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Die Vergessenen Phönixe

Die Geschichte der Gefallenen Helden
von

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Der menschliche Todesfluch


 

~*~

Der menschliche Todesfluch

~*~
 

"... das ist Dorcas Meadowes, Voldemort hat sie eigenhändig umgebracht ..."
 

Bei der Erinnerung an Dorcas Meadowes musste Moody beinahe lächeln. Er schnitt mehr eine Grimasse als alles andere, aber Dorcas hätte es erkannt. Seine ehemalige Schülerin. Sie hatte ihrem Mentor in Nichts nachgestanden – außer Humanität. Manchmal dachte Moody, dass Voldemort längst gesiegt hätte, wenn er Dorcas auf seine Seite gezogen hätte. Dorcas war manchmal skrupelloser als jeder Todesser gewesen. Ihre Ideen sprachen für sich. Aber sie war loyal, loyal bis in den Tod. Und sie hatte eine Art an sich gehabt, die sie dazu gebracht hatte, dem Tod ins Gesicht zu lachen, ihren Mörder zu verspotten und ihren eigenen Verlust herunterzuspielen.
 


 

ooOoo
 

Ein Fluch sirrte an Moodys linkem Ohr vorbei, als er sich die kurze Unaufmerksamkeit erlaubte, sich zu seinen Mitstreitern umzusehen. Aber dieser kurze Blick hatte genügt, um alles Wissenswerte in Erfahrung zu bringen. Die Longbottoms kämpften Seite an Seite gegen die Lestranges – Bellatrix' Lache war unverkennbar – Dearborn ließ die Ladenwände unter seinen Zaubern beben, Fenwick wirbelte eine Menge Staub auf, als er sich auf Dolohow stürzte – dieser hatte offenbar einen Rekruten erwischt, Dawson lag regungslos am Boden. Und Meadowes?
 

Moody hatte keine Zeit, über seine ehemalige Schülerin zu fluchen. Meadowes machte sowieso immer ihr eigenes Ding im Kampf, es hatte keinen Zweck, darüber zu lamentieren. Außerdem konnte er sich diese Ablenkung nicht leisten – er war nur knapp dem Todesfluch ausgewichen. Er wusste es doch besser, als sich ablenken zu lassen!
 

KRACKS!
 

Ohne darüber nachzudenken, warf er sich flach auf den Boden. Keine Sekunde zu früh, denn just in dem Augenblick schoss ein gewaltiger Steinbrocken über ihn hinweg.
 

"DEARBORN!!!", brüllte Moody wütend, hielt sich jedoch nicht weiter damit auf und rollte zur Seite.
 

Neben ihm schlug ein grüner Lichtblitz ein. Er sprang blitzschnell auf die Beine.
 

"Moody, hinter dir!" Meadowes war aus dem Nichts aufgetaucht und stieß Moody sofort wieder zu Boden. "Verdammt, die sind uns über!"
 

"Geh von mir runter!", fauchte Moody, stieß Meadowes weg und schoss einen Fluch auf den nächstbesten Todesser.
 

Seine ehemalige Schülerin war bereits wieder auf den Beinen und unterstützte ihn nach Kräften. Fünf Todesser begannen eine Attacke. Ohne nachzudenken griff Moody Meadowes am Kragen und zerrte sie hinter die Theke in Deckung.
 

"Hättest du nur die Handgranaten nicht abgelehnt", hörte er Meadowes knurren, während sie Flüche losjagten. "Das wär's jetzt!"
 

"Klappe, Meadowes!" Moody zielte kurz und setzte einen der Todesser mit einem schottischen Fluch schachmatt. "IMMER WACHSAM!"
 

Meadowes erwiderte nichts, während sie einen Schild beschwor. Knisternd fraß er einen Unverzeihlichen, bevor er erlosch. Ein weiterer Todesser tauchte neben ihnen auf. Moody schrie eine Warnung, doch es war zu spät. Der Fluch traf. Blut spritzte auf Moodys Gesicht.
 

"VERDAMMTER BASTARD!" Moody brüllte einen Fluch, der den Kopf des Todessers um Zentimeter verfehlte und die Maske zerschmetterte.
 

Das blutige Gesicht von Lucius Malfoy kam zum Vorschein. Ein höhnisches Grinsen lag auf seinen Zügen. Dann kam endlich das Zeichen zum Rückzug. Ohne Zeit zu verschwenden griff Moody blind nach Meadowes. Ein Knallen und sie waren fort.
 


