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Ziras unerzählte Geschichte

von

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Der Elefantenfriedhof

Je länger Zira den drei Hyänen folgte umso trostloser wurde die Gegend. Es war einfach als wäre der Boden hier unfruchtbar, jedenfalls wuchs trotz der Regenzeit hier gar nichts. Einzig und allein große, dreckige Schlammpfützen und sich zersetzender Morast säumte ihren Weg, aber kein einziger grüner Stängel sprießte hier aus dem Boden.

Zira kannte ja die Trockenzeit und totes Gras, aber hier war rein gar nichts. Dafür hing der Geruch von Aas und Schwefel umso deutlicher in der Luft.

Shenzi stoppe plötzlich vor einem Abhang und sah diesen prüfend hinab.

„Was ist da?“, fragte Zira neugierig und gesellte sich mit etwas Abstand neben sie, um einen besseren Blick auf die Gegend da unten zu haben. Sie musste mit Entsetzen feststellen, dass es da nicht viel besser aussah als hier oben.

Felswände durchsäumten die Gegend und warfen lange Schatten. Auf Stein und toter Erde waren die Knochen verschiedener Tiere aufgehäuft und hier und da lagen riesige Elefantenschädel herum. Nein, sowas hatte sie noch nie gesehen.

„Und jetzt?“, fragte sie Shenzi. Ganz tief in sich drin hoffte Zira, dass sie nicht wirklich da runter mussten. Wer lebte denn schon an einem solchen Ort? Wie sollte man da überleben?

„Jetzt gehen wir da runter.“, antwortete die Hyäne ihr nur lässig und zuckte bei Ziras fragendem Blick nur die Schultern. Löwen waren echt alle ein bisschen dumm. „Da wohnen wir. Was hast du denn erwartet? Wir sind Hyänen, man sieht uns ungern an den Grenzen, geschweige denn dem Geweihten Land selbst.“

„Oh.“ Das war alles was Zira rausbrachte. Sie wusste ja, dass Hyänen und Löwen einander eigentlich nicht mochten, aber dass es so ernst war, war ihr neu. Sie fragte sich ernsthaft ob es so zwischen jedem Löwen und Hyänenrudel ablief.

„Also los, erst ich, dann Ed, dann Zira und dann Banzai. Und versucht gar nicht erst euch selbst einen Weg da runter zu bahnen, das geht sonst wieder nach hinten los, so wie das letzte mal.“

„Warum muss ich als Letzter gehen?!“, rief Banzai empört aus. Jetzt sollte er auch noch hinter einem dämlichen Löwen herdackeln, Shenzi nahm sich wirklich verdammt wichtig.

„Weil du am leichtesten bist.“, antwortete Shenzi mit einem halbherzigen Grinsen, als sie Banzais beschämten Gesichtsausdruck sah. Sie hätte schwören können, dass ihm das Blut in den Kopf schoss, denn was gab es für ihn schon schlimmeres als sich über seine körperlichen Fähigkeiten lustig zu machen?

„Das stimmt nicht! Ich bin nicht klein! Ed wiegt viel weniger als ich!“, widersprach er entschlossen und rümpfte empört die Nase. Warum mussten sie sich eigentlich andauernd streiten, warum verbrachte er eigentlich andauernd Zeit mit ihr?

„Banzai, ich will Ed nicht als Schlusslicht haben, weil wir sonst nie unten ankommen, weil wir dauernd nach ihm sehen müssen, also tu einfach was ich sage!“, fuhr Shenzi ihn energisch an und bleckte die Zähne. Sie hatte ihre Gründe, warum konnte er das nicht einfach akzeptieren? Zudem war sie älter als er, es war doch klar, dass sie mehr wusste.

Für einen Moment sah es so aus, als würde Banzai etwas erwidern wollen, doch er hielt sich doch lieber zurück und ließ den anderen den Vortritt.

Shenzi warf ihm noch ein genervtes Schnauben zu, dann übernahm sie die Führung, Ed dicht hinter ihr. Sie rechnete fast schon damit, dass er keine drei Schritte den Abhang runter stehen bleiben und sich von irgendwas ablenken lassen würde, aber die Löwin im Nacken sitzen zu haben schien Wunder zu bewirken.

