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Scorpius und Rose
von

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O du Fröhliche

Hallöchen hallo :)

Ja, ihr lest richtig und nein, es ist keine Halluzination: Ein neues Kapitel ist da :D

Und da ihr sowieso schon so lange habt warten müssen, will ich euch jetzt natürlich nicht noch länger warten lassen.

Also dann – Viel Spaß!

Näheres von mir gibt’s am Schluss ;)
 


 

Kapitel 11:     O du Fröhliche
 

Es gab Tage, die sicher in jedem jährlichen Kreislauf einer jeden Hexe, eines jeden Zauberers und auch eines jeden Muggels einmal vorkommen – mal häufiger, mal glücklicherweise seltener, wobei diese letztere Möglichkeit sich eher in Grenzen hielt.

Tage, an denen alles auf einmal zu passieren schien. Sei es nun der Beginn jenen Tages mit dem Überhören des Weckers und dem folgerichtigen Verschlafen, vielleicht noch die richtige Würze durch einen unangekündigten Test in der ersten Stunde und als vollendendes Sahnehäubchen natürlich auch noch ein Quidditchtraining bis in die späten Abendstunden – bei Regen, versteht sich.

Nun gut, dieses Bild eines nicht ganz perfekten Tages passte, spätestens bei der Erwähnung des Quidditchtrainings, nicht wirklich in die Welt von Rose Weasley. Aber die Konsequenz des erwähnten Tages im Vergleich zu einem solchen, der sich in ihrer Welt doch recht gut darstellte, war die gleiche.

Denn die Weasley konnte behaupten, dass der gegenwärtige Tag ihrer grausigsten Vorstellung mehr als nur entsprach. Zwar hatte ihr Morgen nicht mit einem versagenden Wecker begonnen, aber schließlich gab es noch viele andere Varianten, einen neuen Tag mit dem allbekannten falschen Fuß zu betreten.

Kaum war sie aus ihren warmen und weichen Kissen gekrochen jagte ihr ein eisig kalter Schauer durch die Glieder und ihre nackten Füße schienen beinahe auf dem kalten Boden schock zu gefrieren, als ihr auch schon einige Schneeflocken durch die Haare wirbelten, gefolgt von einem frostigen Windzug. Jemand hatte scheinbar am vorigen Abend vergessen, das Fenster zu schließen und so stand es die ganze Nacht offen. Das Ergebnis dieses Malheurs äußerte sich auch sogleich in einem kräftigen Niesen, sodass Rose noch vor dem Frühstück zu aller erst den Krankenflügel ansteuerte. Nachdem Madame Pomfrey ihr schließlich einen kleinen Becher Irgendwas verabreicht hatte, das wie eine Mischung aus alten Socken und Stachelbeeren schmeckte, widmete sie sich appetitlos ihrem Frühstück. Während sie erleichtert bemerkte, wie Madame Pomfreys Wundermittelchen langsam zu wirken begann, redete Alice unaufhörlich von der bald anstehenden Weihnachtsparty, ihrer noch immer elenden Lage ohne Outfit dazustehen und den Gedanken, die sie sich bisher um mögliche Weihnachtsgeschenke gemacht hatte. All das löste in Rose – neben weiteren Niesanfällen und vor Erkältung tränenden Augen – nur ein weiteres Stöhnen aus, welches sie an diesem doch erst so kurzen Tage schon so oft hatte lauten lassen. Weihnachtsgeschenke. Noch nie war ihr ihre Lieblingsjahreszeit so furchtbar schrecklich vorgekommen.
 

Sie schnäuzte kräftig in ein Taschentuch und übertönte somit beinahe das schrille Läuten, welches die erste Stunde beendete und zusammen mit Alice trat sie aus dem Klassenzimmer.

„Meinst du, ich sollte Albus wieder etwas schenken?“, nahm die Longbottom erneut jenes Thema auf, woraufhin Rose ihr nur einen fragenden Blick zu warf.

„Na ja, letztes Jahr habe ich ihm etwas geschenkt, aber er mir nicht“, begann die Schwarzhaarige ihre Bedenken zu erklären und Rose hätte zu gerne losgeprustet, wenn ihre Nase nur nicht so verstopft gewesen wäre.

„So stimmt das nun ja auch wieder nicht“, erwiderte sie demnach nur und konnte sich bei dem Gedanken an das letzte Weihnachtsfest ein Grinsen nicht verkneifen. Alice hatte wochenlang nach einem passenden Geschenk gesucht – und es letztlich in einem Quidditchkalender gefunden. Albus dagegen hatte mit so einer Geste keineswegs gerechnet und so stand er natürlich ohne Präsent für die kleine Longbottom da. Doch scheinbar konnte sogar ein Slytherin so etwas wie ein schlechtes Gewissen empfinden, weshalb Alice nur wenige Stunden später doch ihr Geschenk bekam: Eine Schachtel selbstgebackener Kekse, die, wie sich herausstellte, eigentlich einem Zweitklässler gehört hatte. Alice war geschlagene drei Wochen zu Tode beleidigt und hatte kein Wort mehr mit dem Potter geredet, was ihn wiederum dazu veranlasste, regelrecht um Verzeihung zu flehen. Es war wirklich lustig mit anzusehen, wie er ihr durch das ganze Schloss hinterher rannte und bei jedem Schritt eine Entschuldigung ausrief. Mal in origineller Aufmachung und mal, nun ja, weniger originell.

Wirklich ulkig, ja. Und auch typisch Slytherin, kam es Rose direkt in den Sinn, während sie sich an jene Szene erinnerte, was natürlich dazu führte, dass ihre Gedanken zu einem ganz bestimmten Slytherin abdrifteten. Heute Morgen hatte Scorpius wie immer seine Maske angelegt und ihr nach dem Frühstück beim Verlassen der großen Halle nur ein kleines Lächeln zugeworfen. Ein kleines, verstecktes Lächeln und so süß dieser Anblick auch war, so war es nicht das, was Rose wirklich glücklich stimmte. Ganz im Gegenteil.

Sie seufzte, während Alice neben ihr weiterhin vor sich hin plapperte und im Kopf scheinbar schon eine Pro- und Contraliste ausarbeitete, ob Albus nun ein weiteres Geschenk verdient hatte oder nicht.

