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Das fehlende Teil

Deutschland ist seit so langer Zeit nicht ganz.
von

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Die Geschichte

GILBERT: „Die einzige Pflicht, die wir der Geschichte gegenüber haben, ist, sie umzuschreiben.“

(Oscar Wilde, Der Kritiker als Künstler)
 

Nun gehörte die Welt ihnen, ihre kleine, eigene Welt, in denen es nur die beiden gab, Gilbert und Ludwig.

Und Gilbert nahm Ludwig

(endlich)

wieder an die Hand, und das Feuer leuchtete in roten und blauen Augen wieder hell auf.
 

„Mmmh... Erzählst du mir wieder die Geschichte?“

Gilbert hob eine Augenbraue. „Welche Geschichte?“

Der blonde Mann, der seine Arme um ihn umschlungen hielt und sein Gesicht noch fester in das Kissen drückte, lächelte. „Die Gute-Nacht-Geschichte.“

„Kesese... Ah ja, die.“ Der Ältere räusperte sich. „Bist du nicht schon ein wenig zu alt dafür?“

„Die Geschichte wird nie langweilig, großer Bruder.“
 

Es waren einmal zwei Nationen, die waren super (Anm. d. A.: anders kann man ,awesome‘ einfach nicht übersetzen). Viel toller als andere Nationen.

Deswegen wollten sie die ganze Welt haben.

Hand in Hand, denn sie waren Brüder, die sich liebten, gingen sie hinaus in die weite Welt, um sie die ihrige werden zu lassen.
 

„Wie bitte?!“ Alfreds Brille fiel ihm fast vom Gesicht.

„Gilbert ist wieder da. Deswegen.“ Nicht die Spur von Ironie klang in der sonst so sarkastischen Stimme Arthurs mit. „Sie machen es wieder.“

Selbst Francis sah besorgt aus. „Aber... warum?“

Ivan, der bis gerade nur gelächelt hatte - und auch weiterhin lächelte - meldete sich zu Wort. „Man kann seine wahre Persönlichkeit nicht unterdrücken.“ Und, natürlich, er lächelte weiter.
 

Sie waren sehr stark und sehr stolz darauf, was sie zusammen geleistet hatten. Und immer passte der große Bruder auf seinen kleinen Bruder auf, der sein größter Schatz war. Und weil er sein größter Schatz war, wollte er ihm die Welt schenken - deswegen wollten die beiden sie erobern.

Mutig und tapfer kämpften sie ihre Kämpfe und nach und nach gewannen sie immer mehr an Land und an Volk.
 

„Kesesesese, wie sie wieder nur feige dasitzen und nichts tun! Wie immer!“

Der Preuße stürzte sein Bier herunter.

Sein kleiner Bruder saß ihm gegenüber, sein Gesichtsausdruck noch ernsthafter als sonst. „Das haben sie beim letzten Mal auch erst mal gemacht.“

„Aaah!“ Gilbert wischte sich den Schaum vom Mund und stellte seinen Bierkrug mit einem lauten Knall zurück auf den Tisch. „Na und? Diesmal läuft alles anders, Bruder, diesmal gewinnen wir. Du wirst schon sehen. Sei doch nicht so pessimistisch.“

„Ich habe...“, Ludwig schluckte, „ich habe einfach nur Angst, dich wieder verlieren zu müssen.“ Er sah weg, als er bemerkte, wie Gilberts Grinsen verschwand.

Plötzlich war die laute Stimme des Preußen leise und eindringlich. „Du weißt, dass sie uns nicht zusammen leben lassen werden, wenn wir sie nicht besiegen. Sie sagen, wenn wir zusammen sind, gibt es nur Unheil. Wir müssen kämpfen. Wir haben schon immer für uns gekämpft, Ludwig. Willst du wieder alleine sein und dies alles“, er zeigte nach draußen, aus dem Fenster hinaus, „wieder verlieren?“

Ludwig blickte auf die schneebedeckten Dächer der sie umgebenden Häuser. Sah die Flaggen, die im stürmischen Nordwind wehten, schwarz-rot-gold, schwarz-weiß-rot, schwarz-weiß mit schwarzem Adler, all die Farben, die schon immer preußisch-deutsch gewesen waren.

Ihr Volk war glücklich, weil er glücklich war, weil Gilbert bei ihm war, sein großer Bruder.

Die Nation kannte wieder ihren Stolz.
 

Das Volk war begeistert, dass seine Nationen kämpften und siegten.

Es war eine tolle, aufregende Zeit für die super Nationen.
 

Der Winter war wunderschön.

Es war wie früher: Der Duft von Plätzchen und Lebkuchen erfüllte das Haus, langsam stiegen die beiden von Bier auf Glühwein um, sie stellten ihren Christbaum auf.

Feliciano und Romano kamen, und natürlich auch Roderich und Elizabeta. Mit ein bisschen Verspätung kam sogar Kiku, und sie feierten ein wunderbares Weihnachtsfest. Es wurde gelacht und gesungen, Gilbert bekam noch öfter als früher Elizabetas Bratpfanne zu spüren und Feliciano hing so oft es ging an Ludwig.

Und die Nächte, sie würden unvergesslich werden.

Liebesschwüre wurden ausgetauscht, Liebkosungen, Versprechen und Lust.

Niemals durfte der Preuße den Deutschen verlassen, niemals wieder.

Hände umklammerten Körper, hielten sich fest. Manchmal kamen sie in diesem Winter kaum weiter als von ihrem Schlafzimmer ins Badezimmer, weil es viel zu warm und wohlig und kuschelig war.

