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Familienbande

Von Vätern, Söhnen und Töchtern
von

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Die Bestie namens Zorn

„Crys, pass auf!“ rief Anny panisch auf. Doch in dem Moment als die Kugel abfeuert wurde, verschwand der Schemen der Frau urplötzlich von der Bildfläche, nur um in der nächsten Sekunde ihre verdutzten Cousin von hinten auf die Hörner zu nehmen. Mit einem Zornesschrei schleuderte Crystal Smiley durch die Kneipe und setzte ihm mit federnden Sprünge sogleich nach. Wie von Sinnen begann sie auf ihn einzuschlagen und zutreten.

„Wag das nicht noch einmal zu sagen, du Ratte!“ brüllte sie dabei wahnsinnig vor Zorn.

„Meine Mutter war eine wunderbare Person, die dieser beschissene Drecksack gar nicht verdient hatte. Sie hat in ihre blinden Liebe ihr Leben für ihn gegeben. Und dieser undankbare Mistkerl erkennt bis zum heutigen Tag weder ihr Opfer noch mich an. Aber dem werd’ ich die Wahrheit schon in seinen dreimal verfluchten Dickschädel ’rein prügeln, und wenn’ s das letzte ist was ich tue!! Verstanden!!“

Erneut packte Crystal ihren Gegner am Hemdkragen und schleuderte ihn einmal quer durch den Raum. Das dieser sich immer noch wie unter einem Seebeben schüttelte, schien die Frau gar nicht zu registrieren. Die unfreiwilligen Zuschauer hatten allerdings ihre liebe Not den herumfliegenden Einrichtungsgegenständen auszuweichen. Gerade war eins der großen Regale mit lautem Getöse umgefallen.

„Die ist ja völlig von der Rolle!“

„So schlimm war es noch nie!“ verkündete Anny mit keuchender Stimme „Sie ist ja schon einige Male ausgetickt, aber noch nie so haltlos. Die prügelt ihn noch tot.“

„Kunststück, wenn man die Bestie provoziert! Die gibt nicht eher Ruhe, bis sie dem Kerl ihren Standpunkt ins Hirn gehämmert hat.“ meinte Ace düster und zog blitzschnell den Kopf ein, als einer der Stühle knapp über ihn hinweg sauste. //Und darin ist sie unverkennbar ganz ihr Vater!!//

Ace hatte in seinen drei Jahren zwar noch keinen vergleichbaren Wutanfall miterlebt, aber die älteren Mitglieder der Besatzung wussten Geschichten zu erzählen. Da vermied man es tunlichst White Beard vollends aus der Reserve zu locken. Einmal soll er in seiner Rage das komplette Mitteldeck zertrümmert haben.

Aber wie White Beard’ s Ausbrüche, flaute auch der seiner Tochter so schnell wieder ab wie er gekommen war. Wie eine Windsbraut, die einmal heftig das Schiff durchschüttelte und dann auf Nimmerwiedersehen verschwand.

Laut atmend blieb Crystal mit einem Mal stehen, mit der Linken immer noch den Kragen ihres Cousins umklammert, die Rechte zum Zuschlagen erhoben. Endlich schien die „Bestie“ vom Verstand wieder an die Leine genommen worden zu sein. Mit einem angewiderten Laut schleudert sie den Bewusstlosen ein letztes Mal wie einen Sack durch die Gegend. Dieses Mal durch die Tür ins Freie.

„Das ich immer darauf eingehe und mir an dem die Finger schmutzig mache!! Das werd’ ich wohl nie kapieren!!“ schnaubte die dunkelhäutige Frau grimmig. In einer schnellen Handbewegung riss sie sich das Kopftuch herunter und wischte sich daran die Hände ab. Ein unglaublich langer, schneeweißer Zopf, der etwas oberhalb ihrer Knöchel endete, entrollte sich. Wie der Schwanz einer Raubkatze pendelte er hin und her als Crystal auf die Theke zu ging. Die Blicke der anderen ignorierte sie komplett. Wortlos kramte sie die letzte intakte Schnapsflasche hervor und setzte sie hastig an. Erst nach dem dritten Schluck atmete sie laut durch.

„Beeindruckend! Bist wirklich ganz dein alter Herr!“

Eigentlich hatte Ace das Kompliment ernst gemeint. Als aber postwendend die Buddel auf seinen Kopf zuflog, war klar, dass Crys solche Vergleiche überhaupt nicht leiden konnte.

„Behaupte das noch mal und ich mach mit dir das gleiche, Großmaul!! Der Alte hat mir mein Leben lang nur Ärger eingebracht. Selbst jetzt, wo ich mich von der Bühne zurückgezogen und anderen das Feld überlassen hab! Vater- pffffff. Das ich nicht lache!! Auf so eine Type kann ich dankend verzichten!! “

Sie bedachte Ace noch mit einem letzten abweisenden Blick, dann wand die Frau ihre Aufmerksamkeit den Geschwistern zu.