„Sag mal“, unterbracht sich die Longbottom jedoch schließlich selbst. „Was schenkst du Scorpius eigentlich zu Weihnachten?“

Na ja, was konnte man auch von einem Tag erwarten, der schon so angefangen hatte?

Sofort verfinsterte sich der Gesichtsaudruck der Weasley und der sowieso schon dunkle Schatten unter ihren Augen trat noch deutlicher hervor – bildete einen nicht sehr vorteilhaften Kontrast zu ihrem heutigen blassen Teint.

„Gar nichts“, grummelte sie nur und schob die Schultern hoch, so als wollte sie sich zwischen ihnen verstecken. Es war doch wirklich zum verrückt werden. Ihre liebste Jahreszeit steuerte gerade ihren Höhepunkt an, es waren nur noch wenige Wochen bis Weihnachten. Die Lehrer begannen langsam alles her zu richten und zu schmücken und es wurden schon erste aufgeregte Gespräche über mögliche Pläne für die Weihnachtsferien geführt. Rose hatte vor wenigen Tagen beobachten können, wie Hagrid mit einem großen Tannenbaum im Schlepptau aus dem Verbotenen Wald stampfte. Sogar der erste Schnee war schon gefallen, der zwar nur für kurze Zeit das schloss in seinen weißen Zauber hüllte, doch deshalb nicht minder zu den ersten Anzeichen der anbrechenden Weihnachtszeit zählte – der Countdown lief.

Und all diese kleinen und großen Vorboten für das schönste Fest des Jahres konnte Rose nicht genießen, weil dieser – zugegeben wirklich umwerfende – Malfoy sie gerade zu in den Wahnsinn trieb. Zum einen mit seinem Lächeln und zum anderen mit seiner Sturheit, einfach nicht zu seinen Gefühlen stehen zu wollen.

Sie musste den Blick gar nicht erst auf ihre beste Freundin richten, um zu wissen, dass diese sie mit einem irritierten Gesichtsausdruck musterte.

„Wieso?“, hakte Alice nach „Wegen der Sache mit seinem Vater?“

Natürlich, Rose würde Scorpius nur zu gerne etwas zu Weihnachten schenken, auch wenn sie noch nicht wusste, was genau man einem heimlichen aber festen Slytherinfreund schenken sollte. Aber würde er denn überhaupt ein Geschenk wollen? Schließlich war er noch nicht einmal dazu bereit in der Öffentlichkeit ihre Hand zu halten, also würde er wohl kaum ein Geschenk von ihr erhalten wollen, oder?

Die Weasley stöhnte genervt auf und warf die Arme in die Luft. „Ja, wegen der Sache mit seinem Vater, wegen seinen Freunden und wegen der Tatsache, dass er ein Slytherin ist!“ Lautstark ließ sie ihrem Frust freien lauf und gestikulierte so wild, dass die Mitschüler in ihrer Umgebung schon Reißaus nahmen.

„Habe ich noch etwas vergessen?“, fügte sie anschließend noch in einem provozierenden Ton hinzu. „Ach, ja. Wegen ihm natürlich auch noch! Denn ohne ihn würde ich mich jetzt gar nicht erst in dieser Lage befinden.“ Ein wütendes Schnaufen symbolisierte das vorläufige Ende ihres kleinen Wutausbruchs und Alice legte tröstend eine Hand auf ihre Schulter.

„Vielleicht ändert er ja noch seine Meinung“, versuchte es die Longbottom, doch Rose schüttelte nur den Kopf, während ihre erzürnte Mimik einer traurigen wich.

„Er ist ein Slytherin, Alice. Ich frage mich, was ich wohl erwartet habe.“
 

~
 

Albus ließ ein langes, gedehntes Seufzen hören, während er sich mit beiden Händen durch sein dichtes, schwarzes Haar fuhr. Rose schloss für einen kurzen Moment die Augen und der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, war diesem abscheulichen Tag gewidmet, der scheinbar unbedingt den Titel ihres Pechtages erlangen wollte und einfach kein Ende fand.

Gleich nach dem Unterricht hatten sich Albus und Rose verabredet, um über den Brief von Harry zu reden und endlich Näheres über Marcus Adlard herauszufinden, der schon seit Tagen nicht mehr im Unterricht aufgetaucht war.

Da sie diese Unterhaltung lieber ohne ungewünschte Zuhörer führen wollten, schlichen sie sich in einen alten Kerkerraum, von dem Albus ihr versichert hatte, dass hier schon seit einer Ewigkeit niemand mehr gewesen war. Und wenn sich Rose so umsah, die vielen Spinnweben und die dicke Staubschicht begutachtete, dann zweifelte sie keineswegs an seinen Worten.

Scorpius begleitete die Beiden. Denn auch wenn er nicht viel von ihrer Verschwörungstheorie gegen Marcus Adlard hielt, so wollte er die Gelegenheit nutzen, um mit Rose zusammen zu sein. Die Weasley musste ein mädchenhaftes Kichern regelrecht unterdrücken, als der Malfoy sein Erscheinen begründete und noch dazu dieses charmante Lächeln auf den Lippen trug. Doch statt ihre ungestörte Zweisamkeit – von Albus einmal abgesehen – zu genießen, diskutierten sie nun schon seit beinahe einer Stunde über den möglichen Grund hinter Onkel Harrys merkwürdigen Forschungsergebnissen. Potter und Weasley hielten wie zu erwarten zusammen und ebenfalls wie zu erwarten war es der Malfoy unter ihnen, der sich von ihrer Meinung abgrenzte.

„Warum willst du denn nicht einsehen, dass an dieser Sache etwas ganz gewaltig stinkt?“, unterbrach Rose die wahrscheinlich gut durchdachten und rationalen Argumente des Malfoys, der dafür nur ein Seufzen übrig hatte. Sie rutschte von dem alten Lehrerpult herunter, auf dem sie sich nieder gelassen hatte und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre braunen Augen musterten Scorpius, der falsch herum auf einem verstaubten Stuhl saß und sich auf dessen Rückenlehne abstützte, während Albus scheinbar nicht mehr ruhig hatte sitzen bleiben können und nun schon seit Minuten immer wieder hin und her stolzierte.

