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Amputiert

CrocodileXDoflamingo
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leute :)
Es tut mir wirklich leid, dass ihr so lange auf ein neues Update warten musstet. :(
Um ehrlich zu sein war ich nämlich der Meinung, das Interesse vieler Leser wäre nach über 10 Kapiteln so langsam abgeflaut; weswegen ich mich auch anderen Ff-Projekten wie z.B. meiner neuen CrocxDofla-Ff "Mesh of Lies" zugewendet habe. Glücklicherweise durfte ich allerdings feststellen, dass dem nicht so ist und es doch einige treue Leser gibt, die gerne wissen möchten wie es weitergeht :)
Ich wünsche euch viel Spaß mit dem neuen Kapitel und hoffe auf ein bisschen Feedback ;)

bye
sb Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leser,
ich begrüße euch herzlich zum 12. Kapitel von "Amputiert". Es freut mich, dass ihr auch nach so vielen Kapitel noch treu zu meiner Ff haltet und immer so liebe Kommentare schreibt. :) Euer tolles Feedback motiviert mich nämlich dazu, schnell am nächsten Kapitel weiterzuschreiben. Weswegen dieses Kappi hier auch ein wenig verfrüht erscheint; hoffentlich stört euch das nicht.

bye
sb Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leser :)
Es tut mir wirklich sehr leid, dass ihr so lange auf das neue Kapitel warten musstet!
Es war zwar schon seit längerem fertig geschrieben, doch leider hatte ich knapp eineinhalb Wochen lang kein Internet Zuhause und war darum nicht dazu in der Lage, es hochzuladen.
(Muss wohl daran liegen, dass es sich um die Unglückszahl 13 handelt :P).
Bitte verzeiht die Umstände und genießt ein wenig verspätet Kapitel Nummer 13!
Nummer 14 wird nicht so lange auf sich warten lassen, versprochen! ^^

bye
sb Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
4 Jahre ist das letzte Update her. Doch nun, da "Mesh of Lies" beendet ist, habe ich meine Liebe für "Amputiert" wiederentdeckt. Ich werde die Ff auf jeden Fall beenden und würde mich natürlich freuen, wenn der eine oder andere Leser auch nach so einer langen Zeit noch weiterliest. :)

bye
sb Komplett anzeigen

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Prolog

Das einzige, was Crocodile fühlte, waren Schmerzen. Schmerzen, so unerträglich, dass sie ihm das Bewusstsein raubten und um ihn herum alles dunkel wurde.

Er kannte diese Schmerzen. Er hatte sie schon einmal gefühlt.
 

Irgendwann schwoll der Schmerz ein wenig ab. Mit ihm ging ein Teil der Dunkelheit. Crocodile konnte rötliches Licht, das auf seine geschlossenen Augenlider schien, wahrnehmen. Er begann sich zu fragen, was geschehen war und wo er sich nun befand. Es dauerte eine Weile, dann kamen ein paar bruchstückhafte Erinnerungen. Er war in einen Kampf verwickelt gewesen. Doch er erinnerte sich weder an das Gesicht seines Gegners noch daran, ob er gewonnen oder verloren hatte. Kaum hatte er zu Ende gedacht, überrollte ihn eine erneute Welle des Schmerzes, die keinen Platz mehr ließ für Erinnerungen und Gedanken.
 

Irgendwann, zu einem späteren Zeitpunkt, zog sich der Schmerz erneut zurück. Soweit, dass Crocodile Erinnerungen und Gedanken erneut zulassen konnte. Er erinnerte sich daran, dass der Kampf hart gewesen war. Dass seine Lunge gebrannt und das Blut in seinen Ohren gerauscht hatte. Und dass er sich nicht nur darum gesorgt hatte, ob er als Sieger mit den Verletzungen, die er davontrug, überleben würde, sondern sogar darum, ob er diesen Kampf überhaupt gewinnen könnte.

Er hatte sich so lebendig gefühlt in diesem Kampf. Er war wütend gewesen, entschlossen, mutig, tapfer und zum Schluss besorgt und ein wenig ängstlich. Im Augenblick fühlte Crocodile nichts als Schmerz, der zwar nicht mehr unerträglich, doch immer noch schrecklich war. Ihm kam der Gedanke, dass er lieber tot sein wollte, als noch länger diesen Schmerz zu ertragen.

Doch der Tod tat ihm diesen Gefallen nicht. Er starb nicht, er lebte. Und auch der Schmerz tat ihm nicht den kleinsten Gefallen, denn er wurde nicht mehr so stark, dass er ihm die Besinnung raubte. Crocodile blieb wach. Er wusste nicht, wie lange.

Irgendwann wagte er den Versuch, seine Augen zu öffnen. Es verlangte ihm eine unglaubliche Menge Kraft ab, doch es gelang ihm, sie zumindest einen kleinen Spalt weit zu öffnen. Er sah Wände, eine Decke, einen Boden. Schwere Vorhänge am großen Fenster. Schwere Vorhänge an seinem Bett. Und er sah einen Menschen, den er kannte.

„Doflamingo.“ Crocodile wollte seinen Namen aussprechen, doch es kam kein Laut über seine Lippen. Dann kam er auf die Idee, zu zwinkern und nach links und rechts zu schauen, damit Doflamingo diese Bewegungen sah und verstand, dass er wach war. Doch er schaute gar nicht zu ihm hinüber. Er saß -wie üblich mit gespreizten Beinen- auf einem Schemel neben seinem Bett und hielt die Hände ineinander gefaltet. Er sah zu Boden und bemerkte Crocodiles verzweifelten Versuche, auf sich aufmerksam zu machen, nicht. Nach einer Weile stand er von seinem Schemel auf und verließ das Zimmer. Crocodile schloss enttäuscht seine Augen und schlief ein.
 

Als er aufwachte, war der Schmerz so weit zurückgegangen, dass er ein wenig klar denken konnte. Er war in einen Kampf verwickelt gewesen. Und nun lag er in einem Bett, über das Doflamingo wachte. Es gab viele Möglichkeiten, was geschehen sein könnte. Vielleicht hatte Doflamingo ihn nach seinem Kampf, ob er ihn nun gewonnen oder verloren hatte, schwerverletzt noch rechtzeitig aufgefunden und pflegte ihn nun gesund. Möglich war es auch, dass zwischen dem Kampf und seiner Begegnung mit Doflamingo eine ganze Menge Zeit lag, an die er sich nur noch nicht erinnern konnte, und etwas völlig Anderes der Grund für sein Hiersein war. Er wusste nicht, welche der vielen Möglichkeiten, die ihm in den Sinn kamen, richtig war. Er würde darauf warten müssen, dass Doflamingo endlich bemerkte, dass er wieder bei Bewusstsein war und er ihn zur Rede stellen konnte.

Zum zweiten Mal öffnete Crocodile seine Augen. Er befand sich im selben Raum wie bei seinem ersten Erwachen. Sogar der Schemel, auf dem Doflamingo gesessen hatte, stand an der gleichen Stelle neben seinem Bett. Wahrscheinlich war also zwischen seinem ersten und zweiten Erwachen nicht allzu viel Zeit vergangen. Dieses Mal allerdings war er allein. Er konnte niemanden entdecken. Weder Doflamingo noch irgendjemand anderen.

Weil der Schmerz inzwischen sehr erträglich geworden war und Crocodile sich nicht mehr wünschte, tot zu sein, sondern Hoffnung geschöpft hatte und sehr neugierig war, nahm er sich vor, solange wach zu bleiben, bis Doflamingo wieder zurückkam und bemerkte, dass er lebte und wach war.

Die Zeit verging. Crocodile wurde schnell sehr langweilig. Er hatte schließlich nicht mehr zu tun, als auf Doflamingos Rückkehr zu warten und aus dem Fenster mit den dicken Vorhängen zu schauen. Selbst sein Schmerz war so weit abgeschwollen, dass er sich nicht mehr vollständig damit beschäftigen konnte, ihn zu ertragen oder sich den Tod zu wünschen. Irgendwann nahm die Langeweile überhand und Crocodile beschloss, herauszufinden, inwieweit er sich nun zu bewegen in der Lage war. Bisher war der Schmerz so groß gewesen, dass er -bis auf die Bewegungen seiner Augen und Lippen- überhaupt nicht daran gedacht hatte, seinen Körper in irgendeiner Form zu beanspruchen. Nun jedoch war der Schmerz recht weit zurückgegangen und er wollte es ausprobieren. Seine Zehen ließen sich nach mehrmaligen Versuchen relativ problemlos bewegen, auch wenn er das Gefühl hatte, ihm würde ein heißes Feuerwerk durch das Fleisch schießen und es von innen her verbrennen. Doch das war ein gutes Gefühl. Ein guter Schmerz, denn er bedeutete, dass seine Zehen wieder zum Leben erwacht waren und sich bewegen ließen. Genauso verhielt es sich mit seinen Beinen, seiner Hüfte und seinen Armen. Er konnte sich bewegen! Sein Körper brannte, er schrie förmlich vor Erschöpfung nach der langen Zeit, die er bewegungslos im Bett verbracht hatte. Crocodile lebte! Und seine Lippen formten sich zu einem stummen Lächeln.
 

Eine Weile später öffnete sich die große, doppelflüglige Türe zu seinem Zimmer. Hoffnungsvoll sah Crocodile auf die Person, die nun eintrat. Er war ein wenig enttäuscht, als er sah, dass es nicht Doflamingo war, sondern ein junges, vielleicht zwanzigjähriges Mädchen mit einem Metallring um den zarten Hals, der es als Sklavin auswies. In den Händen hielt es ein Tablett, auf dem eine einzige Spritze lag. Als es sah, dass seine Augen geöffnet waren und er wach war, kam dem Mädchen ein Schrei über die Lippen, der so laut und spitz war, dass Crocodile nach dem Verhallen noch für einige Minuten ein Pfeifton in den Ohren blieb. Außerdem fiel dem Mädchen das Tablett laut klirrend hinunter. Es machte sich nicht einmal die Mühe, es aufzuheben, sondern hastete eilig auf sein Bett zu und wandte sich in der gleichen Bewegung nach hinten zur geöffneten Flügeltüre hin und rief: „Schnell, schnell, holt den jungen Lord! Schnell! Der Patient ist aufgewacht! Schnell!“

Crocodile zuckte ein wenig zusammen bei dieser plötzlichen Hektik. Er hatte so lange hier in diesem Bett gelegen, fand er, dass es nun keinen Grund mehr dazu gab, so schrecklich zu hetzen. Trotzdem freute er sich natürlich darauf, Doflamingo wiederzusehen. Denn dass jemand anderes als er mit junger Lord gemeint war, erschien ihm unmöglich.

Während Crocodile auf das Eintreffen Doflamingos wartete, überprüfte das Sklavenmädchen ungefragt seinen Puls am Hals und seinen Herzschlag. Es schien recht zufrieden mit den Ergebnissen zu sein, denn ein zartes Lächeln erschien auf ihrem jungen Gesicht. „Wunderbar! Wunderbar!“, hauchte es und Crocodile spürte den Luftzug, den es bei diesen Worten ausstieß, auf seiner Haut.

Und dann betrat Doflamingo das Zimmer. Eine riesenhafte Gestalt, die ganz von selbst eine seltsame Art von Autorität ausstrahlte, die auch nicht durch die weiße Dreiviertelhose und das rosafarbene, nur halb zugeknöpfte Hemd oder die komische Sonnenbrille, die er trug, geschmälert wurde. Im Gegensatz zu dem Sklavenmädchen hastete er auch nicht sofort auf ihn zu, sondern blieb im Türrahmen stehen, um das Bild, das sich ihm bot, in Ruhe zu überschauen. Nach einer kleinen Weile erhob er das Wort: „Bist du dir sicher, Mädchen?“ Seine Stimme klang brüchiger, als Crocodile sie in Erinnerung gehabt hatte. Es schien ihm, als hätte Doflamingo beinahe genauso viel durchgemacht wie er selbst.

„Völlig sicher, junger Lord! Er ist wach, ich sehe es doch! Seine Augen bewegen sich und sein Puls ist in einem gesunden Bereich! Seht es Euch doch an!“

Anstatt dem Sklavenmädchen den Kopf vom Hals zu trennen, weil es so ungehörig mit seinem Besitzer sprach, ging Doflamingo tatsächlich mit langsamen Schritten auf das Bett zu, in dem er lag. Um die Worte des Mädchens zu bestätigen und sein Wachsein zu beweisen, zwinkerte Crocodile zweimal und formte seine Lippen zu einem Lächeln, so gut es eben ging. Er versuchte sogar ein weiteres Mal, Doflamingos Namen auszusprechen, doch sein Mund war so trocken, dass nur ein müdes Krächzen herauskam, das sehr entfernt an den Namen des Shichibukai erinnerte.

Als Doflamingo seine wachen Augen und sein Lächeln sah und seinen Namen krächzen hörte, schlug er ohne ein Wort zu sagen die Hände vor den Mund zusammen. Und so stand er für eine ganze Weile, ehe er wieder zu sich fand.

„Mädchen, raus! Hol den Arzt, er soll ihn sofort untersuchen!“

Seine Stimme klang so dringlich und laut, dass das Sklavenmädchen sich nicht einmal mehr Zeit ließ, um „Ja, junger Lord“ zu sagen, sondern sofort aus dem Zimmer verschwand, um den geforderten Arzt zu holen. Dann ließ Doflamingo sich vorsichtig auf der Bettkante nieder. Mit einer zarten Handbewegung strich er ihm eine Strähne, die ihm ins Gesicht gefallen war, zur Seite und beugte sich dann über ihn, um ihn zart auf die Stirn zu küssen.

Wenige Momente später traf der Arzt, der selbstverständlich ebenfalls ein Sklave Doflamingos war, ein. Es war ein bebrillter Mann mit geradem Rücken, kantigen Gesichtszügen und einem professionellen Blick. Er trug einen weißen Mantel und hielt in der rechten Hand einen Koffer, in dem Crocodile Utensilien für die Untersuchung vermutete. Er kam mit geraden Schritten auf das Bett zu und Doflamingo, der die höchste Autorität darstellte, ging ohne ein Wort zu sagen zur Seite, sodass der Arzt mit seinem metallenen Halsring seinen Platz an der Bettkante einnehmen konnte. Crocodile wäre es lieber gewesen, wenn Doflamingo noch für eine Weile bei ihm gesessen hätte, doch er sah die Notwendigkeit einer Untersuchung selbstverständlich ein.

Crocodile wurde gefragt, ob er verstehen könnte, was ihm gesagt wurde, was er mittels eines Nickens bejahte. Nachdem man ihm einen Schluck Wasser gegeben hatte, der seinen trockenen Mundraum befeuchtete, konnte er sogar kurze Worte aussprechen. Für mehr reichte es leider noch nicht.

Dann wurde in seine Augen geleuchtet. Er musste auf Kommando zwinkern und lächeln und seinen Körper bewegen und noch andere Dinge tun. Ihm wurde auch Blut abgenommen.

Außerdem sollte er einige Fragen beantworten, die ihm der Arzt stellte.

„Wie stark sind Ihre Schmerzen auf einer Skala von eins bis zehn?“

Zuerst wollte Crocodile getrost mit „Zehn!“ antworten, doch dann dachte er an die Zeit zurück, als der Schmerz in seinem Körper so groß gewesen war, dass er ihm zuerst die Besinnung geraubt und dann hatte wünschen lassen, er wäre tot. Schließlich sagte er: „Sechs.“

Der Arzt nickte. „Wie lange sind Sie schon bei Bewusstsein?“

Er zuckte mühsam mit den Schultern.

„Eher fünf Minuten, eine Stunde oder länger als eine Stunde?“

„Letzteres.“

„Wie oft haben Sie vor dem jetzigen Zeitpunkt bereits schon Ihr Bewusstsein wiedererlangt?“

„Einmal.“

„Haben Sie während der Zeit Ihres Komas irgendeiner Form mitbekommen, was um sie herum geschah?“

„Nein.“

„Haben Sie während der Zeit ihres Komas geträumt?“

„Nein.“

„Erinnern Sie sich daran, was geschah, ehe Sie bewusstlos wurden? Den Grund für Ihren jetzigen Zustand?“

„Teilweise.“

Der Arzt stellte noch weitere Fragen, die Crocodile so ehrlich wie möglich beantwortete. Insgesamt war das relativ einfach, denn er erinnerte sich an kaum etwas anderes als an den Schmerz und die Dunkelheit.

Nachdem die Untersuchung beendet war, meinte der Arzt schließlich -eher an Doflamingo an als an ihn gewandt, was Crocodile ein wenig ärgerte- : „Seine Erholung ist ein medizinisches Wunder, das ich mir nicht erklären kann. Abgesehen von seinen Schmerzen und seiner Erschöpfung, die absolut zu erwarten gewesen sind, ist er inzwischen wieder beinahe völlig gesund. Das Gift ist aus seinem Körper vollständig verschwunden und der Blutverlust hat sich wieder ausgeglichen. Seine Körperfunktionen scheinen ebenfalls völlig normal zu sein. Dennoch ist es wichtig, dass nun nichts überstürzt wird. Er soll sich auf keinen Fall überanstrengen. Die nächste Zeit verbringt er weiterhin im Bett. Er darf nichts selbstständig essen oder trinken; wir ernähren ihn weiterhin in-vitro. Die Menge der Schmerzmitteln werden wir erst nach und nach verringern. Außerdem soll er sich zu Beginn nur wenig bewegen und wenig sprechen.“ Er machte eine kurze Pause, ehe er -nun ganz allein an Doflamingo gewandt- hinzufügte: „Man kann nicht vorhersagen, ob diese Erholung von Dauer sein wird. Womöglich wird er morgen wieder bewusstlos oder sein Zustand verschlechtert sich extrem. Oder beides. Alles ist möglich und die dauerhafte Heilung ist nur eine dieser vielen Möglichkeiten. Wir können seine Chancen allerdings erhöhen, indem genauso verfahren wird, wie ich es eben vorgestellt habe. Er darf sich auf keinen Fall überanstrengen. Sein Körper ist noch viel zu geschwächt.“

Doflamingo nickte bloß. Dann schickte er den Arzt mit einer knappen Handbewegung aus dem Zimmer, sodass er allein mit Crocodile war. Der Arzt, der ja im Prinzip auch nur ein Sklave wie jeder andere war, verbeugte sich demütig vor seinem Besitzer und tat dann wie ihm geheißen.
 

Als sie beide allein waren, küsste Doflamingo ihn erneut sanft auf die Stirn und zog ihm seine Bettdecke, die bei der ganzen Aufregung eben ein Stück verrutscht war, wieder bis zum Kinn. Dann strich er ihm stumm durch das dunkle Haar.

Crocodile lagen hunderte Fragen auf der Zunge, die eine dringlicher als die nächste. Gegen wen hatte er gekämpft? Hatte er verloren oder gesiegt? Welche Verletzungen hatte er genau davongetragen? Was meinte der Arzt mit dem Gift, das er erwähnt hatte? Wie hatte Doflamingo ihn gefunden? Wie lange lag er nun schon hier? Und wo genau waren sie überhaupt? Welchen Tag hatten sie und wie spät war es?

„Doflamingo“, begann er mit krächzender Stimme, doch ehe er fortfahren und auch nur eine der vielen Fragen stellen konnte, hatte Doflamingo ihm schon längst einen Finger auf seine Lippen gelegt.

„Ruhig“, sagte er und es war das erste seit langem, was Doflamingo sagte. „Ich kann mir vorstellen, dass du viele Fragen hast. Aber der Arzt hat gesagt, dass du dich auf keinen Fall überanstrengen darfst. Eben war es schon so schrecklich hektisch und gleich wird es das noch einmal, wenn man dir wieder die vielen Kabel und Röhrchen anlegt und dir einige Spritzen gibt. Also warten wir mit dem Fragen beantworten noch bis morgen. Am besten ist es, wenn du jetzt versuchst zu schlafen und dich weiter erholst. Ich bleibe hier sitzen, solange, bis du eingeschlafen bist.“

Damit war Crocodile überhaupt nicht einverstanden, doch er würde sich wohl oder übel in sein Schicksal fügen müssen. Noch immer hellwach schloss er seine Augen. Es war ein angenehmes Gefühl zu wissen, dass Doflamingo auf der Bettkante saß und über ihn wachte, und auch die Schmerzen waren gut erträglich geworden. Dennoch fiel es Crocodile sehr schwer einzuschlafen.

Es waren in den wenigen Minuten eben sehr viele Dinge geschehen und er kam nicht umhin, sich Gedanken darüber zu machen.

Er hatte gegen jemanden gekämpft. Und ob er nun verloren oder gewonnen hatte, er war auf jeden Fall sehr schwer verletzt worden. Der Arzt hatte von hohem Blutverlust und einer Vergiftung gesprochen. Irgendwie hatte ihn dann Doflamingo aufgegriffen und pflegte ihn hier gesund. Er hatte Schmerzmittel und Medikamente bekommen und war in-vitro ernährt worden. Und nun war er plötzlich aus seiner, allem Anschein nach sehr lange währenden, Bewusstlosigkeit aufgewacht und so gut wie geheilt.

Crocodile spürte, wie Doflamingo ihm durch sein Haar strich.

Er wusste nicht woher es kam, doch aus irgendeinem Grund hatte er das seltsame Gefühl, das irgendetwas nicht stimmte. Irgendein Puzzle-Teil fehlte ihm. Irgendetwas war ihm verschwiegen worden. Dessen war Crocodile sich absolut sicher, auch wenn er nicht genau wusste, was es war. Er hatte bei solchen Dingen einen sechsten Sinn, der ihn noch niemals betrogen hatte.

Irgendwann wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als er fühlte, wie man ihm Spritzen gab und die Enden irgendwelcher Kabel in seinen Körper stieß, während man die anderen Enden an irgendwelche Geräte anschloss.

Und da öffnete Crocodile seine Augen und richtete sich hektisch in seinem Bett auf. Nicht, weil ihn die vielen Spritzen und Kabel aufgeweckt hatten und ihn störten, sondern weil ihm plötzlich klar geworden war, welches Puzzle-Teil ihm gefehlt hatte. Wenn er doch die ganze Zeit über in-vitro ernährt worden war, wieso waren keine Kabel und Röhrchen an seinem Körper angeschlossen gewesen, als er aufgewacht war?! Wieso hatte man die Versorgung unterbrochen?

Er spürte zwei große Hände, die er kannte und die sich darum bemühten, ihn festzuhalten und ruhigzustellen. Es gelang ihnen sehr schnell, weil er so schrecklich geschwächt war und kaum mehr Kraft hatte. „Bleib ganz ruhig“, sagte Doflamingo und lockerte seinen Griff ein wenig, „es geschieht nichts Schlimmes. Ich habe dir doch erzählt, dass dir Spritzen gegeben werden und solche Dinge. Jetzt mach wieder die Augen zu und schlaf wieder ein.“

„Nein!“

„Bist du bescheuert? Hör auf damit! Der Arzt sagt, du darfst dich nicht anstrengen! Verdammt nochmal!“

Doch Crocodile achtete gar nicht auf die Worte, die Doflamingo aussprach. Nach dem Erwachen aus seiner Bewusstlosigkeit, der Untersuchung durch den Arzt und den vielen Fragen, die unbeantwortet in seinem Kopf herumschwirrten, geriet er nun völlig in Panik. Sein Körper, der wegen der Anstrengung noch viel mehr schmerzte als sowieso schon, rückte in den Hintergrund. Crocodile versuchte sich aus Doflamingos Griff zu befreien und wollte mit seiner rechten Hand zwei Kabel, die in seiner Brust steckten, herausziehen – nur war da keine Hand.

Plötzlich, von einer Sekunde auf die nächste, wurde Crocodile wieder völlig ruhig und starrte apathisch auf den Stumpf an seinem rechten Arm. Er kannte sich mit diesem Anblick aus. Er hatte schon hunderte Male auf einen Arm geblickt, an dessen Ende keine Hand herausragte, sondern der am Handgelenk wie abgeschnitten endete. Doch eigentlich sollte es sich dabei um seinen linken Arm handeln. Nicht um seinen rechten.

Crocodile atmete tief durch und besah sich dann genau seine beiden Armen, die er sich vor den Körper hielt. Beide endeten am Handgelenk. Nicht bloß der linke. Ihm fehlten beide Hände. Nicht bloß die linke. Auch die rechte. Beide. Das konnte nicht wahr sein! Er war eingeschlafen und das hier war irgendein böser Traum, den er träumte. Er würde gleich aufwachen und alles würde nur ein böser Traum sein. Nur ein böser Traum. Ein Traum. Nichts weiter als ein schrecklich böser Traum. Crocodile begann zu zittern. Er konnte es nicht unterdrücken. Und er konnte auch den Blick nicht von seinen beiden Armstümpfen abwenden, so sehr er es auch gewollt hätte. Er fühlte sich gleichzeitig panisch und schrecklich ruhig. In seinem Kopf schwirrten einhundert verschiedene Gedanken umher, doch sie waren so schnell, dass er keinen von ihnen zu fassen bekam.

Erst Doflamingo gelang es, ihn wieder ein wenig zu beruhigen. Er drückte ihn sanft, aber bestimmt zurück in eine liegende Position und zog ihm die Decke erneut bis zum Kinn. Crocodile fragte sich, ob er das eben auch schon getan hatte, damit er nicht den Stumpf an seinem rechten Arm zu sehen bekam. Während die Sklaven, die um sein Bett herumstanden, sich auf ein Zeichen ihres Besitzers weiter daran machten, ihm Spritzen zu geben und Kabel in sein Fleisch zu stechen, redete Doflamingo erneut beruhigend auf ihn ein: „Bleib ganz ruhig. Keine Panik. Es ist alles in Ordnung. Ich weiß, dass das schlimm für dich ist. Und dass du dich fragst, wie das nur sein kann und wie es nun weitergehen soll. Aber du brauchst dich nicht zu sorgen!“ Und erst dann sagte er etwas, was Crocodile tatsächlich ruhiger werden ließ. Nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich: „Ich habe eine Prothese für deine rechte Hand in Auftrag gegeben. Sie wird bald schon fertig sein. Dann wird alles wieder genauso wie früher. Links behältst du deinen Goldhaken und rechts hast du wieder eine ganz normale Hand. Es ist alles in Ordnung.“

Crocodile seufzte und schloss seine Augen. Dann drehte er sich auf die Seite. Er spürte, dass Doflamingo ihm wieder durch sein Haar strich und weiterhin mit ruhiger und sanfter Stimme auf ihn einredete: „Alles wird gut. Du bekommst deine Hand wieder. Mach dir keine Sorgen. Ich kümmere mich darum. Es wird zwar eine Weile dauern, bis sie fertig ist, aber in der Zwischenzeit bleibst du hier bei mir. Ich kümmere mich um dich. Und meine Sklaven natürlich auch. Alles wird wieder wie früher. Alles wird gut.“

Und irgendwann schlief Crocodile mit diesem Singsang in den Ohren ein.
 

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Hallo lieber Leser,

dieses Mal serviere ich euch einen ein wenig härteren Stoff, aber das habt ihr sicherlich schon festgestellt. Was haltet ihr davon? Feedback fände ich super toll :)

Übrigens ist das hier nicht meine Haupt-Fic, von der ich gelegentlich schon gesprochen habe, sondern bloß ein Zeitvertreib. Hoffentlich gefällt sie euch trotzdem.^^
 

bye

sb

Kapitel 1

Als Crocodile erwachte, fühlte er eine seltsame Art von Trägheit und Ruhe, die durch seinen ganzen Körper strömte. Vielleicht lag es daran, dass der erste Schockmoment bereits vorbei war. Normalerweise war er kein Mensch, der leicht in Panik geriet. Er schämte sich sogar ein wenig für seine Reaktion vom vorherigen Tag. Vielleicht hatten ihn aber auch einfach bloß die Röhrchen, die seinen Körper mit irgendwelchen sonderbar summenden Geräten verbanden, mit Beruhigungsmittel vollgepumpt. Er wusste es nicht.

Erschöpft, wie er sich fühlte, ließ Crocodile seine Augen noch für eine Weile geschlossen und genoss das warme Sonnenlicht, das durch das Fenster auf sein Gesicht schien. Noch immer war er verwirrt und geschockt und viele Fragen brannten auf seiner Zunge, doch jetzt gerade im Augenblick ließ er keinen Gedanken an sich heran. Er blendete auch die Schmerzen in seinem Körper aus. Konzentrierte sich nur auf das warme Licht und seine gleichmäßige Atmung.

Irgendwann später ließ die Wirkung des Beruhigungsmittels -Crocodile vermutete tatsächlich irgendeine Droge dieser Art, die man ihm verabreicht hatte- nach und er öffnete seine Augen. Der Schemel neben seinem Bett war verwaist, doch er war nicht alleine im Zimmer. Rechts und links neben der zweiflügligen Türe standen zwei männliche Sklaven postiert, die ihn aufmerksam beäugten. Crocodile wandte den Blick von ihnen ab und sah ein wenig zur Decke. Nach und nach kehrten die Fragen, die ihn interessierten, zurück und schnell war sein Kopf gefüllt mit den verschiedensten Gedanken.

Er konnte es noch immer nicht recht fassen, dass er nun keine Hände mehr besaß. Um sicherzugehen, dass er diesen Umstand nicht bloß geträumt hatte, zog Crocodile seine Arme unter der Bettdecke hervor und sah sie sich noch einmal genau an. Obwohl er diesen Anblick erwartet hatte, war er dennoch enttäuscht, als er die beiden vernarbten Armstümpfe sah, an deren Enden einmal funktionstüchtige Hände gesessen hatten. Die Narbe am rechten Stumpf war frischer als die am linken; überhaupt sah der Stumpf ganz anders aus. Seine Hände waren ihm nicht auf der exakt gleichen Höhe abgetrennt worden. Gedankenverloren seufzte Crocodile und ließ seine verkrüppelten Arme zurück unter die Bettdecke gleiten.

Er erinnerte sich daran, dass Doflamingo gestern etwas von einer Prothese gesagt hatte. Hoffentlich würde sie schnell fertiggestellt sein. Ein kleiner Hoffnungsschimmer begann in Crocodiles Herz zu keimen, als er daran zurückdachte, wie zuversichtlich Doflamingos Stimme geklungen hatte, als er das gesagt hatte. Vielleicht würde es ja doch wieder wie früher werden. Crocodile zumindest hoffte es von ganzem Herzen.
 

Wahrscheinlich hatte einer der beiden Sklaven, die an der Tür Wache standen, gemeldet, dass er wieder wach geworden war, denn nur wenig später betrat Doflamingo sein Zimmer. Er sah anders aus als gestern, dachte Crocodile. Seine Gesichtszüge waren nicht mehr so verspannt und seine Stimme klang nicht mehr so brüchig. Er wirkte deutlich jünger und gesünder.

"Wie geht es dir?", fragte er und nahm nicht auf dem Schemel neben dem Bett, sondern auf der Bettkante Platz.

Als Antwort zuckte Crocodile müde mit den Schultern. Er konnte sich nicht recht entscheiden, ob es ihm gut oder schlecht ging. Schließlich hatte er lange Zeit im Koma gelegen und nun nach seiner linken auch noch seine rechte Hand verloren. Auf der anderen Seite jedoch war er endlich aufgewacht und schien, der Aussage des Arztes nach zu urteilen, beinahe wieder vollständig gesund zu sein. Außerdem hatte Doflamingo von einer Prothese gesprochen. Hoffentlich hatte er das nicht bloß gesagt, um ihn zu trösten.

"Was ist passiert?", fragte er schließlich und seine Stimme klang sehr schwach, weil diese drei Worte sie beinahe überforderten.

Doflamingo seufzte und schlug die langen Beine übereinander. Dann wandte er sich zu Crocodile um und stützte den Kopf auf der Handfläche ab. "Ich habe mir schon gedacht, dass du gleich mit den Fragen loslegen wirst. Das kann ich verstehen, du bist sicher völlig verwirrt und geschockt. Also dann: Soweit ich es mitbekommen habe, bist du in der Neuen Welt Eustass Kid über den Weg gelaufen. Diesem Rookie mit den rot abstehenden Haaren und den Magnet-Teufelskräften. Ihr habt miteinander gekämpft. Ich war nicht persönlich dabei, aber soweit ich erfahren habe, war es ein relativ ausgeglichener Kampf. Zumindest solange, bis Eustass auf die Idee kam, dir mit Hilfe seiner Teufelskraft deinen Goldhaken abzunehmen. Die Vergiftung, die du dir zugezogen hast, stammt übrigens von deinem eigenen Skorpiongift, du weißt schon, das in deinem Goldhaken versteckt ist. Damit war der Kampf dann im Prinzip zu Ende. Eustass hat dir die rechte Hand abgetrennt und ist dann verschwunden, während du schwer verletzt und sterbend am Boden lagst. Ich habe zum Glück relativ schnell davon erfahren und war in der Nähe, sodass ich nur wenigen Minuten nach Ende des Kampfes bei dir war. Es wäre allerdings schon zu spät gewesen, wenn nicht dein Kumpel Erste Hilfe geleistet hätte. Diesen Mann mit den kurz geschorenen Haaren und der Narbe, den du aus Impel Down mitgebracht hast. Er hat die Blutung gestoppt. Zusammen mit meinen Sklaven haben wir dich dann auf mein Schiff geschafft und dich versorgt so gut es ging. Leider bist du trotzdem bewusstlos geworden und ins Koma gefallen."

"Wie lange?"