Anny hatte mit unsicheren Griffen versucht den Ärmel von Will’ s Hemd hochzukrempeln. Der hielt zwar unbeirrt still, zischte aber mehrmals laut auf.

„Autsch!“ entfuhr es ihm gerade erneut.

„’Tschuldigung!!“ nuschelte Anny mit leiser Stimme.

„Geht schon. Ist halb ssssss....“ Wieder schoss der Schmerz hoch.

„Es tut mir leid, wirklich. Es tut mir leid, so leid, so...“

„Hör schon auf!! Bekomm’ jetzt bloß nicht wieder deinen Rappel!! Das ewige Gewimmer ist kaum zu ertragen!!“ herrschte ihr Bruder das zierliche Mädchen an, das darauf zusammenfuhr. Neue Tränenbäche bahnten sich ihren Weg über die bleichen Wangen, gleichzeitig kam in dem zierlichen Körper ein Zittern auf. Die Arme schlangen sich fest umeinander und mit einem seltsamen greinenden Tonfall begann Anny sich vor und zurück zuwiegen.

„Großartig, du hast es wieder geschafft!! Jetzt steckt sie in der Endlosschleife!! Mann, Mann, MÄNNER!! Die Unsensibilität auf zwei Beinen.“

Mit einem zornigen Knurren, das Will galt, kniete Crystal sich vor dem traumatisierten Mädchen zu Boden. Vorsichtig fasste sie Anny bei den Schultern, sah einen Moment lang in das verstörte Gesicht, seufzte dann kurz und hob die Hand....

Bevor Crys zuschlagen konnte um den Schockzustand zu brechen, sah die Kleine plötzlich ruckartig auf. In den bernsteinfarbenen Augen glomm mit einem Mal ein helles Leuchten. Starr hatte Anny ihren Blick ins Nirgendwo gerichtet.

„Scheiße, was hat sie jetzt wieder!“ fluchte Will unflätig.

„Solltest es doch mittlerweile erkennen!“ schnauzte Crys zurück „Da bahnt sich wieder was an. Wollen mal hören was es ist.

Anny?? Anny!! Sag mir was siehst du?? Sag mir was erkennst du im Nebel?? Anny?? Anny!! Sag...“

Mit anschwellender Stimme, zuerst leise flüsternd dann aber zunehmend lauter und dringlicher, wiederholte die dunkelhäutige Frau die eigenwillige Formel immer wieder.

Mittlerweile hatte das unheimliche Leuchten begonnen sich spiralförmig in den großen Mädchenaugen zu drehen.

„Gefahr!!“ stieß Anny mit einem Mal aus. Die Stimme war in einen eigenartigen Singsang verfallen „Gefahr, Gefahr, Die Möwe mit dem Schlüssel...., Gefahr, Gefahr, schwebt herab...Gefahr, Gefahr, Mädchenhand, die zu Boden fällt, Gefahr, Gefahr Feuer das die Wolken erreicht, Gefahr, Ge...“

Da verstummte das Mädchen, blinzelte verwirrt und schüttelte dann den Kopf. Fragend blickte sie zu Crys auf, die sie immer noch aufmerksam musterte.

„Was ist denn? Warum kuckt ihr alle so??“

„Beantworte mir erst diese Frage: „Wer bist du und wer bin ich??“

„Hähh, wieso... Ich bin Anny und du...“ Mitten im Satz stockte das Mädchen. „Oh nein!! Hab ich etwa wieder...!!“ stieß sie panisch aus. Ihre Hände pressten sich fest gegen den hin und herfliegenden Kopf „Ich will das nicht, ich will das nicht!!“

„Anny, beruhige dich. Ist ja alles gut gegangen. Du bist nach wie vor Herr deiner Sinne. Je mehr du dich wehrst, desto schlimmer wird’s werden. Also, tief durch atmen und dann weiter im Text!“

Crystal fuhr der Kleinen noch einmal aufmunternd über die Schulter, dann erhob sie sich mit ernster Miene.

„Könnte mir mal jemand erklären was hier gerade vor sich geht?“

Ace hatte sich während des ungewöhnlichen Schauspiels im Hintergrund gehalten und alles mit mehr oder weniger gelassener Miene beobachtet. Aber etwas an den seltsamen Worten von Anny weckte seine Aufmerksamkeit. Er kannte nur eine Möwe mit einem Schlüssel und die...

Ein lautes Pfeifen durchschnitt die Stille, da brach mit lautem Getöse etwas durch die Decke. Holzsplitter schossen wie Schrapnell- Geschoss durch die Luft. Als der Qualm sich etwas gelegt hatte und die Vier wieder die Hand vor Augen erkennen konnte, fiel mit lautem Klappern etwas durch das klaffende Loch über ihnen. Die Detonation hatten eine Teil der Galionsfigur abgerissen und die große Hand lag nun wie eine stumme Mahnung am Boden der Kneipe.



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