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Drachenauge

Löwenherz Chroniken I
von

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Die Geburt eines Plans

Mit dem Bewusstsein, kehrte auch gleich der Schmerz zu Ryu zurück. Instinktiv wollte er eine Hand auf seinen pochenden Hinterkopf legen, aber seine Arme ließen sich nicht bewegen. Etwas Festes umgab seinen Oberkörper und verhinderte, dass er sich bewegen konnte.

Der Geruch, den er wahrnahm, konnte er nicht einordnen. Er hatte so etwas noch nie zuvor gerochen, aber es brannte geradewegs in seiner Nase und weckte den Wunsch, endlich verschwinden zu können, irgendwohin, wo es wesentlich angenehmer roch.

Also öffnete er zuerst seine Augen, um überhaupt herauszufinden, wo er sich gerade befand. Lichter flimmerten in seinem Blickfeld und schränkten dieses damit empfindlich ein, aber er merkte auch so, dass er sich ohnehin im Dunkeln befand und kaum Platz hatte, um sich zu bewegen. Vorsichtig versuchte er, seine angewinkelten Beine auszustrecken, stieß aber bald auf Widerstand. Als er sich mittels diesem versuchte, fortzuschieben, traf er auch mit seinem Rücken auf ein Hindernis.

Es dauerte nur einen kurzen Atemzug – der in der stickigen Luft nicht sonderlich angenehm war –, bevor er befand, dass er in einer Kiste lag und er dringend etwas tun müsste, um das zu ändern.

Nachdem seine Augen nicht mehr flimmerten und sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, blickte er an sich herab und entdeckte, dass sein Oberkörper mit Seilen gefesselt war. Die Personen, die ihn entführt hatten, wollten ihn also wirklich unbedingt behalten.

„Ich habe keine Zeit dafür“, murmelte er und überlegte dann, was er tun könnte, um sich zu befreien.

Eine Waffe trug er nicht mit sich und er wäre nicht einmal an diese herangekommen, also fiel diese Möglichkeit bereits aus. Um Hilfe zu rufen war sicher auch aussichtslos. Wo auch immer er sich gerade befinden mochte, er glaubte nicht, dass es in der näheren Umgebung jemanden gab, der gewillt war, ihm helfen zu wollen.

Also blieb ihm kaum etwas anderes übrig, als das einzusetzen, auch wenn er es hasste, da es stets mit Schmerzen verbunden war.

Er atmete tief durch und konzentrierte sich dann auf das Ziel, das er erreichen wollte. Sein Körper reagierte darauf, indem seine Zähne zu blitzenden, scharfen Spitzen anwuchsen. Seine Kopfschmerzen intensivierten sich dabei noch einmal und riefen wieder die weißen Flecken vor seinen Augen hervor. Ein leises Knurren entkam seiner Kehle, aber er schaffte es, zu seiner Erleichterung, klar im Kopf zu bleiben. Dann beugte er sich so weit vor, wie er konnte und begann damit, an seinen Fesseln zu nagen.

Dabei überlegte er bereits, um weiterhin klar zu bleiben, wie er danach weiter vorgehen sollte. Wenn er sich erst einmal befreit hatte, müsste er immerhin auch aus dieser Kiste entkommen, dann von diesem Ort fliehen und anschließend herausfinden, wo er überhaupt war, um wieder nach Hause zu kommen. Das klang alles nicht sonderlich einfach, vor allem, da er normalerweise nicht in solchen Situationen war und wenn, dann war auch Lionheart da, um ihm zu helfen – aber auf diesen konnte er im Moment nicht hoffen. Er musste also alles selbst hinbekommen. Irgendwie.

Als das Seil schließlich durchtrennt war, zogen sich seine Zähne wieder zurück in ihren Ursprungszustand. Probehalber bewegte er seine eingeschlafenen Arme ein wenig, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu setzen, dann versuchte er, sich aufzurichten. Natürlich stieß er mit dem Kopf gegen den Deckel der Kiste, aber das störte ihn nicht weiter, im Augenblick half ihm das sogar. Er hob die Hände, um diese gegen den Deckel zu stemmen und setzte dann seine ganze Kraft ein, in der Hoffnung diesen hochheben zu können. So funktionierte das zwar nicht, aber einen kurzen Schmerz, der durch seinen Körper fuhr, später, gab das Holz endlich nach und er konnte den Deckel einfach beiseite schaffen. Mit einem lauten Knall fiel dieser zu Boden, aber sonst war kein Laut zu hören.

