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Etwas, das man sieht, aber nicht gesehen werden kann

Fortsetzung der ersten Staffel
von

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Bitterkeit

Willkommen im Jahr 2011, lieber Leser!

Ich wünsche Ihnen jedenfalls ein frohes, glückliches, spaßiges und gesundes neues Jahr und hoffe, dass Sie mir verzeihen werden, dass ich mit so einem nicht sehr fröhlichen Kapitel ins Jahr starte. Hoffentlich bringt das kein Unglück...

KaitoDC
 

Japanische Version (Romaji) – Deutsche Version
 

Aibou – Partner

Otogi Ryuji – Duke Devlin

Sennenpuzzle – Millenniumspuzzle

Muto Surogoku – Solomon Muto

Jonouchi Katsuya – Joey Wheeler

Honda Hiroto– Tristan Taylor

Mazaki Anzu – Tea Gardner

Atemu – Atem (Pharao, Yami)

Mou hitori no boku – Mein anderes Ich
 

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Kapitel 28 – Bitterkeit
 

Yugi konnte etwas in Kames Augen erkennen... ein Funkeln. Man sah ihm an, dass das Lehrerdasein ihm Spaß machte, dass es sein Traumberuf war.

Yugi blickte wieder zu seinen Freunden, er schien mit einem Mal entschlossener als zuvor.

„Ich vertraue ihm.“
 

Yami sah Yugi schweigend an, ein kleines, kaum sichtbares Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Aibou, er ist immer noch so vertrauensvoll wie früher und sieht nur das Positive in jedem Menschen. Seine Gutmütigkeit ist nach all der Zeit nicht verblasst, obwohl seine Naivität deutlich gewichen ist.

„Bist du dir wirklich sicher, Yugi, dass er vertrauenswürdig ist?“, fragte Jonouchi und sah seinen besten Freunde ernst an, was früher vielleicht hätte ungewohnt für die Freunde sein können. Schließlich war es eine Eigenschaft ihres Blonden, dass er des Öfteren ziemlich tollpatschig und spaßig aufgelegt war, doch seit einigen Tagen hatte er eine grundlegend ernste Stimmung, die beinahe beängstigend schien. Sie machten sich Sorgen um ihren Freund.

„Ja“, bekräftigte Yugi, ohne auch nur zu zögern. „Ich weiß, dass es ziemlich leichtsinnig sein kann, ihm nun zu vertrauen, obwohl wir nicht mit Sicherheit sagen können, ob er uns nicht doch angelogen hat. Aber dennoch... seine ganze Art, als er uns dies alles erzählt hat, war einfach zu echt, versteht ihr?“ Er sah seine Freunde beinahe verzweifelt an. Er setzte sich für den Referendaren ein, musste sich jedoch unweigerlich eine Frage stellen: Wieso wollte er plötzlich so sehr, dass seine Freunde Kame vertrauten? Er wusste es nicht.

„Ich weiß, was du meinst...“, sagte Anzu zustimmend.

„Dennoch, wir können es nicht genau wissen“, meinte Otogi mit misstrauisch zusammengezogenen Augenbrauen.

„Ich denke, wir sollten ihm vorerst seine Geschichte glauben“, versuchte Ryo, einen Kompromiss zu finden. „Wir haben keine sonderlich große Wahl. Er hatte ziemlich viele Informationen gehabt, und wenn die Möglichkeit besteht, dass er uns die Wahrheit gesagt hat, dann könnten wir zunächst darauf aufbauen. Was anderes können wir im Moment auch nicht wirklich tun, denn wir haben keine anderen Informationen und wissen auch nicht, wer die Schattenduellanten sind oder wo sie sich befinden, abgesehen vom Museumsdirektor, der aber erst nächste Woche zurück kommt.“

„Stimmt wohl“, meinte Honda abschließend, als es genau zum rechten Zeitpunkt klingelte und die Schüler begannen, ihre Räume aufzusuchen. Kame sah den Freunden nachdenklich nach. Langsam schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht, der Referendar schüttelte leicht lachend den Kopf, bis auch er vom Schulhof verschwand und den Unterricht antrat.
 