Der Weg den steilen Abhang hinter war schmal und ein paar mal musste Zira wirklich nachdenken, wo sie ihre Pfote am besten absetzen konnte, doch zu ihrer eigenen Überraschung hielt die trockenen Erde ihnen allen stand.

„So, da sind wir!“, rief Shenzi schließlich aus, als sie alle unten angekommen waren. Sie sah Zira an, dass sie nicht begeistert war, aber sie hatten dem kleinen Monster einen sicheren Ort zum Übernachten gegeben. Wenn Zira also nur einen Funken Dankbarkeit kannte, würde sie sicher noch nützlich sein. Und wenn nicht, dann gab es noch Taka.

„Ich bin… sprachlos.“ Zira meinte das nicht im positiven und mit Sicherheit wusste Shenzi das auch, aber sie nahm es als Kompliment an.

„Danke, wir leben aber auch an einem wirklich traumhaften Ort, nicht? Du musst dir absolut keine Sorgen um Leoparden, fremde Löwen oder sonst was machen, was dich umbringen könnte. Und wegen der Hyänen hast du ja uns.“, versicherte Shenzi ihr. Es hatte diesen einen Vorteil hier zu leben und um den ging es Zira doch, nicht? Nicht gefressen zu werden schien eine ziemlich wichtige Sache zu sein und Shenzi hatte schon oft Geschichten gehört, das Löwen fremde Junge umbrachten.

„Hey Ed, lass das!“, rief Banzai hinter ihnen genervt und schlug seinem Bruder einen Antilopenschädel vom Kopf. „Die Dinger sind kein Spielzeug. Wer weiß was da schon alles dran war! Willst du etwa auch noch an irgendwas sterben?“

Zira musste grinsen als sie die beiden beobachtete. Dieses Gezanke erinnerte sie an Tamu und Serangi und sie bekam plötzlich eine unglaubliche Sehnsucht nach ihnen. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit seit sie gestorben waren.

„Deine Brüder sind fast so nervig wie meine.“, meinte sie an Shenzi gewandt. Sie wusste nicht warum sie ihr das erzählte, es war wohl einfach der Drang irgendwem von den beiden zu erzählen. Wenn sie über sie sprach erschienen sie ihr weniger vergessen und tot, es ließ in ihr den Glauben aufkommen, als wären sie immer noch in irgendeiner Form wichtig und von Bedeutung.

„Meine Brüder?“ Shenzi warf ihr einen amüsierten Blick zu und lachte auf. „Diese zwei Deppen? Zum Glück nicht, ich hab schon genug Geschwister, aber wie kommst du darauf?“

„Ich weiß nicht, es kam irgendwie so rüber… Sie hängen so an dir, wie ihr euch streitet und so.“, erklärte Zira schulterzuckend.

„Nein, sie sind ‚nur‘ meine Freunde. Und da bin ich auch nicht traurig drüber.“, wand Shenzi ein und setzte ihren Weg fort.

„Aber warum suchst du dir dann grade solche Freunde raus wenn sie doch solche Deppen sind?“, bohrte Zira weiter nach. Shenzi schien zumindest ihr gegenüber ganz in Ordnung zu sein und bisher schienen ihre Fragen sie nicht zu sehr zu stören.

„Ach weißt du, eigentlich haben die mich gesucht. Banzai um genau zu sein. Er ist irgendwann mal in mich reingerannt, ich hab ihn irgendwas an den Kopf geworfen, man keift sich an und plötzlich hängt er einem die ganze Zeit an der Backe. So entstehen doch Freundschaften, nicht?“, erzählte Shenzi und konnte sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen. Es war schon recht lustig mit den beiden und sie waren nicht so zickig und aufmüpfig wie die anderen Weibchen. Es war einfach entspannter mit ihnen zu streiten.

