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Bound to you

von
Koautor:  jastra93

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Dschinn und Schule

Ethan
 

Die Nacht verlief ruhiger, als ich dachte, obwohl meine Gedanken mich eine halbe Ewigkeit nicht einschlafen ließen.

Nur hätte ich den Wecker am nächsten Morgen – wie eigentlich jeden Morgen – liebend gerne gegen die Wand geschleudert. Ich war nun einmal ein extremer Morgenmuffel und nicht einmal ein Wecker konnte mich an einem Montagmorgen aus meinem warmen Bett locken, ohne meine Laune gleich in den Keller zu befördern.

Wirklich aufstehen wollte ich nicht und anscheinend ahnte meine Schwester das, denn sie war so frei, einfach in den Raum hinein zu stürmen – nachdem sie sehr laut angeklopft hatte – das Licht anzuschalten und in voller Montur – wie lange war sie bitte schön schon auf, dass sie sogar vor mir fertig war?! – in der Türe zu rufen.

„Aufstehen ihr Süßen! Ich habe den Frühstückstisch bereits für uns gedeckt! Na kommt! Die Schule ruft, die Sonne scheint, ein neuer, toller Tag beginnt und heute können wir Venni die Schule genauer zeigen, nicht wahr, Ethi?“, rief sie kichernd.

Ich grummelte etwas unverständliches in mein Kissen, zog mir die Decke über den Kopf – jetzt hatte ich nun wirklich keine Lust mehr, aufzustehen – und hoffte, sie würde einfach wieder gehen, doch so leicht machte sie es mir nicht, sondern zog mir lieber die Decke weg.

„Ashley! Hey!“, beschwerte ich mich, saß sofort aufrecht im Bett.

„Geht doch...kommt in fünf Minuten herunter!“, meinte sie, wandte sich noch einmal zu Ven um, um ihm ihr schönes Lächeln zu zeigen, dann war sie auch schon zur Türe raus, entging noch knapp dem Kissenanschlag, den ich auf sie zu verüben versucht hatte.

Das arme Kissen rutschte an der Wand entlang auf den Boden.

„Morgen...“, murmelte ich in Vens Richtung, machte keinen Hehl daraus, das ich bereits jetzt geladen war.

Aber was sollte man auch sonst erwarten, wenn man mich als Morgenmuffel auf eine solche Art und Weise weckte?! Das grenzte an seelische Grausamkeit, wenn man mich fragte.

„Morgen...“, bekam ich eine Antwort von Ven, der schon viel wacher als ich zu sein schien.

Für die Frage, die daraufhin folgte, wäre ich ihm unter Umständen sogar wirklich um den Hals gefallen, wenn meine Laune nicht entsprechend mies gewesen wäre.

„Kaffee?“, fragte der Dschinn.

„Oh ja...bitte!“, bat ich, rieb mir die Augen und staunte nicht schlecht, als einen Moment später eine dampfende Kaffeetasse für mich bereit stand, schenkte Ven sogar ein dankbares Lächeln, sobald der Geruch des Kaffees meine morgendliche Laune zu retten begann.

„Danke.“, bedankte ich mich auch noch richtig, kaum das die Tasse geleert war.

„Keine Ursache.“, erwiderte der Dschinn.

Ich verschwand ins Badezimmer, während Ven sich in meinem Zimmer 'umzog' und kurze Zeit später saßen wir mit einer ziemlich energetischen Ashley am Frühstückstisch.

„Morgen Jungs, da seid ihr ja! Was wollt ihr? Toasts, Waffeln, Pfannkuchen oder doch ein Ei? Ich habe einiges vorbereitet, nur für euch!“, erklärte sie, deutete auf den überfüllten Tisch.

Das 'für euch' hätte sie wohl auch gleich in ein 'für Ven' umändern können, aber das sprach ich nicht laut aus, immerhin musste man keinen Zickenterror heraufbeschwören und der war in dieser Hinsicht bei Ashley schon vorprogrammiert.

Ich nahm mit einem leichten Seufzen am Tisch Platz, bedankte mich nun auch bei Ashley.

Ven bedankte sich ebenfalls bei ihr, setzte sich neben mich.

So richtig wohl in seiner Haut schien er sich nicht zu fühlen, so eindeutig wie Ashley um seine Aufmerksamkeit buhlte...oder bildete ich mir das nur ein?

Das Frühstück hätte unruhiger nicht verlaufen können, denn aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen, hielt es meine Schwester für zwingend notwendig, Ven alle zwei Minuten zu fragen, ob er nicht noch irgendetwas wollte oder brauchte.

Letzten Endes schafften wir es damit, so lange zum Frühstücken zu brauchen, dass wir auf dem Schulweg rennen durften.

Das einzige, positive daran war wohl, dass meine Schwester 'Venni' nicht die ganze Zeit voll quatschen konnte.

Irgendwann schien ihr nämlich aufgefallen zu sein, dass viel reden und schnell laufen, sich nicht gut genug vertrug.

Wenn ihr Kopf auch erst hatte ordentlich rot anlaufen müssen, bis es so weit gewesen war, aber immerhin!

Die Schule kam in Sicht und noch niemals zuvor, war ich so froh darüber gewesen, dass meine Schwester in ein anderes Gebäude musste.

„Viel Spaß in der Schule, Jungs!“, wünschte sie uns, ehe Ashley in der Menge verschwand, nur um einer Schar gaffender Mädchen Platz zu machen, die den Austauschschüler aus der Ferne etwas genauer unter die Lupe nahmen.

„Werden wir ja haben, die Schule macht ja auch so viel Spaß!“, murmelte ich sarkastisch vor mich hin, obwohl ich nicht sagen wollte, ob ich das wirklich auf Ashleys Frage geantwortet hatte oder ob ich einfach nur ein Ventil gesucht hatte, meine Luft abzulassen.

Kaum das wir das Gebäude getreten hatten, kamen uns von der Klasse aus auch schon Alan und Yannik entgegen, meine besten Freunde.

