen lassen.

Sie schnappte sich meinen Ärmel und wollte mich gerade mit sich ziehen, da entriss ich ihr meinen Arm wieder und blickte sie kühl an. Ehe ich jedoch etwas erwidern konnte, kam mir jemand anderes dazwischen.
 

„Was ist denn hier los? Belästigt dich diese Dame etwa Takeshi?“
 

Dieser spöttische Ton kam mir sehr bekannt vor und am liebsten hätte ich mich gerade in Luft aufgelöst. Wie hieß es doch so schön? Ein Übel kommt selten allein…
 

„Sehr witzig Toru.“, gab ich nur bissig von mir und bedachte den anderen mit einem genervten Blick.
 

Das Mädchen sah verwirrt zwischen mir und dem Blauhaarigen hin und her, ergriff aber schließlich wieder das Wort.
 

„Toru zisch ab, du störst. Der süße Typ da und ich wollten gerade zur Tanzfläche verschwinden.“
 

„Vergiss es, du spielst nicht in seiner Liga.“, antwortete Toru darauf nur mit einem bösen Lächeln und ich hätte ihn sehr gerne erwürgt.
 

„Ach ja? Das ist ja wohl immer noch seine Entscheidung. Nicht wahr Takeshi? Kommst du jetzt?“
 

Die wollte das wohl wirklich nicht kapieren! Anscheinend musste ich noch deutlicher werden.
 

„Zum letzten Mal, ich hab keine Lust, such dir einen anderen Tanzpartner!“
 

Nun verzog sie beleidigt das Gesicht und da sie wohl begriff, dass sie bei mir auf Granit beißen würde, drehte sie sich postwendend um und ging davon. Erleichtert atmete ich auf. Ein Übel abgewendet, bleibt nur noch das andere.

Und genau dieses Übel begann gerade erneut zu sprechen.
 

„Ganz schön aufdringlich diese Weiber, die kapieren einfach nicht, wenn sie ne Abfuhr bekommen.“
 

„Ach und du bist da anders?“, fragte ich den Blauhaarigen skeptisch, worauf hin dieser lachen musste.
 

„Natürlich!“
 

„Wer’s glaubt wird seelig…“
 

„Glaubst du mir etwa nicht? Dabei gibt es nirgends eine ehrlichere Haut, als mich!“
 

Sein Sarkasmus war unüberhörbar und fast wäre mir ein Grinsen entwicht, aber ich schaffte es gerade noch, es zu verbergen. Ich war von mir selbst schockiert. Fand ich das etwa lustig? Vielleicht… außerdem hatte er mir ja in gewisser Weise eben geholfen, da sollte ich heute ausnahmsweise nicht ganz so abweisend sein, wie sonst.
 

„Darüber lässt sich streiten.“, war meine einzige Antwort dazu und auf Torus Gesicht war wieder ein breites Grinsen zu sehen.
 

„Ich merk schon, ich kann dich wohl nicht so leicht überzeugen! Sag mal, hast du vielleicht durst? Die Cocktails sind echt lecker.“
 

„Ja ein wenig.“
 

Warum auch nicht? Ich musste es ja nicht gleich so übertreiben, wie an Halloween. Und bei der stickigen Luft hier drin, war etwas zu trinken gerade wirklich nicht schlecht.
 

„Ok, ich hol uns was, warte hier.“
 

Darauf hin verschwand der Blauhaarige in die Küche und ich sah ihm nach. Toru nahm zwar kein Blatt vor den Mund und war ziemlich frech, aber eigentlich war er doch kein schlechter Kerl.

Er hatte nur einfach die Angewohnheit, zum falschen Zeitpunkt, die falschen Dinge zu sagen. Nun ja… das war bei mir auch nicht sehr viel anders, besonders in Bezug auf Kazuki.

Eben erwähnter blickte mich gerade sehr merkwürdig an und als ich seinen Blick erwiderte, sah er weg. Was hatte er denn?
 

Toru kam wenig später aus der Küche und hatte zwei gefüllte Gläser in der Hand.
 

„Sollen wir vielleicht nach oben gehen? Hier ist es doch ziemlich laut und auch ziemlich eng.“
 

„Ja gute Idee, diese Musik hier geht mir sowieso auf die Nerven…“
 

„Bist wohl kein Fan von Techno, oder?“, neckte Toru mich.
 

„Nein, eindeutig nicht.“
 

Er lachte, steuerte den Weg zur Treppe an und lotste uns in Kazukis Zimmer.