Doflamingo zögerte. "Fast drei Monate. Inzwischen haben wir auch schon längst meine Insel, Dressrosa, erreicht. Der Arzt und dein Kumpel hatten längst schon die Hoffnung aufgeben. Und naja, jetzt bist du plötzlich wieder aufgewacht. Fufufufu." Doflamingos Lachen klang nicht so selbstsicher und distanziert amüsiert, wie es sonst immer klang. Es war ein nervöses und unsicheres Lachen. So hatte Crocodile ihn noch niemals erlebt.

"Wieso habt ihr meine Versorgung unterbrochen?" Es kostete Crocodile sehr viel Kraft, diese lange Frage auszusprechen. Sein Rachen brannte, weil er so trocken war. Und doch hatte er das Gefühl, dass er sie unbedingt hatte aussprechen müssen. Sie kam ihm wichtig vor. Noch immer hatte er das Gefühl, dass ihm irgendetwas verschwiegen wurde. Dass Doflamingo ihm irgendetwas verschwieg.

Doflamingo antwortete nicht gleich auf diese Frage. Er sah an Crocodiles Gesicht vorbei zum Fenster hinaus und schien innerlich mit sich zu ringen. Nach einer Weile, die so lang war, dass Crocodile kaum mehr mit einer Antwort gerechnet hatte, meinte er schließlich sehr zögernd: "Naja, du lagst über drei Monate im Koma. Und der Arzt hat gesagt, die Wahrscheinlichkeit, dass du wieder aufwachst, ist gleich Null. Du hast dich nicht gerührt, nicht mal ein bisschen. Ich habe jeden Tag an deinem Bett gesessen und immer wieder mit dir gesprochen und dich angestupst, aber du hast überhaupt nicht reagiert. Nicht mal gezuckt oder so etwas. Und dein Körper war vollgepumpt mit diesem Skorpiongift. Meine Leute haben allein zwei Wochen gebraucht, um ein Gegengift herzustellen. Niemand hat damit gerechnet, dass du wieder aufwachst. Es ist ein Vierteljahr vergangen, ohne dass du aufgewacht bist."

Es waren sehr ausweichende Antworten, doch Crocodile verstand, was Doflamingo ihm damit sagen wollte. Auch er hatte aufgegeben. Nach drei Monaten hatte er genauso aufgegeben wie Mister One und der Arzt, der für ihn zuständig war. Darum hatte er die in-vitro-Ernährung und die Verabreichung der Medikamente und Schmerzmittel eingestellt. Er hatte aufgegeben.

Plötzlich kam Crocodile das Bild des jungen Sklavenmädchens in den Sinn, das mit dem Tablett in den Händen sein Zimmer betreten hatte, als er zum zweiten Mal aufgewacht war. Und er erinnerte sich auch wieder daran, was auf diesem Tablett gelegen hatte: eine Spritze. Eine einzelne Spritze. Bisher hatte er diesem Mädchen und seiner Spritze nicht viel Bedeutung beigemessen, doch nun wurde ihm plötzlich klar, wofür sie zuständig gewesen waren.

"Du wolltest mich umbringen lassen." In seiner Stimme lag irgendetwas, das Crocodile selbst nicht definieren konnte. Er wusste nicht, ob er enttäuscht, traurig, wütend oder vielleicht sogar verständnisvoll sein sollte. Zu gut erinnerte er sich daran, wie in seinem Kopf nichts gewesen war, als der Wunsch, tot zu sein, weil die Schmerzen unerträglich waren. Und an Doflamingo, wie er mit ineinandergefalteten Händen auf dem Schemel neben seinem Bett saß und nicht bemerkte, dass seine Augen sich bewegten.

"Ich wollte dich nicht umbringen!" Doflamingo war hektisch aufgesprungen. "Ich... ich wollte dich doch nur erlösen! Du lagst drei Monate lang nur im Koma! Und du hattest solche Schmerzen! Was hättest du denn an meiner Stelle getan?!"

"Du bist ein Bastard!" Crocodiles Mundraum war trocken und brannte. Sein ganzer Körper schmerzte wegen der Anstrengung, die es ihn kostete, mehrere Worte hintereinander zu sprechen. Dennoch stützte er sich auf seine Ellenbogen und setzte sich mühsam auf. Doflamingo half ihm dabei, als er sah, wie schwer ihm die Bewegung fiel. Crocodile legte seine beiden Armstümpfe in den Schoß und sah wütend und hasserfüllt zu Doflamingo hinüber, der unter seinem Blick zusammenschmolz wie ein geprügeltes Kind. "Du hast die Hoffnung aufgegeben wie die anderen! Du hast mich aufgegeben!" Seine Stimme klang brüchig und leise, wie die eines alten Mannes. "Und du hast dir nicht einmal die Mühe gemacht, mich ein letztes Mal genau anzusehen!"

"Was hätte es mir denn genützt, dich ein letztes Mal anzuschauen?!" Doflamingos Stimme klang nicht minder wütend und schmerzerfüllt als seine eigene. "Wahrscheinlich hätte ich mich dann wieder umentschieden und dich weiter leiden lassen, weil ich es nicht übers Herz gebracht hätte, dich umbringen zu lassen. Glaubst du denn, dass mir das leicht gefallen ist?! Am liebsten wäre ich so egoistisch gewesen und hätte dich noch die nächsten Jahre an diesen Maschinen angeschlossen und unter schrecklichen Schmerzen leidend am Leben gelassen! Aber ich wollte nicht egoistisch sein! Ich wollte es für dich tun! Und nur für dich!"

"Wenn du dir die Mühe gemacht hättest, mich genau anzusehen, dann hättest du bemerkt, dass ich wach gewesen bin!" Crocodiles Lungen brannten vor Schmerz und Erschöpfung. "Ich habe gesehen, wie du auf diesem Schemel neben meinem Bett gesessen und zu Boden geschaut hast! Ich war wach und habe es gesehen! Hättest du nur einmal noch zu mir hingeblickt, dann hättest du bemerkt, dass ich wach war! Doch stattdessen hast du es dir leicht gemacht und hast einfach den Befehl gegeben mich umzubringen!"

"Ich habe es mir nicht leicht gemacht, verdammt nochmal! Und ich habe diesen Befehl auch nicht einfach gegeben! Du weißt doch gar nicht, wie ich mich gefühlt habe! Du weißt überhaupt gar nicht, wie es mir geht!"

Crocodile atmete schwer. Sein ganzer Körper zitterte. Er erinnerte sich an die Anweisungen, die der Arzt ihm gegeben hatte. Dass er sich nicht überanstrengen sollte, auf keinen Fall. Und er bekam das äußerst ungute Gefühl, dass dieser Streit mit Doflamingo ihn ganz schrecklich anstrengte. Beinahe glaubte er, ihm würde wieder schwarz vor Augen werden. Doch natürlich hielt ihn das nicht davon ab, das letzte zu sagen, was ihm noch auf der Seele lastete: "Du hättest es wenigstens selbst tun können, anstatt mich durch diese billige Sklavin töten zu lassen!"

Crocodile sah genau, dass dies der Tropfen gewesen war, der das Fass zum Überlaufen brachte. Er sah genau die Veränderung in Doflamingos Körperhaltung. Sein Rücken wurde gerade und seine Hände ballten sich zu Fäusten zusammen. Er presste seine Lippen so heftig aufeinander, dass sie bläulich anliefen. In einer Sekunde würde Doflamingos Selbstbeherrschung fallen.

Doch das bekam Crocodile nicht mehr mit, denn ehe Doflamingo seine Wut wie eine große Welle auf ihn niederfahren lassen konnte, versank er wieder in der Dunkelheit.
 

Das nächste Erwachen war nicht so angenehm an wie das erste. Anstatt träge, fühlte Crocodile sich einfach bloß schrecklich erschöpft. Selbst das Atmen fiel ihm schwer. Und sein Kopf pochte so schmerzhaft, als hätte er am Abend zuvor zu viel Alkohol getrunken.

Er bemühte sich darum, wieder zu ein wenig Kraft zu kommen. Gleichzeitig kam ihm der Streit mit Doflamingo in den Sinn. Der Arzt hatte Recht gehabt. Er durfte sich nicht überanstrengen. Und bei diesem Streit hatte er sich definitiv überanstrengt. Crocodile fühlte sich so erschöpft, dass selbst die Stimme seiner Gedanken matt klang, als er sich eingestand, dass er Doflamingo höchstwahrscheinlich zu Unrecht so furchtbar angefahren hatte. Es war durchaus möglich, dass er, wenn er sich in dieser Situation befunden hätte, genauso gehandelt hätte. Nun, eigentlich war es nicht bloß möglich, sondern sehr wahrscheinlich. Was hätte Doflamingo auch Anderes tun sollen? Die einzige Sache, die Crocodile noch immer ernsthaft wütend machte und verletzte, war die, dass Doflamingo eine einfache Sklavin losgeschickt hatte, um ihm die Todesspritze zu geben. Er hätte sich gewünscht, wenn schon, dann doch wenigstens durch die Hand eines Mannes wie Doflamingo zu sterben. Das erschien ihm für seine Person deutlich würdiger und -ob er es zugeben wollte oder nicht- auch romantischer. Trotzdem würde er sich bei Doflamingo entschuldigen, sobald dieser das nächste Mal vorbeikam, um ihn an seinem Krankenbett zu besuchen.

Leider verging eine ganze Weile, ehe er erneut sein Zimmer betrat. Crocodile kam das sehr seltsam vor, denn er hatte genau mitbekommen, wie einer der Sklaven, die an der zweiflügligen Türe Wache standen, eine Meldung gemacht hatte, kaum war er wachgeworden. Nun, vielleicht bildete er sich das auch bloß ein, schließlich hing keine Uhr in seinem Zimmer und Crocodile hatte in seinem Zustand nicht das beste Zeitgefühl.

Doch die Zeit verging und irgendwann hatte er das Warten satt. Mit einer einfachen Kopfbewegung -er lag noch immer im Bett, hatte sich nicht aufgerichtet- dirigierte er einen der Sklaven zu sich und äußerte dann in kurzen Worten, dass er Doflamingo zu sehen wünschte. Zu seiner Überraschung allerdings schüttelte der Sklave den Kopf. "Es tut mir leid, Sir. Der junge Lord äußerte, dass er heute nicht dazu in der Lage sei, Sie zu besuchen. Er wird allerdings ständig über Ihren gesundheitlichen Zustand informiert und wünscht Ihnen eine gute Besserung."

Crocodile wusste nicht recht, was er von dieser Aussage halten sollte. Es kam ihm seltsam vor, dass Doflamingo allem Anschein nach etwas Besseres zu tun hatte, als ihn an seinem Krankenbett zu besuchen. Wahrscheinlicher erschien es ihm, dass er einfach bloß immer noch beleidigt und wütend auf ihn war wegen der Vorwürfe, die er ihm gemacht hatte.

Doch Crocodile wäre nicht Crocodile, wenn er sich so leicht von einem einfachen Sklaven abspeisen ließe. Er dachte für einen Moment darüber nach, wie er Doflamingo am besten dazu bringen könnte, herzukommen. Schließlich sagte er: "Ich wünsche ihn dringend zu sehen. Wenn er nicht zu mir kommt, komme ich eben zu ihm." Und er tat so, als würde er aus dem Bett steigen wollen. Wie er es erwartet hatte, geriet der Sklave sofort in Panik und versuchte ihn daran zu hindern, das Bett zu verlassen. Crocodile ging davon aus, dass es wohl sein oberster Befehl war, dafür zu sorgen, dass er auf keinen Fall in irgendeiner Form zu Schaden kam und sich nicht überanstrengte. "Ich werde sehen, was ich tun kann, Sir", meinte der Sklave darum hektisch und mit nervöser Stimme. "Ich werde dem jungen Lord Bescheid geben lassen, dass Sie ihn absolut dringend zu sehen wünschen. Aber bitte stehen Sie auf keinen Fall auf! Bewegen Sie sich am besten gar nicht!" Zufrieden lächelnd sah Crocodile dabei zu, wie der Sklave zurück zu seinem Platz an der Tür huschte, sie öffnete und einem weiteren Sklaven auf der anderen Seite Meldung darüber machte, dass er dringend Doflamingo zu sprechen wünschte.

Tatsächlich ging sein Plan problemlos auf. Nur wenig später betrat Doflamingo sein Zimmer und blieb neben dem Bett, in dem er lag, stehen. Sein Blick blieb unter den getönten Gläsern seiner Sonnenbrille verborgen und auch seine Körperhaltung verriet nicht das Geringste über seine Stimmung. Crocodile schluckte den Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hatte, hinunter.

"Ich möchte mich bei dir entschuldigen." Das Sprechen fiel ihm immer noch sehr schwer, aber es ging doch ein wenig leichter als gestern noch.

Crocodile sah, dass Doflamingo eine Augenbraue hochzog. "Wieso?"

"Wegen dem, was ich gestern zu dir gesagt habe."

Doflamingo seufzte und ließ sich wieder neben ihm auf der Bettkante nieder. Und damit war das Eis gebrochen. "Du musst dich nicht entschuldigen. Eigentlich hattest du ja schon Recht mit dem, was du gesagt hast. Ich hätte die Hoffnung nicht aufgeben dürfen. Und schon gar nicht hätte ich wollen dürfen, dass du stirbst. Es tut mir leid."

"Ist schon gut. Ich verstehe, wieso du so gehandelt hast."

Sie lächelten beide und dann beugte sich Doflamingo zu ihm hinunter, um ihn sanft auf die Lippen zu küssen.

Sie schwiegen für eine Weile, ehe Doflamingo schließlich in lautes Gelächter ausbrach. "Fufufufufufufufu."

"Was ist denn so lustig?"

"Naja." Doflamingo schlug grinsend die Beine übereinander und zuckte mit den Schultern. "Es ist schon irgendwie komisch, dass wir beide uns nach dieser schlimmen Zeit, die wir durchgemacht haben, zuerst streiten, anstatt uns zu küssen."

"Das stimmt."

Doflamingo wurde für einen kurzen Moment wieder ernst. "Aber bitte tu mir den Gefallen und streng dich nicht mehr so sehr an wie gestern. Du ahnst gar nicht, was du mir für einen Schrecken eingejagt hast, als du plötzlich wieder bewusstlos geworden bist."

"Entschuldigung."

"Am besten redest du auch nicht so viel. Spar dir deine Kräfte, du bist immer noch nicht über den Damm. Dein Zustand kann sich jede Sekunde wieder rapide verschlechtern."

"Dann erzähl mir etwas. Mir wird so schnell langweilig, wenn ich nur im Bett liegen muss. Wie war das mit dieser Prothese?"

Bei diesem Stichwort machte sich erneut ein Grinsen auf Doflamingos Lippe breit. "Wie gesagt, ich habe eine Prothese für dich in Auftrag gegeben. Nicht bloß so ein blöder Goldhaken", Crocodile nahm den Seitenhieb kommentarlos hin, "sondern eine richtige Hand. Sie soll sich genauso bewegen lassen und funktionieren wie eine ganz normale Hand. Dann wird für dich alles wieder wie früher." Das Grinsen auf Doflamingos Lippen schmälerte sich ein klein wenig. "Leider wird es noch ein wenig dauern, bis sie fertiggestellt ist. So eine Roboterhand ist ein ganzes Stück harte Arbeit, selbst für die besten Wissenschaftler. Zum Glück bist du ja aber hier mit mir und meinen vielen Sklaven auf Dressrosa. Das heißt, wir sind in Sicherheit und können ganz in Ruhe auf die Fertigstellung der Prothese warten. In der Zwischenzeit müssen wir eben sehen, wie wir zurecht kommen. Aber das schaffen wir beide schon."

Crocodile hörte aufmerksam zu und nahm alle Informationen auf. Was Doflamingo sagte, klang sehr gut. Zwar würde er noch warten müssen, bis er endlich seine Prothese erhielt, doch das war immer noch besser als gar nichts. Zumindest war er am Leben, in der Nähe von Doflamingo und in Sicherheit.

"Da habe ich wohl noch Glück im Unglück." Und in der Zwischenzeit würde er eben so gut es ging ohne seine Hände durchs Leben kommen müssen.
 

~
 

Und hier kommt auch schon das erste Kapitel :) Ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat ^^

Über Feedback jeder Art freue ich mich immer sehr
 

bye

sb

Kapitel 2

Die nächsten Tage vergingen in Crocodiles Augen nur sehr langsam. Weil er noch immer vollständig ans Bett gefesselt war und seine beiden fehlenden Hände ihn stark einschränkten, hatte er nicht viel zu tun und langweilte sich schnell.

Sehr häufig war Doflamingo bei ihm. Dann bat Crocodile ihn darum, ihm irgendetwas zu erzählen. Zuerst hatte er mehr über den Kampf zwischen ihm und Kid und über Daz Bones hören wollen, doch irgendwann war bereits alles berichtet worden, was es darüber zu berichten gab. Dann begann Doflamingo damit, ihm von anderen Dingen zu erzählen. Von seiner Insel Dressrosa, auf der sie sich derzeit befanden, von dem neuen Schiff, dass er sich hatte bauen lassen oder von irgendeiner lustigen Sache, die jemand aus seiner Piratencrew angestellt hatte. Crocodile sah und hörte niemals etwas von diesen Leuten, doch Doflamingo erzählte so häufig von ihnen, dass er bald das Gefühl bekam, sie selbst persönlich zu kennen.
 

Später kam Crocodile dann auf die Idee, Zeitung zu lesen. Inzwischen konnte er sich relativ problemlos in seinem Bett aufrichten und er ging davon aus, dass das Umschlagen der großen Zeitungsblätter selbst ihm mit seinen beiden Armstümpfen gelingen müsste. Doflamingo brachte ihm eine aktuelle Tageszeitung, nachdem er zuvor den Arzt zu diesem Thema um Rat gefragt und er zugestimmt hatte. Die Titelseite durchzulesen war sehr einfach. Er legte die noch zusammengefaltete Zeitung einfach bloß auf seine ein wenig aufgerichteten Knie und begann dann zu lesen. Schwieriger wurde es dann, als es um das Umblättern zur nächsten Seite ging. Prinzipiell war es eine ganz einfache Bewegung, die jedoch überforderte Crocodile mit seinen unkoordinierten Armstümpfen schon. Doflamingo bot an ihm zu helfen und die Zeitung für ihn umzublättern, doch Crocodile lehnte jede Hilfe ab. "Ich muss lernen, es selbst zu tun", pflegte er dann zu sagen. Und irgendwann gelang ihm das Umschlagen der Zeitungsblätter mit seinen beiden Armstümpfen tatsächlich mühelos.
 

Bald wurde Crocodile wieder kräftiger und belastbarer. Er durfte sich -in seinem Bett- bewegen und sprechen so viel und wie er wollte. Auch die in-vitro-Ernährung wurde eingestellt. Crocodile war sehr froh darüber, dass ihm ein Teil der Käbelchen und Röhrchen, die ihn mit irgendwelchen Geräten und Trops verbanden, entfernt wurden. Allerdings stellte ihn dieser Fortschritt vor zwei weiteren Problemen: alleine zu essen und alleine zur Toilette zu gehen.

Nach der langen Zeit, in der er nichts hatte hinunterschlucken müssen als gelegentlich seine eigene Spucke, fiel ihm das Aufnehmen von Nahrung sehr schwer, auch wenn sie bloß mit breiiger Flüssigkeit begannen. Meistens war es kein niederer Sklave, der ihn fütterte, sondern Doflamingo, der freiwillig diese Aufgabe übernommen hatte. "Lass dir Zeit", sagte er immer, wenn Crocodile mal wieder den Schluck Brei, den er im Mund hatte, nicht hinunterbekam. "Niemand drängt dich. Lass dir so viel Zeit wie du brauchst." Doch manchmal nützte es einfach nichts, sich viel Zeit zu lassen und ihm blieb nichts Anderes übrig, als den Brei wieder auszuspucken. Häufig erbrach er auch die Nahrung, die er bereits hinuntergeschluckt hatte, wieder.

Das schlimmste allerdings war, dass Crocodile sich schrecklich schämte. Er schämte sich dafür, dass er weder Gabel noch Löffel halten konnte, sondern gefüttert werden wie musste wie ein Kleinkind und noch viel mehr schämte er sich, wenn ihm selbst das gefüttert werden einfach nicht gelingen wollte und er nicht anders konnte, als sich den eigenen Schoß vollzuspucken.

Es half ihm auch nicht, dass Doflamingo diese Sache ganz locker nahm und eher mit Humor sah. "Mach dir nichts draus, Crocodile", sagte er dann oft, "mit der Zeit wird das sicher besser klappen." Oder: "Zum Glück sind es nur meine dämlichen Sklaven, die deine Bettwäsche wechseln müssen. Fufufufufu", wenn er mal wieder auf die Bettdecke gebrochen hatte. Und der Satz, den er am häufigsten hörte, war: "Es ist doch nur vorübergehend."

Doch obwohl Crocodile wusste, dass es nur vorübergehend war, fragte er sich gelegentlich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er niemals aus seinem Koma wieder erwacht wäre. Für ihn und für Doflamingo.

Auch wenn er gefüttert wurde und ihm sogar beim Wechseln seiner Kleidung geholfen werden musste, kam es für Crocodile überhaupt nicht in Frage, Hilfe anzunehmen, wenn es darum ging, zur Toilette zu gehen. Das Urinieren fiel ihm zum Glück relativ leicht. Mit Hilfe seiner Armstümpfe zog er sich seine Hose hinunter -weil er seine Zeit anonsten sowieso immer nur im Bett verbrachte, trug er Schlafkleidung mit einer Hose, die anstelle eines Knopfes mit Reißverschluss einfach einen Gummibund hatte- und brachte zum Wasserlassen seinen Penis mit dem rechten Armstumpf in Position.

Das große Geschäft zu machen war auch nicht ganz so schwer, wie Crocodile es sich in seinen Horrorvorstellungen ausgemalt hatte. Es kam ihm zugute, dass die Toiletten in Doflamingos Villa allesamt hochmodern waren. Das größte Hindernis war es, an der Knopfleiste mit seinem Armstumpf den richtigen Knopf zu treffen, um das Programm zu erhalten, das er sich wünschte. Also ließ sich auch diese schwierige Situation ohne Hände relativ gut meistern.

Doflamingo allerdings gefiel es überhaupt nicht, dass er alleine ins Badezimmer ging. "Was ist denn, wenn du im Bad ohnmächtig wirst? Das würde niemand mitbekommen, weil du immer ganz alleine hineingehst. Es wäre mir viel lieber, wenn ein Sklave mit dir mitkäme", meinte er einmal, als Crocodile auf dem kurzen Weg von seinem Bett bis zum Badezimmer hinüber einen kleinen Schwächeanfall erlitten hatte und ein wenig zur Seite gekippt war.

Als Antwort schüttelte Crocodile allerdings vehement den Kopf. Er war eine sehr schamhafte Person und die Vorstellung, dass irgendjemand mit ihm im Raum war und ihm dabei zusah, wie er sein Geschäft machte, fand er schrecklich. "Lieber sterbe ich", hatte er da gesagt, "als dass einer deiner dämlichen Sklaven mit mir mitkommt." Um Doflamingo, der ihn dann sehr wütend angesehen hatte, ein wenig zu beruhigen, hatte er noch hinzugefügt: "Wenn du unbedingt möchtest, kannst du ja nach fünf Minuten an die Tür klopfen und fragen, ob alles in Ordnung ist. Und wenn ich nicht antworte, kommst du herein." Zum Glück trat diese Situation allerdings niemals ein.
 

Die Tage vergingen. Bald stieg Crocodile vom Zeitungslesen auch auf das Lesen von Büchern um. Eigentlich war er niemals ein begeisterter Leser von Romanen gewesen, doch weil ihm häufig so unendlich langweilig war und ihm das Umblättern der Seiten relativ leicht fiel, begann er schnell damit, sehr viel zu lesen. Die Bücher ließ er sich von Sklaven aus Doflamingos Privatbibliothek bringen. Sie brachten ihm immer gleich vier oder fünf Bücher, von denen er sich schlussendlich eines zum Lesen auswählte. Irgendwann fiel ihm auf, dass vor allen Dingen ein bestimmtes Sklavenmädchen einen guten Geschmack hatte, was Romane anging und ihm häufig alle Bücher gefielen, die es ihm anbot. Von da an bestand er darauf, dass nur noch dieses Mädchen ihm Bücher zum Lesen bringen durfte.
 

Crocodiles gesundheitlicher Zustand besserte sich mit jedem Tag. Er fühlte sich morgens nicht mehr träge und erschöpft, sondern zunehmend frischer und kräftiger. Inzwischen konnte er auch wieder absolut mühelos sprechen und der Weg vom Bett bis hinüber zum Badezimmer machte ihm überhaupt keine Probleme mehr. Die Schmerzen in seinem Körper nahmen trotz allmählicher Verringerung der Dosis an Schmerzmitteln ab. Und er musste sich nicht mehr nur von Brei ernähren wie ein kleines Kind, sondern konnte inzwischen auch beinahe problemlos Obst und Gemüse zu sich nehmen. Nur das Hinunterschlucken von Fleischstücken fiel ihm immer noch recht schwer.

Insgesamt handelte es sich jedoch um eine enorme Verbesserung seines Zustandes und Crocodile begann sich bald zu wünschen, sein Bett endlich verlassen zu dürfen. Doflamingos Erzählungen von seiner Insel und seiner Piratencrew hatten ihn neugierig und sehnsüchtig werden lassen und er konnte es kaum mehr erwarten, nach draußen zu gehen.

Er teilte seinen Wunsch ohne Umschweife Doflamingo mit, der sich allerdings ein wenig skeptisch gab. "Ich weiß ja nicht", meinte er zögernd und besorgt, "du bist bisher immer nur ein paar Schritte gelaufen. Vielleicht würde dich der Weg bis nach draußen vor die Türe doch noch überfordern. Schließlich müsstest du sogar eine Treppe hinuntersteigen. Meinst du wirklich, dass du das schon schaffst?"

Doflamingos Zweifel beleidigten Crocodile. Er fühlte sich inzwischen wieder sehr kräfig und durchaus bereit für einen kleinen Spaziergang. Außerdem langweilte ihn sein leeres Zimmer schrecklich. Selbst die spannenden Romane, die er zuhauf las, standen ihm langsam bis zum Halse. "Natürlich schaffe ich das", erwiderte er darum mit ernster und zuversichtlicher Stimme. "Du machst dir zu viele Gedanken, Doflamingo. Außerdem sind frische Luft und ein bisschen Bewegung sehr gesund. Ich gehe völlig ein, wenn ich immer nur in diesem Bett liegen muss. Und wenn es mir doch zu viel wird, sage ich dir einfach Bescheid und wir kehren wieder um."

Mittels dieser Argumente ließ Doflamingo sich tatsächlich erweichen. Er saß schließlich selbst oft genug an seinem Krankenbett und konnte sich wahrscheinlich sehr gut vorstellen, wie schrecklich man sich da auf Dauer langweilte. "Na von mir aus", sagte er schließlich. "Aber vorher lasse ich den Arzt holen. Er soll dich noch einmal vollständig untersuchen, bevor wir den Versuch wagen. Und wenn er der Meinung ist, dass du noch zu schwach bist, bleibst du im Bett liegen."

Bei dieser Aussage zog Crocodile skeptisch eine Augenbraue hoch. Es gefiel ihm überhaupt gar nicht, so heftig bevormundet zu werden. Auch wenn er sehr krank war und keine Hände mehr besaß, bedeutete das noch lange nicht, dass er ein kleines Kind war, über das Doflamingo bestimmen durfte wie eine Mutter. Er war ein erwachsener Mann und durchaus dazu in der Lage, die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. "Wenn der Arzt sagt, dass Spazierengehen für mich noch zu riskant ist, dann ist mir das egal", gab er darum mit patziger Stimme zurück. "Ich kann für mich selbst entscheiden. Und was willst du überhaupt dagegen tun, wenn ich mich weigere, liegen zu bleiben? Du kannst mir überhaupt nichts vorschreiben!"

"Oh, kann ich das nicht?" Ein gehässiges Grinsen schlich sich auf Doflamingos Lippen und ehe Crocodile etwas dagegen unternehmen konnte, hatte er schon längst nach dem halbvollen Wasserglas, das auf seinem Nachttisch gestanden hatte, gegriffen und es ihm über den Kopf ausgeschüttet. Dann hob er seine rechte Handfläche, klappte die zwei mittleren Finger ein und ohne dass Crocodile es gewollt hätte, brachte sein Körper sich wie von selbst zurück von der aufrechten in eine liegende Position.

Ein wütendes Knurren entwich Crocodiles Kehle und er warf Doflamingo, der völlig ungerührt auf dem Schemel neben seinem Bett saß, einen tödlichen Blick zu. "Du verdammter Bastard!"

Doflamingo zuckte mit den Schultern. "Ein Bastard, der dich dazu zwingen wird, im Bett liegen zu bleiben, wenn der Arzt es für richtig hält. Ohne deine Teufelskräfte bist du mir völlig ausgeliefert." Und dann fügte er noch ein wenig versöhnlicher hinzu: "Ich mache mir doch nur Sorgen um dich. Ich kenne dich gut genug, Crocodile, um zu wissen, dass du stur genug bist, um in deiner jetzigen Verfassung bei einem Wettrennen mitzumachen, wenn man dich nur herausfordern würde."

Auch wenn Doflamingo damit höchstwahrscheinlich Recht hatte, konnte Crocodile sich einfach nicht damit abfinden, so schrecklich bevormundet zu werden. Vor allen Dingen schämte er sich dafür, dass Doflamingo mit ihm anstellen konnte, was er wollte. Auch wenn er es nur gut mit ihm meinte. Wenn er doch wenigstens seinen Goldhaken gehabt hätte! Doch logischerweise hatte man ihm den, während der Zeit, in der er nur im Bett liegen durfte, abgenommen. Und seine Teufelskräfte konnte er ohne seine rechte Hand sowieso nicht einsetzen. Mit bloß einem Armstumpf konnte er weder einen Sandsturm erzeugen noch irgendjemanden in eine Mumie verwandeln. Oder?

Nachdenklich zog Crocodile seine Augenbrauen zusammen und er stellte sich plötzlich einige Fragen, die ihm zuvor gar nicht in den Sinn gekommen waren. Inwiefern schränkte seine amputierte rechte Hand seine Teufelskräfte ein? Konnte er nur mit Armstümpfen seine Teufelskräfte einsetzen? Und würde die Prothese, die Doflamingo für ihn anfertigen ließ, gegebenenfalls dazu in der Lage sein? Darüber hatte Crocodile bisher noch überhaupt gar nicht nachgedacht. Logischerweise konnte er sich noch immer in Sand verwandeln -wenn man nicht gerade ein Glas Wasser über ihn ausschüttete-, doch was würde nun aus seinen vielen Attacken werden? Würden seine Teufelskräfte von nun an auf reine Verteidung beschränkt bleiben müssen?

Diese Vorstellung verursachte ihm Magenschmerzen. Die Unfähigkeit, seine Teufelskraft vollständig einzusetzen, bedeutete praktisch das Ende seiner Karriere als Pirat. Plötzlich sank Crocodiles sowieso schon schlechte Laune auf einen absoluten Nullpunkt.

Was nützte es ihm, wieder gesund zu werden und eine Roboterhand zu erhalten, wenn er doch nie wieder ein großer Pirat werden könnte?

Crocodile schloss seine Augen und bemühte sich darum, die Übelkeit, die seinen Hals hochkroch, zu unterdrücken. "Weißt du was?", meinte er schließlich und drehte den Kopf zur Seite. "Du kannst dir das mit dem verdammten Arzt sparen. Ich habe überhaupt keine Lust mehr, raus zu gehen."
 

Der Gedanke, sein Piratenleben nicht länger weiterführen zu können, deprimierte Crocodile. Er wollte nichts mehr essen oder trinken, er las keine Romane oder die Tageszeitung mehr und bat auch Doflamingo nicht mehr darum, ihm irgendwelche Geschichten von seiner Piratencrew zu erzählen. Stattdessen verbrachte er nun die meiste Zeit damit, wach in seinem Bett zu liegen und zur Decke oder zum Fenster hinauszuschauen. Gerne hätte er eine Zigarre geraucht, doch ohne Hände konnte er sich ja nicht einmal diesen Wunsch erfüllen.

Für eine ganze Weile hing Crocodile still seinen Gedanken nach und fragte sich insgeheim, ob es nicht vielleicht doch besser gewesen wäre, diese Giftspritze zu bekommen, anstatt nur halb zu leben, als Doflamingo sein Zimmer betrat. Er trug eine orangefarbene Dreiviertelhose und ein weißes Hemd und kam in großen, o-beinigen Schritten auf sein Bett zu. Sein Blick blieb unter den orange getönten Gläsern seiner Sonnenbrille verborgen, doch Crocodile spürte, dass er angespannt und verunsichert war.

"Darf ich mich setzen?"

"Was könnte ich schon dagegen tun?" Auch wenn Doflamingo die Frage anscheinend tatsächlich ernst gemeint hatte, konnte Crocodile einfach nicht anders, als sich darüber lustig zu machen. Seine Laune war heute besonders schlecht und er hätte lieber weiterhin die Wand angestarrt, als sich mit Doflamingo zu beschäftigen. Dieser ließ sich nun neben ihm auf der Bettkante nieder.