„Kann sein. Aber was ist mit Ed? Warum redet er nie? Er hat mir vorhin wo wir allein waren auch nicht auf meine Fragen geantwortet.“

„Nehm’s ihm nicht übel, aber seit er von diesem Elefanten fast zertrampelt wurde, kann er nicht mehr wirklich sprechen… oder irgendwas Sinnvolles tun. Er hat ziemlich was abbekommen, aber er versteht immerhin was wir ihm sagen. Mit viel Übung versteht man sogar was er einem sagen will. Und Banzai… Ach, er handelt zwar erst bevor er denkt, aber ist eigentlich ganz süß. Wie so ein kleines, hilfloses Junges.“, erzählte Shenzi und sah sich um. Zira hatte keine Ahnung wonach sie suchte, aber es musste wohl in der Nähe sein.

„Mutter, wo bist du? Wir wollen dir jemanden vorstellen!“ Shenzi horchte angestrengt in die Stille, doch außer dem Bröckeln von Steinen und dem Geräusch von Wind, der um die Felsen fegte, war alles still.

„Nanu, schon wieder ein Löwe? Shenzi, wie schaffst du das nur?“ Eine ältere Hyäne trat aus einem der Schatten des Friedhofes heraus. Sie war ziemlich groß und kräftig und obwohl ihre Ohren unzählige Einrisse hatten und sie den Narben auf ihrem Rücken zufolge schon einige Kämpfe ausgetragen haben musste, sah sie fast schon hübsch aus, mit ihrer langen, schwarzen Mähne. Fast.

Ihre braunen Augen leuchteten beim Anblick Shenzis freudig auf und so wie es aussah war sie wohl nicht wütend auf ihre Tochter oder Zira. Das war gut, denn vor dieser Hyäne hätte weder Shenzi noch sie selbst sich retten können.

„Sag mal, Shenzi, wie meint sie das mit ‚schon wieder‘?“, fragte Zira nach. Gab es etwa noch mehr Löwen?

Etwas an Shenzis Haltung änderte sich plötzlich und sie runzelte die Stirn, versuchte diese aufkommende Nervosität jedoch zu überspielen. Das war es jedenfalls was ihre Mutter getan hätte und was ihre Mutter tat war immer das richtige.

„Pah, schenk dem keine Beachtung. Sie sagt viel wenn der Tag lang ist und sie mich verärgern will.“, murrte sie und versuchte so beiläufig wie möglich zu klingen. Zira schien ihr das zumindest für den Anfang abzukaufen.

„Und du bist?“, fragte Shenzis Mutter auffordernd. Sie klang nicht etwa wütend, sondern eher… amüsiert. Zira schaffte es zwar nicht den Witz in der momentanen Situation zu erkennen, aber gut, eine belustigte Hyäne war besser als eine hungrige.

„Zira.“

„Weiter?“

„Wie weiter?“

Shenzis Mutter verdrehte die Augen und schnaubte genervt. „Woher kennst du meine Tochter und wie lange? Sie kommt mir in letzter Zeit viel zu oft mit irgendwelchen Viechern nach Hause, die ich am Ende nicht fressen darf.“

Shenzi musste bei den Worten ihrer Mutter ein erzürntes Knurren unterdrücken. Sie wollte, dass ihre älteste Tochter selbstständig wurde und schlaue Entscheidungen traf? Bitte, genau das tat Shenzi und trotzdem waren es Dinge wie das hier, die Shenzi das Leben nur schwerer machten als nötig.

„Sie–“

„Lass sie für sich selbst sprechen, Shenzi. Ich will es unbedingt von ihr erfahren, wie sie hier her gekommen ist. Wir lieben es doch schließlich Löwen bei ihren Ansprachen zuzuhören, nicht?“ Der Sarkasmus in der Stimme der älteren Hyäne war nicht zu überhören und zum ersten mal seit Zira Shenzi getroffen hatte, schien diese tatsächlich sowas wie Zurückhaltung zu zeigen. Nicht mal sie wagte es ihrer Mutter zu widersprechen.

„Also los, sprich.“, verlangte sie erneut von der jungen Löwin.