Ein Wunder, dass er bei diesem Gedrängel nicht die Getränke verschüttet oder ihn jemand angerempelt hatte. Zum Glück waren in Kazukis Zimmer nicht ganz so viele Leute und es ging etwas ruhiger zu. Da auf dem Bett noch Platz war, ließen wir uns darauf nieder und Toru drückte mir ein Glas in die Hand.
 

„Ist doch viel besser hier, oder nicht? Man muss nicht so schreien und die Luft ist besser.“
 

„Ja, du hast recht.“
 

„Na dann, Prost!“
 

Er hielt mir sein Glas entgegen und ich stieß mit ihm an. Als ich gerade zu trinken ansetzten wollte, stoppte er mich.
 

„Nein, so geht das nicht. Du musst mir dabei in die Augen sehen, sonst bringt das Unglück!“
 

„Wer denkt sich nur so was Unsinniges aus?“
 

„Was fragst du mich das? Na los, noch mal. Prost!“
 

Ich tat ihm den Gefallen und stieß erneut mit ihm an, schaute ihm diesmal aber beim Trinken in die Augen. Der Cocktail hatte einen leichten Geschmack nach Kirschen und lief angenehm meine trockene Kehle hinab.
 

„Zufrieden?“
 

„Ja!“
 

Eine Weile schwiegen wir, als Toru erneut die Stille brach.
 

„Du sag mal, ich hab gehört, zwischen dir und Kazuki ist es am Mittwoch ja heiß hergegangen.“
 

Im Zimmer wurde es augenblicklich still und ich sah mein Gegenüber sprachlos an. War der jetzt völlig durchgeknallt? Das war doch mit voller Absicht so zweideutig ausgedrückt worden und dann hatte er auch noch extra laut gesprochen. Ich schielte kurz in den Raum und bemerkte, dass alle mich anstarrten.
 

„Toru!“
 

Ich nahm alles zurück, er war doch kein netter Kerl.
 

„Was denn? Ich rede von eurem Streit, was hast du denn gedacht?“, meinte er darauf hin ganz unschuldig und ich sah ihn mit einem vernichtenden Blick an.
 

Die anderen bemerkten, dass das Thema wohl doch nicht so interessant war und nahmen ihre Gespräche wieder auf. Ich senkte meine Stimme, ehe ich Toru erneut ansprach.
 

„Da du ja bereits alles über den Streit zu wissen scheinst, brauchen wir auch nicht weiter darüber zu reden und ehrlich gesagt möchte ich das Thema Kazuki heute Abend vermeiden, wenn es geht.“
 

Er sah mich überrascht an.
 

„So viel hast du ja noch nie mit mir geredet, irgendwie freut mich das.“
 

Auf sein Grinsen hin verdrehte ich genervt die Augen.
 

„Du bringst mich auf die Palme, wie soll ich da die ganze Zeit schweigen?“
 

„Was kann ich dafür, wenn du auf alles, was ich sage so leicht anspringst? Du könntest mal versuchen, nicht immer alles so ernst zu nehmen, ich bin eigentlich ein ganz netter Kerl.“
 

„Definiere nett…“
 

Der Blauhaarige fing wieder an zu lachen und prostete mir erneut zu.
 

„Du bist ganz schön schlagfertig. Ich versteh einfach nicht, warum du immer so schweigsam bist, es macht doch echt Spaß sich mit dir zu unterhalten.“
 

Das unerwartete Kompliment ließ mich leicht erröten und ich sah verlegen weg.
 

„Naja… wenn man seit seiner Kindheit die meiste Zeit alleine war, ist man eben nicht so kontaktfreudig…“
 

„Ach ja? Gerade wenn man alleine ist, sucht man doch nach Gesellschaft, oder nicht?“
 

„Nicht, wenn einem eingetrichtert wurde, man sei wertlos und andere wären ohne einen besser dran. Aber das verstehst du sicher nicht…“
 

Wann hatte unser Gespräch denn diese Wendung angenommen? Und wie kam es, dass ich so einfach darüber reden konnte? Bisher hatte ich nicht einmal Kazuki etwas über meine Vergangenheit erzählt.
 

„Oh glaube mir, ich versteh das besser, als du denkst.“
 

Sein wissender und gleichzeitig verständnisvoller Blick verwirrte mich sehr und kein Wort kam mir über die Lippen. Toru schien das zu bemerken und nahm mir mein bereits leeres Glas aus der Hand.
 

„Ich hol uns noch etwas, warte hier.“
 

Er verschwand aus dem Zimmer und ich ließ mich rücklings auf die Matratze fallen. Puh, das hatte ich nicht erwartet. Ob er meine Beweggründe wirklich verstehen konnte?

