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Ziras unerzählte Geschichte

von

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Sterne

„Kwanza, schau jetzt her“, befahl Zira mit gesenkter Stimme „Kwanza!“

„Kwanza, schau jetzt Mama zu!“, fauchte Samangi ihn leise an. Zira war kurz davor ihnen ihre erste Jagdstunde zu geben, da sollte er gefälligst zuhören.

„Danke Samangi. Also, ihr müsste den Körper dicht ab Boden behalten wenn ihr euch anschleicht. Denn ein lautloses, schnelles Anschleichen ist die halbe Miete. Alles muss runter, auch der Hintern…“, flüsterte Zira und machte es vor. Samangi und Tofauti versuchten es in ihrem Übereifer gleich nachzuahmen, doch Kwanza sah einfach nur schweigend zu. Er hatte momentan eigentlich gar keine Lust das zu lernen und wäre viel lieber mit Simba und Nala zusammen gegangen. Das wäre viel interessanter gewesen.

„Gut so“, lobte Zira sie „Und jetzt müsst ihr euch in dieser Kauerstellung langsam vorwärts bewegen… Und Kwanza, versuch zumindest mitzumachen, das ist sehr wichtig, hörst du?“

„Ja…“, sagte er kleinlaut und machte seine Schwestern nach, jedoch nicht sonderlich erfolgreich, weshalb er recht schnell wieder aufgab und sich setzte.

Zira hingegen gab ihnen ein Zeichen still zu sein und schlich sich ein Stückchen näher an eine Antilope heran, welche in einigem Abstand zu ihrer Herde stand.

„Und jetzt schaut genau zu, hört ihr?“ Das war keine Bitte, das war ein Befehl der keine Widerrede zuließ.

Zira schlich mit schnellen, geschmeidigen Sprüngen näher und mit einem plötzlichen, großen Satz schmiss sie sich auf ihre Beute und brachte sie zu Boden.

Und das war wahrscheinlich der erste Moment in ihrem Leben gewesen, in dem den Dreien bewusst wurde wie brutal sie mal werden würden. Denn sie hatten soeben gesehen wie ihre Mutter der Gazelle in die Kehle gebissen hatte und dem Blut nach zu urteilen musste das extrem weh getan haben.

„Ihr könnt kommen!“, rief Zira und begann bereits sich erste Stücke aus dem noch frischen Kadaver herauszureißen.

Eher zögerlich kamen die Jungen näher und blieben mit großen Augen vor ihrer Mutter stehen, den Blick starr auf die Gazelle gerichtet.

„Mama… Ist die jetzt tot? Oder wächst das nach?“, fragte Tofauti vorsichtig.

Zira stockte und leckte sich schnell über die Lippen. „Wie meinst du das?“

„Na… was passiert jetzt mit der Gazelle?“

„Oh…“ Zira verstand auf was sie hinauswollten „Seht mal: Es ist ganz einfach so dass große Tiere die Fleisch fressen, kleinere Tiere fressen.“

„Aber das hat der Gazelle doch bestimmt weh getan. Und was passiert denn jetzt mit ihr?“, wollte Kwanza wissen.

„Schatz, es ist so… Die Gazelle ist jetzt tot. Aber das heißt nicht dass jetzt alles zu Ende ist mit ihr, sie… Ich erklär euch das heute Abend, okay? Bitte esst einfach bevor die Geier kommen, ja?“, bat Zira ernst.

„Können wir nicht lieber noch Milch trinken?“, bat Tofauti kleinlaut. Eigentlich hatte sie gedacht jagen sei toll, aber das hier war ja schrecklich.

„Nein, könnt ihr nicht. Ich hab nicht mehr sehr viel, je früher ihr euch an Fleisch gewöhnt, desto besser.“

„Können wir nicht auch Gras fressen?“, fragte Kwanza.

„Nein, könnt ihr nicht, Löwen vertragen so was nicht.“ Ziras Stimmt klang nun deutlich mürrischer und drängender als sie es zu Anfang noch tat und so kam es dass sie zumindest mit den Fragen aufhörten.
 

Gegen Abend, als die Dämmerung schon lange eingesetzt hatte, hatte Zira sich mit den dreien ins Gras gelegt und sah verträumt in die Sterne. Sie dachte in letzter Zeit öfters an ihre Mutter und ihre Brüder. Die Erinnerung an sie wurde schwächer je älter Zira wurde. Der Nebel der Vergangenheit legte sich um ihre Gesichter und inzwischen hatte sie fast nur noch Schemenhafte Erinnerungen an sie.

Wie es ihnen jetzt wohl ging? Waren sie okay? Ob Kisamba wohl stolz auf Zira wäre?

