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Sanctuaire des Anges

von

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Die Wahrheit

„Ich bin dein Vater, Sara.“ Ungläubig sehe ich den großen Engel vor mir an. Ich weiß nicht, ob das alles ein schlechter Witz sein sollte oder nicht. „Sara..“, fängt Raphael an und will einen Schritt auf mich zu machen um mich in den Arm zu nehmen. Ich gehe sofort einen Schritt nach hinten um ihn auszuweichen.

Stille.

Raphael spannt seine Schultern an und verschränkt seine Arme hinter seinen Rücken und atmet tief durch. „Ich sollte vielleicht von vorne Anfangen...“, seufzt er. Er dreht sich weg von mir und schaut aus einem der riesigen Fenster. „Dein voller Name ist Sarafina und du wurdest vor 18 Jahren als Engel geboren.“ Eine kurze Pause. Er blickt mich kurz an. Ich nicke nur.

Immer noch ungläubig höre ich ihm weiter zu. Halte das immer noch für einen schlechten Scherz. Vielleicht irgendwas mit verstecken Kameras. Ich sehe mich um, kann jedoch keine finde.

Raphael räuspert sich und schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Alles in Ordnung?“ „Ja, natürlich, ich bekomme ja auch nur gesagt, ich sei ein Engel, noch dazu die Tochter eines Erzengels!“, sage ich sarkastisch und deute mit einer abfälligen Bewegung auf meinen möchtegern Papa.

Raphael sieht mich angespannt an. Ups. Ich glaube, das hätte ich lieber nicht gesagt. Jetzt sterbe ich wirklich. Ich kneife die Augen zusammen und ziehe meinen Kopf ein. Lachen. Ich blinzele ein paar Mal und sehe den Erzengel lachend vor mir stehen. Ich bin im falschen Film.

„Du kommst ganz nach deiner Mutter, sie hatte auch immer ein loses Mundwerk.“ Ein herzerwärmendes Lächeln von einem sonst so kaltherzigen Engel, von dem man sagt, er habe nicht mal ein Herz! Ich muss schlucken und ein paar Mal tief ein und ausatmen. „Du spielst die Rolle des Vaters wirklich überzeugend...“, sage ich leise. Wieder ein Seufzen.

„Ich erzähl dann mal weiter, dass du mir es auch wirklich glaubst.“ Ich nicke. „Vor 18 Jahren wurdest du geboren, mit kleinen Engelsflügeln, mit Engelskräften und dem heiligen Zeichen, welches dich als Hüterin kennzeichnete.“ Ich versuche hinter her zukommen. Ich hole tief Luft. „Also hatte ich auch mal solche?“ Ich zeige auf die Flügel von Raphael. „Ja.“

Ich fasse mir an den Kopf, kann nicht glauben, was ich gerade gehört habe. Ich stolpere ein paar Schritte rückwärts gegen die Wand und lasse mich auf den Boden nieder. Raphael wollte gerade auf mich zu kommen, doch ich hebe abwehrend die Arme nach oben. „Bleib' bitte weg von mir...“, stoße ich hervor und atme ein paar mal tief ein uns aus. Ein und aus. Ein und aus. Ich spüre wie mein Magen anfängt zu rebellieren. Ich ziehe meine Knie an meinen Körper und vergrabe mein Gesicht in zwischen meinen Knien und meinen Körper.

Nach ein paar Minuten spüre ich einen Lufthauch und bemerke, dass Raphael die Fenster geöffnet hat, jedoch auf Abstand bleibt. „Geht es wieder, mein Engel?“, pure Besorgnis liegt in seiner Stimme. Ich kann man ein abwertendes Lachen nicht unterdrücken. „Ja ja, schon gut. Erzähl bitte weiter.“ Ein Befehl. Eine Bitte. Ein Flehen.

Er raschelt kurz mit seinen Flügeln und scheint zu überlegen, ob er wirklich weiter erzählen sollte. „Du hattest also das Zeichen, du solltest die nächste Hüterin vom Heiligtum der Engel werden. Nichts erfüllte mich je mehr mit Stolz und Angst gleichzeitig. Du warst dazu auserwählt Großes zu erreichen oder vielleicht zu sterben.“ Seine Stimme bricht ab. Ich sehe zu ihm auf. Angespannt und mit geballten Fäusten sieht er nach draußen zum Himmel empor.