War ihm vielleicht ähnliches passiert? Am Liebsten hätte ich ihn gefragt, doch es war einfach nicht meine Art, ein Thema so direkt anzusprechen. Ich schloss die Augen und blendete die Geräusche und Gespräche um mich herum aus. Einfach einen kurzen Moment abschalten, das brauchte ich jetzt.
 

Irgendwann spürte ich plötzlich eine zarte Berührung an meiner Wange und öffnete die Augen. Toru hatte sie unbemerkt neben mich gesetzt und sah mich freundlich an. War ich eingeschlafen? Ich hatte nicht mal eine Bewegung gespürt, als er sich hingesetzt hatte.
 

„Und ich dachte schon, mein Dornröschen wäre eingeschlafen. Dein Prinz wollte gerade zum Kuss ansetzen, um dich aus dem Land der Träume zu holen.“
 

Ein verheißungsvolles Lächeln lag auf seinen Lippen.
 

„Wusstest du auch, dass Dornröschen, wenn es nicht von seinem wahren Prinzen geküsst wird, ziemlich hart zuschlagen kann?“, war meine nüchterne Erwiderung, was den Blauhaarigen erneut dazu veranlasste los zu lachen. Anscheinend war ich heute Abend sehr witzig.
 

„Autsch.“
 

„Ja, autsch.“
 

Ich wusste nicht wieso, aber ich erwiderte sein Lachen für einen kurzen Augenblick. Vielleicht lag es an der Art, wie er schmerzvoll sein Gesicht verzog, als er sich meinen Schlag vorstellte.
 

„Hey das steht dir gut!“
 

„Erwähne es nicht, sonst hast du es zum letzten Mal gesehen.“
 

„Heißt das, du hast vor, es mich öfters sehen zu lassen? Ich fühle mich geehrt.“
 

„Ach… halt die Klappe.“
 

Toru grinste mich an, bückte sich dann kurz, um die Getränke zu nehmen, die er vorsorglich auf dem Boden abgestellt hatte und drückte mir mein Glas wieder in die Hand.
 

„Darauf trinken wir!“
 

„Willst du mich abfüllen?“, fragte ich ihn mit skeptischer Miene, doch er lächelte nur geheimnisvoll.
 

„Wer weiß?“
 

Ich erwiderte nichts darauf und nippte an meinem Getränk. Was soll’s… Warum sollte ich nicht einfach abschalten? Soviel zu Nicht so übertreiben, wie an Halloween…
 

Die Zeit verging und mittlerweile hatte ich auch mein drittes Glas geleert. Mir wurde immer wärmer und ich fühlte mich leicht schwummerig. Höchste Zeit einen Gang zurück zu schalten.
 

„Toru, ich denke, ich werde etwas frische Luft schnappen.“
 

„Super Idee, ich komme mit.“
 

Wir durchquerten das Zimmer, in dem sich außer uns nur noch zwei Leute befanden und betraten den Balkon.

Die kühle Nachtluft war wirklich angenehm und ich atmete ein paar Mal tief ein. Toru lehnte sich gegen das Geländer und starrte schweigend in den Himmel.

Den ganzen Abend hatte ich ihn schon etwas fragen wollen, vielleicht sollte ich es jetzt tun? Das würde mich einiges an Überwindung kosten…
 

„Du Toru?“
 

„Hm…?“
 

„Bist du…, na ja also ich meine, bist du…“
 

Argh, ich bekam die Worte einfach nicht raus. So schwer war das doch nicht…
 

„Schwul?“
 

Ich sah ihn leicht erschrocken an, ich hatte nämlich nicht erwartet, dass er es direkt auf den Punkt bringen würde.
 

„Also…ja.“
 

„Ja bin ich, wieso? Ich dachte eigentlich, du wüsstest das bereits.“
 

Er sah mich fragend an und ich zögerte mit meiner Antwort.
 

„Naja, ganz sicher war ich nicht. Bei dir weiß ich nie genau, was spaß ist, oder was du ernst meinst.“
 

„Glaub mir, ich bin hundert prozentig schwul.“
 

Sein Grinsen ließ mich keine Sekunde an seiner Aussage zweifeln.
 

„Seit wann? Also ich meine, wann wusstest du so genau, dass du auf dasselbe Geschlecht stehst?“
 

Mein Interesse überraschte ihn, denn er warf mir einen verwunderten Blick zu. Schließlich drehte er sich um und lehnte nun mit dem Rücken am Geländer.
 

„Seit wann weiß ich es… ich glaube ich wurde mir dessen zum ersten Mal bewusst, als ich dreizehn war.“
 

„Im ernst?“, fragte ich ihn ungläubig.
 

