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Der Pfad der Wölfe

Die Begegnung mit einem Wolf
von

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Part 1

~ Der Familienausflug ~
 

Die Geschichte spielt in Deutschland, an der Ostseeküste zur Sommerzeit und erzählt von einem Mädchen, die auf Wölfe stößt und lernt ihre Angst zu bekämpfen.


 

+++ 1 +++
 

„Leonie, hör bitte endlich auf solch ein Gesicht zu ziehen“, beschwerte sich meine Mutter nun schon das fünfte Mal bei mir. Ich warf ihr von der Rückbank einen trotzigen Blick zu und steckte mir wieder die Kopfhörer in die Ohren.

Die Sommerferien hatten gerade erst begonnen und meine Eltern hatten nichts besseres zu tun, als meinen Bruder und mich ins Auto zu verfrachten und mit aufs Land zu nehmen.

Seufzend erinnerte ich mich an die Gesichter meiner Freunde, die mich verwundert ansahen, als ich ihnen mitteilte, dass ich nicht mit ihnen zu den angesagtesten Strandpartys gehen konnte.

Ich war frustriert, denn ich hatte überhaupt keine Lust auf einen Familienurlaub, viel lieber hätte ich die Nächte mit meinen Freundinnen verbracht. Nun nach knapp zwei Stunden Fahrt, vermisste ich bereits meinen Laptop und mein Internet, was ich nicht mitnehmen durfte, da wir auf dem Bauernhof unserer Oma genug zu tun hatten und ich freute mich schon so tierisch, dass ich in Kauf nehmen würde, zu Fuß nach Hause zurück zu laufen.

Da ich überhaupt keinen Bock hatte, Schweineställe aus zu misten und Kühe zu füttern, wusste ich jetzt schon, dass meine Ferien überaus langwierig werden würden.

Zumal meine störrischen Eltern geradezu darauf bestanden hatten, dass ich mit kam und ich nicht einmal die Möglichkeit hatte einen Protest anfangen zu können, da sie ansonsten mein Handy konfisziert hätten.
 

Desinteressiert und in Gedanken noch zu Hause in meinem warmen Bett, zog die Landschaft an mir vorüber, ohne dass ich ihrer Schönheit genug Beachtung entgegen bringen konnte.

Ich freute mich besonders auf das abwechslungsreiche Essen und die Vielzahl von nervenden Tieren, die mir um den Kopf schwirren würden. Am liebsten würde ich mich nur in mein Zimmer einsperren und warten bis die Ferien an mir vorüber gezogen waren, doch ich konnte mir allzu lebhaft vorstellen, dass ich nicht mal ein Zimmer für mich alleine haben würde.

Aber einer fünfzehnjährigen konnte man doch nicht abverlangen, mit ihrem Bruder ein Zimmer zu teilen, oder? Bei einen Blick auf meine Eltern wusste ich das alles möglich war.
 

Genervt sah ich auf die Sitzbank neben mir, mein Bruder der nur ein Jahr jünger war als ich, saß unruhig auf seinem Platz und drückte sich fast die Nase an der Autoscheibe platt.

Er schien es kaum erwarten zu können auf dem Land anzukommen. Nun gut, er war schon immer unseren Eltern am ähnlichsten gewesen und hatte sogar Marienkäfer in seinem Zimmer gezüchtet. Zu dieser Zeit hatten unsere Eltern das erste Mal mit ihm geschimpft, als seine Zuchtobjekte sich selbstständig machten und die ganze Wohnung besiedelten.

Sie wollten nicht einmal zum Fenster raus, so gut schien es ihnen zu gehen. Schmunzelt erinnerte ich mich noch an das Gesicht von Mutter, die das dann anschließend alles sauber machen konnte.
 

Wir bogen von der geteerten Landstraße in einen holprigen Pfad ein und die restliche Fahrt war wie die Hölle, nicht nur, dass ich aufpassen musste nicht mit dem Kopf gegen die Autodecke zu stoßen, nein, meine Eltern begannen zu singen und übertönten förmlich die Musik aus meinen I-Pod.

Ich glaube, dass machen die absichtlich, um mich zu ärgern. Ich verdrehte genervt die Augen, als mein Bruder auch noch mit einstimmte und ich presste mir die Hände auf die Ohren.
 

Nach einer mir endlos scheinenden Fahrt und als die Sonne sich langsam dem Horizont näherte, fuhren wir in der Dämmerung auf ein großes Gehöft. Zwei große alte Gebäude standen sich gegenüber und in dem Hof dazwischen, war ein Lagerfeuer und ein Grill angemissen worden.
 

Das rechte Gebäude schien aber eher eine Scheune, da aus der Dachstube Heu lugte. Hinter dem Gebäude konnte ich großes umzäuntes Gelände erblicken auf den sich Tiere zu befanden schienen, ich sie aber nicht mehr richtig erkennen konnte, da es langsam dunkel wurde.

Links von mir führte anscheinend ein Wanderweg direkt in den angrenzenden Wald. Um den würde ich wohl einen großen Bogen machen.

Ich hasste Bäume und Büsche mit ihrer Vielzahl an Insekten, die mich piekten, bissen und einen unerträglichen Juckreiz hinter ließen.
 

Unsere Oma kam uns langsam entgegen. Auch in der Dunkelheit konnte ich ihr faltiges Gesicht erkennen, was sich zu einem Lächeln verzog. Sie war die einzige, auf die ich mich gefreut hatte und so umarmte ich sie stürmisch. Sie war fast einen Kopf kleiner als ich und molliger Statur, so wie man sich eine liebe Oma vorstellte.

„Hallo Liebes, ich freue mich das du mit gekommen bist“, begrüßte sie mich und erwiderte die Umarmung.

„Du hast dich gar nicht verändert“, meinte ich neckend, obwohl ich ihr anmerkte, dass das Alter ihr langsam zu schaffen machte.

„Setz dich Liebes, das Grillfleisch müsste bereits durch sein“, meinte Oma stattdessen und schob mich sanft Richtung Hof um auch den Rest der Familie zu begrüßen. Opa lies die Grillzange ruhen und kam uns zu Begrüßung entgegen.

Ich lies es mir nicht zweimal sagen, da ich seit wir los gefahren waren, nichts anständiges mehr gegessen hatte.

An diesem Abend saßen wir noch alle lange beisammen und erzählten von alten Kamelen, die mich ermüdeten.

Natürlich kam es, wie es kommen musste und mein Bruder teilte ein Zimmer mit mir, doch wir waren beide so erschöpft von dem langen Tag, dass wir uns ohne weitere Streitereien einfach ins Bett legten und schliefen.
 

+++ Ende 1 +++

Part 2

~ Verwirrende Gedanken ~
 

Anmerkung: Nun geht die Geschichte erst Richtig los. Ich hoffe euch reissen die Gefühle mit vom Hocker. Kurze Knappe Kapitel, mit viel Gefühl. Viel spaß.
 

+++ 2 +++
 

Es war früh am Morgen, ich war hundemüde und schlecht gelaunt. Trotzdem trabte ich meinem Vater nach, der mich aus dem Bett geworfen hatte, aber nörgeln musste ich trotzdem die ganze Zeit.

„Warum muss ich denn unbedingt mit? Reicht euch Chris denn nicht?“, wollte ich murrend wissen. Wieso waren sie nicht zufrieden, dass wenigstens mein Bruder ihnen nacheiferte, dass brauchte ich doch dann nicht mehr zu tun, oder?
 

„Weil du nicht die ganze Zeit nur rumgammeln sollst. Du kannst dich ruhig auch mal nützlich machen“, entgegnete mein Vater streng. „Aber ich hab doch Ferien, die sind nun mal dafür da, dass man alles ruhig angeht“, meinte ich darauf hin protestierend. Außerdem wusste ich gar nicht, was ich überhaupt großartig helfen sollte.

„Und wir machen einen gemeinsamen Familienurlaub!“, hörte ich seine mahnende Stimme, dass er keine weiteren Kommentare duldete. Als ob das eine Erklärung dafür wäre mich in den Ferien um sechs Uhr aufstehen zu lassen und mit in den Wald zu schleppen.

Mutter musste ja auch nicht mit, aber ich hielt lieber den Mund, bevor ich meinen Vater noch zur Weißglut brachte.
 

Den Gedanken daran, dass ich noch mindestens zwei Stunden länger hätte schlafen können, wie den Rest der vergangenen Woche, verdrängte ich säuerlich.

„Jetzt nörgle doch nicht die ganze Zeit so herum, freu dich doch, wir können heute eine Jagd miterleben!“, meinte mein Bruder total aufgekratzt und schien sich wohl einzubilden, dass es toll war jemanden zu töten.

Ich schüttelte bloß angewidert den Kopf.

Der Nebel hing noch tief über den Waldboden, als wir uns immer weiter vom schützenden Bauernhof entfernten. Mein Opa und mein Vater trugen beide eine Muskete in ihren Händen und mein Bruder trug ein Gewehr auf dem Rücken, obwohl er es eh nicht benutzen durfte.

Langsam fragte ich mich, was wir überhaupt jagen wollten und wieso ich keine Verteidigungsmöglichkeiten bekommen hatte.

„Jagen wir uns was zum Mittag?“, fragte ich spöttisch, ohne mir vorstellen zu wollen, dass sie wirklich einen Hirsch erschießen wollten oder ein anderes Getier.

„Nein, nicht unbedingt. Seit einiger Zeit, werden immer wieder einige meiner Schafe gerissen und mein Schäferhund ist auch vor zwei Woche tot aufgefunden worden. Ich streife schon länger umher und versuche heraus zu finden, wer dafür verantwortlich ist“, hörte ich die Stimme meines Opas, der mit seinen wachsamen Blick, die Umgebung genau beobachtete.

Mich überschlich eine Gänsehaut und es fröstelte mich bei dem Gedanken, was in unserer heutigen Zeit noch Vieh riss.

Besonders bei dem Gedanken, dass wir gerade auf der Jagd danach waren und ich mir in dem Moment wünschte selbst eine Waffe zu tragen oder gar nicht erst aus dem Bett gestiegen zu sein.

„Vater, dass willst du mir noch nicht antun, oder?“, jammerte ich und sah mich nun verängstigt um, dass auch niemand aus dem nächsten Busch heraus sprang und mich anfallen würde.

Meine Gedanken drehten schon wieder durch und ich versuchte die Bilder von Werwölfen, Bären und wilden Kreaturen aus meiner Fantasiewelt zu verbannen und mir einzureden, dass ich mich nicht in einem Film befand und mir deshalb nichts passieren konnte.
 

„Nun hör schon auf, dir wird schon nichts passieren“, moserte mein Vater sichtlich genervt, von meinem Verhalten und sah sich genauso suchend um wie Opa, als ob sie eine Witterung aufgenommen hätten.

Am liebsten wäre ich zurück gelaufen, doch noch immer war der Nebel nicht verschwunden und der Wald hatte eine beängstigende Ausstrahlung, die mich bei jedem kleinsten Geräusch zusammen zucken lies. Zudem traute ich mich nicht alleine zurück, wer weiß, was mir über den Weg läuft.

Ich wusste, dass meine Fantasie mit mir durch ging, dass war schon immer so gewesen, auch Filme waren mir manchmal zu realistisch vorgekommen, weil ich mir noch mehr hinein gesponnen habe, als da wirklich gewesen war. Nun verwünschte ich mich dafür, denn ich bildete mir ein, dass sich Schatten bewegten und jeden Augenblick ein riesiges Ungetüm aus dem Dickicht gesprungen kommen könnte und mich anfiel.
 

Es raschelte im Gebüsch neben mir und ich verhaarte förmlich auf der Stelle. Der Gedanke von einem Ungetüm im Gebüsch, hing noch immer bedrohlich in meinen Gedanken und bereitete mir Panik.

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und mein Herz pochte schneller in meiner Brust. Langsam drehte ich den Kopf in die Richtung des Gebüsches, spürte meinen zittrigen Körper und meinen starren Blick, der die kleinste Bewegung des Busches aufnahm, in dem Sinn, dass gleich irgendetwas passieren musste.
 

Dann sprang etwas schwarzes heraus, schneller als ich reagieren konnte und ich erschrak so doll, dass ich einen Schrei los lies und nach hinten auf alle vierte plumpste.

Ich konnte gerade noch erkennen, wie ein Hase an mir vorbei pirschte. Doch Zeit zum Aufatmen blieb mir nicht, denn ich hörte das Klacken von den Musketen.
 

„Weg da, Leonie“, hörte ich meinen Vater rufen und in seiner Stimme klang eine Beunruhigung mit, die mich erschrecken lies. Der Busch raschelte noch immer und mein Blick war darauf gerichtet, nicht im Stande mich zu erheben. Meine Hände krallten sich förmlich in die Erde und ein dicker Kloß saß in meiner Kehle und raubte mir den Atmen.

Ich traute mich nicht zu bewegen.

Dann knurrte etwas aus dem Busch und es durchzuckte mich wie ein erneuter Schauer, ich rappelte mich in die Hocke, bereit zum Sprint anzusetzen, aus der Gefahrenzone zu kommen, doch da kam es auch schon angeflogen, diesmal größer als der Hase zuvor. Es rammte mich förmlich in die Seite und das Gewicht, riss mich rücklings zu Boden.

