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Der Ritter

von

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Die Ausbildung

Die Ausbildung

Das Gebäude war riesig. Ich schätzte es auf etwa vier Geschosse.

Ruppig beförderte man uns aus dem Bus und schon in Richtung Gebäude. Eine uniformierte Person rannte an und wechselte ein paar Worte mit einem der schwarzen Begleiter. Diese schienen es dann auf einmal sehr eilig zu haben, denn wer auch nur ein oder zwei Meter zurückfiel wurde weitergeschoben. Dabei hatten sie alle einen besorgten Gesichtsausdruck. Ich musste feststellen, dass das Gelände riesig war, denn für den geraden Weg über eine offene, betonierte Fläche benötigten wir trotz des strammen Tempos immer noch knapp fünf min.
 

Vor dem Gebäude wurden wir harsch von einer uniformierten Person Begrüßt: „Na endlich seid ihr da! Habt euch auch wirklich Zeit gelassen. Ihr wollt also die neue Elite werden? Na so was. Wenn ich mit euch fertig bin, dann seid ihr das. Habt ihr verstanden?“

Ein leises „Ja.“ hauchte über den Platz, manche nickten, wie ich.

„Wie war das? Ich hab euch nicht gehört!“

Wir sagten ein wenig lauter „Ja.“

„Das heißt: Jawohl Sir, und lauter, hier wird nicht geflüstert!“, brüllte er uns entgegen.

„Jawohl, Sir!“, brüllten wir zurück.

„Dann mal los, in eure Uniformen! In zehn Minuten seid ihr fertig in der Halle. Der Sargent hier wird euch zeigen wo es lang geht, verstanden?“

„Jawohl, Sir“, brüllten wir zurück, dann legte der Sargent einen Laufschritt vor und ich beeilte mich, um nicht zurückzufallen. Das erwies sich als gar nicht so einfach, da hier uns Leute entgegenkamen und wir rennen mussten, um mit ihm Schritt zu halten.

Ein paar Minuten später waren wir endlich im Umkleideraum, jeder hatte einen eigenen Spind bereits zugewiesen, den wir suchen mussten.

Wir machten so schnell wir konnten, doch immer wieder wurden wir gehetzt mit Sprüchen wie: „Macht schneller, ihr Lahmärsche“ oder „Fa wäre ja ein Einhändiger mit Krückstock schneller!“ Und dann schon nach ein paar Minuten - gefühlt war es eine Minute, doch tatsächlich waren es drei oder vier - wurden wir alle weitergescheucht. Er nahm aber nicht das Geringste an Tempo heraus. Nach wahrscheinlich exakt zehn Minuten, zumindest würde ich so den Sargent einschätzten. Wir kamen an, allesamt außer Atem und erschöpft. In der Halle stand eine Bühne mit extra Seiteneingang, durch den ein paar Menschen immer wieder hindurchflitzten, und Tische und Stühle hin und her trugen. „Nehmt Haltung an, der Major kommt jeden Moment, und wenn ihr in seiner Gegenwart nicht ordentlich ausseht, na dann viel Spaß“, warnte der Sergant uns, diesmal nicht brüllend.

Damit nahmen wir kollektiv noch mal Haltung an, stellten uns gerade und in einem Block vor die Bühne und warteten die letzten Minuten bis zu seiner Ankunft.

Dann kam er endlich, und irgendwie war mir klar, warum der Major in einem Ausbildungslager gelandet war: Er war ein wenig korpulenter und schien sich seine Zeit mit anderen Dingen als Übung für den nächsten Einsatz zu vertreiben. Und ich musste unweigerlich daran denken, dass er wohl auch ein wenig Dekadent war. Ebenso wie das Ausbildungslager hier garantiert nicht unter seiner Kontrolle war. Er kramte einen Zettel aus der Tasche, dann begann er seine Rede: „Endlich seid ihr da. Die Soldaten, die uns vor jeder Art von Bedrohung schützen sollen, komme sie von Außen oder auch von Innen. Jeder von Ihnen wird Verantwortung tragen und jeder wird seinen Teil zur Sicherheit dieses Landes Beitragen.“ Damit beendete er seine Rede, drehte sich zu einem uniformierten Mann um, den ich gar nicht hatte kommen sehen. Er wechselte ein paar Worte mit ihm, dann verließ der Major die Bühne und verschwand. Die Person mit der er geredet hatte, ein Mann, dem „Härte“ schon fast auf der Stirn hätte tätowiert sein können, trat vor und begann seinerseits eine Rede:

