Zum Inhalt der Seite

Vertrauen und Verrat

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Vertrauen

"NEIN!", schrie ich verzweifelt, "Aufhören!"

Ich hörte, wie die drei Männer überraschte und geschockte Laute von sich gaben, doch das interessierte mich nicht weiter, denn schon im nächsten Augenblick spürte ich Kians Zähne an meiner linken Schulter. Ich wusste, er hatte sich nicht mehr stoppen können, da er bereits im Sprung gewesen war. Doch irgendwie war es ihm gelungen, sich ein wenig zu bremsen. Die Zähne durchdrangen zwar meinen Pullover und ich spürte sie auf meiner Haut, doch sie berührten diese nur leicht, fast als wolle er mich festhalten, und verletzten mich nicht.

Langsam streckte ich meine rechte Hand nach Kian aus und fuhr ihm vorsichtig durch das Fell. Ich spürte, wie ein Zucken durch seinen Körper ging und im selben Augenblick konnte ich seine Zähne nicht mehr an meiner Schulter spüren.

Kian hatte sich von mir gelöst und entfernte sich von mir. Seine Augen funkelten noch immer bedrohlich und auch sein Knurren hatte nur für einige Sekunden gestoppt. Langsam wich mein bester Freund immer weiter zurück.

In diesem Augenblick wurde die Tür, durch die ich diesen Raum betreten hatte, aufgerissen und Ryan stürmte herein. Er starrte zuerst Kian und mich geschockt an, bevor er, sich immer noch sein verletztes Auge haltend, auf seinen Vater zurannte.

Ich ignorierte ihn und ging langsam auf meinen besten Freund zu. Doch Kian wich immer weiter zurück, bis er an der Wand ankam. Noch immer knurrte er.

„Shhh...“, flüsterte ich, „Keine Angst...“

Kians Knurren wurde noch lauter und bedrohlicher. Vorsichtig streckte ich meine Hand nach ihm aus und fuhr ihm zögerlich mit der Hand über die Stirn, wiederholte meine Worte von eben. „Shhh... keine Angst... Es ist vorbei. Sie werden dir nichts mehr tun. Keiner wird das. Ich passe auf dich auf, versprochen...“

Mein bester Freund zeigte keine Reaktion. Er knurrte weiter. Und ich fuhr ihm weiter über die Stirn. Plötzlich schnappte Kian nach meinem Arm. Ich zuckte zusammen und musste mich zwingen, ihn nicht zurückzuziehen. Wie schon vorhin berührten Kians Zähne meine Haut, doch verletzten sie mich nicht.

„Du wirst mir nichts tun.“, sagte ich leise, „Das weiß ich.“

Noch immer zeigte sich keine Reaktion seitens Kian. Zwar knurrte er nicht mehr, meinen Arm hatte er aber immer noch in seinem Maus und schien ihn auch nicht wieder loslassen zu wollen. Es war fast, als würde er mich nicht erkennen.

„Kian...“, flüsterte ich fast schon flehend, „Komm zurück, bitte.“

Mein bester Freund biss zu. Ich spürte den Schmerz, biss die Zähne zusammen um nicht laut loszuschreien. Blut verließ die Wunde, lief meinem Unterarm hinunter, durchdrang meinen Pullover, lief der Innenseite des Ärmels meiner Jacke entlang und tropfte danach entweder in Kians Maul oder auf den Boden.

„Kian!“ Ich griff mit meiner unverletzten Hand nach dem Anhänger der Kette, die er mir einst geschenkt hatte. „Du hast es versprochen. Du hast versprochen, dass du mich vor ihnen beschützen würdest!“

Erneut ging ein Zucken durch den Körper meines besten Freundes. Langsam öffnete er sein Maul wieder und ich konnte meinen stark blutenden Arm herausziehen. Kian schaute mich aus seinen goldbraunen Augen mit einem traurigen Ausdruck in ihnen an. Dann winselte er und stupste mit seiner Schnauze gegen meinen verletzten Arm, fast als wolle er wissen, ob es sehr weh tat, oder sich entschuldigen.

„Kian...“ Ich hatte ihn zurück. Ich hatte meinen besten Freund zurück. Vorsichtig streckte ich meine nicht blutverschmierten Hand nach ihm aus und fuhr ihm über den Kopf. „Es wird alles gut. Keine Angst, ich hole dich hier raus.“ Zögerlich griff ich nach dem Halsband, dass sie ihm umgelegt hatten.

Kian zuckte zusammen und winselte erneut.

