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Ziras unerzählte Geschichte

von

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Mal unter uns…

Mit schnellen Schritten huschte Zira durch den Regen und blieb mit klopfendem Herzen vor Scars Höhle stehen. Wenn sie ihm erzählen würde dass sie es war… Was würde er mit ihr machen? Würde er es den anderen erzählen? Und Uru? Was würden die mit ihr tun? Die würden sie doch nicht auch für ihren Verrat töten, oder? Das konnten die doch nicht machen, das… das ging doch nicht. Die konnten sie doch zumindest verjagen, aber doch nicht gleich töten… Bitte.

Oh Gott, sie konnten das nicht tun… Zira wollte am liebsten nicht daran denken, sonst würde sie doch noch kehrt machen. Aber das konnte sie jetzt nicht tun, nicht jetzt wo sie genau vor seiner Höhle stand.

Los… jetzt.

Oh Gott, Zira hatte Angst. Aber noch schlimmer waren die Schuldgefühle Ahadis Familie gegenüber, insbesondere Uru. Sie war immer so herzlich gewesen. Warum musste sie das alles ertragen? Sie war die letzte der Zira so was wünschte, die allerletzte…

Also gut, jetzt würde Zira es Scar sagen… Los… Jetzt.

„Scar… Darf ich reinkommen?“, fragte Zira vorsichtig und irgendwie hoffte sie ‚nein‘ zur Antwort zu bekommen.

Erst gab es keine Reaktion, weshalb Zira schon gehen wollte, aber plötzlich sah sie zwei grüne Augen in der Dunkelheit aufleuchten.

„Komm rein!“, sagte Scar einladend und ungewohnt fröhlich.

Zira atmete auf. Jetzt gab es kein zurück mehr.

Sie betrat die kleine Höhle und musste blinzeln, doch ihre Augen hatten sich schnell an die Dunkelheit gewöhnt.

Scar lag entspannt auf dem Boden und sah zu Zira auf.

„Willst du was fressen? Ich hab da hinten… irgendwo was liegen.“, meinte Scar. Seine Stimme klang völlig ungerührt, wirklich wie immer, so als wäre wie nie etwas gewesen.

„Scar… Ich bin nicht hier um mit dir über Futter zu reden.“

„Ach wirklich? Warum dann?“

„Ich... wollte nur schauen wie’s dir geht.”

Scar grinste süß und streckte den Kopf in Ziras Richtung. „Ach, wenn du da bist geht’s mir immer gut.“

Zira spielte verunsichert mit ihren Ohren herum. War ihm der Tod seines Vaters wirklich so egal? Und warum spielte er so mit ihr herum, was sollten diese bekloppten Sprüche? Sonst war er doch nicht so kitschig- anhänglich.

„Ich wollte eigentlich…“

„Hey! Wenn du jetzt mit mir über den schrecklichen Verlust meines Vaters reden willst, dann sei erst mal ehrlich zu dir selbst: Ich hab ihn gehasst! Ich habe ihn wirklich gehasst“, meinte Scar gehässig „Komm, leg dich mal zu mir.“, sagte er mit einem ernsten Ton.

Er klang so eindringlich und entschieden, dass Zira sich wortlos neben ihn fallen ließ und zu ihm sah. Er grinste gehässig und legte elegant die Pfoten übereinander, nahm wieder diese hoheitliche Haltung ein.

„Zira, wir beide wissen dass mein Vater mir sonst wo vorbei ging. Ich erzähl dir jetzt mal, wie meine tolle Beziehung zu meinem wundervollen Vater war: Er hat sich nie um mich geschert, es gab nur Mufasa in seiner Welt, er hat mich immer wie Ausschussware behandelt. Einmal wollte er mit mir jagen gehen, konnte dann aber doch nicht, weil PLÖTZLICH etwas dazwischen kam – Was weiß ich, irgendein Zebra mit einer sinnlosen Beschwerde, ich weiß es nicht mehr. Aber für Mufasa, jaaa, für den hatte man immer Zeit. Und als ich dann noch größer wurde hat er mich geschlagen.“

Zira sah geschockt zu ihm und stammelte ein kleinlautes ‚was‘ hervor. Sie konnte es ja verstehen wenn Ahadi sie angriff, aber seinen eigenen Sohn?