„Ethi, Ven guten Morgen! Na ihr zwei? Habt ihr am Wochenende schon die Gegend unsicher gemacht?“, fragte Alan mit einem leichten Grinsen, klopfte uns Beiden auf die Schulter.

Einen Moment lang war ich verwirrt, bis ich mir wieder ins Gedächtnis rief, dass Ven ja bereits als Austauschschüler bekannt war.

„Ja, wir hatten unseren Spaß und ihr?“, antwortete ich schnell und möglichst ungenau, in der Hoffnung, die Beiden würden etwas von sich erzählen.

„Oh ja...hatten wir! Pass auf, wir waren Beide in der Disko, nicht weit weg vom Kino und zwar gestern, kennst du ja...da waren die Hammermädels...Zwillinge sage ich dir! Al und ich dachten wirklich, wir hätten das große Los gezogen, als wir es geschafft haben, mit den Beiden zu tanzen, aber...ihre Freunde haben sie nachher vor der Disko abgeholt...“, erklärte Yannik, zuckte leicht mit den Schultern.

Ja, das klang nach den Beiden...immer irgendwelche Frauengeschichten, die in einer Katastrophe endeten ehe sie überhaupt anfingen...typisch!

„Und bei euch Beiden? Na los, wir wollen Details!“, verlangte Alan zu wissen, sah Ven auffordernd an.

Im ersten Moment schien Ven sich zu wundern, weil er angesprochen wurde, doch kurze Zeit darauf setzte er schon lächelnd zur Antwort an.

„Wir waren im Kino, im Zoo und im Zirkus. Und es war eigentlich alles ziemlich toll, aber ich glaube, ihr kennt euer Kino und euren Zoo ohnehin besser als ich, da brauche ich kaum etwas zu erzählen, nicht wahr? Wobei die Löwenbabys wirklich niedlich waren...!“

Sein Blick traf den meinen, während sich ein Grinsen auf seinem Gesicht zeigte, das ich nicht richtig zu deuten wusste...woran er wohl genau dachte?

Mit einem abschließenden „Viel mehr ist allerdings dann auch nicht passiert.“, wandte er sich wieder an Yannik und Alan.

„Ach so, wenn es weiter nichts gewesen ist. Aber wenn du noch nicht in unserer Disko warst, müssen wir das unbedingt noch nachholen, ich bin mir sicher, du kriegst einen Haufen junge Mädels ab, mit dem Aussehen...!“, überlegte Alan.

„Ja...! Und ich habe gehört, Ashley macht sich ganz schön an dich ran, hm? Hat dir Ethi noch nicht die Augen ausgekratzt, damit du seine Schwester nicht mehr anschauen kannst?“, fügte Yannik lachend hinzu.

„Ha ha! Sehr witzig Jungs, haben wir gelacht – ich war alleine, ihr erinnert euch?“, gab ich brummend von mir.

„Oh je, da ist aber jemand ganz schön mit dem falschen Fuß aufgestanden!“, kicherte Yannik, stieß Ven leicht mit dem Ellenbogen an.

„Scheint so...“, erwiderte der Dschinn ein wenig unbeholfen – anscheinend wollte er sich nicht unbedingt gegen mich stellen, wusste aber auch nicht recht, was er sonst dazu sagen sollte.

Ehe ich die Gelegenheit hatte, noch einen Kommentar abzugeben, läutete es bereits zum Unterricht und wir machten, dass wir in die Klasse kamen, suchten uns einen ordentlichen Platz aus um dem Unterricht zu lauschen.

Anscheinend waren alle der Ansicht Ven und ich säßen nebeneinander. Es störte mich nicht wirklich, aber es war seltsam, dass der Dschinn selbst die Sitzordnung umgeworfen hatte.

„Na dann einmal auf ins Vergnügen...“, murmelte ich zu Ven, schenkte ihm ein schwaches, erzwungenes Lächeln, kurz bevor der Lehrer den Raum betrat, um den Unterricht zu beginnen.
 

Ven
 

‚Vergnügen‘ war gut...

Bislang hatte ich ja noch verdrängen können was ich mir hier eingebrockt hatte - naja, außer während der kurzen Zeit, in der ich dafür sorgte, in der Schule als Austauschschüler bekannt zu sein um keine blöden Fragen gestellt zu bekommen - aber nun...

Da half der gemurmelte Satz von Ethan und dieses nicht sonderlich überzeugende Lächeln leider auch nicht wirklich. Schule, nach so vielen Jahren ohne... aber gut, ich war ein Kerl, ich sollte aufhören so herum zu jammern! Stattdessen sollte ich lieber das Beste daraus machen was ich konnte.

Was sich allerdings zugegeben als leichter gesagt als getan herausstellte, als ich endlich mitbekam, was genau denn die erste Unterrichtsstunde sein würde.

Mathe.

Ich meine, bei allen Schulfächern, in denen man mit Sprachkenntnissen und Allgemeinwissen, was ich ja beides zur Genüge besaß, sehr weit kam musste es ausgerechnet Mathe sein? Das Fach, wofür man verstehen musste was man da tat, da auswendig lernen nichts brachte. Und so ganz nebenbei das Fach, was ich schon immer als am überflüssigsten gefunden hatte. Das brauchte man doch im Leben fast nie. Das einzig wichtige was ich konnte war das Kopfrechnen, insbesondere was das Geld anging und so kleinere, nützlichere Dinge.

Aber natürlich nicht im Mathematikunterricht einer Schule. Hier begann der Lehrer nach einer kurzen Begrüßung damit, die Stunde vom letzten Mal wieder aufzunehmen. An der ich ja seiner Meinung nach teilgenommen hatte. Leise seufzend schlug ich mein eigens für diesen blöden Unterricht hergezaubertes Mathebuch auf, auf der Seite die der Lehrer genannt hatte und sah hinein.

Wow und ich dachte immer wir Dschinn würden alle Sprachen der Welt beherrschen um uns überall verständigen zu können... na ich konnte nur all die Dschinn bemitleiden, die je von einem Mathematiker befreit wurden.