„Halt kurz still.“, Ich suchte nach dem Verschluss, „Ich nehme dir dieses Ding jetzt ab.“ Behutsam öffnete ich das Halsband, wozu ich beide Hände einsetzen musste, doch abnehmen ließ es sich nicht ohne weiteres. Kians getrocknetes Blut hatte es an seinem Fell und der Haut darunter festkleben lassen.

Ich seufzte. „So geht das nicht.“ Würde ich ihm jetzt das Halsband abnehmen, würde ich ihm nur unnötig wehtun. Ich wandte mich an die drei Männer und Ryan, die sich immer noch nicht von der Stelle gerührt hatten und mich sprachlos anstarrten. „Holt einen Eimer sauberes Wasser, lauwarm! Und ein sauberes Tuch!“ Ich unterdrückte meine Wut und meinen Zorn. Momentan war es wichtiger, Kian von diesem Teil zu befreien.

Mein Vater löste sich als erstes aus seiner Starre. „Alec!“, rief er und ich konnte sowohl Freude als auch Angst und Besorgnis in seiner Stimme hören. Er rannte auf mich zu, blieb aber etwa zwei Meter von Kian entfernt wieder stehen. Ich sah ihm an, dass er sich nicht weiter an meinen besten Freund heranwagte. „Alec...“

„Das Wasser!“, verlangte ich so monoton wie möglich, „Und ein Tuch!“ Ich war noch wütend, sehr wütend, aber zum Schreien fehlte mir die Kraft...

Der mir unbekannte Mann verließ schnaubend den Raum durch die Tür, während mein Vater mich geschockt ansah. „Wie hast du...? Eben war er noch eine wilde Bestie und jetzt ist er plötzlich Handzahm. Was hast du gemacht?“

„Gar nichts.“, antwortete ich immer noch mit monotoner Stimme.

Der Mann kam zurück. Wortlos reichte er mir den gewünschten Eimer und das Tuch. Ich nickte, doch als ich ihm danach kurz in die Augen sah, stockte ich. Er trug eine Sonnenbrille und ich konnte sie nicht deutlich erkennen, aber ich war mir sicher, etwas gelbes gesehen zu haben. Wäre es nur das, hätte ich es sicher dabei belassen, doch seine Körperhaltung hatte etwas tierisches an sich. „Was ist hinter der Brille?“, fragte ich.

Der Mann sah mich überrascht an. „N- Nichts? Was soll denn dort sein.“

„Dann nimm sie ab.“, verlangte ich und sah ihn unnachgiebig und auch etwas stur an.

Er nahm sie ab. Wie erwartet blitzten mir ein Paar gelbe Augen entgegen.

„Dachte ich es mir doch...“, murmelte ich, bevor ich ihm den Rücken zuwandte und mich wieder um meinen besten Freund kümmern wollte.

„Was dachtest du dir?“, fragte der Mann unsicher aber auch verwirrt.

Ich tauchte das Tuch in das Wasser und befeuchtete vorsichtig Kians Fell. „Dass du kein Mensch bist...“ Ohne den Mann oder besser gesagt den Mannaro weiter zu beachten, fuhr ich fort, versuchte das Blut herauszuwachsen oder wenigstens aufzuweichen, damit ich ihm das dämliche Halsband endlich abnehmen konnte. Mein verletzter Arm rückte dabei immer mehr in die Ferne. Die Schmerzen spürte ich schon fast nicht mehr...

Ich hörte, wie mein Vater einen erschrocken Laut von sich gab und spürte, wie er mich an der Schulter packte. „Was meinst du damit, Alec?“ Er klang unsicher.

Ich seufzte und sah zuerst den mehr als geschockten Mannaro danach meinen Vater an. „Wie lange forschst du schon bezüglich der Mannaro? Und dann erkennst du nicht einmal einen, wenn er direkt vor dir steht...“

Mein Vater wich einen Schritt zurück. „U- Unmöglich...“

„Woher?“, fragte der Mann. Er schien sich wieder gefasst zu haben.

„Deine Augen, dein Verhalten, die Sonnenbrille in einem schlecht beleuchteten Keller, alles deutet darauf hin...“, antwortete ich.

