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Vertrauen und Verrat

von

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Alice

„Kian.“, antwortete ich Dean, „Er ist mein bester Freund.“

Zuerst war es ruhig im Zimmer. Ryan grinste nur schwach, während mich Dean ziemlich geschockt anstarrte. „Und das erfahre ich erst jetzt?“, schrie er wütend, „Ich dachte, wir seien Freunde und jetzt erfahre ich, dass du uns so etwas wichtiges verschwiegen hast?!“

Ich seufzte. „Nicht wirklich verschwiegen. Wir haben nur in den letzten Jahren den Kontakt verloren. Vor ein paar Monaten sind wir uns zufällig wieder über den Weg gelaufen.“

Dean beruhigte sich wieder etwas, anscheinend hatte er die Wut eben nur vorgetäuscht. Er hätte Schauspieler werden sollen, mit dem Talent, das er dazu hatte. Nur leider wollte er das überhaupt nicht hören…

George betrat das Zimmer. „Deine Mutter hat mich hereingelassen.“, begrüßte er uns, besonders Dean, „Sie hat gerade das Haus verlassen.“

„Ja, sie und mein Vater sind bis morgen Mittag auf einem Meeting. Das heißt, wir haben das ganze Haus für uns allein, na ja fast, Alice ist noch da, aber die wird nicht weiter stören.“

„Wer ist Alice?“, fragte mich Kian leise.

„Deans jüngere Schwester.“, antwortete ich in der selben Lautstärke, dann räusperte ich mich, um die Aufmerksamkeit der anderen zu bekommen. Ich wies der Reihe nach auf meine Klassenkameraden und wandte mich an Kian. „Ryan kennst du ja schon. Die anderen beiden sind Dean, der mit den blonden Locken und den blauen Augen, und George, der mit den fast weißen Haaren.“ Dann deutete ich auf Kian. „Und das ist Kian, wir sind seit der Grundschule beste Freunde und er ist momentan bei mir zu besuch.“

Jetzt, wo alle Formalitäten geklärt waren, hatten es Dean und George auch endlich mal geschafft, sich dazu durchzuringen, Kian zu begrüßen.

„Hallo.“, brummte George in seinem üblichen Ton, wenn ihn etwas nicht besonders passte.

Dean grinste. „Hi. Du kennst Alec ja schon länger. War er früher auch schon so?“

Aufgebracht starrte ich meinen momentan gut gelaunten Klassenkameraden an. „Was meinst du mit so? Wenn dir etwas nicht passt, dann sag es! Oder-“

Kian unterbrach mich. „Früher war es schlimmer, viel schlimmer.“

„Danke!“, warf ich ihm beleidigt an den Kopf, „Fängst du jetzt auch noch damit an?“

Mein bester Freund lachte nur. „Was denn? Wenn es doch stimmt.“

Dean klopfte Kian auf die Schulter. „Du wirst mir immer sympathischer, Kleiner.“

„Er ist sechzehn, genau wie du.“, warf ich ein, obwohl ich wusste, dass das ignoriert werden würde. Warum ich es trotzdem tat, war mir ein Rätsel.

Georg und Dean verließen das Zimmer und brachten wenig später eine Vielzahl an alkoholischen Getränken, aber auch Cola und Saft. Ich fragte mich, wer das alles trinken sollte, schwieg aber, um mich nicht noch unbeliebter zu machen, als ich es ohnehin schon war. Die Getränke und ein paar Saftgläser wurden auf dem Boden in der Zimmermitte platziert und wir setzten uns darum.

„Was wollt ihr?“, fragte Dean, der sich anscheinend eben dazu entschlossen hatte, uns auszuschenken. Oder er schauspielerte mal wieder…

„Cola-Wodka.“, rief George und bekam als ersten sein Getränk.

„Bier.“, kam es gleichzeitig von mir und Ryan. Dean stand auf, er hatte den Flaschenöffner vergessen, und verließ das Zimmer, um einen zu holen.

Plötzlich fiel mir etwas ein. Ich wandte mich an Kian und fragte leise: „Verträgst du überhaupt Alkohol?“ Wenn nicht, hätten wir ein Problem.