Ich spürte Fell, es war so schwer wie der Hund von Opa, der mich immer zur Begrüßung umgeworfen hatte, doch ich wusste, dass es nicht Opas Hund sein konnte.

Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich schrie wie am Spieß. Fuchtelte wild mit meinen Armen um das warme, haarige Tier von mir zu stoßen und plötzlich riss ich die Augen auf und sah in zwei Bernsteinfarbene Augen.

Für einen Bruchteil einer Sekunde verstummte ich und fühlte, wie die Angst von mir wich. Obwohl ich wusste, dass es Gefahr bedeutete, hatte ich auf einmal keine Angst mehr und es schien mir auch nicht wehtun zu wollen. Dann hörte ich einen Schuss und das Tier über mir jaulte auf und es durchzuckte mich ebenfalls, so als ob ich mit dem Tier mit fühlen würde.

Ich schrie instinktiv wieder aus Angst, doch diesmal nicht wegen mir, sondern dem Tier, was augenblicklich über mir liegen blieb und diesmal begrub mich das ganze Gewicht unter sich, so als ob alles Leben aus ihm entschwunden war.
 

Tränen rangen mir über meine Wangen, irgendwie verstand ich nichts mehr und ich lag nur noch ruhig da, nicht die Kraft mich zu bewegen. Meine Hände krallten sich in das Fell, so als wollte ich es nicht mehr loslassen, doch ich verstand nicht wieso.

Wollte es mich nicht gerade anfallen? Aber warum hat es das dann nicht getan und was war passiert? Ich vernahm weitere Schüsse und der leblose Körper zuckte über mir und ich wünschte mir, es würde aufstehen und weg laufen. Ich kniff die Augen zusammen und weinte.

Hörte am Rande, wie Füße auf mich zu liefen, wie mein warmes Fell mir aus den Händen gerissen wurde, obwohl ich mich so doll daran klammerte. So als würde ein Teil von mir geraubt werden, dass mir so wichtig gewesen war. Aber wie konnte das sein? Dann spürte ich Hände an meinen Oberarmen, die mich auf die Beine zerrten, doch ich hatte nicht die Kraft zu stehen, sackte auf den Boden zurück. Ich wollte einfach nur weinen, warum war mir nicht bewusst, aber ein unerträgliches Gefühl von Leere und etwas falsch gemacht zu haben, schmerzte in meiner Brust und lies mich zusammen kauern.

Wieder spürte ich, dass mich jemand auf die Füße ziehen wollte, doch ich riss mich wütend los und legte mich auf den Boden und lies meinen Tränen freien lauf. Ich weinte um das Ende eines Tieres, was es nicht verdient hatte zu sterben und ich nicht einmal verstand, wieso es mir auf einmal etwas ausmachte, obwohl ich mich nie für Tiere interessiert hatte.
 

Wieder wurde ich auf die Füße gerissen, diesmal konnte ich mich nicht dagegen wehren, fand mich auf den Armen meines Vaters wieder, obwohl ich ihnen durch meinen tränenverschleiernden Blick kaum erkennen konnte, ich wollte lieber hier bleiben und trotzdem ging er fort.

Mein Kopf hing träge gegen seine Schulter und irgendein Geräusch lies mich zurück blicken und ich glaubte ein Winseln gehört zu haben und sah den leblosen Körper eines grauen Wolfes am Rand des Weges liegen und um ihn herum befanden sich ein paar kleine Welpen. Und auch wenn ich glaubte es mir einzubilden, wusste ich, dass wir gerade eine Wölfin getötet hatten und ich fühlte mich schuldig. Schuldig am vorschnellen Tod einer Mutter.
 

+++ Ende 2 +++

Part 3

~ Der Traum ~
 

Dieses Kapitel ist etwas langwierig, aber als Übergang gedacht, ich hoffe es gefällt euch.
 

+++ 3 +++
 

Träge saß ich beim Abendbrot am Tisch und starrte gedankenverloren auf einen Kartoffeleintopf, der vor sich hin dampfte. Ich hörte wie Löffel auf Porzellan trafen und Suppe geschlurft wurde, hörte den Wind, der an den Rollläden zog und die Fensterscheiben zum klirren brachte.

Das Knarren vom Holzfußboden unter meinen Füßen, wenn ich das Gewicht von einen auf den anderen Fuß verlagerte. Doch alles klang so unrealistisch und es fühlte sich an, als ob ich Wasserrauschen in meinen Ohren hatte und deshalb alles nur so unklar mitbekam. Es wurde alles still, so als ob ich alle Geräusche um mich herum verdrängen würde.

Dann verschwamm meine Umgebung und alles wurde schwarz, doch es beängstigte mich nicht. Vor mir tauchten zwei bernsteinfarbene Augen auf, die mich anstarrten. Ich verspürte keine Angst, obwohl ich instinktiv wusste, dass es Gefahr bedeutete.
 

Ich streckte meine Hand in die Dunkelheit, doch zu greifen bekam ich nichts. Die Augen waren auf mich gerichtet und sie schienen förmlich durch mich hindurch zu starren. Langsam nahm etwas Gestalt vor mir an und es tauchte ein grauer Wolf vor mir auf, dem diese Augen gehörten.

Sie stand vor mir und betrachtete mich seelenruhig, so als ob sie mich schon jahrelang kennen würde. Ihre Rute hing tief und bewegte sich leicht hin und her. Sie schien mich zu fixieren. Sie war grau, mit braunen Mustern um die Augen, genau wie der Wolf auf der Lichtung.

Sie schien mir etwas sagen zu wollen, doch ich konnte sie nicht verstehen, versuchte ihr zu vermitteln, dass es mir Leid tat, dass sie sterben musste und das ich das nicht gewollt hatte.

Doch sie stand einfach unverwandt da und fixierte mich. Ich glaubte nicht, dass sie mich verstehen würde. Ohne eine Vorwarnung blickte sie über ihre Schulter zurück und als ich ihren Blick in die Dunkelheit folgte, stand ich mit ihr plötzlich Seite an Seite auf dem Waldweg.

Der Nebel schwebte um meine Füße herum und wir standen wenige Schritte neben dem toten Körper der Wölfin.

Obwohl sie so lebendig neben mir stand und ebenfalls dort hin schaute, war ich mir nicht sicher, ob es dieselbe Wölfin war. Schließlich wollte ich mir nicht eingestehen, langsam verrückt zu werden. Nun verfolgten mich die Wölfe schon in meinen Träumen.
 

Alles um uns herum schien still zu stehen, so als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Keine Blätter bewegten sich, kein Lüftchen wehte und keine natürlichen Waldgeräusche. Doch dann klang ein Winseln zu mir durch, obwohl ich nicht zuordnen konnte, aus welcher Richtung es zu kommen schien. Zu meinem großen Erstaunen, kamen vier kleine Welpen aus dem Busch und wuselten um den toten Körper ihrer Mutter.

Alles schien immer noch still zu stehen, bloß warum bewegten sich dann die Jungen? Mein Herz schien sich zu verkrampfen vor Mitleid, als ich mit ansehen musste, wie sie versuchten ihre Mutter zu wecken und zu bitten mit ihnen zu kommen. Ich betrachtete die Wölfin wehmütig, die neben mit stand und diese sah zu mir auf.

Sie schien mir keine Vorwürfe zu machen, noch immer betrachtete sie mich einfach nur eindringlich, so als würde sie etwas von mir erwarten. Es schien mir, als würde sie mir zunicken, mich bitten noch einmal zurück zu kehren. Dann verschwand die Umgebung wieder und hüllte mich in Dunkelheit. Die Wölfin verblasste und zuletzt blieben wieder nur ihre Augen, die mich beobachteten. Die Geräusche von Löffeln auf Porzellan und der Geruch von gekochten Kartoffeln kehrten zurück und ich starrte auf meinen noch immer vollen Teller. Ich wusste einfach nicht, was ich denken oder tun sollte. Ich war einfach zu durcheinander. Was hatte dieser Traum zu bedeuten?
 

„Leonie, deine Suppe wird kalt“, hörte ich meine Mutter besorgt sagen und ich spürte förmlich ihren Blick auf mir ruhen, doch es war mir egal. Meine Gedanken waren immer noch auf der Waldlichtung, bei der toten Wölfin und den Jungen die ich mir anscheinend nur eingebildet hatte, um mir noch ein schlechteres Gewissen zu machen.

„Du musst was Essen, Liebes“, vernahm ich Omas Stimme. Langsam wurde das Schlürfen aufgehoben und die Löffel lagen in den Tellern, niemand schien mehr zu Essen, alle Blicke ruhten auf mir.

„Ich habe keinen Hunger“, meinte ich und stand auf.

Ich wollte nicht länger sitzen, wusste nicht was ich machen sollte. Wusste nicht, was mich so zerriss.

Ich hatte das Gefühl, ich sollte noch einmal zurück und mich vergewissern, dass ich mir nur eingebildet hatte Jungtiere gesehen zu haben. Und was war, wenn es keine Einbildung war und ich wirklich kleine Welpen finden würde? Mein Herz schmerzte bei dem Gedanken, eine unschuldige Mutter getötet zu haben und nun auch noch die Jungen verhungern zu lassen.

Aber was sollte ich denn auch großartig machen? Sie aufziehen? Der letzte Gedanke verweilte schallend in meinem Kopf und ergab einen Sinn.

Vielleicht sollte ich es wenigstens versuchen. Unschlüssig blieb ich an meinem Stuhl stehen und dachte darüber nach, was ich als nächstes tun oder lassen sollte.

„Wir hatten keine Wahl, wir mussten ihn töten, sonst hätte er dich verletzt“, vernahm ich die Worte meines Vaters, die mich wie Messerstiche in die Brust trafen und ein Feuer in mir entfachten. Wut.

Wieder kamen Schuldgefühle in mir hoch, obwohl ich nichts an den Unfall hätte ändern können.

„Sie hätte mir nichts getan“, murmelte ich verstört und versuchte die Bilder der bernsteinfarbenen Augen aus meinem Gedächtnis zu verbannen. Doch sie schienen mich zu beobachten, zu bitten noch einmal nach zuschauen.

„Schatz, dass hättest du doch gar nicht wissen können“, versuchte Mutter es erneut.

„Doch ich wusste es!“, fuhr ich sie wütend an und warf allen Anwesenden einen vernichtenden Blick zu.

Ich sah in erschrockene Blicke, die mich verunsicherten und deshalb blickte ich zu Boden und versuchte mich zu beruhigen. Sie hatten Recht, natürlich konnte es niemand vorhersehen, ob die Wölfin mich angreifen wollte oder nicht, aber ich hatte das Gefühl, dass sie es nicht getan hätte. Bloß ich verstand nicht, wieso ich das dachte.

„Wölfe sind unberechenbar“, erklärte mein Opa energisch und ich sah ihn verwundert an. Ich hatte schon wieder das Bedürfnis zu weinen, ich spürte den Druck in meinen Augen und das seltsame Gefühl in meiner Brust.

So als ob ich Schuld wäre, dass die Wölfin gestorben war und ihre Jungtiere alleine waren.

Aber wieso wollte ich nicht wahrhaben, dass ich es mir nur eingebildet hätte? Wieso wollte ich mich noch mehr quälen?
 

„Aber deshalb muss man sie nicht gleich erschießen! Stehen diese Tiere nicht eigentlich unter Naturschutz?“, meinte ich verärgert und versuchte immer noch meine Wut in den Griff zu bekommen.

„Ja, aber wir hatten keine Chance, dein Leben stand auf dem Spiel!“, erklärte mein Vater, doch irgendwie wollte ich das alles nicht wahrhaben. Ich wollte nicht der Grund für den Tod der Wölfin sein.

Wenn sie bloß nicht [diesen Hasen gejagt und in mich hinein gerannt wäre... momentan mal? Sie hatte gar nicht mich gejagt!? Warum war mir das nicht schon früher aufgefallen?

Ein Gefühl von Erkenntnis und Erleichterung machte sich in meiner Brust breit und lies mich beruhigen.

„Sie hatte doch nur den Hasen gejagt und ich stand dummerweise im Weg“, flüsterte ich eher zu mir, doch die Anderen schienen es auch gehört zu haben.

„Da war kein Hase Leonie, der Wolf hat dich angegriffen, deshalb...“, wollte mein Vater mir klar machen und ich starrte ihn verwundert mit großen Augen an. Er versuchte die Schuld von sich zu weisen, dass es ein Versehen war, den Wolf getötet zu haben.

Er versuchte mich als Lügnerin darzustellen, um sein Verhalten zu recht fertigen? Wieder keimte Wut in mir auf.

„Versuch dich nicht raus zureden, du hast gegen das Gesetz verstoßen und eine Wölfin getötet, so was muss bestraft werden“, brüllte ich ihn wütend an, ohne wirklich nachzudenken, was ich überhaupt damit anrichtete.

„Leonie... weißt du, was du da sagst?“, murmelte meine Mutter entsetzt.