Und zu Hause wehte schließlich dieser schreckliche Wind nicht, der neue Wind, der durch das ganze Land zog.

Der nach Tod und Verwesung stank.
 

Doch dann mussten die beiden Nationen sehr viel Leid durchstehen. Einige wollten nicht, dass die beiden die Welt bekamen. Es kam zu bösen Kämpfen, manchmal mussten die beiden Brüder auch Niederlagen einstecken, manchmal sah es so aus, als hätten die beiden verloren.
 

„Bitte... halt mich fest.“ Gilberts Stimme war schwach und er hustete ein wenig Blut. Sein Kopf lag gebettet auf Ludwigs Beinen, von denen mindestens eines gebrochen war, und des Deutschen starke Arme hielten ihn, so wie von ihm verlangt.

„Bleib bei mir“, hauchte der Jüngere nur. Das ansonsten so makellos frisierte, saubere, blonde Haar war schmutz- und blutverkrustet, und der Wind wehte so stark und heftig.

Mit großer Anstrengung hob der Hellhaarige seinen Arm und berührte das Gesicht des Jüngeren.

„Geliebter, süßer, kleiner Bruder.“ Sanft wie nie lächelte Gilbert. „Schon wieder eine Schmach, schon wieder Tod und Leid. Verzeih mir.“

„Aber... das ist nicht deine Schud!“ Ludwigs Stimme war tränenerstickt. „Ich bin genauso daran Schuld!“

Leise schnaubte der tödlich Verwundete, dessen Kopf seinem verletzten Bein wehtat. „Ich habe dich zu dem gemacht, was du heute bist. Ich trage die Verantwortung.“

„DU IDIOT!“, schrie der Blonde und wischte damit das Lächeln vom Gesicht seines Bruders. „Ich WILL der sein, zu dem du mich gemacht hast, weil das heißt, dass ich ein Teil von dir bin! Genauso, wie du ein Teil von mir bist! Es war so dumm, mich zu verstellen... Es ist meine Schuld, dass es wieder so ausgebrochen ist; wenn ich nicht immer versuchen würde, so zu tun, als wäre ich nicht dein Bruder und hätte das kriegerische, zerstörerische Blut nicht in mir, wenn ich mich die ganze Zeit einfach nur entschuldige für das, was ich bin, dann ist es klar, dass, wenn du kommst, alles auf einmal hochkommt. Ich... Ich... Ich bin Deutschland. Ich muss das akzeptieren. Du hast mich zu dem gemacht, was ich bin, und so soll ich auch sein. Es ist meine Geschichte und ich sollte stolz darauf sein. Ich bin deiner unwürdig, Bruder...“ Sein schmutzverschmiertes Gesicht hatte plötzlich zwei saubere Streifen.

Gilbert hob nun auch seinen zweiten Arm und hielt das Gesicht des anderen fest in seinen Händen. Seine Stimme wurde immer dünner, wie bei einem alten Mann.

„Bist du nicht“, flüsterte er. „Du bist der beste Bruder, den man haben kann. Du musst dich bloß selbst finden.“

„Wie soll ich das machen, ohne dich? Du verlässt mich doch gerade wieder!“

Mit letzter Kraft zog Gilbert Ludwigs Gesicht zu seinem hinunter, leckte ihm das Salz von den Lippen und küsste ihn.

„Du weißt, dass ich immer bei dir bin. Bin ich bis jetzt nicht immer zurückgekommen?“

Seine Augen fielen zu.

Preußen starb schon wieder.

„Gilbert... bleib bei mir...“

Ludwig konnte sich nicht bewegen, als Alfred, Ivan, Arthur und Francis kamen. Er hielt sich nur an der Leiche fest, küsste sie, wünschte sich ihren Bewohner wieder zurück.

Wieder hatte er seinen großen Bruder umgebracht, wieder würde er ihn wieder erwecken und alles, alles würde wieder von vorn losgehen.

Geschichte wiederholt sich.

Nein.

Die Geschichte wiederholt sich.
 

„Bruder, großer Bruder, wie ging es zu Ende?“

Der kleine Junge machte es sich noch bequemer in den Armen des Preußen.

„Nun ja“, sagte dieser. „Sie hatten natürlich einiges zu überstehen.“ Er setzte seinem Schützling einen sanften Kuss auf die Stirn.

„Doch am Ende...“

„Doch am Ende wird wieder alles gut, stimmt‘s? Habe ich Recht?“ Blaue Augen leuchteten in dem Feuer, das die roten ihnen gaben.

Gilbert grinste. „Natürlich. Sie waren schließlich super. Also, kleiner Mann, Schlafenszeit!“

Ludwig, brav wie immer, gehorchte. „Gute Nacht, Bruder! Ich liebe dich!“ Er küsste ihn auf die Wange.

Gilbert blieb das Herz kurz stehen, wie immer, wenn sein Bruder seine Liebe zu ihm so offen zeigte. „Ich... ich dich auch.“

Er deckte ihn zu, blies die Kerzen aus und ging aus dem Zimmer heraus.

Vorsichtig schloss er die Tür.

„...über alles auf der Welt, mein süßer, kleiner Bruder.“
 

Die Fahnen im Wind würden nie aufhören zu wehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  angel_of_sand
2010-10-29T16:26:04+00:00 29.10.2010 18:26
du hast Gilbert doch nicht wirklich sterben lassen,oder...?
Bitte,tu mir und Ludwig (*hüstel*) das nicht an!>______<

wäre ich jetzt alleine an dem Pc,würd ich wie sonst was heulen (aber meine Mum soll mich nicht so sehen xD)

ich freue mich schon,wenns weitergeht ~


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