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Der Stalker meines Herzens

Sesshoumaru xx ??
von

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die erste Begegnung

etwa vier Jahre zuvor:

Meine Gedanken verschwanden aus dem hier und jetzt, als mein neuer Schwager vor dem Altar zu sprechen begann. Ich fasste die kleine, schmale Handtasche fester – in der es gerade zu vibrieren begann – und ließ meinen Blick über die Anwesenden in meiner Sitzreihe schweifen. Da ich direkt am Rand saß, hatte ich zum Glück nur meine Mutter neben mir. Sie drehte gerade ihren Kopf zu mir und lächelte glücklich, vermutlich hoffte sie, dass sie mich so ebenfalls aufheitern konnte, doch für so viel Glückseeligkeit hatte ich keinen Nerv. Gütig wie sie war, überhörte sie einfach das leise Summen meines Handys aus meiner Tasche und sah dann wieder nach vorn, wo nun meine Schwester mit ihrem Ehegelübde begann. Ich sah an meinem Vater neben ihr vorbei und über den Gang hinweg, zu der Mutter und dem Bruder des Bräutigams.

Als romantische Musik einsetzte, während sie sich die Ringe ansteckten, konnte ich nicht verhelen, wie genervt ich von dieser Situation war und blickte hinauf zu den Bunten Fenstern über mir.

Ich war in einem Teufelskreis gefangen: Mies drauf, deswegen ein schlechtes Gewissen gegenüber meiner Schwester... und darum nur noch aggressiver. Zum Glück redete mich bisher noch keiner an - mit den meisten Gästen konnte ich ohnehin nichts anfangen, mit Ausnahme der Trauzeugin auf Seite meiner Schwester, doch die war nicht hier bei mir.

Ich hatte keine Lust auf dieses Getue. Ich hatte keine Lust auf Romantik und Kitsch, es war mir einfach zuwider! Dabei hatte ich mich die letzten Tage so auf die Hochzeit gefreut. Meine Mutter hatte extra ihren Schneider kommen lassen, um mir ein neues Ballkleid anfertigen zu lassen. Ein Traum aus weißer Spitze und roter Seide im Fischschwanzstil und mit Knitteroptik, Schulterfrei und edlem Bolero. Und obwohl ich mich so wohl in diesem Kleid fühlte - so wohl wie die Prinzessin, die ich nun mal war - und stolz auf das Outfit war, wie ein Sportler mit seiner Goldmedaille, so konnte ich es doch nicht genießen.

Der Grund war der Kerl, der mir ununterbrochen SMS schrieb. Klar, er würde aufhören zu schreiben, wenn ich es nur endlich unterlassen würde, ihm zu antworten, aber es ging einfach nicht! Es war ein Zwang... Ich wollte nicht riskieren mir später anhören zu müssen, dass ich ihn ignoriert hätte.

Dieser Wolf... dieser... oh Gott, ich hasste ihn so sehr, wie ich ihn liebte!

Er kam nur zu mir, wenn er was von mir wollte. Er... benutzte mich dauerhaft um gute Noten zu bekommen und sich dabei noch zu amüsieren, doch obwohl ich das alles wusste waren meine Gefühle einfach zu stark.

Ich liebte ihn so sehr, dass mir sogar meine Familie vollkommen egal war... die Verlobung meiner Schwester hatte ich nur verpasst, weil er mich eine Woche nachdem er mich – mal wieder – für eine andere verlassen hatte ins Kino einlud.

Er war ein Dämon von niederem Rang, nur ein Wolf aus dem Volk, nicht mehr. Er stammte noch nicht einmal aus Großbritannien. Und ich war eine Prinzessin. Mein Vater hätte mich fast einen Kopf kürzer gemacht, als ich ihn das erste Mal nach Hause brachte.

Doch was sollte ich tun? Er war alles was ich wollte. Er war meine große Liebe, auch wenn ich dafür alles aufgeben musste.

Aber ich wusste natürlich, dass es blöd wäre das zu tun. Ich wusste, dass ich es öfter bereuen würde, als mich dafür zu beglückwünschen, doch ich war ihm mit Haut und Haar verfallen. Gab es gegen solch eine krankhafte Besessenheit eine Medizin?