Der Mannaro pfiff anerkennend. „Da kennt sich aber jemand aus. Aber hast du denn gar keine Angst vor mir? Du weißt, wozu ich fähig bin. Du könntest in wenigen Sekunden tot sein.“

Kians Kehle entwich ein drohendes Knurren. Der Mannaro stolperte einige Schritte zurück und hob schützend die Arme vor seinen Körper. „Das war doch nur ein Scherz. Ich tue ihm schon nichts. Schließlich bin ich nicht lebensmüde.“

Ich wandte mich wieder an Kian. Das Wasser schien inzwischen gewirkt zu haben, es hatte das eingetrocknete Blut aufgeweicht. Vorsichtig und unter der Verwendung von noch mehr Wasser entfernte ich endlich das Halsband. Achtlos warf ich es auf den Boden, bevor ich Kian erneut mit der Hand über die Stirn fuhr. „So ist es schon besser...“

Meinem Vater schien erst jetzt aufgefallen zu sein, was die die letzten Minuten lang getan hatte. Er starrte mich fassungslos an. „Bist du verrückt, Alec?“, schrie er, „Du kannst dieses Monster doch nicht einfach losbinden!“

In diesem Augenblick nahm Kian seine Gestalt als Mensch an und stützte sich an der Wand ab. Er zitterte am ganzen Körper und Tränen liefen ihm über das Gesicht. „Alec, dein Arm...“

Ich zuckte zusammen und sah mir die verletzte Stelle genauer an. Viel konnte ich nicht sehen, außer dass inzwischen fast meine gesamte Hand voller Blut war. Ich zog meine Jacke aus. Wie erwartet hatte mein Pullover sich am ganzen Ärmel voller Blut gesaugt. Ich biss kurz die Zähne zusammen, als ich meinen Ärmel hochschob und mir die Verletzung näher ansah. Die an meiner Schulter war um einiges schlimmer gewesen. „Das verheilt schon wieder.“, meinte ich an meinen besten Freund gewandt.

Kian zuckte zusammen. Er schüttelte langsam seinen Kopf. „Das hätte nicht passieren dürfen! Ich habe etwas unverzeihliches getan...“

„Kian...“ Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte.

Mein bester Freund kniete sich vor mich auf den Boden und senkte seinen Blick. „Was ich getan habe, lässt sich durch nichts rechtfertigen.“

Sein Verhalten verwirrte mich. „K- Kian, was-“

Der andere Mannaro seufzte. „Scheint als sei das das erste Mal, dass du so etwas siehst. Er will, das du ihn bestrafst. Also im Klartext: Du kannst jetzt alles mit ihm machen und er wird sich nicht wehren. Du könntest ihn sogar umbringen...“

Ich sah, wie Kian nickte, während mein Vater, Ryan und dessen Vater überraschte und erschrockene Laute von sich gaben.

„Na los! Jetzt schlag ihn schon oder verpasse ihm wenigstens einen Fußtritt“, forderte der Mannaro mich auf, „Worauf wartest du noch? So eine Chance bekommst du nie wieder.“

Ich reagierte nicht, sondern starrte Kian einfach nur an.

„Das ist wahrscheinlich das erste und das letzte Mal, dass er das tut.“, fuhr der Mannaro fort, „Nur jemand mit einem höheren Rang ist dazu berechtigt, ihn zu bestrafen, und dein Freund steht im Rudel an zweiter Stelle.“

Ich schüttelte meinen Kopf. „Du scheinst nicht ganz auf dem aktuellsten Stand zu sein.“, flüsterte ich, „Kian steht an erster Stelle.“

Der Mannaro schnappte nach Luft, hatte sich aber schnell wieder gefangen. „Umso besser. Das wird in die Geschichte eingehen. Der erste Anführer, der sich von einem Menschen bestrafen lässt...“, murmelte er sarkastisch.

Ich sah Kian mir gemischten Gefühlen an, als er seinen Kopf hob und mir direkt in die Augen schaute. Ich wusste, er wartete darauf, dass ich ihn 'bestrafte' oder wie sie es auch nannten. Aber ich wollte das nicht. Ich konnte ihn nicht einfach verletzten! Er war mein bester Freund! Entschlossen ging ich auf Kian zu, blieb direkt vor ihm stehen. Er schloss seine Augen und schien auf den Schmerz zu warten. Doch dieser würde nicht kommen, denn anstatt meinen besten Freund zu verletzen, kniete ich mich neben ihn auf den Boden. Ich legte meinen unverletzten Arm um ihn und zog ihn in eine Umarmung.

Kian erstarrte. Es schien, als hätte er mit allem gerechnet, nur damit nicht.

„Idiot!“, flüsterte ich als ich meinen Kopf auf seiner Schulter platzierte, „Ich könnte dich niemals verletzen und das weißt du auch...“

„Alec!“, schluchzte Kian, bevor er sich wie schon einmal in mein Oberteil krallte und hemmungslos weinte.