Langsam schüttelte Kian seinen Kopf. „Überhaupt nicht.“

Ich seufzte. „Für Kian bitte etwas alkoholfreies. Wenn er jetzt schon mit saufen anfängt, kann ich ihn dann nach Hause schleppen oder er landet im nächsten Straßengraben.“

Dean grinste. „Verträgt er so wenig?“, fragte er, während er mir mein Bier gab, Ryan hatte seins schon.

Zur Bestätigung nickte ich, woraufhin Kian ein Glas Cola in die Hand gedrückt bekam.

Kaum hatte jeder ein Getränk, stellte George klar, wie der Rest des Abends laufen würde, obwohl er eigentlich nicht der Gastgeber war. „Tja, ich schätze, Trinkspiele fallen heute aus. Ich habe keine Lust, sie nur mit Dean allein durchzuziehen. Flaschendrehen und so fällt auch aus. Also, was machen wir?“

Synchron wanderten vier Augenpaare in Deans Richtung, doch dieser grinste einfach nur und hielt uns einen Stapel DVDs unter die Nase. „Welchen Film hätten sie denn gerne?“

Es folgte langes Schweigen, bevor George mit geschlossenen Augen eine der quaderförmigen Schachteln herauszog, „Wir nehmen den hier.“, dann angewidert schaute und den Titel vorlas. „Twilight .-Biss zum Morgengrauen… Darf ich noch mal ziehen?“

Ich lachte, genau wie die anderen. „Woher hast du diesen Müll?“, fragte ich.

Dean schaute uns entschuldigend an. „Die ist nicht meine. Sie gehört meiner Schwester.“

„Darf ich nun noch mal ziehen?“, kam es erneut von George.

„Nein.“, bestimmte Ryan, „Sonst werden wir ja nie fertig, wenn du nach jedem gezogenen Film einen neuen ziehen willst. Am Ende ist nur noch einer übrig und den willst du dann auch nicht. Außerdem: wer weiß, welche Filme von Alice noch in dem Stapel sind. Ich habe keine Lust darauf, Barbiefilme anzusehen.“

Das Lachen der anderen wurde noch lauter. Am Ende lagen wir gekrümmt vor Lachen auf dem Boden und hatten den Großteil der Getränke verschüttet.

„Keine Angst.“, brachte Dean unter seinem Lachen hervor, „Solche Filme hat selbst Alice nicht. Glaub mir, ich kenne ihre DVDs in und auswendig.“

In diesem Augenblick klopfte es an der Zimmertür meines blondhaarigen Klassenkameraden. Einen Augenblick später trat ein vierzehn Jahre alten Mädchen mit den gleichen blauen Augen wie Dean und langen leicht gewellten blonden Haaren das Zimmer. Schüchtern sah sie sich erst um, dann ging sie auf Dean zu, dieser seufzte nur genervt. „Was willst du, Alice?“

„Hast du meine DVD gesehen?“, fragte das Mädchen leise.

Ihr Bruder reichte sie ihr. „Räum deinen Scheiß nächsten Mal richtig weg, sonst werfe ich sie in den Müll! Dann kannst du sie aus der Mülltonne klauben.“

Alice nickte eingeschüchtert und nahm die quaderförmige Schachtel entgegen.

Ich beobachtete das ganze mit gemischten Gefühlen. Dean verhielt sich ziemlich unfair gegenüber seiner jüngeren Schwester. So führte sich kein großer Bruder auf.

Ryan schien die gleichen Gedanken gehabt zu haben. „Mensch Dean, so kannst du doch deine Schwester nicht behandeln. Du entschuldigst dich jetzt sofort bei ihr!“

Der Angesprochene schüttelte sofort seinen Kopf. „Vergiss es. Diese dumme Kuh ist selbst schuld.“, meinte er in einem sehr arroganten Ton.

Ich griff nach meinem Rest vom Bier und schüttete ihm diesen über den Kopf.

Eine Weile war es still in dem Zimmer, alle hielten die Luft an und starrten mich geschockt an, alle außer Dean. Er sah mehr als nur wütend aus, als er mich anbrüllte. „Was fällt die eigentlich ein, mir einfach das Bier drüberzukippen.“

Damit hatte ich gerechnet. Jetzt grinste ich. „Deine Schuld, wenn du dich so aufführst.“

Deans Mund klappte auf, wie bei einem Goldfisch und schloss sich wenig später wieder, ohne dass ein einziger Laut ihn verlassen hatte. Das sah so lustig aus, dass wir alle sofort losprusteten und uns nicht mehr halten konnten. Selbst Alice lachte.