Einige Tage waren vergangen, seitdem die Freunde beschlossen hatten, Kame eine Chance zu geben. Es hatte sich in der Geschichtsstunde am Donnerstag keine wirkliche Gelegenheit geboten, mit ihm zu sprechen, da er seine Pflichten als Referendar erfüllen musste und schlecht die ganze Dreiviertelstunde an ihrem Tisch stehen und mit ihnen plaudern konnte. Obwohl man es nicht einmal als plaudern hätte bezeichnen können, eher ein Informationsaustausch, der dann auch am Freitag erfolgte. Nachdem Kame den sechs Freunden vorgeschlagen hatte, nach Schulschluss ein weiteres Gespräch in ihrem Klassenzimmer zu führen, wobei sie erfuhren, dass Kame bereits wusste, wann sie am Freitag ihre letzte Stunde haben würden und dass es an dem Tag umso passender war, da seine letzte Unterrichtsstunde aufgrund eines Wandertags der siebten Klasse ausfiel und er somit zeitgleich mit Yugi und den anderen Schulschluss hatte, willigten die Freunde seinem Vorschlag ein und brachten dieses Mal auch Otogi mit, der den Referendaren aus äußerst misstrauischen Augen entgegen sah. Kame hatte auf den unerwarteten Besucher nur mit einer hochgezogenen Augenbraue reagiert, sodass Yugi sich beeilte ihm zu erklären, dass Otogi bereits von allem wusste und auch seit einigen Jahren ihr Freund war, dem sie vertrauen konnten. Daraufhin hatte Kame nur verstehend genickt. Das 'Verhör' konnte beginnen.

Yugi hatte angefangen zu erzählen, zunächst von Yami und der Geschichte des Sennenpuzzles, damit Kame zumindest erfuhr, weswegen ein 3000 Jahre alter Geist eines Pharao unter ihnen weilte; dann von der Steintafel und dessen Botschaft, die seine Amnesie wohl verursacht und Yami seinen eigenen Körper verschafft hatte. An diesem Punkt hatte Yugi eine kleine Pause eingelegt, um all diese Informationen sickern zu lassen. Kurz hatte Kame seinen Blick schweifen lassen, die Freunde der Reihe nach angesehen, bis er an Yugi und Yami hängen geblieben war. Er hatte zwischen ihnen hin und her gesehen, als hätte er abgewogen, ob sie tatsächlich solch eine Vergangenheit hatten; als könnte er anhand ihrer Blicke erkennen, ob der Kleinere nun früher ängstlich war, sich nicht wirklich zu wehren wusste, ob der Größere tatsächlich solch einen ausgeprägten Beschützerinstinkt besaß. Er schien Bestätigung gefunden zu haben.

Kame hatte Yugi zugenickt, als Zeichen dafür, dass er fortfahren konnte.

So hatte der Bunthaarige von Ishizu und dem, was sie geschildert hatte, berichtet, auch von dem Gespräch, welches sie am Montag mit dem Museumsdirektor geführt hatten. Es war beinahe erschreckend, wie viel Yugi doch preisgab, sogar von den Magischen Steintafeln hatte er erzählt. Kame hatte die ganze Zeit über geschwiegen, sich alles still angehört und mit einem undefinierbarem Blick über das Gehörte nachgedacht. Nach zahlreichen Sekunden dann, als Yugi schon längst geendet und Kame stumm aus dem Fenster gesehen hatte, hatte er sich plötzlich umgewandt und direkt zu Yugi gesehen, sein Blick schien ihn zu durchbohren wollen. Zunächst hatte ihn ein ziemlich irritierter Blick getroffen, bis Kame gefragt hatte:

„Warum vertraust du mir?“

Yugis Blick hatte sich augenblicklich gewandelt und dem Referendar erstaunlich entschlossen entgegen gesehen, als hatte er beweisen wollen, dass er sich nicht verunsichern ließ.

„Weil ich auf mein Gefühl vertraue.“

Einige Zeit lang hatte der immer noch forsche Blick des Lehrers auf seinem Schüler geruht, langsam hatten sich seine Lippen zu einem ehrlichen Lächeln verzogen. Seine Augen hatten angefangen zu funkeln, Freude war in ihnen zu erkennen gewesen.