„Was geschah dann?“, frage ich leise. Er dreht sich zu mir um und sieht mich mit einem sanften Lächeln an. „Ich habe dich mit einem Bann belegt, du solltest zu deinem 18. Geburtstag von diesem Bann befreit werden. Du solltest schnell erwachsen werden, nur so kannst du Kräfte voll einsetzen.“ Das war es also, was er wollte? Einen Engel mit Kräften? Um irgendwas zu hüten oder sogar dafür zu sterben.

„Verarsch' mich nicht!“, brülle ich ihn an und springe auf.

„Wirklich? Du hast mich 18 Jahre allein gelassen, nur damit du eine voll funktionstüchtige Marionette hast?“ Ich schaue ihn wütend an. „Das verstehst du falsch...“ Ich hebe die Hand und bringe ihn dadurch zum Schweigen. „Wohl kaum! Ich habe Maria gesehen, sie ist über 200 Jahre alt und immer noch ein Kind, du brauchtest also einen erwachsenen Engel! Blöd nur, dass ich da nicht mit mache!“, mittlerweile ist meine Stimme so laut geworden, dass es wahrscheinlich jeder im Haus hören konnte.

„Wie wäre es, wenn du mich mal gefragt hättest oder dich mal besser um mich gekümmert hättest! Du bist ein miserabler Vater!“

Ich funkle ihn böse an und rechne damit, er würde mich genauso anschreien. Das ist nun schon die zweite Person, mit der ich heute streite. Sam. Ich spüre einen Stich in meinem Herzen und da wurde es mir plötzlich klar.

Sam war nicht meine Tante. Aber wer war sie dann?

„Wer ist Sam?“, frage ich Raphael und sehe ihn direkt in die Augen. „Sam?“ Überraschung spiegelt sich in seinem Gesicht wieder. „Samantha! Meine Tante! Die Frau, die mich 18 Jahre großgezogen hat!“ Ich halte inne. Oder etwa doch nicht?

„Tut mir leid, ich kenne keine Sam. Deine Mutter ist damals mit dir geflohen und hat dich bei jemanden untergebracht. Seitdem fehlte jeder Spur von euch beiden.“ Er holt tief Luft. „Sarafina, du weißt nicht, wie ich gelitten habe. Ohne meine Gefährtin. Ohne meine kleine Tochter. Ich habe euch gesucht.“, erklärt er mir.

Tränen kommen in mir hoch und ich blinzle sie schnell weg. Raphael wollte erneut auf mich zu kommen, wieder weiche ich ihm aus. Ich sehe Schmerzen in seinen Augen. „Woher soll ich wissen, dass du wirklich die Wahrheit spricht, nachdem man mich 18 Jahre angelogen hat.“ Meine Stimme zittert und ist kurz davor zu versagen.

„Bis morgen Abend habe ich keine Beweise. Du musst mir einfach vertrauen, mein Schatz.“ In diesem einen Wort liegt so viel Liebe, dass man sie fast schon hätte berühren können.

„Ich will nach Hause.“, sage ich leise. Raphael nickt. „Bitte komme morgen wieder zu meinem Anwesen. Ich möchte deinen Geburtstag mit dir feiern.“ Ich antworte nicht und verlasse den Raum.

Der Gang kommt mir auf einmal so lang vor. Es ist kein Mr. Bates zu sehen und auch kein David. Ich gehe durch die Eingangshalle hinaus in den kalten Abend. Mich überkommt ein leichtes Frösteln, doch ich gehe stur weiter. Ich weiß nicht einmal, wie ich wieder zurück kommen sollte. Wollte ich das überhaupt?

Ich schlinge die Arme um meinen Körper und fange heftig zum Zittern an. Die Tränen rollten mir über die Wangen und ich schluchzte fürchterlich. Ich versuche mir die Tränen wegzuwischen, doch es kommen immer wieder Neue.

Über mir höre ich das Flattern von Flügeln. „Sara!?“ Ich blicke nach oben und sehe David auf mich zu fliegen. Anmutig landet er vor mir und sieht mich fragend an. „Was hast du?“ Ich lache verbittert. „Na was wohl? Mein ganzes Leben war eine Lüge.“ Wieder ein Schluchzen und weitere Tränen. „Willst du nach Hause?“ Ich drehe mich um blicke zum Anwesen. An einem Fenster sehe ich Raphael, welcher zu uns sieht oder ist das nur Einbildung?

„Habe ich überhaupt noch ein richtiges zu Hause?“ Ich sehe ihn an. Keine Antwort. „Also, wo soll ich deiner Meinung nach hin?“ Sein Blick geht in Richtung Anwesen. „Auf keinen Fall!“, stoße ich hervor noch bevor er etwas sagen konnte. Er blickt wieder zu mir. „Zu Sam?“ Ich schüttle den Kopf. „Ich will nicht zu ihr...“, sage ich leise. Ich habe Angst. Ich habe sie enttäuscht. Ich weiß nicht einmal, wer sie ist.