Nun, wenige Wochen nach der Hochzeit meiner Schwester sah ich ihn schon nicht mehr so häufig, bis der Kontakt ganz verebbte, aber das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Bis dahin war ich ihm hoffnungslos verfallen.

Erschrocken sah ich mich um, als plötzlich alles klatschte, legte peinlich berührt mein Täschchen auf meinem Schoß ab und tat es den restlichen Anwesenden gleich. Meine Schwester küsste ihren frisch gebackenen Gemahl.

Sollte ich nicht eigentlich ebenso glücklich darüber sein, wie unsere Eltern? Doch ich war es nicht.

Es war vermessen so von mir zu denken – heute sage ich mir: Ich war sechzehn! Ich war mitten in der Pubertät! Ich war (und bin noch immer) eine schwierige Person, mit der nur wenige auskamen – doch ich spürte die Wut darüber in mir aufsteigen, dass sie glücklich sein durfte und ich nicht. Er leugnete mich vor unseren Klassenkammeraden, obwohl sie alle wussten, dass wir was am Laufen hatten.

Er war einer derjenigen, der den Ton angab, wenn sie über mich lästerten, was nicht selten war. Sie hielten mich für hässlich, dumm und aggressiv. Ich war verhasst unter ihnen... doch ich versuchte meine Depression darüber mit dem Gedanken in Schach zu halten, dass sie einfach nur neidisch auf mich waren. Immerhin hatte meine Schwester damals mit gleichaltrigen in der Schule dasselbe Problem gehabt. Wir haben uns beide nur mit Leuten angefreundet, die weit aus älter waren als wir.

Warum mussten uns... mussten mich unsere Eltern auch auf eine normale Schule für Dämonen schicken? Beinahe jeder andere Fürst organisierte Privatunterricht und achtete darauf, dass sein Kind nur standesgemäße Freundschaften pflegte.

Mein Vater brauchte sich da nicht zu wundern, dass ich mich in einen normalen Dämon verliebt hate! War es dann nicht seine Schuld? Immerhin hatten sie mich damals nicht aus der Schule rausgenommen als der Psychoterror stärker wurde! Nicht mal dann, als der beste Freund meines Wolfes mich in seinem Namen mit Morddrohungen bombardierte. Sie taten es als impulsives Verhalten pubertierender Kinder ab.

War es denn nicht ihre Schuld, dass ich so war, wie ich war?

Ich gab ihnen zumindest die Schuld.

Auch die Schuld daran, dass ich jetzt hier sein musste!

Zum Glück war das alles gleich vorbei und ich konnte mich in mein Hotelzimmer zurückziehen, während die anderen feierten.

Meine Mutter stupste mich an: „Komm, Leenchen, wir müssen raus!“, wies sie mich an und zog mich bereits auf die Beine. Ich verkniff mir jedes Wort. ICH musste gar nichts, außer ganz dringend von hier verschwinden. Ich kniff die Augen zusammen und mahlte mit den Zähnen, warf einen scharfen Blick auf den nun angeheirateten Teil der Familie und wandte mich dann nach rechts um meiner Mutter hinaus zu folgen.

Was war ich doch für ein Ekel! Wie konnte ich nur an diesem Tag so schlecht gelaunt sein? Wieso wartete ich nur darauf, dass mich irgendjemand dumm anmachte, damit ich ihm eine reinwürgen konnte? Was war ich nur für ein grausamer Dämon! Wie konnte ich Marylou das nur antun?

Ich reihte mich neben meiner Mutter vor dem Eingang auf und ließ es über mich ergehen, dass ich dem älteren Bruder meines Schwagers, sowie Marylous Schwiegermutter die Hand schütteln musste.

Es folgte die Trauzeugin meiner Schwester und meine Großmutter auf mütterlicher Seite, dann setzte ich mich etwas ab.

Die Menge war so groß, dass es nicht weiter auffiel, als ich in die hinterste Reihe trat.

Ich wollte endlich die Nachricht auf meinem Telefon abrufen!

Ich quetschte mich durch die anwesenden Lords und Ladys, egal an welchen Ecken und Enden ich auch immer anstieß. Es war mir so egal, was für einen Eindruck ich hinterließ. Ich war mir fast sicher, dass ich eh früher oder später aus dieser Familie verstoßen werden würde.