Behutsam fuhr ich meinem besten Freund mit der Hand über den Rücken, schwieg aber, da mir keine passenden Worte einfielen um ihn zu trösten. Statt dessen hob ich meinen Kopf wieder und sah ich die anderen vier beteiligten, die mich alle fassungslos anstarrten, wütend an. Mit den Lippen formte ich: 'Ein falsches Wort und ihr seid erledigt!'

Ryan wich einen Schritt zurück, der Mannaro gleich ein paar mehr. Nur die beiden Väter standen mir jetzt noch gegenüber. Mein Vater ging einen Schritt auf mich und meinen besten Freund zu. „Was hältst du von einem kleinen Deal? Du sorgst dafür, dass dein Mannaro uns brav unsere Forschungsergebnisse liefert und im Gegenzug dafür darfst du ihn behalten.“

Jetzt war es zu spät. Das Fass war übergelaufen. Ich konnte mich nicht mehr kontrollieren, wollte es auch gar nicht, und ließ meiner ganzen angestauten Wut freien Lauf. Und so kam es, dass ich mich von Kian löste, nach dem Eimer mit dem Wasser griff und ihn meinem Vater über den Kopf schüttete. „Wie kannst du es wagen?!“, schrie ich ihn zornig an, während ich mich schützend vor meinen besten Freund stellte.

Kians Kehle entwich ein Wimmern. Erschrocken sah ich ihn ab, bevor ich mich wieder zu ihm kniete und erneut meinen Arm um ihn legte. Erst danach wandte ich mich wieder an meinen Vater und schrie ihn weiter an. „Hast du überhaupt kein Gewissen?! Sieh ihn dir doch an, was ihr mit Kian gemacht habt! Du Verräter! Ich will dich nie wieder sehen! Ich hasse dich! Du hast dich kein Bisschen verändert! Ständig denkst du nur an dich! Dich und deine egoistischen, selbstsüchtigen Bedürfnisse! Es ist dir doch scheißegal, was du anderen und sogar mir damit antust. Solange du nur zu deinem Ziel kommst, ist dir jedes Mittel Recht! Nicht einmal vor Mord schreckst du zurück! Du hättest Kian vorhin umgebracht, ohne mit der Wimper zu zucken. Weißt du eigentlich, was du mir damit antust?! Was du mir schon angetan hast?! Du hast keine Ahnung, was für Vorwürfe ich mir gemacht habe, als ich ihn nach unserem Streit nirgends finden konnte. Eine ganze Woche lang habe ich die gesamte Stadt nach ihm abgesucht! Derjenige, der mir am Ende gesagt hat, was mit Kian passiert ist, war kein anderer als Mutters Mörder! Weißt du was?! Auch wenn ich ihn hasse, dich verabscheue ich noch viel mehr! Und du hast es gewusst, Ryan, und mir eiskalt in das Gesicht gelogen! Ihr habt es alle gewusst! Ihr wusstet, dass Kian mein bester Freund ist. Dass er alles ist, was ich noch habe! Und trotzdem! Wie konntet ihr es wagen, mich so zu hintergehen! Wie konntet ihr es wagen, ihm das anzutun? Was hat er euch getan, dass ihr ihn so sehr hasst?! Was habe ich euch getan?!“

Kian krallte sich wimmernd in meinem Pullover fest. Anscheinend hatte ihn mein kleiner Gefühlsausbruch eben erschreckt. Behutsam fuhr ich ihm mit der Hand über den Rücken.

Mein Vater sank weinend auf die Knie. „Alec, bitte. Ich habe das alles nur für dich getan.“

Auch mir liefen inzwischen Tränen über das Gesicht. „Verschwinde! Ich will dich nie wieder sehen!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  chrono87
2010-07-29T09:30:10+00:00 29.07.2010 11:30
damit hab ich nicht gerechnet. ich hab eher vermutet, dass alec durch einen streifschuss zu boden geht und kian die männer angreift. aber obwohl er völlig außer kontrolle ist, hat er in seinem unterbewusstsein gewusst, dass es alec ist, den er da angreift, oder hat er nur die kette gerochen?
es ist wirklich süß, wie sich alec um kian kümmert und das obwohl dieser ihn beißt und er schon einiges an schmerzen hat. und dann kians verhalten und die tatsache das alec ihn bestrafen darf... das ist so niedlich. ich mag die beiden, vor allem kian in wolfsgestalt. es ist immer so putzig, wenn alec ihn streichelt oder knuddelt.
und dann die ansprache.
mich wundert es, dass kian nicht zusammenzuckt, wo alec rumschreit wie am spieß und seiner wut freien lauf lässt. ob kian alec überhaupt schon einmal richtig wütend erlebt hat?
schreib schnell weiter.
lg chrono


Zurück