„Ja. Damals habe ich für einen meiner Lehrer sehr geschwärmt, habe oft von ihm geträumt, was auch nicht immer ganz jugendfrei war. Später dann stellte ich fest, dass ich mich vom gleichen Geschlecht angezogen fühlte und war mir daher relativ früh sicher, dass ich schwul war.“
 

„Hast du es denn nie mit Mädchen probiert?“
 

„Wozu denn? An Mädchen ist doch nichts anziehendes, warum hätte ich also meine Zeit damit vergeuden sollen, mir etwas einzureden, was nicht da ist.“
 

„Aber wie konntest du das so einfach akzeptieren und ausleben? Hast du nie daran gedacht, wie andere darüber denken könnten?“
 

Toru sah mich auf diese Aussage hin etwas betrübt an.
 

„Erinnerst du dich, als ich dir vorhin sagte, ich könnte verstehen, was es mit dem allein sein auf sich hat und was es bedeutet als wertlos angesehen zu werden?

Als ich vor zwei Jahren meinen Eltern von meinen Neigungen erzählte, hatten sie kein Verständnis dafür. Aber das ist auch kein Wunder, sie sind nämlich sehr katholisch erzogen. Jedenfalls meinten sie, ich wäre psychisch krank und wollten mich in eine Klinik stecken. Ich habe mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt und schließlich ließen sie es bleiben.

Aber ab diesem Zeitpunkt haben sie nicht mehr mit mir geredet und mich behandelt, als würde ich nicht zu ihrer Familie gehören. Wann immer ich ihnen über den Weg lief, haben sie mich angesehen, als wäre ich etwas Abscheuliches. Vor einem Jahr hatte ich es dann nicht mehr ausgehalten und bin von daheim ausgezogen. Genau wie du habe ich mir eine kleine Wohnung gemietet und gehe neben der Schule arbeiten. Am Anfang fiel es mir sehr schwer, aber mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt. Anders als du, habe ich jedoch nach jeder Art von Gesellschaft gesucht. Ich wollte einfach nicht alleine sein, aber ich war auch von Natur aus immer schon ein kontaktfreudiger Mensch.“
 

„Wow das… hätte ich echt nicht erwartet.“
 

„Jeder Mensch hat seine Päckchen zu tragen, ich bin da keine Ausnahme.“
 

„Ja… scheint so.“
 

Wer hätte gedacht, dass sich solch eine Geschichte hinter dem immer Grinsenden Gesicht verbirgt? Wir waren uns doch ähnlicher, als ich gedacht hatte und dennoch hatte er sich völlig anders entwickelt als ich.
 

„Und was ist mit dir?“, fragte er mich überraschend.
 

„Was meinst du?“
 

Ich sah ihn fragend an.
 

„Wann hast du es gemerkt?“
 

Ich errötete leicht und sah zur Seite. War ja klar, dass diese Frage kommen musste. Doch zu lügen wäre jetzt völlig idiotisch, immerhin hatte er von Anfang an etwas vermutet und meine Neugier in Bezug auf seine Sexualität sprach Bände.
 

„Als… als ich Kazuki kennen gelernt habe.“
 

„Wusst ich’s doch!“
 

„Aber sicher bin ich mir noch nicht. Vielleicht ist Kazuki ja auch nur die Ausnahme, das muss nicht gleich heißen, dass ich schwul bin…“
 

„Denkst du wirklich? Vielleicht brauchst du einfach nur einen Vergleich, um das heraus zu finden.“
 

„Einen Vergleich? Wie meinst du das?“
 

„Naja…“ Er kam auf mich zu. „Ich könnte dich küssen, dann hättest du die Möglichkeit heraus zu finden, ob Kazuki wirklich nur eine Ausnahme ist.“
 

Er blieb vor mir stehen und stützte sich mit beiden Händen an der hinter mir liegenden Wand ab.
 

„Ist das ein Scherz?“
 

Ich sah ihn etwas unsicher, aber gleichzeitig auch abwartend an. Meinte er das etwa ernst?
 

„Nein, kein Scherz.“, flüsterte er auf einmal und seine Stimme hatte einen dunklen, rauen Ton angenommen.
 

Das plötzliche Umschlagen seiner Stimme löste ein merkwürdiges Gefühl in mir aus und mein Atem ging schneller.

Seine Augen blickten tief in meine und ein Schimmern war darin zu erkennen. Er näherte sich langsam meinem Gesicht, ohne den Blickkontakt zu lösen. Mein Verstand weigerte sich, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen und als seine Lippen meine berührten, ließ ich es einfach geschehen. Sanft bewegte er sie und ich erwiderte den Kuss zögerlich.