Am Rande bekam ich mit, dass mir weiter hinten irgendjemand freiwillig Platz machte, um sich dann wieder, ohne daran Anstoß zu nehmen, dem Eingangsportal der Kirche zuzuwenden, wo meine Schwester gleich mit ihrem Mann heraus kam.

Ich öffnete den Knopf meiner roten Tasche und holte mein Handy heraus. Mit einem Schwung klappte ich es auf wählte „lesen“...

„Ich habe dich verdammt gerne, aber ich verstehe dich einfach nicht, dafür hasse ich dich, du Schlampe“

Ich schüttelte den Kopf. Was war das denn schon wieder für eine Logik?

Dieser Mistkerl! Am liebsten würde ich einfach nur das Telefon von mir wegschleudern und lautstark schreien, aber ich befürchtete, dass das nur noch mehr Aufsehen erregen würde.

Ich unterdrückte ein saures Knurren und sah zu dem Paar, das unter Applaus, Glückwünschen und fliegenden Rosenblüten zu dem alten Trabi Kübel lief – meine Schwester liebte diese alten Sachen und wollte deshalb dieses Auto als Hochzeitswaagen. Doch ehe sie einstiegen blieben sie noch einmal stehen und sahen sich um. Mein Schwager strich liebevoll über den prallen Babybauch Marylous und küsste sie lange und lächelnd.

Der Applaus schwoll an, sie sahen sich voller liebe an. Das trieb mir erneut Zorn und Frustration in den Körper. Zusammen ergaben sie beißende Tränen, die mir in den Augen brannte.

Er öffnete ihr die Fahrerseite – sie trug schon immer die Hosen in dieser Beziehung – und stieg dann seinerseits auf der Beifahrerseite ein. Gefolgt von seinem Bruder, der mit der Fotografin in seinem silbernen Mercedes hinterher fuhr, verließen sie den Vorplatz der Kirche.

Als aufgeregtes Geschnatter um mich herum anfing und alles voller gut gelaunter Adliger war, da war ich mir darüber im Klaren, dass nicht viel fehlte, damit mein wahres ich ausbrach. Der Hund in mir riss bereits an seiner goldenen Kette und knurrte ohrenbetäubend.

Dieses Gefühl verlieh dem Satz „Du hast auf den Hochzeitsbildern deiner Schwester rote Augen.“ eine ganz neue Bedeutung.

„Leenchen, komm, wir müssen los!“, erneut trat meine Mutter an mich heran. „Wir fahren jetzt alle zu dem Schlosshotel. Kaffee und Tee trinken.“

Ich sah zu ihr.

Ihre gute Laune und die Freudentränen in ihrem Gesicht wichen Besorgnis.

„Reiß dich bitte zusammen, Myleen.“, flüsterte sie und nahm meine Hand. „Wenn wir im Hotel sind, kannst du dich zurückziehen.“

Mutter, sie war die einzige, die mich – egal was sie tat – immer unter Kontrolle halten konnte. Sie war die Einzige, die mir das Gefühl gab, dass mich jemand verstehen konnte.

„Mir ist das alles zu... harmonisch! Um es mit Jago aus Aladdin zu sagen: „So viel Glück auf einem Haufen ist doch pures Gift!““

Sie schnaubte traurig und schüttelte den Kopf.

„Ach Leenchen, nur noch ein paar Minuten. Reiß dich bitte zusammen. Und dann setzen wir uns hin und du sagst mir was los ist.“

Ich sah zu ihr hinunter – sie war etwas kleiner als ich. Ich spürte, wie sich in mir Frieden ausbreitete. Sie wusste, wie sie mich beruhigte. Allein ihre Anwesenheit vertrieb die Schatten in meiner Seele.

Ich sah von ihr auf zu den übrigen Gästen um uns herum.

Ein paar sahen zu uns hinüber und schnell wieder weg, wandten sich ab und gingen.

Was hatte ich nur getan? Ich hatte sie schon wieder blamiert. Jeden einzelnen meiner Familie hatte ich enttäuscht.

Was war ich nur für ein Scheusal!

Ich wollte weinen. Wie konnte ich nur? Was würde mein Vater nur davon denken?

Ich schielte zu ihm hinüber.

Dort stand er, mit einem Hundedämon einer anderen Art. Sie unterhielten sich, er sah zu mir.