„Danke.“
 

Der Tag hatte sich dem Ende zugeneigt, es wurde Nacht und wechselte wieder zum Tag; das Wochenende kam und ging, ohne dass etwas Nennenswertes geschehen war. Die Freunde waren angespannt, sie waren es einfach nicht mehr gewohnt, in Ruhe zu leben. In den letzten Wochen, gar Monaten, war bereits so viel geschehen, sie hatten so einiges überstehen müssen und nun sollten sie warten, bis ihr Feind etwas unternahm, gar sie angriff? Sie kamen einfach nicht voran, sie hatten nun alle verfügbaren Informationen und sogar zwei neue 'Verbündete', was ihnen jedoch nicht wirklich etwas brachte. Selbst als sie Kame alles geschildert hatten, was sie wussten, er kam zu den gleichen Überlegungen wie sie, was ihnen nicht gerade weiter half. Man konnte zusammenfassend sagen: Sie waren frustriert, enttäuscht und verbittert.

„Bis morgen, Otogi!“, verabschiedeten sich die sechs Freunde.

„Ja, bis morgen“, erwiderte Ryuji und ging in die entgegengesetzte Richtung.

Es war bereits Mittwoch und jeder trat nun seinen Heimweg an, nachdem die Schulglocke ihren Unterrichtsschluss kund getan hatte. Da Ryuji in einer ganz anderen Gegend wohnte als die übrigen Freunde, ging er langsam die Straße an der Schule hinunter, während die restlichen Sechs die Straße hoch und links weiter gingen. Otogi bog gemächlich um die nächste Ecke – und machte schnell wieder kehrt. Er presste sich an die Hauswand, als wollte er nicht entdeckt werden.

„Was ist los mit dir?“, fragte eine weibliche Stimme schneidend.

„Nichts...“, antwortete eine männliche Stimme ausweichend.

Das sind doch...
 

Eine Weile herrschte Schweigen unter den Freunden, als sie ihren Weg nach Hause trabten. Es war keine angenehme Stille; etwas elektrisches lag in der Luft, als sei dies nur die Ruhe vor dem Sturm.

„Was ist los mit dir, Jonouchi?“

Die anderen wandten sich interessiert zu Yugi, der seinen besten Freund ansah, die Sorge in seinen Zügen war unverkennbar. Er wollte schon seit Tagen mit ihm reden, doch nie hatte sich wirklich eine gute Gelegenheit geboten. Sein Freund benahm sich in letzter Zeit wirklich eigenartig, nicht passend zu seinem üblichen Charakter. Katsuya versuchte zunächst, Yugis Blick auszuweichen, doch lange hielt er es nicht durch. Jonouchi atmete kurz tief durch, bis er sich Yugi zuwandte und leicht lächelte. Es war kein freudiges Lächeln.

„Ich bin unglaublich wütend.“
 

„Glaubst du wirklich, dass ich dir diese lausige Aussage glaube? Du bist in letzter Zeit vollkommen aufgewühlt, wirst so schnell wütend; obwohl du dich darum bemühst, dich auf deinen Beruf zu konzentrieren, wirkst du manchmal so zerstreut und gedankenlos. Ja, das habe ich bemerkt, Kame! Beim Gespräch mit den Kindern, du warst kurz davor, auszurasten, und das ist dir noch nie passiert. Da kannst du mir nicht sagen, dass 'nichts wäre'!“, sagte Satoi aufgebracht und sah ihren Freund funkelnd an. Sie hasste es, wenn er versuchte, sie anzulügen.

„Satoi...“, sagte Kame nur und sah sie an. Er wirkte so ungewohnt... schlaff, müde. Als wäre er es leid, sich zu rechtfertigen.

„Was?“, fuhr sie ihn blitzend an.

„Ich will nicht darüber reden, okay?“, antwortete Kame und wollte bereits weiter gehen, doch da wurde er am Handgelenk und herumgedreht, sodass er Satoi direkt ins Gesicht blicken musste. Unnachgiebigkeit zeichneten ihr Gesicht.

Kames Augen hatten sich kurzzeitig erschrocken geweitet, doch nun verengten sie sich zu Schlitzen und flammende Wut war in ihnen zu sehen.

„Keiki...!“
 

„Wütend?“, fragte Yugi etwas irritiert.

„Ja.“ Jonouchis Miene verfinsterte sich, er konnte Yugi nicht länger ansehen und schaute stattdessen auf den Boden.

„Warum?“, fragte Yugi leise.