„Du bist ein Mörder, Vater“, verurteilte ich den Mann, der mich mit entsetztem Gesicht ansah und funkelte ihn wütend an, die Hände zu Fäusten geballt. Wieso sagte ich so etwas? Wieso stellte ich mich gegen meinen Vater und für einen fremden Wolf? Wieso war ich so wütend?

Ich wurde aus den Gedanken gerissen, als mein Vater mit den Händen auf den Tisch schlug und aufstand.Sein Blick war wütend, sein Gesicht rot angelaufen vor Wut und alle sahen ihn erschrocken an.

„Du willst also, dass ich im Gefängnis lande?“, hakte er wütend nach und ich hörte heraus, dass er sich verletzt fühlte und das lies mich wieder zur Vernunft kommen. Einsehen, dass ich einen Fehler begangen hatte. Ich senkte den Blick zu Boden.

„Nein, tut mir Leid“, entschuldigte ich mich leise und fühlte mich wie am Boden angewachsen.

„Geh zu Bett, ich will dich heute nicht mehr sehen“, befahl er und ich spürte richtig wie er kochte.

Verständlich, noch nie war ich ihm so frech gekommen. Ich biss mir auf die Unterlippe und stürmte aus dem Haus.

„Wo willst du hin?“, hörte ich ihn noch brüllen, doch ich war zu schnell. Ich hatte bereits den Wald erreicht, bevor er aus der Tür treten konnte. Noch in der Ferne hörte ich ihn nach mir rufen, doch ich lief entschlossen durch den Wald, die Tränen rangen mir über die Wangen und verschleierten meinen Blick.

Ich musste da weg, einen klaren Kopf bekommen und wieder zu mir finden. Vorher konnte ich nicht zurück kehren. Ich verstand nicht, wieso ich mich so gehen gelassen hatte und sogar so schlimme Dinge gesagt hatte. Nie wollte ich, dass mein Vater wirklich ins Gefängnis landete, dass würde ich mir nie verzeihen.
 

Ein Winseln lies mich aus meinen Gedanken schrecken und ich blieb stehen. Es war dunkel, ich konnte so gut wie nichts mehr erkennen und erst jetzt fühlte ich die Kälte der Nacht und den Wind der an meinen Kleidern zerrte. Ohne es bewusst getan zu haben, hatte mein Weg mich zu der Stelle geführt, an der die Wölfin lag und es noch immer tat.

Ich schluckte meine Beklommenheit hinunter und wischte mir über die Augen. Vorsichtig ging ich auf den leblosen Körper der Wölfin zu und hockte mich nieder. Ich hoffte förmlich, wie sie aufspringen würde und mich anknurrt, aber nichts der gleichen passierte, als ich mit der Hand über ihr Fell streichelte und sie traurig anblickte.

Ein Knurren drang an mein Ohr und lies mich aufschrecken. Vollkommen perplex war ich auf die Füße gesprungen und starrte mit klopfenden Herzen auf die Büsche. Im nächsten Moment kamen kleine schwarze Gestalten heraus gesprungen und standen um die Wölfin herum.

Als der Mond sein Licht durch die dichten Bäume schickte, konnte ich vier kleine Welpen erkennen, die knurrend um ihre Mutter standen. Genau wie in meinem Traum, schoss es mir durch den Kopf.

Einerseits schien ich wie erleichtert, dass es kein großes Tier war und andererseits, schlug mein Herz schneller, da ich mir doch nicht eingebildet hatte, Welpen gesehen zu haben.

Mein Blick wanderte über die Wölfin und zurück zu jedem ihrer Welpen. Sie griffen mich nicht an, sondern standen einfach nur beschützend da. Ich sah sie einfach mitleidig an, wusste nicht, was ich machen sollte. Die Traumwölfin wollte also, dass ich mich um ihre Jungen kümmerte?

Ich war unsicher, so etwas konnte ich nicht, ich schaffte es nicht einmal mich um mich selbst zu sorgen, wie konnte man mir dann die Verantwortung für vier kleine Welpen übertragen? Ich wusste nicht einmal wie ich das bewerkstelligen sollte. Bis jetzt habe ich mich immer nur um mich selber gekümmert und auf einmal soll ich junge Wölfe aufziehen?

Wie sollte das denn gehen? Ein bitteres Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht. Nun stand ich hier, wie aus dem nichts gekommen, aber was sollte ich tun? Wie sollte ich den jungen erklären, was passiert war und das sie ihnen helfen wollte? Wenn ich selber nicht mal wusste wie.

Unschlüssig stand ich da und wippte auf dem einen Bein aufs andere, doch ich kam einfach nicht weiter.
 

+++ 3 +++

Part 4

~ Auf der Suche ~
 

Wow es hat ganz schön lange gedauert, bis ich es endlich geschafft habe ein neues Kapitel zu schreiben, aber hier ist es nun. Ich hoffe das es euch gefällt.
 

+++ 4 +++
 

Unschlüssig stand ich da, in dieser irrwitzigen Situation. Vor mir die tote Wölfin, die mich in meinem Tagtraum heimgesucht hatte, um mich zu bitten, mich um ihre Jungen zu kümmern. Aber wieso sollte sie einen Menschen darum bitten? Ich wusste dass ich mir das alles nur selber einbildete, einen Vorwand suchte meine Schuldgefühle zu tilgen.

Doch was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich wusste nichts über Wölfe, obwohl sie den Hunden gar nicht so unähnlich waren. Wie sollte ich mich um Wolfswelpen kümmern? Aber die größte Herausforderung war immer noch, wie sollte ich es bewerkstelligen, dass diese frei lebenden Tiere auf mich hörten, mich an sich heran lassen oder mich nicht anfielen? Die Angst, dass sie mich verletzen würden, war die geringste Sorge die ich hatte.
 

Die kleinen Welpen knurrten mich immer noch feindselig an, so als ob sie mir auch die Schuld am Tod ihrer Mutter gaben. Ich schluckte hart. Ein dicker Kloß von Benommenheit und Unsicherheit klemmte in meinem Hals.

Was sollte ich tun? Unsicher machte ich einen Schritt auf sie zu und bereute es gleich wieder, als eins der Jungen mir zähnefletschend entgegen sprang. Vor Schreck über den plötzlichen Angriff, machte ich einen Satz zurück, machte auf dem Hacken kehrt und lief zurück.

Ich drehte mich nicht um, rannte so schnell meine Beine mich tragen konnten. Mein Herz trommelte wie verrückt. Sie folgten mir nicht. Das war schon mal gut.

Der Schweiß stand mir auf der Stirn, als ich endlich am alten Landhaus ankam. Nach Luft schnappend, sah ich mich um. Im unteren Stock brannte noch Licht, anscheinend saßen sie noch zusammen am Küchentisch.

Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, worüber sie sich wohl unterhielten und wie mein Vater reagierte, nach dem was ich ihm unüberlegt an den Kopf geworfen hatte. Ich bereute meine unüberlegten Worte, wusste aber nicht, wie ich mich am besten entschuldigen sollte.

Immer wieder schweiften meine Gedanken zu den kleinen Jungen zurück, die ganz alleine im Wald waren.

Ich holte noch einmal tief Luft, um einen klaren Kopf zu bekommen und betrat das Gebäude, was geradewegs an der Küche vorbei führte. Da musste ich wohl durch.

Ich hörte Stühle rücken, als ich die Tür hinter mir ins Schloss zog.

„Leonie, wo warst du?“, die aufgebrachte Stimme meines Vaters, wie er mich noch immer verärgert ansah, ließen mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Er stand auf dem Gang, groß und breit wie ein Schrank, an dem kein Weg vorbei führte.
 

„Ich war frische Luft schnappen, ist das verboten?“, fragte ich kess, bereute aber gleich wieder meine Worte. Ich sollte nicht noch mehr Glut ins Feuer sprühen. Aber ich wusste nicht wie ich mich entschuldigen sollte.

„Sei nicht so Vorlaut, junge Dame“, ermahnte er mich. Ich wusste das ihm meine gleichgültige Antwort nicht gefiel. Er wollte keine aufmüpfige Tochter. Aber im Moment konnte ich daran nichts ändern.

„Ohh Leonie, ich hab mir solche Sorgen gemacht, Schatz“, hörte ich meine Mutter erleichtert sagen. Sie stürmte regelrecht auf mich zu, um mich in den Arm zu nehmen. Ich tätschelte ihr den Rücken und hoffte, dass sie mich bald wieder los lies, bevor sie mich zerdrückte. Diese übertriebenen Umarmungen konnte ich noch nie leiden.

„Ich bin müde, ich geh zu Bett“, meinte ich an meine Mutter gewandt und ging an meinem Vater vorbei, zur Treppe.

„Wir sind noch nicht fertig, Leonie!“, meinte mein Vater immer noch wütend. Ich seufzte genervt und verkniff mir einen Kommentar. Das Knallen der Tür, die ich hinter mir ins Schloss gezogen hatte, war Ausdruck genug, was ich von seiner Ansprache hielt.
 

Am nächsten Morgen wachte ich sehr früh auf. Ein Wunder, da ich ja sonst jede Minute nutzte um länger schlafen zu können. Die ganze Zeit hatten mich die Wölfin heimgesucht und mich einfach nur mit ihren bernsteinfarbenen Augen beobachtet. Ich schluckte schwer. Ich wusste doch nicht, wie ich das bewerkstelligen sollte. Wie sollte ich es schaffen, das Vertrauen der Welpen zu gewinnen?

Ohne weiter darüber nachzudenken, zog ich mich an und schlich mich in die Küche. Ich stöberte im Kühlschrank und im Lager und fand zu meiner Überraschung noch einen angefangenen Schweinebraten und eine Packung Milch. Die würde bestimmt keiner vermissen. Hoffte ich zumindest. Ich stopfte mir noch ein Taschenmesser und eine Holzschale in meinen Rucksack.

Leise schlüpfte ich aus dem Haus und holte mir aus dem Schuppen noch einen Spaten und festes Garn. Ich beeilte mich in den Wald zu kommen, bevor einer aus meiner Familie mitbekam, dass ich fort war.
 

Mein Herz klopfte vor Aufregung. Waren die kleinen Welpen noch immer bei dem leblosen Körper ihrer Mutter? Waren sie schon weg gelaufen? Haben sie sich was zu fressen gesucht? Hatte ihre Mutter ihnen das Jagen schon beigebracht? Viele Fragen schwirrten durch meinen Kopf, verunsicherten mich. Ob ich es wirklich schaffen konnte, das Vertrauen der Welpen zu bekommen, wenn ich sie mit einem Schweinebraten bestechen würde?

Erst dachte ich, dass ich den schmalen Wanderpfad nicht wieder finden würde. Doch meine Beine trugen mich wie von selbst. In der Morgendämmerung sah der Wald viel klarer aus und nicht mehr so beängstigend.

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich in einiger Entfernung den Körper der Wölfin ausmachen konnte. Sie lag so ruhig da, als ob sie schlafen würde. Doch von den Welpen war keine Spur. Mein Herz schlug schneller und meine Finger zitterten. Ich blieb in sicherer Entfernung stehen und sah mich um. Aber nirgends entdeckte ich die Jungtiere.

Vorsichtig wagte ich mich dichter und hockte mich gefahrlos neben den Körper des Wolfes. Ich spähte durch die nahe liegenden Büsche, in der Hoffnung, die Welpen würden wieder heraus gesprungen kommen. Doch nichts passierte. Meine Hand streichelte durch das weiche graue Fell. Aber ich hatte keine Zeit um Wurzeln zu schlagen.

Ich wagte mich durch die nahe liegenden Gebüsche und sah mich um. Allzu weit konnten sie ja nicht weg sein. Sie würden sich doch nicht zu weit von dem Schutz ihrer Mutter weg bewegen, oder? Doch es war wie ein bitterer Geschmack im Mund, dass sie vielleicht bereits verstanden hatten, dass ihre Mutter sich nicht mehr um sie kümmern konnte.

Aber waren sie schon so selbstständig? Das konnte ich nicht glauben, sie wirkten noch so klein. Unsicher durchstöberte ich jeden Busch und sah hinter jeden Baum. Ich folgte ein paar Fußabdrücken in der aufgewühlten Erde. Ich wusste nicht, ob ich sie finden würde.
 

Ich war durstig und die Sonne war bereits aufgegangen. Meine Eltern würden sich sicher schon wieder Sorgen machen oder wütend sein. Doch mir war nur wichtig, die Welpen zu finden. Es war wie ein Beschützerinstinkt. Irgendetwas trieb mich voran. Wollte, dass ich sie finde, um sie vor den Gefahren zu beschützen. Aber ich konnte mir nicht erklären, wieso ich so dachte.

Immer tiefer führte mich mein Weg in den Wald, durchs unübersichtliche Unterholz. Die Bäume standen dichter beieinander, die Büsche wurden immer mehr. Ich sah nicht wo hin ich ging und dann trat ich ins Leere.

Abwärts. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, wie ich nach vorne einen kleinen Abhang hinab rutschte. Doch glücklicherweise war der Fall nicht tief und die Büsche fingen mich auf.
 