Als unsere Blicke sich trafen – die meines Vaters und meine – übermannte mich wieder die Wut.

Ich wusste schlagartig, dass er schlecht von mir sprach. Er lästerte immer über mich. Er behandelte mich immer wie ein wertloses Stück Nichts, wenn er in Gesellschaft war.

Ich konnte diesen Mann nicht leiden. War ich früher ein absolutes Papakind gewesen, so sorgte er heute bei mir nicht nur für Brechreiz, sondern auch für blanken Zorn, da konnte er tun was er wollte. Ich wusste jedoch damals noch nicht wieso es so war. Meine Mutter erzählte es mir erst Jahre später. Ich wusste nur, dass auch Mama anfangs auf seiner Seite war, doch schlagartig vor drei Jahren zu mir überlief.

Ich erklärte es mir so, weil ich ihm androhte zurückzuschlagen, wenn er noch einmal die Hand gegen mich erhob.

Ich hasste diesen...

Es gab einfach keine Beschreibung.

Bekam er was von meinem plötzlichen Zorn mit, so verdeckte er es gut. Er lächelte uns zu und nickte, dann verabschiedete er sich von seinem Gesprächspartner und trat an uns heran.

„Können wir dann?“

In diesem Moment fuhr unsere Limousine bereits vor.

Ich stieg vor meiner Mutter ein, damit ich nicht neben meinem Vater sitzen musste (darauf achtete ich immer peinlichst genau) und so fuhren wir dann zu dem Schlosshotel hoch oben in Schottland, wo wir die Vermählung meiner Schwester feiern wollten.

Ich versuchte während der Fahrt alles so gut es ging zu ignorieren und wurde ich doch einmal angesprochen, dann tat ich unbeteiligt. Ich war noch nicht so gut darin meine Launen zu verbergen, wie ich es vier Jahre später sein sollte, doch ich machte Fortschritte, auch wenn mein alter Herr dennoch Zähneknirschend aus dem Wagen ausstieg, als wir angekommen waren.

Was danach passiert, weiß ich kaum noch. Ich ließ den Tee und den Kuchen über mich ergehen, bei dem ich beinahe mit dem Bruder meines Schwagers aneinander geriet und von seiner Mutter getadelt wurde, und verzog mich danach schnurstracks in Richtung meines Zimmers, wo ich bis spät abends brauchte, um mich abzureagieren. Ich lief auf und ab, ärgerte mich darüber, dass ich mein Tanzkleid zu Hause hatte liegen lassen und spielte sogar auf meinem Notebook Knights of Honor.

Zum Abend holte mich meine Mutter zum Essen hinunter. Da ich inzwischen vermutlich als asozial galt, sprach mich lieber niemand mehr an und ich fand es gut so, wenn ich auch gestehen musste, dass ich traurig wurde, als ich das endlich realisierte.

Ich wollte dort weg.

Ich hatte seit der SMS während der Trauung nichts mehr von meinem Wolf gehört. Und ich bezweifelte, dass er sich vor dem nächsten Schultag noch einmal bei mir meldete, es sei denn er musste sich körperlich austoben und hoffte, dass ich mich mit ihm treffen würde.

Als schließlich eine kleine Jazzkapelle auflief, um den Abend und die Nacht mit Musik zu füllen, nahm ich meine Beine in die Hand und ging wieder.

Dieser Tag war so grauenhaft gewesen, ich wollte nur noch aus meinem Kleid raus, unter die Dusche und mich dann unter der Bettdecke verkriechen.

Ich verließ den Tanzsaal durch den Speisesaal, durchquerte den Salon und lief die Treppe hinauf. Ich war noch nicht ganz oben angekommen, da bog ein Schatten um die Ecke, ich rannte hinein. Schnell griffen zwei Klauenhände nach meinen Armen und hielten mich gerade noch so fest ehe ich die marmornen Stufen hinunter fallen konnte.

Mein Herz raste, als ich verstand wie kurz davor ich gewesen war mir den Kopf aufzuschlagen. Der Schock löste eine in Wut getränkte Kurzschlussreaktion aus.