„Ich sage doch gar nicht, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht“, verteidigte Scorpius seine Meinung. „Aber ihr interpretiert in sein Verschwinden einfach viel zu viel hinein. Wenn es überhaupt ein Verschwinden ist!“ Seine Stimme nahm einen Hauch des Hohns an. „Habt ihr mal mit McGonagall geredet oder einem anderen Lehrer? Vielleicht hat Adlard einfach nur die Schule gewechselt.“

Albus, der in seiner hektischen Bewegung inne hielt, und Rose tauschten einen kurzen Blick und die Weasley überkam ein Gefühl der Beschämung. Vielleicht waren sie wirklich etwas zu voreilig mit ihren Beschuldigungen gewesen, denn auf die Idee, sich zu aller erst einmal an die Lehrer zu wenden, sind sie bisher noch nicht gekommen. Dafür waren sie viel zu sehr damit beschäftigt, sich ihre eigenen, sicherlich wesentlich interessanteren Geschichten auszudenken als sich ihre heiße Spur lediglich mit der Begründung Marcus Adlard hat die Schule gewechselt verwischen zu lassen.

Doch noch ehe Rose ihren beginnenden Zweifeln nachgeben konnte, entgegnete ihr Cousin auch schon den Worten des Malfoys. Hach, auf Albus war Verlass.

„Aber das ist doch unsinnig“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Überleg doch mal. Adlard ist erst vor einem Jahr an unsere Schule gekommen. Warum also sollte er nun schon wieder von hier verschwinden? Und das so kurz vor seinem Abschluss. Das ist völlig absurd!“

Rose nickte dem Potter zu, bevor sie sich mit einem weiteren Nicken an Scorpius wandte, der nur die Augen verdrehte.

„Und was ist mit Lily und Hugo“, fügte sie schließlich noch hinzu, durch Albus’ sicheres Auftreten bestärkt. „Wie erklärst du dir das? Warum hat er auf Biegen und Brechen versucht, mit ihnen in Kontakt zu kommen?“ Sie hob die Augenbrauen und nickte erneut, als Albus mit einem „Und Alice!“ auf eine weitere Merkwürdigkeit verwies.

Doch der Malfoy schüttelte nur ein weiteres Mal den Kopf und Rose hatte den leisen Verdacht, dass sie dieses Gespräch noch hunderte Male führen konnten und es würde sich jedes Mal wieder und wieder im Kreise drehen.

„Überleg doch mal, Mann“, sagte Albus nun mit lauterer Stimme. „Zuerst macht er sich an Alice ran, redet nur von Rosie und über ihre oder meine Familie. Dann versucht er sich Lily zu nähern, die ihn zum Glück nicht an ihn rangelassen hatte.“ – Rose meinte in diesem Moment ein kleines Stoßgebet von seinen Lippen ablesen zu können. – „Ganz zu schweigen von Hugo, bei dem Adlard scheinbar mehr Glück hatte und ihn nicht nur gegen seine Freunde sondern sogar gegen seine eigene Schwester aufhetzen konnte.“ Der Schwarzhaarige deutete auf Rose, die unwillkürlich einen dicken Kloß im Hals verspürte. Seit sie sich mit Hugo gestritten hatte, behandelte er sie wie seinen schlimmsten Feind. Und sie konnte es sich einfach nicht erklären. Was wusste, oder vielmehr glaubte dieser Marcus zu wissen, das Hugo so wütend werden ließ. Noch nie war ihr kleiner Bruder ein Junge gewesen, der sich viel aus Prügeleien, Ärger oder ähnlichem Unheil machte; abgesehen von seinen geliebten Feuerwerkskörpern und seinen Scherzen. Er war eben ein ganz normaler Junge gewesen, ohne je eine böse Absicht hinter seinen Taten zu hegen. Zumindest so normal, wie man als Zauberer und zusätzlicher Weasleyerbe eben sein konnte. Aber jetzt war er wie ausgewechselt und jedes Mal raste Rose förmlich eine Gänsehaut in Lichtgeschwindigkeit über den Körper, wenn er sie mit diesem beinahe schon hasserfüllten Blick ansah. Es war zum fürchten. Und Furchtbar traurig.
 

Scorpius biss sich auf die Unterlippe, als sein Blick zu Rose wanderte und etwas, das nach Einsicht aussah, blitze in seinen blauen Augen auf.

Er seufzte schwer und sah von Rose zu Albus und wieder zurück. „Na gut, das klingt alles wirklich sehr suspekt“, gab er schließlich zu und der Potter ließ ein gedehntes „Na endlich!“ hören, bevor er wieder seiner nervösen Bewegung nachgab.

Der weniger hyperaktive Slytherin dagegen richtete sich auf und lehnte sich schließlich neben Rose gegen das alte Lehrerpult.

„Hugo, er redet immer noch nicht mit dir?“, fragte er und während Rose seinen warmen Körper neben sich spürte und sich somit unwillkürlich behaglicher fühlte, nickte sie. In solchen Momenten glaubte sie wirklich, sie würde gleich durchdrehen. Sie könnte den Malfoy für seine Einstellung – seine lächerliche Slytherineinstellung! – verfluchen und zugleich wollte sie ihn am liebsten den ganzen Tag um sich haben, mit ihm reden, seinen Duft einatmen und ihn küssen.

Sie seufzte. Vielleicht war sie ja auch schon längst verrückt geworden, das würde zumindest so einiges erklären.

„Okay, das ist dann wohl der Zeitpunkt für mich, um abzuhauen!“, rief Albus und mit einem Blick auf Rose und Scorpius, die näher zusammen gerückt waren, grinste er schief, bevor er auch schon die Kerkertür ansteuerte.

„Nein, du musst nicht –“, wollte Rose einwenden, schließlich war es nicht ihre Absicht, Albus zu vertreiben, wo er ihr doch die ganze Zeit beigestanden hatte. Doch als sie das beinahe mahnende Grinsen auf Scorpius’ Lippen entdeckte, änderte sie ihre Meinung.

„Also ich meine, wenn du unbedingt gehen musst, dann kann ich dich natürlich nicht aufhalten“, sagte sie und schenkte dem Potter ein scheinheiliges Lächeln, welches jenen belustigt die grünen Augen verdrehen ließ. „Schon klar“, meinte er nur, zwinkerte dem Malfoy zu und verschwand schließlich aus dem Raum.