Mein Herz raste vor Schreck. Ich brauchte einen Augenblick um wieder alle Sinne bei mir zu haben. Vollkommen irritiert, wieso hier ein Abhang war und wieso ich ihn nicht gesehen hatte, saß ich da und beäugte meine Umgebung. Beziehungsweise vor mir auf die Erde. Erst jetzt, nachdem ich förmlich drauf starrte, erkannte ich Fußspuren. Kleine Pfotenabdrücke. Mit einem Grinsen auf den Lippen erhob ich mich und folgte den Spuren.

Die Kleinen waren also auch unvorsichtig diesen Abhang hinab gerutscht. Das erklärt wieso sie nicht mehr bei ihrer Mutter waren.

Ich stapfte weiter, bis ich auf eine Lichtung kam. Von weiten hörte ich das Winseln von kleinen Tieren und ich konnte mir auch denken von welchen. Ein Stein fiel mir vom Herzen, endlich die ersten Lebenszeichen zu finden. Doch ich ging nicht weiter, meine Füße waren wie angewurzelt. Was nun? Einfach so hingehen fiel aus. Sie würden wieder auf mich los gehen oder vor mir weglaufen. Ich lies mich auf der Lichtung nieder. Nahm den Braten, den ich in eine Frischhaltefolie gewickelt hatte, aus meinem Rucksack und legte ihn eine Handlänge von mir entfernt auf den Boden. Und wartete.

Und wartete. Doch nichts passierte. Niemand kam um sich an dem Fleisch zu bedienen, nicht einmal irgend ein anderes Tier. Nun gut, ich wollte hiermit auch gar keine anlocken und schon gar nicht wissen was hier noch so lebte und Fleisch verzerrte. Doch nun wusste ich, dass ich die Jungtiere so nicht anlocken konnte. Seufzend packte ich das Fleisch wieder ein. Vielleicht klappte die Anlocktechnik später doch einmal.

Unschlüssig blieb ich sitzen. Was sollte ich jetzt tun? Die Welpen würden nie freiwillig zu mir kommen, aber zwingen konnte ich sie auch nicht. Ich raufte mir die Haare, versuchte eine Lösung zu finden, die es gar nicht gab. Das war zum verzweifeln.

Ich entschied mich dafür, erst mal Blickkontakt zu den Welpen aufzunehmen. Sie mussten mich ja wahrnehmen, damit ich weiter handeln konnte. Aber was war, wenn sie weg rennen würden? Das wäre doof, aber nicht zu ändern. Es kam auf einen Versuch an. Ich packte das Fleisch in den Rucksack zurück und erhob mich.
 

Langsamen Schrittes folgte ich dem Winseln in einiger Entfernung und nach ein paar unübersichtlichen Stolperfallen und Büschen mehr, fand ich, wonach ich schon den ganzen Morgen gesucht hatte.

Wenige Meter voraus lag ein umgeknickter Baum auf der Seite und zu seinem Wurzelwerk. Dort lagen die vier Kleinenz beieinander gekuschelt. Erleichterung machte sich in mir breit. Endlich hatte ich sie gefunden. Die erste Hürde hatte ich bereits geschafft. Nun stand die nächste schon genau vor mir. Was sollte ich tun?
 

Das Knacken von einem Ast, auf den ich trat, zerstörte die ruhige Atmosphäre. Erschrocken hielt ich inne, als zwei der Jungtiere in Angriffsstellung sprangen. Sie knurrten mich an, als ich sie mich erblickten. Schluckend und ganz vorsichtig kam ich aus dem Busch heraus und blieb stehen. Ich weiß nicht warum, aber ich hob beschwichtigend die Hände. Doch die kleinen Wölfchen schienen diese Geste nicht zu verstehen.

Ihr Nackenfell sträubte sich und sie zeigten knurrend ihre Zähne. Wären sie größer, wäre ich bestimmt weg gelaufen vor Angst. Doch irgendwie hatte ich keine Angst vor den Kleinen, nicht einmal davor, von ihnen verletzt zu werden.

Die Welpen bewegten sich nicht vom Fleck, was mich schon mal aufatmen lies. Es wäre schwieriger gewesen ihnen hinterher zu laufen.
 

Langsam, ganz langsam kniete ich mich nieder und behielt die knurrenden Jungtiere im Blick. Ich zeigte keine Furcht, sie sollten verstehen, dass ich ihnen nichts tun wollte. Ich kramte die Holzschale aus meinem Rucksack und stellte sie vor mir auf den Boden.

Jede Bewegung wurde genaustens von den großen Knopfaugen verfolgt, die in einigen Metern Entfernung standen. Sie schienen bereits gemerkt zu haben, dass ich ihnen nichts tun wollte. Denn das Knurren wurde leiser und auch die Angriffsstellung lockerte sich etwas. Doch waren sie auf der Hut.
 

Ich öffnete die Milchpackung und goss sie in die Schale. Die halb offene Packung lies ich stehen und kroch in gehockter Stellung nach hinten und lehnte mich an einen Baum. Die Beine angewinkelt und den Kopf auf den Knien gelegt, betrachtete ich die Wölfchen, deren Blicke noch immer auf mir ruhten.

Die Situation entspannte sich und ich betrachtete die Welpen und sie beobachteten mich.

Irgendwann wurde ich wieder wach. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich überhaupt eingeschlafen war. Doch nun sah ich wie die Welpen um die Schale herum standen und wie ausgehungert die Milch tranken. Ein Lächeln überschlich meine Wangen. Noch immer war ich total schläfrig.

Wie spät es wohl sein mochte? Doch eigentlich war es mir egal. Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen, als ich sah, wie eines der Welpen versuchte die Milchpackung abzuschlecken.
 

+++ Ende 4 +++

Part 5

~ Wettlauf mit der Zeit ~
 

Hi, dieses kapitel ist wieder etwas schneller aus meinen Ideen entsprungen, Fehler werden noch nachträglich berichtigt. Ich hoffe es gefällt euch, es ist sogar etwas länger geworden als beabsichtigt.
 

+++ 5 +++
 

Ich wurde von fernen Rufen geweckt. Nur schwerlich bekam ich meine Augen auf. Es war bereits dunkel und die Kälte der Nacht schlich an meinen Beinen hinauf. Gänsehaut lies mich zittern. Nur mühselig erinnerte ich mich daran, wieso ich hier inmitten des Waldes saß.

Als ich mich umsah, entdeckte ich, dass die vier kleinen Welpen unter dem Wurzelwerk des Baumes schliefen. Das Milchpaket stand zu meiner Verwunderung noch.

Wie lange hatte ich wohl geschlafen? Müde strich ich mit meinem Ärmel den Schlaf aus meinen Augen.

Wieder hörte ich die Rufe, weit weg. Verwundert lauschte ich und erkannte, dass es nur mein Opa und mein Vater sein konnten, die nach mir suchten. Ein Stein fiel mir vom Herzen, aber ob das so gut war, wenn sie mich hier fanden? Schnell war klar: das sollten sie besser nicht.
 

Ich rappelte mich auf, packte meinen Rucksack und kippte von der Milchpackung den Rest in die kleine Holzschale. Das musste reichen, bis ich es schaffen würde morgen wieder zu kommen.

Meine Beine trugen mich schnell, die Rufe wurden lauter, und ich fand mich an dem kleinen Abhang wieder den ich hinab gerutscht war. Er war nicht hoch, vielleicht gerade mal 2 Meter, aber alleine würde ich mich da wohl nicht hoch gehievt bekommen.

„Hier bin ich“, schrie ich so laut wie ich konnte. Ich wartete einen Augenblick und hörte wie die Stimmen kurz verstummten und dann wurde das Rascheln von Büschen lauter und kam näher. Meine Hand krallte sich um den Riemen meines Rucksacks und ich erschrak.

Was würde passieren, wenn sie mich hier mit dem Rucksack sehen würden? Würden sie denken, ich wollte weglaufen oder würden sie nur unnötige Fragen stellen, besonders über den Inhalt des Rucksacks? Verunsichert sah ich mich um.

„Leonie? Bist du hier irgendwo?“, hörte ich die tiefe Stimme meines Vaters rufen. Ich schluckte.

„Ja, hier Vater, passt auf, hier ist ein kleiner Abhang“, rief ich zurück. Kaum mehr als ein paar Meter trennten uns voneinander und mir stand förmlich der Schweiß auf der Stirn.

Ich sah mich verzweifelt um, sah einen großen Busch der Ideal erschien und versteckte dort meinen Rucksack. Ich hatte keine Lust auf überwiegend lange Gespräche über den Inhalt des Rucksacks. Sie sollten nicht erfahren, dass die Wölfin Jungtiere hatte. Was würde wohl aus ihnen werden? Ich wollte gar nicht daran denken.
 

„Leonie, wie bist du denn da runter gekommen?“, fragte mein Vater. Ich sah zu ihm auf, er stand am Rand des Abhangs und hielt mir die Hand hin. Dankend lies ich mir helfen, wieder hinauf zu kommen.

„Ich war spazieren und hatte ein paar hübsche Blumen gesehen und war sie pflücken gegangen und plötzlich bin ich hier herunter gerutscht und nicht wieder rauf gekommen“, erklärte ich und versuchte Reue zu zeigen. Die Hälfte war ja nicht mal gelogen, ich wäre ja wirklich nicht mehr alleine hinauf gekommen. Aber vielleicht gab es ja an einer anderen Stelle eine bessere Möglichkeit am Abhang vorbei zu kommen. Ich hoffte es inständig und wusste, dass ich es später noch herausfinden würde.

Mir war klar, dass mein Vater mir nicht glauben würde, er kannte mich halt. Nichts holte mich früh morgens aus dem Bett, ohne Frühstück und dann im Wald zu verschwinden um Blumen zu pflücken. Ich konnte Blumen schon immer nicht leiden und Wälder auch nicht und trotzdem erstaunte es mich, dass er nichts weiter zu meiner Antwort hinzufügte. Vielleicht war er auch einfach erleichtert, mich gefunden zu haben. Das konnte ich schlecht einschätzen. Doch ich wusste, dass mein Vater mir sicherlich noch eine Standpauke halten würde.
 

Wie recht ich doch hatte, mit meiner Vermutung. Nachdem meine Mutter mich endlich in den Arm nehmen konnte, kam die erwartete Standpauke von seiner Seite und ich musste ohne Abendbrot ins Bett. Nun gut, ohne Essen zu Bett zu gehen war für mich nicht weiter tragisch, doch dass er mir auch gleich verbot, dass ich das Gelände nicht zu verlassen hatte, ärgerte mich somit umso mehr. Natürlich wusste mein Vater, dass ich eigentlich nichts lieber täte als in meinem Zimmer zu bleiben, doch dass konnte ich nicht. Immer und immer wieder kamen die Gedanken an die kleinen Welpen, die auf mich warteten. Oder zumindest, denen ich noch etwas zu essen bringen müsste. Vorerst würde es wohl reichen ihnen zweimal täglich ausreichend Milch zu bringen. Doch wie sollte ich das bewerkstelligen, ohne das jemand mitbekam, dass ich weg war? Das würde schwierig werden.
 

Ich schlief unruhig und hatte mir meinen Handywecker auf 4 Uhr gestellt. So leise, dass nur ich es mitbekam und nicht meinen Bruder weckte, als ich mich aus dem Zimmer schlich.

Ich war wach noch bevor mein Handy klingeln konnte. Die ganze Nacht hatte ich mich nur unruhig von der einen auf die andere Seite gewälzt und überlegt, wie ich es am besten bewerkstelligte. Normalerweise mochte ich es nie früh aufzustehen und ich hatte nur knapp 2 Stunden Zeit um heimlich wieder in mein Zimmer zu gelangen.

Ich achtete darauf meinen Bruder nicht zu wecken und schlich mich aus dem Zimmer.

Im Lager neben der Küche entwendete ich mir eine Packung Milch und aus dem Schuppen, neben dem Haus holte ich mir noch ein Seil und machte mich auf den Weg.
 

Es war düster und ich konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Der dichte Nebel über dem Waldboden lies mich eine Weile herum irren. Verzweiflung machte sich in mir breit. Alle Wege sahen gleich aus, kein Busch war anders. Kein Erkennungsmerkmal. Ich zuckte zusammen, als eine Eule ganz in der Nähe aufheulte. Eine Gänsehaut überzog meine Haut. Wo war ich denn hier schon wieder gelandet? Verwirrte der Nebel meine Sinne? Ich sah mich verzweifelt um, suchte nach einer Spur, nach dem Körper der Wölfin, die ich finden wollte. Da, wo ich wusste, wo ich lang musste. Der Gedanke daran, dass ich sie eigentlich vergraben wollte und dass immer noch nicht getan hatte, lies mein Herz mit Schuldgefühlen füllen. Zudem lief mir die Zeit davon. Mein Handy zeigte mir, dass es bereits um 5 Uhr durch war. Gar nicht gut. Wenn sie mich erwischten, wie ich das Gelände verlassen hatte, musste ich ihnen eine Rechenschaft abliefern und ich würde keine Chance mehr finden, mich heimlich hinaus zu schleichen. Das konnte ich auf keinen Fall zulassen. Ich eilte förmlich, wusste nicht wohin, doch meine Beine trugen mich nun mit einer Entschlossenheit, die ich nicht geglaubt hatte zu besitzen.
 