Ein unglaubliches Gefühl breitete sich in mir aus und ließ mich erschaudern. Toru schien es zu bemerken und vertiefte den Kuss sogleich.

Sanft strich er mit seiner Zunge über meine Lippen und ich gewährte ihm Einlass.

Ohne zu zögern schien er alles zu erkunden und stupste meine Zunge leicht an, animierte sie dazu, mitzumachen. Ich hatte keine Erfahrung damit und tat schließlich einfach das, was er auch tat. Unsere Zungen spielten mit einander und ich konnte spüren, wie eine Welle der Erregung meinen Körper durchlief. Er drückte seinen Körper gegen meinen und mich damit gegen die Wand, während eine seiner Hände meinen Nacken graulte.

Diente dieser Kuss wirklich nur dazu, mir Gewissheit zu verschaffen? Mittlerweile wurde ich das Gefühl nicht los, dass dieser Kuss für ihn nicht ganz uneigennützig war.

Dennoch konnte ich nicht leugnen, dass mir der Kuss gefiel. Da war kein Ekel oder sonst irgendein negatives Gefühl. Also schien ich doch schwul zu sein. Irgendwie hatte ich tief in mir drinnen immer gehofft, dass meine Gefühle für Kazuki vielleicht doch nur eine Ausnahme waren… aber dieser Kuss hier zeigte mir sehr deutlich das Gegenteil. Das Gefühl war wirklich schön, nahezu atemberaubend. Toru wusste echt, was er da tat. Dennoch war er nicht der Richtige. Kazuki war derjenige, der mich küssen sollte, denn er war es, den ich liebte.

Als Toru den Kuss löste, sahen wir uns atemlos an und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen.
 

„Na, bist du jetzt sicher?“
 

„Ja.“
 

Ich erwiderte sein Lächeln und sah ihn dankbar an, doch im selben Moment fror dieses auf meinen Gesichtszügen ein. Ich nahm aus dem Augenwinkel eine Gestalt war und erschrocken ging mein Blick zur Seite. Toru schien meinem Blick zu folgen. Sofort versteifte sich seine ganze Körperhaltung und seine Stimme zitterte leicht, als er sprach.
 

„Kazuki…“
 

Der Rothaarige stand kaum zwei Meter von uns entfernt, die Hände zu Fäusten geballt und sein Blick tödlich auf uns gerichtet. Es war klar, wie diese Situation für ihn ausgesehen haben musste. Ich schluckte hart und es fiel mir schwer zu sprechen.
 

„Kazuki, das war nicht…“
 

Ja, was war es nicht? Zu sagen, es war nicht das, wonach es ausgesehen hat, wäre gelogen, denn ein Kuss war es schon gewesen. Wie sollte ich ihm das nur erklären? Toru schien zu merken, dass ich nicht weiter wusste und kam mir zu Hilfe.
 

„Ich habe ihn einfach geküsst, er kann nichts dafür. Wir haben beide ziemlich viel getrunken und ich war wohl nicht bei klarem Verstand.“
 

Kazukis Faust zitterte verdächtig bei Torus Aussage. Er würde seinen besten Freund doch nicht etwa schlagen wollen? Das konnte ich nicht zulassen, immerhin trug Toru keine Schuld.
 

„Nein das stimmt nicht, Toru. Dazu gehören immer noch zwei und ich habe den Kuss schließlich zugelassen und… erwidert.“
 

Der Blauhaarige sah mich schockiert an. Mir war klar, dass das sicher nicht die beste Idee war, um Kazuki zu beruhigen, aber ich wollte ein einziges Mal nicht wie ein Feigling reagieren. Ich musste dem Rothaarigen nur irgendwie erklären, was es mit diesem Kuss auf sich hatte, ohne dass er es missverstand.

Dieser sah uns weiterhin schweigend an und in seinen Augen konnte ich deutlich sehen, dass er verletzt war. Noch bevor ich jedoch zu einer Erklärung ansetzen konnte, begann er zu sprechen und sein bitterer Ton versetzte mir einen Stich ins Herz.
 

„So ist das also… ich bin doch echt ein Idiot…“
 

„Nein, so ist das nicht, hör mal-“
 

„Deswegen hast du immer so abweisend reagiert, wenn ich mich dir nähern wollte.“
 

„Was? Nein, das war, weil-“
 

„Und ich dachte, der Grund dafür wäre, dass du mit deinen Gefühlen nicht umgehen kannst und noch etwas Zeit brauchst.“
 

„Ja, das-“
 

„Ich bin wirklich ein Idiot.“ Er zischte diese Worte nur noch und langsam wurde ich wütend. Er gab mir nicht mal die Chance irgendwas zu erklären.
 