Erneut überkommt mich ein Frösteln. Ich schlinge die Arme enger um meinen Körper. In einer Bewegung zieht sich David seine Jacke aus und legt sie über meine Schultern. „Was? Aber!?“, wehrte ich mich. „Schon gut.“, sagt er nur. „Wird dir nicht kalt?“, frage ich ihn. Er fängt an zu lachen und tätschelt mir den Kopf sanft. „Du bist witzig. Komm' mit.“, befehlt er mir und geht in Richtung Wald.

Ich sehe mich noch einmal kurz zum Anwesen um, wollte Raphael noch einmal sehen, doch er ist nicht zu sehen. „Kommst du?“ „Ja.“ Ungeschickt folge ich ihm durch den Wald.

„Kann ich dich was fragen? Was ist das Heiligtum der Engel?“ Ich schaue David neugierig an, doch ich bekomme keine Antwort. Ich wollte meine Frage gerade wiederholen als David stehen bleibt.

„Um ehrlich zu sein, weiß ich es selber auch nicht so genau. Ich weiß nur, dass es sehr mächtig ist und nur von einem mächtigen Engel beschützt werden kann.“ Er geht weiter.

„Aber ich bin...Aaah!“ Plötzlich liege ich der Länge nach auf dem Waldboden und fluche aufgeregt herum. Ich reibe mir das Knie und sehe, dass ich über eine beschissene Wurzel geflogen bin. „So ein Dreck auch!“, schimpfe ich.

David hält mir seine Hand hin, die ich sofort ergreife um aufzustehen. „Du bist ein ziemlicher Tollpatsch, oder?“, neckt er mich. „Ach Quatsch, ich sehe nun mal nicht so gut im Dunkeln!“, schimpfe ich weiter. Ein Grinsen huscht über sein Gesicht. „Wir sind fast da.“

Er läuft weiter mit meiner Hand in seiner.

Ich spüre, wie Blut in meinen Kopf steigt und sich meine Wangen erhitzen. Blöder pubertärer Körper.

„Darf ich dich noch etwas fragen, David?“, frage ich zögernd. „Hmmm?“

„Also, meine Mutter, kannst du mir etwas über sie erzählen?“ David bleibt stehen und blickt mich an. Er schüttelt nur den Kopf. „David! Bitte. Raphael hat mir kaum etwas über sie erzählt...“ Traurig blicke ich zu Boden.

Ich höre wie David tief Luft holt. „Nun, um ehrlich zu sein, ich weiß leider gar nichts. Weder über deine Mutter noch über deinen Vater. Entschuldige bitte.“ Ich blinzle ein paar Mal. Wie bitte? Ich lasse seine Hand los.

„Du denkst ernsthaft, dass ich dir diesen Schei... Mist abkaufe?“ Ungläubig schaue ich ihn an. „Doch, Raphael meinte, ich solle dich suchen. Nannte aber keinen Grund. Nur, dass es eben um deine Eltern geht.“

Ich schnaufe verächtlich. „Schön, dann hat er uns schon beide belogen.“ Wütend stapfe ich an ihm vorbei. David folgt mir mit einem leisen Rascheln seiner Flügel. Ich laufe auf ein Licht zu, welches immer näher kommt.

Im nächsten Moment stehe ich auf einer Lichtung mit einem kleinen Häuschen, aber groß genug um einen Engel zu beherbergen. „Hier wohne ich mit Maria. Komme mit.“

Ich folge David über die Lichtung hinüber zum Häuschen. Beim genaueren Hinsehen bemerke ich, dass das Häuschen aus Stein besteht und mit Rosen und Efeu zu gewachsen ist. David öffnet eine Holztür, die gerade groß genug ist, dass er durch passt.

Er bedeutet mir einzutreten und ich gehe vorsichtig an ihm vorbei. Sofort umgibt mich Wärme und ein süßlicher Duft kommt mir entgegen. Ich atme ein paar Mal ein und aus, konnte es aber nicht zu ordnen. Ich höre die Tür ins Schloss fallen.

Das Haus besteht aus einem großen Raum von dem zwei Türen wegführen. Alles ist aus Holz. Der Boden, die Wände, die Möbel. Es gibt einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen und einer Blumenvase mit Rosen, ein großes dunkelrotes Sofa mit Mustern an der Seite eingeschnitzt und eine kleine Anrichte aus Holz, welche zur Küche hin offen ist. Genau gegenüber der Eingangstür befindet seine große Glasfront, aus der man in den Wald blicken kann. Ich bemerke wie eine der Türen auf geht und kleines blondes Mädchen raus kommt.