Es kam mir fast wie eine Ewigkeit vor, bis ich endlich Erleichterung empfinden konnte. Meine Schritte wurden langsamer und ich erblickte inmitten des Nebels den leblosen Körper der Wölfin, die ich schon die ganze Zeit gesucht hatte. Ich musste sie endlich begraben, doch ich hatte nicht genügend Zeit. Vorsichtig strich ich durch dass weiche Fell der Wölfin. Ich wusste, ich konnte sie hier nicht einfach so schutzlos liegen lassen. Doch was sollte ich machen? Ein erneuter Blick auf mein Handy lies die Alarmlocken bei mir klingeln. Es wurde langsam knapp, um die Wölfin musste ich mich wohl später kümmern. So Leid es mir auch tat, stürmte ich durch das dichte Gestrüpp und suchte nach dem Abhang, den ich schneller fand, als mir lieb war. Noch bevor ich reagieren konnte, rutschte ich erneut den Abhang hinunter und landete unsanft.
 

„Verdammt...“, fluchte ich, um nicht nur die Tatsache von meinem schmerzenden Hinterteil zu verkünden. Das war ja mal wieder eine tolle Leistung. Nun lag ich hier unten im Dreck und ärgerte mich über meine Unaufmerksamkeit. Mein ganzer toller Plan war den Bach hinunter gegangen. Wieso plante ich den die ganze Nacht durch, wenn dann doch wieder alles schief ging? Verächtlich schnaubte ich und versuchte mich zu erheben. Nicht nur, dass ich die geplante Zeit bereits überschritten hatte und den Abhang hinunterrutschte, bevor ich die Möglichkeit für einen Rückweg gefunden hatte, nein, jetzt hatte ich mir auch noch meinen Knöchel verstaucht. Seufzend nahm ich den bitteren Geschmack des Schmerzes zur Kenntnis. Das würde mir wieder viel Zeit beim Rückweg rauben, obwohl ich noch nicht mal wusste, wie ich zurück kommen würde.

Wenigstens war die Milch bei meinem Sturz nicht kaputt gegangen. Das war zumindest etwas gutes an diesen Debakel.
 

Als ich mich umsah fiel mein Blick auf einen Spaten, der nicht allzu weit von mir entfernt unter einem Busch hervorlugte. Irritiert starrte ich eine Weile auf dieses Werkzeug, bis mir wieder einfiel, dass ich es bei meinem ersten Sturz hier vergessen hatte. Wie ein Gedankenblitz durchzuckte mich eine neue Idee. Ob es wirklich klappen würde wusste ich nicht, aber es war einen Versuch wert. Mühselig schritt ich hinüber und spürte den pulsierenden Schmerz meines Knöchels überdeutlich. Ich biss die Zähne zusammen, hatte keine Zeit um mich darum zu kümmern und schmeckte die Ironie dieser Gedanken.
 

Ich erinnerte mich an einen späten Abend, als ich mit meinen Freundinnen nach einer Party, zu Fuß zurück nach Hause gegangen war. An diesem Tag wollte ich sie mit meinen neuen Stöckelschuhen überraschen, doch ich knickte um und verstauchte mir den Knöchel. Ich hatte solch einen Aufstand wegen der Schmerzen gemacht, dass sogar meine Eltern mich mit dem Auto abholen mussten. Wenn ich jetzt so daran zurück dachte, kam es mir ziemlich töricht vor. Aber meine Freundinnen hatten mir nie deswegen eine Szene gemacht, vielleicht weil sie auch mitfahren durften und nicht mehr zu Fuß zurück mussten.

Ich verscheuchte diese irritierenden Erinnerungen von meinem egozentrischen Charakter und versuchte mich auf mein momentanes Problem zu konzentrieren.
 

Ich schnappte mir den Spaten und begann gleich Löcher übereinander in den vorderen Abhang zu bohren. Wenn ich diese als Ersatz für eine Leiter nehmen würde, wäre es ein leichtes, den kleinen Abhang hinauf zu kommen.

Solch eine körperliche Arbeit, war noch nie mein Ding gewesen und würde es auch nicht in Zukunft werden.
 

Ich war echt erleichtert, als ich die Löcher groß genug hatte, um mit meinen Füßen hineintreten zu können. Den Spaten versteckte ich ganz in der Nähe hinter einem Baum und wandte mich meiner eigentlichen Aufgabe zu. Die Zeit war bedrohlich eng und ich rechnete auch nicht mehr damit unentdeckt zu Hause anzukommen, doch darüber konnte ich mir auch noch später Gedanken machen.

Ich fand die kleine Lichtung, auf der ich die Welpen zuletzt gesehen hatte schnell wieder. 4 kleine Augenpaare sahen mich forschend an. Leise, still und heimlich lugten sie unter dem Wurzelbett eines umgeknickten Baumes hervor. Kein Knurren, keine Angst. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Ich ging selbstsicher, aber vorsichtig auf die kleine Holzschale zu und setzte mich im Schneidersitz davor. Meinen protestierenden Knöcheln verdrängend, lächelte ich über beide Ohren. Ich holte die Packung Milch hervor und betrachtete erfreut, wie sich ihre Köpfchen neugierig hoben. Gestern hatte ich mich nicht getraut so dicht zu bleiben. Doch nun wedelte ich etwas mit der Milchpackung in der Luft herum und achtete genau darauf, dass ihre volle Aufmerksamkeit auf der Packung lag. Dann öffnete ich sie und goss etwas in die Schale. Ich versuchte die Welpen nicht direkt an zu starren, in der Hoffnung, dass sie jetzt wirklich kamen. Doch als sich nun der Erste vorsichtig heran tastete und auf mich zu kam, freute ich mich ungemein.

Ganz vorsichtig und voller Konzentration kam es näher an die Schale heran und behielt mich im Auge. Ich versuchte mich nicht zu bewegen, um sie nicht gleich wieder zu verscheuchen. Mein Herz schlug mir vor Aufregung bis zum Hals. Ich traute mich nicht einmal zu Atmen, so gespannt war die Atmosphäre. Der kleine Welpe schnupperte an der milchigen Flüssigkeit und begann mit seiner Rute zu schwingen. Es ähnelte dem Wedeln von Hunden, wenn sie sich freuten. Mein Lächeln wurde noch breiter, als der Kleine anfing zu trinken und langsam auch die anderen nach einander an getippelt kamen um sich ihren Teil zu holen.

Zu meiner großen Überraschung kam der Größte der Vier, der auch als erstes zur Milch heran getapst war, um die Schale herum auf mich zu. Es schnupperte argwöhnisch an meiner Jeans und ich traute mich nicht mich zu bewegen.
 

Als sich unsere Blicke trafen, kam es mir vor, als wolle er mir etwas mitteilen. Seine Augen ähnelten der Wölfin. Bernsteinfarben und wissend. Wieso ich mir das einbildete, wusste ich nicht, aber ich streckte ganz langsam meine offene Handfläche ihm entgegen und spürte sein kleines, feuchtes Näschen und seine raue Zunge, als er begann meine Hand ab zu lecken. Ich konnte diesen Glücksmoment, der meinen Körper wie eine Wonne warmer Sonnenstrahlen erwärmte, kaum fassen. Als die Schale leer getrunken war, um wuselten mich alle Welpen aufgeregt. Ihre Angst schien verflogen, vielleicht lag es auch daran, dass ich nach ihrer Mutter roch oder ich ihnen etwas zu trinken gegeben hatte.
 

Es war das aufregendste und schönste Erlebnis, was ich je erlebt hatte, so kam es mir vor. Noch nie hatte ich mich in der Umgebung von Tieren so wohl gefühlt. Obwohl ich mich zuvor immer von allen Lebewesen der freien Natur ferngehalten hatte, konnte ich mir jetzt nichts schöneres mehr vorstellen, als hier zu sitzen, umringt von Wolfswelpen und mit ihnen zu spielen. Doch ich wusste, dass es so nicht weitergehen konnte und doch versuchte ich diesen Moment wie keinen anderen zu kosten. Als wäre die Zeit um mich herum eingefroren. Ich wollte für immer an ihrer Seite bleiben. Was für ein törichter Gedanke.
 

Abwesend starrte ich auf mein Handydisplay und bekam einen dicken Kloß im Hals. Die Zeit war wie im Flug vergangen und es war bereits gegen 7 Uhr. Sie würden jetzt alle bereits beim Frühstück sitzen und mein Bruder hätte sicherlich schon erzählt, dass ich fort war. Der bittere Geschmack der noch bevorstehenden Probleme, lies mich in die Realität zurück kommen. Ich konnte nicht ewig hier sitzen bleiben. Schweren Herzens stand ich auf und goss den letzten Rest der Milch aus der Packung in die Schale. Ich sah den kleinen Welpen lächelnd dabei zu, wie sie sich begierig darauf stürzten.

Langsam drehte ich mich um und machte mich auf den Rückweg. Ein Winseln hinter mir hielt mich davon ab den Abhang hinauf zu klettern. Eigentlich hatte ich nicht vor mich noch einmal um zu drehen, um es mir noch schwerer zu machen. Doch ich schaffte es nicht. Als ich mich nun umdrehte und vier kleine Welpen hinter mir stehen sah, brach es mir fast das Herz, jetzt zu gehen. Doch ich konnte auch nicht länger bleiben. Ich beugte mich hinunter und streichelte allen über ihre Rücken, die sie mir förmlich entgegenstreckten. Ich lächelte als ich nun durch meine selbst gebaute Leiter hinauf kletterte und die Welpen zurück lies, die nach mir riefen. Ich versuchte alle Geräusche auszublenden, lief einfach los, obwohl mein Knöchel vor Schmerzen schrie. Die Bilder der großen Knopfaugen wollten einfach nicht aus meinen Kopf verschwinden. Aber was sollte ich denn tun? Ich konnte nicht ewig da herum sitzen, wenn meine Eltern etwas mitbekamen, würden sie mir die Wölfe wegnehmen oder gar töten. Dieser grausige Gedanke saß wie ein spitzer Pfeil neben meinem Herzen. Nur darauf bedacht mir Angst zu machen, bevor es überhaupt passierte.
 

Ich war gerannt, bis zum Haupthaus. Mein Atem ging schnell, ich war vollkommen aufgelöst von den schrecklichen Dingen die den Welpen angetan werden könnten und den Erinnerungen an diese atemberaubenden Momente des Vertrauens.
 

Da ging auf einmal die Tür auf und mein kleiner Bruder starrte mich an. Mein Herz trommelte wie verrückt und mein Blut rauschte in meinen Ohren. Nur ein Wort von ihm und mein Vater wüsste Bescheid. Er wusste, dass ich das Gelände verlassen hatte, dass ich irgendwo war und er würde den ganzen Wald umgraben, bis er es heraus fand. Wie ein großer Stein in meinem Magen war die Beklemmung.
 

+++ Ende 5 +++

Part 6

~ Gespräche ~
 

Dieses Kapitel ist etwas Informativhalber entstanden und wird auch nochmal wegen Fehlern nachkontrolliert. Ich hoffe trotzdem, dass es such gefallen wird.
 

+++ 6 +++
 

Mein Herz raste, die Blicke von meinem Bruder waren wissend. Wissend, dass er mich jetzt in der Hand hatte. Ich schüttelte den Kopf, formte mit dem Mund die Worte „Bitte“ und „Nicht rufen“. Hoffte, dass mein Bruder mich jetzt nicht verriet. Hoffte, dass noch nicht alles zu spät war.

Als ein Grinsen über sein Gesicht huschte, lief mir das Blut aus dem Gesicht. Ich war totenblass von der Gewissheit, was er gleich machen würde.

„Komm schnell, Vater schläft noch“, flüsterte er leise, so dass ich es nur hören konnte. Erst starrte ich ihn nur verwundert an. Dann Erleichterung und huschte fix an ihm vorbei ins Haus, die Treppe hoch und ins Zimmer. Mein Herz raste noch immer, doch nun war ich erfüllt von Dankbarkeit. Er hatte mich nicht verraten und das war mir genauso ein Rätsel wie das, mein Vater noch schlief.
 

Ich lies keine Zeit zum nachdenken, ging ins angrenzende Bad, was unser Zimmer hatte um zu Duschen, alle Reste von Dreck aus meinen Haaren und meinem Körper zu bekommen. Als ich zurück ins Zimmer kam, saß mein Bruder wartend auf seinem Bett und starrte neugierig zu mir herüber. Eigentlich mochte ich es nicht so angestarrt zu werden und die Neugier meines Bruders war auch unerträglich. Doch er hatte mir den Hals gerettet und so war ich ihm schuldig, auch die Wahrheit zu sagen. Ich konnte nur beten, dass er auch nach der Wahrheit den Mund halten würde.

Ich pflanzte mich auf mein Bett, an der gegenüberliegenden Wand und rubbelte meine Haare mit einem Handtuch trocken. Noch immer lag sein Blick wartend auf meinem, doch ich wusste nicht was er hören wollte und wie ich das Erklärungen sollte. Würde er mir überhaupt glauben?
 