 

ooOoo
 

"Die Verlustmeldungen dieser Woche", sagte Alice langsam und starrte auf das Pergament in ihren Händen.
 

"Verzieh dich, Longbottom", giftete Meadowes aus der Dunkelheit des Briefingraumes.
 

"Meadowes", sagte Moody knurrig. "Lass den Unsinn und komm raus. Sag uns, was passiert ist, damit wir diesen verdammten Bericht machen können, und fertig!"
 

"Zisch ab!"
 

"Sie wird nicht mit sich reden lassen", bemerkte Frank leise. "Ich denke, langsam wird es selbst für sie zuviel zu handhaben. Der Fund ihres Bruders liegt nicht allzu weit zurück."
 

"HALT DIE FRESSE!"
 

Moody blickte noch einmal zur Tür hinüber. Schon seit geschlagenen drei Stunden hockte seine ehemalige Schülerin in der Finsternis und hatte alles verrammelt und verriegelt. Es war an sich schon erstaunlich, dass sie verhältnismäßig ruhig zu sein schien – bisher war noch nichts zu Bruch gegangen, so weit sie es mitbekommen hatten, kein Klirren, kein Krachen, kein Fluchen – und es hatte tatsächlich einen Fluchbrecher gebraucht, die Tür auch nur ansatzweise zu öffnen. Momentan schien Meadowes sich von innen dagegen zu stemmen, denn mehr als einen Spalt weit hatten Moody und Frank sie nicht aufdrücken können. Meadowes musste wirklich nicht in der Stimmung für ein Gespräch sein.
 

"Was ist passiert?", fragte Alice sanft und packte ihre mütterlichen Instinkte aus.
 

"Ich will es dir nicht sagen, Longbottom, zum hundertsten Mal!"
 

Moody verzog das Gesicht. Meadowes' Verhalten warf wirklich kein gutes Licht auf ihn. Und die Tatsache, dass nicht einmal Alice zu ihr durchdringen konnte, war besorgniserregend. Etwas war passiert und es konnte nicht gut sein.
 

"Okay...", sagte Moody gezwungen geduldig. "Ganz ruhig. Was ist mit Fabian und Gideon passiert?"
 

Schweigen folgte. Dass Dorcas nicht einmal mehr ihre Stimme erhob, war wirklich kein gutes Zeichen. Moody schluckte.
 

"Wer?... nein, warte, Todesser, nicht wahr? Wie viele waren es?"
 

Erst rechnete er nicht mit einer Antwort. Doch dann kam die Antwort: "Zehn."
 

Meadowes' Stimme klang erstaunlich kalt für ihre vorherigen Ausbrüche und Moody wusste, dass sie sich soweit gefasst hatte – aber nicht genug, um ihnen gegenüberzutreten.
 

"Also, noch einmal, was ist passiert?", wollte Moody wissen.
 

"Es war ein Hinterhalt", begann Meadowes. "Die Prewetts und ich... und dieser Rekrut, ich weiß nicht mehr, jedenfalls, wir kamen da an und... und... die haben uns niedergemacht, Moody!" Kurz folgte Schweigen. "Den Rekrut hat's sofort erwischt", fuhr Meadowes schließlich fort. "Zwei haben wir erwischt." In ihrer Stimme klang kalte Genugtuung. "Doch dann war es das Ende. Drei haben mich abgedrängt und verfolgt – Herrgott, ich hab es versucht, Moody! – und die anderen fünf sind auf Fabian und Gideon, und ich habe nicht alles mitbekommen, aber sie wollten mir noch helfen..."
 

"Das reicht, denke ich", sagte Alice leise.
 

Moody hätte ihr am liebsten das Mitgefühl ausgeprügelt. Verstand sie denn nicht, dass das gerade das Falsche war? Meadowes brauchte kein Mitgefühl, Meadowes brauchte Prügel – er kannte seine Schülerin. Und die einzige Methode, sie wieder von ihren Schuldgefühlen runter zu bekommen, war, sie krankenhausreif zu schlagen. Ansonsten wäre sie mehr Last als Hilfe.
 

"Meadowes." Moody klang eisig. "Komm da raus, ich habe einen Hippogreif mit dir zu rupfen."
 

Das wirkte besser. Nur Sekunden später stand Meadowes in der Tür, in den Augen ein wildes Funkeln, bereit, sich Moody zu stellen.
 

"Zu den Trainingsräumen – jetzt!"
 

Am Ende des Trainings waren sowohl Meadowes als auch Moody selbst in einem Zustand, der jeden Heiler das nackte Grausen bereitet hätte. Aber Meadowes lächelte grimmig, ihre Augen blitzten gefährlich, als sie sich das Blut vom Mund wischte, und es war klar, was sie dachte: Rache!
 