"Ich habe den Arzt gefragt und er hat gesagt, dass dir ein bisschen frische Luft und eine andere Kulisse sicher gut tun würden. Wenn du Lust hast, können wir beide also gerne ein wenig spazierengehen draußen."

"Ich habe dir doch gesagt, dass ich nicht nach draußen möchte. Lass mich am besten einfach in Ruhe."

Doch natürlich wäre Doflamingo nicht Doflamingo gewesen, wenn er ihn in Ruhe gelassen hätte. "Was ist denn los mit dir? Du bist jetzt schon seit ein paar Tagen so schlecht drauf. Letztens noch konntest du es doch gar nicht abwarten, nach draußen zu gehen!"

"Das war letztens und jetzt ist jetzt. Geh weg!"

Doflamingo seufzte und legte dann den Kopf in den Nacken. Nach einer Weile des Schweigens fragte er schließlich: "Ist es, weil ich dich mit dem Wasser überschüttet habe? Es tut mir leid, wenn dich das verletzt hat. Ich weiß doch, dass ich dich nicht hätte so bevormunden dürfen. Aber ich mache mir einfach Sorgen um dich."

"Es ist nicht deswegen." Das war nicht einmal gelogen. Den Vorfall mit dem Wasserglas hatte Crocodile beinahe sogar vergessen. Diese Lappalie erschien ihm völlig nebensächlich im Gegensatz zum Verlust seiner wertvollen Teufelskräfte.

"Sicher ist es deswegen! Genau seit diesem Vorfall bist du plötzlich so niedergeschlagen. Es tut mir wirklich leid. Nimm meine Entschuldigung bitte an! Ich weiß doch, dass du schrecklich stolz bist. Ich weiß, wie du dich fühlst..."

"Du weißt überhaupt gar nicht, wie ich mich fühle!" Seine Stimme klang schärfer und böser, als Crocodile es beabsichtigt hatte und er sah, dass für einen kurzen Moment ein verschreckter Ausdruck über Doflamingos Gesicht huschte. "Hack dir beide Hände ab, dann weißt du vielleicht, wie ich mich fühle!"

Doflamingo runzelte die Stirn und biss sich auf die Unterlippe, ehe er entgegnete: "Crocodile, ich bitte dich! Ich kann verstehen, dass dieser Zustand sehr schwer für dich ist, aber es ist doch..."

"... nur vorübergehend, jaja, ich weiß!" Crocodile hatte diese Floskel bereits so oft gehört, dass er sie sich in keiner anderen Stimme als die Doflamingos mehr vorstellen konnte.

"Es wird nicht mehr allzu lange dauern, ich verspreche es dir, dann wird..."

"... alles wieder genauso wie früher", beendete Crocodile den Satz ohne weiter darüber nachdenken zu müssen.

"Verdammt nochmal, Crocodile, jetzt sei doch nicht so zickig! Ich reiße mich hier schon zusammen so gut ich kann und entschuldige mich sogar für jeden blöden Mist bei dir, jetzt bemüh du dich doch auch mal ein klein wenig! Du lässt dich total hängen! Ich erkenne dich ja gar nicht mehr!"

"Ich lasse mich hängen? Ich lasse mich hängen?!" Wütend richtete Crocodile sich in seinem Bett auf. Er wollte mit dem Finger auf Doflamingo zeigen, ehe ihm einfiel, dass er überhaupt keine Finger mehr besaß, weder einen Zeigefinger noch irgendeinen anderen Finger; darum blieb es bei einem vernarbten Armstumpf, der seltsam anklagend auf Doflamingos Brust deutete. "Wie zur Hölle soll ich mich denn bitteschön nicht hängen lassen?! Ich habe keine Hände mehr!" Und plötzlich, ohne dass Crocodile es gewollt hätte oder es auch nur hätte verhindern können, kam ihm in einem schrecklich verzweifelten Tonfall über die Lippen: "Was soll denn jetzt bloß aus mir werden?"

"Was ist denn das für eine Frage? Du machst einfach genauso weiter wie vorher. Du kriegst die beste Roboterhand, die es bisher je gegeben hat, als Prothese und dann machst du ganz genauso weiter, wie du es geplant hast."

Crocodile verzog den Mund und sah verunsichert zu Doflamingo hinüber. Er wusste nicht recht, wie er sich fühlen sollte. Die verschiedensten Emotionen kämpften in seiner Brust so heftig um Vorherrschaft, dass er sogar einen realen Schmerz zu fühlen glaubte. Am liebsten hätte er jetzt geweint, doch diese Blöße würde er sich selbstverständlich niemals gegeben, ganz gleich, in welcher Verfassung er sich auch befand. Und auch, wenn es nur Doflamingo war, der ihm dabei zusehen würde. Weil Crocodile sich so verunsichert fühlte, klang seine Stimme ganz brüchig und kaputt, als er meinte: "Und was nützt mir diese blöde Prothese ohne meine Teufelskräfte? Meine Karriere als Pirat ist beendet! Nur mit meinem Goldhaken komme ich doch nicht weit. Damit allein kann ich es kaum mit auch nur mittelmäßigen Piraten aufnehmen."

Doflamingo seufzte gequält auf und griff sich mit der rechten Hand an die Stirn. "Mach dir darum nicht allzu viele Sorgen. Meine Wissenschaftler arbeiten auch an dieser Problematik."

Neugierig geworden hob Crocodile den Kopf. "Du meinst, ich kann durch diese Prothese hindurch meine Teufelskräfte einsetzen? Sandstürme erzeugen und solche Dinge?"

Doflamingo zögerte mit der Antwort. Schließlich sagte er: "Natürlich ist das eine verdammt schwierige Aufgabe. Aber meine Wissenschaftler arbeiten daran. Zuerst allerdings bekommst du eine normale Prothese ohne besondere Fähigkeiten. Eine einfache Roboterhand, die du steuern können wirst, als wäre es deine eigene. Weiterhin wird allerdings daran gearbeitet, diese Prothese soweit zu verbessern, dass du damit auch deine Teufelskräfte einsetzen kannst. Das dauert allerdings noch eine ganze Weile, da kann ich dir leider nichts vormachen. Einige Monate, wenn nicht sogar ein oder zwei Jahre wirst du warten müssen, ehe das funktioniert. Zumindest sind das die Prognosen meiner Wissenschaftler."

Ein erleichterter Seufzer entwich Crocodiles Lippen. Plötzlich erschien ihm seine Lage nur noch halb so schlimm. Zwar würde es wohl noch einige Monate, vielleicht sogar Jahre dauern, bis er wieder dazu in der Lage wäre, seine Teufelskräfte einzusetzen, doch das war immer noch besser als nichts. Und eine einfache Prothese, die ihm wenigstens seinen Alltag deutlich erleichtern werden wird, würde er ja bereits schon demnächst erhalten. Das waren gar keine allzu schlechten Zukunftsvorhersagen, fand er.

"Und in der Zwischenzeit..."

"... müssen wir eben sehen, wie wir zurecht kommen."

"Ist deine Laune jetzt wieder besser?" Doflamingo strich ihm liebevoll eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Ich denke schon", antwortete Crocodile und tatsächlich fühlte er, wie ihm ein großer Stein vom Herzen fiel.

"Super. Wollen wir dann ein bisschen nach draußen spazieren gehen? Du siehst schon ganz blass aus nach der ganzen Zeit hier drinnen. Fufufufufufu."

"Du bist ein Idiot, Doflamingo." Doch trotz dieser Tatsache erhob sich Crocodile aus seinem Bett und machte sich gemeinsam mit Doflamingo auf den Weg zur Türe, um draußen ein wenig spazieren zu gehen und frische Luft zu schnappen.
 

bye

sb

Kapitel 3

Kapitel 3
 

Crocodile ging es mit der Zeit zunehmend besser. Die Spaziergänge, die er gemeinsam mit Doflamingo im weitläufigen Garten der Villa unternahm, erfrischten ihn und verbesserten sowohl seine Laune als auch seinen gesundheitlichen Zustand. Nach der langen Zeit, die er ans Bett gefesselt in seinem Zimmer hatte verbringen müssen, erschien ihm die Wiese grüner und der Himmel blauer als je zuvor. Er hatte das Gefühl, beinahe vergessen zu haben, wie es sich anfühlte, draußen an der frischen Luft zu sein.

Crocodile konnte einfach nicht anders, als sich jede Palme und jeden Strauch, an dem sie vorbeikamen, genau anzusehen. Er versuchte sich jeden hübschen Anblick, der sich ihm bot, so gut wie möglich einzuprägen, da ihm durchaus bewusst war, dass er später zurück in sein leeres Zimmer würde kehren müssen. Und anstatt sich die Zeit mit Zeitungslesen zu vertreiben, wollte er dann lieber an das Gras denken, das seine nackten Füße kitzelte und an den warmen Wind, der ihm sanft ins Gesicht blies.

Nachdem sie eine Weile herumgelaufen waren und Crocodile sich den Garten von Doflamingos Villa zur Genüge angeschaut hatte -es sah tatsächlich ganz genauso aus, wie er es ihm beschrieben hatte-, schlug Doflamingo vor, sich für eine Weile hinzusetzen. Crocodile, dem schnell die Beine wehtaten nach dem langen Spaziergang, stimmte zu. Und weil er gar nicht genug bekommen konnte von dem Gefühl der Wiese unter seinen Füßen, ließ er sich einfach an Ort und Stelle nieder.

Doflamingo quittierte sein Verhalten mit einem überrascht klingendem Lachen. "Fufufufufu. Seit wann bist du dir denn nicht zu fein, um dich auf den Boden zu setzen, Crocodile? Normalerweise ist dir doch das Beste gerade gut genug." Mit dieser Aussage hatte Doflamingo definitiv recht, doch jetzt gerade empfand Crocodile die Wiese als das Beste, was sich ihnen beiden anbot. Er rieb mit seinen Beinen und Füßen über die kleinen Grashalme, die ihn kitzelten, und seufzte wohlig auf. Dieses Kitzeln war ein so unendlich angenehmes Gefühl nach dem langen Liegen auf dem glatten Bettlaken aus Seide.

Doflamingo setzte sich im Schneidersitzt ihm Gegenüber. "Dir scheint es hier im Garten ja richtig gut zu gefallen. Das freut mich sehr."

Crocodile zuckte mit den Schultern. "Ich hatte beinahe vergessen, dass es noch etwas anderes in dieser Welt gibt als Herumsitzen und auf leere Wände starren", meinte er schließlich und betrachtete mit einem zufriedenen Lächeln die kleinen Wolken, die über ihren Köpfen am Himmel vorbeizogen.

"Dabei hast du früher doch so gerne abgeschieden vom Rest der Welt in deinem unterirdischen Büro gesessen. Du weißt schon, damals ins Rainbase."

"Da hatte ich ja auch meine Bananenkrokodile, die ich mir anschauen konnte. Und außerdem gab es immer viel Arbeit zu erledigen. Berichte zu lesen und Missionen zu verteilen. Das ist überhaupt kein Vergleich zu diesem schrecklichen im Bett bleiben müssen und schauen, dass man die Zeit irgendwie totkriegt."

Doflamingo seufzte. "Es tut mir leid, dass du dich so sehr langweilst."

"Ist schon gut, jetzt sind wir ja erstmal hier draußen im Garten."

Crocodile schloss für eine Weile seine Augen und lauschte den Geräuschen um sich herum. Er konnte das Summen von Insekten hören und das Rauschen der Palmenblätter im Wind. Es war eine völlig andere Geräuschkulisse als er sie aus seinem Zimmer kannte. Dort wurde die Stille höchstens einmal durch die Stimme von Doflamingo oder dem leisen Atmen der Sklaven, die an der Türe Wache standen, durchbrochen. Es roch dort auch ganz anders. Nach Medikamenten und frischer Bettwäsche. Hier draußen hingegen roch es nach Blumen und Bäumen und Sonne im Wind. Crocodile hatte sich noch nie zuvor in seinem Leben so lebendig gefühlt wie jetzt gerade im Augenblick.

Als er seine Augen irgendwann wieder öffnete, sah er, dass Doflamingo sehr nah zu ihm herüber gerutscht war. Einen Moment später war er so nah, dass ihre Nasenspitzen sich beinahe berührten. Und dann küssten sie sich. Es war ein zuerst recht zaghafter Kuss, dafür allerdings mit sehr viel Gefühl und Leidenschaft. Crocodile konnte sogar Doflamingos Lippen beben spüren. Es fühlte sich berauschend an.

Nach diesem ersten Kuss küssten sie sich noch ein zweites und drittes Mal. Wilder und zügelloser. Und dann stand Doflamingo auf. Er umfasste mit seiner rechten Hand Crocodiles Unterarm und half ihm dabei, selbst vom Boden wieder aufzustehen. "Wir sollten langsam wieder zurück", meinte er.

"Wieso denn?" Beleidigt zog Crocodile seinen Unterarm zurück. "Ich will noch für eine Weile hier bleiben, Doflamingo."

"Ich weiß, aber du warst nun schon lange genug draußen. Du darfst nicht vergessen, dass du dich immer noch schonen musst. Am besten, du legst dich jetzt wieder schlafen."

Crocodile seufzte. Am liebsten hätte er jetzt einen Streit heraufbeschworen und Doflamingo daran erinnert, dass er nicht sein Vormund war, doch weil ihm tatsächlich die Beine wehtaten und seine Augen müde wurden, fügte er sich schließlich doch in sein Schicksal und folgte Doflamingo zurück in die Villa.
 

Gemeinsam mit Doflamingo ging Crocodile nun öfter spazieren. Er wäre auch gerne hinunter zum Strand gegangen, um sich das Meer anzuschauen, doch ihm war selbst durchaus bewusst, dass diese lange Strecke ihn wohl doch noch überfordern würde. Seine Beine hatten lange funktionslos im Bett gelegen und nun schmerzten sie jedes Mal, wenn er auch nur ein paar hundert Meter weit ging. Stattdessen beschränkte er sich auf das Gebiet um die Villa herum. Am liebsten hielt er sich in dem großen und weitläufigen Garten auf, von dem er gar nicht genug bekommen zu können schien.

Der Austausch von Zärtlichkeiten mit Doflamingo setzte sich fort. Sie küssten sich häufig und Doflamingo strich ihm oft über den Rücken oder half einer verirrten Haarsträhne zurück an ihren Platz. Zu mehr kam es zu Crocodiles Leidwesen allerdings nicht. Auch wenn er bereits spürte, dass sich Erregung in seinem Körper ausbreitete und sein Glied steif zu werden begann, blockte Doflamingo jede intimere Berührungen sofort ab. Dieses Verhalten kränkte Crocodile zutiefst und verwirrte ihn. Früher hatte Doflamingo niemals genug von ihm bekommen können; es war stets Crocodile gewesen, den es zu überreden gegolten hatte. Diese plötzliche Ablehnung seitens Doflamingo verletzte ihn und sorgte dafür, dass Crocodile begann, sich ernsthaft Gedanken über bestimmte Dinge zu machen.
 

Doflamingos Verhalten machte in Crocodiles Augen überhaupt keinen Sinn. Es war Abend und er lag -abgesehen von den beiden allgegenwärtigen Wachen an der zweiflügligen Türe- allein in seinem Bett.

Er hatte erneut viel Zeit mit Doflamingo verbracht. Sie hatten auf zwei bequemen und gepolsterten Stühlen im Garten gesessen und sich lange und ausgiebig miteinander unterhalten. Dabei hatten sie auch wieder Liebkosungen ausgetauscht. Vor allen Dingen ein bestimmter Kuss blieb Crocodile noch lange im Gedächtnis, denn darin hatte ein unglaubliches zittriges und bebendes Verlangen gegelen, das von beiden Seiten ausging. Erst, als es dunkel zu werden begann, hatten sie sich voneinander trennen müssen. Schließlich war Doflamingo ein geschäftiger Mann, der überall auf der Welt seine Untergebenen und Komplizen hatte, der von der zweiten Reihe aus alle Figuren auf der Bühne dirigierte, und darum führte er jeden Tag eine ganze Menge Telefongespräche. Crocodile hatte ihm angeboten, später am Abend zu ihm ins Bett zu schlüpfen und versprochen, auf jeden Fall länger wach zu bleiben für ihn, doch Doflamingo hatte sowohl deutlich als auch elegant abgelehnt: "Ich möchte nicht, dass du für mich unnötig lange wachbleibst. Das ist nicht gut für dich; du musst dich immer noch sehr schonen. Leg dich lieber früher schlafen. Wir sehen uns ja gleich morgen wieder. Ich verspreche es dir."

Dennoch war Crocodile wachgeblieben. Er lag in seinem Bett und starrte aus dem Fenster. Er war ein stolzer und kluger Mann und hatte die Abweisung durchaus verstanden, doch insgeheim hoffte er dennoch, dass Doflamingo es sich vielleicht doch noch anders überlegen würde. Die Zeit zog sich träge dahin, und aus elf Uhr abends wurde schließlich Mitternacht und dann ein Uhr nachts. Crocodile seufzte leise und schimpfte gedanklich mit sich selbst, weil er so schrecklich naiv gewesen war, was eigentlich überhaupt gar nicht zu einem so bodenständigen Menschen wie ihm passte.

Er tröstete sich damit, dass Doflamingos Verhalten sehr verwirrend war und das stimmte tatsächlich. Sie küssten sich häufig und nicht selten gingen diese Küsse von Doflamingo aus. Außerdem liebkoste er ihn auch auf andere Weise. Gelegentlich strich er ihm sanft über den Rücken oder die Arme oder das Haar. Und in all diesen Dingen lag eine Leidenschaft, die so groß und deutlich zu spüren war, dass sie früher bereits längst übereinander hergefallen wären.

Doch seit Crocodile aus seinem Koma erwacht war und nun keine Hände mehr besaß, ließ Doflamingo sich auf keine Art von intimen Verkehr mehr ein. Fand er ihn so schrecklich unattraktiv? Seine sowieso schon schlechte Laune wurde plötzlich noch schlechter. Womöglich glaubte Doflamingo, dass er ihn mit seiner Behinderung nicht mehr würde ausreichend befriedigen können. Schließlich würde er nicht einmal mehr Doflamingos Glied umfassen können, weder, um ihn mit der Hand zu befriedigen noch, um während eines Blowjobs sein Glied festzuhalten. Hm. Crocodile schloss seine Augen. Wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, dann glaubte er daran nicht hundertprozentig. Er hatte seine linke Hand bereits vor einigen Jahren verloren und Doflamingo hatte ihm niemals das Gefühl gegeben, dass ihm dieser Umstand irgendetwas ausmachte. Ganz im Gegenteil, häufig hatte er ihn beim Sex, wenn er seinen Goldhaken losgemacht hatte, genau auf den vernarbten Armstumpf geküsst und diesen deutlich geliebkost. Wieso also machten ihn plötzlich zwei Armstümpfe so schrecklich viel aus?

Vielleicht lag es ja gar nicht bloß an seinen fehlenden Händen. Crocodile fühlte sich müde und erschöpft, weil er heute über mehrere Stunden hinweg draußen im Garten auf dem geraden Stuhl gesessen hatte, und war bereits halb eingeschlafen, während er diesen Gedanken weiterführte. Er hatte drei Monate lang im Koma gelegen. Kaum Sonnenlicht gesehen, war in-vitro ernährt worden. Und Doflamingo musste ihn noch immer füttern, weil er nicht alleine essen konnte. Vielleicht waren es nicht nur seine Hände. Vielleicht war es ja dazu auch noch sein restlicher Körper, der ihn anwiderte.

Crocodiles Zustand konnte man kaum mehr als wach bezeichnen, als er schlussendlich zu diesem Ergebnis kam. Dennoch, oder womöglich auch gerade deswegen, kam ihm dieser Schluss überaus logisch vor. Seine Muskel waren völlig verkümmert, sogar sein Sixpack hatte sich in einen flachen Bauch verwandelt, und seine Haut war transparent und käsig geworden. Da war es doch kaum verwunderlich, dass Doflamingo ihn ablehnte. Oder nicht?
 

Die Erkenntnis, dass Doflamingo sich vor ihm ekelte, frustrierte Crocodile. Und noch mehr frustrierte es ihn, dass er diese Ansicht völlig nachvollziehen konnte, als er nächsten Morgen an sich herunter sah. Seine Haut war gräulich-weiß und so dünn, dass er sogar das Netz zarter Adern unter ihr problemlos ausmachen konnte. Sein Bauch war flach und ein wenig faltig und die strammen Muskeln an seinen Beinen waren ebenfalls völlig verschwunden. Seine Arme waren für einen Mann seiner Statur schon immer relativ dünn gewesen, doch wegen der beiden vernarbten Armstümpfe konnten auch sie den Gesamteindruck nicht aufbessern.

Am schlimmsten von allem jedoch war, zumindest im Augenblick, sein Glied, dass sich nachts, während er geschlafen und geträumt hatte, aufgerichtet hatte und noch immer stand. Crocodile war ein sehr schamhafter Mensch und seine Morgenlatte war ihm schrecklich peinlich. Er schämte sich so sehr, dass er sich nicht einmal im Bett aufrichtete, auch wenn er längst wach war, sondern weiterhin auf der Seite liegen blieb und so tat, als würde er schlafen. Er wollte nicht, dass die beiden Wachen an der Tür mitbekamen, dass er wach war und einen Sklaven schickten, der ihm beim Ankleiden helfen sollte. Außerdem wurde ihm auf sehr unangenehme Weise wieder klar, wie hilflos er doch war. Er hatte ja nicht einmal die Möglichkeit, sich seiner Morgenlatte auf übliche Art und Weise zu erledigen. Stattdessen würde er warten müssen, bis sie von selber wieder verschwand.
 

Am Nachmittag desselben Tages beschloss Crocodile, an der Situation etwas zu ändern und seinen Körper zu stärken.

Weil er so getan hatte, als wäre er erst gegen Mittag aufgewacht, und Doflamingo am Nachmittag und Abend einige wichtige Telefongespräche führen musste, sahen sie sich entgegen des Versprechens am gestrigen Abend nur flüchtig für einige Minuten. Doflamingo erkundigte sich nach seinem Wohlbefinden und versprach, gemeinsam mit ihm zu Abend zu essen. Für mehr blieb kaum Zeit. Und das ärgerte Crocodile. Er war nicht nur ein sehr kluger, sondern auch emotionaler Mensch und es verletzte ihn, dass Doflamingo sein Versprechen gebrochen hatte und ihn links liegen ließ wie ein Spielzeug, das langweilig geworden war.

"Wieso hast du mich heute Morgen nicht einfach aufgeweckt?" Dass er seinen Schlaf nur vorgetäuscht hatte und er sich wohl in einer überaus peinlichen Situation wiedergefunden hätte, wenn Doflamingo dies getan hätte, spielte in Crocodiles Augen keine Rolle. Schließlich hatte Doflamingo das nicht wissen können. Tatsächlich hatte er sogar mitbekommen, wie er heute Morgen nach ihm gesehen hatte und dann, ohne ihn aufzuwecken, wieder gegangen war.

"Ich wollte dich nicht wecken. Es ist wichtig für deinen Heilungsprozess, dass du viel schläfst."

"Ich bin doch fast wieder gesund!"

"Red keinen Blödsinn!" Er erinnerte sich daran, dass Doflamingos Stimme schärfer geklungen hatte als sonst, als er diese Worte aussprach. "Du bist immer noch schwer angeschlagen. Jede Überanstrengung könnte dich umbringen!" Und dann wechselte er plötzlich das Thema: "Ich muss jetzt los, telefonieren. Ich lasse dir dein Frühstück aufs Zimmer bringen." Und kaum hatte er zu Ende gesprochen, verließ er hastig das Krankenzimmer.

Crocodiles Ansicht nach rochen Doflamingos Worte stark nach einer faulen Ausrede. Er war einer der Shichibukai: Seit wann konnten irgendwelche Telefongespräche denn nicht warten? Und außerdem fühlte er sich tatsächlich beinahe wieder völlig gesund. Doflamingo schob dieses Gespräch und seine angeblichen Sorgen doch bloß vor, damit er nicht so viel Zeit mit ihm verbringen musste. Damit ihm der Anblick seiner bleichen, durchscheinenden Haut und seiner beiden vernarbten Armstümpfe erspart blieb. Und natürlich, damit er ihn heute nicht füttern musste.

Crocodile fühlte sich verletzt und schämte sich für seinen Zustand. Und darum beschloss er, etwas dagegen zu tun. Er rief einen der Sklaven, die an der zweiflügligen Türe Wache hielten, zu sich ans Bett und befahl ihm dann, ihm beim Ankleiden zu helfen. Diesmal ließ er sich auch feste Schuhe anziehen. Er hatte kein Problem damit, dass ihm die Schnürsenkel von einer anderen Person gebunden werden mussten, denn Schnürsenkelbinden hatte er auch mit nur einer Hand niemals alleine geschafft. Außerdem kniete sich der Sklave dafür vor ihm nieder, während er auf dem Bett sitzen blieb, und allein diese Pose verlieh ihm ein seltsames Gefühl von Macht. Es war lange nicht so erniedrigend wie die Hilfe beim in die Hose oder in die dünne Jacke schlüpfen.

Als er sein Krankenzimmer verlassen wollte, hielten ihn die beiden Sklaven allerdings auf. "Wohin gehen Sie, Sir Crocodile?"

Crocodile seufzte und schloss für einen kurzen Moment seine Augen. Dann versuchte er sich an den Sklaven vorbeizudrängeln. "Ich bin euch keine Rechenschaft schuldig."

"Der junge Lord befiehlt, dass wir darüber informiert sein müssen, wo Sie sich aufhalten."

"Ist ja schon gut, du Kakerlake. Ich möchte nur hinunter in den Garten."

"Wieso tragen Sie Schuhe?"

Crocodile zog eine Augenbraue hoch. "Wieso trägst du welche? Und jetzt lass mich endlich durch oder ich werde wirklich wütend." Auch wenn ihm beide Hände fehlten und er sich in seinem sehr schlechten Zustand befand, machte er mit seiner enormen Körpergröße und seinem ernsten Blick einen so bestechenden Eindruck auf den Sklaven, dass ihn dieser schließlich widerstandslos vorbeiließ. Doch er wäre kein noch lebender Sklave von Doflamingo gewesen, wenn er dessen Befehle so einfach ignorieren würde. Er folgte ihm bis hinunter in den Garten. Als Crocodile dies bemerkte, rümpfte er abfällig die Nase. "Dämlicher Bastard..."

Crocodile hatte vor, ein paar Runden durch den Garten zu joggen. Ganz gleich, was Doflamingo über seinen Gesundheitszustand sagte: Er fühlte sich wieder fit. Fast so fit wie früher zu seinen besten Zeiten. Und selbst wenn nicht, würde ihm ein bisschen Sport sicher gut tun, um wieder fit zu werden. Um verkümmerte Muskeln wieder aufzubauen und seiner Haut wieder ein wenig mehr Farbe zu verleihen.

Gerade wollte er locker loslaufen, als ihn erneut der Sklave, der von Doflamingo dazu beauftragt worden war nach ihm zu sehen, aufhielt: "Was tun Sie da?" Seine Stimme klang missbilligend. Und diese Tatsache ärgerte Crocodile sehr. Er war nicht irgendwer, sondern ein großer Pirat und ein ehemaliger Shichibukai; er war niemandem gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet. Schon gar nicht einem Sklaven. Und darum ignorierte Crocodile ihn einfach und trabte stattdessen los.

"Stopp! Hören Sie sofort damit auf! Sind Sie denn verrückt?!" Nun versperrte ihm der Sklave sogar den kleinen Gartenweg. Verwirrt und verärgert presste Crocodile seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und warf dem Sklaven einen wütenden Blick zu.

"Geh mir aus dem Weg, du Wurm!"

Der Sklave wirkte völlig panisch. Anders konnte Crocodile sich dessen Verhalten auch nicht erklären. Anstatt seinem Befehl Folge zu leisten, versperrte er ihm noch immer den Weg und blaffte ihn sogar mit zittriger Stimme an: "Sie sind in einem viel zu geschwächten Zustand, Sir Crocodile! Sie dürfen auf keinen Fall Sport betreiben! Das könnte Ihren Tod bedeuten! Bitte kehren Sie augenblicklich in Ihr Zimmer zurück!" Und dann fügte er noch hinzu: "Wenn der junge Lord hiervon erfährt, wird er uns alle umbringen!"

Als Antwort zuckte Crocodile lediglich mit den Schultern. Was kümmerte ihn das Leben dieses Wichts? Und was kümmerten ihn Doflamingos Anweisungen? Ihm war durchaus bewusst, dass er noch nicht wieder völlig auf der Höhe seiner Kräfte war. Natürlich. Doch auf der anderen Seite wollte er doch bloß eine kleine Runde locker joggen. Das würde ihn wohl kaum umbringen. In dieser Sorge spiegelten sich doch bloß Doflamingos absolut unrealistische Ängste wieder!

"Entweder du gehst mir jetzt aus dem Weg, du kleiner Bastard, oder es wird nicht Doflamingo sein, der dich umbringen wird." Seine Stimme klang ruhig und völlig ernst. Und genauso meinte Crocodile seine Drohung auch.

Es dauerte eine halbe Sekunde, dann ging der Sklave schließlich zur Seite und machte ihm Platz. Er warf ihm noch einen letzten verzweifelten Blick zu, ehe Crocodile ungeachtet dessen langsam lostrabte. Nur aus dem Augenwinkel heraus sah er noch, wie der Sklave hektisch die Gartenanlage der Villa verließ. Es würde Crocodile nicht überraschen, wenn er sein Verhalten seinem Herrn melden würde. Sollte er es doch versuchen! Wenn Doflamingo wegen dieses Telefonats keine Zeit für ihn erübrigen konnte, dann würde er es wohl erst recht nicht für diesen Sklaven können.
 

Eineinhalb Minuten später wurde Crocodile auf unangenehme Weise klar, dass er sich eindeutig geirrt hatte. Er war kaum ein paar Meter weit gekommen -tatsächlich strengte ihn das Joggen deutlich mehr an, als er es erwartet hatte-, als er die Silhouette eines großen Mannes in einem voluminösen Mantel ausmachen konnte, neben dem ein kleiner Sklave nervös und änsgtlich hertrabte. Frustriert seufzte Crocodile und hielt in seiner Bewegung inne. Sicherlich würde Doflamingo ihm jetzt eine Standpauke halten. Darauf hatte er allerdings überhaupt keine Lust. Er wollte entweder weiter laufen oder zurück in sein Bett, denn inzwischen schmerzten seine Beine schon stark.

Gerade als er zu Ende gedacht hatte, erschien Doflamingo vor ihm. Crocodile sah ihm in einer Haltung entgegen, die gleichermaßen Genervtheit und Lässigkeit ausdrückte. Ganz im Gegensatz dazu schien Doflamingo völlig außer sich zu sein.

"Verdammt nochmal, Crocodile! Kann ich dich denn keine fünf Minuten aus den Augen lassen?!"

Crocodile zuckte mit den Schultern und verdrehte die Augen. Er verstand Doflamingos Panik überhaupt nicht. "Wolltest du nicht telefonieren?"

"Ich war gerade dabei, als mir berichtet wurde, dass du vorhast, dich hier umzubringen!"

"Du übertreibst mal wieder maßlos. Verdammt, ich wollte doch bloß eine kleine Runde joggen. Was ist denn dagegen einzuwenden?"

"Was dagegen einzuwenden ist? Du bist schwerverletzt und gerade erst aus einem dreimonatigem Koma aufgewacht! Das ist dagegen einzuwenden! Weißt du denn nicht mehr, was das letzte Mal passiert ist, als du dich überanstrengt hast?!"

"Das ist doch jetzt schon solange her, Doflamingo! Irgendwann muss ich doch mal wieder damit anfangen, mich zu bewegen. Wenn ich immer nur im Bett liegen bleibe, werde ich sicher nicht gesund!"

"Du hast mir nicht mal Bescheid gesagt! Und viel schlimmer noch: Du hast auch nicht mit dem Arzt gesprochen!"

"Du hättest doch sowieso nur wieder versucht mich zu bevormunden..."

"Ja, und das aus gutem Grund, verdammt nochmal!"

Crocodile seufzte und legte den Kopf in den Nacken. Diese Diskussion mit Doflamingo strengte ihn so sehr an, dass sein Schädel zu pochen begann. Am liebsten hätte er jetzt geschlafen.

"Der einzige, der mich hier fertig macht, bist du, Doflamingo. Weißt du das eigentlich?"

Crocodile hatte diesen Satz aus irgendeiner Intuition heraus ausgesprochen. Und hätte ihn am liebsten sofort wieder zurückgenommen. Er konnte förmlich sehen, wie die Farbe aus Doflamingos Gesicht wich und dieser völlig starr wurde. "So habe ich es nicht gemeint!"

"Du solltest dich lieber schlafen legen." Doflamingos Stimme war leise und in ihr lag irgendetwas, das Crocodile zwar nicht recht beschreiben konnte, doch in seinen Ohren sehr ungut klang.

"Verdammt, Doflamingo, es tut mir leid! Wirklich! Bitte!"