„Weil... ich... verdammt, wir kommen nicht weiter!“, rief Jonouchi laut, sodass alle erschrocken zusammen zuckten und unwillkürlich stehen blieben. „Ich will endlich unseren Feind schnappen! Ich habe es allmählich satt, so untätig rumzustehen und darauf zu warten, dass diese blöden Schattenheinis etwas unternehmen! Das ist doch...!“ Katsuya rang um Worte.

„Warum willst du ihn so unbedingt finden? In den letzten Jahren war es nicht sehr anders, wir hatten auch nichts wirklich tun können, bis die Ereignisse uns überwältigten.“ Yugi sah ihn nachdenklich an.

„Aber dieses Mal ist es anders... dieser Feind... er...“ Jonouchi ballte seine Hände zu Fäusten, man konnte hören, wie er seine Zähne zusammen biss und mit ihnen knirschte. „Er hat uns, verdammt nochmal, versucht, zu trennen, aber auf eine ganz andere Art und Weise als die anderen! Er hat alles geplant, diese Steintafel, die dein Gedächtnis löschen sollte und du uns damit nicht mehr wiedererkennst, er hätte es fast geschafft, dass wir uns nicht mehr vertragen und ist uns immer noch einen Schritt voraus! Ich meine, wie kann jemand so etwas wollen, unsere Freundschaft mit solch... hinterhältigen Methoden“, er wusste nicht wirklich, wie er diese 'Methoden' anders beschreiben sollte, „zu zerstören? Er hatte Unsicherheit und Misstrauen geschaffen, sodass wir schwach waren. Warum will man uns immer wieder trennen, warum lässt man uns und den Pharao nicht einfach in Frieden? Diese Leute sind doch... verrückt!“ Das letzte Wort spuckte er regelrecht aus. Jonouchi wollte gerade hitzig fortfahren, als er von Yugi unterbrochen wurde.

„Jonouchi, beruhige dich, okay? Beruhige dich“, sagte Yugi geduldig, sanft. Er ließ seinen Freund nicht aus den Augen. Dieser sah ihn wiederum stumm an, mit undefinierbarem Blick. Nur langsam wich die Wut aus seinen Augen.

„Du darfst dich nicht von der Wut einnehmen lassen, Jonouchi!“, sagte Yugi plötzlich erstaunlich laut und eindringlich.
 

Satoi ließ sich nicht beirren; sie wusste, mit Kame war nun nicht zu spaßen, denn wenn er sie mit ihrem Nachnamen ansprach, war das sicherlich kein gutes Zeichen.

„Ich will sofort wissen, was dich beschäftigt.“ Ihr auffordernder Blick ruhte auf Kame. Sie fochten regelrecht ein Blick-Duell gegeneinander aus – den Kame verlor.

Er blickte zur Seite, schwieg beharrlich.

„Gut, da du nicht darüber reden willst, du sturer alter Bock“, er warf ihr einen bösen Blick zu, als wollte er sie dafür tadeln, dass sie ihn als 'alt' bezeichnet hatte, „will ich zumindest wissen, warum ich letzte Woche Montag die Schicht übernehmen sollte, die Kinder zu beobachten. Nicht, dass es mich gestört hätte oder so, aber ich meine, du warst doch schon im Museum und hattest sie ja sogar gesehen, wieso also hattest du nicht einfach gewartet, bis sie mit dem Gespräch mit dem Direktor fertig waren, und sie danach beschattet, bis sie alle nach Hause gingen? Stattdessen hast du mich angerufen und mich gebeten, hinzukommen, um sie zu beobachten. Du klangst anders als sonst und verhieltest dich auch seltsam, denn als ich ankam, bist du einfach verschwunden, ohne dich von mir zu verabschieden – und das ist nicht deine Art, Yato.“ Seit langem hatte Satoi nicht mehr seinen abgekürzten Vornamen benutzt, ihr typischer Spitzname für ihn, den nur sie gebrauchte. Ihre Stimme hatte sich gewandelt, wo es vorher noch forschend und aufgebracht klang, war sie nun sanft und ruhig.

„Ich mache mir Sorgen um dich...“

Schweigen.

Langsam aber sicher verlor Satoi ihre Geduld, ihre Augenbrauen zuckten bereits gefährlich und sie wollte gerade wieder zum Sprechen ansetzen, da vernahm sie auch schon seine Stimme, sie klang ungewöhnlich... leise und... schwach.