„Könnt Ihr denn nicht aufpassen?“, fauchte ich den perplexen Mann an und schob ihn von der Treppe weg. Erst dort, in sicherer Entfernung zu den Stufen, beruhigte sich mein Herz wieder. „Das Scheißding hier ist hunderte von Metern breit und Ihr rennt einfach in mich hinein!“

Eine Übertreibung, ganz so breit war die Treppe doch nicht, aber Schock und Wut ließen mich alles andere vergessen.

Ich sah in das Gesicht des Fremden.

Wen zum Geier schrie ich da eigentlich an? Es war der Mann mit dem sich mein Vater vor der Kirche unterhielt. Er war ein Hundedämon wie ich, doch definitiv weit über 500 Jahre alt.

Er besaß kein Merkmal im Gesicht, dass auf einen bestimmten Kontinent schließen ließ, so wie mein Schönheitsfleck unter dem Auge, denn diese Male entwickelten sich erst vor rund fünf Jahrhunderten bei Neugeborenen, basierend auf der Umgebung und der Nahrung, die sie bekamen.

Doch abgesehen davon war der Mann wichig, immerhin war er hier auf einer Fürstenhochzeit und das sicherlich nicht als Kellner. Doch das alles war mir egal. Auch wenn ich mich zwischenzeitlich halbwegs beruhigt hatte, so hatte ich nun endlich jemanden, der mir auf die Zehen getreten war.

„Verzeih mir bitte.“, sprach er ruhig, beinahe gütig.

„Das heißt „VERZEIHT mir bitte, Prinzessin!“ oder Herrin, was auch immer Euch genehmer ist.“, meckerte ich ihn voll. „So etwas Unerhörtes habe ich noch nicht erlebt!“

Ich wischte seine Hände von meinen bloßen Armen und den imaginären Staub von dem Stoff, in den ich gehüllt war.

Als ich hoch sah blickte er verwirrt, aber auch nachdenklich.

„Was ist? Habe ich vielleicht Ketchup im Ausschnitt oder warum gafft Ihr so?“

Er zögerte, ehe er sprach.

„Ihr solltet besser gelaunt sein am großen Tag Eurer Schwester, Myleen, Prinzessin von Großbritannien.“

„Wie bitte? Wie soll ich gut gelaunt sein, wenn Ihr versucht mich umzubringen? Könnt Ihr eigentlich sehen oder seid Ihr blind? Augen im Kopf habt ihr zumindest.“

Er zog amüsiert einen Mundwinkel hinauf und den Kopf zurück.

Es schien ihn nicht zu stören wie ich ihn behandelte. Was mich nur noch mehr anheizte. Ich wollte mit jemandem streiten! Ich wollte eine Auseinandersetzung!

„Ich sehe sehr gut, vielen Dank.“, erklärte er belustigt. „Sonst hätte ich doch eine Schönheit wie Euch nicht vor dem Sturz bewahren können.“

Wie bereits einige Stunden zuvor schüttelte ich ungläubig den Kopf.

„Wie jetzt...“, brachte ich wenig Damenhaft hervor.

Eigentlich hätte mich das noch mehr aufregen sollen, doch nach diesem Satz war mir jeder Wind aus den Segeln genommen.

„Ich hoffe ich habe Euch nicht erschreckt.“

Ich antwortete nicht, starrte nur in diese goldenen Augen.

Er sah mich abwartend an, bis ich meine Zunge wieder fand. Noch ehe ich zu sprechen begann wurde ich rot.

„Nein, doch, schon, ein wenig... Es geht schon wieder. Habt Dank.“, ich machte einen kurzen Knicks. „Bitte verzeiht meine ungehaltene Art.“

Ich wollte schnellst möglich an ihm vorbei, als er mich erneut daran hinderte.

„Wollt ihr wirklich schon gehen, Prinzessin? Es ist der Tag Eurer Schwester.“

Ich sah ihn überrascht an, dann hinunter in den Salon aus dem ich kam und wo sich die herrschaftlich gekleideten Fürsten tummelten. Einige sahen zu uns auf.

War mir das peinlich!

Ich schluckte.

„Nun... ja. Wie Ihr es bereits gesagt habt, Herr, es ist der Tag meiner Schwester und ich mache ihn nur kaputt.“

„Ja, ich sah Eure roten Augen vor der Kirche.“, erklärte er. „Und wie Ihr Euch so rüde benommen habt. Es scheint keine gute Nachricht gewesen zu sein, die Ihr in während der Zeremonie bekommen habt.“

Ich wurde noch röter im Gesicht.