Anstatt ihm zu antworten, schüttelte Doflamingo bloß den Kopf und ließ ihn dann mit dem Sklaven allein, der prompt versuchte, ihn zurück in sein Krankenzimmer zu lotsen. Irgendwann gab Crocodile seufzend auf und folgte ihm.
 

bye

sb

Kapitel 4

Joggen zu gehen war definitiv eine sehr schlechte Idee von ihm gewesen, das musste Crocodile sich im Nachhinein wohl oder übel eingestehen. Inzwischen befand er sich längst wieder in seinem Krankenzimmer und ein paar aufgeregte Sklaven sowie sein Leibarzt schwirrten wie Fliegen um ihn herum. Ein starker Schmerz hatte sich in seinen beiden Beinen ausgebreitet, seine Augen waren müde und sein Herz schien schrecklich zu rasen, obwohl er völlig ruhig in seinem Bett lag. Vielleicht hat Doflamingo doch recht gehabt, dachte Crocodile unwillig und schloss die Augen. Er bemerkte kaum, wie ihm irgendjemand eine Spritze in den rechten Arm gab. Vielleicht habe ich mich doch überanstrengt. Sir Crocodile war stolz, doch weiß Gott nicht dumm. Diese Einsicht gefiel ihm nicht, doch er akzeptierte sie. Er spielte sogar mit dem demütigen Gedanken, sich bei Doflamingo für sein dummes Verhalten zu entschuldigen.

Plötzlich fühlte Crocodile sich sehr erschöpft und spürte, wie er zunehmend müder wurde. Entschuldigung hin oder her, dachte er und eine kleine Welle Ärger schwappte durch seinen Körper, während er in einen traumlosen Schlaf abdriftete, er würde Doflamingo auf jeden Fall mitteilen müssen, dass der Arzt sparsamer mit seinen Schlaf- und Beruhigungsmitteln umgehen sollte.
 

Crocodile verbrachte die nächsten Tage ausschließlich im Bett, weil der Arzt der Meinung war, dass er sein Glück lieber nicht noch einmal herausfordern sollte. Crocodile gefiel die Vorstellung, erneut so viele Stunden nur mit dem Lesen von Romanen und Zeitungen ausfüllen zu müssen, überhaupt nicht, doch dieses Mal handelte er ein wenig vernünftiger und fügte sich relativ widerstandslos in sein Schicksal. Was ihn allerdings sehr wurmte, war die Tatsache, dass Doflamingo ihn nicht besuchte. Nicht am ersten Tag, nicht am zweiten Tag und auch nicht am dritten. Bestimmt ist er wütend, schoss es Crocodile durch den Kopf, während er die Tageszeitung durchblätterte. Er ist beleidigt und erwartet von mir, dass ich ihn um Verzeihung bitte.

Crocodile seufzte und wandte den Blick von der Tageszeitung ab, sah stattdessen zu dem großen Erkerfenster zu seiner Linken (wenn er denn eine gehabt hätte) hinüber und verlor sich ein wenig in dem kleinen Stück blauen Himmel, das ihm erlaubt war zu sehen. Er sollte sich wirklich bei Doflamingo entschuldigen. Schließlich hatte sein Partner ihn nicht ärgern wollen, sondern sich nur Sorgen um ihn gemacht. Und zwar absolut berechtigte Sorgen, wie er nun festgestellt hatte.

Crocodile war stolz. Er entschuldigte sich nicht gerne. Weder bei Doflamingo noch bei sonst irgendjemanden. Nach einigem Hin und Her beschloss er schließlich, noch ein paar Tage abzuwarten und zu schauen, ob sich die Sache nicht irgendwie von selbst regelte. Ansonsten würde er für Doflamingo eben einmal seinen Stolz zur Seite schieben müssen und sich kurzerhand entschuldigen.
 

Am nächsten Tag, gleich nach dem Frühstück (er wurde von einem jungen Sklavenmädchen gefüttert), erkundigte Crocodile sich nach Doflamingo. Zu seinem Leidwesen allerdings waren die Informationen, die er erhielt, äußerst dürftig.

"Der junge Lord ist zur Zeit sehr beschäftigt", erklärte ihm ein Bediensteter, "er telefoniert sehr viel und erledigt wichtige Angelegenheiten."

"Und wie ist es mit seiner Laune?", hakte Crocodile darum aufgeregt nach. "Ist er vielleicht wütend oder so etwas?"

Der junge Mann zuckte irritiert mit den Schultern. "Verzeiht, Sir Crocodile", meinte er schließlich, "aber ich halte mich selbst nicht für weise genug, um die komplexen Gefühle und Gedankengänge des jungen Lords auch nur ansatzweise deuten zu können."

Diese Aussage verärgerte Crocodile sehr und er kreuzte aus einer alten Gewohnheit heraus die Arme vor der Brust zusammen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie lächerlich diese Geste ohne Hände wirkte. "Stell dich nicht dümmer als du bist!", giftete er den demütigen Bediensteten an. "Du musst doch ungefähr wissen, was für Laune er hat! Ist er fröhlich, wütend, gereizt...? Jetzt rück schon raus mit der Sprache oder du wirst es bereuen!"

Seine Stimme, die zum Ende hin immer lauter geworden war, machte Eindruck auf den jungen Mann, der nach einem kurzen Moment des Stillschweigens endlich stotternd verlauten ließ: "Nun, auf mich persönlich, Sir Crocodile, aber das ist wirklich bloß eine ganz subjektive Einordnung von einem Nichtsnutz wie mir, also bitte verlassen Sie sich nicht auf meine Aussage... auf mich jedenfalls wirkt der junge Lord in letzter Zeit auf eine seltsame Art und Weise ... verzweifelt."

Sir Crocodile hob verwundert eine Augenbraue. Er hatte mit vielem gerechnet, doch nicht damit. Er kannte Doflamingo als einen stolzen, klugen, mächtigen und aus sicherer Distanz stets amüsierten Menschen. Ihm wäre niemand eingefallen, auf den das Wort "verzweifelt" weniger gepasst hätte als Donquixote Doflamingo. "Wie meinst du das?", fragte er darum den jungen Bediensteten.

Der zuckte ängstlich mit den Schultern. Schweiß stand ihm bereits auf der Stirn; verständlicherweise schien ihm die Situation, in der er sich gerade befand, extrem unangenehm zu sein. Dennoch gestand er gehorsam Rede und Antwort: "Nun, wie Sie es bereits angedeutet haben, Sir Crocodile, wirkt der junge Lord in letzter Zeit recht reizbar und angespannt. Er hat bereits fünf Sklaven aus bloßer Launenhaftigkeit heraus getötet. Den Grund kenne ich nicht. Doch seine Laune wird mit jedem Tag schlechter. Es scheint, als würde ihn irgendetwas ganz furchtbar in den Wahnsinn treiben, ohne dass er etwas dagegen tun könnte. Oh, bitte verzeiht mit meine vorlauten Worte, Sir Crocodile, ich bin nur ein wertloser Sklave..."

"Jaja, ist ja schon gut", unterbrach Crocodile unwirsch das Geplappere des jungen Bediensteten und entließ ihm mit einer kurzen Handbewegung (nun, genau genommen schwenkte er bloß seinen rechten Armstumpf ein wenig, doch der Sklave schien zu verstehen, was er damit sagen wollte und machte sich geschwindt aus dem Staub).

Doflamingo war also angespannt, gereizt ... verzweifelt. Crocodile seufzte und legte den Kopf in den Nacken. Es nützt alles nichts, dachte er, ich muss mich bei ihm entschuldigen. Am besten ist es, wenn ich noch ein paar Tage warte, damit er Zeit genug hat, um sich zu beruhigen. Und dann biete ich ihm am späten Abend einen romantischen Spaziergang an und werde mich bei ihm entschuldigen. Und weil ihm dieser Gedanke, jemand Anderen um Verzeihung zu bitten, so schrecklich unangenehm war, fügte er noch hinzu: Und damit hat es sich dann auch für die nächste Zeit, was blöde Entschuldigungen angeht.
 

An besagtem Abend bemühte Crocodile sich darum, so gut auszusehen wie nur möglich. Er hatte Doflamingo nun schon seit fast einer Woche nicht mehr gesehen, weil dieser den Kontakt mit ihm mied, und er wollte einen guten Eindruck machen. Er badete ausgiebig und ließ sich von einem Sklavenmädchen die Haare waschen. Außerdem ließ er sich die Fußnägel schneiden, seine Augenbrauen zupfen und einen Teil seiner Körperbehaarung wachsen. Das war zwar deutlich schmerzhafter als eine Rasur es gewesen wäre, doch dafür hielt das Ergebnis deutlich länger vor, was für Crocodile das entscheidende Kriterium gewesen war. Er zeigte sich nicht gerne nackt vor anderen Menschen (außer Doflamingo). Dass er sich für das Wachsen hatte überwinden müssen, war eben ein notwendiges Übel gewesen, das er für eine kleine Aufwertung seines Äußeren gerne in Kauf nahm. Anders als sonst trug er auch nicht seine bequeme Kleidung, die für einen langen Aufenthalt im Bett gut geeignet war, sondern dunkle Unterwäsche, ein grünes Hemd und eine schwarze Hose mit Gürtel.

Als er nach der langen Prozedur schließlich in den Spiegel sah, war er fast schon der Meinung, dass er gut aussah. Wenn nicht beide Hände und der dicke Mantel, auf den er verzichtet hatte, gefehlt hätten, hätte man ihn fast schon für den Alten halten können. Er war noch immer sehr bleich, doch weil er früher schon stets sehr blass gewesen war, fiel diese Tatsache nicht weiter auf.

Zum ersten Mal seit langem zierte ein leichtes Grinsen Crocodiles Lippen. Vielleicht würde Doflamingo sich nach seiner Entschuldigung auch noch zu anderen Dingen hinreißen lassen. Doflamingo liebte Versöhnungssex. Vielleicht hatte Sir Crocodile heute Abend endlich die Gelegenheit, um alles wieder richtig zu stellen. Damit diese elende Hölle endlich ein Ende hatte und alles wieder so wurde wie früher.
 

Es dauerte ein paar Minuten, seine nervigen Leibsklaven abzuwimmeln. Vor allen Dingen seit seiner wahnwitzigen Idee, joggen zu gehen, wurde er ungern aus den Augen gelassen. Einige Diskussionen und Drohungen später jedoch war auch dieses Problem aus der Welt geschafft und Crocodile machte sich auf den Weg zu Doflamingos Schlafzimmer. Es war bereits dunkel draußen und außerdem hatte ihm einer der Sklaven mitgeteilt, dass Doflamingo sich aktuell dort aufhielt. Auf leisen Sohlen also -um sein Kommen nicht anzukündigen und auf diese Weise die Überraschung kaputt zu machen- schlich er sich ein Stockwerk höher bis zu Doflamingos privaten Räumen. Dort öffnete er mithilfe eines Armstumpfes leise und vorsichtig die geschlossene Türe einen kleinen Spalt weit - und erstarrte vor Entsetzen bei dem Anblick, der sich ihm bot.

Sir Crocodile fühlte sich, als hätte ihm irgendjemand mit einer verdammt harten Faust in den Magen geboxt. Sein erster Reflex bestand darin zu schreien und zu heulen, doch in seinen Lungen war dafür keine Luft und -was noch viel wichtiger war- er war Sir Crocodile. Und Sir Crocodile, ehemaliger Shichibukai, ehemaliger Mister Zero, gefürchteter Pirat, schrie nicht und heulte auch nicht. Ganz gleich in welcher Situation. Stattdessen blieb er für vielleicht eine halbe Minute still stehen und sah dabei zu, wie Doflamingo es mit einem jungen Sklaven trieb.

Der junge Mann befand sich auf allen Vieren und stöhnte leise, während Doflamingo von hinten immer wieder hart und schnell in ihn eindrang. Crocodile hörte, wie erhitzte Haut aufeinanderschlug und atmete den süßlichen Geruch von Schweiß und Gleitmittel ein. Er sah die beiden nackten, hübsch gebräunten Körper und ihm wurde schlecht bei diesem Anblick.

Doflamingo bemerkte ihn nicht einmal. Eigentlich müsste er sich jetzt zu mir umdrehen, dachte Crocodile in einem Hauch von Wahnsinn und Wut, so wie es immer in den Romanen steht, die ich andauernd lese. Er dreht sich gleich um und sieht mich hier im Türrahmen stehen. Dann erstarrt sein Gesichtsausdruck, er wendet sich hektisch vom Jungen ab und er wird sagen: "Es ist nicht so wie du denkst, Crocodile!"

Doch Doflamingo drehte sich nicht zu ihm. Crocodile wusste nicht einmal, ob er seine Augen überhaupt geöffnet oder geschlossen hatte, da sie wie üblich von den getönten Gläsern seiner Sonnenbrille verdeckt wurden. Beim Sex mit mir hat er seine beschissene Brille immer abgenommen, schoss es Crocodile völlig zusammenhanglos durch den Kopf. Doflamingo sah ihn überhaupt nicht und Crocodile schloss die Türe ebenso leise und unbemerkt, wie er sie geöffnet hatte.
 

Mit einem seltsam tauben Gefühl in Kopf und Bauch machte sich Crocodile rasch auf den Weg zurück ins sein eigenes Zimmer. Die Sklaven, die für ihn zuständig waren, schienen sehr froh darüber zu sein, ihn wiederzusehen, doch darum kümmerte Crocodile sich nicht sonderlich. Komplett angekleidet legte er sich auf sein Bett und starrte zur weißen Decke des Zimmers. Sir Crocodile war ein erfahrener Pirat, der in seinem Leben bereits vieles gesehen hatte, und er wusste, wie sich ein Schock anfühlte.

Er hatte einfach nicht damit gerechnet, dass Doflamingo mit einem anderen Mann schlafen würde. Crocodile war kein Traumtänzer. Er wusste, dass ihre seltsame Beziehung häufig eine Fernbeziehung war und er wusste auch, dass Doflamingo mit anderen Männern (und gelegentlich Frauen) schlief. Doch es war immer eine Art unausgesprochene Regel gewesen, dass sie nur miteinander schliefen, wenn der Andere da war. Crocodile hatte niemals zuvor miterlebt, dass Doflamingo auch nur mit einer anderen Person geflirtet hatte, während er anwesend war. Früher war der Shichibukai absolut verrückt nach ihm gewesen und hatte ihm jedem anderen möglichen Sexualpartner vorgezogen. Manchmal hatte er ganze Stunden damit zugebracht, ihn zu verführen. Und nun war die Situation plötzlich völlig umgekehrt: Crocodile sehnte sich nach Sex und Berührungen, er wollte Doflamingo eine Freude machen ... und erwischte ihn in flagranti mit einem seiner Sklaven im Bett. Warum nur?

Crocodile schloss seine Augen und legte sich auf die Seite. Doflamingos Verhalten bestätigte seine Theorie doch eigentlich bloß, oder nicht? Sein Partner fand ihn unattraktiv. Ihm fehlten beide Hände, er war leichenblass, hatte Muskeln abgebaut. Und seine Ausdauer war auch gänzlich verloren gegangen, wie sein Versuch sportlicher Betätigung vor einer Woche deutlich gezeigt hatte. Wie sollte er da Doflamingo auch befriedigen können?

Ein stechender Schmerz zog sich durch Crocodiles Herz. Diese Redewendung klang kitschig; sie hätte aus einem der Romane stammen können, die er in den letzten Tagen gelesen hatte. Doch nun fühlte Crocodile tatsächlich einen überaus realen Schmerz in seiner Brust. Es war seine Schuld, dass Doflamingo so etwas tat.

Wahrscheinlich hielt er ihn bloß noch aus Mitleid und um alter Zeiten willen noch am Leben und versorgte ihn. Darum hatte er auch in letzter Zeit den Kontakt mit Crocodile gemieden: Er war es satt, jedes Mal ein aufmunterndes Lächeln aufzusetzen, wenn er ihn sah. Er war es satt, ihn zu füttern und an seinem Bett zu sitzen, ihm Geschichten zu erzählen.

Normalerweise wäre Sir Crocodile niemals so sehr in Selbstmitleid versunken, wie er es jetzt gerade tat. Doch normalerweise war er auch nicht ans Bett gefesselt und hatte keine Hände mehr. Crocodile hatte das Gefühl, dass sein altes Leben, das aus seiner Beziehung zu Doflamingo, Kämpfen mit anderen Piraten, der Verfolgung von hochrangigen Zielen, bestanden hatte, wie ein Haufen Scherben vor seinen Füßen lag. Er hatte endgültig aufgegeben.

Alles, was sein Leben früher einmal wertvoll gemacht hatte, war verloren. Er hatte seine Stellung als Shichibukai verloren. Sein Piratenleben war beendet. Er konnte kaum ein paar Schritte laufen, ohne zusammenzuklappen und musste gefüttert werden wie ein Kind. Und nun war ihm auch noch Doflamingo fremdgegangen.

Was war dieses Leben eigentlich noch wert?

Er wusste die Antwort auf diese Frage ganz genau.

Mit diesen ernüchternden Gedanken im Kopf wurde Crocodile irgendwann vom Schlaf übermannt.
 

Am nächsten Morgen erwartete Crocodile bereits gleich nach seinem Erwachen eine weitere Überraschung: Doflamingo saß auf einem gepolsterten Hocker neben seinem Bett und lächelte ihn freundlich an, während Crocodile wiederum sich völlig verwirrt umsah. In seinen Händen hielt Doflamingo ein Frühstückstablett, das er vorsichtig auf das Bett abstellte.

"Hast du gut geschlafen?"

"Ich..." Crocodile stockte. "Ja, habe ich." War das hier ein Traum? Ihm kam diese Unterhaltung mit Doflamingo gerade unglaublich unwirklich vor. Vor allen Dingen nachdem, was er gestern Nacht mitbekommen hatte. Oder war gerade das bloß ein böser Traum gewesen? Crocodile fühlte sich überfordert.

"Warum trägst du denn Schuhe und Gürtel im Bett?" Verwundert musterte Doflamingo Crocodiles Kleidung, die dieser durch das Zurseiteschieben seiner Bettdecke preisgab. Was sollte er auf diese Frage antworten? Es war irrational und ungerecht, doch auf eine seltsame Art und Weise schämte Crocodile sich dafür, dass er Doflamingo gestern in flagranti erwischt hatte. Darum meinte er hastig: "Ähm, ich habe gestern Abend noch einen Spaziergang im Garten gemacht und war dann so erschöpft, dass ich sofort eingeschlafen bin."

"Achso." Doflamingo zuckte mit den Schultern. Dann sagte er: "Aber achte darauf, dass du dich nicht wieder so überanstrengst wie das letzte Mal. Ich will dich nicht vom Boden kratzen müssen. Fufufufufu." Doflamingo lachte leise und für ein paar Sekunden fühlte Crocodile sich so, als wäre die ganze Welt wieder in Ordnung. In letzter Zeit hatte Doflamingo kaum gelacht. Auch ihn nahm die Situation, in der Crocodile sich gerade befand, sehr mit.

"Wie kommt es, dass du mich wieder an meinem Krankenbett besuchst? Bist du nicht mehr wütend auf mich?"

Doflamingos Lachen verstummte. "Ich war nie wirklich wütend auf dich. Es gab ... andere Gründe, weshalb ich dich nicht sehen wollte. Ich möchte mich auch bei dir entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich dich in letzter Zeit mit meiner Besorgtheit so bedrängt habe. Ich habe eben große Angst um deine Gesundheit. Bei dem Gedanken daran, dass du wieder ins Koma fallen könntest, wird mir ganz schlecht. Aber ich bemühe mich trotzdem darum, dich weniger zu nerven. Wieder vertragen?"

"Ähm, ja, wieder vertragen." Die Worte kamen Crocodile über die Lippen, ohne, dass er sie hätte aufhalten können.

Er kam sich vor wie in einer falschen Wirklichkeit: Gestern Nacht noch schlief Doflamingo vor seinen Augen mit irgendeinem Sklaven und heute bereitete er ihm sein Frühstück zu und entschuldigte sich bei ihm für seine Ignoranz. Crocodile wusste nicht, was er sagen oder tun sollte.

"Was hältst du davon, wenn wir uns nach dem Frühstück ein bisschen nach draußen in den Garten setzen? Ich habe für heute Mittag all meine Telefongespräche verschoben, damit wir wieder ein bisschen mehr Zeit füreinander haben. Ich hoffe, du freust dich. Fufufufu."

Crocodile nickte. Seine Zunge schien zu Stein geworden zu sein, genauso wie sein Verstand.
 

Ganz gleich wie verwirrt oder verraten Crocodile sich fühlte und ganz gleich wie sehr er sich dafür schämte - er freute sich darüber, Zeit mit Doflamingo zu verbringen. Er hatte beinahe die ganze letzte Woche allein in seinem Bett gelegen und versucht, auf irgendeine Weise die Zeit totzuschlagen. Es tat gut, wieder Kontakt mit einem anderen Menschen zu haben und sich mit ihm zu unterhalten. Sie saßen auf gepolsterten Stühlen im Garten und die Sonne schien Crocodile ins Gesicht. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er tief Luft holte und den Geruch von warmen Wind und Blumen einatmete.

"Es freut mich, dass du wieder lächeln kannst, fufufu", kommentierte Doflamingo sein Verhalten. Crocodile zuckte mit den Schultern. Er wusste nicht, was er hierauf hätte antworten sollen.

"Wie sieht es mit meiner Prothese aus?", fragte er, um das Thema zu wechseln. Diese Frage hatte ihn schon länger beschäftigt. Es waren nun schon ein paar Wochen vergangen, seitdem Doflamingo ihm zum ersten Mal von diesem Projekt erzählt hatte und insgeheim hatte Crocodile die Hoffnung gehegt, dass sie vielleicht demnächst schon fertig sein würde. Und er endlich aus diesem verdammten Alptraum entkommen könnte.

Doflamingo allerdings seufzte leise. "Meine Wissenschaftler arbeiten Tag und Nacht daran. Ich halte ständig telefonischen Kontakt zu ihnen und informiere mich über die Ergebnisse. Es sind bereits eine Menge Fortschritte gemacht worden, doch ich will dich nicht anlügen: Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern bis die Prothese so weit fertiggestellt ist, dass du sie verwenden kannst. Mindestens vier oder fünf weitere Monate."

"Oh." Erneut fühlte Crocodile wie alle Luft aus seinen Lungen wich, als hätte ihn jemand schwer in den Magen geboxt. In seinem Hals bildete sich ein dicker Kloß. Doflamingos Fremdgehen schien also nicht der einzige Rückschlag zu sein, den er hinnehmen musste.

Sie saßen zu zweit noch für ein paar Stunden draußen im Garten der Villa und unterhielten sich über alle möglich Themen, ehe Doflamingo sich schließlich entschuldigte mit der Begründung, er hätte wichtige Geschäfte zu erledigen, die er nicht weiter aufschieben könnte. Als er ihn zum Abschied auf den Mund küssen wollte, ließ Crocodile den Kuss zu, doch innerlich fühlte er sich, als wäre er ausgebrannt.
 

Ein paar Sklaven führten ihn zurück in sein Krankenzimmer. Crocodile hielt sich nicht gerne dort auf. Er verband dieses Ort lediglich mit Schmerz und unendlicher Langeweile. Viel lieber wäre er noch ein wenig draußen im Garten sitzen geblieben, doch er wusste, dass er sich von dem Ausflug erholen und ein wenig in seinem Bett liegen bleiben musste. Ein Sklavenmädchen brachte ihm seine Tabletten, die er ohne Wasser hinunterschluckte.

Plötzlich überrollte Crocodile eine Welle von verschiedenen Gefühlen und Gedanken.

Jetzt auf einmal fühlte er wieder ganz deutlich, wie sehr ihn Doflamingos Verhalten verletzte. Wieso hatte er ihn nicht darauf angesprochen? Wieso hatte er ihn nicht angeschrieen und sich von ihm getrennt? Crocodile war kein Mensch, mit dem man tun und lassen konnte, was man wollte! Er war ein stolzer und erbarmungsloser Pirat!

Obwohl... eigentlich stimmte das gar nicht mehr, oder? Crocodile schloss seine Augen für einen Moment. Er war kein Pirat mehr. Und stolz und erbarmungslos auch nicht. Das wurde allein schon dadurch bewiesen, dass er Doflamingos Fremdgehen einfach wortlos hingenommen hatte. Er war nicht mehr der Alte. Früher wäre er vor Eifersucht komplett ausgerastet und hätte Messer nach Doflamingo geworfen. Doch das konnte er sich jetzt nicht mehr leisten.

Er war von Doflamingo abhängig. Er allein entschied darüber, ob seine Prothese fertig gestellt werden würde oder nicht. Er allein entschied über Crocodiles Leben. Wenn er wollte, könnte er ihn noch diese Nacht völlig problemlos umbringen. Doflamingo würde es nicht einmal selbst tun müssen. Crocodile spürte, wie Wut wie eine heiße Suppe durch seinen Körper floss, als er an das Sklavenmädchen mit der einzelnen Spritze zurückdachte. Und dann übermannte ihn plötzlich eine ernüchternde Erkenntnis: Ich bin Doflamingo völlig ausgeliefert.

Sein Partner konnte schlafen mit wem auch immer er wollte. Crocodile konnte ihn nicht daran hindern. Diese Feststellung frustrierte Crocodile. Ich kann ihn von rein gar nichts abhalten, dachte er.

Aber das bedeutet noch lange nicht, dass er mich von allem abhalten kann. Crocodile atmete tief ein und aus. Er fühlte sich müde und erschöpft. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er eingeschlafen war. Ich könnte ihn auch betrügen, wenn ich will, dachte Crocodile und gähnte leise.

Oder ich könnte mich umbringen.

Der Gedanke war mit einem Mal einfach da. Crocodile wusste nicht recht, woher er kam. Doch ehe er ihn weiterführen konnte, war er schon eingeschlafen.
 

bye

sb

Kapitel 5

Es half Crocodile ein wenig aus seiner Niedergeschlagenheit und seinen deprimierenden Gedanken heraus, dass Doflamingo wieder deutlich mehr Zeit mit ihm verbrachte. Der Shichibuaki bemühte sich darum, seine Pflichten und vor allem seine Herumtelefoniererei so weit einzuschränken wie nur irgendwie möglich, damit sie mehr Zeit gemeinsam verbringen konnten. Doflamingo leistete ihm Gesellschaft bei jeder Mahlzeit (das hieß, er fütterte ihn jedes Mal) und saß am Nachmittag häufig mit ihm im Garten der Villa.

Sie unterhielten sich über alle möglichen Themen; Doflamingo erzählte vor allen Dingen gerne von seiner Piratencrew und brachte immer wieder neue und lustige Geschichten zutage. Crocodile, der seine Zeit ja entweder mit Doflamingo oder allein in seinem Krankenzimmer zubrachte, konnte bei solchen spannenden Geschichten nicht mithalten. Stattdessen sprach er häufig über Romane, die er gelesen hatte. Crocodile konnte sich zwar nicht vorstellen, dass Doflamingo sich sonderlich für Bücher interessierte, doch er war höflich und rücksichtsvoll genug, sich dies nicht im Mindesten anmerken zu lassen. Er hörte stets aufmerksam zu, wenn Crocodile irgendetwas von einem Buch berichtete, das er interessant fand, und stellte gelegentlich auch Fragen dazu.

Das einzige Thema, bei dem sie beide gut mitreden konnten, war Politik. Sowohl Crocodile als auch Doflamingo lasen regelmäßig Zeitung und wussten recht gut über das aktuelle Weltgeschehen bescheid. Sie diskutierten über bestimmte Themen und tauschten Meinungen untereinander aus. Außerdem fragte Crocodile häufig, ob Doflamingo irgendwelche Informationen über die Mugiwara- oder Kid-Piratenbande hätte; doch zu seinem Leidwesen verneinte sein Partner diese Frage meistens oder aber er wiederholte nur noch einmal die Nachrichten, die bereits in der Zeitung gestanden hatten. Dieses Verhalten frustrierte Crocodile ein wenig. Er war sich absolut sicher, dass Doflamingo in seiner Position als Shichibukai eine Menge Informationen sowohl über Mugiwara als auch über Eustass Kid besaß, und diese einfach bloß vor ihm verheimlichte.

Crocodiles Frust verwandelte sich irgendwann in Aggression. Er verstand nicht, warum sein Partner ihn anlog. Gerade bei diesen wenigen Dingen, die ihn wirklich am Herzen lagen und interessierten. Doch was hätte es genutzt, diese Aggression zu äußern? Wenn Doflamingo entschieden hatte, ihm diese Informationen -aus welchem Grund auch immer- nicht zukommen zu lassen, dann konnte Crocodile dagegen nichts ausrichten. Was wollte er schon tun? Doflamingo drohen oder ihn sogar zum Kampf herausfordern? Selbst Crocodile in seinem Stolz kam diese Vorstellung lächerlich vor. Er konnte kaum eine längere Strecke laufen ohne zusammenzubrechen. Ganz zu schweigen von seinen verlorenen Teufelskräften und seinem Goldhaken. Wie sollte er da kämpfen können? Es war zum Verzweifeln.

Ähnlich zum Verzweifeln brachte Crocodile ein anderes Paradoxon in Doflamingos Verhalten: Auch wenn er fremdgegangen war und Crocodile glaubte, dass er wohl nichts mehr für ihn empfand, setzte Doflamingo seine Liebkosungen fort. Crocodile wurde häufig geküsst, ihm wurde über das Haar -das inzwischen bis zu den Schultern reichte- gestrichen und gelegentlich schob Doflamingo sogar sein Hemd hoch und kraulte oder massierte seinen Rücken ein wenig. Crocodile quittierte diese Berührungen allesamt mit wohligen Geräuschen und deutete sehr stark an, dass er einer intimieren Fortsetzung durchaus nicht abgeneigt war. Doch jedes Mal, wenn Doflamingo diesen Drang bei ihm spürte, schien er die körperlichen Berührungen zu reduzieren oder hörte sogar gänzlich damit auf. Für Crocodile ergab das nur sehr wenig Sinn. Auf der anderen Seite allerdings scheute er sich auch davor, Doflamingo darauf anzusprechen. Dass Doflamingo ihm fremdgegangen war und ihn sexuell zurückwies, schmerzte schon genug; er wollte eine klare, wörtliche Zurückweisung nicht auch noch ertragen.

Doch trotz dieser einzelnen Rückschläge tat Crocodile die gemeinsame Zeit mit Doflamingo sehr gut. Er war wieder häufiger an der frischen Luft, was sowohl seiner Laune als auch seiner Gesundheit zugute kam. Seine bleiche Haut gewann sogar wieder ein klein wenig an Farbe. Außerdem hatte er wieder mehr Appetit und schlief bei Nacht besser. Er lachte öfter. Seine Genesung machte in dieser Zeit so große Fortschritte, dass der Arzt sogar beschloss, die Menge seiner Medikamente deutlich herunterzuschrauben.

Crocodile fühlte sich deutlich gesünder und körperlich fitter. Bereits zwei Wochen nach der Reduzierung seiner Medikamente konnte er relativ problemlos etwa vierzig Minuten am Stück gehen; das war ein neuer Rekord. Und mit zunehmenden Genesung spürte er sehr deutlich, dass auch andere Triebe wieder stärker wurden.

Crocodile war niemals jemand gewesen, der von sich behauptete, dass er täglich Sex bräuchte. Als Pirat mit einer ausschließlich oder fast ausschließlich männlichen Crew musste man sich, wenn man auf hoher See war, manchmal wochen- oder solange monatelang zurückhalten. Ein Umstand, der Crocodile immer recht wenig ausgemacht hatte und mit dem Alter noch ein wenig weiter abnahm. Auf der anderen Seite allerdings hatte er auch gewusst, dass er nicht schlecht aussah. Seine helle Haut, seine dunklen Haaren und seine seltene Augenfarbe hatten bereits auf viele Menschen, sowohl Männer als auch Frauen, Eindruck gemacht und es hatte ihn nie an Angeboten gemangelt. Wenn er wirklich Sex haben wollte, dann hatte er ihn bisher ausnahmslos immer bekommen.

Noch verstärkt wurde dieser Effekt natürlich, wenn er seine Zeit mit Doflamingo verbrachte. Sein Partner liebte Sex und war außergewöhnlich gut im Bett. Ständig hatte er ihn versucht dazu zu bewegen, mit ihm zu schlafen. Zu jedem erdenklichen Zeitpunkt, an jedem erdenklichen Ort, auf jede erdenkliche Art und Weise. Und häufig hatte Crocodile eingewilligt und es hinterher nicht bereut, selbst wenn sein Unterleib bestialisch geschmerzt hatte. Ein Stück weit hatte es ihn natürlich auch geschmeichelt, dass Doflamingo so besessen von ihm und seinem Körper war.

Und nun fand Crocodile sich plötzlich in der völlig umgekehrten Situation wieder: Zum ersten Mal in seinem Leben lechzte er mit jeder Faser seines Körpers nach Sex und Erregung, und nun war es Doflamingo, der ihn ablehnte. Es war zum Verrücktwerden.
 

Auch wenn Doflamingo ihn ablehnte, achtete Crocodile weiterhin auf die Pflege seines Körpers. Er badete regelmäßig. Und nach wie vor wuschen ein paar hübsche Sklavenmädchen sein Haar, wachsten einige Körperstellen, zupften seine Augenbrauen und machten eine gute Pediküre.