Kazuki! Jetzt hör mir doch-“
 

„Wieso hast du mir nicht gleich gesagt, dass du Gefühle für Toru hast?“, kam es nun wütend von ihm und ich zuckte kurz zusammen.
 

Wie bitte?
 

War er nun von allen guten Geistern verlassen?
 

„Das ist doch Blödsinn!“
 

„Ach ist es das? Für mich sah es sehr eindeutig aus!“
 

„Du irrst dich! Der Kuss hatte eine ganz andere Bedeutung!“
 

Meine Stimme wurde lauter ebenso wie seine.
 

„Und welche Bedeutung hatte er dann? Kannst du das mal erklären?“
 

„Das versuch ich doch die ganze Zeit, wir haben uns nur geküsst, weil…“ ich wissen wollte, ob ich wirklich schwul war oder du nur eine Ausnahme warst… sollte ich ihm das so sagen? Unmöglich...

Mein Zögern schien er falsch aufzufassen.
 

„Da siehst du, du hast keine vernünftige Erklärung dafür.“
 

„Doch habe ich, ich weiß nur nicht, wie ich es am besten Erklären soll…“
 

„Vergiss es einfach, das Thema ist erledigt.“
 

„Was?“
 

„Werde mit Toru oder wem auch immer glücklich, wenn du das willst, für mich ist die Sache erledigt.“
 

„Ach, so einfach ist das also?“ Nun war ich wirklich wütend.
 

„Ja, so einfach ist das.“
 

Wir sahen uns wütend an.
 

„Na schön, wenn du das wirklich denkst, dann haben wir uns ja nichts mehr weiter zu sagen. Ich dachte wirklich, du würdest mich ein bisschen besser kennen.“
 

Meine Stimme klang verletzt, doch er schien es nicht zu bemerken.
 

„Das dachte ich auch.“
 

„Du hast recht Kazuki… du bist wirklich ein Idiot.“
 

Mit diesen Worten stürmte ich einfach an ihm vorbei, verließ den Balkon, das Zimmer und das Haus.
 

~.~.~.~
 

Dieser verdammte Idiot! Was sollte das? Er hatte das Thema also einfach abgehakt und ließ mich nicht einmal erklären, was vorgefallen war! Das regte mich wirklich auf. So wütend wie gerade in diesem Moment war ich bisher selten gewesen.

Mir war ja klar, dass er eifersüchtig war, aber deshalb musste er sich noch lange nicht so aufführen. Wäre ich noch eine Sekunde länger dort geblieben, hätte ich wahrscheinlich etwas gesagt, was ich später bereut hätte.
 

Ich lief zügig weiter, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben und immer einen Fuß vor den nächsten setzend. Irgendwann bemerkte ich, dass Kazuki mir in einigem Abstand folgte.

Ich ignorierte ihn jedoch geflissentlich, genauso wie die kalte Luft, die mir bei jedem weiteren Schritt in den Lungen brannte. Schließlich legte Kazuki einen Spurt ein und hatte mich relativ schnell eingeholt.
 

„Takeshi warte!“
 

Ich überhörte es einfach und ging ungehindert weiter. Ich wollte jetzt nicht mit ihm reden, dafür war meine Wut noch zu groß. Wir befanden uns mittlerweile auf der Brücke zum Park, über die wir gerade letztens erst spaziert waren. Das rief Erinnerungen wach.
 

„Warte!“
 

Plötzlich spürte ich einen Griff um mein Handgelenk und wurde herum gewirbelt.
 

Bleib endlich stehen!
 

Nun standen wir uns gegenüber, unser Atem war durch die Rennerei beschleunigt und kleine Wölkchen stiegen in den Himmel auf. Es war so kalt… sicher würde es bald wieder schneien.
 

„Lass los.“, meinte ich bissig, doch der Rothaarige ignorierte es.
 

„Erklär mir, warum ihr euch geküsst habt?“
 

„Ach, auf einmal willst du das wissen? Ich dachte, wir wären uns einig darüber, dass ich Gefühle für Toru habe und mit ihm glücklich werden soll! Waren das nicht deine Worte?“
 

Ich entriss ihm mein Handgelenk und Kazuki schaute mich etwas erschrocken an, da er mich wohl noch nie so sauer erlebt hatte. Ich mich selbst übrigens auch nicht…
 

„Das war doch gar nicht so gemeint, ich dachte nur-“
 

Was?“ Ich unterbrach ihn einfach, meine Wut war nun deutlich zu hören.
 

