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OS-Sammlung Allerlei

von

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... aber du bist glücklich

... aber du bist glücklich
 


 

Morgenlicht bricht durch die geschlossenen Gardinen.
 

Malt abstrakte Formen auf den staubigen Boden, lässt die Flocken tanzen und
 

flimmern, reflektiert vom Licht.
 


 

Du lässt die Augen zu, atmest gleichmäßig, ruhig, still.
 


 

Deine Brust hebt und senkt sich... aber du bist glücklich.
 


 

Füße, die den kalten Boden berühren, sofort breitet sich eine angenehme Gänsehaut
 

auf deiner hellen Haut aus.
 


 

Zehen strecken sich der Kälte entgegen, die nebelgleich
 

über die Dielen kriecht und dich sanft umhüllt.
 


 


 

Dein Kopf summt... aber du bist glücklich.
 


 


 

Wasser perlt von deiner Haut, tropft in den Abfluss, durch Rohre in große Becken voller Wasser.
 

Neuanfang, Reinigung, Kreislauf, Wiederkehr.
 


 

Nebel legt sich auf deine Augen... aber du bist glücklich.
 


 

Stoff... trocken, kribbelnd und weich schmiegt sich um deinen Körper.
 

Rascheln, Schaben und leichtes Hauchen... viel Geräusch erzeugst du bei jeder Bewegung.
 


 

Du bist still... aber du bist glücklich.
 


 

Lippen öffnen sich, umschließen den metallen schimmernden Löffel, heißen die Energie willkommen,
 

die er bringt.
 


 

Dein Körper arbeitet... aber du bist glücklich.
 


 


 

Blut, heiß und rot pulsiert es durch vielfältige Wege.
 

Sammelt sich, entfernt sich voneinander, lebt das Leben weiter und bleibt doch alleine.
 

Das Gehirn, Zentrale der Vernunft, Elixier des Denkens, unabhängiger Pilot einer fleischlichen Hülle.
 

Die Lunge, Flügel des Transportes, Verteiler der Grundlage der Versorgung.
 

Augen, Ohren, Nase. Sehen, Hören, Riechen.
 

Das Herz.
 

Der Sitz einer Seele?
 

Der Bauch? Bauchgefühl.
 

Ich hab dich im Gefühl.
 


 


 

Die Leere zieht in deine Augen ein, nistet sich zwischen Herz und Seele ein.
 

Kälte wandert durch deine Glieder, Hitze sammelt sich im Bauch, eine trotzige Hitze,
 

ein letzer Funken im Grab der Kühle.
 

Kaltes Blut, erfrorenes Herz, verkümmerte Seele.
 

Du lebst... aber du bist glücklich.
 

Jeder versteht dich... aber du bist glücklich.
 

Freude... aber du bist glücklich.
 


 

Tränen, Schnitte auf weißer Haut, Blut getränkt in Kleidung, Kratzer, Brand- und Schürfwunden
 

im frohen Reigen auf deinem Körper.
 


 

Fremde Finger an deiner Hose, deinen Brüsten und Schenkeln.
 


 

Fremdheit in dir... aber du bist glücklich.
 

Fremdes Leben wächst und gedeiht.
 

Spross einer niemals existierenden Liebe der Gier und des verbotenen Verlangens.
 

Grausamer Wuchs, unheilig, sündig und verräterisch.
 

Fremdes Wesen in dir... aber du bist glücklich.
 


 


 

Atem vermischt sich mit Molekülen.
 


 

Ein Vogel fliegt vorbei.
 


 

Wind zerzaust dein Haar, zieht die guten Gedanken heraus und lässt sich in den Wolken
 

verschwinden.
 


 

Schmerz... aber du bist glücklich.
 

Taubheit... aber du bist glücklich.
 

Stille... aber du bist glücklich.
 


 

Tapsende Schritte in der Wand.
 

Jemand singt im Haus hinter dir.
 


 

Du schließt die Augen... aber du bist glücklich.
 

Ein Lächeln... aber du bist glücklich.
 


 

Regen auf deiner Haut, Rinnsäle ziehen ihre Spuren über dein Gesicht, sodass
 

die Tränen unkenntlich werden.
 


 

Ein Korn Sand in deinem Schuh.
 


 

Die blaue Rutsche deiner Kindheit.
 


 

Sanfte Küsse einer Frau, die dich austrug und gebar.
 

und verließ
 

Verschwunden hinter einer Wand aus Nebel.
 


 

Dein Arm hebt sich... aber du bist glücklich.
 


 

Metall blitzt im Mondlicht.
 


 

Der erste Schnitt.
 

Das erste Blut.
 

Das erste Feuer, welches deine Haut versengt.
 

Die Fremde in deinem Körper.
 

Schmerz.
 

Leid.
 


 

Kalt ist die Mündung an deiner Schläfe.
 


 


 

Gewissheit... aber du bist glücklich.
 


 


 

Ein sich krümmender Finger, ein kurzer Schuss zerreißt die Stille...
 


 

Erlösung... aber du bist glücklich.
 

Am Ende.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Schreiberliene
2010-07-31T23:41:45+00:00 01.08.2010 01:41
KFF

Wow. Also, das war ziemlich bedrückend. Zunächst ist man als Leser irritiert, weil das angehängte "Aber du bist glücklich" in dieser Form nicht überall zu passen scheint; dann entsteht durch die Wiederholung langsam aber sicher ein flaues Gefühl.

Das Ende ist als Wende richtig gut gesetzt; in der Art habe ich es nicht erwartet.

DIe Ungewissheit zieht sich im Grunde durch den ganzen Text; ist es nun eine Vergewaltigung im traditionellen Sinne oder wird der Akt nur sehr losgelöst betrachtet? Ist Selbstverletzung ein Thema? Alles schwankt, bis du am Ende den Anker setzt; das fand ich sehr gut gemacht.

Formal kann ich nicht alles nachvollziehen; viele Absätze erscheinen mir ungünstig, die fettgedruckten Buchstaben habe ich nicht verstanden. Bilden sie ein Wort, einen Ausdruck? Ich werde mir das gleich noch einmal anschauen, konnte gerade nichts erkennen.

Das ist, wenn ich das richtig sehe, die erste darstellung/schilderung einer Selbsttötung in diesem Forum, die mich wirklich betroffen gemacht hat, ohne dass ich die Darstellung unangenehm oder unangemessen fand.

Deine Wortwahl gefällt mir gut, der Aufbau auch, und diese Geschichte hat wirklich etwas in mir ausgelöst; insgesamt handwerklich sehr gut gemacht.

Alles Gute,

Anna


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