Nun hieß es allerdings erst einmal, das wir ein paar Aufgaben rechnen sollten. Ich warf erneut einen Blick in das Buch. ‚Differenziationsregeln‘... musste man das kennen? Das klang für mich mehr nach Regeln, wie man Dinge zu unterscheiden hatte, von wegen wenn man zwei Dinge differenzieren sollte, aber irgendetwas sagte mir, dass DAS nicht gemeint war... möglicherweise die vielen Zahlen und Buchstaben da auf der Seite...

Leicht hilflos (okay zugegeben, eigentlich war ich schon halb panisch, aber das klang so unmännlich...) sah ich zu Ethan. Was sollte ich denn jetzt machen? Ich war schon froh zu erkennen, dass es sich bei diesem Gewirr aus Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen um Formeln handelte, aber mit diesen rechnen können war etwas ganz anderes...

Naja, nicht, dass er eine sonderlich große Hilfe war. Er grinste mich stattdessen lieber schadenfreudig an. Gut, er war nett genug mir einen Zettel zuzuschieben, vermutlich mit dem Inhalt der letzten Stunde, aber ich verstand davon ungefähr genauso viel wie ein Neugeborenes vom Springseil springen...

Und natürlich half es mir genauso wenig, als wir dann die Ergebnisse verglichen. Ich war für Mathematik einfach nicht geschaffen, ich hatte seit wir mit Funktionen begonnen hatten keine Lust mehr gehabt und das war bereits Ewigkeiten her...

Aber natürlich blieb es nicht dabei. Mein Glück war in den letzten Tagen wirklich miserabel. Erst das mit der Barriere, die nicht verschwinden wollte und nun wollte dieser blöde Mathelehrer auch noch Aufgaben rechnen lassen um sie einzusammeln und zu bewerten...! Kein Wunder, dass Mathelehrer so unbeliebt waren... Aber mal ganz davon abgesehen... ich konnte nicht eine Aufgabe lösen und eine glatte Sechs würde glaube ich nicht sonderlich gut kommen, auch wenn mich persönlich meine Noten nicht kümmern musste, es ließ Ethan vermutlich auch nicht gerade in einem sonderlich guten Licht dastehen wenn sein Austauschschüler ein totaler Versager in Mathe war...

Also gut, dieser Kerl hatte es nicht anders gewollt. Dann eben anders. Als alle begannen, die Aufgaben zu rechnen und ihre Blätter zu beschreiben nahm ich mir zwar ebenfalls ein Blatt und einen Stift, sorgte aber mit ein klein wenig Hilfe meinerseits dafür, dass sich der Füller fast schon von selbst über die Seite bewegte und die Lösungen aufschrieb. Ich selbst hatte zugegeben nicht die geringste Ahnung was ich dort eigentlich aufschrieb, aber es würde schon stimmen. Oder zumindest korrekter sein als alles, was ich ansonsten zustande gebracht hätte und mir damit mit Sicherheit den Hintern retten. Allerdings wurde der Unterricht dadurch nicht spannender, wenn man nur zusehen konnte, wie sich die Aufgaben quasi von selbst rechneten. Denn wenn ich mit jetzt umsehen würde und trotzdem weiterschreiben käme einem das vermutlich viel zu verdächtig vor, als ließ ich die Langeweile notgedrungen über mich ergehen und sah zu, wie sich eine Aufgabe nach der anderen auf meinem Blatt komplettierte.

Am liebsten hätte ich die Antworten ja direkt auf dem Blatt erscheinen lassen, aber wenn mich niemand schreiben gesehen hätte, mein Blatt aber dennoch mit Antworten gefüllt war... nein danke, es hatte schon einen Grund warum wir unsere Kräfte geheim hielten.

Aber schließlich hatte sich auf die letzte Aufgabe vervollständigt und ich legte den Stift zufrieden zur Seite und gab das Blatt ab. Na also. Damit würde dieser Unterricht dann hoffentlich etwas erträglicher werden. Außerdem konnte ich mit endlich wieder in Ruhe umsehen, wobei mich der Rest der Klasse eigentlich gar nicht so sonderlich interessierte. Abgesehen vielleicht von Ethan, bei dem ich mich gerade ohnehin fragte , wie weit er denn war. Ob er wohl gut war in Mathe? Beurteilen konnte ich das bei meinem Level ja leider nicht wirklich. Aber es schien so, da er nur kurz nach mir ebenfalls seinen Zettel abgab.

Und während nun nach und nach immer mal wieder ein, zwei Schüler ihre Aufgaben einreichten beschloss ich, solange ein wenig zu schreiben. Ich war keineswegs besonders gut darin oder so, aber es half sehr gut gegen Langeweile und als enormer Bücherwurm musste ich es einfach mal probieren. Allerdings bemerkte ich nicht viel später, wie mich Ethan stirnrunzelnd von der Seite ansah. Ich sah etwas verwirrt zurück und vergewisserte mich mit einem kurzen Blick, dass der Lehrer momentan am Lehrerpult - welches glücklicherweise nicht unbedingt in der Nähe war - beschäftigt war, bevor ich ganz einfach flüsternd nachfragte. „Was ist?“

Mit leichtem Grinsen sah er mich an und legte seinen Kopf schief, bevor er genau so flüsternd antwortete. „Deine Schrift...sieht toll aus! Wie machst du das? Alles was ich schreiben will, kann kein Mensch lesen...so etwas ist normalerweise den Damen vorbehalten!“ Und natürlich musste er diesen letzten Teil mit einem frechen Grinsen sagen. Da konnte er mir auch gleich ‚Du Mädchen.‘ ins Gesicht sagen. Auch wenn das nicht stimmte...! Naja... gut, meine Handschrift war wirklich sehr ordentlich und manche Mädchen mochten so schreiben, gerade weil sie sogar leicht verschnörkelt war, aber da konnte ich ja nun wirklich rein gar nichts dafür...!