„Ich weiß, ich bin eine Schande für unsere Familie.“, flüsterte ich leise und senkte den Blick.

„Ihr seid eine junge Dämonin, Myleen. Es sei Euch gestattet.“

Ich schüttelte den Kopf.

„Da seid Ihr der Einzige, der so denkt.“, ich sah hinunter in die Menge. Es schienen noch mehr zu sein, die sich für uns interessierten. „Sie reden über mich und darüber was für eine schreckliche Person ich bin.“

Er drehte sich wieder mit dem ganzen Körper zu mir – stand er doch eben noch seidlich zu mir, als ich an ihm vorbei wollte.

„Ihr seid paranoid, Prinzessin.“

Normalerweise würde mich dieser Satz aufregen, doch nun wurde ich traurig. Ich wollte hier nicht mehr sein. Ich wollte nirgendwo mehr sein...

„Bitte, lasst mich Euch auf einen Drink einladen.“, bat er und reichte mir eine Hand.

„Ich bin erst sechszehn, ich darf noch nicht trinken.“, verkündete ich.

„Ach ja, ich vergaß. Dann vielleicht einen Milchshake?“

Ich wusste nicht, ob das neckend gemeint war oder er nur per Zufall eines meiner Lieblingsgetränke erwischt hatte, oder es gar wusste, doch ich sah ihn an und war gewillt anzunehmen.

„Verzeiht wenn ich frage, doch ich kann Euch nicht einmal zuordnen! Wer seid Ihr?“, fragte ich irritiert.

„Du weißt nicht wer ich bin.“, wiederholte er verstehend, als würde das so einiges erklären und sprach leiser, als wollte er, dass die anderen Dämonen weiter unten uns nicht verstehen konnten. „Nun, Prinzessin, dann nennt mich Sesshoumaru. Vorausgesetzt Ihr nehmt das Angebot eines vertraulicheren Umgangs an.“

Sesshoumaru. Den Namen hatte ich noch nie gehört. Hatte er ihn sich nur ausgedacht?

Ich wusste damals nicht, dass er weit über uns allen stand. Ich wusste nicht, dass er unser oberster Fürst war, der Herr aller westlichen Dämonen. Kannte ich ihn doch nur von seinem Titel her, doch nicht vom Namen, so wie alle ihm untergebenen Dämonen. Gesehen hatte ich ihn auch noch nie.

Doch gleich wer er war, er tat mir leid, als ich seiner Bitte schließlich nachkam und seine Hand nahm. Er hackte sie unter seinen Arm und stieß gegen den Pelz meines Schwanzes.

„Darf ich?“, fragte er noch einmal und löste sich von mir, lockerte den kunstvollen Schwung, den mein Fell um mich herum machte und legte ihn mir, wie seinen eigenen auf der einen Seite über die Schulter, sodass er ihn nicht mehr behinderte.

„Darf ich das denn? So tragen ihn nur Männer...“, flüsterte ich. „Das ist nicht standesgemäß.“

„Darüber machst du dir noch Sorgen?“, fragte er und hackte meine Hand wieder unter seinem Arm ein.

Stimmt, das war lächerlich von mir.

Ich hatte Vieles an diesem Tag getan, das nicht standesgemäß war.

So ließ ich mich von ihm die Treppe hinunter führen und in eine andere Welt, in der es keine Probleme gab.

Im Nachhinein ist es verblüffend, dass ich dort noch nicht begriff wer er war, doch er versuchte den meisten Gesprächen aus dem Weg zu gehen und niemand sprach ihn mit seinem Titel an, nur mit „Mein Herr“ oder „Meister“, was - zugegebener Maßen - schon verdächtig genug war.

Doch ich war zu blind um es zu erkennen und so verabschiedeten wir uns nach einigen Stunden mit einem zuversichtlichen: „Auf bald, mein Freund“...

Doch es vergingen Wochen, Monate und Jahre und ich vergaß ihn beinahe.

So gut er mir auch gefiel, so neugierig ich auch auf diesen Sesshoumaru war, meinen Wolf konnte er mir selbst in diesem charmanten paar Stunden nicht aus dem Kopf und dem Herzen vertreiben.



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