Ryan klopfte zwischen sich und Kian auf den Boden. „Setzt dich doch, Alice.“

Das Mädchen tat, was er sagte, schien sich hier aber ein wenig unwohl zu fühlen. Sie verknetete ihre Finger ineinander und sah einen nach dem anderen nervös an, auf Kian haftete ihr Blick am längsten. Wahrscheinlich, weil sie ihn nicht kannte.

„Ach so.“, murmelte Ryan zu ihr und meinem besten Freund, „Ihr kennt euch ja noch gar nicht. Alice, das ist Kian, Alecs bester Freund. Kian, das ist Alice, Deans jüngere Schwester.“

Die beiden nickten synchron und starrten sich eine Weile an. Kian wendete zuerst seinen Blick ab, mit einem leichten Rotschimmer im Gesicht.

Zuerst verstand ich nicht, was das sollte, wieso er sich so dämlich aufführte, doch dann kapierte ich es plötzlich. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. „Kann es sein, dass du Alice magst?“, flüsterte ich leise, damit nur er es hörte.

Sofort wurde Kians Gesicht noch einen Hauch röter, aber er hatte sich ziemlich schnell wieder gefasst und schaute mich teilnahmslos und auch etwas gelangweilt an, mit einem Blick der sagte: ‚Halt die Klappe oder du kannst etwas erleben.’

Mein Grinsen wurde noch breiter. War Kian etwa verliebt? Unwahrscheinlich. Die beiden sahen sich gerade zum ersten Mal. Mehr als mögen und sympathisch finde war da nicht möglich, normalerweise. Wie die Sache aber bei Wölfen aussah, wusste ich natürlich nicht.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte George, der anscheinend nicht so begeistert war, dass Alice uns jetzt Gesellschaft leistete, und mahn sich eine Flasche Bier.

Ich seufzte. „Keine Ahnung. Lasst euch etwas einfallen.“

Ryan nickte zustimmend, sagte aber nichts und Dean schaute mich leicht wütend an. Doch dann grinste er plötzlich in Kians Richtung. „Und was sagst du dazu?“, fragte er.

Mein bester Freund schien nicht auf diese Frage gefasst zu sein, denn er stotterte nur wirres Zeug. „Ich- eh- also… ich…“

Dean griff sich an den Kopf. „Gertunken hast du noch nichts, oder?“

Kian nickte, sichtlich verwirrt. Ich fragte mich, wo er mit seinen Gedanken gewesen war. Oder wollte ich das gar nicht wissen? Wahrscheinlich letzteres.

„Also: was machen wir nun? Um die Wette saufen?“, kam es erneut von George.

Es folgte synchrones kopfschütteln von allen anderen. Ich hatte wirklich keine Lust auf solchen Müll, vor allem da ich mich nicht verquatschen durfte und darauf achten musste, dass Kian nicht zu viel Alkohol trank. Wenn die anderen herausfanden, wer oder was er wirklich war, dann gerieten sie in ziemliche Schwierigkeiten.

Ich schaute zurück zu Kian und Alice, die sich gerade leise unterhielten. Leider konnte ich nur einige Brocken aufschnappen, von dem was sie sagten. Unauffällig rutschte ich etwas näher an Kian heran. Ich war einfach neugierig, worüber die beiden sich gerade unterhielten, denn normalerweise waren weder Alice noch Kian besonders gesprächig.

„Wie alt bist du eigentlich?“, hörte ich Kian das Mädchen fragen.

„Vierzehn.“, antwortete Alice und lächelte ihn freundlich an, „Und du?“

„Sechzehn.“, kam es ohne zu zögern von meinem besten Freund.

„Wo wohnst du?“, stellte sie die nächste Frage.