Und nein, auch wenn es so aussehen mochte, ich schmollte nicht! Stattdessen wandte ich mich lieber wieder dem Text zu an dem ich gerade saß - Poesie, weil ich zu etwas anderem irgendwie nicht in der Lage war - und grummelte etwas in meinen nicht vorhandenen Bart. Natürlich im Flüsterton, ich wollte nicht wirklich noch vom Lehrer ermahnt werden, egal, ob es mich kümmern musste oder nicht.

Nicht, dass mir das etwas gebracht hätte, da Ethan sich, kaum dass der Lehrer damit beschäftigt war, die abgegebenen Blätter zu zählen plötzlich zu mir herüber lehnte und mir direkt ins Ohr flüsterte, ob ich denn jetzt beleidigt wäre... dieser Junge konnte einen aber auch aus dem Konzept bringen...! Es war Ewigkeiten her das mir überhaupt irgendjemand ins Ohr geflüstert hatte und irgendwie fühlte sich der Atem eines Anderen leicht merkwürdig an wenn er auf die eigene Ohrmuschel traf. Aber mal so ganz davon abgesehen war ich nicht beleidigt...! Naja... vielleicht ein bisschen. Also zuckte ich als Antwort nur mit den Schultern. Wobei ich ihm ohnehin nicht sonderlich lange böse sein konnte. Was wohl auch besser so war, immerhin konnte ich nicht von ihm weg, wenn ich da ewig sauer auf ihn sein würde hätten wir sicherlich bald beide ein Problem gehabt. Aber so seufzte ich nur schließlich leise und schüttelte den Kopf. „Nicht mehr... Zufrieden?“ Das ganze klang zwar weit weniger bissig als ich es gehofft hatte aber gut, man konnte eben nicht alles haben. Ethan lächelte aber trotzdem und wuschelte mir durchs Haar, während er irgendwas vor sich hin murmelte, was verdächtig nach ‚Du bist mir einer...‘ klang... pfft. Ich streckte ihm dafür die Zunge heraus. Gut, es war ziemlich kindisch aber hey, kindisch sein war oftmals viel spaßiger als ständig ernst und erwachsen zu sein.

Aber egal. Wann wohl Pause sein würde?

Was mich einmal mehr daran erinnerte, wie wenig ich eigentlich von diesem Umfeld hier wusste. Dank meines Zaubers von vorher kannte mich zwar jeder als Austauschschüler, aber genau das war das Problem. Wenn man jemanden kannte stellte man sich diesem doch nicht noch einmal vor. Ich musste Ethan dringend mal etwas über sein Umfeld ausfragen... und dann durften wir diesen Jungen nicht vergessen, wegen dem wir ja eigentlich unter anderem hier waren.

Da konnte die Mathestunde ruhig etwas schneller vorüber gehen, oder...?
 

Ethan
 

Ein Glück, dass die restliche Mathematikstunde nur halb so schlimm verlief, wie sie hatte laufen können, denn Ven blieb es erspart, noch vom Lehrer aufgerufen zu werden oder dergleichen.

Dafür bekam er jedoch jede Menge Fragen gegen Ende der Stunde gestellt, von wegen, ob er sich denn gut eingelebt hätte, mit der Familie klar käme, wie das in seinem Heimatland denn mit dem Stoff in Mathematik aussah...und was dem Neugierigen noch so schönes einfiel.

Wenigstens schien Ven mit diesen Fragen klar zu kommen, wenn er auch so seine Probleme zu haben schien, weil alle ihn kannten, aber er niemanden kannte.

Das war wohl einer der Nachteile, wenn man Erinnerungen manipulierte, aber da musste er wohl oder übel durch.

Die Stunde ging zu Ende und ich stand auf, verließ mit Ven den Raum und winkte in Richtung von Yannik und Alan, die statt Biologie Chemie gewählt hatten und somit nicht mit uns in der nächsten Kursstunde zusammen sein sollten.

Dafür aber jemand anderes, der uns brennend interessieren sollte.

„So...jetzt gehts auf in den Biologieunterricht, okay? Der Junge, von dem ich dir erzählt habe, Daniel, ist in meinem Biokurs von daher sollten wir ihn dort antreffen, gemeinsam mit seinen Klassenkameraden aus dem Kunstkurs.“, erklärte ich.

Ven nickte mir zu und einige Meter gingen wir schweigend nebeneinander her, bis er sich zu Wort meldete.

„Ähm Ethan? Könntest du mir vielleicht sagen wer die Typen von vorhin waren und wie deine Schwester heißt...?“, murmelte er, fast schon ein wenig verlegen, wenn ich mich nicht täuschte.

Einen Moment lang starrte ich ihn überrascht an, bis mir wieder einfiel, dass ich Ven weder gesagt hatte, wie meine Schwester hieß, noch wer die beiden Jungen waren!

Woher sollte er das wissen?

Die Überraschung wich einem leichten, warmen Lächeln.

„Meine Schwester heißt Ashley...und das vorhin waren Yannik und Alan, meine besten Freunde. Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn ich dir ein wenig mehr über sie erzählen würde, aber dafür ist im Moment denke ich nicht der rechte Zeitpunkt, oder? Wir haben etwas Anderes zu erledigen.“, antwortete ich.

Ven nickte mir zu.

„Stimmt, das haben wir wohl. Ich hoffe nur wir sind auf der richtigen Spur.“, gab er zurück.

„Das hoffe ich auch, glaube mir.“, erwiderte ich seufzend, betrat mit ihm den Kursraum für Biologie und staunte nicht schlecht, als Daniel nicht auf seinem Platz saß.

„Oh?“, murmelte ich vor mich hin.

„Was ist?“, wollte Ven sofort wissen, der meinem Blick folgte, ohne zu begreifen, was ich für ein Problem mit dem leeren Platz haben könnte.

„Daniel ist nicht da, wie es scheint.“, erklärte ich.

„Und was machen wir jetzt?“, wollte der Dschinn wissen.

„Der kommt sicher gleich! Ich meine...vielleicht ist er noch auf der Toilette oder so? Er taucht schon noch auf.“, versuchte ich ihm Mut zu machen, nahm mit Ven dort Platz, wo ich sonst immer saß.

Anscheinend war auch in diesem Kurs Vens Platz neben mir, denn keinen schien es zu stören, wie wir hier saßen.