„Naja, die Situation sah so eindeutig aus und als du dann zu ihm sagtest, du wärst dir sicher, da dachte ich du meinst deine Gefühle für ihn.“
 

„Und anstatt eine Erklärung von mir abzuwarten, machst du mir aus lauter Eifersucht einfach irgendwelche Unterstellungen, wirklich super!“
 

Nun wurde auch Kazuki wieder wütend.
 

Verdammt! Ich weiß auch, dass mein Verhalten eben falsch war, aber ich konnte einfach nicht anders! Was soll ich denn denken, wenn du mich nach unserem Kuss am Mittwoch so dermaßen abweist und ich dich dann heute küssend mit Toru auf dem Balkon wieder finde!“
 

„Kazuki-“
 

„Ich weiß einfach nicht mehr, was ich denken soll. Ich verstehe dich einfach nicht Takeshi. Du weißt, was ich für dich empfinde, das muss ich wohl kaum mehr aussprechen und ich war mir sicher, dass du dasselbe empfindest! Doch du weist mich immer wieder ab… wieso machst du es uns so schwer? Wovor hast du Angst?“
 

Ich schluckte. Meine Wut war mit einem Mal verflogen.
 

„Oder empfindest du doch nicht das Gleiche für mich? Hab ich mich geirrt?“
 

„Ich-“
 

Wieso fiel es mir so schwer, es auszusprechen. Jetzt war die Chance, warum nur verließ kein Wort meine Lippen?

Kazuki sah mich an und als ich nichts erwiderte, konnte ich deutlich sehen, wie enttäuscht und verletzt er war.

Plötzlich ging ein Ruck durch den Körper des Rothaarigen und er drängte mich gegen das Geländer der Brücke. Ich keuchte erschrocken auf und sah ihn verständnislos an.
 

„Es tut mir Leid…“
 

Ohne zu zögern presste er seine Lippen gegen meine und überrumpelte mich damit völlig. Mein Gesicht hatte er in beide Hände genommen, intensivierte den Kuss sofort, während er mich mit seinem Körper noch enger an das Geländer drückte. Meine Hände krallten sich in den Stoff seiner Jacke und ich wollte ihn wegdrücken, aber mir fehlte die Kraft dafür. Das hier war falsch, so sollte es nicht sein. Dieser Kuss war nicht erfüllt von Liebe, sondern nur von Verzweiflung.
 

Kazuki löste kurz darauf unerwartet den Kuss und sah mich traurig an.
 

„Takeshi… diese ganze Situation ist unerträglich für mich. Ich erkenne mich selbst kaum wieder. Jedes Mal, wenn ich dich ansehe, scheinen meine Gefühle für dich stärker zu werden und ich kann mich immer weniger kontrollieren. Es wäre wohl besser, wir würden etwas Abstand zueinander halten.“
 

„Was? Aber…“
 

„Nein Takeshi, glaub mir, das ist wirklich besser so.“
 

Er ließ mich los, entfernte sich einen Schritt von mir und kehrte mir den Rücken zu.
 

„Ich werde jetzt gehen…“
 

Mein Herzschlag setzte für einen Moment aus und ein dicker Klos bildete sich in meinem Hals. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Er wollte Abstand von mir… wollte mich nicht mehr sehen…
 

„Es tut mir so Leid, Takeshi…“, flüsterte er noch, bevor er schließlich los ging, ohne sich noch einmal um zu drehen.
 

So durfte es nicht enden! Ich musste ihn aufhalten, ich musste irgendetwas sagen! Ich öffnete meine Lippen, wollte ihn rufen, doch kein Ton kam heraus. Nein, ich musste ihn stoppen, sonst war es zu spät… Ich…
 

Seine Silhouette vermischte sich immer mehr mit der Dunkelheit, bis sie schließlich gänzlich darin verschwunden war. Er war weg.

Langsam rutschte ich am Geländer nach unten und zog die Knie an meinen zitternden Körper.

Ich hatte ihn nicht aufgehalten… wieso nur? Warum hatte kein Wort meinen Mund verlassen? Ich hatte alles zerstört, noch bevor es angefangen hatte.

Was war bloß mit mir los? Ich hätte ihm nur sagen müssen, was ich für ihn empfand… doch die Angst war zu groß gewesen… die Angst vor dem ungewissen, vor der Zukunft. Und jetzt war er weg, hatte mich zurückgelassen, einsam und mit gebrochenem Herzen…
 

Etwas nasses berührte meine Hand und ich bemerkte, dass es Tränen waren.

Ich wischte mir mit dem Ärmel über das Gesicht, doch die Tränen hörten einfach nicht auf, liefen haltlos weiter und ein leiser Schluchzer entfuhr meinen Lippen.