„Ich habe es nicht ausgehalten, sie so zu sehen, Satoi.“ Mit diesem Satz sah Kame auf, die Augen direkt auf seine Freundin gerichtet.

„Was meinst du damit?“, fragte Satoi nun besorgt, denn es war ihr nicht wirklich geheuer, diese neue Seite an Kame. Stets war er locker, meist beißend sarkastisch, gab sich einfach immer stark, eigentlich, doch seit diesem Vorfall mit Teishi schien er so... hilflos, verzweifelt. Schwach. Einerseits war sie beinahe froh, ihn endlich einmal so zu sehen, denn es beruhigte sie, dass auch er einmal seine Maske ablegen konnte und die Verletzbarkeit dahinter erkennen ließ, andererseits war es auch beängstigend, ihn so zu sehen, denn ihn musste etwas hart getroffen haben, etwas, das ihn von innen zerfraß.

Kames Brustkorb hob und senkte sich auffallend rasch, er versuchte, tief durchzuatmen.

„Yato, bitte...“

„Verdammt, ich... ich habe es einfach nicht ausgehalten, ich konnte den Anblick der anderen nicht mehr ertragen, ich... verstehst du denn nicht?!“, sagte Kame, wurde immer lauter und schrie das Ende des Satzes, pure Verzweiflung war aus seiner Stimme zu hören. Er sah Satoi an, schrie stumm um Verständnis.

„I-Ich... nein, ich verstehe es nicht, Kame, aber ich will es verstehen, erklär' es mir,... bitte!“ Auch ihre Stimme hatte einen Hauch von Verzweiflung. So kannte sie ihn nicht, in all den Jahren, in denen sie schon befreundet sind, hatte sie ihn noch nie so gesehen, so vollkommen am Ende.

„Weißt du, wie es sich anfühlt, wenn der 'Feind' einem immer die Schuld in die Schuhe schiebt und will, dass diese Kinder einen für den Bösewicht halten, mit dem Wissen, dass eben dieser Feind dein bester Freund ist? Weißt du, wie es sich anfühlt, diese Kinder zu sehen, wie fest sie zusammenhalten und allem trotzen, wie sehr ihre enge Freundschaft sie aneinander bindet, mit dem Wissen, dass dein eigener, bester Freund es wahrscheinlich verursacht hatte, dass sie sich kurzzeitig 'trennten' und Streitigkeiten hatten, die kaum zu überwältigen waren? Weißt du, wie es sich anfühlt, sie dann wieder so vertraut miteinander zu sehen, mit dem Wissen, dass es genauso vor kaum einem Dreivierteljahr mit uns dreien war, Teishi, dir und mir? Mit dem Wissen, dass es wohl nie mehr so sein wird? Weißt du, wie es sich anfühlt?

Verdammt nochmal, das ist ein scheiß Gefühl!“, rief Kame, voller Wut und Zorn, und schlug mit all seiner Kraft seine Faust gegen die nächstbeste Wand.
 

Jonouchi sah seinen besten Freund verwundert an. „Was...?“

„Ich meine es ernst. Die Wut... es ist nicht gut, wenn sie dich übermannt. Man... kann nicht klar denken und sucht einfach nur nach jemandem, an dem man es auslassen kann. Ich weiß, dass du Kame nicht leiden kannst, aber...“

„Na, das ist doch auch klar! Der hatte keine Beweise und wir können nie sicher sein, ob er uns nicht doch angelogen hat!“, fuhr Jonouchi dazwischen.

„Nein, Katsuya. Du suchst nach einem Sündenbock!“ Yugi sah ihn ernst an. „Wie kann er beweisen, dass er einen Freund namens Teishi hat und dieser nach dem Schattenreich geforscht hat? All die Notizen hat Teishi mitgenommen, und er selber ist wie vom Erdboden verschluckt. Wie kann er beweisen, dass er gegen Schattenduellanten gekämpft hat, um mich vor denen zu beschützen? Das kann er nicht beweisen. Du willst nicht glauben, dass Kame gut sein könnte. Du willst stattdessen glauben, dass er für alles verantwortlich ist, dass er unser Feind ist, der versucht, uns zu überlisten. Du willst diese Wut an jemanden auslassen, ich verurteile dich nicht dafür, wie könnte ich denn auch? Ich kenne es.“ Yugi schloss kurz die Augen, ein Ausdruck von... Reue trat auf sein Gesicht. Er öffnete sie wieder, sein durchdringender Blick auf seinen Gegenüber gerichtet. „Aber du musst dir im Klaren sein: Die Wut kann verändern, Jonouchi. Bitte, lass diese Wut nicht zu sehr an dich heran. Du hast nicht einmal bemerkt, dass du anders geworden bist. Wo ist der Jonouchi hin, der stets zu Scherzen aufgelegt ist und so dusselig ist, wie kein Zweiter? Wo ist der Jonouchi hin, der zwar temperamentvoll ist, aber dennoch jedem verzeiht und hilft?