„Ich… ich habe die drei vorhin zufällig kennengelernt.“, begann Zira und räusperte sich. „Shenzi hat mir angeboten hier bleiben zu können. Nur bis ich ein Rudel gefunden habe.“ Zira hoffte, dass das reichte um hier zumindest für ein paar Tage Unterschlupf zu bekommen, denn entgegen Shenzis Versprechen schien zumindest ihre Mutter nicht so ganz begeistert hiervon zu sein.

„Aha. Ich bin Asake. Meine Tochter kennst du ja schon...“ Asake wand den Blick plötzlich wieder Shenzi zu und funkelte sie drohend an. „Und du machst Versprechungen in meinem Namen?“

„Ich mache meine eigenen Versprechen, was ist dagegen einzuwenden, wenn sie kurz hier bleibt? Du musst sie ja nicht durchfüttern.“, zischte Shenzi als Antwort und setzte eine beleidigte Miene auf.

„Wir zwei unterhalten uns noch. Aber was machen wir jetzt mit dir?“ Asake wand sich wieder Zira zu und sah sie sich von allen Seiten an. „Du hast wirklich kein zu Hause, gar nichts? Kein Rudel oder böse, ältere Brüder die uns nachts alle umbringen wollen?“

„Was?! Nein, natürlich nichts!“, antwortete Zira augenblicklich und überlegte fieberhaft wie sie ihr das Gegenteil beweisen konnte. Doch Asake lachte nur über so viel Angst.

„Oh Kleines, das war ein Scherz. Schau dich an, viel zu jung um sich in Gegenden wie diesen herumzutreiben… Nein, du hast mit Sicherheit niemanden.“

Zira hätte auf diese Bemerkung liebend gern etwas erwidert, aber Asake hatte ja recht… Leider.

„Ich würde mich mit einem windgeschützten Platz zufrieden geben und jagen würde ich für mich selbst, ich würde keinem auf die Nerven gehen.“, versicherte sie der Hyäne hastig und sah hilfesuchend nach Shenzi und Banzai um. Doch der Letztere war grade mit dem Zählen von Eds Tasthaaren beschäftigt. Banzai und Ed bemerkten wahrscheinlich nicht mal, das Zira grade mit Asake verhandelte und Shenzi schien genug Respekt vor ihrer Mutter zu haben um ihr nicht nochmal ins Wort zu fallen.

„Hm… Nun jaaa…“ Asake runzelte nachdenklich die Stirn und pustete sich ein paar Haare aus den Augen. Sie hatte selbstverständlich eine Idee. „Würdest du auch etwas für uns jagen? Du musst wissen, nicht alle Löwen sind so friedfertig wie du. Es wäre weniger auffällig wenn du für uns jagen gehen würdest. Vielleicht gleich heute? Für uns eine Kleinigkeit mitnehmen? Bitte, uns ist es verboten in der einzig fruchtbaren Gegend hier zu jagen! Du weißt gar nicht wie schwer wir es haben Es gibt hier nur sehr, sehr wenige Beutetiere und wir haben es wirklich schwer.“, erzählte Asake mitleiderregend und sah Zira mit ihrem kläglichsten Blick an. Sie war jung, die Kleinen waren immer anfällig für Gefühlsduselei. Und ein bisschen Dankbarkeit konnte sie schon zeigen. Für die Jagd auf ein Gnu würde diese halbe Portion vielleicht nicht reichen, aber irgendwas würde sie wohl erlegen. Antilopen, junge Warzenschweine, irgendwas.

Zira seufzte. Was sollte sie denn sagen? Ein ‚nein‘ wäre nicht einfach nur unhöflich, sondern auch noch undankbar. Und das konnte sie sich gerade einfach nicht leisten.

„Also gut, ich werde schauen was ich erwische… Aber bitte erwartet keine Zebras oder Kaffernbüffel von mir!“, fügte sie hastig hinzu.

„Ach, Hauptsache du kommst nicht mit leeren Pfoten hier her zurück.“, versicherte Asake ihr, auch wenn Zira die versteckte Drohung nicht überhört hatte.