„Sag mal, wieso schlafen die denn noch alle?“, platzte es aus mir heraus. Es war mir schon gleich seltsam vorgekommen, dass nicht mal mein Opa wach war, um seinen Arbeiten nachzugehen. Niemand konnte ihn daran hindern um 6 Uhr aufzustehen.

Er antwortete mit einem Grinsen, kramte in seiner Hosentasche und hielt ein kleines Gläschen hoch. Es war gerade mal so groß, dass er es zwischen Daumen und Zeigefinger festhalten konnte. Eine silbrig scheinende Flüssigkeit enthielt die Flasche. Aber sie war fast leer.

Ich schluckte.

„Keine Bange, dass ist nur Schlafmittel. Die werden noch etwas vor sich hin schlummern“, meinte er zu seiner Erklärung und steckte das Gläschen wieder ein.

„Wo hast du das denn her und wieso betäubst du unsere Eltern?“, fragte ich vollkommen schockiert. Nicht, dass er das getan hatte, sondern weil ich ihm das gar nicht zugetraut hätte. Doch er zuckte nur die Schultern.

„Haben wir mal im Chemieunterricht gelernt und ich hab es schon öfters verwendet, wenn ich am Wochenende mal nicht so früh aufstehen wollte“, meinte er grinsend und seine Worte erinnerten mich an die schönen, vereinzelten Samstage, wo ich mal 2 bis 3 Stunden länger schlafen konnte, weil meine Eltern verschlafen hatten. Ich dachte immer, dass wäre davon gekommen, weil sie erschöpft von der vielen Arbeit gewesen wären. Nun ergab es natürlich auch Sinn. Aber ganz abkaufen konnte ich ihm seine Geschichte nicht. Man lernte im Unterricht nicht, wie man seine Eltern länger schlafen lies. Wenn die das wüssten, würde es ganz schön Ärger geben.

„Sei lieber froh, hätte ich es nicht gemacht, hätte Vater dich entdeckt, so wie du von oben bis unten mit Dreck beschmiert hier ankommen bist, wäre mehr als nur eine Frage ungeklärt gewesen“, meinte er wissend und ich schluckte betroffen. Recht hatte er ja.

„Ich danke dir, aber woher konntest du wissen, dass ich es nicht rechtzeitig zurück schaffen würde?“, wollte ich wissen. Natürlich wusste er genauso wie ich, dass ich Zeiten noch nie einhalten konnte und es immer schaffte zu spät zu kommen. Aber dennoch war es mir ein Rätsel.

„Vater hatte vorgehabt heute Nacht wach zu bleiben und heraus zu finden, ob du abhaust“, meinte er erklärend und ein dicker Kloß steckte in meinem Hals. Ich wäre ihm also geradewegs in die Falle gelaufen. Jetzt bemerkte ich erst, was für ein Glück ich gehabt hatte, dass mein Bruder mir geholfen hatte. Dankbar sah ich ihn an.

„Oh man, dass wäre ja voll nach hinten los gegangen, wenn du mir nicht geholfen hättest“, meinte ich anerkennend und dankend. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was dann passiert wäre.

„Jetzt sag schon, Leonie, was hat dich dazu gebracht, dich heimlich in den Wald zu schleichen? Liegt es an der Wölfin? Wolltest du sie begraben?“, fragte er nach und jetzt zeigte er seine Neugier offen. Seine Augen schienen richtig zu glänzen.

„Halbwegs. Ja, ich wollte die Wölfin noch begraben, doch eine andere Tatsache beschäftigt mich. Sie hat mich um etwas gebeten“, meinte ich erklärend und kratzte mir verlegen am Hinterkopf. Ich wusste ja selber, wie abwegig sich das anhörte.

„Dich? Gebeten? Worum und wie? Seit wann kannst du Tierisch?“ Ich wusste dass mein Bruder das sarkastisch fand und er dachte ich würde ihm auch nur eine Lüge auftischen. Aber es war halt nicht alles so real zu glauben und schon gar nicht bei meiner Persönlichkeit, die er kannte.

„Ja, es ist ein bisschen verwirrend und unglaubwürdig, aber seit dem Tod der Wölfin, hat sie mich in meinen Träumen verfolgt und mir die Waldlichtung gezeigt. Sie hat nicht mit mir geredet. Ich bin ja nicht bescheuert, wenn du das denkst. Aber sie hat mich stumm gebeten, noch einmal zurück zu kehren. Ich weiß wie bescheuert sich das anhört“, meinte ich zu meiner Verteidigung aufzubringen. Ach man, ich wusste einfach nicht, wie ich es ihm glaubwürdig unterbreiten konnte.

„Du spinnst ja. Aber so wie es aussieht, waren es eher deine Schuldgefühle, als die Wölfin selber, die dich heimgesucht haben“, entgegnete mein Bruder, mal wieder allwissend. Natürlich hatte er in diesem Punkt nicht Unrecht, aber irgendetwas war da gewesen. Vielleicht bildete ich es mir ja auch nur ein. Aber mein Traum hatte sich ja bewahrheitet.

„Ob du mir nun glaubst oder nicht, ist mir egal. Auf jeden Fall bin ich zurück in den Wald und hab die Wölfin auch gefunden und 4 kleine Wolfswelpen“, gab ich ihm dann doch mein Geheimnis zu Verlaut. Es herrschte Stille. Er sah mich ungläubig an, schien zu überlegen ob er mit meine Worte abkaufen sollte oder nicht. Aber dann sah ich wieder dieses eigenartige Glitzern in seinen Augen.

„Wirklich, kleine Welpen? Und zu den verschwindest du jetzt immer?“, hakte er noch einmal nach um sich zu vergewissern, dass es wirklich wahr war. Ich nickte zustimmend, endlich erleichtert, dass er mir zumindest zu glauben schien.

„Nimm mich bitte mit!“, bat er mich und starrte mich unverwandt an. Es war eine reine Bitte, keine Aufforderung. Anscheinend wollte er, dass ich ihn an meinem Geheimnis teilhaben lies. Eigentlich wollte ich diese glücklichen Momente nicht teilen, aber vielleicht hatten wir zu zweit mehr Chancen, um uns um die Welpen zu kümmern.

„Ja okay, hör zu. Ich habe ihnen heute morgen schon etwas Milch gebracht, dass müsste für ein paar Stunden reichen. Irgendwann im Laufe des Tages müsste ich noch einmal hin und ihnen noch etwas Milch bringen“, erklärte ich ihm meinen Plan, den ich zwar vorhatte, aber nicht wusste, wie ich es in die Tat umsetzen konnte.

„Nur Milch? Du meinst diese reine Kuhmilch, die wir hier ab gepackt trinken? Das wird denen nicht reichen, ich weiß zwar nicht wie alt die Welpen sind, aber sie brauchen auch schon feste Nahrung“, versuchte mein Bruder mich zu belehren und überlegte. Ich erinnerte mich daran, dass mein Bruder sich schon immer für Tiere interessiert hatte und diesbezüglich mehr Erfahrung auf dem Gebiet zu haben schien.

„Und was soll ich ihnen sonst anbieten? Ich hab noch einen Schweinebraten gefunden, den haben sie aber nicht angerührt“, versuchte ich ihm den Standpunkt klar zumachen, dass ich es schon versucht hatte.

„Wenn sie noch nicht auf Fleisch reagieren, dann brauchen sie etwas anderes. Opa hatte ja bis vor kurzen noch einen Hund, also müsste er irgendwo noch abgepacktes Nassfutter haben und Trockenfutter. Zwar sind das Wölfe, aber vorübergehend würde das auch reichen“, führte er mir vor Augen, dass die Ernährung der kleinen Welpen, nicht gerade einfach werden würde.

„Lass uns erst mal nach schauen, bevor unsere Eltern aufwachen“, schlug mein jüngerer Bruder vor, erhob sich und stürmte aus dem Zimmer. Ich folgte ihm rasch, versuchte aber nicht zu laut zu sein. Nicht das sie uns dabei erwischten, wie wir das Lager plünderten.
 

Zu unserem Glück wurden wir ganz hinten im Lager fündig. Hier hatte Opa reichlich Konservendosen mit Hundefutter gebunkert. Alles noch lange haltbar. Um die Versorgung würden wir uns keine Sorgen machen müssen. Mein Bruder packte einige verschiedene Sorten von Dosen in einen Rucksack den er hatte, 2 Holzschalen, eine alte Wolldecke, 2 Milchpakete und eine abgepackte Wasserflasche.

„Das müsste erst mal reichen“, meinte er flüsternd. Rasch folgte ich ihm aus dem Lager. Sein Weg führte ihn nach draußen, quer über den Hof, Richtung Scheune. Er kroch durch eine kleine Luke am Hintereingang hindurch, die gerade mal so groß, wie eine Hundeklappe war. Unser alter Benni hatte bestimmt auch durch gepasst.

Es war dunkel und schwül-warm. Durch die Holzritzen drangen vereinzelte Lichtstrahlen.

Er versteckte den Rucksack hinter einem Heuballen und kroch dann wieder zur Luke zurück.

„Hier schaut Opa nur zur Herbstzeit herein, hier können wir alles verstecken“, teilte er mir mit. Er spähte aus der Luke und kroch etwas zurück. Mit dem Zeigefinger vor dem Mund zeigte er mir, dass ich leise sein sollte. Mein Herz schlug schneller.
 

Ich hörte draußen das Knirschen von Schuhen auf dem Kies, der den Innenhof bedeckte. Das quietschen der alten Holztür, die zum Schuppen neben dem Haus gehörte. Ich hörte das tiefe Gemurmel von Vaters Stimme. Er schien nicht gerade gut gelaunt.

„Mann, Dennis hat es wieder mal geschafft“, hörte ich Vater verärgert sagen. Ich merkte, wie mein Bruder auf seinen Namen hin zusammen zuckte und ich konnte mir auch vorstellen, wieso Vater so wütend war.

„Ach Werner, hab dich nicht so griesgrämig. Er wollte dir bestimmt nur etwas Schlaf schenken, nachdem du die letzten Nächte so schlecht geschlafen hattest“, hörte ich die beruhigenden Worte aus Opas Mund. Dieser schien die ganze Sache eher amüsant zu finden.

„Wer weiß, aber mein ganzer Tagesablauf hat sich verschoben deswegen, heute müssen wir doch das Feld pflücken. Außerdem schleicht sich meine Tochter Nachts heimlich heraus. Irgendwas ist da im Busch. Vielleicht hat sie ja einen Kerl aus der Nachbarschaft getroffen und flirtet mit ihm herum. Wir sind hier um Ferien zu machen und nicht um sich Nachts herum zu treiben“, fluchte Vater. Ich hörte meinen Bruder kichern, er fand diese Vorstellung auch lustig, ich aber nicht. Aber andererseits war ich froh, dass seine Gedanken sich nicht um die Wölfin drehte.

„Nun hab dich nicht so, sie ist noch jung. Lass ihr doch den Spaß, sperr sie nicht immer ein. Dann ist doch klar, dass sie sich dir nie offenbart, wenn du immer nur meckerst und ihr nicht zuhörst“, meinte Opa beschwichtigend. Da gab ich Opa Recht: mein Vater könnte wirklich etwas toleranter sein.

„Es wäre ja nicht so schlimm, wenn ich nicht von den Gefahren da draußen wüsste. Erst letztens wurde sie von einem Wolf angefallen, wer weiß wie viele noch da draußen lungerten. Es hätte auch schlimmer ausgehen können. Heute Abend werde ich auf die Jagd gehen!“

Mein Vater schien entschlossener denn je, nach den Wölfen Ausschau zuhalten und sie zu töten. Ein eisiger Schauer lief mir über den Rücken. Was sollte ich tun? Die kleinen Welpen waren im Wald jetzt nicht mehr in Sicherheit. Aber was sollte ich denn tun? Und die Wölfin hatte ich auch noch nicht begraben Wort streichen. Mein Bruder tauschte beunruhigende Blicke mit mir aus. Er wusste es. Ich wusste es. Irgendetwas musste passieren, irgendetwas musste getan werden.

Und uns beiden schien derselbe, aberwitzige Gedanke durch den Kopf zu schießen. Die Scheune. So gefährlich es auch sein mochte, die Welpen so dicht bei der Gefahr zu halten, waren sie doch sicherer als im Wald. Hier würde Vater sicherlich nicht nach schauen. Außerdem war die Scheune groß genug, um mehrere Verstecke zu nehmen, wenn er doch auf die Idee kam, hier eine Inspektion durch durchzuführen. Doch wie bekamen wir die Welpen hierher?
 

+++ Ende 6 +++

Part 7

~ Die Ruhe vor dem Sturm ~
 

Das Kapitel wird noch nachkontrolliert wegen Fehlern. Ansonsten ist es so eine Art Übergang zum nächsten kapitel. Hoffe das es euch gefällt
 

+++ 7 +++
 


 

Nachdem Vater und Opa auf dem Feld verschwunden waren, stürmten Dennis und ich Richtung Wald. Wir wollten keine Zeit verlieren, denn uns blieben nur wenige Stunden Zeit. Mutter wird uns sicherlich nicht verpfeifen.