Wo ist mein bester Freund hin?“
 

„Was...?“, kam es geschockt von Satoi, sie wich unwillkürlich einen Schritt zurück.

Kame hatte wieder seinen Kopf gesenkt, hielt seine Faust immer noch gegen die Wand gedrückt und sank langsam dagegen. Er drehte sich leicht seitlich, sodass er mit dem Rücken an der Wand lehnte, und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Seine Augen waren geschlossen.

„Es... tut mir leid, dass ich dich so angeschrien habe, Satoi. Ich wollte nicht... ich... ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle gehabt...“ Kame schüttelte den Kopf, als wollte er all diese Gedanken, die ihn zu übermannen drohten, vertreiben. Der verzweifelte Gesichtsausdruck blieb.

„Am Montag... hatte ich, wie du bereits weißt, Streit mit dem Museumsdirektor gehabt. Er hatte mich als dumm bezeichnet, dies allein hatte mich bereits aufgebracht, wie du mich kennst.“ Kame musste leicht grinsen, doch kaum war es erschienen, verschwand es so schnell, wie es gekommen war. „Doch der letzte Satz von Morasu brachte mich beinahe dazu, die Beherrschung zu verlieren: „Ich dachte, Teishi hätte übertrieben, dass du nicht sehr pfiffig wärst.“ ... Es war nicht der Fakt, dass er mich wieder beleidigen wollte, welches mich wirklich wütend machte, sondern... dass er Teishi auf die Weise ins Spiel gebracht hatte. Morasu hatte damit zugegeben, dass er Teishi kannte und mit ihm Kontakt hatte! Das war die Bestätigung dafür, dass Teishi etwas mit diesen Schattenduellanten zu tun hatte, wahrscheinlich sogar hinter all dem steckt! Denn Morasu hatte auch indirekt gesagt, dass er für jemanden arbeitete, weswegen er Muto auch diese Fotos gegeben hat, um ihn misstrauen zu lassen, während Morasu wohl daran gezweifelt hatte, ob ich nicht schnell dahinter kommen würde, woraufhin Teishi anscheinend ihn damit beruhigt hatte, dass ich nicht sehr... klug wäre. Teishi muss also eine höhere... 'Instanz' sein, dass dieser scheinheilige Museumsdirektor auf ihn hört. Verstehst du, bis zu dem Zeitpunkt... wollte ich nie wahr haben, dass Teishi tatsächlich mit ihnen gemeinsame Sache machte. Ich hatte mich immer daran fest geklammert, dass er vielleicht doch nichts mit all dem zu tun hatte. Aber an dem Abend wurde mir gezeigt, dass dieser wohl naive Wunsch nicht erfüllt werden kann.“ Kame lachte auf, es klang unerträglich bitter. „Ich konnte mit dieser Tatsache nicht umgehen, und stürmte somit aufgewühlt aus dem Büro – und begegnete augenblicklich den Schülern, denen wir geholfen hatten, sich wieder zu vertragen. Ich habe deutlich den Unterschied gespürt; wo Muto vorher noch abweisend zu seinen Freunden war und alles auseinander zu brechen drohte, schienen sie nun stärker wie nie zuvor. Man konnte beinahe die Freundschaft spüren, die sie verband – und das war es, was mich dazu brachte, mit dir die Beschattung zu tauschen. Ich hielt es nicht mehr in ihrer Nähe aus, weil... ich ertrug es nicht mehr, zu sehen, wie sie mit ihren besten Freunden zusammen Zeit verbrachten. Ich will nicht, dass du mich falsch verstehst, Satoi, natürlich will ich, dass ihnen so etwas möglich ist und gönne es ihnen auch, aber es erinnerte mich zu sehr an die Zeit mit Teishi, zu sehr daran, wie enttäuscht ich von ihm bin. Er ist mein bester Freund und will nun die Welt zerstören oder ähnliches, verrückt, oder?“ Und wieder erklang sein Lachen, dieses Mal hörte es sich jedoch beinahe hysterisch an, ein grausam verzweifelter Unterton war herauszuhören.
 