„Darf ich noch erfahren wo ich schlafen kann?“

„Shenzi hat dir das Versprechen gegeben, dann soll sie sich auch darum kümmern. Frag sie.“ Mit diesen Worten wandte Asake sich schließlich endgültig von Zira und ihrer Tochter ab und verschwand wieder in den Schatten.

Shenzi atmete indessen nur erleichtert auf und verdrehte die Augen. Ihre Mutter war so anstrengend, doch sie war einfach froh, dass sie sich endlich nicht mehr einmischte. Shenzi war wirklich alt genug um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und Situationen zu ihrem Vorteil zu nutzen.

„Du schläfst bei Banzai und Eds Vater. Atu hat eine ganz nette Höhle in der Nähe der Grenze. Da stinkt es auch nicht so stark nach Schwefel, du wirst es lieben… Hey, hat ihr zwei gehört?“, rief sie ihren Freunden zu, die immer noch so unauffällig und still wie möglich hinter ihr standen. Banzai fürchtete sich regelrecht vor Asake und das lag nicht nur daran, dass sie das ranghöchste Weibchen im Clan war und so ziemlich jede, die sie herausgefordert hatte, dem Erdboden gleichgemacht hatte. Es lag zum Teil auch einfach an ihrer Art mit Shenzi umzugehen. Denn Shenzi hatte vor fast gar nichts Angst, aber vor ihrer Mutter buckelte auch sie wie alle anderen. Es tat ihm einfach weh mitanzusehen, wie kleinlaut sie vor ihr war und auch wenn er immer so tat als wünschte er sich, das gleiche auch mal mit Shenzi tun zu können, so tat sie ihm leid. Sie hatte es ja nicht wirklich verdient so kleingehalten zu werden.

„Jaja, ach, was er sich doch freuen wird… Komm Zira.“ Banzai verdrehte die Augen und signalisierte Ed und Zira ihm zu folgen. Auf das Gespräch mit seinem Vater freute er sich jetzt schon nicht. Taka war was anderes, der ging wieder, aber einen Löwen, egal wie klein, in der Höhle zu haben, war nichts was Atu sich wünschte.

Zira nickte, verabschiedete sich noch von Shenzi, dann folgte sie den Brüdern einen schmalen Pfad an einer Felswand entlang, bis sie schließlich ziemlich weit oben, in eine gut geschützte Höhle kamen. Sie hatte keinerlei Orientierung wo sie waren oder wie sie wieder her weg kam, aber sie musste ihnen einfach vertrauen.

„Und hier ist eure Höhle?“, fragte Zira schließlich überrascht, als Banzai und Ed auf diese zugingen.

„Ja… stimmt was damit nicht?“, fragte Banzai misstrauisch.

„Nein, nein, gar nicht! Aber das hier ist sogar ziemlich aufgeräumt. Keine Knochen liegen rum, es ist einfach nur... sauber. Im Gegensatz zu dem was ich hier sonst gesehen habe.“

„Ach weißt du, sogar WIR wollen nicht ununterbrochen den Geruch von Verwesung und Maden in der Nase haben.“, erwiderte Banzai genervt und sah sich nach etwas um.

„Vater? Wir haben Besuch! Eine Löwin… Aber sie ist ungefährlich!“, rief er durch die Höhle und sah sich nach seinem Vater um.

Plötzlich bewegte sich etwas in der hinteren Ecke der Höhle und eine ältere Hyäne humpelte auf die drei zu.

Sie tat Zira leid. Es sah so als hätte diese Hyäne schon dutzende Unfälle gehabt, nicht zu vergleichen mit der starken, zähen Asake. Doch aus Höflichkeit hielt Zira den Mund.

„Also… Ich bin Zira… Ich werde hier schlafen. Das sagte zumindest Asake.“, stotterte Zira und versteckte sich verunsichert hinter Banzai und Ed. Ob Atu merkte dass sie log? Immerhin hatte streng genommen Shenzi das gesagt und sie wusste nicht, ob Shenzis Wort Atu irgendwas bedeutete.