Sehr oft hatte Zira darüber nachgedacht – zu oft. Es machte sie letzten Endes nur bedrückt und deprimierend war es zudem. Wirklich, hätte Zira die Wahl gehabt, so hätte sie ihre richtige Familie ihrer Ersatzfamilie vorgezogen. Es war einfach etwas anderes als Löwe unter Löwen zu sein. Und manchmal fragte Zira sich auch wie es so wäre eine ‚normale‘ Kindheit zu haben. Ihr war zwar das jagen beigebracht wurden, aber perfektioniert hatte sie es erst am Königsfelsen. Und an dem Tag an dem man sie ausgesetzt hatte, da war es so als hätte man sie vor die Tür gesetzt und ihr einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf geschüttet. Und ihre erste Nacht bei den Hyänen hatte ihr das nicht unbedingt erleichtert. Im Gegenteil, es hatte in ihr das Gefühl von einer ungerechten, fiesen Welt nur verstärkt. Und im Grunde stimmte das ja auch. Zudem wäre sie tot wenn Jerk damals nicht gestorben wäre. Es war ein Nehmen und Geben, wo blieb also die Gerechtigkeit in dieser Welt?

Doch ein kitzeln an ihrem Bauch ließ sie Aufsehen und direkt in Samangis grüne Augen blicken.

„Hey Mama, wohin starrst du?“, fragte sie und kuschelte sich in Ziras Bauchfell.

„Bestimmt zählt sie Sterne“, giggelte Tofauti und setzte sich neben ihre Schwester „Aber mal ernsthaft Mami, wohin schaust du?“

„Ja, genau und wolltest du uns nicht noch sagen wo die Gazelle jetzt ist?“, mischte Kwanza sich ein.

„Okay, eines nach dem anderen“, meinte Zira „Also, Samangi, ich schaue in die Sterne, wie du bestimmt schon bemerkt hast und nein Tofauti, ich zähle sie nicht. Das wären viel zu viele. Und Kwanza…“ Sie seufzte. Um ehrlich zu sein wollte sie das nicht erklären.

„Ja? Ich höre?“

„Also… Nun… Weißt du… Eine alte Freundin sagte mir mal, dass, wenn wir sterben, unsere Seelen zu einem wundervollem, sorgenfreien Ort, irgendwo da oben kommen. Doch damit die, die uns liebten uns nicht vergessen, erleuchten wir als Sterne. Und… manchmal, wenn jemand stirbt, der dich über alles geliebt hat, das wird er dein Schutzengel.“, meinte Zira in Gedanken versunken. Wie sollte sie das kleinen Löwen am besten erklären? Das hier hielt sie für die beste Variante, das hatte sie damals auch so von Chica erklärt bekommen.

„Gilt das wirklich für alle Tiere?“, wollte Kwanza wissen.

„Ja, für alle.“

„Und was sind dann Schutzengel? Ich hab gehört dass nur die großen Könige der Vergangenheit da oben sind, das haben die anderen Löwinnen gesagt.“, meinte Tofauti neugierig und rutschte ihrer Mutter zwischen die Vorderbeine.

„Nein, das ist Blödsinn, jeder kommt mal nach dort oben“, widersprach Zira „Und Schutzengel sind Verstorbene, die nach ihrem Tod auf dich aufpassen.“

„Aber wie denn? Sie sind doch tot“, wand nun auch Samangi ein und quetschte sich zu ihrer Schwester „Das hast du doch gesagt… Die sind tot.“

„Ja, schon… aber… Das ist so: Manchmal, da entscheiden sie über dich, ohne dass du‘s merkst. Sie ändern eine deiner Handlungen, versuchen dich auf den rechten Weg zu bekommen.“

Zira musste zugeben dass sie sichtlich Gefallen daran fand über die Sterne zu reden.

„Aha… Mama, hast du denn schon Schutzengel?“, fragte Kwanza schließlich in die Nacht.

Für einen Augenblick kam etwas Trauriges in Ziras Blick auf, doch dann meinte sie: „Vier. Meine Mutter und meine Brüder… und meinen Adoptivbruder.“

„Was? Aber du sagtest uns gar nicht, dass du Brüder hattest… oder dass Großmutter tot ist! Oder du adoptiert wurdest!“, rief Samangi entsetzt aus. Mein Gott, unfassbar, was ihre Mutter alles vor ihr verheimlichte! Unerhört so was!

Zira drehte sich langsam wieder auf den Rücken, lies ihren Töchtern dabei jedoch genug Zeit um von ihr runter zu kommen.