Jonouchi schien geradezu sprachlos zu sein, er sah Yugi eine Weile an, ohne zu blinzeln. Langsam begann er zu begreifen, Yugis Worte sickerten allmählich zu ihm hindurch. Nach einem... Sündenbock? Schon wieder habe ich es getan... Schon wieder habe ich nach jemandem gesucht, dem ich die Schuld geben konnte, dieses Mal war es dieser Referendar. Letztes Mal sogar Yami... Jonouchi schüttelte den Kopf. „Ich begehe denselben Fehler zweimal.“

„Das ist kein Fehler, Katsuya.“ Jonouchi sah ruckartig auf, blickte Yami erstaunt an, der dies gesagt hatte. Habe ich das etwa laut gesagt?

„Es ist nur menschlich, dass du nach einem Sündenbock gesucht hast. Das ist nur ein Zeichen dafür, dass dir diese ganze Situation... mehr als nahe geht. Man ist leicht versucht, nach jemandem zu suchen, auf den man seine Wut richten kann. Manchmal geht es nun mal nicht anders, Jonouchi.“

„Mag sein, aber ich bin nicht stolz darauf“, murmelte Jonouchi mit finsterem Blick, der sich allzu bald wandelte und matt, gar erschöpft, wurde. Seine Haltung veränderte sich, wo sie vorher noch äußerst angespannt war, wurde sie nun schlaff, als fiele eine Last von ihm. Er lehnte sich zurück, an die Mauer, die um die Domino Oberschule gebaut worden war und somit den Bereich des Schulhofes abgrenzte.

„Ich wollte nicht so sein, Yugi“, sagte Jonouchi und sah in den Himmel. Seufzen. „Ich hatte ja selber bemerkt, dass ich mich verändert habe. Ich wollte ja gut gelaunt sein, ehrlich, aber das kann man schlecht erzwingen; ich konnte nie vergessen, dass es an jeder Ecke anscheinend Leute gibt, die uns trennen wollen. Ich misstraute jedem. Aber keine Sorge, Yugi, du hast es gerade geschafft, mich ganz wach zu rütteln.“ Da lächelte Katsuya Yugi plötzlich breit an – und dieses Mal war es ein ehrliches Lächeln, ein Lächeln, welches befreiend und dankbar wirkte. „Ich habe erkannt, dass diese Wut, die ich schon seit Wochen in mir trage, nicht gut ist. Ich hatte es bisher nicht wirklich... wahrgenommen, ich weiß auch nicht wirklich, was mit mir los war. Ich werde versuchen, mich nicht mehr von der Wut lenken zu lassen, das verspreche ich dir, Yugi.“

„Danke, Jonouchi.“ Yugi erwiderte sein Lächeln.

„Und, wirst du dem Referendaren nun eine Chance geben?“, fragte Honda grinsend. Er und die anderen hatten in den letzten Minuten geschwiegen, stumm das Gespräch zwischen Yugi und Jonouchi beobachtet. Und waren mehr als glücklich mit dem Verlauf dieses Gesprächs.

„Hey, ich bin nicht Superman“, grinste Jonouchi zurück. Er ist wieder da.
 

„Deswegen bist du so-“, murmelte Satoi, wurde jedoch von ihrem Freund unterbrochen.