„Asake sagte das? Habt ihr zwei und Shenzi die wieder angeschleppt?“ Atu sah streng auf seine Söhne hinab und schüttelte tadelnd den Kopf. „Kinder, irgendwann ergeben diese ganzen Löwen nur Ärger… Aber wenn du schon hier bist, ich bin Atu.“

Das war alles. Ehe Zira auch nur noch ein Wort sagen konnte ging Atu gleich darauf wortlos an den Dreien vorbei nach draußen und machte sich seines Weges.

Merklich verwirrt und fast schon mitleidig sah Zira ihm hinterher und zog eine Augenbraue hoch, als er sie nicht mehr sehen konnte.

„Ich kapier das nicht…“, meinte Zira verwirrt.

„Was?“

„Wenn ich euren Vater und Asake so reden höre, könnte ich fast glauben hier gibt’s noch mehr Löwen.“

Banzai rollte mit den Augen. „Ach was! Du bist die Erste die sich hier runter traut und nicht gefressen wird! Fühl dich gefälligst geehrt.“, meinte Banzai spöttisch und sah dann grinsend zu Zira „Du schläfst dann gleich hier vorne.“

„Was ist mit deinem Vater los?“, fragte Zira während sie sich auf den ihr zugewiesenen Platz setzte.

„Was soll mit ihm sein?“, hakte Banzai misstrauisch nach.

„Ach, nichts…“, lenkte sie sofort ab. Es war ein dummer Gedanke gewesen und bevor Banzai sich beleidigt fühlen würde, ließ sie es lieber sein.

„Nein, sag, was wolltest du wissen?“, bohre er weiter nach und so ganz konnte er den verärgerten Unterton in seiner Stimme nicht verstecken.

„Er ist so abweisend, hab ich was falsch gemacht?“

„Ich sagte schon, die meisten Hyänen mögen keine Löwen und da ist unser Vater keine Ausnahme. Ich würde dir empfehlen jetzt zu schlafen, denn heute Nacht bist du besser erfolgreich bei deiner Jagd.“

So ganz Unrecht hatte er da wohl nicht und Zira legte sich auf ihren zugeteilten Platz. Sie konnte die unterschwellige Drohung zwar aus Banzais Stimme heraushören, aber sie hatte genug Vertrauen in ihre Fähigkeiten um sich sicher zu sein, dass sie schon irgendwas fangen würde. Sie wusste genau was sie tat, schließlich war sie doch schlau. Jedenfalls bestimmt schlauer als Hyänen, ganz sicher.
 

Sie machte sich mitten in der Nacht allein auf den Weg zum Geweihten Land. Keine der Hyänen wollte ihr bei der Jagd helfen und sie wagte es auch nicht nachzufragen.

Das Geweihte Land summte selbst jetzt nur so vor Leben. Sie hörte Schakale und Nachtvögel in der Ferne und Grillen zirpten im Gras. Von Löwen oder Leoparden konnte Zira jedoch nichts sehen oder riechen.

Es dauerte eine ganze Weile bis Zira endlich den Geruch von einigen Gazellen aufnehmen konnte. Das Gras war jedoch so hoch, dass sie sie nicht sehen konnte, doch sie waren da. Sie spürte an ihrem Scharren und Schritten ganz genau wo sie standen.

Der Wind stand gut und wenn Zira Glück hatte würden die Gazellen sie erst bemerken, wenn sie einer von ihnen bereits am Rücken hing.

Da war sie also. Der Geruch ihrer Beute war so nah, dass sie sie beinahe schmecken konnte und sie wusste, dass das nächste war, was sie ihnen unbemerkt kommen konnte. Sie spannte die Hinterbeine an und gerade als sie zum Sprung ansetzen wollte stockte sie. Da hing was in der Luft, sie roch es im Wind.

Fremde Löwen. Sie waren noch weit weg, doch Zira wusste, dass es jetzt um jeden Preis schnell gehen musste. Es gab keine Zeit mehr zu verlieren und sie sprang aus dem hohen Gras auf die Gazelle zu, auf die sie sich bis eben konzentriert hatte.