Meine Beine trugen mich wie von selbst und mein Bruder folgte mir beständig, vorsichtig. Ich spürte förmlich seine Aufregung. Er hatte, bevor wir uns auf den Weg machten, alle Konservendosen zurück gelassen und nur eine Packung voller Leckerbissen und die Wasserflasche in seinem Rucksack gelassen und mitgenommen. Mit irgendwas musste er ja seine Zuneigung zu den Welpen erreichen und ich fand die Idee gut, schließlich hatte ich es auf die selbe Weise geschafft.

Unser Schritte wurden langsamer als wir die Wölfin erreicht hatten. Ich war vollkommen außer Atem und mein Knöchel machte nur all zu deutlich was er davon hielt.

„Wenn wir schon mal hier sind, wollen wir die Wölfin gleich begraben?“, fragte ich ihn und streichelte durch das Fell der Wölfin.

„Ja schon, aber wo wollen wir sie begraben und wie sollen wir ein tiefes Loch nur mit unseren Händen schaufeln? Dann wären wir ja in Jahren noch nicht damit fertig“, meinte er wissend.

„Ich habe hier in der Nähe einen Sparten versteckt. Denn hatte ich schon mitgenommen gehabt, um die Wölfin zu begraben, aber wir ja nicht genügend Zeit geblieben. Warte hier kurz, ich hol ihn schnell“, mit diesen Worten stürmte ich schon durch die dichten Büsche hindurch und blieb gerade rechtzeitig am Abhang stehen, um nicht wieder hinunter zufallen. Vorsichtig kletterte ich durch die selbstgemachten Stufenlöcher herab, kramte den Sparten unter einem Busch hervor und kämpfte mich wieder den Abhang hinauf.

Mein Bruder sah mich mit großen Augen an, als ich vollkommen außer Atem wieder in seinem Sichtfeld erschien.

„Das ging ja fix und wo wollen wir sie begraben? Gibt es hier eine geeignete Stelle?“, fragte er mich und schien abzuschätzen, wie schwer der Körper des Wolfes wohl sein möge.
 

Doch auch darauf wusste ich eine Antwort. Wir schleppten die Wölfin durch die Büsche hindurch, lies meinen Bruder am Abhang hinunterklettern und die Wölfin hinunter reichen. Obwohl der Körper mit dem weichen Fell, verdammt schwer war, schafften wir es zu zweit. Nur noch wenige Schritte trennten uns von der Lichtung, wo sich die kleinen Welpen befanden. Vorsichtig traten wir hinaus. 8 große Knopfaugen kucken uns verwirrt entgegen, als wir den Körper ihrer Mutter auf den Boden legten.

Sie bewegten sich nicht, blieben in ihrer sicheren Kuhle unter dem Wurzelwerk. Vielleicht lag es auch an meinem Bruder, vor dem sie Angst hatten. Doch ich spürte seine Freude, dass er wirklich Welpen zu Gesicht bekam.

Ich dachte schon, dass er sich sofort um die Welpen kümmern wollte, doch stattdessen begann er ein Loch zu Buddeln und ich gab den kleinen eine Schale voll Milch zur Beruhigung, doch sie schienen nichts trinken zu wollen. Vielleicht lag es daran, dass wir ihre tote Mutter hergeholt hatten und sie noch einmal den Verlust durchleben mussten.
 

Es tat mir leid, doch was wir noch vorhatten, würde sie wohl noch weniger wollen, aber uns blieb nichts übrig. Ich suchte nach ein paar Ästen, holte meinen Rucksack heran und das Seil, was ich in einem Busch beim Abhang zurück gelassen hatte und bastelte ein Kreuz.

Es kam mir wie viel zu lange vor, bis das Loch tief genug war und wir den toten Körper der Wölfin darin betten konnten. Als wir sie begraben hatten und Dennis das Kreuz an das eine Ende in den Boden pflanzte, hatte ich ein paar Wildpflanzen, Kräuter und vereinzelnde Blumen zusammen gesucht, um sie aufs Grab zu legen. Langsam kamen wir zu ruhe, saßen neben dem Grab und sahen zu den Welpen hinüber. Die Holzschale ganz in der Nähe. Die Milch war unangerührt.
 

Mein Bruder raschelte mit der Packung in seiner Hand um die Aufmerksamkeit der kleinen auf sich zu ziehen. Es schien auch zu funktionieren. Sie hoben interessiert und neugierig ihre Köpfchen und spähten herüber. Sie schienen nicht so viel Angst zu haben, da sie nicht davon gelaufen waren, als wir kamen.

Dennis öffnete langsam die Packung und lies ein paar kleine Fleischbissen auf seine Hand fallen. Es waren solche trockenen Stückchen, die saftig wurden, wenn sie mit Wasser in Berührung kamen. Das hatte ich schon mal in der Werbung gesehen.
 

Gespannt sah ich zu, wie er seine offene Hand ihnen hinhielt und mit leisen, heranlockenden Geräuschen, die Welpen auf sich aufmerksam machte. Faszinierend, wie einfach es bei ihm ging ihr Vertrauen zu erlangen. Fast neidisch wurde ich, als die Kleinen auf ihn zukamen und ihm förmlich aus der Hand fraßen. Ich konnte es fast nicht glauben.
 

Über eine Stunde saßen wir hier herum und mittlerweile hatten die kleinen Welpen ihre Angst überwunden. Sie hatten die Milch und die Fleischbissen verputzt und ließen sich genüsslich die Bäuche streicheln.

Doch wir konnten nicht ewig hier sitzen, deshalb begann ich bereits alles zusammen zu suchen. Meinen Rucksack, das Seil, den Sparten, die mittlerweile leere Holzschale, die Wasserflasche und denn Schweinebraten, denn ich kurzerhand hinter dem nächsten Busch verschwinden lies. Den bräuchte ich ja nicht mehr.

Alles verstaute ich so gute es ging in meinem Rucksack und kam zurück auf die Lichtung.

Mein Bruder tollte so gelassen mit den jungen Welpen, als kenne er sie schon lange. Irgendwie war es eigenartig, dass ich dass noch nicht gekonnt hatte. Doch mein Bruder zeigte mir mit einfachen Tricks, wie ich ausgelassen spielen konnte und es half. Es machte mir richtig spaß, wie sich die kleinen Wölfe um unsere Hände schlangen und sich auf unseren Beinen zum ruhen anlehnten.
 

Wir hätten noch ewig so weiter spielen können, wäre da nicht das Problem mit unserem Vater. Er würde bald vom Feld zurück kehren und sich fragen wo seine beiden Kinder sich wohl aufhielten. Zudem durfte er ja nicht mitbekommen, dass ich das Gelände verlassen hatte.

„Dennis uns läuft die Zeit davon“, erwähnte ich und er wusste worauf ich anspielte. Wir wollten unseren Plan noch umsetzen ohne das uns was dazwischen kam.

Wir erhoben uns und machten uns auf den Weg Richtung Abhang. Zu unserem Glück kamen uns die Welpen hinterher getollt, fiepten vor Freude, über dieses neue Spiel.
 

Es klappte alles wie am Schnürchen. Nachdem ich schon hinauf geklettert war, reichte Dennis mir einen Welpen nach dem anderen hinauf. Meinen Rucksack und den Sparten. Wir beeilten uns den schmalen Wanderpfad entlang zu laufen. Die vier Kleinen versuchten schritt zuhalten.

Kurz vor dem Grundstück blieb ich mit den Welpen hinter einem Busch versteckt und passte auf dass sie bei mir blieben und nicht einfach losliefen. Dennis spähte unterdessen den Hof ab und kam zurück um immer jeweils einen Welpen zu holen, unter seiner Jacke versteckt übern Hof zu tragen, durch die Luke in den Schuppen. Wir hatten echt Glück, dass uns keiner sah und dass sie Welpen so gut mit agierten. Als Dennis den letzten Welpen abgeholt hatte, lies ich zum Schuppen neben dem Haus und legte den Sparten und das Seil zurück. Danach folgte ich ihnen in den Schuppen.

Als ich ankam, sah ich bereits dass Dennis die Welpen, über eine Leiter, in die obere Etage verfrachtete. Ich packte die Konservendosen und anderen Utensilien die er hier in der Scheune versteckt hatte, in meinen Rucksack und kletterte über die Leiter hinauf. Viel Heu bedeckte die Holzdielen, die unter unseren Füßen knirschten. Die Welpen tobten auf ihrem neuen Revier herum, schienen keine Angst zu haben.
 

„Dennis sag mal, was machst du da?“, fragte ich ihn verwundert. Er war gerade dabei, große Heuballen, wie eine Wand nebeneinander aufzuhäufen.

„Nun ja, die Kleinen tollen sehr herum und ich baue diesen Schutzwall, zum einen, damit sie hier nicht herunterstürzten und zum anderen, damit sie vor fremden Augen versteckt sind“, erklärte er mir. Das leuchtete mir ein. Da mir aber die Heuballen zu schwer waren, lies ich das ihn machen und nahm stattdessen einen anderen Heuballen auseinander und baute eine kleine Schlafecke für die Welpen.

Die Decke die Dennis aus dem Lager entwendet hatte, kam so nun zum Einsatz. Als ich nach ihnen rief, kamen die kleinen Welpen neugierig heran gehuscht. Ich war wirklich erstaunt, wie gut sie schon hörten, obwohl ich sie erst so kurz kannte. Sie tobten förmlich auf dem kleinen Heuberg und der Decke herum und zeigten, wie viel spaß ihnen dass machte. Ich konnte vor Freude nur lachen.

Ich holte aus dem Rucksack die Holzschalen heraus und stellte sie alle in einer Reihe an die Wand. In dem einen gab ich Milch, in einen Wasser und in den anderen gab ich das Fleisch aus einer Konservendose. Den Rest samt Rucksack warf ich in eine Ecke.
 

Dennis setzte sich zu mir und wir sahen zu, wie die Welpen die Holzschalen und ihren Inhalt untersuchten.

„Meinst du wirklich dass man die Kleinen hier oben nicht findet?“, fragte ich unsicher nach. Nun wo alles viel zu perfekt geklappt hatte, machte ich mir wieder sorgen. Vielleicht hatte Vater uns gesehen, war vielleicht schon früher von der Feldarbeit zurück gekommen oder Mutter hatte uns gesehen oder die Großeltern.

„Sieh das mal nicht so pessimistisch. Wenn wir die Wölfe hier oben haben, ist das weit aus weniger gefährlich, als im Wald“, meinte Dennis. Ich hoffte er hatte recht.
 

Am Abend saßen wir alle zusammen beim Abendbrot. Vater und Opa unterhielten sich die ganze Zeit über die Feldarbeit und über ihren noch bevorstehenden Jagt, die für den Abend geplant war. Ich war erleichtert darüber, dass er Dennis und mir keine Beachtung schenkte.
 

So ging es auch die ganze Woche über ruhig weiter. Vor dem Frühstück schlichen wir rüber in die Scheune, fütterten die Welpen und waren zum Frühstück wieder da. Abends warteten wir, bis alle schliefen und verbrachten ein paar Stunden mit spielen in der Scheune.

Ich war schon fast daran zu glauben, dass es auch so weiter gehen könnte.

Als Vater uns am Samstagabend in der 3 Ferienwoche nach dem Abendbrot zu sich rief, waren Dennis und ich vollkommen verzweifelt. Hatte er etwas heraus gefunden? Was wollte er sagen?
 

+++ Ende 7 +++

Part 8

~ Abreise? ~
 

Hier nun das nächste Kapitel, wir nähern uns langsam dem Ende, aber keine Angst, es kommen noch ein paar Kapitel. Hoffe ich mal. ^^ Dieses Kapitel wird noch nachkontrolliert. Ich hoffe es gefällt euch.
 

+++ 8 +++
 


 

Als Vater uns am Samstagabend in der 3 Ferienwoche nach dem Abendbrot zu sich rief, waren Dennis und ich vollkommen verzweifelt. Hatte er etwas heraus gefunden? Was wollte er sagen?
 

Nüchtern und voller Vorahnung was passieren würde, standen wir vor ihm im Schlafzimmer. Wieso er uns hierher beordert hatte, konnten wir uns denken.

„Ich muss mit euch reden“, meinte er trocken und seine Laune schien nicht die Beste.

Meine Zunge war so schwer wie Blei in meinem Mund, ich konnte nicht antworten, starrte ihn einfach nur resignierend an. Darauf wartend was er uns zu sagen hatte. Angst beschlich mich, was würde aus den Welpen werden?
 

„Meine Arbeit hat mich angerufen, wir müssen noch morgen Mittag abreisen“, erklärte er und holte aus seinem Schrank einen Koffer und packte seine Sachen hinein. Mir stockte der Atem. Die Worte halten in meinen Ohren wieder. Ungläubigkeit, aber auch Erleichterung. Ich war so darauf gefasst gewesen, dass er von uns wissen wollte, was wir die ganze Zeit trieben haben oder dass er es bereits heraus gefunden hätte. Doch damit, dass wir 3 Wochen zu Früh abreisen sollten, ohne dass ich mir Gedanken darüber gemacht hatte, was danach aus den Welpen werden würde, lies meine ganze Umgebung in Scherben bersten. Ich hatte den Gedanken an die Rückfahrt, ganz verdrängt.