Immer wieder wanderten unsere Blicke aufmerksam zur Tür, wenn jemand herein kam, aber auch als es zur Stunde läutete und der Lehrer den Raum betrat, tauchte Daniel nicht auf.

„Er scheint nicht zu kommen, oder? Wie gehen wir jetzt vor?“, flüsterte der Dschinn mir seine Frage zu, ohne zu mir zu schauen, damit es dem Lehrer nicht so auffiel, vermutete ich.

„Keine Ahnung. Wir könnten Angela nach der Stunde fragen, ob sie etwas weiß. Die Beiden sind im selben Lateinkurs und soweit ich weiß, war der heute morgen.“, erwiderte ich.

„Gut, dann passen wir sie nach der Stunde ab und hoffen, dass wir etwas herausbekommen.“, stimmte Ven zu.

„Sicher, wahrscheinlich ist er einfach nur krank für heute oder so.“, murmelte ich.

Das war die einzige, logische Erklärung, die mir dafür einfiel.

Biologie schien Ven schon viel besser zu liegen, als die Mathematik. Warum auch immer das so war – ich beschloss ihm nach dem Unterricht genauer danach zu fragen – er blamierte sich nicht, als er an die Reihe genommen wurde und der Lehrer ihn zu einigen Themen befragte, die letzte Stunde behandelt worden waren.

So ging diese Stunde eigentlich recht gemütlich zu Ende, fast schneller, als mir selbst lieb war und kaum, dass die Schulglocke den Unterricht beendete und eine größere Pause, dank einer Freistunde, die wir jeden Montag in der dritten hatten, einläutete, lief ich – dicht gefolgt von Ven – zu Angela herüber.

„Angela! Warte mal kurz!“, rief ich ihr zu.

Ein wenig überrascht drehte das brünette, junge Mädchen sich um, sah uns aus grünen Augen an.

„Was ist denn, Ethan?“, fragte sie nach, blinzelte mit ihren langen Wimpern überrascht.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund verglich ich ihr Äußeres in dieser Sekunde mit Ven und stellte fest, dass ich den Dschinn hübscher fand als sie, obwohl ich zwei Jahre zuvor noch mit ihr zusammen gewesen war – eines der offenen Geheimnisse in meinem Umfeld, es hatte nicht lange gehalten.

Einen Augenblick irritierten meine eigenen Gedanken mich und ich vergaß ganz zu fragen, was ich hatte fragen wollen.

„Ethan? Alles in Ordnung? Bringe ich dich so aus dem Konzept?“, fragte Angela mit einem glockenhellen Lachen.

„Oh, ähm, nein, tut mir leid!“, erwiderte ich, ignorierte es, dass mir das Blut in die Wangen schoss.

„Ich wollte dich fragen ob du weißt was mit Daniel ist. Er ist heute nicht im Unterricht gewesen.“, erklärte ich.

„Daniel? Ich weiß zwar nicht, warum dich das so interessiert, aber er ist krank soweit ich weiß. Jedenfalls war er heute morgen auch nicht im Lateinkurs anwesend von daher ist das die einzige Erklärung, die mir einfällt. Er ist sowieso in letzter Zeit so seltsam...vielleicht hat er sich mit dem vielen Lernen übernommen? Ich meine bei den Noten, muss er ja die Nächte durch gepaukt haben, wir reden von Daniel, nicht wahr?“, überlegte sie, setzte zu einem weiteren Gedankengang an, doch ich unterbrach sie, ehe sie weiter reden konnte.

Mir war gerade wieder eingefallen, warum es nicht mit ihr funktioniert hatte: Angela redete in Gesprächen früher oder später so viel, dass man(n) nicht mehr zu Wort kam. Eine Eigenschaft, die dazu geführt hatte, dass ich in dieser Beziehung etwas zu sehr untergegangen war.

Nicht, dass ich mich nicht durchsetzen könnte, es war viel mehr so, dass jeder Satz von mir einen weiteren Wortschwall bei ihr auslöste und sie mitten in einem Satz zu unterbrechen endete in einer Lektion über das Thema 'Man sollte Andere ausreden lassen!', was mir irgendwann auch zu dumm gewesen war.

Schönes Aussehen und nette Art hin oder her, Angela war nichts für mich.

„Danke, das ist schon alles was ich wissen wollte, wünsche dir einen schönen Tag! Ven und ich müssen jetzt aber auch schon weiter, sonst sind die guten Plätze im Aufenthaltsraum weg, du weißt schon.“, erklärte ich, schenkte ihr das beste Lächeln, dass ich gerade zusammen bekam.

„Oh okay...viel Erfolg bei der Platzsuche und pass gut auf unseren Austauschschüler auf! Ach ja, ihr solltet in der Kantine besser keinen Salat essen, letzte Wochen haben eine Menge Mädchen Käfer darin gefunden! Ich auch, ich sage euch, das war einfach nur grauenvoll, ich...“

„Ja! Ist gut, wir haben verstanden, danke für deine Warnung aber ich bin ohnehin nicht so der Salatfan und Ven auch nicht, bis bald.“, unterbrach ich sie, handelte mir einen beleidigten Blick ein und verschwand mit Ven um die Ecke.

„Das war knapp...einige Sekunden länger und die Wortwelle hätte uns ertränkt.“, murmelte ich kopfschüttelnd vor mich hin.

„Redet sie immer so viel?“, wollte Ven mit einem leicht zweifelnden Blick wissen.

„Ähm...ja. Ich war zwei Wochen lang mit ihr zusammen und glaube mir, das hier war noch gar nichts.“, gab ich zurück, schenkte Ven ein aufmunterndes Lächeln, als wollte ich ihn damit darüber hinweg trösten, dass das nicht so gelaufen war wie geplant, nur um beunruhigender Weise festzustellen, dass ich Ven lieber mochte wenn er gut drauf war.

Aber das war doch nichts weiter schlimmes oder?