Rose lachte heiter auf, bevor sie sich wieder an Scorpius wandte und als sie seine veränderte Haltung bemerkte, hob sie eine Augenbraue. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und seine Mimik hatte diesen Zug angenommen, der sie auf unheimliche und doch auch irgendwie auf faszinierende Weise an seinen Vater erinnerte. Zwar hatte sie Draco Malfoy noch nie wirkliche Aufmerksamkeit geschenkt und trotzdem schlich sich bei Scorpius’ derzeitig harter Miene sogleich das Bild seines Vaters in Rose’ Gedanken.

„Was ist?“, hakte sie nach und wollte dem unheilvollen Gefühl in ihrem Innern schon nachgeben, als seine steinerne Maske auch schon zu bröckeln begann und ein kleines Grinsen um seine Mundwinkel zuckte.

„Dieser Adlard interessiert dich ja wirklich sehr“, sagte er und nur mühevoll gelang es ihm scheinbar, ein Schmunzeln zu unterdrücken, wie Rose an den kleinen Fältchen erkennen konnte, die sich langsam um seine Lippen bildeten. Mit einem leichten Schwung stieß sie sich von dem Pult ab und trat vor ihn, während ihre Augen seine fixierten. Ein nicht minder mühevoll unterdrücktes Grinsen schlich sich auch auf ihre Lippen und als sie ihre Arme um seinen Nacken legte, konnte sie es einfach nicht mehr zurückhalten.

„Ist da etwa jemand eifersüchtig?“, fragte sie mit heller Stimme und sofort lachte der Malfoy auf.

„So ein Quatsch!“, höhnte er, doch das leichte Flackern in seinem sonst so sicheren Grinsen verriet ihn.

Seine Hände wanderten zu ihrer Taille und er zog sie näher zu sich, bevor er sie zärtlich küsste. Rose strich einmal durch sein blondes Haar und während sie seine Berührungen genoss, schlich sich zu ihrem Leiden wieder Hugo in ihr Gedächtnis. Hugo, der sie beim Abendessen ignorierte und sie im Gemeinschaftsraum aus einer dunklen Ecke mit einem Blick zu verfluchen schien.

„Du machst dir Sorgen, nicht wahr?“, hörte sie Scorpius’ raue Stimme an ihrem Ohr und sie seufzte schwer.

„Ich will jetzt nicht mehr darüber nachdenken.“ Um ihre Aussage zu unterstreichen, schüttelte sie bestimmend den Kopf. „Ich denke schon viel zu viel über so einen Schwachsinn nach. Dabei habe ich doch wesentlich Besseres zu tun.“

Mit einem schiefen Lächeln rückte sie näher an Scorpius heran und dieses Mal war sie es, die ihre Lippen auf seine legte. Sie spürte, wie seine Hände auf ihrem Rücken den Druck erhöhten und er sie somit noch näher zu sich zog, während sie erneut durch sein leicht zerzaustes Haar fuhr und den Kuss intensivierte.

In Scorpius’ Nähe war es ganz leicht, die schweren und unschönen Dinge des Lebens zu vergessen. Sie fühlte sich frei und unbeschwert und manchmal glaubte sie, dass hinter dem Spruch auf Wolke Sieben schweben doch das ein oder andere dran war. Mit einem kleinen Hüpfer flog sei einfach davon, ließ die großen und kleinen Problemchen zurück und entschwand somit sogar dem Gedanken, diese wundervollen Minuten nur als Geheimnis erleben zu dürfen.

Doch gerade als sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um sich etwas enger an ihn zu schmiegen, wurde sie von ihrer schwebenden, rosafarbenen Wattewolke geschupst, als sich Scorpius ohne Vorwarnung einfach von ihr löste.

Verwirrt blinzelte sie ihn an, doch Scorpius kam ihrer Frage nach dem Warum zuvor.

„Ich muss noch etwas mit dir besprechen“, sagte er und ein Lächeln huschte über seine Lippen, als seine Augen ihre geröteten Wangen erblickten.

Rose erwiderte das Lächeln, hatte jedoch nicht vor, auf seine Worte einzugehen. Was waren schon alberne Worte und vermutlich unangenehme Themen im Vergleich zu ihrer rosa Wolke?

„Das kann doch warten“, sagte sie beschwichtigend und wollte erneut zu einem Kuss ansetzen, doch der Malfoy wich ihr aus, sodass das anfangs harmlose verwirrte Blinzeln einem fordernden Blick nach Wahrheit wich.

„Ich befürchte nur, dass du mich nicht mehr küssen willst, nachdem du das gehört hast“, erklärte er sich auch sogleich, was Rose jedoch nicht gerade beruhigte. Ihre Hände rutschten von seinem Genick herunter und sie trat einen Schritt zurück, während sie ihn argwöhnisch musterte.

„Muss ich meinen Zauberstab bereit halten?“, fragte sie und achtete bemüht darauf, witzig zu klingen. Was ihr natürlich kläglich misslang.

Was zum Dementor war nun schon wieder los?

Und seit wann waren Beziehungen so kompliziert? – Ach ja, seit sie eine Beziehung mit einem Malfoy führte.

„Also, es ist so“, setzte Scorpius an und während er redete, von scheinbar wichtigen Entwicklungen und unberechenbaren Vorkommnissen – kurz: er redete um die heiße Kürbispastete – dachte Rose, dass ihr nach so einem fürchterlichen Tag eigentlich nichts mehr Schlimmeres widerfahren könne. Doch als Scorpius geendet hatte, musste sie erkennen, dass es tatsächlich so war: Es ging immer noch etwas schlimmer.
 

Sie blinzelte ihn an. Unsicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte.

„Was soll das heißen, du gehst mit Natalie zur Weihnachtsparty?“ Ihre Stimme klang gereizter, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte.

Ihre rosa Wattewolke war gerade mit einem lauten Knall verpufft und hinterließ stattdessen einen abscheulich grauen Niederschlag, der Rose zu begraben schien und ihre Umwelt verpestete.

Scorpius aber versuchte es mit einem Lächeln. „Es ist so zu sagen nur ein Scheindate, zumindest von meiner Seite aus. Nur damit mein Vater beruhigt ist.“ Er trat einen Schritt auf sie zu und dieses Mal war es Rose, die die Arme vor der Brust verschränkte und sich um eine eiserne Mimik bemühte. Vermutlich vergeblich, denn dazu war sie viel zu unbeherrscht und aufgewühlt, als dass sie mit der frostigen Erscheinung eines Malfoy konkurrieren könnte. Unwillkürlich schob sie die Unterlippe vor und funkelte ihren Gegenüber an, den ihr Anblick scheinbar amüsierte.