„David.. Wo warst du solange?“, fragt sie und reibt sich die Augen. „Maria!“, rufe ich freudig und sofort erkennt sie mich und flattert aufgeregt mir den Flügeln. „Sara!“ Das kleine Mädchen kommt auf mich zu und fällt mir um den Hals.

„Maria, solltest du nicht im Bett sein?“ ich blicke zu David der tadelnd seine kleine Schwester ansieht. „Jahaaa...“, kommt die Antwort mit einer Schmolllippe. Trotzig stapft sie wieder zurück ins Zimmer und streckt David nochmals die Zunge raus bevor sie verschwindet.

Ich kann mir ein Lachen nicht unterdrücken und sehe David an, der nur den Kopf schüttelt.

„Naja, wenigstens kannst du wieder lachen.“ Ein Seufzen und mich Lachen verstummt.

Ich drehe mich weg von ihm und schlinge meine Arme um meinen Körper. Ich spüre seine Hand sanft auf meiner Schulter und bemerkte, dass er nur wenige Zentimeter von mir entfernt steht.

Ich hole tief Luft. „Weißt du wer mein Vater ist?“, frage ich ihn. Stille. Ich zähle die Sekunden. Also nein. „Es ist Raphael. Er meinte, ich wäre eine Hüterin.“ Ich neige den Kopf leicht zu Seite. David nimmt sofort die Hand von meiner Schulter und geht ein paar Schritte von mir weg.

Ich drehe mich zu ihm um. Er sieht mich mit großen Augen an. „Aaah! Entschuldigt bitte!“, stößt er hervor und kniet sich vor mich hin. Er neigt den Kopf zu Boden. „Verzeiht mit bitte. Ich wusste es nicht!“

Entsetzt sehe ich ihn an. „WAS MACHST DU DA!?“, frage ich geschockt. „I-i-ihr seid meine Gebieterin, die Tochter Raphaels. Ich zolle Euch meinen Respekt.“, stammelt er. „Spinnst du?“ Ich knie mich vor ihn hin und schnipse ihn gegen die Stirn.

Verwundert sieht er mich an. „Ich brauche keinen Diener oder sonst irgendwas...“, sage ich leise. „Ich will lieber einen Freund, der mir hilft den Blödsinn durch zu stehen...“, flüstere ich und blicke mit roten Wangen verlegen zur Seite. Ein Nicken. „Gut.“ Er stellt sich vor mich auf und hilft mir hoch. „Du kannst dich in dem Zimmer von Maria ausruhen.“ Ich nicke und zögere noch kurz bevor ich gehe. „Danke. Für Alles mein ich.“, sage ich leise.

Er hebt die Hand und legt sie an meine Wange. Wir blicken uns einige Sekunden schweigend in die Augen.

„Ruhe dich aus. Sara.“ Er lässt seine Hand wieder sinken. Ich nicke und gehe zu Maria in ihr Zimmer. Entledige mich meiner Schuhe, Hose sowie der Jacke von David und lege mich dann leise zu Maria.

Sofort fallen mir die Augen zu und falle in einen tiefen Schlaf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rajani
2015-01-02T22:58:52+00:00 02.01.2015 23:58
Interessant... sie ist also eine Hüterin. Es interessiert mich aber auch, was dieses Heiligtum ist. Und natürlich noch viel mehr, welche Beziehung David zu Raphael hat und wie er zu Sara steht...
Mach ja weiter :)
Antwort von:  x_Uka_Ageha_x
03.01.2015 09:10
*schnief* du bist die Beste T_T
Ich habe mir dich mal als Vorbild genommen, bevor ich schreibe, plane ich alle Kapitel durch, auch die Story ist komplett durch geplant.
Macht zwar mehr Arbeit, ist aber wirklich übersichtlicher :) <3
Antwort von:  Rajani
03.01.2015 19:09
Oh das freut mich :) hihi - irgendwann kommst du an den Punkt wo du das wieder lässt und dann kapitel für kapitel planst, meine letzte Story und die aktuelle schreibe ich gerade so :)
Antwort von:  x_Uka_Ageha_x
03.01.2015 19:25
Genauso meinte ich es ja... Je nachdem wo ich gerade bin und was ich schreiben will, kommt im Kapitel vor, wobei ich mich aber wirklich an einem roten Faden halte :)


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