Gerade saß Crocodile mit geschlossenen Augen in der Badewanne und genoss es, wie ein Mädchen mit sehr zarten Fingern Shampoo in sein Haar einmassierte, während ein anderes seinen rechten Fuß knetete. Ohne einen besonderen Grund öffnete er irgendwann seine Augen wieder - und sah nicht weit von sich entfernt das überaus üppige Dekolleté eines der beiden Sklavenmädchen vor sich. Automatisch spürte Crocodile, wie sich Wärme in seinem Unterleib sammelte und sein Glied sich ein klein wenig aufstellte. Im selben Moment spürte er, wie er errötete und kniff augenblicklich seine Augen wieder zusammen. Es war viele Jahre her, seitdem er das letzte Mal mit einer Frau geschlafen hatte und eigentlich spürte er auch kein besonderes Bedürfnis danach. Quoll er nun schon so weit über vor sexueller Lust, dass er auch mit jemandem verkehren würde, der normalerweise gar nicht in sein Beuteschema passte? Crocodile schämte sich dafür, dass er sich nur noch so wenig unter Kontrolle hatte und hoffte darauf, dass seine halbe Erketion schnell wieder verschwinden würde.

Und als wäre die Situation nicht schon peinlich genug gewesen, platzte nun auch noch Doflamingo ins Badezimmer hinein. Er kündigte sich nicht an, er klopfte nicht, sondern war mit einem Mal einfach da. Crocodile war so völlig verdattert und überrascht, dass er im ersten Moment glaubte, er wäre beim Baden eingeschlafen und träumte nun.

Nein, allem Anschein nach war dies hier kein Traum. Die beiden Sklavenmädchen hatten ihn losgelassen; alle Sklaven -abgesehen von seinem Arzt- stellten jede Berührungen zu ihm ein, wenn Doflamingo in der Nähe war, weil ihr Herr es nicht gerne sah, wenn irgendjemand seinen Partner "antatschte", wie er es nannte.

"W-was machst du denn hier?"

"Ich hab ein paar neue Infos von meinen Wissenschaftlern wegen deiner Prothese bekommen und wollte die dir sofort mitteilen, fufufu!" Doflamingo schien bester Laune zu sein, was sehr selten vorkam in letzter Zeit. In großen, o-beinigen Schritten kam er auf die Badewanne zu, in der Crocodile noch immer saß, und dirigierte die beiden Sklavenmädchen mit einer einfachen Kopfbewegung nach draußen. Doflamingo ließ sich -wahrscheinlich ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen- gleich neben Crocodile auf den mit Marmorfliesen ausgelegten Fußboden nieder.

"Ich habe heute mal wieder mit meinem dafür zuständigen Team herumtelefoniert und es wurde mir eben mitgeteilt, dass deine Prothese schon in etwa drei bis vier Monaten soweit fertig sein wird, dass du sie verwenden kannst. Und jetzt kommt das Allerbeste: Es wurden schon große Fortschritte gemacht, was die Leitfähigkeit deiner Logiakraft durch die Prothese angeht! Laut den Voraussagen meiner Wissenschaftler wird es zusätzlich nur etwa weitere drei Monate dauern, bis du dann endlich wieder deine Teufelskräfte einsetzen kannst! Insgegesamt bedeutet das, dass du in etwas mehr als einem halben Jahr wieder ganz der Alte sein wirst!"

"Ähm... wow, das ist super." Crocodiles Stimme klang deutlich weniger enthusiastisch, als sie bei diesem Anlass eigentlich hätte klingen müssen. Mit einer seltsamen Deutlichkeit wurde ihm bewusst, dass er komplett splitternackt war und seine Erektion sich noch immer nicht verflüchtigt hatte, sondern eher noch größer geworden war. Und nur wenige Zentimeter von ihm entfernt saß sein Partner und bot ihm durch sein nicht zugeknöpftes Hemd einen überaus freizügigen Blick auf dessen nackten Oberkörper. Es war eine sehr komische Situation.

Vor allen Dingen, weil Doflamingo diese Umstände in seinem Eifer wohl überhaupt nicht bemerkte. Stattdessen schob er die Unterlippe nach vorne und musterte ihn mit einem überaus enttäuschten Blick. "Du freust dich ja gar nicht? Ich dachte, du würdest dich freuen, und bin deswegen sofort zu dir gekommen."

"Ich, ähm, doch, ich freue mich sehr. Wirklich, Doflamingo." Crocodile fühlte sich überfordert. Er hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass der Shichibukai so völlig unangekündigt in sein Bad hineinplatzen würde. (Auch wenn die Villa ihm gehörte und er damit prinzipiell das Recht dazu hatte, in jedem Raum hineinzuplatzen, in den er hineinplatzen wollte.) "Es ist nur, ähm..." Crocodile spürte wie seine Wangen sich rosa zu färben begannen und senkte den Blick. Lust hin oder her, er war noch immer ein unglaublich schamhafter Mensch.

Nun schien auch endlich Doflamingo zu verstehen, worauf er hinauswollte. "Oh." Es war einer der komischten Momente, die Crocodile jemals mit Doflamingo erlebt hatte. Auf der einen Seite spürten sie beide eine seltsame Art von Scham und Unwohlsein und auf der anderen Seite ... eine sonderbare Art von Erotik. Crocodile fühlte, wie eine neue Welle heißer Lust durch seinen Körper fuhr und seine Erektion immer drängender zu werden begann. Und als er aus den Augenwinkeln heraus einen kurzen Blick auf Doflamingos Schritt wagte, sah er, dass auch sein Partner inzwischen sehr erregt war.

Vielleicht sollte ich ihn einfach darum bitten, zu mir in die Badewanne zu steigen, schoss es Crocodile durch den Kopf. Hoffnung breitete sich in seinem Körper aus. Dass auch Doflamingo eine Erektion hatte, bewies, dass er ihn zumindest nicht völlig unattraktiv fand. Das hier war seine Chance und er musste sie ergreifen! Crocodile konnte fast schon spüren, wie die Luft in dem Badezimmer heißer und dicker zu werden begann. "Willst du nicht vielleicht..."

Doch ehe er auch nur zu Ende sprechen konnte, hatte Doflamingo sich bereits hastig erhoben. "Ich wollte dich nicht stören", ratterte er schnell herunter, "tut mir leid! Ich rufe die beiden Sklavinnen sofort wieder rein!" Und mit diesen Worten war er so schnell wieder aus dem Badezimmer verschwinden, dass Crocodile noch nicht einmal Zeit dazu hatte, ihm irgendeine Gemeinheit hinterherzurufen.
 

Crocodile blieb genauso verdattert in der Badewanne zurück, wie Doflamingo ihn dort aufgefunden hatte. Die beiden Sklavenmädchen, die vor die Türe geschickt worden waren, betraten wieder den Raum und fuhren mit ihrer Arbeit fort, als hätte es niemals irgendeine Unterbrechung gegeben.

Ein paar Minuten später, als der erste Schock verarbeitet war und Crocodile wieder klar denken konnte, übermannte ihn eine schreckliche Wut, die sowohl gegen Doflamingo als auch gegen ihn selbst gerichtet war. Er spürte, wie seine Augen heiß und schwer wurden, doch er unterdrückte die Tränen. Sir Crocodile heulte nicht; nicht einmal dann, wenn nur zwei dumme Sklavenmädchen anwesend waren. Wie konnte Doflamingo ihn nur so grausam zurückweisen? Er hatte doch gesehen, dass auch sein Partner erregt gewesen war! Oder hatte er sich das bloß eingebildet, weil er so benebelt gewesen war vom Dampf des Badewassers? Hatte Doflamingo aus bloßem Ekel heraus die Flucht ergriffen? Flucht. Das Wort klang ernüchternd, doch im Prinzip war es genau richtig, um Doflamingos Verhalten zu beschreiben. Er war vor ihm geflüchtet. Scham und Selbstekel krochen Crocodile den Hals hinauf. Was hatte er sich bloß dabei gedacht, ihn zu einem gemeinsamen Bad einzuladen?
 

Inzwischen war es später Abend geworden und wie üblich hielt Crocodile sich in seinem Krankenzimmer auf. Ein Buch lag aufgeschlagen auf seinen Oberschenkeln, doch er las nicht darin, stattdessen sah er aus dem großen Erkerfenster. Der Himmel war mit dichten und grauen Wolken verhangen; es würde nur noch eine Frage der Zeit sein, bis es zu regnen begann. Das Wetter spiegelt genau meine Stimmung wieder, dachte er deprimiert und schloss seine Augen.

Und plötzlich war wieder dieser Gedanke da. Was hält mich eigentlich noch davon ab, mich umzubringen?, dachte Sir Crocodile. Er öffnete seine Augen wieder und hörte beinahe im selben Augenblick, wie es draußen heftig zu regnen begann. Vielleicht zog ein Gewitter auf.

Doch wie sollte man sich ohne beide Hände selbst umbringen? Crocodile zog die Augenbrauen zusammen.

Er konnte sich nicht die Pulsadern aufschneiden, weil er kein Messer festhalten konnte.

Erhängen konnte er sich auch nicht, denn ohne Hände konnte er keinen Knoten für ein Seil knüpfen. Tabletten schlucken war auch unmöglich, weil sein Leibarzt alle Medikamente in kleinen Dosen aufbewahrte und die konnte er nicht aufdrehen.

Crocodile drehte sich auf die Seite. Das Buch, das auf seinen Oberschenkeln gelegen hatte, fiel auf mit einem dumpfen Geräusch auf den Fußboden, doch diesen Umstand bemerkte er nicht einmal.

Er könnte in den Pool springen, der im Innenhof der Villa ausgehoben war. Allerdings schwirrten Tag und Nacht so viele Sklaven überall herum, dass dieser Selbstmordversuch wahrscheinlich bemerkt werden würde. Und ehe er ertrunken war, war längst ein Sklave hineingesprungen, um ihn wieder herauszufischen.

Crocodile fiel plötzlich wieder ein, dass Doflamingo ihn mittels einer Giftspritze hatte umbringen wollen, während er noch im Koma gelegen hatte. Doch auch diese Methode kam für ihn nicht infrage, denn er konnte keine Spritze drücken. Dasselbe galt für eine Pistole.

Er seufzte. Das war ja schwieriger als gedacht.

Crocodile zerbrach sich noch sehr lange den Kopf über eine geeignete Methode, um sich selbst umzubringen. Nach einer Weile kam er dann auf die einzige Lösung, die womöglich für ihn infrage kam: Er sprang vom Dach der Villa. Allerdings war auch hier die Wahrscheinlichkeit, dass er bemerkt werden würde, nicht gering. Außerdem war die Villa nur drei Stockwerke hoch. Womöglich würde ihn ein Sprung gar nicht töten, sondern nur beide Beine brechen.

Ein verzweifeltes Grinsen schlich sich auf Crocodiles Lippen bei dem Gedanken daran, weder seine verstümmelten Arme noch seine gebrochenen Beine bewegen zu können. Das wäre einfach der absolute Horror!

Als Crocodile aus dem Fenster sah, bemerkte er ein paar Sonnenstrahlen, die durch die dunkle Wolkendecke brachen. Inzwischen regnete es auch nicht mehr. Crocodiles Grinsen wurde breiter. Hatte er nun tatsächlich die ganze Nacht damit verbracht, zu überlegen, welche Selbstmordmethode die beste für ihn wäre? Ich bin wirklich ein Schwächling, dachte Crocodile. Ich bin jämmerlich geworden.
 

Ein paar Tage später saß er wieder mit Doflamingo im Garten der Villa. Es hatte in letzter Zeit sehr viel geregnet. Die Erde war weich, von den Bäumen tropfte es und in der Luft lag der Duft von süßen Blumen und Rinde. Crocodile versuchte so viel wie möglich von diesem Geruch einzuatmen. Weder er noch Doflamingo hatten den peinlichen Vorfall im Badezimmer angesprochen. Sie übergingen ihn einfach, als wäre er niemals geschehen. Stattdessen sprachen sie wieder über irgendwelche aktuellen Themen, die in der Zeitung gestanden hatten.

Nach einer Weile fragte Crocodile beiläufig: "Sag mal, Doflamingo, was hast du eigentlich mit meinem Goldhaken gemacht?"

Doflamingos Grinsen auf seinen Lippen gefror für eine Sekunde, ehe er -ohne zu antworten- entgegnete: "Warum interessiert dich das denn auf einmal?"

Crocodile zuckte mit den Schultern und atmete ganz ruhig den Geruch, der nass in der Luft hing, ein: "Ach, es war nur so ein Gedanke von mir. Ich bin es einfach gewohnt, meinen Goldhaken immer bei mir zu haben. Ohne ihn fühle ich mich irgendwie seltsam schutzlos. Vor allen Dingen jetzt, wo ich meine Teufelskräfte nicht einsetzen kann."

"Nun, ähm, während deines Komas haben wir ihn dir abgenommen und an einem sicheren Ort verstaut. Du brauchst ihn hier doch nicht."

Crocodile fiel auf, dass Doflamingo geschickt um die Antwort, die er hören wollte, herumbalancierte. Warum er ihm den Aufenthaltsort seines Goldhakens wohl verschwieg? Ahnte er etwas? Dabei hatte Crocodile doch eigentlich geglaubt, ganz gut schauspielern zu können!

"Das sagst du so leicht! Du bist ja auch nicht in einer so völlig schutzlosen Position wie ich! In meinem Zustand reichen schon ein paar einfältige Marinesoldaten aus, um mich umzubringen."

Doflamingo zog eine Augenbraue hoch. "Wir sind hier auf meinem privaten Gelände und ich bin ein Shichibukai. Hier gibt es keine Marinesoldaten, die dir gefährlich werden könnten."

Das stimmte allerdings. Die Shichibukai besaßen Immunität gegenüber der Marine. Crocodile unterdrückte ein Seufzen. Da war er aber in ein ziemliches Fettnäpfchen getreten.

"Und was ist mit deiner Crew? Deinen Erzählungen nach scheinen die ja alle nicht gerade schwach zu sein. Was ist, wenn nun einer von denen durchdreht und mich angreift?"

"Das werden sie nicht tun. Ich habe jedem Menschen auf dieser Insel befohlen, dich in keiner Weise zu verletzen. Zuwiderhandlungen werden mit dem Tod bestraft. Außerdem ist meine Crew absolut gehorsam!"

"Du sagst das alles so leicht!" Crocodile erhob seine Stimme ein wenig und verschränkte die Arme vor der Brust. "Du kannst dich in jeder erdenklichen Situation verteidigen mit deinen Teufelskräften! Das kann ich nicht! Stell du dir nur mal vor, du könntest deine blöden Fäden nicht mehr einsetzen, weil dir beide Hände fehlen, wie würde dir das gefallen? Wie würdest du dich dann fühlen, hm?!"

Doflamingo hob beschwichtigend die Hände. "Jetzt bleib doch mal ganz ruhig, Crocodile, ja? Ich kann verstehen, dass du dich ein wenig schutzlos fühlst in deiner Situation. Aber das ist gar nicht nötig. Und dass du deinen Goldhaken wiederbekommst, ist auch überhaupt nicht nötig. Es gibt hier keine Marine! Meine Crew tut dir nichts! Und außerdem beschütze ich dich, egal was passiert. Und jetzt beruhige dich wieder, ja?"

"Das ist überhaupt nicht deine Entscheidung, ob ich meinen Goldhaken wiederbekomme oder nicht, du verdammter Bastard! Hör auf mich andauernd zu bevormunden! Das ist mein Goldhaken, er gehört mir, und ich allein entscheide, wann ich ihn wiederbekomme! Verstanden?!" Eigentlich hatte Crocodile ganz anders vorgehen wollen in diesem Gespräch, doch plötzlich hatte ihn seine Wut so heftig übermannt, dass er gar nicht anders konnte, als seine Gedanken laut auszusprechen. Und er bereute es kein bisschen! Doflamingo sollte ruhig spüren, dass er nicht alles mit sich machen ließ, so wie es dem Shichibukai gefiel!

"Nenn mich nicht Bastard!" Crocodile konnte sehen, dass nun auch Doflamingo die Zähne fletschte und eine Wutader an seiner Stirn pulsierte.

"Dann hör du damit auf, mich zu bevormunden!"

"Ich bevormunde dich nicht, ich mache mir nur Sorgen um dich!"

"Das ist mir egal! Ich will meinen Goldhaken wiederhaben! Du hast kein Recht dazu, ihn mir vozuenthalten!"

"Natürlich habe ich das Recht dazu! Ich bin der Stärkere von uns beiden, also entscheide ich, was Recht und Unrecht sind! Du kannst überhaupt gar nichts gegen mich ausrichten! Und wenn ich der Meinung bin, dass du deinen Goldhaken nicht wiederbekommen sollst, dann gilt das! Wenn ich wollte, könnte ich auch ganz einfach die Arbeiten an deiner Prothese einstellen lassen. Und du kannst nichts dagegen tun! Kapiert?!"

Crocodile spürte, dass Wut und Hass wie heiße Lava durch seinen Körper flossen. Wie konnte Doflamingo es wagen, ihn so sehr zu verletzen? Wie konnte er ihn nur so sehr bevormunden! Wie konnte er ihm nur so schrecklich drohen? Er war kein kleines Kind, das man vor sich selbst beschützen musste! Wenn er noch eine Hand gehabt hätte, dann hätte er Doflamingo jetzt geohrfeigt. Doch -ob er es zugeben wollte oder nicht- Doflamingo hatte Recht: Er konnte rein gar nichts gegen ihn ausrichten. Zumindest nicht körperlich. Crocodile fühlte sich geschlagen und gedemütigt.

Also tat er das einzige, was ihm übrig blieb: Er stand von seinem Stuhl auf, drehte sich zu Doflamingo um und sagte "Ich hasse dich!", ehe er ihn allein zurückließ.
 

bye

sb

Kapitel 6

Nach seinem heftigen Wutausbruch gegenüber Doflamingo verschanzte Crocodile sich in seinem Krankenzimmer so gut es eben ging. Ohne Hände war er zwar nicht einmal dazu in der Lage, die Türe abzuschließen, doch er blaffte die beiden Sklaven, die wie üblich Wache standen, an, dass sie ja verschwinden und bloß niemand anderen hereinlassen sollten. Und das tat es allem Anschein nach auch, denn weder Doflamingo noch sonst irgendjemand betrat sein Zimmer oder kontaktierte ihn auf irgendeine andere Art und Weise; zumindestens an diesem Abend nicht.

Völlig außer sich ging Crocodile in seinem Zimmer auf und ab und bemühte sich darum, sich zu beruhigen. Er war ein sehr streitsüchtiger und leicht reizbarer Mensch, der allerdings normalerweise auch recht schnell wieder zur Ruhe kam, doch dieses Mal schien es anders zu sein. Kaum hatte er sich auch nur ein klein wenig gefasst, reichte schon der bloße Gedanke an Doflamingo aus, um ihn erneut vor Wut kochen zu lassen.

Wie konnte Doflamingo es nur wagen, ihn so zu verletzen! Zu demütigen! Er war kein kleines Kind mehr, verdammt nochmal! Er war ein erwachsener Mann, der durchaus seine eigenen Entscheidungen treffen konnte. Warum nur enthielt dieser Bastard ihm seinen Goldhaken vor?

Hatte er etwa Verdacht geschöpft? Hatte er Crocodiles Verzweiflung gespürt und geahnt, dass er vorhatte, sich mit seiner eigenen Waffe umzubringen?

Crocodile presste wütend die Lippen zusammen und ließ sich schließlich auf sein Bett nieder. Ein langgezogener Lichtstrahl fiel durch das Erkerfenster in den Raum.

Nach vielen Überlegungen war er schließlich zu dem Schluss gekommen, dass sein Goldhaken das ideale Mittel zum Selbstmord gewesen wäre. Er musste den Haken nicht festhalten, sondern er wurde an einem Armstumpf befestigt; genauso wie es schon früher immer gemacht worden war. Crocodile hätte bloß noch auf den richtigen Zeitpunkt warten müssen, um ihn sich in den Hals oder Bauch oder wohin auch immer zu rammen, und dann wäre dieser Alptraum endlich vorbei gewesen. Er würde nicht mehr gefüttert werden müssen, Doflamingo würde ihn nicht mehr bevormunden und er würde auch niemals wieder sehen müssen, wie er mit einem anderen Mann schlief, während er zu Gast in dessen Villa war.

Nun, leider hatte Doflamingo ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hatte seinen Selbstmordversuch vereitelt. Einfach bloß, indem er ihm seinen Goldhaken vorenthielt. Verdammt! Schon wieder kam Crocodile sich so klein und machtlos vor. Doflamingo hatte die totale Kontrolle über ihn. Wenn er doch jetzt bloß seinen Goldhaken hätte...

Crocodile schloss seine Augen und ließ sich nach hinten auf die Matratze fallen. Seine Wut war inzwischen fast vollständig verraucht, jetzt fühlte er sich bloß noch ausgebrannt. Enttäuscht. Gedemütigt. Frustriert. Was war bloß aus ihm geworden? Wo war der Mann hin, der einst die Baroque Firma geleitet hatte, der einer der gefürchteten Shichibukai gewesen war, der beinahe einen gesamten Staat gestürzt hatte? Er war verschwunden und ersetzt worden durch ein Häufchen Elend, das unter der Fuchtel seines Geliebten stand.

Crocodile drehte sich auf die Seite und unterdrückte die Tränen. Es gelang ihm, sie so lange zurückzuhalten, bis er irgendwann eingeschlafen war.
 

Als Crocodile am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich so schrecklich wie noch niemals zuvor in seinem Leben. Seine Augen schmerzten und sein Hals war trocken. Als er sich mühsam aufsetzte und zur Tür hinüber sah, bemerkte er, dass dort wieder zwei Wachen standen. Doflamingo hatte sich über seinen Befehl -der ihm sicherlich zu Ohren gekommen war- einfach hinweggesetzt. Und erneut konnte Crocodile nichts dagegen tun. Ohne seinen Goldhaken -geschweige denn seiner Teufelskräfte- konnte er die beiden Sklaven noch nicht einmal töten. Was für eine Schande. Früher hätte es ihn nicht einmal einen halben Atemzug gekostet, sie für immer von dieser Welt verschwinden zu lassen.

Es vergingen ein paar Minuten, in denen Crocodile untätig im Bett lag, ehe schließlich ein junges und hübsches Sklavenmädchen den Raum betrat. Es trug ein Tablett mit seinem Frühstück und hielt ängstlich den Blick gesenkt. Das Mädchen kam Crocodile bekannt vor. Als es schließlich sein Bett erreicht hatte und das Tablett zaghaft auf den Nachttisch abstellte, wurde ihm plötzlich klar, woher. Es war eines der beiden Mädchen, die ihn gebadet hatten; damals, als diese peinliche Situation mit Doflamingo geschehen war. Um genau zu sein dasjenige, dessen Anblick ihn im Bad so sehr erregt hatte.

Crocodile ließ sich widerstandlos von dem hübschen Mädchen füttern. Er war gerade erst beim dritten Bissen, als ihm ein seltsamer Gedanke kam: Was hielt ihn eigentlich davon ab, sich von dieser Sklavin befriedigen zu lassen?

Crocodile kaute den Bissen und schluckte ihn dann hinunter. Das Mädchen wirkte furchtbar ängstlich -wahrscheinlich hatte es von seinem Streit mit seinem Herrn gehört- und würde wahrscheinlich jeden Befehl befolgen, den er ihm gab. Und schließlich hatte Doflamingo es auch mit diesem Sklavenjungen getrieben.

Ein leichtes Grinsen schlich sich auf Crocodiles Lippen. Doflamingo konnte ihn davon abhalten, Selbstmord zu begehen. Doch er konnte ihn nicht davon abbringen, sich an ihm zu rächen! Wie er wohl reagieren würde, wenn er von diesem Vertrauensbruch erfuhr? Bestimmt würde er komplett ausrasten vor Eifersucht. Genüsslich malte Crocodile sich ganz genau den wütenden und entsetzten Ausdruck in Doflamingos Gesicht aus.

Nach und nach kehrten seine Wut und sein Lebenswille wieder in seinen Körper zurück. Vielleicht war er Doflamingo ja doch nicht komplett ausgeliefert? Zwar konnte er ihm im körperlichen Sinne keine Verletzungen zufügen, doch dafür seelische, die über jeden körperlichen Schmerz weit hinausgingen.

Er hatte zu Ende gefrühstückt und die Sklavin machte sich daran, das Tablett wieder mitzunehmen und schnellstmöglich aus seinem Krankenzimmer zu verschwinden. Sie schien überaus froh darüber zu sein, nicht Opfer eines weiteren Wutausbruchs geworden zu sein. Crocodile hielt sie auf.

"Wie heißt du, Sklavin?", fragte er sie.

Das Mädchen stellte das Tablett zurück auf den Nachttisch. "M-maja, Sir Crocodile."

"Wie alt bist du, Maja?"

"Neunzehn Jahre, Sir Crocodile."

"Hast du schon einmal einen Schwanz geblasen?"

Allein der Anblick von Majas Gesicht, aus dem jegliche Farbe wich, erregte Crocodile ein wenig. Jetzt war er kein Opfer mehr. Jetzt war er wieder der alte, grausame Sir Crocodile! Und dieses Mädchen war seine Sklavin, die jeden seiner Wünsche zu erfüllen hatte!

"Ja, Sir Crocodile."

"Wie oft und wen?"

"Einmal. Den jungen Lord, Sir Crocodile."

Nun, das war eine Überraschung. Das Mädchen hatte also auch schon einmal Doflamingo oral befriedigt. Damit hatte er, um ehrlich zu sein, nicht gerechnet. Allerdings störte Crocodile diese Tatsache nicht. Irgendwo erheiterte ihn diese Ironie sogar ein wenig.

"Du wirst jetzt meinen Schwanz blasen, Maja."

"Ja, Sir Crocodile." Gehorsam, doch widerwillig, kniete sich die Sklavin nieder und machte sich an seinem Hosenbund zu schaffen. Währenddessen sah Crocodile zu den beiden männlichen Sklaven hinüber, die noch immer Wache standen und mit ungläubigen und entsetzten Gesichtern der Situation folgten. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann hatten sie sich wieder gefasst. Schließlich verließ einer der beiden das Krankenzimmer. Wahrscheinlich um ihren Herrn darüber zu informieren, was sein Partner da gerade tat.

Crocodile spürte, wie sich die Lippen der Sklavin um die Eichel seines bereits halb steifen Gliedes schlossen. Ein lautes Seufzen verließ seinen Mund. Rache hin oder her, es war einfach zu lange her, seitdem er das letzte Mal intim berührt worden war. Es würde nicht lange dauern, bis er den Orgasmus erreichte. Und der Gedanke daran, dass jede Sekunde Donquixote Doflamingo zornig in den Raum platzen und dem Mädchen den Kopf vom Halse abtrennen könnte, steigerte seine Erregung nur noch mehr.

Zum ersten Mal seit langem fühlte Sir Crocodile sich wieder lebendig.
 

Tatsächlich trat das Szenario, dass Crocodile sich genüsslich ausmalte, nur wenig später ein. Die Sklavin blies ihn seit vielleicht gerade einmal einer Minute (und bereits jetzt spürte er, wie sich die Hitze in seinem Unterleib sammelte und sein Glied heftig zu pochen begann), als die Tür zu seinem Krankenzimmer mit einem einzigen, heftigen Fußtritt aus den Angeln gerissen wurde. Zum Vorschein kam ein Donquixote Doflamingo, der eine so furchterregene Aura versprühte, dass Crocodile plötzlich Zweifel kamen, ob es wirklich eine so gute Idee von ihm gewesen war, diese Situation zu provozieren.

Die Zweifel hielten allerdings nur für einen einzigen, kurzen Moment an, ehe sie wieder von Lust abgelöst wurden. Lust, die ins Unendliche zu steigen schien, jetzt, wo auch Doflamingo anwesend war. Als sein Partner nur noch etwa einen halben Meter von ihm entfernt stand und Crocodile dessen durchdringenden Blick selbst durch die getönten Scheiben der Sonnenbrille auf sich spüren konnte, kam er zum Höhepunkt und ergoss sich in sieben oder acht Schüben in den Mund des Mädchens.

Doflamingo tötete die Sklavin mit einem einzigen Hieb seines rechten Ellenbogens, der sie gegen die Schläfe trat und sofort leblos zu Boden fallen ließ, und packte dann Crocodile am Kragen seines Hemdes. Crocodile konnte zwar Doflamingos Augen nicht genau erkennen, doch er erwiderte den Blick furchtlos. Was würde nun geschehen? War Doflamingo wütend und eifersüchtig genug, um ihn zu töten? Genauso wie er das Mädchen getötet hatte, das doch nur seinen Befehl befolgt hatte?

Bei diesem Gedanken überkam Crocodile eine seltsame Erleichterung. Weil Doflamingo ihn trotz allem liebte, würde er es schnell und schmerzlos machen. Wie bei dem Mädchen. Er würde nur ganz kurz etwas spüren und wäre dann tot. Durch Doflamingos Hand zu sterben war außerdem romantischer und viel würdevoller als durch Selbstmord oder die Hand eines einfachen Sklaven. Es war beinahe schon eine Ehre, von einem solchen Mann getötet zu werden.

Doflamingo allerdings schien in seiner Bewegung wie eingefroren zu sein. Er hielt ihn zwar fest am Hemdkragen, doch tat ansonsten überhaupt nichts außer ihn anzustarren. Nicht einmal seine andere, freie Hand hielt er erhoben. Gar nichts.

Crocodile hob den Kopf so weit wie es ihm möglich war (Doflamingos harter Griff schränkte ihn in seiner Bewegungsfreiheit stark ein) und sagte mit einer Stimme, die seltsam ruhig und zugleich sehr verzweifelt klang: "Nun mach schon, Honey."

Doflamingo tötete ihn nicht. Stattdessen verpasste er ihm eine Ohrfeige, die so unfassbar heftig war, dass Crocodile spürte, wie seine Wange heiß anschwoll und seine Haut blutig aufplatzte. Und während Crocodile noch völlig benommen seinen rechten Armstumpf gegen sein Gesicht drückte (was zwar völlig sinnfrei, aber eben doch der automatische Reflex eines jeden Menschen war), schien Doflamingo endlich aus seiner seltsamen Starre erwacht zu sein und erhob zum ersten Mal in dieser Situation das Wort: "Bist du komplett bescheuert, du Arschloch?!"

Seine Stimme klang wütend. Nicht bloß verärgert oder zornig, sondern so schrecklich wütend, dass Crocodiles Herz aussetzte und erst einen Augenblick später wieder zu schlagen begann. So hatte er Doflamingo noch niemals erlebt. Donquixote Doflamingo, der brilliante Puppenspieler, der stets mit einem breiten Grinsen im Gesicht im Hintergrund die Fäden zog, schien in dieser riesigen Welle aus heißer Wut irgendwo verloren gegangen zu sein. Vor ihm stand ein fassungsloser, verzweifelter, wütender Dämon, der aus der Hölle selbst gekommen und in den Körper des Shichibukai geschlüpft war. So kam es Crocodile tatsächlich vor, der wegen der Ohrfeige sogar einen blutigen Geschmack im Mund und heftige Zahnschmerzen hatte.

"Hast du sie eigentlich noch alle? Was zur Hölle ist denn bloß los mit dir? Ich kann verstehen, dass du deprimiert bist, aber dass du dich so in diesen Scheiß hineinsteigerst, ist einfach total bescheuert! Es dauert nur noch drei Monate, dann ist deine Prothese doch schon fertig! Drei blöde Monate! Die wirst du doch wohl noch durchhalten können, oder nicht? Ich meine, verdammt nochmal, nachdem du aus deinem Koma aufgewacht bist, lief doch alles so gut! Es geht doch alles bergauf! Warum nur ziehst du dich selber so hinunter? Dachtest du wirklich, dass ich dich jetzt töten würde? Wie kannst du es nur wagen, so schlecht von mir zu denken, du verdammter Bastard?!"

Crocodile hatte Mühe, dem riesigen Redeschwall, den Doflamingo hitzig hinunterratterte, überhaupt zu folgen. Als sein Partner schließlich fertig war und bloß noch laut durch fest aufeinander gepresste Zähne atmete, fühlte Crocodile sich völlig überrollt von dessen Wutausbruch. Er hatte noch niemals zuvor erlebt, dass Doflamingo so heftig die Fassung verlor. Vor allen Dingen in den letzten Wochen hatte er sich - zumindest nach ihrem ersten Streit gleich nach seinem Erwachen- ihm zuliebe sehr zurückgehalten, was Streit und Gefühlsausbrüche anging. Hatte jedes böse Wort, dass ihm auf der Zunge lag, wenn Crocodile mal wieder schlechte Laune hatte, artig hinuntergeschluckt, um ihm bloß keinen Grund zu liefern, sich bei einem Streit zu verausgaben.

Auf der Stelle bekam Crocodile ein schlechtes Gewissen. Doflamingo hatte so viel für ihn getan! Angefangen bei der medizinischen Versorgung in seinem Koma bis hin zu den täglichen aufmunternden Worten. Er hatte sich jeden Tag so fürsorglich um ihn gekümmert, trotz seiner Ziele und Pflichten als Shichibukai, und wie dankte er ihm diese Aufopferung? Indem er sogar noch versuchte, sich an ihm zu rächen.

Crocodile schluckte. Seine Wange brannte fürchterlich und er musste das Blut, das sich in seinem Mundraum inzwischen angesammelt hatte, hinunterschlucken. Wegen des eklig-metallischen Geschmacks erschaudert er. Hatte Doflamingo womöglich Recht? Hatte er sich -deprimiert und frustriert wie er war- einfach bloß ganz schrecklich in seine ganze Situation hineingesteigert? Waren seine Selbstmordgedanken nichts anderes als ein absurder Ausläufer seines verletzten Stolzes? Gedankenlos rieb Crocodile sich mit seinem rechten Armstumpf über seine Wange. Er war im Augenblick völlig überfordert mit der gesamten Situation und wusste nicht recht, was er sagen oder denken sollte. Und dann war da auch noch die Sklavin, deren Leiche immer noch links neben ihm auf dem Fußboden lag, und über die weder er noch Doflamingo bisher ein Wort verloren hatten.
 