„Ist da etwa jemand eifersüchtig?“, fragte er belustigt und vergriff sich absichtlich an ihren eigenen Worten, mit denen sie vor wenigen – noch glücklichen – Momenten seine Haltung deutete, die ihrer nun so ähnlich war. Doch ganz im Gegensatz zu dem Malfoy, empfand Rose die Ironie dieser Situation alles andere als erheiternd.

„Nicht witzig“, kommentierter sie seinen Scherz deshalb auch nur monoton und versuchte ihre Haltung noch etwas mehr zu versteinern, als Scorpius durch ihr Haar strich.

„Rosie“, sagte er und trat noch einen Schritt näher, während er sich bemühte, ihren Blick einzufangen. Nur schwerlich gelang es ihm, denn Rose wich seinen blauen Augen immer wieder aus. „Es ist nur wegen meinem Vater. Wenn er sich erst einmal beruhigt hat, wird alles viel leichter.“

Rose schnaufte.

„Ja, aber…“ Sie wollte ihm etwas Gemeines an den Kopf werfen. Eine Hand voll Worte, die ihn genauso verletzten, wie seine Worte sie verletzt hatten. Vielleicht eine fiese Beleidigung! Oder wenigstens gute Argumente, die ihn in Grund und Boden stampfen würden. Argumente, die ihm endlich verdeutlichten, dass er mit ihr – Rose Weasley – zur Feier zu gehen hatte und nicht mit diesem blonden Wischmob. Zur Feier und durch das Leben. Oh ja, sie wollte ihm beweisen, dass seine Entscheidung völlig unüberlegt und komplett falsch war.

„Das ist doch total blöd!“, rief sie allerdings nur aus und stampfte mit dem Fuß auf. Nicht ganz das Auftreten, das sie sich vorgestellt hatte. Aber um nun eine rationale Diskussion zu führen und ihre explodierenden Emotionen wegzusperren, war sie einfach viel zu aufgebracht. Und dass sich an dem kleinen Grinsen auf den Lippen des Malfoys noch immer nichts geändert hatte, trug nicht gerade dazu bei, ihre Aufregung zu mildern.

Ohne auf ihre noch immer distanzierte Haltung einzugehen, hob Scorpius seine Hände an ihre Wangen und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Nur mit sehr viel Mühe gelang es der Weasley, ihre Starre beizubehalten. Wobei sie sich nicht sicher war, welchem Drang sie eher nachgeben würde, sobald sie sich erlaubte, ihre Festigkeit zu lösen: Verfluchen oder vernaschen? Und schon wieder war sie kurz davor, durchzudrehen.

„Ich versichere dir, es wird nichts Schlimmeres passieren, außer vielleicht Natalies nervigem Geschwätz“, flüsterte er mit rauer Stimme und Rose lachte auf. „Na, das wäre ja noch schöner!“

Nette Worte von dem Malfoy, die Rose vermutlich besänftigen sollten. Allerdings hatte die Weasley gerade erst mit der grausigen Wahrheit Bekanntschaft gemacht, dass jeder Zeit etwas Schlimmeres geschehen konnte.
 

~
 

„Er geht mit Collister zur Weihnachtsfeier“, sagte Rose und ihre Stimme klang seltsam eintönig.

Alice seufzte. „Ja, ich weiß.“

„Er geht mit Collister zur Weihnachtsfeier“, wiederholte sich die Weasley, während sie fast unmerklich den Kopf schüttelte.

Wieder seufzte Alice. „Rosie, nur weil du es dir nun schon zum hundertsten Mal vorsagst, wird es nicht unwahr, weißt du?“

Und nun seufzte Rose. „Ja, ich weiß.“ Sie legte den Kopf in den Nacken und spürte den kalten Wind auf ihrem Gesicht, der nur ab und an eine Prise Schnee um ihre Nasenspitze tanzen ließ. Während sie die Augen schloss und hoffte, die frische Luft würde ihre Gedanken einfach davon wehen, glitten jene scheinbar steinharten Gedanken zurück zum Nachmittag desselben Tages.

Nachdem sich Scorpius ungefähr vierundzwanzig Mal entschuldigt hatte, siebzehn Mal seinen Vater imitierte, wie er ihn eigenhändig erwürgen würde, ginge er mit keinem Mädchen oder – noch schlimmer – mit Rose zur Weihnachtsfeier, und nachdem er ihr mit nur drei Küssen jedes Mal wieder den Atem raubte, hatte Rose seine Entscheidung schließlich unter einem Grummeln bejaht. Und als sie sein erleichtertes Lächeln gesehen hatte, dessen Wärme sie sogar in diesen Kerkern nicht mehr frösteln ließ, erschien ihr ihre Lage doch nicht mehr so abgründig. Vielleicht war es eine gute Entscheidung, seinen Vater nicht noch mehr zu reizen. Vielleicht war es darum auch ganz gut, dass er mit Natalie zur Weihnachtsfeier ging. Vielleicht war Scorpius nur um ihr Wohl besorgt. Vielleicht reagierte Rose einfach etwas über.

Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Immer nur vielleicht. Und kein sicherlich.

Natürlich, es war alles furchtbar logisch und doch empfand Rose es als völlig falsch.
 

„Rosie, so geht es nicht weiter!“, ließ die herrische Stimme von Alice die Angesprochene aufschrecken und blinzelnd bemerkte diese, dass die Schwarzhaarige sie scheinbar die ganze Zeit beobachtet hatte, statt die schöne Winterlandschaft der Hogwartsländereien zu betrachten.

Nachdem Rose am Nachmittag etwas ungehalten im Gemeinschaftsraum der Gryffindors erschienen war, hatte Alice sie mit der Begründung „Du brauchst frische Luft!“ nach draußen befördert. Allerdings glaubte Rose, dass ihre beste Freundin lediglich befürchtete, sie würde in diesem Zustand ganz Hogwarts kurz und klein hexen. Was natürlich Unsinn war, denn wenn Rose etwas oder besser gesagt jemanden kurz und klein hexen würde, dann fiel ihr Wahl sicher auf eine gewisse Blondine.