„Nicht nur deswegen“, sagte Kame und sah sie kurz an, ließ dann wieder seinen Blick schweifen. „Du hast Muto und seine Freunde gehört, letzten Dienstag. Sie hatten erfahren, dass dieser Leiter, der angeblich die Steintafeln hierhin transportiert hatte, nach Domino zurückgekehrt sein soll und nun an einer Schule in dieser Stadt unterrichtet. Und die einzigen, die wussten, dass ich Lehrer werden wollte, warst du und Teishi. Verstehst du? Teishi ließ dies im Umlauf bringen und wusste, früher oder später würden Muto und seine Freunde darauf stoßen und mich verdächtigen. Er wollte, dass ich ins Visier genommen werde! Dass ich als 'Drahtzieher' dastehe! Außerdem muss er mich beobachtet haben oder beobachten lassen, denn erst vor wenigen Wochen hatte ich entschieden, an eine Schule in Domino zu gehen. Das hieß, er... er hatte gesehen, gewusst, wie sehr ich mich um ihn gesorgt hatte. Ich hatte ja sogar die Polizei in Kairo eingeschaltet, doch umsonst. Auch sie hatten ihn nicht finden können, so musste ich ohne ihn nach Japan zurückkehren. Er hätte wissen müssen, wie es mir ging; wie es war, in sein Land zurückzukehren, alleine, obwohl man vorher zu zweit verreist war. Und nun erfahre ich, dass Teishi mich beschattet hat?!“ Kames Kopf senkte sich, seine Augen waren nicht mehr zu erkennen. Er hatte seine Hände wieder zu Fäusten geballt, versuchte vergeblich, sie ruhig zu halten. Still zitterten sie vor sich hin. „Ich verstehe es nicht, Satoi... . Wieso tut Teishi das? Wieso tut er mir das an? Er weiß doch, dass es mich... verletzen würde, er weiß doch, was mir vor fünf Jahren passiert war...“

„Vor fünf Jahren?“, wiederholte Satoi stutzend. Langsam ging sie wieder auf ihn zu, blieb dicht vor ihm stehen, sah Kame durchdringend an. „Was war vor fünf Jahren?“

„Und dann sagt er mir auch noch „Ich werde meinen besten Freund wieder haben“, das letzte Mal, dass ich mit ihm gesprochen habe. Ha, ich werde meinen besten Freund wieder haben! Verdammt nochmal, wieso hat er mir das nicht einmal früher gesagt?! Ich dachte, er hielt mich für seinen besten Freund, wie ich ihn dafür hielt!“ Es schien, als hätte Kame nicht einmal die Frage Satois wahrgenommen, zu sehr war er in dem Labyrinth seiner Gedanken verstrickt. Seine Hände zitterten unaufhörlich.

„Ya-... Kame?“

Kein Reaktion.

„Kame. Kame!“, rief Satoi und rüttelte ihn an den Schultern. Ihre Sorge wuchs von Minute zu Minute, es machte ihr Angst, wie Kame sich nun verhielt.

Keine Reaktion.

„Verdammt, Yato, komm endlich wieder zu dir! Du nimmst dir das alles viel zu sehr zu Herzen, das tut dir nicht gut. Bitte, denk nicht mehr darüber nach, vergiss das alles, wenigstens für den Rest des Tages, bitte, Yato...“

Für eine Zeit lang war es still, nur das leise Atmen der beiden war zu hören. Kame atmete tief ein, dann wieder aus. Es hörte sich schwermütig an. Langsam ließ sein Zittern nach. Dann, einige Minuten waren bereits vergangen, sah er auf. Unerträgliches Leid war in seinen Augen.

„Tut mir leid, Satoi, aber... das ist unmöglich.“ Mit diesen Worten wandte sich Kame von ihr ab und ging die Straße hinunter, verschwand um die nächste Ecke.

Satoi stand immer noch an der Wand, als wäre sie zu Eis erstarrt, vollkommen bewegungsunfähig.

„Er verschweigt mir etwas...“, murmelte Satoi und sah ihm mit undefinierbarem Blick nach.
 

Sehr gut.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jyorie
2013-09-04T19:47:33+00:00 04.09.2013 21:47
Hey ^_^

Also stimmt es doch alles was der Referendar gesagt hat. Du hast mich echt verunsichert gehabt. Oder spielt er selbst seiner Freundin etwas vor?

CuCu Jyorie

Von:  sky1987
2011-01-15T02:52:07+00:00 15.01.2011 03:52
wieder ne supper kapi und wieder ne bissel schlauer geworde was kamen betrifft kann einen echt leid tun ich bin jedesmal begeistert und buff wie du es immer schafts deine story so gut zu schreiben immer wieder fragen zugeschehe aufzuklaeren und dan wieder neue mit einbringst und dann noch die uebersicht zu behalten da kann ich nur sagen hut ab also weiter so ich bin schon auf das naechste kapi gespannt freu mich schon darauf ps. sorry das ich so lang nicht mehr kommis gab hatte etwas stess


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