"Versprich mir, dass du niemals, niemals wieder an so etwas denkst, Crocodile!" Weil Crocodile, geistesabwesend wie er war, die ganze Zeit über geschwiegen hatte, hatte Doflamingo erneut das Wort ergriffen. Seine Stimme klang nicht mehr so schrecklich wütend wie vor ein paar Minuten (oder waren es Stunden?) noch; nun klang sie eher erschöpft und müde; so, als hätte er sich bei seinem Wutausbruch eben völlig verausgabt.

Abwesend nickte Crocodile. Er fühlte sich gerade ganz genauso wie die Stimme seines Partners sich anhörte. Dazu hatte er in der derzeitigen überhaupt keine Energie, um jetzt irgendwelche wichtigen Gespräche zu führen. Auch wenn er wusste, dass er und Doflamingo miteinander reden mussten, dass es unvermeidbar und notwendig war, war der Zeitpunkt dafür nicht dieser jetzt. Crocodile seufzte auf und schloss seine Augen.

Als er sie wieder öffnete, sagte er: "Wir sollten mal miteinander reden, Doflamingo. Ganz offen und ehrlich. Darüber, dass ich depressiv bin, dir gegenüber sehr undankbar war und dich betrogen habe. Und darüber, dass du mich bevormundest und auch du mich betrogen hast. Du musst gar nicht so entsetzt schauen; ich weiß schon längst davon. Unser größtes Problem ist, dass wir nicht miteinander reden und uns deswegen andauernd missverstehen."

Doflamingo schwieg für eine Weile und sah zu Boden. Dann erwiderte er: "Du hast Recht."

Es war eine sehr seltsame Situation, fand Crocodile. Eben noch waren sie beide so wahnsinnig gewesen -er getrieben von seinen Rachegedanken, Doflamingo getrieben von seiner Wut- und nun standen sie ganz ruhig, fast schon erschöpft, einander gegenüber. Und sprachen ganz sachlich Dinge aus, die schon lange hätten gesagt werden sollen.

"Womit wollen wir anfangen? Es gibt so viele Dinge, die ich dir erklären muss."

Crocodile schüttelte ruhig den Kopf. "Nicht jetzt, nicht heute." Doflamingo hob den Kopf. "Wir sind beide völlig fertig. Das Beste wird sein, wenn wir beide eine Nacht über das Ganze hier schlafen, in Ruhe noch einmal über alles nachdenken und dann miteinander reden."

"Gut, dann machen wir es so. Darf ich dich morgen Abend also zu einem Spaziergang im Garten einladen? Wir können uns zusammen den Sonnenuntergang anschauen, ganz romantisch, fufu."

Obwohl Crocodile es seltsam makaber vorkam, konnte er sich ein leichtes Grinsen doch nicht ganz verkneifen. Dass Doflamingo ständig alles ins Lächerliche ziehen musste... "Die Einladung nehme ich gerne an", erwiderte Crocodile.

Sie küssten sich und Crocodile hatte das Gefühl, dass Doflamingos Lippen noch niemals weicher gewesen waren. Und doch lag ihm ein bitterer Geschmack im Mund. Auch wenn Doflamingo sehr erleichtert zu sein schien und es auf die leichte Schulter nahm, fürchtete Crocodile seinerseits, dass ihr Gespräch morgen alles andere als romantisch und leicht sein würde. Dafür waren sie beide eindeutig viel zu stolze Menschen. Mit einem letzten Blick auf die Sklavin, die noch immer tot und mit seinem Samen im geöffneten Mund auf dem Fußboden lag, verließen er und Doflamingo schließlich sein Krankenzimmer.

Kapitel 7

Bis zu ihrem geplanten Gespräch am nächsten Abend wollte Crocodile die Zeit getrennt von Doflamingo verbringen. Sein Partner war von dieser Forderung zwar nicht allzu angetan, doch respektierte sie, als Crocodile ihm erklärte, er bräuchte ein wenig Ruhe, um über alles gründlich nachzudenken. Seine Gnadenfrist (wie er die verbleibende Zeit bis zu ihrem Gespräch insgeheim nannte) verbrachte er also größtenteils allein und zurückgezogen entweder auf seinem Zimmer oder draußen im Garten. Menschlichen Kontakt hatte er lediglich zu den Sklaven, die ihn bewachten und pflegten; und auch diesen Kontakt hielt Crocodile so gering wie möglich (worüber die Sklaven, die vom unerwarteten Tod Majas erfahren hatten, im Übrigen überaus dankbar waren).
 

In seinem Kopf schwirrten abertausende von Gedanken herum, ohne dass er einen davon so recht zu fassen bekommen hätte. Und genauso stand es um die vielen unterschiedlichen Gefühlsregungen, die in seiner Brust rumorten. Wo sollte er beginnen? Über was sollte er als erstes nachdenken? Darüber, dass Doflamingo ihn ständig bevormundete? Über ihr praktisch nicht-existentes Sexualleben, weil sein Partner ihn ständig zurückwies? Oder über seine Depression, die schließlich sogar in Suizidplänen gegipfelt hatte? Aber waren diese Selbstmordgedanken nicht im Prinzip das Resultat, die absolute Konsequenz all dieser Dinge, die in letzter Zeit so schrecklich schief gegangen waren? Und dann waren da auch noch seine Rachepläne gewesen und die Sklavin, die deswegen sterben musste. Crocodile wusste überhaupt nicht, wo ihm der Kopf stand.

Er saß gerade auf seinem Bett in seinem Krankenzimmer und schloss für eine Minute seine Augen. Wenn er früher, damals als er noch der Boss der Baroque Firma und einer der Shichibukai gewesen war, eine wichtige Entscheidung hatte treffen müssen, dann hatte er sich immer vor das Aquarium seiner Bananenkrokodile gestellt und genüsslich eine Zigarre geraucht. Ganz langsam und ohne jede Hektik. Das hatte ihm immer geholfen, zur Ruhe zu kommen und den Kopf frei zu kriegen.

Als er sich diese Erinnerung vor Augen hielt, konnte Crocodile ein kleines, wehmütiges Seufzen nicht ganz unterdrücken. Wie lange hatte er nicht mehr geraucht? Damals war er noch ein ganz anderer Mensch gewesen. Hatte seine ganz eigenen Entscheidungen getroffen. Hatte sich stundenlang von Doflamingo verführen lassen, bis er irgendwann gnädigerweise mit ihm das Bett geteilt hatte. Der Gedanke an Selbstmord wäre ihm niemals, nicht einmal an schlechten Tagen, auch nur durch den Kopf gehuscht.

Ich muss wieder der werden können, der ich einmal gewesen bin, dachte Crocodile und öffnete seine Augen. Er entschied sich dazu, den Arzt um Rat zu fragen, ob eine Zigarre seinem Gesundheitszustand zu sehr schaden würde oder tolerabel wäre.
 

Bevor er sein Urteil abgab, untersuchte ihn der Arzt noch einmal gründlich von oben bis unten, vor allen Dingen allerdings seine Atmung und seinen Herzschlag. Als er damit fertig war, stellte er Crocodile einige Fragen.

"Hatten Sie in den letzten Wochen Schwierigkeiten mit ihrer Atmung? Vielleicht das Gefühl gehabt, keine Luft mehr zu bekommen oder Ähnliches?"

Crocodile beantwortete alle Fragen wahrheitsgemäß. "Nein."

"Auch keinen Husten?"

"Nein."

"Herzrasen oder -beklemmungen?"

"Nein."

"Irgendwelche Schmerzen im Oberkörper, abgesehen von Seitenstechen?"

"Nein."

Der Arzt schien glücklich über die Antworten seines Patienten zu sein und packte seinen Arztkoffer bereits wieder zusammen, doch wirkte seltsamerweise trotzdem nicht ganz zufrieden. Crocodile war verwirrt. Bisher hatte sich der Arzt noch nicht darüber geäußert, ob der Genuss einer Zigarre für ihn erlaubt war oder nicht. Und das, obwohl in dieser Hinsicht alles in Ordnung mit ihm zu sein schien.

Es dauerte nicht lange, dann brachte der Arzt mit einer weiteren Frage Klarheit in diese Angelegenheit: "Haben Sie mit dem jungen Lord über diesen Wunsch gesprochen?"

Diese Frage machte Crocodile so wütend, dass er sich auf die Unterlippe beißen musste, um nicht die Fassung zu verlieren und loszubrüllen. Er hatte sich vorgenommen, ruhig zu bleiben, und an diesen Vorsatz würde er sich auch halten!

"Ich verstehe nicht, was Doflamingo mit dieser Sache zu tun hat", erwiderte er darum mit gereizter Stimme, "Sie sind hier schließlich der Arzt, nicht er. Doflamingo versteht doch von solchen Dingen überhaupt nichts. Warum sollte es also eine Rolle spielen, was er sagt?"

Selbstverständlich wusste Crocodile, welche Rolle es für den Arzt spielte, ob Doflamingo sein Okay gut- oder schlechthieß. Schließlich war er im Grunde ja doch nur ein Sklave des Shichibukai und unterstand diesem; genauso wie die Mädchen, die ihm beim Baden die Füße massierten und Maja, die von Doflamingo getötet worden war, weil sie seinen Partner sexuell befriedigt hatte.

Als der Arzt noch immer schwieg, wurde Crocodile langsam ungeduldig. "Gib endlich dein verdammtes Urteil ab!", befahl er, "oder es wird nicht Doflamingo sein, den du fürchten musst!" Natürlich war diese Drohung völlig haltlos. Wie sollte Crocodile ohne seine Hände jemanden töten? Er konnte seine Teufelskräfte nicht einsetzen (oder zumindestens den Teil nicht, der für Angriffe zuständig war) und hatte auch seinen Goldhaken nicht. Im Prinzip konnte er nicht einmal etwas gegen diesen einzelnen und wehrlosen Sklaven ausrichten. Doch allem Anschein nach reichten allein seine ernste Stimme und sein tödlicher Blick aus, um den Arzt zum Reden zu bewegen.

"Nun, Sir Crocodile, da mit Ihrer Atmung und Ihrem Herzschlag soweit alles in Ordnung zu sein scheint, spricht aus medizinischer Sichtweite nicht viel gegen den Genuss einer einzelnen Zigarre. Allerdings ist es meine Pflicht als Arzt, Sie daran zu erinnern, dass der Genuss von Tabakwaren in jedem Fall gesundheitsschädlich ist, ganz unabhängig von Ihrem derzeitigen Zustand. Ich persönlich würde Ihnen darum prinzipiell immer vom Genuss solcher Mittel abraten..." Crocodile unterbrach den Redeschwall des Arztes, indem er seinen rechten Armstumpf hob. Die Geste wurde verstanden und der Sklave verstummte. Mit einer Verbeugung verabschiedete er sich von seinem Patienten und verließ kurz darauf das Krankenzimmer. Wahrscheinlich rechnete er damit, den morgigen Tag nicht mehr zu erleben. Nun, das war nicht Crocodiles Angelegenheit.

Stattdessen wandte er sich an die beiden Sklaven, die an der Türe Wache standen, und sagte: "Ihr habt den Arzt gehört! Bringt mir eine Zigarre und zwar schnell. Natürlich auch ein Feuerzeug. Und wenn ihr Idioten der Meinung seid, ihr müsstet Doflamingo unbedingt hierüber Bericht erstatten, dann sagt ihm, dass ich den Arzt um Rat gefragt habe und er sein Okay gegeben hat. Verstanden?"

Die beiden Sklaven nickten und ohne ein weiteres Wort zu sagen, verschwand einer von ihnen, um Crocodile die gewünschten Utensilien zu bringen und -wahrscheinlich- auch, um Doflamingo tatsächlich Bericht zu erstatten. Nun, auch das war nicht seine Angelegenheit, dachte Crocodile und ging zum Fenster hinüber.
 

Zu rauchen half Crocodile tatsächlich dabei, den Kopf frei zu kriegen. Der Geschmack in seinem Mund erinnerte ihn daran, wie es früher gewesen war; wie er früher schwere Entscheidungen getroffen hatte. Die wehmütigen Gefühle, die dabei langsam in ihm hochkamen, ignorierte er geflissentlich. Dass er die Zigarre die ganze Zeit über zwischen den Lippen festhalten musste und nicht absetzten konnte, störte ihn dabei übrigens kaum. Schon früher hatte er sie oft sehr lange einfach im Mund behalten.

Am besten wäre es, wenn er bei der ganzen Sache chronologisch vorging. Vorne anfangen und hinten aufhören. Dann konnte er zwischendurch auch Pausen einlegen, ohne durcheinander zu geraten, und wusste genau, was bereits zur Seite gelegt werden konnte und was noch vor ihm lag. (Crocodile liebte Ordnung.)

Gleich nach seinem Erwachen aus dem Koma war da die Problematik mit dem Sklavenmädchen, das Doflamingo geschickt hatte, um ihn umzubringen. Aber darüber hatten sie schon geredet. Diese Sache war abgehakt; darüber würden sie nicht noch einmal reden müssen.

Crocodile atmete tief durch. Was war da noch? Doflamingos ständige Bevormundungen; die hatten auch schon so früh angefangen. Crocodile nahm einen tiefen Zug und genoss den Geschmack von Tabak in seinem Mundraum. Er hasste es, bevormundet zu werden. Das war eine Tatsache. Er hasste es, dass Doflamingo sich das Recht herausnahm, ihm wie einem kleinem Kind seine Entscheidungen abzunehmen. Nur weil ihm eine weitere Hand fehlte und er zu Gast in dessen Villa war, bedeutete das noch lange nicht, dass er sich den Wünschen von Doflamingo unterzuordnen hatte. Es war in Ordnung, wenn Doflamingo fürsorglich war, doch es gab bestimmte Grenzen, die nicht überschritten werden durften. Er durfte seine Macht ihm gegenüber nicht ausnutzen! Das würde er Doflamingo unbedingt klarmachen müssen.

Als nächstes war da die Tatsache, dass Doflamingo ihn auf sexueller Ebene völlig ablehnte. Nun, obwohl, das stimmte nicht ganz, räumte Crocodile ein. Doflamingo küsste ihn häufig oder massierte ihn.. Und dann war da auch noch seine Erektion gewesen, als Crocodile nackt in der Badewanne gesessen hatte! Doflamingo hatte also durchaus nicht nur romantische, sondern auch erotische Gefühle für ihn. Auch wenn er es ablehnte, diese auszuleben. Und genau das war der Punkt, den Crocodile nicht verstand. Er hatte die ganze Zeit über geglaubt, sein Partner würde sich wegen seiner amputierten Hände und seinem schwächlichen Zustand vor ihm ekeln und ihn widerwärtig finden. Anscheinend hatte er damit nicht ganz richtig gelegen. Doch wenn er ihn doch attraktiv fand, wieso ging er dann nicht auf Crocodiles Avancen ein? Wieso befriedigte er seine Gelüste mit einem dummen Sklavenjungen, wenn sein Partner doch willig war?

So lange Crocodile darüber auch nachdachte, er kam einfach zu keiner befriedigenden Lösung. Für ihn ergab diese ganze Sache keinen Sinn. Doch würde er sich trauen, dieses empfindliche Thema überhaupt anzusprechen? Crocodile war -im Gegensatz zu Doflamingo- im Grunde seines Herzens ein doch sehr prüder und konservativer Mensch. Es fiel ihm nicht leicht, über Sex zu sprechen. Er konnte also nur darauf hoffen, dass Doflamingo selbst auf dieses Problem zu sprechen kommen würde.

Crocodile hatte seine Zigarre aufgeraucht und spuckte den Filter auf den Boden. Sofort kam irgendein Sklave herbei geeilt und fegte den Dreck vom Boden auf. Crocodile bekam das nur am Rande mit. Sein Blick war auf den Mond gerichtet, der inzwischen aufgegangen war. Es begann draußen langsam zu dämmern.

Crocodile gähnte. Der heutige Tag war sehr anstrengend gewesen. Er würde sich gleich schlafen legen. Über die Dinge, die noch ausstanden, würde er eben morgen weiter nachdenken müssen. Während sein Gespräch mit Doflamingo mit jeder Minute, die verging, unvermeidbar näher rückte... Auch wenn er dieses Gespräch eigens angeordnet und sogar die Frist selbst gesetzt hatte, fühlte Crocodile sich nervös und unsicher. Morgen Abend würde sich alles entscheiden.
 

Crocodile schlief in dieser Nacht schlecht. Er lag oft wach, und wenn er doch einmal eingeschlafen war, machten ihm wirre Träume zu schaffen. Als er am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich kaum ausgeruht. Sein Rücken und sein Nacken schmerzten und er war noch immer furchtbar müde. Und da ihn niemand davon abhielt, beschloss er, noch ein wenig länger im Bett liegen zu bleiben, um doch noch ein wenig zu Kräften zu kommen.

Das Gespräch mit Doflamingo würde heute Abend stattfinden. Bis dato wollte er unbedingt gebadet haben. Und etwas gegessen haben sollte er auch. Solche Gespräche ließen sich schlecht auf nüchternen Magen führen. Wenn man die Zeit, die er für diese und ein paar weitere notwendige Dinge abzog, blieb nicht mehr allzu viel davon übrig, um sich über seine Situation klar zu werden. Crocodile rannte die Zeit davon; das grauenhafte Gespräch mit Doflamingo rückte immer näher.

Auch wenn sie nun schon seit sehr langer Zeit ein Paar waren, hatte es in ihrer Beziehung nur selten ruhige Diskussionen gegeben. Sowohl Crocodile als auch sein Partner waren überaus sture und stolze Menschen, die es gewohnt waren, ihren Willen in jeder Situation rücksichtslos durchzusetzen. Sie gestanden sich nicht gern Fehler ein und noch weniger gern entschuldigten sie sich. Falls es irgendwelche Probleme gab, wurden diese entweder so lange ignoriert, bis sie sich von selbst lösten, oder durch lauten Streit und Schimpferei aus der Welt geschafft waren. Sie waren beide nicht gut darin, ruhig und sachlich über ihre Gefühle zu sprechen.

Und genau darum schwandte Crocodile bereits Übles, wenn er an den bevorstehenden Spaziergang im Garten dachte. Vor allen Dingen würden seine Suizidgedanken ein schwieriges Thema werden. Gestern hatte er bereits mitbekommen, wie überaus aggressiv und verständnislos Doflamingo darauf reagierte. Das würde definitiv kein Zuckerschlecken werden. Schließlich war sein Partner sogar handgreiflich geworden.

Wut sammelte sich plötzlich in Crocodiles Magen, als er daran zurückdachte. Doflamingo hatte es noch niemals gewagt, ihn zu schlagen! Zwar waren sie beide beispielsweise beim Sex schon mal etwas grober geworden als sie es ursprünglich beabsichtigt hatten, doch das war natürlich etwas ganz anderes als ein absichtlicher Schlag ins Gesicht. Doflamingo, dieser Bastard, hatte ihn tatsächlich geohrfeigt! Und das, wo er selbst ja noch nicht einmal dazu in der Lage war, den Schlag entweder abzufangen oder einen eigenen zurückzugeben. Mit dieser Ohrfeige hatte er ihn zum wehrlosen Opfer degradiert!

Crocodile biss sich auf die Unterlippe und bemühte sich darum, sich wieder ein wenig zu beruhigen. Schließlich hatte er sich vorgenommen, sachlich über diese Vorfälle nachzudenken. Genauso sachlich wie er mit Doflamingo darüber sprechen würde. Dennoch fiel es ihm alles andere als leicht, seine Wut zu ignorieren. Crocodile atmete mehrmals tief ein und aus und beschloss dann, dass er lieber noch ein wenig warten sollte, ehe er sich mit diesen Dingen auseinandersetzte.

Zuallererst würde er jetzt frühstücken und anschließend ganz in Ruhe ein entspannendes Bad nehmen. Dann fiel es ihm sicher leichter, über dieses heikle Thema nachzudenken und sich zu überlegen, wie er Doflamingo die ganze Sache am besten erklären konnte. Auch wenn Crocodile sich inzwischen von seinen Selbstmordgedanken distanzierte, nahm er seinem Partner dessen Reaktion noch immer übel. Da waren sie wieder bei dem Thema Bevormundung! Doflamingo hatte ihn bestraft wie ein kleines Kind, das ein Glas Milch umgestoßen hatte. Und Rache spielte dabei natürlich auch eine Rolle! Denn Doflamingo hatte ihn auch geschlagen, um sich dafür zu rächen, dass er sich von der Sklavin hatte befriedigen lassen. Oder?

Weil Crocodile sich nicht die Schläfen massieren konnte, presste er sich seinen linken Unterarm gegen die heiße Stirn und schloss für einen Moment die Augen. Er fühlte sich schrecklich gestresst und hatte jetzt gerade im Augenblick eigentlich gar keine Lust, über diese Dinge nachzudenken. Das würde er nach seinem Bad tun. Und nach der anschließenden Zigarre, die er sich gönnen würde. Wenn er dann endlich ein wenig zur Ruhe gekommen war, würde er ganz sachlich über dieses schwierige Thema nachdenken.
 

Normalerweise war Crocodile ein sehr gut organisierter und konsequenter Mensch, doch kaum atmete er den angenehmen Geruch der Badezusätze ein, die die Sklaven ins Wasser gegossen hatten, waren all seine fleißigen Vorsätze vergessen. Er lag viele Stunden lang in der Wanne, ließ sich genüsslich das Shampoo in die Haare reiben, mit weichen Schwämmen seinen Körper waschen und seine Füße und seinen Rücken massieren. Jeden aufkommenden Gedanken an das heutige Gespräch mit Doflamingo erstickte er im Keim. Nach dem ausgedehnten Bad ließ er sich sanft abtrocknen, sein Haar gründlich durchkämmen und seine Augenbrauen zupfen. Nachdem er schließlich fertig angekleidet war, rauchte er zwei Zigarren und gönnte sich anschließend eine dreigängige Mahlzeit.

Als er schlussendlich mit all diesen Dingen fertig war, hatte er kaum mehr eine Stunde, ehe Doflamingo an die Türe seines Krankenzimmers klopfte und ihn zu dem vereinbarten Spaziergang im Garten einlud. Crocodile war ehrlich genug, um sich selbst einzugestehen, dass er nicht ausreichend vorbereitet auf das Gespräch war, das nun bevorstand; dennoch brachte er es nicht über sich, seinen Partner um einen weiteren Tag Aufschub zu bitten. Es würde ja doch nichts ändern.
 

"Wie war dein Tag so?", fragte Doflamingo. Crocodile bemerkte, dass sein Partner sich um einen lockeren und unbefangenen Tonfall bemühte; trotzdem gelang es ihm nicht ganz, die unangenehme Spannung, die wie zu dicke Luft zwischen ihnen hing, aufzulösen. "Gut", erwiderte Crocodile und weil ihm das so kurz angebunden vorkam, fügte er noch hinzu: "Ich habe heute ein sehr entspannendes Bad genommen."

"Das ist schön." Ob Crocodile Doflamingo mit dieser Aussage an den peinlichen Vorfall erinnert hatte, an dem er unerwartet ins Badezimmer geplatzt war? Nur zu gut hatte er noch vor Augen, wie sie beide erregt, doch schlussendlich unbefriedigt auseinander gegangen waren. Diese Anspielung hatte Crocodile gar nicht beabsichtigt. Dass er ein entspannendes Bad genommen hatte, war bloß so dahingesagt gewesen. Oder machte er sich hier einfach zu viele Gedanken?

Peinlich berührt und überaus nervös schwieg Crocodile und wartete darauf, dass Doflamingo endlich auf den eigentlichen Grund für ihren Spaziergang zu sprechen kommen würde. Doch leider tat ihm sein Partner diesen Gefallen nicht. Allem Anschein nach schien er genauso wenig wie Crocodile selbst zu wissen, wie man auf die richtige Art und Weise in ein Gespräch einstieg, in dem es um so intime Themen wie Sex und Gefühle ging. Dabei nahm er doch sonst niemals ein Blatt vor den Mund!

Stattdessen liefen sie beide für eine Weile ziellos im Garten umher und spürten, wie das Schweigen, das über ihnen lag, mit jeder Minute unangenehmer wurde. Als diese Stille irgendwann absolut unerträglich zu werden begann, durchbrach Crocodile sie schließlich schweren Herzens und fragte: "Wo ist denn nun eigentlich mein Goldhaken?"

Kaum waren ihm die Worte über die Lippen gekommen, spürte Crocodile, dass von allen Fragen, mit denen er dieses Gespräch hätte beginnen können, diese definitiv die schlechteste Wahl von allen gewesen war. Spätestens, als er zu Doflamingo hinübersah, der abrupt neben ihm stehen geblieben war -mit geradem Rücken, zu Fäusten geballten Händen und aufeinandergepressten Zähnen- wurde ihm dieser Fehler klar. Doch Sir Crocodile wäre nicht Sir Crocodile, wenn er eine einmal getroffene Entscheidung wieder zurückgenommen hätte. Anstatt also sich zu entschuldigen und das Gespräch gegebenenfalls abzubrechen, fuhr er ungerührt fort: "Ich sehe nicht ein, dass du ihn mir weiterhin vorenthältst! Wir haben uns deswegen schon einmal gestritten und ich will nicht, dass wir das nochmal tun. Gib ihn mir einfach wieder. Und damit ist das Thema dann endlich aus der Welt geschafft!"

Er konnte hören, wie Doflamingo laut durch seine fest aufeinandergepressten Zähne atmete. Er gab sich selbst genau drei Atemzüge. Dann erwiderte er mit einer Stimme, die nur mäßig erfolgreich aufkommende Aggressionen unterdrückte: "Wir führen dieses Gespräch nicht, damit du mir irgendwelche Forderungen stellst und ich sie dir kommentarlos erfülle! Wir sind hier, um diese Sachen auszudiskutieren. Oder nicht?"

Ohne weiter darüber nachzudenken meinte Crocodile: "Prinzipiell schon. Aber einige Sachen stehen überhaupt nicht zur Diskussion! Zum Beispiel mein Goldhaken. Ich will ihn wiederhaben!"

Crocodile konnte förmlich spüren, wie sein Partner sich zusammenriss und erneut die Zähne fest aufeinanderpresste. Auch wenn er sich vornahm, ruhig und sachlich zu bleiben, schien es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die Aggression und der Frust in ihm überhand nahmen. Und die Bombe platzen würde. "Wieso willst du den Haken denn überhaupt wiederhaben! Er nützt dir doch gar nichts!"

"Natürlich nützt er mir was!", gab Crocodile überaus patzig zurück. "Er ist ein sehr hilfreiches Werkzeug." Glücklicherweise fiel ihm auch sofort ein Beispiel ein, an das er zuvor noch gar nicht gedacht hatte: "Ich könnte zum Beispiel wieder alleine essen."

"Mir macht es nichts aus dich zu füttern. Außerdem wiegt dieser eine Vorteil die vielen Nachtteile nicht auf."

"Was denn für Nachtteile bitteschön?"

"Zum Beispiel könntest du dich damit selbst verletzen. Dabei muss es sich nicht einmal zwangsweise um deine Absicht handeln. Ein einfacher Ohnmachtsanfall reicht schon aus, damit du zur Seite umkippst und dich auf deinem eigenen Haken aufspießt. Oder du könntest dich damit selbst verletzen, im Schlaf zum Beispiel; wenn du um dich schlägst oder so etwas."

Ungerührt zog Crocodile eine Augenbraue hoch. "Das sind total bescheuerte Argumente! Ich schlafe schon seit Jahren mit meinem Goldhaken am Arm; und ich habe mich damit noch niemals auch nur gekratzt! Und außerdem ist das überhaupt nicht deine Entscheidung! Verdammt, Doflamingo, wir haben das doch alles schon einmal durchgekaut. Ich will nicht, dass diese Diskussion wieder in einem Streit endet! Gib mir einfach meinen Goldhaken wieder!"

"Natürlich ist das meine Entscheidung!", gab Doflamingo zurück. "Ich kann es dir noch einmal sagen, wenn du unbedingt darauf bestehst: Das Recht des Stärken gilt. Und ich bin der Stärkere von uns beiden. Was ich sage, gilt, und du kannst überhaupt nichts dagegen..."

"Wage es ja nicht, mir noch einmal zu drohen!" Die Worte, die Crocodile ausgesprochen hatte, waren kaum mehr als ein giftiges Zischen, doch Doflamingo verstummte augenblicklich. "Ich lasse mich nicht von dir bevormunden! Oder erpressen! Ich bin kein Kind und du bist nicht mein Vater. Wir sind in unserer Beziehung beide gleichberechtigte Partner. Sieh das endlich ein, verdammt nochmal! Oder willst du, dass ich noch einmal wiederhole, was ich gesagt habe?!"

Natürlich wusste Doflamingo genau, wovon er da sprach. Sicherlich erinnerte er sich noch sehr gut an das "Ich hasse dich!", das Crocodile ihm bei ihrer letzten Diskussion zu diesem Thema entgegen gespien hatte. Und wollte ebenso sicher vermeiden, dass er es noch einmal wiederholte. Crocodile konnte sich nur zu gut vorstellen, wie sehr dieser Satz seinen Partner verletzt haben mochte.

"Du widersprichst dir selbst!", meinte Doflamingo. "Jetzt bist du nämlich derjenige, der mich erpresst! Außerdem stimme ich dir nicht zu. Unter normalen Umständen hättest du Recht, was die Gleichberechtigung angeht, doch hier ist die Situation anders: Du bist körperlich, mental und emotional völlig instabil! Das ist natürlich verständlich und ich mache dir deswegen auch keinen Vorwurf, aber das ändert nichts an den Tatsachen. Ich muss auf dich Acht geben. Sonst stellst du nämlich irgendwelche Dummheiten an, die du hinterher bereuen wirst."

Crocodile spürte, wie bei dieser Aussage eine alt bekannte Wut seine Wirbelsäule hochzukriechen begann. Wenn er noch Finger gehabt hätte, dann hätten sie jetzt gerade mit Sicherheit gezuckt, als stünden sie unter Strom. Dennoch bemühte er sich mit aller Kraft darum, ruhig zu bleiben. Denn eine ruhige Diskussion hatten sie sich schließlich vorgenommen. "Ich bin nicht verrückt oder labil, Doflamingo. Ich gebe zu, dass ich in letzter Zeit ein paar Gedanken hatte, die nicht richtig waren. Aber das ist jetzt vorbei. Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen! Hör damit auf, mich zu bevormunden!"

"Aber deine Entscheidung ist komplett unsinnig! Du redest ständig von Vernunft und Mündigkeit, argumentierst aber total unvernünftig! Du brauchst deinen Haken hier auf Dressrosa nicht! "

"Ich kann ihn gebrauchen, um alleine zu essen. Und um mich zu verteidigen!"

"Diese Diskussion hatten wir doch auch schon mal!" Doflamingos Stimme wurde mit jedem Wort, das er sprach, lauter, auch wenn ihm das selbst anscheinend nicht auffiel. "Hier gibt es niemanden, vor dem du dich verteidigen müsstest! Hier gibt es keine Marinesoldaten oder gefährliche Piraten oder wen auch immer! Du bist sicher! Und falls doch irgendetwas Unvorhergesehenes geschehen sollte, bin ich da, um dich zu beschützen!"

"Aber kannst du mich auch vor dir selbst beschützen?! Ich will mich auch gegen dich verteidigen können!"
 

Diese Aussage schien Doflamingo von einer Sekunde zur nächsten die Sprache verschlagen zu haben. Mit einem völlig verdatterten und entsetzten Gesichtsausdruck starrte er seinen Partner an und schien keinen artikulierten Laut über die Lippen zu bekommen. Es war das erste Mal in seinem ganzen Leben, dass Crocodile den berühmten Donquixote Doflamingo mundtot erlebte. Er war sich sicher, dass keiner seine Feinde es jemals so weit gebracht hätte. Das war eine Sache, die einzig und allein sein Geliebter schaffte.

Diese Gelegenheit nutzte er auch gleich aus und fuhr fort: "Weißt du eigentlich, wie ich mich gefühlt habe, als du mir gestern diese Ohrfeige gegeben hast? Ich konnte mich überhaupt nicht gegen dich wehren. Geschweige denn zurückschlagen. Ich bin dir völlig ausgeliefert. In jeder Hinsicht. Ob es nun um körperliche Gewalt, meine medizinische Versorgung oder den Bau meiner Prothese geht. Oder meinen Goldhaken. Oder irgendeine andere Sache. Einfach alles hängt komplett von dir ab. Und du nutzt diese Macht mir gegenüber völlig rücksichtslos aus. Ich will mich einfach nicht mehr von dir bevormunden lassen! Also gib mir meinen Goldhaken wieder!"

Doflamingo schluckte. Es vergingen einige Sekunden, in denen er sich zu sammeln versuchte. Allem Anschein nach hatte er nicht auch nur im Entferntesten damit gerechnet, dass sein eigener Partner das Gefühl hatte, er müsste sich vor ihm schützen. Schließlich war er die ganze Zeit über derjenige gewesen, der ihn beschützt hatte.