„Aber… warum? Ich… WAS?!“, rief sie ungläubig aus.

„Das… das war einige Wochen bevor ich dich getroffen hab. Mein Vater hat mich mit den Hyänen erwischt und… Naja… Du kannst dir wohl denken was geschah, nicht“ Er zog eine Augenbraue hoch und sah vielsagend zu der Junglöwin „Er ist völlig ausgerastet, hat auf mich eingeschlagen… Naja… Zum Glück war meine Mutter dabei. Sie hat mich vor dem schlimmsten gerettet… Denk ich mal. Sie hat zwar mit Vater geredet, doch weder er noch ich mochten einander. Wirklich, ich kann mich nicht erinnern dass wir einander je nah standen. Ahadi hatte ja immer seinen Mufasa und ich… Na ja… Mutter hat keinen von uns so wirklich bevorzugt, wie soll man sich da wie was gaaaanz

Besonderes fühlen“ Scar verdrehte abwertig die Augen und schnaubte genervt „Na ja, wenigstens ist er jetzt weg. Dann hat Mufasa niemanden mehr, der ihm alles hinten rein schiebt.“

„Und Uru? Die ist doch auch noch da…“, wand Zira, besorgt über das was sie soeben gehört hatte, ein.

„Ja, schon, aber sie ist wenigstens gerecht. Sie hat keinen von uns bevorzugt. Sie ist gerecht, hast du mir nicht zugehört?“

„Doch… Tut mir leid, aber was du da sagst…“

„Zira, schluck es“, fuhr Scar sie etwas zu heftig an, woraufhin sie erschrocken die Ohren anlegte.

„‘Tschuldige…“, murmelte sie schuldbewusst.

„Ach, nich‘ so wichtig. Ich kann froh sein das mein Vater weg ist. Einer weniger der mich hasst. Wer auch immer Ahadi getötet hat… Er hat das einzig richtige getan, ich kann ihm dankbar sein.“

Der letzte Satz fuhr Zira wie ein Schauer über den Rücken. Okay, sie würde es ihm sagen.

Jetzt.

Jeden Augenblick.

Los, los Zira! Sag’s ihm endlich!

Sie öffnete das Maul, schloss es im selben Moment jedoch sofort wieder, da sie keine Ahnung hatte was sie nun sagen sollte. Wie sollte sie diesen Mist nur anfangen? Oh Gott, sie sollte sich wirklich zusammenreißen…

Jetzt aber.

„Scar…“

„Ja?“

Zira sah zu ihm, doch ein dicker Kloß bildete sich plötzlich in ihrem Hals und sie hatte das Gefühl nicht mehr sprechen zu können, keine Luft zu bekommen. So kam es dass sie doch wieder nur schwieg.

„Ja? Was denn? Zira?“, hakte Scar nach, als nichts von ihr kam.

„Hey… Stimmt was nicht? Du zitterst schon wieder so. Zira? Hey… Geht’s dir gut?“ Scar sah sorgenvoll zu ihr und legte seine Pfote liebevoll um sie. Wahrscheinlich registrierte er seine Handlung noch nicht mal so richtig. „Mann, Zira! Es ist stockschwül draußen und zitterst schon wieder so. Bist du sicher dass du dir nichts eingefangen hast? Schüttelfrost oder so?“, hakte Scar nach.

Zira schüttelte energisch den Kopf, dann schluckte sie und nahm all ihren Mut zusammen. Sie musste ihn jetzt fragen, sonst würde sie es wohl nie tun.

„Scar, würdest du mich jemals hassen? So richtig schlimm hassen?“

Scar grinste schief, zog gehässig eine Augenbraue hoch und sah sie neckisch an.

„Ach was, nein… Ich hab dich doch gern… Du und meine Mutter sind wohl die einzigen die so denken.“

„Scar, ich mein das ernst: Würdest du mich jemals zutiefst hassen?“, hakte Zira energisch nach.