„Was geht so nicht weiter?“, fragte Rose und Alice verdreht die Augen.

„Das mit dir und diesem Malfoy“, sagte die Longbottom und zog ihre Mütze so weit über den Kopf, dass ihre schwarzen Locken wie Sprungfedern unter der Wolle heraussprangen.

Die Weasley hob fragend eine Augenbraue und wieder verdrehte Alice die Augen.

„Such dir einen anderen Kerl, der mit dir zur Weihnachtsparty geht!“, rief sie bestimmend und kaum hatte sie den Satz zu Ende gesprochen, lachte Rose auf.

„Ja, klar!“

„Nein, ich meine es ernst. Scorpius darf seinen Spaß haben und du sollst nur zusehen? Das bist nicht du, Rose.“ Alice’ Augenbrauen schoben sich vielsagend unter ihrer Mütze in die Stirn und Rose biss sich auf die Unterlippe.

Bei Merlin, wurde sie etwa zu einem dieser Mädchen, die sich ihrem Freund unterordneten? Und das, wo Scorpius nur ihr heimlicher Freund war?

„Und wen soll ich mir bitte suchen? In ein paar Tagen ist die Party bereits, die wenigsten Jungs werden jetzt noch kein Date haben“, tat die Weasley den Vorschlag ihrer besten Freundin ab, doch diese grinste nur und klimperte mit den Wimpern – Rose hatte so etwas befürchtet. Sie hob eine Augenbraue um ihrer stummen Frage Ausdruck zu verleihen.

„Na ja, Douglas Corey löchert mich schon seit Tagen, mit wem du zur Feier gehst“, antwortete die Dunkelhaarige bemüht beiläufig und zupfte an ihrem Handschuh.

Rose prustete los. „Douglas Corey? Bei Merlins Unterhose, Alice!“

Diese zuckte jedoch nur mit den Schultern. „Was? Er kann ganz nett sein.“

„Nett? Er ist ein Schleimer und von seinen Pickeln will ich gar nicht erst anfangen“, verteidigte Rose ihren Geschmackssinn und Alice kniff die Lippen zusammen, um ein Lachen zu unterdrücken, während sich ihre Wangen vor Anstrengung langsam rot färbten. Sie schien nach den richtigen Worten zu suchen, um Rose von Douglas Corey zu überzeugen. Aber dem Anschein nach war Alice selbst nicht zu hundert Prozent von ihrer Idee begeistert, weshalb die Röte auf ihren Wangen schließlich ihren Höhepunkt erreicht hatte.

„Seine Pickel gleichen echt Vulkanen“, platzte es schließlich aus der Longbottom heraus und zusammen begannen sie, kichernd und witzelnd über die schlimmsten Jungs auf Hogwarts zu plaudern.

Selbst wenn Alice’ Vorschlag Rose nun nicht gerade weiter zu helfen schien, so hörte sie sich wenigstens selbst wieder lachen. Dramatischer Gedanke, aber dennoch irgendwie wahr. Und nicht minder dramatischer.
 

Aber der Tag war noch nicht zu ende.
 


 

Scorpius fragte sich unweigerlich, wie lange ein Mensch – oder genauer gesagt, ein Mädchen – über das Thema Kleidung wohl reden konnte und er musste Albus’ längst vergangener Antwort, die er ihm auf diese ebenso längst vergangene Frage einst gegeben hatte, wohl nun Glauben schenken: eine Ewigkeit. Der Potter hatte also, verdammt noch mal, recht gehabt.

Scorpius hätte vermutlich für eine solche Art der Gesprächsthemen Verständnis gezeigt, würde es sich um ein anderes Mädchen handeln – und mit anders meinte er ausschließlich Rose Weasley. Denn nein, bei dem eben erwähnten Mädchen, welches jene Frage unter Männern in sein Gedächtnis rief, handelte es sich nicht um seine Weasley.

Es handelte sich um eine Slytherin, an deren Anwesenheit er selbst die Schuld trug, wie ihm mit jedem weiteren Schritt, den er zusammen mit der quasselnden Blondine in Richtung Großer Halle trat, deutlich bewusst wurde.

Ein paar Slytherins hatten sich ihnen angeschlossen, darunter unter anderem auch Robert Goyle und Dorian Smith – seine Freunde. Sogar recht gute Freunde. Doch trotz dem eigentlich gewohnten Umgang empfand Scorpius diese Szenerie als schrecklich ermüdend und abstrus. Wobei dieses Gefühl vermutlich weniger an der Anwesenheit seiner Freunde lag, sondern viel mehr an Natalie, die lästig an seinem Arm hing, und über deren ausdrucksloses Gerede sich sogar Rob zu amüsieren wusste.

Gute Freunde, ja.

Und eigentlich könnte man sich in einer solchen Notlage fragen, wo der beste Freund denn abgeblieben sei. Doch darauf gab es leider eine recht erklärende, wenn auch sehr merkwürdig erscheinende Antwort. Denn Albus schien seit einigen Tagen den Gefallen an der Bastelkunst gefunden zu haben und er nahm seine scheinbare neue Lebensaufgabe außerordentlich ernst, wie Scorpius erst gestern erkennen durfte, als er es wagte den Potter während seiner Arbeit zu stören. Was genau das Ziel der vielen Papierchen und Aufkleber letztlich darstellte, konnte Scorpius aus Albus’ Gemurmel nicht ganz heraushören – aber er erwähnte immer wieder das Weihnachtsfest und redete von einem Debakel des letzten Jahres. Allerdings halfen diese Informationen dem Malfoy nicht weiter, denn Albus schien ein regelrechter Magnet für Weihnachtsdebakel zu sein. Aber wenn sich Scorpius das bisherige Werk betrachtete, dann vermutete er, dass es einmal einem Mädchen gehören sollte – zumindest bewertete er dementsprechend die vielen Glitzersteinchen und die rosafarbenen Federn.

Und während Scorpius seinen eigenen, wesentlich angenehmeren Gedanken nachhing, redete Natalie noch immer von der Farbe ihres Kleides und ihrer Schuhe, von dem Aufwand ihrer Frisur und ihrem teuren Lippenstift und ihre grelle Stimme erschien dem Malfoy schließlich nur noch wie ein störendes Hintergrundgeräusch.