Ryu kniff die Augen zusammen, als er plötzlich wieder von Licht umgeben war und blinzelte mehrmals. Zumindest war noch keinerlei Wache zu sehen oder auch nur zu hören, also gab es wohl auch vorerst nichts zu befürchten.

Die Schuppen, die seine Arme übersät hatten, wandelten sich wieder zu normaler Haut, die nicht vermuten ließ, welche Kraft sich wohl dahinter verbergen mochte.

Als seine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten, stützte er sich auf den Rand der Kiste und ließ den Blick schweifen, um sich genauer umzusehen. Er befand sich anscheinend in einer Lagerhalle, die von einigen elektrischen Lampen beleuchtet wurde, was ihm nicht im Mindesten gefiel. Wo Elektrizität war, befanden sich nicht selten auch Menschen und diese galten immerhin als seine Feinde, wenn er den Berichten glauben durfte.

Außer der Kiste, in der er saß, standen noch einige andere hier, allesamt in derselben Größe – er hoffte allerdings, dass niemand in diesen gefangen war. Sich selbst zählte er nicht mehr als Gefangenen, immerhin saß er nur noch freiwillig darin.

Nun kletterte er allerdings doch aus der Kiste heraus, da immerhin die Möglichkeit bestand, dass er wieder gefangengenommen werden könnte, wenn er zu lange hier verweilte. Außerdem gab es da eine Sache, die ihn interessierte.

Er lief zu der Kiste, die direkt neben seiner stand und blickte auf das Versandetikett. Darauf stand keinerlei Information bezüglich des Absenders, aber viel wichtiger war für ihn der Empfänger: das Königshaus von Ektorn.

Ryu verschränkte die Arme vor der Brust und fragte sich, wer ein Interesse daran haben könnte, mit den Menschen zu kooperieren und was sie wohl verschickten. Aber die Kisten waren sorgfältig zugenagelt worden und ihm stand nicht der Sinn danach, noch einmal diese Kraft einzusetzen, nur um herauszufinden, was sich darin befand.

Auf der Suche nach einem Ausgang lief er weiter, warf dabei immer wieder einen Blick auf die Versandetiketten, nur um festzustellen, dass es sich bei jeder dieser Kisten um eine Sendung für das Königshaus handelte. Dabei fragte er sich weiter, was ein Drachenmensch diesen wohl schicken könnten. Er verstand, dass man ihn, den Drachenkaiser, verschicken würde, wenn man dem Königshaus von Ektorn ergeben war, aber sonst?

Schließlich fand er aber eine Gelegenheit, seine Neugier zu befriedigen. Eine der Kisten war noch nicht vernagelt worden, der Deckel lag nur lose obenauf, so dass er ihn ein wenig beiseite schieben konnte, um den Inhalt zu betrachten. Es waren Waffen, hauptsächlich Rapier, die fein säuberlich aufgestapelt waren. Aber das warf ihm nur wieder die Frage auf, weswegen man Ektorn Waffen liefern sollte. Vor allem solche, die Menschen als vorsintflutlich einstuften. Sie kämpften immerhin mit modernen Schusswaffen, die so manchem Drachenmenschen allein schon durch die verursachten Geräusche Respekt einflößten und deren Verletzungen sich dadurch verschlimmerten, dass oft Kugeln im Körper verblieben, die dann zu schmerzhaften Entzündungen oder sogar zum Tod führten. Alles in allem waren die Waffen der Menschen jenen aus Drakani überlegen, deswegen verstand Ryu es einfach nicht.

Aber er machte sich den Umstand zunutze und nahm einen Rapier an sich, um nicht mehr vollkommen schutzlos zu sein. Im Inneren dankte er dem Umstand, dass Seline einst unbedingt hatte kämpfen lernen wollen, so dass Albus auch für ihn Unterricht organisiert hatte.

Mit dem Rapier in der Hand, setzte er seinen Weg fort und gelangte bald an eine Tür, die sich kaum von dem Grau der Wand abhob, so dass er sie fast übersehen hätte. Er öffnete die Stahltür einen Spalt und lauschte in den Gang dahinter. Irgendwo, weit entfernt, hörte er ein leises Geräusch, das in rhythmischen Abständen erklang, weswegen er davon ausging, dass es nicht von Menschen verursacht wurde.