„Ich bin der Leiter dieses Lagers, in dem ihr ab heute zu Drachenjägern, den mächtigsten Elitekämpfern ausgebildet werdet. Einerseits könnt ihr stolz auf euch sein, denn die Behandlung habt ihr überlebt. Doch erwartet bloß keine Gnade, nur weil ihr hier neu seid. Ihr werdet mindestens genauso hart trainieren wie der Rest, wenn nicht noch härter. Auch werdet ihr jeden Befehl sofort ausführen, egal was es ist, selbst wenn er ist, vom Dach zu springen, und glaubt mir, dieser Befehl wird kommen. Und noch was: Nicht alle überleben diese Ausbildung, also passt auf euch auf, das ist immer so ein scheiß Papierkram, wenn ihr draufgeht, also hütet euch gefälligst draufzugehen, sonst folge ich euch noch in die Hölle um euch noch mal umzubringen! Trotzdem hört für gewöhnlich die Hälfte nicht auf mich, ich hoffe ihr seid besser.“ Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er diesen letzten Satz jedes Mal sagte, wenn neue kamen. Damit übergab er uns den Ausbildern. Ich hatte das Gefühl, dass einer der Ausbilder der Sargent von vorher war und dass er ein Lächeln auf dem Gesicht hatte, das einem nichts Gutes verhieß.

Die ersten Wochen wurden wir körperlich fit gemacht, das heißt Dauerläufe, bis wir kaum noch stehen konnten. Danach Kraftübungen. Und sehr viel von dem was sie „Selbstverteidigung“ nannten. Ich nannte es „Wie töte ich meinen Gegner möglichst schnell, ohne, dass er den Angriff kommen sieht.“ Hierbei gab es auch tatsächlich die meisten Toten, da man manchmal Fehler machte, die dem Kameraden dann das Leben kosten konnten. Manch einer, den man nie wieder sah brach einfach beim Dauerlauf zusammen und stand nicht wieder auf oder wachte einfach am Morgen nicht mehr auf.

Von Zeit zu Zeit gab es dann allerdings auch so etwas wie Schießübungen. Hier gab es eigentlich keine Toten, es sei denn, jemand drehte durch, was glücklicherweise nicht geschah, zumindest nicht in meiner Anwesenheit.

Wenigstens war das Essen nicht so schlecht, wie man außerhalb des Militärs befürchtete. Wir waren immer gut genährt, so dass wir jederzeit volle Leistung bringen konnten. Auch wurde uns beigebracht, selbst für Nahrung zu sorgen, wenn wir nicht versorgt wurden. Wir lernten, was essbar war, und auf was man besser verzichtete.

Dann, eines Morgens, während des Morgenappells:

„So, dies ist der letzte Tag ihrer Ausbildung. Sie wurden die letzten Monate hinweg zu guten Soldaten ausgebildet. Wenn wir im Krieg wären, dann würden sie jetzt an der Front landen. Da dem aber nicht so ist, werden sie neuen Einheiten zugeteilt, die zwar zum Krieg fast schon bereit wären, doch meist nur einfachere Aufgaben erledigen müssen. Heute Abend bekommen sie ihren Versetzungsbefehl. Guten Tag noch.“

Wir, die Soldaten, schauten den Leiter verdutzt an und überlegten, ob wir grade richtig gehört hatten. Wir kamen hier weg? Welch gute Nachricht. Dann überlegten wir, wie lange wir schon hier waren, und stellten fest, dass wir tatsächlich schon mehrere Monaten hier waren, doch wie viele genau wusste keiner mehr, da teilweise die Erinnerung der Tage ineinander verschwamm und wir nur schätzten konnten. Ich schätzte auf vier Monate. Könnten aber auch fünf oder sechs sein, da war ich mir nicht ganz sicher. Der Tag verging vergleichsweise zahm, da wir heute Abend noch ansprechbar sein sollten, dachte ich mir. Wir genossen den milden Tag. Am Abend wurde uns befohlen, uns auf dem großen Platz vor dem Gebäudekomplex zu versammeln. Jeder wurde namentlich aufgerufen. Der Aufgerufene trat vor zum Leiter, und nahm einen Zettel entgegen. Auf diesem stand alles, was er wissen musste für seinen weiteren Werdegang.

Der Leiter gab mir meinen mit einem traurigen Gesichtsausdruck, sagte noch: „Viel Glück, Sie werden es brauchen.“ Auf meinem Zettel stand „Dragoons“. Das war, wenn man den Gerüchten glauben schenken konnte, die älteste und mit Abstand die am besten ausgerüstete Truppe, die man finden konnte, allerdings auch die strengste und die mit den gefährlichsten Missionen. Außerdem stand noch auf dem Zettel, dass die Reise dorthin in knapp zwei Stunden losging, und dass wenn ich zu spät käme, man mich nicht mehr finden werde. Eine solche Drohung hatte ich lange nicht mehr gehört oder auch nur gelesen. Also wartete ich noch bis die Verteilung zu Ende war und packte innerhalb einer Stunde alles zusammen, was ich hatte und rannte los. Den Bus, der mich noch rechtzeitig in die Stadt brachte, in der ich die Dragoons finden sollte, erreichte ich in der letzten Minute. Ruhe war ein rar gewordenes Gut geworden.

Also machte ich es mir im Bus gemütlich und ruhte mich auf der gut vierstündigen Fahrt noch ein Wenig aus.



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