„Tja, aber was soll's, wir haben erfahren was wir wissen wollten: Daniel ist krank. Damit bleibt uns nichts weiter als abzuwarten bis er wieder gesund ist, damit wir ihn ausquetschen können. Ich meine, wir könnten ihm auch einen Krankenbesuch abstatten oder anrufen, aber ich habe weder seine Adresse noch seine Nummer und keine Zeit das großartig zu organisieren...ich weiß nicht einmal seinen Nachnamen!“, setzte ich an, seufzte leicht.

„Außerdem hätten wir keine ordentliche Ausrede warum wir ihn besuchen wollen würden, so dicke Kumpel sind wir nicht gerade...“, fügte ich murmelnd hinzu.

Das Problem mit dem Wohnsitz könnte Ven sicherlich ebenso lösen wie das Telefonproblem, aber einen Besuch konnten wir im Zweifelsfall nicht ordentlich erklären und über das Telefon zu fragen, ob er einen Dschinn hätte, wäre wohl mehr als dämlich.

Uns blieb also nichts anderes übrig als abzuwarten was die Zukunft zeigen würde.
 

Ven
 

Ethans Ex-Freundin war sehr merkwürdig. Sie war nicht hässlich oder gemein oder so, aber ich fragte mich trotzdem was zum Henker er da in ihr gesehen hatte. Da gab es doch wirklich weit bessere Partien... wobei ich mich wohl eher fragen sollte weshalb mich das so störte, es war doch seine Sache mit wem er ausging. Außerdem hatte es ja auch nicht lange gehalten.

Viel wichtiger war wohl, dass dieser Daniel scheinbar krank war. Was für mich hieß, dass ich noch länger als ohnehin schon auf diese Schule gehen musste. Verdammt, noch mehr Mathe? Wobei Biologie immerhin nicht schlecht gewesen war, das musste ich zugegeben.

Aber nun waren Ethan und ich wohl erst einmal auf den Weg zum.. Aufenthaltsraum? Woraus ich folgerte, dass die nächste Stunde wohl eine Freistunde war. Umso besser, nicht wahr? Auch wenn es wohl oder übel dafür sorgen würde, dass ich mir mehr Gedanken über diese Situation machen würde, in der ich momentan gefangen war. Solange wir diesen Daniel nicht auftreiben konnten fehlten uns jegliche anderen Anhaltspunkte, was wohl geschehen war... und auch, wenn ich Ethans Gesellschaft gar nicht so schlecht fand wollte ich eigentlich nicht wirklich den Rest meines doch ziemlich langen Lebens, oder zumindest den Rest Ethans Lebens, bei ihm verbringen ohne mich von ihm entfernen zu können wenn ich musste. Natürlich reichten einhundert Meter für etwas Privatsphäre, aber er würde beispielsweise niemals alleine - oder gegebenenfalls mit einem Date - ausgehen können ohne das ich zwangsläufig folgen musste.

So dachte ich über einige solcher Dinge nach, nachdem wir im Aufenthaltsraum angelangt waren und uns noch freie Plätze an einem der Fenster des doch recht großen Raumes hatten sichern können und ich aus einem dieser Fenster sah. Schon verrückt eigentlich, wie man kaum, dass man das erste ‚Gefängnis‘ verlassen hatte in das nächste hineinstolperte, hm?

Mein so gedankenverlorener und vermutlich nicht unbedingt fröhlich aussehender Blick schien Ethan jedoch ebenfalls aufgefallen zu sein, da er mich kurz darauf mit einem „Alles in Ordnung?“ aus den Gedanken riss. Schnell lächelte ich ihn an und nickte. Auch wenn selbst ich das nicht sonderlich überzeugend fand und er vermutlich erst recht nicht. Aber ich wurde vor weiteren Fragen gerettet, als Alan und Yannik plötzlich neben uns auftauchten und Ethan, vermutlich unbewusst, davon abhielten weiter nachzufragen, indem sie ihn ihrerseits etwas fragten. Da hatte ich noch einmal Glück gehabt. Immerhin musste ich ihn nicht auch noch mit meinen Problemen belasten, wir hatten so schon genug.

Egal, wie hieß es, man sollte positiv denken, das würde schon irgendwie werden...! Hoffte ich jedenfalls.

Also lächelte ich stattdessen und versuchte mich etwas in das Gespräch der drei Jungs mit einzubringen. Was auch zugegeben nicht sonderlich schwer war, denn während Alan und Yannik von irgendwelchen Mädchen schwärmten, sei es, wie toll diese gewesen waren oder wie sie sie herum bekommen hatten... oder auch nicht. Ethan und ich mussten nur nicken und gelegentlich kurze Kommentare abgeben. Wobei ich mich mit steigender Anzahl der Mädchen zugegeben etwas wundern musste. Die zwei schienen wirklich ziemliche Weiberhelden zu sein. Verrückte Freunde, die sich Ethan da ausgesucht hatte, aber gut, andererseits waren es keine kompletten Arschlöcher oder so, im Gegenteil, sie schienen eigentlich ziemlich nett zu sein.

Und so verging die Freistunde inklusive der folgenden Mittagspause recht schnell. Wir hielten uns auch an Angelas Rat und rührten den Salat nicht an. Wobei ich zugeben musste, englische Küche war nicht wirklich mein Fall. Und Schulessen... naja, Käfer im Salat sprachen wohl für sich.

Aber ich überlebte es und so verging auch der Rest des Tages doch eher flott, denn der Unterricht war gar nicht so kompliziert wie ich es angesichts der ersten Stunde vermutet hatte. Glanzleistung zeigte ich wohl vor allem in Deutsch, der einzigen Fremdsprache die Ethan belegte. Aber das lag wohl daran, dass ich es mehr als nur gut beherrschte. Ich konnte es nur immer wieder betonen, aber es hatte seine Vorteile Dschinn zu sein, dazu gehörte eben auch das Beherrschen sämtlicher Sprachen der Welt. Oh ja, zumindest dieser Unterricht würde auch weiterhin beinahe Spaß machen.