"Das meinst du nicht ernst", erwiderte Doflamingo mit seltsam ruhiger Stimme. "Genau das meine ich nämlich: Du bist völlig durcheinander und weißt nicht, was du sagst. Ich pflege und unterstütze dich. Von mir geht keine Gefahr aus. Zumindestens nicht für dich."

"Gib mir einfach meinen Goldhaken wieder, verdammt nochmal!" Langsam spürte Crocodile, dass seine Geduld zu Ende ging. Sie drehten sich bei dieser Diskussion im Kreis. Er nannte immer und immer wieder seine Forderung; und Doflamingo hielt immer und immer wieder mit seinen Argumenten dagegen. Das Problem war nun allerdings, dass der Shichibukai leider am längeren Hebel saß. Er schien Crocodiles Situation völlig falsch zu verstehen. Und es gab nichts, was er tun konnte. Er war machtlos gegenüber Doflamingo.

"Dieses Gespräch führt zu nichts", sagte Doflamingo. Wenigstens das hat er nun eingesehen, dachte Crocodile wütend. "Ich glaube, die ganze Sache war eine schlechte Idee. Ich habe unterschätzt, wie sehr dein Koma und deine derzeitige Situation dir zugesetzt haben. Du bist noch lange nicht gesund. Weder körperlich noch geistig."

"Ich bin nicht verrückt!", brüllte Crocodile verärgert. Wie konnte Doflamimgo es wagen, seinen Geisteszustand einfach so herunterzuspielen. Er war doch kein Kind und auch kein Verrückter! Er war Sir Crocodile, ein mächtiger Pirat, ehemaliger Boss der Baroque Firma, ehemaliger Shichibukai! Nur leider schienen diese Tatsachen seinen Partner nicht sonderlich zu kümmern...

"Am besten du legst dich wieder schlafen", sagte Doflamingo in einer Stimme, mit der man einem kleinen Kind erklärte, warum es seinen Teller leer essen muss, auch wenn es das nicht will. "Dein Körper und dein Geist müssen sich erholen. Du hast dich in den letzten Wochen viel zu stark verausgabt."

Und dann sprach Doflamingo dieses einen Satz aus, der das Fass endgültig zum überlaufen brachte:"Komm, ich bringe dich ins Bett."
 

Es war gar nicht böse gemeint. In Doflamingos Stimme lagen weder Hohn noch Verachtung, sondern Besorgnis und Fürsorge. Und doch konnte Crocodile einfach nicht an sich halten. Aggressiv riss er sich aus Doflamingos Griff und warf diesem einen tödlichen Blick zu. "Bist du jetzt eigentlich total bescheuert?!" Seine Stimme war laut und zitterte vor Wut. "Ich bin kein kleines Kind, das man ins Bett bringen muss! Ich bin ein erwachsener Mann! Zur Hölle nochmal, wann verstehst du das endlich?!" Wenn er noch Hände gehabt hätte, dann hätte er nun wütend einen Zeigefinger in Doflamingos Brust gebohrt; da dies allerdings nicht möglich war, blieb es bei seinem rechten Armstumpf, den er gegen dessen Oberkörper presste, während er alles ausspie, was ihm auf der Zunge lag: "Hör auf damit, mich andauernd zu bemuttern! Ich hasse das! Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen. Ich bin dein Partner und nicht dein Kind oder was auch immer! Als ich damals gesagt habe, dass du hier der einzige bist, der mich fertig macht, habe ich das ernst gemeint. Deine überfürsorgliche Art behindert meinen Heilungsprozess eher, als dass sie ihn fördert! Ich habe das Gefühl, gefangen zu sein. Alles wird mit abgenommen. Jede Entscheidung! Du verhinderst, dass ich irgendwelche Fortschritte mache, aus Angst, ich könnte jeden Moment umkippen und wieder ins Koma fallen. Das nervt!" Crocodile spürte, dass sein Atem knapp wurde. Dieses Geschreie strengte ihn furchtbar an. Und doch wollte er noch nicht aufhören. Konnte nicht aufhören. Endlich hatte er die Gelegenheit, Doflamingo offen die Leviten zu lesen, und diese Gelegenheit würde er nicht ungenutzt verstreichen lassen. Die Atemnot und den aufkommenden Schwindel unterdrückte er beflissentlich. "In letzter Zeit habe ich mir oft gewünscht, tot zu sein. Ich habe viel über Selbstmord nachgedacht. Als du mich dabei erwischt hast, wie mir die Sklavin einen Blowjob gegeben hat, habe ich fast darauf gehofft, dass du mich tötest..."

"Crocodile."

Crocodile schüttelte den Kopf. Er ließ nicht zu, dass man ihn jetzt unterbrach. Er musste das hier zu Ende bringen, ehe... ehe... "Ich war verzweifelt. Nicht nur wegen der fehlenden Hand. Sondern vor allen Dingen wegen dir. Weil du mich bevormundest. Weil du mir Informationen über Kid und Mugiwara vorenthältst. Weil du nicht mir schlafen willst. Manchmal hasse ich dich wirklich für all diese Dinge. So kann das nicht... kann das nicht... nicht..." Crocodile versuchte die Worte zu formen, die ihm auf der Zunge lagen, doch sie entglitten ihm jedes Mal wieder. Er spürte, wie sein Kopf heiß und sein Körper schwer wurden. Schwach drückte er seinen rechten Armstumpf gegen die nasse Stirn.

Er bekam noch mit, dass Doflamingo ihn fest an sich presste und nach irgendjemandem rief; dann versank die Sicht um ihn herum in Dunkelheit.
 

bye

sb

Kapitel 8

Crocodile kam es vor wie ein Deja-vu, als er irgendwann wieder aufwachte. Da waren die vier weißen Wände und die Decke. Da war das große Erkerfenster, durch das ein wenig Sonnenlicht in den Raum fiel. Da waren die beiden Sklaven, die an der Türe wache standen. Da war das Krankenbett, in dem er lag. Und da war der Schemel, der unbesetzt daneben stand. Ein furchtbar schreckliches Gefühl, das Crocodile nicht so recht beschreiben konnte -vielleicht eine ungleiche Mischung aus Hass, Verzweiflung und Resignation- brach über ihn herein wie eine heftige Welle, die den ganzen Strand überspülte. Ich bin gefangen, dachte er, und ließ den Blick über die weiße Leere schweifen. Ganz gleich, was ich tue, ich lande immer und immer wieder genau hier in diesem Raum, genau hier in diesem Bett. Ich kann nicht entkommen. Ich bin genauso gefangen wie damals in Impel Down. Nur, dass dieses Mal nicht Magellan, sondern Doflamingo mein Gefängniswärter ist.

Crocodile presste die Augen zusammen und die Lippen aufeinander. Am liebsten würde er jetzt losheulen oder zumindestens laut schreien. Nein, das war gelogen. Am liebsten wäre tot. Erlöst von seinem schwächlichen, verkrüppelten Körper und befreit von Doflamingos Fürsorge. Crocodile tat weder das Eine noch das Andere. Stattdessen drehte er sich auf die Seite und vergrub sein Gesicht im weißen Kopfkissen. Wenn er ehrlich war, dann hatte er sich noch niemals ernsthaft Gedanken darüber gemacht, was nach dem Tod geschah. Crocodile war niemals ein religiöser Mensch gewesen. Die Frage, ob er an Gott glaubte oder nicht, könnte er aus dem Stehgreif nicht so leicht beantworten. Aber jetzt, wo er darüber nachdachte, gefiel ihm die Vorstellung, seinen schwer beschädigten Körper einfach hinter sich zu lassen. Wie ein gestaltenloser Geist frei herumzuwandern und dahinzugehen, wo der Wind ihn hinwehte.

Auf jeden Fall wäre das deutlich angenehmer als in diesem Bett zu liegen und darauf zu warten, dass Doflamingo sich auf den nebenstehenden Schemel setzte. Denn das der Shichibukai ihm demnächst einen Besuch abstatten würde, dessen war Crocodile sich sicher. Einer der Wachen hatte Bescheid darüber gegeben, dass er aufgewacht war. Selbstverständlich hatte er das. War es nicht immer so? Es konnte sich nur noch um Minuten handeln, ehe er sich mit Doflamingo auseinandersetzen musste.

Crocodile wollte sich überhaupt nicht ausmalen, was jetzt geschehen würde. Er war sich dessen bewusst, dass er eine Grenze überschritten hatte. Er hatte Doflamingo alles entgegengespieen, was ihm schon seit Wochen auf der Zunge gelegen und keine Ruhe gelassen hatte. Und das hatte Doflamingo verletzt. Heftiger verletzt, als er es zugeben wollte. Und um sich selbst zu schützen und um seine übertrieben Fürsorge nicht in Frage stellen zu müssen, hatte er ganz einfach Crocodiles Geisteszustand heruntergespielt. In den Augen seines Partners war er nunmehr nicht mehr bloß ein Kind, das man bevormunden konnte wie man wollte, sondern ein unzurechnungsfähiger Patient, auf den man achtgeben musste, damit er sich nicht aus Versehen selbst verletzte.

Sein Partner. Er hatte Doflamingo in Gedanken häufig "seinen Partner" genannt. Das war eben der Platz, den der Andere in seinem Leben einnahm. Oder eingenommen hatte. Crocodile gefiel dieses Wort. Es klang nicht kitschig oder übertrieben, aber auch nicht kalt ode gefühllos. Doch traf diese Bezeichnung überhaupt noch zu? Konnte er Doflamingo tatsächlich noch guten Gewissens als seinen Partner bezeichnen? Gleichberechtigt waren sie schließlich nicht mehr, seit er medizinisch von ihm versorgt wurde. Hatten sie nicht erst gestern darüber gestritten? Crocodile konnte sich daran erinnern, dass Doflamingo behauptet hätte, es bestünde in ihrer Beziehung keine Gleichberechtigung mehr. Zumindestens derzeit nicht. Bedeutete das also, dass er nicht mehr sein Partner war?

Was war Doflamingo dann? Sein Erzieher? Sein Psychologe? Sein Pfleger?

Crocodile seufzte. Warum nur war alles so schwierig geworden? Waren seine fehlenden Hände nicht schon Schwierigkeit genug? Crocodile verfluchte, jemals auf auf Eustass Kid getroffen zu sein.
 

Das Geräusch der Zimmertüre, die sich leise öffnete, riss ihn aus seinen Gedanken. Crocodile kniff die Augen zusammen und verzog das Gesicht, sodass man meinen könnte, es läge irgendein widerwärtiger Geschmack auf seinen Lippen. Er wartete ab, bis Doflamingo mit langsamen Schritten den Raum durchquert und sich auf den Schemel neben seinem Bett niedergelassen hatte, und erst dann öffnete Crocodile wieder seine Augen. Doflamingo trug eine rosafarbene Hose mit schwarzen Querstreifen und ein weißes, offenes Hemd; auf seine Nase saß eine Sonnenbrille mit violett getönten Gläsern.

Crocodile wusste nicht recht, was er sagen sollte, doch das war auch gar nicht nötig, denn schnell ergriff Doflamingo das Wort: "Wie geht es dir?" Crocodile zögerte für einen kurzen Moment, ehe er schließlich erwiderte: "Körperlich sehr gut, zumindest den Umständen entsprechend." Die Antwort war nicht gelogen. Obgleich er während ihrer Auseinandersetzung gestern -oder wie lange auch immer sie nun her sein mochte- zusammengebrochen war, fühlte er sich in körperlicher Hinsicht recht gut. Er hatte keine starken Schmerzen und fühlte sich noch nicht einmal sonderlich müde. Crocodile deutete dies als ein gutes Zeichen. Es bedeutete, dass sein Körper widerstandsfähiger und robuster wurde. Seine Erholung hatte in den letzten Wochen gute Fortschritte gemacht. "Das freut mich", sagte Doflamingo und kreuzte die Beine übereinander.

"Du hast noch nichts gegessen, nehme ich an?"

Crocodile schüttelte den Kopf und richtete sich in seinem Bett auf. Er hatte bereits früh gelernt, sich aufzurichten, auch ohne das Körpergewicht auf die Hände stemmen zu können. Inzwischen bereitete es ihm gar keine Umstände mehr. "Dazu hatte ich noch keine Gelegenheit. Ich bin ja eben erst aufgewacht." Er stockte für einen Augenblick und fragte dann: "Wie lange habe ich geschlafen?"

"Neunzehn Stunden."

"Tatsächlich? Dann war ich ja gar nicht so lange weg wie ich befürchtet hatte. Das ist gut."

"Du hättest gar nicht erst weg sein dürfen", gab Doflamingo spitz zurück.

"Du weißt wie ich das meine. Es hätte schlimmer sein können. Ich mache Fortschritte, was die Heilung angeht."

"Dann solltest du diese Fortschritte weiter unterstützen, indem du jetzt erst einmal frühstückst. Dein Körper braucht Nährstoffe; du bist schon wieder so blass im Gesicht geworden. Die Mädchen, die ich geschickt habe, sollten jeden Moment hier sein."

"Frühstück klingt gut", meinte Crocodile. Die nächsten zwei Minuten, die es dauerte, ehe sein Frühstück eintraf, verbrachten sie schweigend. Crocodile wusste nicht recht, was er von der ganzen Situation halten sollte. Zwar verhielt Doflamingo sich überfürsorglich, doch das kannte er schließlich von dem Shichibukai. Tatsächlich schienen seine schlimmsten Befürchtungen nicht eingetreten zu sein. Oder zumindest noch nicht. Bisher verhielt Doflamingo sich noch tolerabel, entschied Crocodile. Hoffentlich würde das auch so bleiben.

Drei Mädchen brachten auf Tabletts eine große Auswahl an verschiedenen warmen und kalten Köstlichkeiten herbei. Da waren Brote mit Aufschnitt, Müsli, Eier (hart gekocht, weich gekocht, gebraten). Da waren Salat, eingelegtes Gemüse, Suppen, verschiedene Sorten Fleisch und Fisch. Da waren Wasser, Milch, Saft, Kaffee und Tee.

Darüber, wie viel Mühe dahinter steckte, so viele Speisen so hübsch und verzehrbereit anzurichten, machte Crocodile sich keine Gedanken. Was die Ernährung anging, war er bei Doflamingo stets verwöhnt worden. Vor allen Dingen seit er körperlich so stark angeschlagen war und darum viel essen und trinken musste, um sich so gut wie möglich wieder zu erholen. Der Shichibukai war schließlich sehr einflussreich und extrem reich, da gab es einfach keinen Grund, um bescheiden oder genügsam zu sein. Nachdem die drei Mädchen alle Teller, Schüsseln, Krüge und Tassen ordnungsgemäß abgestellt hatten, verbeugten sie sich zuerst vor Doflamingo, dann vor ihm und verschwanden schließlich fast geräuschlos wieder aus seinem Krankenzimmer.

"Was möchtest du als erstes essen und trinken?", fragte Doflamingo.

"Zuerst die Suppe. Dann Fisch und das eingelegte Gemüse. Dazu grünen Tee. Ungesüßt."

Die Suppe schmeckte hervorragend. Crocodile schloss für einen Moment die Augen, um den Geschmack zu genießen, als Doflamingo ihm sanft den Löffel in den Mund schob.

Da er ohne seine Hände stark eingeschränkt war und sich auch ansonsten aus medizinischen Gründen nicht zu stark verausgaben durfte, hatte Crocodile meistens den ganzen Tag lang nicht viel zu tun. Nicht einmal Sport durfte er treiben. (Nur zu gut erinnerte Crocodile sich noch daran, wie katastrophal sein Versuch zu joggen, fehlgeschlagen war.) Von Tätigkeiten wie Malen und Schreiben ganz zu schweigen. Also verbrachte er viel Zeit damit zu lesen, spazieren zu gehen und sich mit Doflamingo zu unterhalten. Und natürlich zu essen. Ansonsten gab es nur wenig, was ihm dabei half, den Tag irgendwie herumzubekommen.

Manchmal erinnerte dieses Leben Crocodile an das der Bananenkrokodile, die er sich früher gehalten hatte. Damals, in Alabasta, als er selbst noch ein Shichibukai und die Welt in Ordnung gewesen war. Er hatte viel Freude an seinen Haustieren gehabt und sie ständig verwöhnt. Sie hatten keine Pflichten und auch keinen Nutzen gehabt, schwammen einfach bloß den ganzen Tag lang in ihrem Aquarium herum und wurden regelmäßig gefüttert.

Bei diesem Gedanken verging Crocodile plötzlich der Appetit und als Doflamingo ihm ein Stück Fisch in den Mund schieben wollte, drehte er seinen Kopf abweisend zur Seite. Ich befinde mich in einem goldenen Käfig, schoss es Crocodile plötzlich durch den Kopf und diese Erkenntnis stimmte ihn wütend und traurig. Doflamingo hielt ihn genauso wie er sich früher seine Bananenkrokodile gehalten habe. Ich bin für ihn kein Kind oder Patient, sondern ein Haustier, dachte er.

"Was ist auf einmal los mit dir?", drang Doflamingos Stimme wie durch einen dicken Schleier zu ihm durch. "Hast du jetzt schon keinen Hunger mehr? Oder ist dir vielleicht schlecht geworden? Soll ich den Arzt holen lassen?"

Und von der einen Sekunde auf die andere fühlte Crocodile plötzlich, wie kalter Hass durch seinen Körper strömte. Er konnte fühlen, wie er durch seine Adern floss und auch wenn er wusste, dass es unmöglich war, spürte er wie die Finger seiner rechten Hand zu zucken begannen. Was war nur aus ihm geworden? Wie tief war er gesunken? Er war doch kein Haustier, das man füttern musste! Er war Sir Crocodile, ehemaliger Shichibukai, ehemaliger Mister Zero der Baroque Works, ein großer Pirat! Er hatte beinahe einen gesamten Staat unterworfen! Ihm war die Flucht aus Impel Down gelungen! Er hatte an der Schlacht um Marine Ford teilgenommen! Sein Kopfgeld betrug einundachtzig Millionen Berry verdammt nochmal!

In einem plötzlichen Ausbruch von Panik, Hass und Hysterie holte Crocodile mit seinem rechten Arm aus und fegte das gesamte Geschirr und Besteck von seinem Krankenbett. Er konnte hören, wie es krachend auf dem Fußboden landete und der Inhalt auslief. Das Brot, der Aufstrich, das Müsli, die Eier, die Salate, das eingelegte Gemüse, das Fleisch und der Fisch, die Getränke. Alles landete auf dem perfekt gereinigten Fußboden und besudelte diesen. Der Anblick verschaffte ihm eine seltsame Art von Genugtuung.

Dann schlug Crocodile die Bettdecke zur Seite -das gelang ihm auch ohne Hände recht gut-, stieg aus dem Bett und steuerte die Tür an. Er trug noch immer seine weiße Schlafkleidung, das bedeutete, er trug weder Schuhe noch Socken. Doch dass ihm die auf dem Boden verstreut liegenden Scherben die Füße aufschnitten, störte ihn nicht im geringsten. Er bemerkte es kaum.

Crocodile hatte noch nicht einmal die Zimmertüre erreicht, als Doflamingo von seinem Schemel aufsprang. Bis eben noch schien er völlig überfordert mit Crocodiles plötzlichem Stimmungsumschwung gewesen zu sein und hatte es ihn, überrascht und perplex wie er war, durchgehen lassen, doch nun war er aus seine Starre erwacht. Nach nur drei großen Schritten war er bei ihm angelangt und packte ihn grob am Arm.

Crocodile versuchte sich aus dem harten Griff zu befreien, doch Doflamingo war deutlich stärker als er und dachte nicht im Entferntesten daran, ihn loszulassen. "Fass mich nicht an! Lass mich los! Verdammt nochmal! Doflamingo! Du Bastard!"

"Was zur Hölle ist los mit dir? Eben warst du noch völlig ruhig und nur eine Sekunde später rastest du hier total aus!"

"Lass mich los! Verdammt! Lass. Mich. Los!"

"Wenn du versprichst dich zu beruhigen, dann lasse ich dich los."

"Doflamingo!"

"Versprich es! Du musst es nur sagen und ich lasse dich sofort los."

"Du tust mir weh!"

Diese Worte erzielten eine noch viel bessere Wirkung als das Versprechen sich zu beruhigen. In sofort dem selben Moment, in dem er sie aussprach, ließ Doflamingo ihn los und trat einen Schritt zurück.

Crocodile holte tief Luft. Dass Doflamingo ihm wehgetan hatte, war nicht gelogen gewesen. Zwar konnte Crocodile seine Ärmel nicht hochschieben, doch wenn er seine Unterarme nach oben hob, rutschte der leichte Stoff nach unten und entblößte sie. Auf seiner blassen Haut waren überdeutlich mehrere dunkle Hämatome zu erkennen. Auf beiden Unterarmen.

"Das wollte ich nicht!"

Crocodile presste die Zähne aufeinander und starrte Doflamingo wütend und entsetzt an. "Du hast es aber getan! Und dass du es nicht wolltest, macht es eigentlich nur noch schlimmer. Das bedeutet nämlich, dass du die Kontrolle über dich verloren hast! Langsam bekomme ich ernste Zweifel, wer von uns beiden labil ist, Doflamingo!"

Wenn Crocodile ehrlich war, dann machte ihm dieses Verhalten Sorgen. Er hatte noch niemals zuvor erlebt, dass Doflamingo die Kontrolle über sein eigenes Handeln verlor. Zwar war er häufig sadistisch und blutrünstig, zumindest Feinden gegenüber, doch der springende Punkt bei der Sache war der, dass Doflamingo dabei niemals seine Selbstkontrolle verlor. Er entschied sich in diesen Situationen lediglich ganz bewusst dagegen sie einzusetzen.

Selbst, als Doflamingo ihn geohrfeigt hatte, weil er sich von Maja einen Blowjob hatte geben lassen, hatte er sich selbst absolut unter Kontrolle gehabt. Er hatte ihn bestrafen wollen, weil er ihn verletzt und eifersüchtig gemacht hatte. Genauso wie damals in der Schlacht von Marineford, als er ihn mit seinen Teufeskräften enthauptet hatte.

Eben jedoch hatte Doflamingo für eine kurze Zeit lang die Kontrolle über sich und sein Handeln verloren. Und ein Donquixote Doflamingo, der sich selbst nicht mehr zügeln konnte, war definitiv gefährlicher als die zwar sadistische, doch disziplinierte Variante. Gefährlich vor allen Dingen für Crocodile. Schließlich war er ohne seine Teufelskräfte und ohne seinen Goldhaken nicht dazu in der Lage, sich zu verteidigen. Crocodile schluckte.

"Es tut mir leid. Hörst du, Crocodile? Es tut mir leid. Ich entschuldige mich nicht oft. Das weißt du. Ich hasse es, mir Fehler einzugestehen und mich zu entschuldigen. Genauso wie du. Aber jetzt tue ich es: Es tut mir leid!"

Crocodile schüttelte langsam den Kopf. Nicht, um Ablehnung auszudrücken, sondern einfach bloß, weil er gerade ein wenig gedankenverloren war. Dann sagte er in einem möglichst versöhnlichen Tonfall: "Ist schon gut. Ich denke, wir sind beide in letzter Zeit nicht ganz wir selbst. Wir sollten uns gegenseitig einfach ein bisschen in Ruhe lassen. Von mir aus können wir gerne heute zusammen zu Abend essen, aber jetzt brauche ich ein bisschen Ruhe."

Doflamingo nickte ohne erkennen zu lassen, was er dachte. "Einverstanden." Der Shichibukai ging zur Türe hinüber, an der die beiden Wachen standen, die bisher völlig kommentar- und regungslos das Schauspiel beobachtet hatten, das ihnen geboten worden war. Er wandte sich an einen von ihnen und befahl: "Ruf ein paar Mädchen her, die die Sauerei auf dem Boden wegmachen.Und ein paar, die für Crocodile ein neues Frühstück mitbringen. Sie sollen auch an Pflaster und Verbände denken. Er hat sich an den Scherben die Füße aufgeschlitzt. Und mach schnell!" Die Wache nickte, verbeugte sich und verschwand einen kurzen Augenblick später, um den Befehl auszuführen, der ihm aufgetragen worden war.

Dann wandte sich Doflamingo ein letztes Mal zu Crocodile um, der zu seinem Bett zurückgekehrt war und sich darauf niedergelassen hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Crocodile, dass er ihm noch irgendetwas sagen wollte, ihm irgendetwas auf der Zunge lag. Anstatt es auszusprechen, schluckte der Shichibukai es jedoch hinunter und verschwand ohne ein weiteres Wort aus dem Krankenzimmer.
 

Kaum war die Türe ins Schloss gefallen, seufzte Crocodile laut auf und schlug die Arme über den Kopf zusammen. Das war nicht gut. Das war ganz und gar nicht gut. Doflamingo ist der Verrückte von uns beiden, dachte er. Und wenn das so weiterging, würde es mit ihnen beiden noch ein böses Ende nehmen. Crocodile war sich dessen bewusst, dass der Shichibukai extrem gefährlich war und man ihn nicht unterschätzen durfte. Vor allen Dingen er, in seinem erbärmlichen Zustand, nicht.

Doch was sollte er tun? Er konnte sich gegen Doflamingo nicht zur Wehr setzen. Er konnte sich nicht selbst umbringen. Und von Dressrosa fliehen konnte er auch nicht. Er war ein Gefangener.

Crocodile bekam kaum mit, wie sich die Türe zu seinem Krankenzimmer erneut öffnete und gut ein Dutzend junger Sklavenmädchen eintrat. Sie verbeugten sich allesamt kurz vor ihm und machten sich dann an die Arbeiten, die ihnen aufgetragen worden war. Einige räumten das zerbrochene Geschirr und die verschütteten Lebensmittel vom Fußboden auf, einige deckten ihm das neue Frühstück und zwei weitere machten sich daran, seine Füße zu versorgen.

Crocodile schreckte erst auf, als die beiden Sklavinnen ihm die Scherben aus der Haut zogen und die kleinen Wunden desinfizierten. Es war zwar nicht Ernstes (schließlich hatte nicht einmal Doflamingo es für nötig gehalten, den Arzt herzubestellen), nur eine einzige Scherbe hatte sich relativ tief ins Fleisch gebohrt, doch seit Crocodile keine Hände mehr besaß, hatte er das Gefühl, an seinem restlichen Körper umso empfindlicher geworden zu sein. Vor allen Dingen an den Füßen. Wie ein Blinder, der besser hören oder riechen konnte als jeder Sehende.

"Verzeiht mir bitte, Sir Crocodile!", bat das Mädchen unterwürfig, das gerade Desinfektionsmittel auf diese eine, größere Wunde verteilt hatte und ihm damit einen scharfen Zischlaut entlockt hatte. Crocodile machte eine kurze Kopfbewegung, die in etwa die selbe Bedeutung hatte, wie wenn jemand mit seiner Hand abwinkte. Crocodile war Schmerzen in letzter Zeit mehr als gewohnt. Das Böse an Desinfektionsmittel war lediglich, dass es höllisch brannte.

Irgendwann waren alle Sklavinnen verschwunden bis auf zwei Andere, die ihm beim essen halfen. Dieses Mal aß Crocodile artig, obwohl er keinen großen Hunger mehr verspürte. Seine Füße brannten vom Desinfektionsmittel und seine Unterarme schmerzten unangenehm.
 

Die Zeit bis zum verabredeten Abendessen mit Doflamingo brachte Crocodile hauptsächlich mit Nachdenken zu. Er las Zeitung, er aß zu Mittag, machte einen Spaziergang im Garten und badete, doch während er all diese Dinge tat, dachte er angestrengt nach.

Er befand sich gerade in einer sehr schwierigen und gefährlichen Situation. Doflamingo geriet langsam, aber sicher außer Kontrolle. Er hatte sich schrecklich verändert, mehr noch als er selbst. Crocodile seufzte leise. Wie lange war es her, seit er Doflamingo das letzte Mal lachen gehört hatte? Früher hatte ihn das exzentrische Gelächter seines Partners meistens furchtbar genervt; jetzt würde er eine Menge hergeben, um es noch einmal zu hören. Doflamingo lachte nicht mehr, er grinste nicht mehr und nahm nichts mehr auf die leichte Schulter. Die ganze Zeit über war er bloß schlecht gelaunt und besorgt um ihn.

So ging das nicht weiter! Wenn Crocodile nicht bald eine Lösung für ihr Problem fand, würde ihre Beziehung völlig den Bach hinunter gehen. Und wenn er ehrlich war, dann wollte er das nicht. Er wollte sich nicht von Doflamingo trennen. Auf welche Art und Weise auch immer. Er wollte bloß, dass alles wieder so wurde wie früher.

Crocodile schloss die Augen. Er lag gerade in der Badewanne; genoss das warme und wohlriechende Wasser, das seinen Körper umschloss und die zarten Finger einer Sklavin, die ihm Shampoo ins Haar einmassierte. Mit Doflamingo zu streiten, nützte nichts. Zwar war es danach nicht so schlimm gekommen, wie Crocodile es ingsheim befürchtet hatte, doch genützt hatte es ihm auch nicht. Streiten und Schreien brachte sie hier nicht weiter. Das hatte Crocodile inzwischen begriffen.

Doch was sollte er sonst tun? Irgendwie musste man Doflamingos Verhalten doch ändern können! Irgendeine andere Möglichkeit musste es doch noch geben! Er musste ihn davon abbringen, ihn weiterhin als Patienten und Haustier zu sehen; stattdessen musste er dafür sorgen, dass Doflamingo ihn wieder als gleichberechtigten Partner ansah. Doch wie sollte er das anstellen?

Crocodile richtete sich in der Badewanne langsam auf. Das Sklavenmädchen, das ihm das Shampoo in die Haare einmassiert hatte, ließ ihn augenblicklich los und senkte schüchtern und ängstlich den Blick.

"Hey du, Mädchen", sprach Crocodile es an. Die Sklavin zuckte ängstlich zusammen. Wahrscheinlich glaubte sie, sie hätte irgendetwas falsch gemacht. Ihm mit einem spitzen Fingernagel vielleicht zu fest über die Kopfhaut gestrichen oder zugelassen, dass ihm ein Tröpfchen Shampoo in die Augen lief. Crocodile nahm sich nicht die Zeit, um ihr zu erklären, dass weder das eine noch das andere der Fall war. Er hatte Wichtigeres zu tun.

"Lasst das Abendessen heute nicht in meinem Krankenzimmer, sondern im Speisesaal anrichten. Stellt auch ein paar Kerzen und Blumen auf den Tisch. Und bringt einen guten Wein! Wenn ihr den Tisch gedeckt habt, sollen alle Sklaven verschwinden. Sorgt auch dafür, dass alle Telefongespräche für Doflamingo abgesagt werden; auch die dringenden. Ich will den Abend ganz ungestört mit ihm verbringen! Legt für mich schicke Kleidung zurecht, die ich nach dem Bad anziehen kann. Nicht die Sachen, die ich sonst immer im Krankenbett trage. Ich will ein richtiges Hemd und Schuhe haben! Und denkt auch an meinen Schal!"

Das verschüchterte Sklavenmädchen wirkte ein wenig überrascht und überfordert, doch nickte gehorsam und gab den Befehl weiter, ehe es sich wieder seinen Haaren zuwendete. Crocodile lehnte sich zurück und schloss die Augen. Bald hatte der angenehme Duft des Badewassers seine Sinne benebelt. Er fühlte sich so entspannt und motiviert wie schon seit Wochen nicht mehr.

Vielleicht würde ja ein romantischer Abend Doflamingo daran erinnern, dass er nicht nur ein Patient und Haustier war, um das man sich kümmern musste. Sondern ein Mann, mit dem man sich gut unterhalten und lachen konnte. Und der gewisse Bedürfnisse hatte.

Ein Grinsen schlich sich auf Crocodiles Lippen. Wenn Streit und Gebrüll zu keiner Lösung führten, dann würden es vielleicht Blumen und Kerzen tun. Als er aus der Badewanne stieg, fühlte Crocodile sich siegessicher.
 

bye

sb

Kapitel 9

Crocodile stand vor dem Spiegel. Er hatte sich längst schon fertig gemacht und war bereit für das romantische Abendessen mit Doflamingo. Anstatt der weißen und bequemen Krankenhauskluft, in die er sonst immer gekleidet war, trug er heute ein orangefarbenes Hemd, eine schwarze Hose und dazu flache, schwarze Schuhe. Er sah gut aus. Besser als jemals zuvor, zumindest seit er aus dem Koma erwacht war.

Doch als Crocodile sich selbst so addrett und schick im Spiegel betrachtete, überkam ihn auf einmal ein überaus ungutes Gefühl. Er hatte sich schon einmal für Doflamingo so hübsch gemacht. Damals hatte er sich unauffällig in dessen Schlafzimmer geschlichen, hatte ihn überraschen wollen - und war selbst überrascht worden. Als das Bild von Doflamingo und dem Sklavenjungen, die es heiß miteinander trieben, vor seinem inneren Auge auftauchte, verkrampften sich Crocodiles Eingeweide schmerzhaft.

Für einen kurzen Moment kehrten all der Schmerz, die Enttäuschung und der Hass zurück, ehe Crocodile es gelang, diese Emotionen zurückzuschrauben und sich wieder zu beruhigen. Diese Sache war Geschichte, versuchte er sich einzureden und strich mit seinem rechten Armstumpf sein Hemd glatt. Er hatte sich für diesen Betrug mit Hilfe von Maja bei Doflamingo gerächt. Das spielte jetzt alles keine Rolle mehr.