Ein panisches Röhren ging durch die kleine Herde und plötzlich stürmten si ein alle Himmelsrichtungen davon. Zira war das jedoch egal, da sie es erfolgreich geschafft hatte sich auf dem Rücken ihres Opfers festzukrallen und dieses durch die Wucht ihres Sprungs beinahe zu Boden gerissen wurde. Beinahe.

Zira musste ein Brüllen unterdrücken, aus Angst die fremden Löwen würden sie sonst hören und verbiss sich stattdessen in der Kehle der Antilope.

Ihr Biss verfestigte sich noch mehr und sie schlug die Krallen immer wieder in den Hals ihres Opfers. Es kam Zira vor wie eine Ewigkeit, biss der Bock endlich unter ihr zusammensackte und sein Blut in Strömen aus ihm floss.

Sie atmete ein paar mal tief durch, die Ohren stets in Bewegung. Diese fremden Löwen die sie gerochen hatten machten ihr Angst und sie würde nicht warten, bis sie sie fanden. Zira packte die Gazelle also bei der Kehle und schleppte sie so schnell sie nur konnte mit sich in Richtung des Elefantenfriedhofs.
 

Asake erwartete sie bereits und leckte sich gierig das Maul. Selbst Shenzi, die in etwas Entfernung hinter ihr saß konnte sich bei dem Anblick der toten Gazelle nicht gänzlich zusammennehmen und Sabber hing ihr aus dem Mundwinkel. Zira hatte der Gazelle zwar einen Großteil des Gesichts abgefressen, doch sie vergab ihr den kleinen Fehler. Hauptsache es gab endlich wieder Frischfleisch.

„Hier… Ich hab was gefangen.“, meinte Zira schwer atmend und schmiss ihre Beute achtlos vor die Hyäne. Ohne weitere Worte stürzte Asake sich auf die Gazelle und verschlag so viel wie ihr nur möglich war. Der Anblick war… interessant.

Zira sah einfach nur zu und hoffte leidglich darauf, dass etwas für sie übrig blieb. Tatsächlich ließ Asake irgendwann von ihrer Mahlzeit ab, doch der Rest war keineswegs für die junge Löwin gedacht.

„Kinder, kommt her, es gibt essen!“, rief Asake und hinter ihr, aus einer versteckten Erdhöhle, kamen eine kleine Gruppe Hyänenjunge gerannt. Auch Shenzi setzte sich an das was ihre Mutter ihnen übrig gelassen hatte und so vertilgten sie was es noch zu holen gab. Leider waren die meisten Gazellen sehr, sehr klein und eine Horde hungriger Hyänen bekam mehr runter als Zira recht war.

Sie wagte es jedoch nicht sich zu beschweren, denn auch wenn der Kopf einer Gazelle nicht wirklich sättigend war, so war es wahrscheinlich mehr als die meisten Hyänen hier am Tag zu fressen bekamen. Zira wusste, dass zu viel Mitleid nichts Erstrebenswertes für eine große Jägerin war, aber sie konnte nichts dagegen tun wie sie fühlte. Zudem hielt dieses Mitleid für die Hyänen sie am Leben, denn es stimmte. Hier war ihr bisher wirklich nichts anderes außer die Hyänen vor die Pfoten gelaufen und sie hatten ihren Teil des Versprechens bisher gehalten.

Die Sonne machte sich langsam hinter den Felswänden bemerkbar und warf die ersten langen Schatten über den Elefantenfriedhof.

„So, wir sind fertig… Zira, hol Banzai und Ed, der Rest ist für sie.“, entschied Shenzi indessen und riss die Löwin aus ihren Gedanken.

„Und ich?“, fragte sie schließlich vorsichtig nach. Sie war größer als Banzai und Ed, sie brauchte es wirklich dringender.

„Du hattest den Kopf, also los, tu nicht so als wäre das nichts gewesen.“, meinte Shenzi streng und deutete ihr sich zu beeilen.

Also gut, dann eben so. Ihr schlimmster Hunger war gestillt und das hier war ja nicht auf Dauer, nur bis sie ein Rudel gefunden hatte.



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