Verlust
Ihm war kalt, bitterkalt. Er fühlte, dass er wohl nie wieder Wärme verspüren würde. Sein Verlust war schmerzlich, er hatte ihm einfach alles genommen, ihn auf die Straße gesetzt. Es schmerzte. Er hatte ihn im Stich gelassen. Und doch war er es, den er vermisste, nicht Wohlstand oder Ansehen.
Ruki stand auf der Straße, allein nur mit einem Koffer neben sich stehend und einem gebrochenem Herzen. Er wurde soeben von seinem Freund rausgeschmissen.. halt nein - seinem Ex-Freund. Seinem Ex-Freund und seinem Ex-Bandmitglied, seinem ehemaligen Leben, seinem Ein und Alles. Wegen ihm hatte Ruki alles aufgegeben, wegen ihm hatte Ruki seine Familie verlassen, wegen ihm hatte er Freunde im Stich gelassen und wegen ihm wurde er von anderen schief angesehen, wegen ihm... wegen ihm stand er nun auf der Straße und hatte alles verloren.
Es war mittlerweile mehr als ein Jahr her, dass er seiner Mutter und seinem Vater gebeichtet hatte, dass er schwul war oder zumindest bi. Aber die Reaktion, die er sich erhofft hatte natürlich Verständnis und Einsicht die blieben aus. Stattdessen traf Hass, Wut und Verabscheuung ja sogar Ekel auf ihn und das von seinen eigenen Erzeugern. Ja Erzeuger, anders konnte er sie nicht mehr nennen, sie hatten ihm dieses Leben gegeben, hatten für ihn gesorgt bis zu diesem Tag mit dem Geständnis. Ab da durfte er für sich selber sorgen und ein Glück hatte er seinen Freund Sho gehabt. Sho hatte ihn ermutigt es seiner Familie zu sagen, Sho war für ihn da und Sho nahm ihn anschließend auch bei sich auf. Er hatte über ein Jahr bei ihm gewohnt, mit ihm gelacht und geweint. Mit ihm gestritten und sich wieder vertragen und immer ging es gut aus. Immer. Nur diesmal nicht, diesmal würde Rukis Rausschmiss endgültig sein. Es verletzte ihn, da er so viele Opfer für Sho gegeben hatte, so viele Einbüßen gemacht hatte und nun wurde er rausgeschmissen, wegen einem Anderen. Er musste zugeben, dass dieser Hikaru besser ausgesehen hatte als er, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass Hikaru auch netter und einfühlsamer war als er.
Mit hängenden Schultern nahm Ruki seine Koffer und machte sich auf den Weg zum Bahnhof, gleichzeitig fragte er sich, wie lange diese Affaire bereits ging. Als er seufzend den Bahnhof betrat fiel ihm etwas wichtiges auf. Wo wollte er hin? Was sollte er denn jetzt tun? Zurück zu seiner Familie konnte er nicht, diese hatte ihn verstoßen hasste ihn. Zu Freunden? Welche Freunde? Die meisten waren Shos Freunde und er hatte sich einfach nur dazugesellt, mehr als Sho hatte er auch nie gebraucht. Vielleicht war es auch ganz gut, dass jetzt Schluss mit Sho war, so konnte Ruki ein neues eigenes Leben aufbauen ohne in Abhängigkeit leben zu müssen. Und er würde ab jetzt versuchen nur positives an der Trennung zu sehen.
Ruki schlürfte Lustlos zum Ticketautomaten und drückte einfach ein paar Knöpfe bis ihm ein Preis angezeigt wurde. Er zahlte und nahm sich sein Zugticket direkt nach Tokyo in die Innenstadt.
Was er dort wollte? Ein neues Leben beginnen.