Unsere Freundschaft oder was auch immer wir hatten war vermutlich hinüber…

Was wenn ich ihn jetzt wirklich verloren hatte? Niemals hätte ich gedacht, dass es so schmerzen würde. Liebte ich ihn wirklich so sehr? Warum nur hatte ich dann nichts gesagt?

Doch jetzt war sowieso alles zu spät…

Mein Blick richtete sich in den Himmel, aus dem die ersten Schneeflocken herunter rieselten, während mir stumme Tränen über die Wangen liefen.
 

tbc.
 

~.~.~.~.~.~.~.~.~.~
 

Wir nähern uns langsam dem Ende! Obwohl ich mir noch nicht mal sicher bin,

wie es ausgehen wird. :)

Ich glaube, die Meisten haben meine FF vergessen, weil ich so lange mit den Kappis brauche. xD
 

Aber ich hoffe, dass die jenigen, die die Geschichte noch lesen, Spaß an dem Kapitel hatten.
 

Meinungen und Kritiken, Anregungen sind immer gerne gesehen! ;)
 

Lg Venu



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2011-02-27T00:51:47+00:00 27.02.2011 01:51
gott ich heul immer noch T___T
wie ich dir bereits per ENS geschrieben habe, ist deine ff einfach nur wundervoll....ich kann es kaum in Worte ausdrücken T_T
so viele Gefühle hat lange keine ff mehr in mir freigesetzt....du hast eine wundervolle Art zu schreiben und vor allem ist es toll wie du die Situationen, egal wie skurril sie sind so natürlich rüberbringst! und jede Szene ist so wundervoll beschrieben, mit einem Gefühl wie ich es kaum bei einer anderen ff gesehen habe T___T
man hat das gefühl direkt in einen Anime einzutauchen und nach einer gewissen zeit vergisst man sogar das man gerade liest, weil in einem drin die ganze ff wie ein film oder serie abläuft!
das ist so wunderschön dieses Gefühl T_T
an der umgebung merkt man auch dass du dir unheimlich Mühe gibst die geschichte realistisch darzustellen!
und es wird nie langweilig^^

ich habe gestern bis tief in die Nacht hinein gelesen und heute konnte ich es kaum abwarten endlich nach Hause zu kommen um weiter zu lesen^^
ach ja! ich würde mich furchtbar freuen, wenn du meine ENS beantworten kannst :3

ich freue mich wahnsinnig auf das nächste Kapitel und ich kenne mich zu gut...ich werde bestimmt jeden tag gucken ob es ein neues gibt *lach*
bitte bitte schreibe unbedingt weiter, aber lasse dir ruhig zeit und fühl dich nicht gehetzt :3
ich will ja das es ein gutes Kapi wird und dafür warte ich auch gerne^^
bis in alle Ewigkeit O,.O

Liebe Grüße!
Kuroi


Von:  Ani_chan
2011-02-16T08:00:01+00:00 16.02.2011 09:00
wow... Also du weißt ich liebe diese Fanfic und das Kapitel war mal wieder echt klasse.
Aber du sollst deine Charas doch nicht immer so leiden lassen. Ich hoffe es endet wenigstens gut.

Bitte beeil dich mit dem nächsten Kapitel.

hdl
Von:  yukiyo
2011-02-11T11:29:34+00:00 11.02.2011 12:29
OMG!!
Was hast du da bloß angestellt? Das ist ja das reinste Chaos! Und dann lässt du deine Leser mit so einem Ende sitzen, wie kannst du nur? Wie soll ich das Überleben?

Aber das Kappi war einfach klasse! Wie immer super geschrieben und super spannend. Absolut mitreisend und echt gut. Auch wenn ich mehrere male gedacht habe, "Das ist jetzt nicht wirklich passiert, das kann doch nicht wahr sein!"

Bin jetzt aber wirklich gespannt wie´s weitergeht^^
Mach weiter so!
LG deine Yuki-chan.
Von: abgemeldet
2011-02-10T15:18:06+00:00 10.02.2011 16:18
NEIN!!!! warum hält er ihn nicht auf????
och mensch. . . . T^T
naja. . .hoffe es geht bald weiter!

Hi-chaan
Von:  Tine_TeaParty
2011-02-09T00:10:04+00:00 09.02.2011 01:10
Das is so traurig ;_______;
Ich hab ja mit allem gerechnet... aber nicht mit so viel Drama ó.O
Das bringt nochmal richtig pepp rein ^^

<3
Von:  evejean
2011-02-08T23:57:45+00:00 09.02.2011 00:57
so ein trauriges ende, die zwei kommen einfach nicht zur ruhe. am schluß will man den kleinen einfach in die arme schließen und trösten.

lg eve


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