Kian grinste. „Momentan bei Alec. Ich besuche ihn gerade und ein Hotel oder eine Mietwohnung kann ich mir nicht leisten.“

Alice nickte. „Wie lange bleibst du noch?“

Mein besten Freund hob seine Schultern. „Keine Ahnung. Wir haben nichts ausgemacht.“

Das schien die Vierzehnjährige zu verwirren. „Geht das denn so einfach? Darfst du das einfach? Sagen da deine Eltern nichts dagegen?“

Kian schüttelte seinen Kopf. „Sie sind tot, von daher können sie es mir nicht verbieten.“

Eine Weile war es still. Alice starrte betreten auf den Boden. Wahrscheinlich wusste sie, dass sie gerade einen wunden Punkt getroffen hatte. Entschuldigend lächelte sie Kian an. „Das tut mir Leid. Ich wusste nicht, dass-“

Kian unterbrach sie. „Schon gut. Die Leute fragen mich das öfters.“

„Und bei wem lebst du jetzt? Wer hat jetzt das Sorgerecht?“, fragte sie nach einer Weile.

„Eigentlich bei meinem Großvater, aber ich verstehe mich nicht so gut mit ihm. Deshalb bin ich einfach abgehauen. Wenn er herausfindet, wo ich bin, habe ich ein Problem.“ Kian redete sich gerade um Kopf und Kragen. Wenn er noch mehr sagte, konnte er gleich alles berichtigen, sagen wie es wirklich war. Hoffentlich verriet er nichts.

Ryan stand auf und setzte sich neben mich. „Du hast also nicht vor, den anderen zu sagen, was wirklich mit Kian los war?“

Ich schüttelte meinen Kopf. „Was würde es bringen? Außerdem will Kian nicht, dass jemand davon erfährt. Es wäre Verrat, wenn ich es ihnen sagen würde.“

Mein Klassenkamerad und guter Freund nickte. „So kann man es auch betrachten. Aber wie lange soll es noch so weitergehen? Wie lange willst du ihn noch bei dir wohnen lassen?“

Diese Fragen schockten mich. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Aber trotzdem wusste ich bereits die Antwort, ohne mir die Frage auch nur ein einziges Mal gestellt zu haben. „Kian kann so lange bleiben, wie er möchte. Ich werde ihn nicht zum Gehen zwingen oder einfach rauswerfen.“ Dann fiel mir etwas ein. „Könntest du vielleicht mit deinem Vater reden, dass er meinem nicht davon erzählt, dass Kian momentan bei mir wohnt?“

„Warum?“, stellte Ryan die Gegenfrage.

„Er kann ihn nicht besonders leiden und hat mir verboten, noch einmal Kontakt zu ihm aufzunehmen. Wenn er das hier erfährt, rastet er aus.“

Mein Klassenkamerad nickte. „Das verstehe ich nicht ganz. Kian ist doch ganz nett. Was hat dein Vater nur gegen ihn?“

„Er kam mit Kians Familie nicht klar.“ Das war nicht einmal gelogen. Ich hatte nur ein winzigkleines Detail weggelassen.

„Geht klar.“, meinte Ryan nach einigen Minuten.“, dann deutete er zu Alice, die sich immer noch angeregt mit meinem besten Freund unterhielt. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, die beiden sind ineinander verknallt.“

Das warf mich etwas aus der Bahn. Kian? Verliebt? In die jüngere Schwester eines Freundes? So abwegig dieser Gedanke auch war, betrachtete man die beiden für eine Weile, erweckte es tatsächlich den Anschein, als wäre es wahr, weshalb ich mir vornahm, Kian nach der Party ein kleinwenig auszufragen. Nur aus reiner Neugier…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  chrono87
2010-05-01T16:57:33+00:00 01.05.2010 18:57
ein gelungenes kapitel, finde ich.
zum anfang habe ich ja gedacht, dass dean gar nicht mit kian warm wird, aber zum glück legt sich das ja wieder, nachdem alec erzählt, dass kian sein bester freund ist. deans frage miut dem >war er früher auch schon so?< fand ich geil und dann die antwort von kian erst. ich musste wirklich tränen lachen.
mir tut alice etwas leid, weil sie so... hm, meiner meinung nach abfällig von ihrem bruder behandelt wird. und das nur wegen einer dvd! das kann ich nicht ganz nachvollziehen.
hoffentlich kann ryan seinen vater dazu bringen den mund zu halten, denn sonst könnte alec echt ärger bekommen. wenn sich kian wirklich in alice verliebt, was passiert dann mit der kette von alec. klar, kian hat sie ihm geschenkt, ob sie soll doch den wichtigsten menschen in kians leben beschützen. aber nun ist es doch alice. so gerät sie doch in gefahr.
lg chrono87


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