 

ooOoo
 

Moody starrte mit leerem Blick auf den Zeitungsartikel vor sich. Zu spät. Wieder einmal zu spät. Dieses Mal hatte es sie erwischt – wer war der nächste?
 

"Ich hätte gedacht, dass sie den Krieg überlebt", sagte er zu niemand bestimmten.
 

"Ich weiß, das haben wir alle gedacht", sagte eine Stimme hinter ihm, die Moody im zweiten Anlauf als die von Amelia erkannte.
 

Es war nur zu deutlich, dass ihn diese Nachricht vollkommen aus dem Konzept brachte – er hatte nicht einmal nach seinem Zauberstab gegriffen. Er hatte es bereits gewusst, bevor er die heutige Zeitung in die Finger bekommen hatte. Den Artikel hatte er sich nur angesehen, um ihn gleich darauf wieder auf den Schreibtisch zu schmeißen. Er wusste, dass er den gesamten Bericht später ausschneiden und in eine Schatulle legen würde, wie er es mit allen Artikeln getan hatte. Aber das war später.
 

Jetzt war seine Zeit zu trauern. Hatte er sie im Stich gelassen? Es kam ihm so vor und es zerriss ihn innerlich, wenn er daran dachte, dass sie gewartet haben musste. Vergeblich. Es war wie ein Albtraum, aus dem man nicht aufwachen konnte. Die Nachricht war zu spät gekommen. Moody hatte getan, was er konnte, als der silberne Grizzly in die Zentrale gedonnert war, aber es war zu spät gewesen. Sie hatten nicht schnell genug reagiert – alles stehen und liegen zu lassen hatte nicht ausgereicht.
 

Moodys Faust landete mit einem Krachen auf dem Schreibtisch. "Ich hab' sie im Stich gelassen!"
 

"Moody..." Amelias Stimme klang müde und besiegt. "Du konntest nichts dafür. Niemand konnte es – es war einfach ein dummer Zufall."
 

"Nein, Amelia, ich war nicht schnell genug!"
 

Amelia trat zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Ich glaube nicht, dass sie gewollt hätte, dass du so reagierst. Du weißt, Dorcas war nie eine Person, die sich mit lamentieren aufhielt. Du solltest aufhören, die Vorwürfe zu machen und weiterkämpfen – das hätte Dorcas gemacht."
 

Moody schwieg und starrte wieder auf den Artikel. Es war ein Desaster. Angriff auf die Winkelgasse. Eine Schlagzeile – eine Katastrophe. Dorcas Meadowes, die erste vor Ort, tot. Moodys ehemalige Schülerin. Er hatte sich gewünscht, dass sie überleben würde. Und jetzt? Tot. Fort. Wie so viele. War er dazu verdammt, seine gesamten Kameraden sterben zu sehen?
 

"Sie muss glücklich gewesen sein", sagte Amelia nachdenklich.
 

Moody sah sie befremdlich an. "Glücklich?"
 

"Ihr Patronus", meinte Amelia. "Der Grizzly. Sie muss wirklich glücklich gewesen sein, deine Schülerin zu sein."
 

Moodys Augen weiteten sich ein wenig, dann starrte er auf ein altes Bild, dass auf seinem Schreibtisch stand. Da war sie, Dorcas Meadowes, flankiert von den Prewetts, ein Grinsen auf den Lippen – es musste noch von dem Jahr sein, in dem Dorcas ihre Ausbildung beendet hatte und die Prewetts ihr Mentorenjahr begannen. So lange war es her... alle drei tot.
 

War Dorcas wirklich glücklich mit ihm als Mentor gewesen? An sich schwer vorstellbar, er hatte sie von einem Training ins nächste gehetzt, ihr das Mentorenjahr zur Hölle gemacht. Und doch... Amelia hatte es indirekt gesagt: Der Grizzly, Dorcas' Patronus, das war er, Alastor Moody.
 

Abwesend bemerkte er, dass Amelia gegangen war. Es kümmerte ihn nicht. Eine andere Frage brannte in seinem Herzen und er zog fast bangend seinen Zauberstab.
 

"Expecto Patronum", wisperte er und ein silberner Nebel schoss aus seinem Zauberstab.
 

Moody schluckte schwer, als er beobachtete, wie sich der Nebel zu einer Gestalt formte. Es war nicht der Löwe, der es früher war – es war ein Wolf.



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