Wollte für immer bei den Welpen bleiben. Hatte wohl die Realität aus den Augen verloren. Jetzt abzureisen kam gar nicht in Frage. Ich schluckte schwer und versuchte Mut zu fassen. Es musste so Belanglos wie Möglich klingen, damit er keinen Verdacht schöpfte.

„Müssen wir wirklich morgen schon abreisen? Können wir nicht noch etwas länger bleiben?“, hinterfragte ich und sah meinen Vater mit einen bittenden Blick an.

„Mit Jungs kannst du dich auch in der Stadt rumtreiben, wenn dass dein einziger Grund ist, hier bleiben zu wollen“, meinte mein Vater bestimmend. Ich schluckte. Ich warf einen flehenden Seitenblick zu Dennis, doch auch er schien keine Ausrede parat zu haben.

„Ich möchte hier bleiben, um noch etwas Zeit mit Oma und Opa zu verbringen“, kam es als erneuter, eher kläglicher Versuch. Sein Blick sah wissend aus, eher unbeeindruckt und misstrauisch. Er kannte mich, zumindest in mancher Hinsicht.

„Du hattest die ganze Zeit über die Möglichkeit gehabt, dich mit deinen Großeltern zu beschäftigen, aber du hast es eher bevorzugt, in der Gegend rumzuziehen. Nun komm mir nicht mit dieser Ausrede.

Morgen reisen wir ab und damit hat sich das. Wenn du noch etwas von deinen Großeltern haben willst, setz dich unten zu ihnen und rede mit ihnen. Heute hast du noch die Gelegenheit dazu“, entgegnete Vater streng und schob uns förmlich aus der Tür.

„Was machen wir den jetzt?“, fragte ich flüsternd zu Dennis. An diesem Abend saßen wir alle beieinander am Tisch und spielten Karten.

Wie ich so etwas doch hasste, Zwangsversammlungsspiele. Aber ich hatte nun mal erwähnt, dass ich wegen meinen Großeltern bleiben wollte. Der Abend wurde lang und mich dränge immer wieder der Gedanke, was sollte aus den Welpen werden? Ich brauchte mehr Zeit zum Nachdenken, mehr Möglichkeiten um zu Handeln. Ich konnte auf gar keinen Fall morgen mitfahren, doch wie sollte ich das Bewerkstelligen? Vater würde mich auch buchstäblich hinterher ziehen.
 

Nachdem dieser grässliche Abend zuende ging und alle im Bett lagen, waren Dennis und ich hinüber in die Scheune, um den kleinen Welpen etwas zu fressen zu bringen. Sie begrüßten uns stürmisch, sprangen an unseren Beinen hinauf, leckten unsere Hände und hielten uns ihre Bäuche hin. Mein Herz schmerze bei den Gedanken, nicht zu wissen, was ich nun mit den Welpen machen sollte. Ich konnte sie ja schlecht in den Kofferraum sperren und mit in die Stadt nehmen. Vater würde das sofort mitbekommen und weiß Gott was dann passierte.
 

„Leonie, wach auf“, hörte ich meinen Bruder mich wecken. Er rüttelte mich an der Schulter. Ich hatte fürchterliche Kopfschmerzen und ich fühlte mich heiß an. Mein Bett war irgendwie stachelig und nicht so schön weich und kuschelig. Obwohl ich mich warm fühlte, zitterte mein Körper und Gänsehaut überzog meine Haut. Langsam öffnete ich meine Augen und sah wie die kleinen Welpen mich anstarrten. Als ich mich erhob, kamen sie auf meinen Schoss gesprungen und wollten alle Streicheleinheiten. Dennis hockte vor mir, mit einem leicht besorgten Ausdruck in den Augen.
 

„Leonie alles klar? Du siehst ganz schön beschissen aus“, meinte er und es klang Besorgnis mit. Wieso hatte ich in der Scheune geschlafen? Irgendwie fühlte ich mich so matt.

„Danke“, murmelte ich sarkastisch. Meine Schläfen hämmerten und mein Blut rauschte in meinen Ohren.

„Ich hab dich gestern nicht mehr wachbekommen, du bist hier einfach eingepennt. Leg dich schnell ins Bett, bevor Vater was mitbekommt“, schlug er vor und ich nickt zustimmend. Irgendwie sehnte ich mich gerade nach meinem Bett. Fühlte mich nicht gut. Die Sorge um die Kleinen, war die ganz Nacht nicht aus meinen Gedanken gewichen. Ich streichelte und kuschelte sie, bevor ich Dennis aus der Scheune folgte. Ich hatte noch gesehen, dass er frischen Futter dagelassen hatte.
 

Irgendwie war ich froh, als ich meinem Bett lag. Ich war schon fast eingeschlummert, da kam Dennis auch schon mit Vater und Mutter im Schlepptau in das Zimmer gestürmt. Als ob meine Kopfschmerzen nicht schon schlimm genug wären.

„Leonie, hör auf hier krank zu spielen. Mit dieser Tour kommst du mir nicht durch. Du kannst dich auch zu Hause ins Bett legen“, schnaubte mein Vater verärgert. Ich gab mir nicht einmal die Mühe ihn eines Blickes zu würdigen. Meine Mutter legte mir behutsam eine Hand auf die Stirn.

„Schatz, beruhig dich doch mal, sie wird hier nicht auf Krank spielen, sie hat wirklich Fieber und sollte im Bett liegen bleiben“, meinte sie beschwichtigend und schob meinen protestierenden Vater aus der Tür.

Es wurde langsam wieder ruhig im Zimmer und die lauten Geräusche sich in die untere Etage verzogen. Dennis war ihnen wohl gefolgt. Die Ruhe lies mich einschlafen, irgendwie brauchte ich jetzt schlaf.
 

„Hey Leonie“, ich hörte Dennis leise Stimme und er rüttelte mich ganz leicht an der Schulter. Nur mürrisch öffnete ich meine Augen und lies meinen Traum verschwinden. Ich wandte mich ihm zu. Noch immer waren meine Kopfschmerzen nicht verschwunden, doch es ging mir schon etwas besser. Ich sah ihn fragend an. Sein Gesicht sah entspannt aus, als er wieder zu Sprechen begann.

„Es gibt eine Gute und eine Schlechte Nachricht“, verkündete er und saß neben meinem bett auf den Fußboden.

„Die Gute ist, Vater ist vor einer Stunde mit Mutter zurück in die Stadt gefahren und haben uns hier gelassen“, verkündete er mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Erleichterung machte sich in mir breit, dass wir doch noch nicht abreisen mussten. Der Gedanke an die Welpen lies mein Herz schneller schlagen.

„Die Schlechte ist, er kommt uns nächste Woche irgendwann abholen, egal ob wir mitwollen oder nicht. D. H. wir haben zwar noch etwas mehr Zeit, aber nicht viel. Wir müssen uns einen Kopf machen, wie es weiter gehen soll“, erklärte er mir und in seinem Gesicht stand eine Sorge.
 

„Zudem hat Vater angeordnet, dass du auch weiterhin das Gelände nicht verlassen sollte und im Bett bleiben musst“, erläutete er mir Vaters Anordnung.

„Das mit dem Geländeverlassen werd ich wohl einhalten können, aber im Bett werde ich nicht lange bleiben“, meinte ich und wollte gerade aufstehen, als die Tür aufging und Oma hereinkam. Sie sah mich mit großen Augen an. Sie hatte eine Schale voll Wasser und einen Lappen mit.

„Wo willst du hin Leonie?“, fragte sie mich verblüfft und ich schluckte. Das durfte jetzt noch nicht falsch herüber kommen.

„Ich wollte nur auf Toilette“, entgegnete ich ihr. Froh darüber, dass mir etwas eingefallen war.

Ich verschwand im Bad und atmete noch einmal tief durch. Das würde wohl doch nicht so leicht werden, Oma würde mich wohl wie einen Schlosshund im Auge behalten.
 

Als ich mich wieder ins Zimmer traute, hatte sie einen Schul zu meinen Bett herangezogen und saß nun dort und beobachtete mich. Mein Bruder saß neben ihr auf dem Boden und schien ebenfalls zu warten. Ich warf ihm einen fragenden Blick zu, doch er sagte nichts, da Oma ihn wohl im Auge behielt. Schnell schlüpfte ich in mein Bett und deckte mich zu.

Noch waren meine Kopfschmerzen nicht verschwunden und hoffte, dass das Gespräch nicht allzu lange dauern würde.

Oma schwieg die erste Zeit und kümmerte sich eine Weile darum, dass mein Fieber sank. Ich merkte, dass sie etwas zu sagen hatte, etwas was sie beschäftigte, aber noch schwieg sie und lies mich schlafen.
 

Erst am nächsten Morgen, nachdem es mir wieder besser ging und ich beim Frühstück teilgenommen hatte, suchte sie die Antwort auf ihre Frage, die sie bei sich trug.
 

„Nun denn, erzählt uns doch einmal, was hier eigentlich los ist und was ihr in der Scheune macht“, fuhr Opa gleich drauf los, nachdem ich mit Essen fertig geworden war. Ich schluckte. Wie würden sie es auffassen, ich wusste wir müssten die Wahrheit sagen, irgendwas wussten sie ja eh schon. Anlügen kam nicht gut, da sie ja jeder Zeit nachgucken konnten. Doch es fiel mir trotzdem schwer, denn Mund aufzubekommen.

„Ähm also, wir würden euch gerne etwas zeigen, wenn ihr uns nicht gleich den Kopf abreist und dann zuhört“, begann ich vorsichtig. Abschätzend ob sie auf mich eingehen würden. Meine Großeltern warfen sich einander Blicke zu und erhoben sich.

„Na dann mal los, wir wollen doch wissen, was ihr jetzt seit 2 Wochen so schönes treibt, die Reserven aus den Lager entwendet und Gerätschaften aus dem Schuppen mitgehen lässt“, offenbarte Opa bereits seine Beweise, dass irgendwas im Busch war. Man, seinen Adleraugen schien aber auch gar nichts zu entgehen. Aber eine Sorge blieb, hatte Vater auch etwas mitbekommen gehabt? Ich hoffte es nicht.

Dennis und ich kletterten vorneweg, die Leiter hinauf. Opa und Oma brauchten etwas länger.
 

„Was habt ihr denn mit dem ganzen Heu gemacht?“, beschwerte er sich leicht sauer. Ich wusste, dass es viel Arbeit machte, die Heuballen zu stapeln. Irgendwie tat es mir Leid.

Als sie um unseren Schutzwall herum kamen und die kleinen Welpen entdeckten, die auf ihrem Heubettchen aufsahen, stockte ihnen der Atem. Opa zog scharf die Luft ein, als ich zu ihnen hinüberging und sie mich freudig begrüßten.

Sie warfen sich auf die Bäuche und ließen sich kraulen. Hier bei ihnen fühlte ich mich wohl, nahm die Kleinen in die Arme und lies mir das Gesicht ablecken.
 

„Um Himmelswillen, was habt ihr euch nur dabei gedacht?“, brachte Oma schockiert heraus. Ich weiß nicht womit sie gerechnet hatte, aber sie schien vollkommen aus der Fassung. War sie wütend? Ich wusste es nicht, aber es war mir auch egal. Niemand würde mir meine Welpen wegnehmen. Opa hingegen hatte eine stille, ausdruckslose Miene und schien nichts zusagen zu haben. Vielleicht musste er auch erst einmal verdauen, was er hier zu sehen bekam.
 

+++ Ende 8 +++



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Kommentare zu dieser Fanfic (38)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  cindy-18
2013-10-15T09:56:37+00:00 15.10.2013 11:56
Omg die ff ist der Hammer schreib bitte schnell witer
Von:  cindy-18
2013-10-15T09:49:11+00:00 15.10.2013 11:49
Wow toll
Von:  cindy-18
2013-10-15T07:47:08+00:00 15.10.2013 09:47
Hammer ich bin echt gespannt wie die das Anstellungen wollen
Von:  cindy-18
2013-10-15T07:38:43+00:00 15.10.2013 09:38
Oh man es ist einfach eine supet Geschichte
Von:  cindy-18
2013-10-15T07:31:36+00:00 15.10.2013 09:31
Kapitel 5
Die Story wird immer besser
Von:  cindy-18
2013-10-15T07:22:12+00:00 15.10.2013 09:22
Toll einfach Hammer
Von:  cindy-18
2013-10-15T07:11:15+00:00 15.10.2013 09:11
Toll die ff gefällt mir richtig Gut du bringst total viel Gefühl rein man denkt wenn man das liest man sei mitten in der Geschichte
Von:  cindy-18
2013-10-15T07:01:20+00:00 15.10.2013 09:01
Super die ff ist klasse
Von:  cindy-18
2013-10-07T20:17:40+00:00 07.10.2013 22:17
also das erste Kapitel ist schon mal spannend
Von:  XchaosX
2010-01-27T15:45:40+00:00 27.01.2010 16:45
hach ein süßes Kapitel =)
und endlich komm ich mal dazu es zu lesen *hihi*
ich mag wölfe tota~l +hihi*
naja, ich bin gespannt wie es weiter geht xD


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