„Nein, natürlich nicht – Du bist meine beste Freundin“ Wohl eher seine einzige „Und jetzt sag mir einfach endlich was du mir zu sagen hast. Ich merk doch das da noch mehr ist.“

Ziras Blick wand sich von Scar ab, als sie merkte, dass sie es nicht länger herauszögern konnte.

„Was wäre wenn… ich dir sagen würde dass… ich Ahadi getötet habe?“

Der letzte Teil ihres Genuschels war jedoch so leise und unverständlich das Scar ihn nicht verstand.

„Tut mir Leid… Ich hab das letzte Bisschen nicht ganz verstanden…Wenn du WAS tun würdest?“

Zira atmete tief ein, dann wiederholte sie: „Was wäre wenn… ICH Ahadi… getötet hätte?“ Zwar hatte sie wieder sehr undeutlich geworden, doch man konnte sie verstehen, wenn auch schlecht.

Scars Augen weiteten sich schockiert und er konnte kaum glauben, was er da hörte. Sie… Das… Machte sie wieder einen ihrer seltsamen Witze? Weil… Sie meinte das doch nicht ernst, oder?

Zira machte sich schon auf das schlimmste bereit – Besseres Gewissen hin oder her. Ja, obwohl ihr in diesem Moment ein Stein vom Herzen gefallen war, so wusste sie ebenso dass gleich alles den Bach heruntergehen würde. Wirklich alles. Sie konnte packen, verschwinden, sich davon machen – Es war vorbei. Wenn sie nicht gleich wegrennen würde, dann hatte sie doch keine Chance mehr. Wenn sie Glück hatte würde sie sich in die Wüste retten können.

Doch plötzlich schlang Scar seine Pfoten um Zira und zog sie an sich. Zira erstarrte, doch was dann folgte, kam völlig unerwartet.

„Das hast du wirklich getan?! Aber wie? Wie hast du das getan?! Aber ich bin so froh dass du das überlebt hast, du weißt gar nicht wie glücklich du mich gemacht hast. Du hast mir damit einen so großen Gefallen getan. Danke Zira, danke.“

Er schmiegte seinen Kopf dankbar an ihren und schleckte ihr schnell über die Wange.

Freundschaftlich.

Rein freundschaftlich.

Zira war noch immer völlig schockiert, sagte jedoch erst mal gar nichts. Was passierte hier grade?!

„Du bist mir wirklich nicht böse?“, fragte sie mit brüchiger Stimme.

„Unsinn! Du glaubst nicht wie glücklich ich wegen der ganzen Sache bin. Zira, als wir da unter diesem Baum lagen und Zuzu mir sagte dass Vater tot sei… Ich konnte es nicht glauben, weil es einfach zu schön war um wahr zu sein. Und ich hab das alles nur dir zu verdanken… Ich… Was soll ich sagen? Du… Danke Zira“ Sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich weich und er seufzte erleichtert auf „Aber bitte erzähl mir endlich wie zur Hölle du das geschafft hast. Und vor allem: Warum?“

Zira wand den Blick ab. Sie konnte ihm nicht die Wahrheit sagen. Sie konnte nicht. Oder doch? Noch nie hatte sie jemanden davon erzählt. Und… Diese ganze Geschichte schien doch völlig unglaubwürdig und das obwohl sie sogar wahr war! Aber… Vielleicht sollte sie es einfach mal wagen, Viel zu verlieren hatte sie auch nicht mehr.

„Scar… Wenn ich dir gleich was erzähle… Versprichst du mir dann es niemanden weiterzuerzählen? Niemals? Egal wie schlimm es auch klingt? Du wirst mich nicht hassen und es auch niemanden erzählen, ja?“, fragte sie eindringlich.

„Versprochen.“, willigte er ernst ein. Er meinte es wirklich so.

Zira atmete tief ein, doch sie zögerte. Nach langem Schweigen glaubte Scar schon dass sie es sich doch anders überlegt hatte, doch dann begann sie plötzlich zu erzählen – Von allem.