Nur an ihrer sich plötzlich verändernden Stimmlage, die den heiteren Klang verlor und mit einem Mal einen viel gehässigeren Ton annahm, erkannte Scorpius, dass sich das Thema scheinbar geändert hatte, was unweigerlich seine Aufmerksamkeit eroberte – denn wie er die letzten Stunden bitter erkennen musste, war es nicht einfach, Natalie von ihrem Modegeschwafel abzubringen.

„Oh, wen haben wir denn da“, drang ihre giftige Stimme an sein Ohr und Scorpius hatte das Bedürfnis zu blinzeln, so als wäre er gerade aus einem Mittagsschläfchen erwacht. Natalie war also regelrecht einschläfernd.

Seine blauen Augen wanderten mit neu gewonnenem Bewusstsein durch den Korridor und automatisch hielt er die Luft an, als er erkannte, wer an Natalies Themenwechsel Schuld war.

Rose schlenderte in jenem Augenblick zusammen mit Alice um eine Ecke geradewegs auf die Slytherins zu und ihr soeben noch heiteres Lachen auf ihrem hübschen Gesicht gefror beim Anblick der Slytherins beinahe augenblicklich.
 

Für eine gefühlte Ewigkeit war ihr keine andere Reaktion möglich, als Scorpius lediglich anzustarren – ihn und Natalie, deren Arm sich besitzergreifend um den seinen geschlungen hatte.

Seine blauen Augen huschten in ihren Höhlen aufgeregt umher, während sie ihre dunklen fokussierten, die eine so seltsame Ruhe ausstrahlten. Beinahe unpassend, betrachtete man die gegenwärtige Lage.

„Rosie wird in letzter Zeit etwas nachlässig – nicht nur im Unterricht, wie es scheint“, ließ Natalies höhnende Stimme die Angesprochene blinzeln und ihr Blick wanderte nur wenige Zentimeter von Scorpius hinab, um der Blonden zu begegnen. Sie hörte, wie Goyle und Smith ein dumpfes Gelächter von sich gaben und Rose begriff sofort, auf was die Slytherin mit ihrer Aussage abzielte. Erst vor ein paar Tagen hatte die Weasley einen überraschenden Test in Zaubertränke komplett verhauen, weil sich ihre Gedanken in ganz andere Themen flüchteten. Der Professor war von ihrer schlechten Note so bestürzt, dass er sie noch während dem Unterricht zur Sprache bat – und natürlich kam dies auch den Slytherins zu Ohren, die am gleichen Kurs teilnahmen.

In vergangenen, ähnlichen Situationen hätte Rose dieser Collister vermutlich einen bemüht vernichtenden Kommentar entgegen geschleudert und wäre erhobenen Hauptes davon stolziert. Doch in diesem Moment schien sie alleine Natalies bloße Gestalt über die Maßen zu provozieren.

Rose’ dunkle Augen lagen ruhig auf der Slytherin, deren Lippen ein fieses Lächeln zierte, während sie noch immer an Scorpius’ Arm klebte. Am liebsten hätte sie ihr jedes ach so perfekt schimmernde Haar einzeln heraus gerissen. O ja, heraus gerissen. Ohne Zauberei. Filch hatte recht: die alten Foltermethoden waren noch immer die besten. Doch sie ging ihrem inneren Drang nicht nach und stürzte sich nicht auf Natalie, um eine filmreife Prügelei zu beginnen. Man könnte meinen, es wäre unmöglich, doch Rose schaffte es in dieser Situation ihre eiserne Maske nicht ins Wanken zu bringen. Innerlich kochte sie vor Wut. Äußerlich straffte sie nur unmerklich die Schultern, bevor sie zu einer Antwort ansetzte.

„Und du vernachlässigst dein Gehirn schon seit deinem dritten Lebensjahr.“ Aha. Verbale Prügeleien befriedigten ihre Zerstörungslust also auch. Zwar nicht in den Maßen, wie es vielleicht eine Natalie Collister getan hätte, die gerade vom Astronomieturm plumpste – aber besser als nichts.

Alice’ Kichern entlockte Rose ein selbstbewusstes Lächeln unterer ihrer eisernen Maske und noch ehe Natalie etwas erwidern konnte, kam Rose ihr zuvor.

„Aber dafür kannst du sicher nichts, das liegt wahrscheinlich an deinem Umgang. Denn Malfoy vernachlässigt ja auch gerne mal die einen oder anderen Dinge.“

Alice’ Kichern erstarb augenblicklich und endete in einem Husten.

Rose’ Augen wanderten langsam zu Scorpius, dessen Blick auf ihr ruhte, sie beinahe zu durchbohren schien. Sein sonst so warmes Leuchten in seinen eisblauen Augen, mit denen er sie sonst betrachtete, war erloschen und seine Mimik entsprach deren kühler Farbe. Es war lange her, als er ihr das letzte Mal mit diesem Blick begegnete. Nein, eigentlich war es noch gar nicht so lange her – aber ihre einstige Feindschaft schien aus einer längst vergessenen Vergangenheit zu stammen. Unwirklich, verdrängt. Als wäre sie nie dagewesen. Bis jetzt.

„Was willst du damit sagen, Wiesel?“, zischte Natalie und Rose zerrte ihren Blick von dem Malfoy.

„Oh so einiges, Collister. Aber ich habe nicht erwartet, dass du es verstehst. Die Prioritäten von euch Slytherins liegen eben eher auf den banalen Dingen des Lebens.“

Vielleicht war es nicht der passende Zeitpunkt, um gewisse Probleme zwischen ihr und Scorpius anzusprechen, doch vielleicht war es auch genau der richtige Zeitpunkt. Und vielleicht würde es auch nie einen richtigen Zeitpunkt für derlei Gespräche geben, was wiederum bedeutete, dass dieser Zeitpunkt genauso gut war wie jeder andere. Wie dem auch sei, Rose war sich der Zweideutigkeit ihrer Worte bewusst, die sicherlich nur ein Teil der Anwesenden begriff. Und doch glaubte sie, dass sie die richtige Wirkung erzeugte. Nun ja, sie hoffte es.

„Rosie“, sagte Alice leise und ihre Stimme klang beinahe mahnend, doch die Angesprochene ignorierte die beste Freundin. Passend zur eisernen Maske.