Als er sicher war, dass niemand sich auf dem Gang befand, trat er auf diesen hinaus. Die kahlen Wände waren rau, das weiße Licht der Lampen ließ alles noch kälter wirken – aber vor allem sah alles absolut gleich aus. Egal an wie viele Abzweigungen er kam, jeder Gang sah aus wie der vorherige, so dass es gut möglich war, dass er nur im Kreis lief, statt irgendwohin zu gelangen.

Doch schließlich, als er schon überlegte, einfach stehenzubleiben und zu warten, dass doch noch jemand vorbeikam, selbst falls es ein Feind sein sollte, gelangte er endlich an das Ende des Ganges.

Über der Tür hier hing eine rote Lampe, die alles in ein unheilvolles Licht tauchte. Doch er beschloss, dieses schlechte Vorzeichen zu ignorieren und öffnete die Tür.

Er fand sich in einer Empfangshalle wieder, die schon wesentlich mehr Hinweise auf die Urheber bot. Hinter der Rezeption saß niemand, aber auf der Wand war ein Emblem angebracht, das aus mehreren Blitzen in verschiedenen Orangetönen bestand. Zwar erkannte er dieses Zeichen nicht, aber er beschloss, es sich besser zu merken und im Palast Nachforschungen anzustellen.

Vor der metallenen Theke der Rezeption standen zwei Sofas um einen niedrigen Tisch, auf dem sich wiederum eine Zeitung befand, die das heutige Datum trug – zumindest soweit er davon ausgehen konnte, dass er lediglich eine Nacht in dieser Kiste verbracht hatte. Auf der Titelseite stand noch nichts von seinem Verschwinden, was er als gute Zeichen nahm. Je mehr Aufruhr sein Verschwinden in der Öffentlichkeit nach sich zog, desto mehr Probleme bekam er mit seinem Berater und desto schwieriger wurde es, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass kein Krieg drohte, was verhinderte, dass er in eine bestimmte Position gedrängt wurde. Also musste er hier entkommen, bevor noch eine Nacht verging.

Doch noch während er die aktuelle Schlagzeile betrachtete, die lediglich von einem kurz zuvor stattgefundenen Fest berichtete, hörte er plötzlich Stimmen von jenseits der Tür. Hastig begab er sich hinter die Rezeption und bückte sich dahinter, um sich zu verstecken.

Während er auf dem Boden kniete, hörte er, wie die Tür geöffnet wurde und im nächsten Augenblick waren die Schritte und die Stimmen im Eingangsbereich zu hören.

„Ich weiß immer noch nicht, ob das eine gute Idee war“, sagte eine Person, die, allein aufgrund der dunklen Stimme eindeutig ein Mann sein musste. „Wir könnten damit allerlei Leute gegen uns aufbringen.“

Das spöttische Lachen, das als Antwort darauf kam, erkannte Ryu sofort. Es war dasselbe, wie in der Nacht zuvor, als er niedergeschlagen worden war. Wut wallte in seinem Inneren auf, als er wieder daran dachte, wie leicht er sich hatte übertölpeln lassen, aber im Moment war dafür keine Zeit, wie er wusste.

„Der König sagte, er wird uns reich belohnen, wenn wir ihm dieses Geschenk machen“, antwortete die zweite Stimme, zu der auch eindeutig das Lachen gehörte und der er allein anhand dessen kein Geschlecht zuordnen konnte. „Also stell dich nicht so an. Wir müssen nur die Kiste zunageln und sie dann nach Ektorn begleiten. Morgen um diese Zeit sind wir schon gemachte Leute.“

„Wir hätten sie sofort vernageln sollen“, brummte die erste Stimme.

Ausgehend von den Schritten nahm Ryu an, dass es wirklich nur zwei Personen waren. Wenn er schnell genug war, könnte er sie überrumpeln und sie dafür bezahlen lassen, dass sie ihn an den Feind verkaufen wollten. Aber dann dachte er sich, dass er besser nichts riskieren und lieber abwarten sollte, bis die beiden fort waren, ehe er dieses Gebäude verließ und nach Hause ging.

Wenn ich es überhaupt bis dahin schaffe, fuhr es ihm durch den Kopf. Wenn sie sehen, dass ich nicht mehr da bin, werden sie wissen, was Sache ist. Sie werden mich suchen – und ich habe immerhin keine Ahnung, wo ich gerade bin.

Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass der Weg in den Palast viel zu weit wäre, um ihn zu schaffen, bevor die beiden ihn einholen könnten. Um Hilfe bitten konnte er hier auch niemanden, immerhin bestand die Möglichkeit, dass noch mehr zu ihnen gehörten und er direkt in die nächste Falle lief. Aber das würde sich auch nicht ändern, wenn er nichts tat.

Er verfluchte seine Unentschlossenheit, wünschte sich Lionheart an seine Seite – und war im nächsten Moment der Überzeugung, dass er nun auch noch an Halluzinationen litt.

Die Eingangstür flog mit einem lauten Krachen auf und dann erklang die Stimme einer ihm nur allzu gut bekannten Person: „Das ging jetzt lange genug!“

Erst als die anderen Schritte verstummte, glaubte Ryu auch, dass Lionheart wirklich da war, was es ihm erlaubte, endlich erleichtert aufatmen zu können.

„Was willst du denn?“, fragte die zweite Person spöttisch. „Hast du was verloren?“

Ein schleifendes Geräusch verriet Ryu, dass jemand sein Schwert zog und er glaubte, dass es Lionheart war, der sicher gerade die Geduld verlor, wie auch aus seiner Stimme zu schließen war: „Ich bin hier, um den Kaiser zurückzuholen! Also gebt ihn lieber direkt heraus!“

Natürlich war es sein Beruf, aber Ryu hoffte dennoch, dass es wesentlich mehr Gründe für ihn gab, als nur das Geld und die sichere Anstellung, die er verlieren würde. Zumindest in Lionhearts Stimme glaubte er, noch wesentlich mehr heraushören zu können, aber er war im Moment zu nervös, um sich darauf zu konzentrieren.

Da nach wie vor nichts geschah, verlor Lionheart offenbar auch den letzten Rest Geduld und stürmte direkt auf die beiden Gegner zu, soweit Ryu das, ohne es zu sehen, beurteilen konnte. Er konnte das Aufeinanderklirren von Waffen hören, leises Keuchen und eilige Schritte, um einander, sowie dem nächsten Angriff, auszuweichen.

Eigentlich glaubte Ryu nicht, sich Sorgen machen zu müssen, aber nach einem kurzen Schlagabtausch hörte er einen dumpfen Aufprall, gepaart mit einem Keuchen Lionhearts.

„Wie auch immer du Leibwächter werden konntest“, sagte die zweite Stimme, „das wird wohl immer ein Rätsel für alle bleiben. Aber wir erlösen dich jetzt von deiner Unwissenheit.“

Ryu zögerte nicht länger. Hastig richtete er sich auf, damit er über die Rezeption sehen konnte. Tatsächlich lag Lionheart dort, wo zuvor der Tisch gewesen war, der allerdings unter seinem Körpergewicht nachgegeben hatte, mit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte er gerade, sich wieder aufzurichten. Einer ihrer Feinde, ein androgyn aussehender Mann, der sein braunes Haar in einem geflochtenen Zopf trug, hielt zwei Dolche in seinen Händen und ging damit auf Lionheart zu.

„Nein!“, rief Ryu aus, was die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf ihn lenkte.

Der androgyne Mann wandte sich seinem Kollegen zu, einem eher grobschlächtigen Kerl, der ihn um mindestens zwei Köpfe überragte und dessen massiver Körperbau durchaus zu genügen schien, um eine einzelne Person zu tragen – zumindest erklärte Ryu sich damit, wie er hierher gekommen war. „Kümmere dich um ihn!“

Der Grobschlächtige trat vor die Rezeption und griff einfach nach Ryu, doch dieser wich bis an die Wand zurück und huschte dann zu dem Durchgang hinüber. Dabei bemerkte er, dass Lionheart es inzwischen geschafft hatte, aufzustehen und sich gegen den Androgynen zur Wehr zu setzen. Neue Kraft schien in ihm erwacht zu sein, kaum hatte er gesehen, dass Ryu wieder Hilfe brauchte.