Und so näherte sich der Schultag rasch dem Ende und es dauerte nicht allzu lange, bis Ethan und ich schließlich wieder vor dem Gebäude standen. Glücklicherweise hatte Ashley scheinbar nicht mit uns zusammen Schluss und so brauchten wir uns keine Sorgen zu machen, dass sie sich wundern könnte was wir denn schon wieder in diesem Antiquitätenladen wollten. Aber so konnten wir problemlos Jason und Jana besuchen. Wobei die beiden sicherlich ebenso wenig erfreut sein würden wie wir, wenn sie hörten, dass Daniel höchstwahrscheinlich krank war. Aber wir konnten es ja nicht ändern und hatten uns ja für heute verabredet.
 

Ethan
 

Ein Glück, dass der restliche Schultag möglichst schnell vorbei gegangen war, wer wusste, was uns sonst noch alles passiert wäre, in der kurzen Zeit? Am Ende wären wir Angela noch einmal über den Weg gelaufen oder hätten meine Schwester getroffen und ihr erklären müssen, warum wir einmal mehr an einen Ort gingen, an dem wir eigentlich nichts mehr zu suchen haben sollten, doch so war alles wunderbar gelaufen.

Wunderbar, wenn man einmal davon absah, dass wir Daniel, den wir eigentlich hatten sprechen wollen, nicht getroffen hatten und diese Nachricht Jana und Jason genauso wenig freuen würde wie uns.

Ein leichtes Seufzen kam über meine Lippen, während der Antiquitätenladen sich langsam näherte.

Vielleicht hatten die Beiden in der Zwischenzeit ja etwas herausfinden können, dass sich als nützlich erwies?

Gemeinsam mit Ven öffnete ich die Türe, betrat den Laden und blieb wie erstarrt stehen, als ich Jana und Jason erblickte, die sich gerade leidenschaftlich hinter dem Tresen küssten.

Das nannte ich einmal eine Überraschung! Anscheinend hatten sie etwas anderes herausgefunden, mit dem wir nicht gerechnet hatten?

Es war mir ein Rätsel, wieso mir in diesem Augenblick ein Bild von Ven durch den Kopf schoss – in erster Linie von seinem hübschen Gesicht wohl bemerkt – doch ich ignorierte meine seltsamen Gedankengänge einmal mehr, räusperte mich lautstark, um die Aufmerksamkeit von Jason und Jana zu bekommen, denen erst nun auffiel, dass sie nicht mehr alleine im Laden waren.

„Oh...“, murmelte Jana, hielt sich ein wenig peinlich berührt kurz die Hand vor den Mund, lächelte verlegen in unsere Richtung.

Eine leichte Röte zierte ihre Wangen.

„Ähm hallo! Ihr seid früher, als wir euch erwartet haben.“, übernahm Jason das reden für sie, aber auch er wirkte etwas verlegen, in einer solchen Situation erwischt worden zu sein.

Auch Ven wirkte im ersten Augenblick etwas verlegen, grinste jedoch kurz daraufhin schon in Janas und Jasons Richtung.

„Ja, wir hatten keine Gelegenheit Daniel abzupassen um mit ihm zu reden, wisst ihr.“, setzte ich an.

Mein Blick begegnete Janas fragender Miene.

„Wieso denn das?“, wollte sie wissen.

„Er ist krank, deswegen konnten wir ihn heute nicht sprechen.“, mischte Ven sich in das Gespräch ein.

„Na wunderbar. Das heißt wohl oder übel, dass wir warten müssen bis wir mehr darüber erfahren können. Habt ihr eine Ahnung wie lange er krank sein wird?“, hakte Jason nach.

Ich schüttelte den Kopf.

„Nicht wirklich, er ist nur in einem Kurs, den ich ebenfalls belegt habe und ohne eine Mitschülerin hätten wir gar nicht erst erfahren, dass er krank ist.“, erklärte ich mit einem leichten Seufzen.

„Ihr habt nicht zufällig etwas Neues herausgefunden? Wie jemand anderen, der auffällig nach Vasen gefragt hat oder dergleichen?“, fügte ich hinzu.

„Nein, tut mir leid, so auffällig wie du hat keiner nach den Vasen gefragt!“, gab Jana zurück, lächelte leicht in unsere Richtung.

Sollte ich diesen Satz nun als Kompliment oder Beleidigung auffassen?

Nun ja, letzten Endes war es ja auch egal.

Ven konnte sich ein Grinsen in meine Richtung über diesen Satz natürlich nicht verkneifen und ich warf ihm einen bösen Blick zu.

Ich hatte zwar das Gefühl, dass ich diesem Dschinn nicht lange böse sein konnte, aber das änderte nichts daran, dass ich es derzeit war.

„Wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein.“, erwiderte ich auf Janas Worte, bemüht darum, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich ein wenig gekränkt war.

So auffällig hatte ich nun auch wieder nicht nach einer Vase gefragt, oder?!

„Wie auch immer, wir sollten schauen wie wir weiter vorgehen. Hängt ihr euch weiter an die Fersen dieses Schülers?“, meldete sich Jason wieder zur Wort.

„Sicher, vorerst können wir ohnehin nichts anderes tun, befürchte ich.“, murmelte ich, zuckte leicht mit den Schultern.

„Abgesehen davon, die Augen offen zu halten? Was macht ihr in der Zwischenzeit?“, fragte ich, musste mir ein 'außer herumknutschen' wirklich verkneifen.

„Wir werden aufpassen wenn jemand auffällig im Laden nachfragt, die Zeitung täglich überprüfen und ich höre mich in meinem Freundeskreis um.“, überlegte Jana.

„Da fällt mir ein...könnte ich eure Nummer haben? Es wäre nicht schlecht, wenn wir uns gegenseitig erreichen könnten.“, schlug sie vor.

Ich wechselte einen kurzen Blick mit Ven, der das für eine gute Idee zu halten schien und nickte Jana zu.

„Gib mir einen Stift und ein Blatt Papier, dann tauschen wir die Nummern aus.“, erklärte ich.

Wenige Augenblicke später, steckte jeder von uns einen Zettel mit der Nummer des Anderen ein.