„Scorpi-porpie“, sprach Natalie und ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, während ihr Blick immer wieder zwischen Rose und dem Malfoy wechselte. „Was faselt sie da? Wovon redet sie?“ Sie klang nervös und beinahe hysterisch. Ganz im Gegensatz zu Scorpius, dessen Augen keinen Millimeter von Rose’ Erscheinung gewichen waren. Generell schien er recht bewegungslos und irgendwie verkrampft. Nur seine Augen verrieten ihn. Ihre Wärme war gänzlich ausgelöscht und wo sie vorerst nur prüfend die Unterhaltung zu mustern schienen, sprühten sie nun vor Kälte und Ablehnung. Ein Stich in Rose’ noch immer so warmes Herz. Doch der Schmerz war befreiend, irgendwie.
 

„Weasley redet Unsinn, wie immer“, sagte Scorpius schließlich nur und seine Stimme hätte die Wände gefrieren lassen können.

„Unsinn, ja?“, höhnte Rose und ihre eiserne Maske ging zu Bruch. Eine Schmach vor den Slytherins, aber Gefühl blieb nun mal Gefühl.

„Wie schön zu wissen, dass du mein Gerede für Unsinn hältst“, rief sie dem Malfoy regelrecht entgegen und unterdrückte das Bedürfnis, in Tränen auszubrechen.

Natalie schnaufte. „Du wirst wirklich immer merkwürdiger, Wiesel“, säuselte sie und hob eine Augenbraue, während sie Rose nur argwöhnisch musterte.

Alice' beruhigende Hand legte sich auf Rose’ Schulter und – beste Freundin sei Dank – hinderte jene daran, Natalie an die Gurgel zu springen.

„Halt die Klappe Collister und kümmere dich lieber um deine Begleitung. Er gehört ganz dir!“

Damit stürmte Rose davon. Und während das Gelächter der Slytherins sie durch die Korridore zu verfolgen schien, tropfte die erste Träne von ihren geröteten Wangen.

Denn es kam letztlich immer noch etwas schlimmer.
 

---
 

Meine lieben Leser, ich möchte mich wirklich entschuldigen, dass dieses Kapitel so unendlich lange auf sich warten ließ. Das Konzept steht schon seit ungefähr drei Monaten, aber da das Ende meiner Unizeit bald bevorsteht (8]) hatte ich recht viel um die Ohren in letzter Zeit.

Aber ich habe es noch vor Weihnachten geschaft - so zu sagen also ein Vorweihnachtsgeschenk von mir an euch ;) Und vielleicht schaffe ich auch noch das nächste Kapitel vor Weihnachen, aber macht euch nicht zu viele Hoffnungen :D

Ich freue mich auf eure Meinungen und hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat.Wie immer weiß ich nicht recht, was ich davon halten soll. Mal mag ich es, mal nicht. Der normale Wahnsinn also :D
 

Eure Schnie



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  nami-girl85
2010-12-25T21:19:51+00:00 25.12.2010 22:19
hab ich mich endlich aufgerafft weiter zu lesen und jetzt bin ich wieder voll drinne und würde am liebsten weiter lesen.
nur schade das kein weiteres on ist :D

der anfang war so schön wo Rose und Scorpius alleine waren und dann ist alles ruiniert.
hoffentlich artet das nicht aus..
der schluss war schon plötzlich aber Rose ihre lage ist verständlich und ich stehe hinter Rose!

liebe weihnachtsgrüße, nami :)
Von:  annalina
2010-12-18T14:40:06+00:00 18.12.2010 15:40
Aaah, das gibts ja nicht! So ein feiges Ding, der doofe Scorpius -.-
Ich hoff, der kriegt im nächsten Kapitel seinen Arsch hoch....

Freu mich aufs nächste ... Hoff, du schaffst es demnächst - wär klasse :)
Von:  Dahlie
2010-12-15T14:10:05+00:00 15.12.2010 15:10
Ja, ja... was erwartet man bei einem Slytherin? Die Frage ist durchaus berechtigt und Rose ist auch dementsprechend zu verstehen. Sie hat es nicht leicht... er wohl auch nicht, wobei ich aber sagen muss, dass mich Scorpius enttäuscht.

Er zieht vor seinem Vater den Schwanz ein -_- feige, feige, feige.
Hab` auch mehr vor ihm erwartet...
Na ja, ich will hier nciht rumjaulen, schließlich ist es ein Aufbaukapitel und dass es dir schwer gefallen ist, ist vollkommen verständlich, niemand plagt sich gerne mit diesen dingern ab :O aber ich finde, du hast es fein gemeistert, mit einer Prise Humor, Sarkasmus und Ernsthaftigkeit :3
Von:  eva-04
2010-12-14T19:18:32+00:00 14.12.2010 20:18
tolles kappi:9
ungglaublich gut geschrieben:) wie immer:)
wow drose tut mir so leid:(
das ist sowas von gemein:(((
Ich hoffe der legt sich damit total auf die klappt
freu mich schon auf das nächste kappi:9
und darauf zulesen wie es weiter gehen wird:)

*wink*
Von:  scater-fiffy
2010-12-13T00:39:10+00:00 13.12.2010 01:39
öh, krass
okaaaaaaaaaaaaaaaay damit habe ich jetzt nicht gerechnet

aua arme rose ohjeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee
hm hoffe das die beiden nicht einen dicken fetten streit bekommen oder sich gar trennen
dumme collister, die ist doch echt arg

hoffe es geht bald weiter
danke für deine ens^^
lg fiffy^^
Von:  Herzkirsche
2010-12-12T11:15:35+00:00 12.12.2010 12:15
Ich liebe es. (:
Schönes Kapitel und wundervoller Schreibstil. ♥
Von: abgemeldet
2010-12-11T22:24:55+00:00 11.12.2010 23:24
Schön, dass du weiter schreibst!

Ich will echt gern wissen, was genau mit diesem Marcus los ist...aber es ist schön, dass Rose und Alice sicher wieder verstehen^.^

Rose tut mir richtig leid. Es muss schrecklich sein, nicht zu seiner Liebe stehen zu können. Und Natalie ist eine blöde Kuh! Hmpf!

Freue mich auf die Fortsetzung!



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