„Soll ich euch mal erzählen, wie ich meine Familie verloren habe?“, fragte Zira irgendwann in die Nacht. Die drei Jungen nickten neugierig, was recht verständlich war und setzten sich brav zwischen die Vorderbeine ihrer Mutter.

Und Zira erzählte – von dem Tod ihrer Familie und der wundervollen Zeit, die sie mit ihnen hatte, bis zu dem Punkt als sie zum Königsfelsen kam. Das sie jedoch von Menschen adoptiert wurde, ließ sie aus und erzählte stattdessen die Geschichte, die das ganze Rudel, außer Scar, glaubte: Das eine Freundin ihrer Mutter sie aufgenommen hätte. Zudem ließ sie auch den Teil mit den Hyänen völlig weg. Und sie erfand noch schnell dazu, dass sie gesehen hätte, wie Menschen ihren ‚Adoptivbruder‘, mit dem eigentlich Jerk gemeint war, getötet hätten.

Eines wusste Zira: Wenn sie den kleinen die Wahrheit sagte, würde morgen das ganze Rudel davon wissen! Kinder waren ja so leicht auszuquetschen.

„Mama, das klingt schrecklich“, meinte Tofauti schließlich auf ihre direkte Art und schmiegte ihren Kopf tröstend an dem ihrer Mutter „Wen hast du denn noch alles verloren?“

Zira versuchte ihre aufsteigende Traurigkeit zu überspielen und möglichst unbeschwert zu klingen als sie antwortete: „Sonst niemanden. Nur einen entfernten Bekannten, Atu, aber für mich persönlich war das nicht ganz so schlimm, ich kannte ihn nicht gut. Aber eure Großmutter, Königin Uru, die war toll. Ich mochte sie wirklich sehr, doch ihr ward noch so klein als sie starb, ihr könnt euch gar nicht an sie erinnern.“, gestand Zira ihnen und schleckte Samangi, die kurz vorm Einschlafen war, über die Stirn.

„Mama…“, gähnte sie „Haben wir auch schon Schutzengel?“

Auch ihre Geschwister sahen erwartungsvoll zu Zira und so kam es, dass sie nun von drei kleinen Augenpaaren angestarrt wurde.

„Vielleicht eure Großeltern… Und meine Mutter. Aber ist es nicht schon etwas zu spät um darüber nachzudenken?“ Zira versuchte ja nicht so schrecklich depressiv zu klingen, aber sie war einfach traurig und daran war sie selbst schuld.

„Hey Mami… Werde ich eigentlich mal König? Schließlich darf Simba auch mal König werden.“, fragte Kwanza nach einer Weile und unterdrückte ein Gähnen. Er selbst wusste nicht wie er darauf gekommen war, aber die Frage war einfach plötzlich in seinem Hirn aufgetaucht.

„Jetzt noch nicht. Und jetzt kommt, wir wollen nach Hause, ja?“, schnurrte Zira und fuhr ihm mit der Zunge liebevoll über das Gesicht.
 

Vorsichtig legte sie die Jungen nebeneinander auf einen Haufen, in Scars Höhle, und setzte sich vor den Höhleneingang. Die Sonne war inzwischen ganz verschwunden und der Vollmond tauchte die Landschaft in ein silbriges Licht.

Scar war noch nicht zurück und niemand hatte ihn gesehen. Ob das jetzt gut oder schlecht war wusste sie nicht, doch plötzlich hörte sie Zazus Stimme in Nacht. Nichts Schlimmes will man denken, doch er unterhielt sich mit… Nala!

Oh nein, bei Scars Plan ging irgendwas daneben, da musste Zira nicht lange überlegen. Denn Nala müsste jetzt eigentlich tot sein… oder zumindest angefressen.

Zira hätte schreien können, beherrschte sich jedoch. Nicht dass sie Nala den Tod wünschte, aber vermisst hätte sie dieses naive Ding auch nicht.

Mit einem gehässigen Blick sah sie Zazu nach, der Nala zum Königsfelsen zu bringen schien, dann stand sie auf und sah zu Kwanza und seinen Schwestern. Sie würden es schon kurze Zeit ohne sie aushalten, zudem waren sie hier sicher, also schlich Zira und lief auf leisen Pfoten in Richtung Elefantenfriedhof – Sie konnte einfach nicht auf Scar warten. Sie musste JETZT wissen was los war.

Doch auf halben Weg dorthin kam ihr bereits eine dunkle Gestalt entgegen und obwohl sie im ersten Moment auf Angriff war, so fiel ihr eine gewaltige Last vom Herzen als sie bemerkte dass es sich um Scar handelte.