„Nun denn, wir müssen zurück an die Arbeit, wer weiß wann die nächste Kundschaft kommt. Ich wünsche euch noch viel Glück, hoffen wir, dass dieser Schüler bald auftaucht und die Warterei nicht umsonst war!“, verabschiedete Jana uns.

Ob sie wirklich so viel zu tun hatte oder nur mit Jason alleine sein wollte, blieb einmal dahingestellt, aber das war nicht unsere Sorge.

„Soso, an die Arbeit? Na dann viel Spaß!“, erwiderte Ven mit einem Grinsen in Janas Richtung und sobald auch ich und Jason einige Abschiedsworte hinzugefügt hatten, verließen Ven und ich den Laden.

„Und was machen wir jetzt?“, kam auch prompt die Frage des Dschinns, die früher oder später hatte kommen müssen.

Ja, was sollten wir nun unternehmen? Allzu viele Dinge konnten wir nicht mehr tun, der Zoo und der Zirkus waren bereits besucht wurden, die Disco auch und noch ein Kinobesuch so kurz auf den Anderen war auch nicht das wahre. Abgesehen davon, dass ohnehin kein guter Film mehr lief – oder eher kein guter Film, den Ven sich angesehen hätte, so begeistert wie er von unserem letzten Thriller war und so fröhlich, wie er von Horrorfilmen geschwärmt hatte.

„Was hältst du von einem Schwimmbad-Besuch? Wir hätten ein Hallenbad, zu dem wir wunderbar mit dem Bus fahren könnten, wenn du möchtest.“, schlug ich einfach das erstbeste vor, was mir in den Sinn kam.

Schwimmen war sicherlich nicht das schlechteste, was wir tun konnten, außerdem hatte Ven in dieser Vase bestimmt keine Gelegenheit gehabt, großartig zu schwimmen, da würde ihm so ein Besuch wohl mehr zusagen, als ein weiterer Ausflug in die Disco oder das Kino.

Vor allem seine Erinnerungen an ersteres mussten nicht auf gleiche Art und Weise aufgefrischt werden.

Einen Moment lang schien Ven zu überlegen, bevor er mir fröhlich zunickte und seine Antwort gut gelaunt verkündete.

„Schwimmbad klingt toll, ich war schon ewig nicht mehr schwimmen...!“

Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen, vertrieb den vorher noch leicht missmutigen Gesichtsausdruck aus meinen Gesicht.

Abgesehen von Ashley kannte ich keine Person, die sich mehr für etwas begeistern konnte, als Ven.

Es war irgendwie süß wie er sich über diese Kleinigkeiten freute.

Das konnte ich ihm natürlich nicht ins Gesicht sagen, aus mehrerlei Gründen, aber immerhin durfte ich mir meinen Teil dazu denken.

„Sehr schön, dann lass uns schnell nach hause, die Schultaschen in die Ecke pfeffern und gegen einen Rucksack mit Schwimmsachen eintauschen! Wenn wir uns beeilen, ist Ashley auch noch nicht von ihrem Volleyball-Training zurück und wir müssen uns keine Sorgen machen, dass sie sich an unsere Fersen heftet!“, stellte ich fest, steuerte gut gelaunt mein Zuhause an.

Ich überlegte was ich einpacken sollte, als mit einem Mal etwas direkt hinter Ven und mir zerschellte.

Überrascht wirbelte ich herum, sah auf die Scherben, die auf dem Boden lagen.

„Ein Blumentopf...?“, wunderte ich mich, sah nach oben, aber ich konnte niemanden erkennen.

Ven neben mir sah mehr als geschockt aus. Vermutlich weil wir Beide – oder zumindest ich, wer wusste, wie viel Dschinn überstehen konnten – beinahe von einer Pflanze erschlagen wurden wären.

„Das ist ja lebensgefährlich hier!“, schimpfte ich, schüttelte leicht den Kopf über die Unachtsamkeit mancher Leute und setzte meinen Weg mit Ven fort.

Am besten wir zerbrachen uns nicht weiter den Kopf über das, was passiert war, immerhin war uns im Endeffekt nichts geschehen, oder?

„Dann wollen wir einmal.“, murmelte ich vor mich hin, sperrte kurze Zeit später die Haustür auf und ging zielstrebig in mein Zimmer, suchte Handtücher und dergleichen zusammen.

Für Ven nahmen wir ebenfalls einen Rucksack an uns, denn auch, wenn der gute Dschinn sich seine Sachen herbeizaubern konnte käme es wohl komisch, wenn er ohne Sachen das Haus verlassen und im Schwimmbad auftauchen würde.

„So haben wir alles?“, fragte ich Ven.

„Ich denke schon?“, kam die Antwort des Dschinns, während ich noch einmal sicher stellte, dass wir nichts vergessen hatten.

Auch wenn Ven im Notfall dafür sorgen könnte, dass ich an nicht vorhandene Dinge gelangen konnte, man musste seine Kräfte ja nicht für solcherlei in Anspruch nehmen wenn es sich vermeiden ließ, oder?

„Gut, dann können wir los.“, erklärte ich, lächelte den Dschinn gut gelaunt an und legte meinen Eltern einen Zettel auf den Küchentisch.

Noch waren die Beiden beschäftigt mit ihrem wiedererlangten Vermögen und daher unterwegs, aber wer wusste, ob sie nicht vor uns wieder zu Hause waren!

Außerdem wüsste Ashley im Zweifelsfalle so auch wo wir hin waren und würde uns – so hoffte ich doch – weder suchen noch folgen!

Bei meiner Schwester wusste man nie...und wenn es um eine Gelegenheit ging sich Ven im Bikini zu präsentieren sollte man doppelt und dreifach vorsichtig sein!

Noch einmal überlegte ich, ob wir auch wirklich nichts vergessen hatten, was wichtig sein konnte – lieber überlegte ich zwei Mal mehr als nötig anstatt Ven nachher mit jeder Kleinigkeit betrauen zu müssen – bevor ich mit dem Dschinn das Haus verließ und wir uns auf dem Weg zum Schwimmbad machten.



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