Vom Tod ihrer Familie, von ihrer Kindheit bei einem Menschen. Von den Hyänen. Alles, bis jetzt.

Scar hörte ihr die ganze Zeit aufmerksam zu, konnte wohl aber selbst nicht so ganz glauben was sie ihm da alles erzählte. Er saß nur da und hörte ihr zu.

„Naja… und dann wollte er mich umbringen. Und plötzlich… Ich weiß nicht was da mit mir durchging. Ich hätte nie gedacht dass ich das überlebe. Ich hab mich nur verteidigt… und plötzlich… Ach. Ich weiß auch nicht weiter.“, beendete sie ihre Erzählung.

Sie sah ängstlich zu Scar, war darauf gefasst dass er gleich auf sie losgehen würde oder noch schlimmer: Ihr nicht glauben würde. Und sie nur für eine miese Lügnerin halten würde – Sie würde es verstehen. Sie würde das doch selber nicht glauben.

„Wow… ich… Also…“ Scar wusste nicht was er sagen sollte.

Zira sah mit einem forschenden Blick zu ihm, um auch ganz sicher zu sein, dass er nicht wütend war. Doch er sah viel eher… fassungslos aus. Nicht wütend. Nur verwirrt.

„Und? Glaubst wenigstens du mir jetzt, dass ich keinen heimlichen Verehrer hatte?“, fragte sie, einfach um irgendwas gesagt zu haben.

Scar nickte kaum merklich, den Blick auf sie gerichtet. „Ja… Und… Es hätte sich doch keiner denken können was für eine Kindheit du hattest… Es klingt einfach alles so…“

„Du glaubst mir nicht, oder?“, fragte Zira weinerlich.

Dann herrschte schweigen. Zira hatte das alles so unglaublich viel Mut gekostet und jetzt glaubte er ihr nicht...

Zum Glück lag sie. Wenn sie gestanden hätte, dann wäre sie wahrscheinlich umgekippt, so zittrig fühlten sich ihre Beine an.

„Scar… Weißt du eigentlich, dass du der erste bist, dem ich das erzählt habe?“, flüsterte Zira. Sie fühlte sich völlig fertig.

„Das… hat dich viel Überwindung gekostet, oder?“

Zira nickte und seufzte. Eine stille Träne rann ihr über die Wange. Allein schon beim Gedanken, an all die, die sie in ihrem Leben geliebt und verloren hatte, kamen ihr die Tränen hoch. Doch es war nicht mehr so schlimm wie früher.

„Hey… Nicht weinen, nicht schon wieder. Jetzt komm schon, schluck die Tränen runter und lächle. Mein Vater hat bekommen was er verdient und für den Tod von deiner Familie, Atu und Jerk kannst du auch nichts. Wie oft hast du heute schon geweint?“

Zira zuckte die Schultern und senkte den Blick. Doch Scar ließ nicht locker.

„Genau, du weißt es schon gar nicht mehr. Ach komm, du bist doch sonst nicht so verweichlich. Kopf hoch, mein Vater ist Geschichte. Dich wird niemand mehr bedrohen.“

„Glaubst du mir? Scar sag es mir…“

Stille.

„Tust du’s?“

„Ja. Ich glaub’s dir… Die Wahrheit ist nun mal manchmal… seltsam.“

Zira sah dankbar zu Scar. Er sag so… glücklich aus. Wie er sie anlächelte. Zira bekam eine Gänsehaut und musste einfach zurücklächeln.

Er war ihr nicht böse, obwohl sie allen die ganze Zeit etwas ziemlich wichtiges verschwiegen hatte. Er glaubte ihr tatsächlich! Er war ihr nicht böse!

„Danke Scar. Du bist wirklich der Einzige dem ich das alles erzählen würde.“, gestand sie und legte ihren Kopf dankbar auf seine Pfoten. „Macht’s dir eigentlich was aus, wenn ich heute Nacht hier schlafe? Ich kann deiner Mutter einfach nicht unter die Augen treten.“

„Schon okay… Ich hab Platz.“, meinte Scar und legte seinen Kopf auf ihre Schultern.



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