„Zum Glück, dir geht’s gut!“, rief sie erleichtert aus und kam ihm eilig entgegen „Was… ähm… Nala ist zurück.“

Scar rollte genervt mit den Augen und seufzte. Sie konnte im Mondlicht nicht sonderlich viel erkennen, aber genug um zu sehen dass er genau diese Frage nicht hören wollte. „Nun ja, alles wäre nach Plan gelaufen, wäre mein wunderbarer Bruder nicht gewesen.“, knurrte Scar gereizt und im Mondlicht konnte Zira seine Zähne aufblitzen sehen.

„Hey, kein Grund mich blöd anzumachen“, zischte sie „Hab’s ja nicht böse gemeint, ja?“

Scar stöhnte nur genervt und machte sich nun auf den Weg zu ihrer Höhle auf. Er redete nicht mal mit ihr und Zira hatte genau auf diese Stimmung keine Lust. Aber gut, wenn er nichts sagen würde… Würde sie es eben tun.

„Hey, du hast doch noch Plan B“, munterte sie ihn so gut wie möglich auf, doch nichts tat sich „Scar, nun komm schon und sei nicht so am Boden zerstört.“, schnurrte sie charmant und schmiegte liebevoll ihren Kopf an Scars Mähne.

„Ich weiß…“, seufzte Scar schließlich.

„Na also, dann kann’s ja nicht so schlimm werden, hm?“, munterte Zira ihn auf und klimperte unschuldig mit den Wimpern.

„Ja, nur hoffentlich passiert diesmal kein störender Zwischenfall.“, seufzte Scar und lies sich ein wenig mutlos ins Gras fallen.

„Hey, warum so mies drauf? Scar, deine Pläne sind genial und sie werden schon irgendwie klappen, müssen sie doch“ Sie ließ sich neben ihn ins Gras sinken und schlang die Pfoten um ihn „Und mal unter uns: Meinetwegen musst du gar nichts machen, du bist auch ohne Titel mein König, mein einziger, das weißt du doch, oder?“, meinte sie in einem so süßen und verführerischen Ton, dass auch Scar kurz grinsen musste.

„Du verstehst es jemanden aufzuheitern…“, meinte er schmunzelnd „Aber es macht einen minimalen Unterscheid ob ich ‚dein‘ König oder König des Geweihten Landes bin, das ist dir schon bewusst?“

„Ach, ist es das?“, fragte Zira unschuldig und leckte Scar zärtlich über die Schnauze.

„Ja, aber nur gaaaanz minimal.“, meinte er und zog sie noch enger an sich, sodass sie jetzt fast schon den Kopf zurückstecken musste, um nicht mit seinem zusammenzustoßen. Aber hatte er nicht einen wunderbaren Sinn dafür, wann er Sarkasmus einsetzten musste?

„Bald schon wird Mufasa sterben... Ich muss nur auf den richtigen Moment warten… Und dann bin ich König. Und du Zira, wirst Königin…“, flüsterte Scar ihr verführerisch ins Ohr.

Zira liebte den Gedanken Königin zu sein einfach! Den anderen die Meinung sagen, ohne Konsequenzen, Futter so viel sie wollte, ihre eigene Jagdgruppe… Warum nicht? Natürlich würde Sarabi ihr Leid tun, aber die Verführung Königin zu sein, war dann doch stärker.

„Ach, wenn du des sagst klingt es natürlich traumhaft…“, schnurrte Zira schließlich und rieb den Kopf zärtlich an Scars.
 

Als die beiden einige Zeit später zurück in die Höhl kamen lagen Tofauti, Kwanza und Samangi müde in einer Ecke und schliefen noch immer brav.

„Was hast du mit ihnen gemacht? Sie sehen so… fertig aus.“, fragte Scar leise. Er wusste wie schwer die Jungen totzukriegen waren, umso mehr verwunderte es dass sie um die Uhrzeit schliefen. Eigentlich wären sie jetzt erst dabei einzuschlafen.

„Oh, glaub mir, sie hatten einen sehr interessanten Tag.“, meinte Zira und erklärte Scar in aller Ruhe von dem, nett ausgedrückt, Mist, in den sie sich fast reingeritten hätten, von der erzwungenen Jagdstunde und dem kleinen Gespräch unter den Sternen.

„Tja, wie du sehen kannst Scar…“, meinte Zira „… hatte ich einen sehr interessanten Tag, danke dir uuuuund gute Nacht.“

„Aber wie konntest du sie auch allein bei Sarabi lassen?“, tadelte Scar sie.

„Ach, bin ich jetzt wieder schuld?“, zischte Zira.

„Nein, ich… Vergiss es, schlaf einfach, okay?“

„Meinetwegen… Gute Nacht Scar.“



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