Mit nur wenigen Schwertstreichen hatte der Leibwächter seinen Feind entwaffnet und stürmte dann hinüber, um seinen Schützling zu unterstützen. Doch der Androgyne war schneller und war wesentlich realistischer, was ihre Gewinnchancen anging: „Balzac, wir verschwinden!“

Der Grobschlächtig zögerte zwar noch einen kurzen Moment, aber dann fuhr er tatsächlich herum und rannte gemeinsam mit seinem Kollegen davon. Lionheart machte keine Anstalten, sie aufzuhalten – er schien sogar eher glücklich darüber, die beiden erst einmal los zu sein – und widmete sich stattdessen lieber Ryu, der endlich wieder hinter der Rezeption hervorkommen konnte. „Ist alles in Ordnung mit dir? Ich war besorgt, als du einfach fort warst.“

„Wie hast du mich gefunden?“, fragte er, statt zu antworten.

In aller Kürze erzählte sein Leibwächter ihm von einer nächtlichen Odyssee quer durch die ganze Hauptstadt, in der er all seine Kontakte und Quellen genutzt hatte, um herauszufinden, wer ein Interesse daran besitzen könnte, den allseits beliebten Kaiser zu entführen. So war er schließlich bis zum Hafen gekommen, wo er eben diese Lagerhalle gefunden hatte.

Immerhin wusste Ryu nun, wo er sich befand, auch wenn das jetzt nicht mehr notwendig war. Lionheart könnte ihm immerhin helfen, nach Hause zu kommen, zumindest nachdem er etwas anderes erledigt hatte.

„Können wir gehen?“, fragte sein Leibwächter schließlich. „Sir Pail wird dein Verschwinden bestimmt schon bemerkt haben.“

„Noch nicht“, erwiderte Ryu. „Es gibt etwas, das ich mir selbst ansehen muss.“

„Und was wäre das?“

Er war in dieser Nacht aufgebrochen, um Informationen darüber zu sammeln, was in Drakani über Ektorn gesprochen wurde, aber mehr als ein Gerücht über eine Methode, alle Drachenmenschen auszulöschen, war aufgrund der Ereignisse nicht herausgekommen. Das einzige, was er sonst noch in Erfahrung gebracht hatte, war die Tatsache, dass der König von Ektorn den Drachenkaiser haben wollte, weswegen auch immer. Immerhin würde es ihm nichts bringen, außer einen Krieg zu provozieren – und selbst wenn er Ryu hinrichten ließ, könnte Drakani sich einfach einen neuen Herrscher erwählen. Es machte also keinen Sinn – und deswegen gab es nur eine Sache, die er tun konnte.

„Wir müssen nach Ektorn. Ich muss herausfinden, was die Menschen vorhaben.“

Lionheart hob schockiert die Augenbrauen. „Nein! Das können wir nicht machen! Also, ich kann allein den Informanten für dich spielen, aber du kannst unmöglich dort hingehen! Es ist viel zu gefährlich! Dein Volk wird-“

„Mein Volk ist mir im Moment egal“, unterbrach Ryu ihn vollkommen ruhig. „Es geht hier um etwas Persönliches. Das solltest du doch verstehen.“

Tatsächlich konnte Lionheart darauf keinen Konter geben. Stattdessen schloss er den bereits geöffneten Mund wieder und runzelte dann die Stirn. „Gut, wenn du darauf bestehst. Aber das wird kein Spaziergang, das kann ich dir gleich sagen! Es wird anstrengend, das garantiere ich dir.“

„Ich bin darauf gefasst“, sagte Ryu.

Außerdem wäre das eine angenehme Abwechslung zu dem, was er im Palast alles mitmachte – und vielleicht könnte er jenes Leben dann ein wenig mehr genießen und immerhin hätte er dann einmal etwas Nützliches getan.

„Gut“, sagte Lionheart mit einem Seufzen. „Wir werden dann eines der Frachtschiffe nehmen. Soweit ich weiß, fährt es nach Ektorn ... illegal natürlich.“

Damit verließ er das Gebäude als erstes und winkte Ryu einfach mit sich, in der sicheren Erwartung, dass er ihm direkt folgen würde. Dieser blieb allerdings noch einen Moment stehen und atmete tief durch. Endlich würde etwas geschehen – und er zweifelte keine Sekunde daran, dass ihm nichts zustieß, solange Lionheart an seiner Seite war. Damit das auch so blieb, folgte er seinem Leibwächter mit beschwingten Schritten hinaus und fühlte sich dabei, als würde er einem richtigen Abenteuer entgegengehen.



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