Heute Abend würde sich alles ändern. Er würde zusammen mit Doflamingo zu Abend essen und ihn verführen. Es würde ihm endlich gelingen, Doflamingos Zurückhaltung, was ihr Sexualleben anging, zu brechen. Dass er einen Orgasmus vertragen konnte ohne zusammenzubrechen, hatte schließlich seine Begegnung mit Maja bewiesen. Und auch Doflamingo wusste davon.

Crocodile hatte vor, ihre Beziehung von Grund auf zu erneuern. Anstatt Pfleger und Patient sollten sie nun wieder zwei leidenschaftliche Liebhaber werden. Seine ständigen Wutausbrüche und ihre Streitereien in letzter Zeit hatten zu überhaupt nichts geführt, außer vielleicht zu noch mehr Problemen. Nun hatte Crocodile seine Taktik geändert. Und dieses Abendessen war der erste Schritt in die richtige Richtung.

Er würde Doflamingo ein wenig Honig um den Mund schmieren, ihm Komplimente machen und verführen. Sie würden endlich wieder Sex miteinander haben. Oder zumindest Petting, wenn es zu Sex aus irgendwelchen Gründen nicht reichen sollte. Wenigstens einen Blowjob zu bekommen (und zu geben, wenn Doflamingo wollte) hatte er sich als Ziel gesetzt.

Crocodile ging zur Zimmertüre hinüber und drückte die Klinke mit seinem rechten Armstumpf hinunter. Es waren noch fünf Minuten bis acht Uhr abends und der Speisesaal lag im Erdgeschoss. Zum ersten Mal seit langem fühlte Crocodile sich wieder wie ganz der Alte. Er trug schicke Kleidung und hatte Parfüm aufgelegt und machte sich auf den Weg zu einer heißen Liebesnacht mit seinem Partner. Und was noch viel wichtiger war: Er hatte wieder ein Ziel vor Augen. Und einen Plan, den er sich ausgedacht hatte und verfolgen musste, um dieses Ziel zu erreichen. Er fühlte sich nicht mehr ohnmächtig und ausgeliefert, sondern wieder wie ein Pirat, der einem großen Goldschatz hinterherjagte. Verdammt nochmal, er war ein Pirat, der einem Schatz hinterherjagte! Sir Crocodile war zurück!
 

Als Crocodile den Speisesaal betrat, erstaunte ihn die Erkenntnis, wie lange es her war seit er das letzte Mal zusammen mit Doflamingo hier gespeist hatte. Seit er aus seinem Koma erwacht war, hatte er ausschließlich auf seinem Krankenzimmer Mahlzeiten zu sich genommen. Dabei sorgte allein schon dieses Ambiente für eine völlig andere Atmosphäre!

Der Raum war sehr groß und sein Herzstück bildete ein Tisch aus dunklem Holz, der zusammen mit zwei Stühlen in der Mitte stand. Dahinter befand sich ein hohes Fenster, durch das die letzten Strahlen der untergehenden Sonne in den Saal fielen. Die Vorhänge waren aus dickem, violetten Stoff; genauso wie der Teppich auf dem Fußboden. Die Wände wurden durch Gemälde verschiedener Art und handgestickten Wandteppichen geschmückt.

Das war überhaupt kein Vergleich zu seinem schneeweißen und sterilen Krankenzimmer! Crocodile hatte das Gefühl, durch die Türe nicht bloß in einen anderen Raum, sondern auch in eine andere Zeit gelangt zu sein. Er fühlte sich selbst- und siegessicher. Die Gedanken an sein Koma, seine fehlenden Hände und all die anderen Dinge, die ihn in letzter Zeit so stark belastet hatten, rückten hier in den Hintergrund wie letzte Erinnerungen aus einem fast vergessen Traum.

Kaum hatte Crocodile sich von diesem atemberaubenden Anblick erholt, hörte er Schritte hinter sich. Er drehte sich um und sah Doflamingo, der mit großen und vogelhaft o-beinigen Schritten auf ihn zukam. Er trug eine organgefarbene Hose und ein weißes Hemd, das wie üblich nur halb zugeknöpft war, und an den Füßen flache, weiße Schuhe. Und natürlich seine Sonnenbrille mit den bunt getönten Gläsern.

Ein leises Lächeln schlich sich auf Crocodiles Lippen. Man könnte meinen, er wäre niemals auf diesen verfluchten Eustass Kid getroffen. Man könnte meinen, es wäre alles beim Alten und er träfe sich bloß, wie so häufig, mit seinem Partner zu einem gemeinsamen Abendessen. Das, wie so häufig, schließlich in leidenschaftlichen Sex übergehen würde.

"Guten Abend, Doflamingo", begrüßte Crocodile ihn und reckte sich ein Stückchen nach oben, um seinem beträchtlich größerem Freund deutlich zu machen, dass er gerne mit einem Kuss begrüßt werden wollte. Doflamingo folgte -allem Anschein nach ohne sich weitere Gedanken darum zu machen- der Einladung und gab Crocodile einen sanften Begrüßungskuss. "Abend, Crocodile."

Gemeinsam gingen sie zum Tisch hinüber und ließen sich auf die beiden gegenüberliegenden Plätze nieder. Kaum hatten sie sich beide hingesetzte, tauchte ein junges Sklavenmädchen auf, das sich vor ihnen beiden verbeugte und nach ihren Wünschen für das Abendessen fragte. Crocodile kam es fast vor wie in einem Restaurant. Er unterdrückte ein wehmütiges Seufzen. Wie lange war nun schon her, seit er das letzte Mal ein gutes Restaurant besucht hatte?

Crocodile bestellte als Vorspeise eine Gemüsesuppe, als Hauptgang ein fast durchgebratenes Rindersteak (seine absolute Leibspeise) und als Nachtisch Bananeneis mit Schokosauße. "Dazu einen guten Wein."

Aus den Augenwinkel heraus bekam Crocodile mit, dass Doflamingo bei letzterer Bestellung die Arme verschränkt und die Mundwinkel angespannt hatte. Einen Moment später meinte er mit missbilligender Stimme: "Ich finde es nicht gut, dass du dir Alkohol bestellst. Das Zeug ist pures Gift für dich. Deine Heilung ist noch nicht so weit fortgeschritten, dass du so etwas zu dir nehmen solltest."

Crocodile biss sich auf die Zunge, um einen patzigen Kommentar zu verhindern. Er hatte sich vorgenommen, heute Abend nicht mit Doflamingo zu streiten und daran würde er sich auch halten. Aber Crocodile wäre eben doch nicht Crocodile gewesen, wenn er das so einfach auf sich sitzen gelassen hätte: "Meinst du nicht, dass du ein bisschen übertreibst? Es ist doch nur Wein. Und ich trinke immer nur so viel wie ich auch vertragen kann, das weißt du doch."

Zu seinem Unmut musste Crocodile jedoch feststellen, dass er auf Granit biss, was dieses Thema anging. "Ich habe mit dem Arzt gesprochen", konterte Doflamingo, "und er meinte, dass Alkohol für dich tabu ist. Das Zeug dehydriert und schädigt deinen Flüssigkeitshaushalt. Es ist schon schlimm genug, dass du wieder angefangen hast zu rauchen!"

Crocodile seufzte und hielt abwehrend seine beiden Armstümpfe in die Höhe. "Ist ja schon gut", sagte er schließlich. "Du hast ja Recht. Dann nehme ich eben einfach nur ein Wasser. Ich habe mir da gar nicht so viele Gedanken drum gemacht."

Mit dieser Antwort schien Doflamingo sich zufrieden zu geben. Zumindest lockerte sich seine steife Körperhaltung. Und als das Sklavenmädchen nach seinen Wünschen fragte, war er rücksichtsvoll genug, um sich selbst ebenfalls ein alkoholfreies Getränk zu bestellen.
 

Bisher verlief das Abendessen gut, fand Crocodile. Obwohl... nein. Diese Aussage stimmte nicht ganz. Vielmehr verlief es nicht schlecht. Sie ließen sich das Essen schmecken und unterhielten sich friedlich miteinander. So weit, so gut. Das Problem bestand lediglich darin, dass sie darüber nicht hinaus kamen.

Crocodile wusste nicht recht, was er tun könnte, um diesen Problem zu lösen. Er war nicht sonderlich gut darin zu verführen. Diesen Part hatte stets Doflamingo übernommen. Seine Aufgabe hatte lediglich immer darin bestanden, sich auf die Verführungskünste seines Partners einzulassen. Nun allerdings waren ihre Rollen vertauscht und Crocodile kam damit nicht sonderlich gut zurecht.

Während Doflamingo ihm sanft ein Stück Rindersteak in den Mund schob, dachte Crocodile heftig nach. Ihm kamen spontan Dinge wie etwa mit einer Haarsträhne spielen, lasziv das Messer mit der Zunge ablecken oder über den Tisch hinweg nach der Hand der anderen Person greifen in den Sinn, doch natürlich konnte er ohne Hände nichts davon in die Tat umsetzen. Crocodile unterdrückte ein Seufzen. Er hatte gar nicht damit gerechnet, dass es so schwierig werden würden, Doflamingo zu verführen ohne seine Hände benutzen zu können.

"Ist alles in Ordnung mit dir?" Die besorgte Stimme besagten Shichibukais riss Crocodile aus seinen Gedanken. Mit einem ein wenig verloren wirkenden Blick sah er zu seinem Tischnachbarn hinüber und fragte: "Was hast du gesagt?" Er hatte gar nicht auf Doflamingos Worte geachtet.

"Ob alles mit dir in Ordnung ist", wiederholte Doflamingo und legte seine Hand auf Crocodiles linken Armstumpf. "Du wirkst so abwesend. Möchtest du dich lieber ausruhen?"

Crocodile schüttelte den Kopf. Doflamingos große Hand fühlte sich warm und weich auf seiner vernarbten Haut an. "Es ist nichts", erwiderte er, "ich habe gerade bloß ein bisschen geträumt. Nichts weiter. Entschuldige bitte."

Doflamingo gluckste entzückt. "Geträumt?", wiederholte er und lachte dann leise. "Fufufufufufu. Das ist ja verdammt niedlich."

Crocodile errötete ein wenig und senkte den Blick. Er war ein sehr mächtiger Mann mit einer imposanten Erscheinung, der es überhaupt nicht gewöhnt war, als niedlich bezeichnet zu werden. Auf so etwas kam auch wirklich nur sein verrückter Partner, dachte er. Aber Crocodile nahm es ihm nicht übel. Ganz im Gegenteil - er freute sich darüber, dass sich die Stimmung lockerte und endlich einmal wieder etwas vom alten Doflamingo zum Vorschein kam. Vom Doflamingo, der gluckste und schmunzelte und wild lachte, anstatt sich ständig nur Sorgen zu machen und Verbote zu erteilen.

"Mach dich nicht über mich lustig", sagte Crocodile gespielt beleidigt und gab Doflamingo unter dem Tisch einen leichten Fußtritt.

"Du kennst mich doch, Liebster, das würde ich nie tun", gab Doflamingo ebenso gespielt ernst zurück und berührte mit seinem nackten Fuß Crocodiles Knöchel. Allein schon diese winzige Berührung verursachte bei Crocodile eine Gänsehaut am ganzen Körper. Anscheinend hatte sein Tritt -der wohl doch nicht so leicht gewesen war wie er es beabsichtigt hatte- ihm den Schuh vom Fuß gehauen; und Doflamingo trug keine Socken.

"Du bist ein Idiot." Unter dem Tisch und ohne sich irgendetwas anmerken zu lassen, zog Crocodile sich die eigenen Schuhe und danach die Socken aus. Das konnte er inzwischen auch ohne Hände und ohne sich zu bücken völlig problemlos. Seine eigenen, nun nackten Füße tasteten vorsichtig nach Doflamingos anderem Fuß. Als Crocodile ihn fand, zog er ihm mit Hilfe seiner Zehen auch noch den zweiten Schuh aus. Jetzt waren sie beide barfuß.

Sie sahen einander an, während Crocodile sanft mit seinen Zehen Doflamingos Fuß und Knöchel streichelte. Danach wagte er es sogar, dessen Unterschenkel langsam hochzufahren. Zum ersten Mal in seinem Leben fand Crocodile die Dreiviertelhose seines Freundes überaus praktisch. Weil er keine Hände mehr besaß und in den letzten Monaten sehr oft barfuß unterwegs gewesen war, war er an den Füßen sehr empfindlich geworden. Crocodile fühlte genau Doflamingos weiche Haut und die feinen, blonden Härchen an dessen Beinen. Seine Gänsehaut verstärkte sich noch und er spürte auch, dass sich in seiner Hose eine Erektion aufbaute.

Gerade hatte Doflamingo seinen Mund geöffnet, um irgendetwas zu sagen, als sich erneut die große Flügeltüre zum Speisesaal öffnete. Es traten drei junge Sklavinnen ein, die ihre Nachspeisen anrichten wollten. Doflamingo schloss den Mund wieder. Nicht, weil ihm vor seinen Sklaven irgendetwas peinlich gewesen wäre, vermutete Crocodile, sondern vielmehr, weil er etwas zu sagen hatte, dass nur für ein einziges Paar Ohren bestimmt war. Ein schmeichelnder Gedanke.

Und genau in dem Augenblick, in dem das erste Mädchen die Schüssel Bananeneis mit Schokosauße auf den Tisch abstellte, überkam Crocodile eine wahnwitzige Idee. Sie war einfach da, ganz spontan, ganz plötzlich, und Crocodile setzte sie in die Tat um ohne weiter darüber nachzudenken. Noch während die Sklavinnen den Tisch für den letzten Gang anrichteten, hob Crocodile sein Bein an und presste seinen rechten Fuß sanft, aber bestimmt gegen den Schritt seines Partners. Er konnte dort ganz deutlich ebenfalls eine Erektion fühlen.

Was augenblicklich zur Folge hatte, dass es in seiner eigenen Hose nun schmerzhaft eng zu werden begann. Crocodile wünschte sich, Hände zu haben, damit er seinen Gürtel und Hosenknopf öffnen könnte, doch natürlich ging das nicht. Also war er dazu verdammt, zumindest für den Augenblick, mit einer überaus schmerzhaften und heftig pochenden Erektion auf seinem Stuhl sitzen zu bleiben. Um sich selbst wenigstens ein bisschen Genugtuung zu verschaffen, presste Crocodile seinen Fuß noch fester gegen Doflamingos eigene Erektion. Sein Partner sollte wenigstens genauso sehr leiden wie er selbst!

Als die Mädchen den Nachtisch fertig angerichtet hatten, fragte eines von ihnen mit respektvoller und untergebener Stimme: "Wünschen die werten Herren Getränke zu ihren Nachspeisen?" Keines der Mädchen schien bemerkt zu haben, dass ihre werten Herren beide unter starken Erektionen in viel zu engen Hosen litten.

"Ich will einen Pina Colada haben", erwiderte Doflamingo. Und während er das sagte, hob er sein eigenes Bein an und drückte seinen Fuß gegen Crocodiles Erektion. Nicht allzu fest (vielleicht, weil Doflamingo ihn noch immer für recht fragil hielt), doch nichtsdestotrotz spürte Crocodile den Druck überdeutlich. Er musste sich sogar auf die Unterlippe beißen, um einen Stöhnlaut zu unterdrücken.

"Aber denk bitte daran, dass du keinen Alkohol trinken darfst, Crocodile. Wie wäre es mit einem alkoholfreien Cocktail für dich?" Crocodile knurre leise. Dass sein Freund sich selbst ein alkoholisches Getränk bestellt und ihn dazu verdonnerte hatte, abstinent zu bleiben, stellte bloß eine kleine Rache dar. Dessen war Crocodile sich bewusst. Genauso wie er sich der Tatsache bewusst war, dass Doflamingo seinen Fuß lediglich in schnellen Bewegungen gegen seinen Schritt rieb, um ihn vor den Mädchen bloßzustellen, die noch immer auf seine Bestellung warteten.

"Du weißt doch, dass ich Cocktails nicht mag", konterte Crocodile und spürte, dass seine Atmung sich deutlich beschleunigte. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass ihm schrecklich heiß war. Er wollte nichts trinken. Er wollte bloß, dass Doflamingo ihn schnell aus dieser engen Hose befreite und sie es dann miteinander trieben. Das und nichts anderes. Crocodiles Gedanken waren besessen von Sex.

"Haut einfach ab, ihr dummen Schlampen!", blaffte er die Sklavenmädchen an, als er es schließlich nicht mehr länger aushielt. "Und vergesst auch Doflamingos blöden Cocktail. Haut einfach ab und lasst uns in Ruhe."

Die Sklavinnen wirkten verschreckt und beunruhigt angesichts dieser plötzlich so rüden Ausdrucksweise, wagten es jedoch nicht aufzumucken. Stattdessen verbeugten sie sich höflich und schnell und verschwanden dann aus dem Speisesaal.
 

"Na, na, na, na", meinte Doflamingo mit gespielt tadelnder Stimme und schnalzte mit der Zunge. Dann kicherte er leise. Das hier war alles nur ein Spiel. "Das war aber nicht sonderlich nett, weißt du?"

"Mir egal", erwiderte Crocodile völlig ungerührt. Er stand von seinem Stuhl auf und überwand schnell die Distanz von zwei Schritten, die ihn noch von Doflamingo trennte. Kaum war er bei seinem Freund angelangt, presste er gierig seinen Mund auf dessen Lippen. Doflamingo zog ihn noch enger an sich heran, indem er seine Arme um ihn legte und an sich presste, und erwiderte den Kuss. Er war nicht zögerlich oder sanft oder rücksichtsvoll. Es war ein harter, gieriger und leidenschaftlicher Kuss. Crocodile konnte gar nicht genug davon bekommen. Immer wieder pressten sie ihre Kiefer gegeneinander.

Er wollte mehr. Jetzt. Hier. Doflamingo. Crocodiles Körper und auch sein Geist spielten völlig verrückt. Viel zu lange hatte er verzichten müssen. Viel zu lange hatte er nicht bekommen, wonach er sich so sehnlich verzehrte. Er wollte Doflamingo!

Sein Freund stand nun ebenfalls von seinem Stuhl auf; Doflamingo überragte ihn um mehr als einen Kopf. Crocodile nutzte die Gelegenheit, um dessen Hals zu küssen, abzulecken, zu beißen und anzuknabbern. Die weiche Haut fühlte sich unglaublich an unter seinen Zähnen und Lippen! Crocodile fühlte sich völlig benebelt, als er daran dachte, wie sehr er dieses Gefühl vermisst hatte.

Doflamingo drückte ihn mit dem Rücken gegen die Tischplatte. Nicht hart; er tat ihm nicht weh; aber er hielt ihn an Ort und Stelle fest. Dann zögerte er für einen Moment.

Crocodile unterbrach die Bearbeitung dessen Halses und sah stattdessen hinauf zu seinem Gesicht. Er verstand nicht, was los war. Hatte er irgendetwas falsch gemacht? Wollte Doflamingo ihn nun zurückweisen, so wie er es bisher immer getan hatte? Und das, nachdem sie sich beide bereits gegenseitig so angestachelt und hochgeschaukelt hatten? Wieso? Fand Doflamingo ihn tatsächlich zu unattraktiv für intimere Handlungen? War die Sachen mit ihren Füßen unter dem Tisch nichts anderes als eine Spielerei für seinen Freund gewesen? Crocodile spürte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte und fühlte sich überfordert mit der ganzen Situation. Er wusste nicht, was los war. Vielleicht wollte er es auch gar nicht wissen. Das einzige, was er jetzt gerade wollte, war weiterzumachen. Doflamingos Hals, seinen Brust, seinen Bauch und seinen Penis mit seinem Mund zu erkunden und zu bearbeiten. Selbst Doflamingos Zunge auf seinem Körper zu spüren... Crocodile war so heiß, er glaubte buchstäblich zu schmelzen vor Verlangen.

Endlich rückte Doflamingo mit der Sprache raus: "Bist du dir sicher, dass du das hier willst, Crocodile?" Crocodile brauchte einen Augenblick, um überhaupt zu verstehen, was mit dieser Frage gemeint war. Ob er das hier wollte? Natürlich wollte er es! Zu der Lust, die ihn gerade beherrschte, gesellte sich für kurze Zeit ein wenig Ärger. Warum vergeudete Doflamingo ihre wertvolle Zeit mit solchen unsinnigen Fragen? Viel lieber sollten sie sich gegenseitig berühren und küssen!

"Natürlich will ich das. Lass uns weitermachen!"

Gerade wollte er sich nach oben recken, um erneut an Doflamingos Hals zu gelangen, an dem inzwischen schon der ein oder andere dunkelrote Fleck zu sehen war, als der Shichibukai ihn ein weiteres Mal aufhielt. Crocodile verzog den Mund. Ihm gefielen die dunklen Flecken auf Doflamingos Haut. Er wollte ihm noch viel, viel mehr davon schenken! Crocodile atmete laut und schnell ein und aus. Hoffentlich würde sein Freund ihn gleich aus seiner Kleidung schälen. Alleine konnte er das schließlich nicht und ihm war furchtbar heiß!

"Ich will mir sicher sein", meinte Doflamingo. "Der Arzt hat gesagt, dass die Medikamente dein Sexualverhalten steigern könnten. Dass du regelrechte Hormonschübe bekommen könntest. Ich muss mir sicher sein, Crocodile, dass du das hier wirklich willst. Und dass dein Körper das verträgt."

"Ja, doch!", drängte er. "Verdammt, Doflamingo, ich will das hier. Ich will dich. Ich verbrenne, wenn du mich nicht jetzt gleich ausziehst! Wir werden es hinterher nicht bereuen. Ich verspreche es dir!" Crocodile hätte in dieser Situation alles gesagt, was sein Freund hören wollte, um ihn zum Weitermachen zu bewegen.

Endlich, endlich lehnte er ihn nicht mehr ab. Endlich ließ Doflamingo sich wieder auf ihn ein! Crocodile konnte sein Glück kaum fassen. Nach so viel Leid und Quälerei schien sich alles wieder zum Guten zu wenden. Sein Plan war aufgegangen.

Und endlich beugte Doflamingo sich zu ihm hinunter, um ihn auf den Mund zu küssen und die Knöpfe seines orangefarbenen Hemdes zu öffnen.
 

bye

sb

Kapitel 10

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 10 (zensiert)

...
 

[zensiert]
 

Als sie beide sich irgendwann wieder ein wenig beruhigt hatten, meinte Doflamingo scherzhaft: "Jetzt habe ich dich um dein Dessert betrogen. Tut mir echt leid. Das ganze Bananeneis ist geschmolzen."

Crocodile drehte -noch immer in der Umarmung seines Freundes liegend- den Kopf zur Seite und warf einen Blick auf den Esstisch. Im Eifer das Gefechts hatte er die Vase mit den Blumen sowie ein paar Teller und Schüsseln, die auf der Tischplatte gestanden hatten, heruntergeworfen. Wie peinlich, das war ihm gar nicht aufgefallen. Bei dieser Erkenntnis legte sich ein leichter Schimmer Schamesröte auf Crocodiles Wangen, den Doflamingo mit einem amüsierten Grinsen quittierte. Zumindest hatte er nicht die Kerzen erwischt; das hätte im schlimmsten Fall für deutlich größere Probleme gesorgt. Neben den noch immer brennenden Kerzen stand tatsächlich eine Schüssel, die bis vor kurzem noch Bananeneis beinhaltet hatte, jetzt allerdings bloß noch mit einer hellgelben Flüssigkeit gefüllt war. Crocodile zuckte mit den Schultern.

"Nicht so schlimm", erwiderte er, obwohl er jetzt gegen ein leckeres Eis oder ein eiskaltes Getränk nichts einzuwenden gehabt hätte. Ihr sexueller Akt gerade eben hatte ihn doch mehr angestrengt als er zugeben wollte und nun war er sehr durstig. "Ich hatte als Dessert etwas viel besseres als Bananeneis."

Eigentlich war Crocodile kein Mensch, der perverse Witze riss oder blöde Bemerkungen machte, doch ihm gefiel Doflamingos unbeschwertes Lachen, das auf seine Worte folgte. Er war noch immer der Meinung, dass sein Freund in letzter Zeit viel zu wenig lachte.

"Ich will mal nicht so streng sein", meinte Doflamingo und richtete sich zu Crocodiles Leidwesen langsam wieder auf. "Heute darfst du zweimal Dessert haben. Was hältst du davon, wenn du heute Nacht bei mir im Zimmer schläfst und wir uns das Eis ans Bett bringen lassen?"

Crocodile traute seinen Ohren kaum. "Das wäre schön", antwortete er und stand ebenfalls auf.
 

Der späte Abend, den Crocodile mit Doflamingo in dessen Schlafzimmer verbrachte, wurde tatsächlich sehr schön. Sie lagen eng beieinander unter der weichen Bettdecke und atmeten den angenehmen Geruch des jeweils anderen ein. Doflamingo gab bei einer Sklavin einen riesengroßen Eisbecher in Auftrag, der mindestens ein Dutzend verschiedene Geschmacksrichtungen und drei verschiedene Saucen beinhalten sollte.

Crocodile fühlte sich unglaublich wohl. Er war eben durch einen Blowjob von Doflamingo zum Orgasmus gekommen, hatte diesem zu seinem eigenen Höhepunkt verholfen und wurde nun mit leckerem Eis gefüttert, während er zusammen mit seinem Freund in einem warmen Bett lag. Außerdem war er sehr stolz auf sich selbst, weil sein Plan so gut funktioniert hatte. Tatsächlich war der Abend besser verlaufen, als er es sich in seinen kühnsten Träumen erhofft hatte.

Es war kaum zu glauben, dass sie heute Mittag noch so furchtbar miteinander gestritten und gerangelt hatten. Bei dem Gedanken an die dunklen Hämatome, die nun seine Unterarme zierten, wurde Crocodile ein wenig schlecht, doch er öffnete artig den Mund, als Doflamingo ihm einen Löffel Kirscheis anbot.

Sie hatten sich beide nicht umgezogen, bevor sie in das Bett gestiegen waren. Doflamingo hatte ihm nach dem sexuellen Akt zwar dabei geholfen, seine Kleidung wieder vernünftig anzuziehen, weil er das ohne Hände natürlich selber nicht tun konnte, doch er hatte keine Schlafkleidung für ihn besorgt. Dafür hatte er ihm allerdings die Schuhe und den Gürtel ausgezogen, damit er bequemer liegen konnte.

Vielleicht hatte Doflamingo ja geahnt, dass er bereits vor dem gemeinsamen Abendessen gebadet hatte und in frische Kleidung geschlüpft war, dachte Crocodile, doch seine eigenen Gedanken konnten ihn nicht überzeugen. Normalerweise, also, früher, bevor er auf Kid getroffen war und seine rechte Hand eingebüßt hatte, waren sie beide niemals bekleidet ins Bett gestiegen. Crocodile, der sehr viel Wert auf Sauberkeit und Hygiene legte, hatte immer darauf bestanden, dass sie entweder nackt oder in Pyjamas schliefen, auch wenn er wusste, dass jeden Tag die Bettwäsche gewechselt wurde.

Vielleicht wollte Doflamingo auch einfach seine entstellten Unterarme nicht zu Gesicht bekommen, überkam Crocodile eine zweite Vermutung. Und vielleicht hatte er ihm auch deswegen sein Hemd nicht von den Schultern gesteift, als sie es eben miteinander getan hatten.

Crocodile zog die Augenbrauen zusammen. Jetzt stellte sich bloß noch die Frage, wieso Doflamingo die Hämatome nicht sehen wollte. Hatte er etwa ein schlechtes Gewissen? Oder ekelte er sich vor den blauen und grünen Flecken auf seiner bleichen Haut?

"Woran denkst du?", riss Doflamingos neugierige und völlig unbefangene Stimme ihn aus seinen Gedanken und holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Crocodile schüttelte benommen den Kopf und beobachtete seinen Freund dabei, wie dieser sich einen Löffel Marshmellow-Eis in den Mund schob.

"An nichts Wichtiges", antwortete Crocodile, "nur daran, dass du einen ziemlich ekligen Geschmack hast, was Eis angeht."

"Wieso eklig?", gab Doflamingo zurück und tat so, als wäre er beleidigt. "Das schmeckt super lecker. Willst du mal probieren?"

Angewidert schüttelte Crocodile den Kopf. "Nein, danke, das tue ich mir lieber nicht an. Außerdem bin ich jetzt sowieso satt."

Doflamingo zuckte mit den Schultern und schaufelte sich ungerührt eine weitere Portion Marshmellow-Eis in den Mund. "Du bist in letzter Zeit oft gedanklich abwesend", meinte er danach. "Du träumst mit wachen Augen vor dich hin und wenn ich dich frage, an was du gedacht hast, dann gibst du mir nie eine richtige Antwort. Das hast du früher nie getan."

Nun war es an Crocodile, die Schultern zu zucken. Er schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. "Möglich", gab er schließlich zu. "Es gibt viele Dinge, die ich jetzt tue, aber früher nie getan habe. Das ist nur fair, finde ich. Schließlich gibt es ja auch jede Menge Dinge, die ich früher oft getan habe und die ich jetzt nicht mehr tun kann." Wie zum Beispiel sich selbst anziehen oder die Haare waschen, alleine essen, Sport treiben, Sex haben oder die Finger um irgendeinen Gegenstand schließen, fügte Crocodile stumm hinzu.

"Da hast du wohl Recht", stimmte Doflamingo ihm mit undefinierbarer Stimme zu. Und danach sagte keiner von ihnen mehr ein Wort, ehe eine Sklavin das Geschirr und Besteck wegräumte und sie nach einer Weile beide nebeneinander einschliefen.
 

Als Crocodile am nächsten Morgen aufwachte, stellte er fest, dass das Schlafzimmer verwaist war. Allem Anschein nach war Doflamingo aufgestanden und hatte sich aus dem Raum gestohlen, ohne ihn aufzuwecken. Enttäuschung und Wut breiteten sich bei dieser nüchternen Feststellung in Crocodiles Körper aus. Er hatte sich sehr darüber gefreut, dass sein Partner ihm gestern Abend angeboten hatte die Nacht bei ihm im Bett zu verbringen, und eigentlich hatte er mit einem gemeinsamen Morgen gerechnet. Damit, dass Doflamingo ihn mit sanften Küssen aufweckte und sie zusammen frühstückten, ehe jeder seinen Pflichten nachgehen musste. Dass er nun allerdings zurückgelassen worden war wie ein unerwünschter Besucher, wie jemand, der für einmaligen Sex gut war und den man danach nicht mehr zu Gesicht bekommen wollte, verletzte ihn tiefer, als er es jemals offen zugeben würde.

Crocodile ließ einen finsteren Blick über die luxuriöse Einrichtung des Schlafzimmers gleiten. Er hatte bereits viele Übernachtungen hier verbracht. Nächte, in denen er mehrmals hintereinander mit seinem Freund Sex gehabt hatte und Morgen, an denen sie sich ein doppeltes Frühstück gegönnt hatten. Es waren immer schöne Zeiten gewesen, auch wenn Crocodile sich manchmal ein wenig geziert und so getan hatte, als wollte er die Nacht gar nicht bei seinem Partner verbringen. Am Ende jedoch hatte Doflamingo ihn jedes Mal überreden können und er war geblieben.

Anscheinend war er also nicht der einzige von ihnen beiden, der Dinge tat, die er früher niemals getan hätte, dachte Crocodile und es legte sich ein bitterer Geschmack auf seine Lippen. Er fühlte sich zurückgewiesen und herabgesetzt. Crocodile wollte den Gedanken nicht zulassen, doch schließlich kam er nicht umhin sich zu fragen, wie viele bedeutungslose Bekanntschaften sein Freund im Laufe seines Lebens bereits auf diese Weise behandelt hatte.
 

Die Enttäuschung über den Morgen, den er alleine hatte verbringen müssen, ließ Crocodile den ganzen Tag nicht los. Er hatte keine Lust hinauszugehen, keine Lust zu lesen und er wollte auch nichts essen.

Wobei Letzteres zugegebenermaßen nicht allein mit Doflamingos rücksichtslosem Verhalten zusammenhing. Seit er aufgewacht war, schmerzte sein Magen nämlich ein wenig und er spürte Übelkeit seinen Hals hochkriechen. Crocodile verheimlichte diese Tatsache vor seinem Arzt sowie dem Pflegepersonal und bemühte sich darum, die Symptome so gut wie möglich zu ignorieren. Eine langwierige Untersuchung, die sicher folgen würde, wenn er dem Arzt von seinen Schmerzen und seiner Übelkeit berichtete, wollte er auf jeden Fall vermeiden; so etwas würde nur wieder Doflamingo schrecklich aufregen.

Und auf einen Shichibukai, der nicht mehr lachte und blöde Witze riss, sondern sich bloß ständig Sorgen machte, hatte Crocodile überhaupt gar keine Lust. Auch wenn er sauer auf Doflamingo war, weil dieser heute Morgen ohne ein Wort verschwunden war und sich seither nicht mehr bei ihm gemeldet hatte, freute er sich doch sehr über dessen Sinneswandel. Ihm gefiel sein Freund viel besser, wenn er gute Laune hatte. Dann bevormundete er ihn nämlich nicht mehr so schrecklich und war deutlich unbefangener.

Überhaupt war Crocodile der Meinung, dass sein Partner einen Schritt in die richtige Richtung getan hatte. Wenn es ihm gelingen würde, noch mehr vom alten Doflamingo hervorzuholen, dann würde die Zeit bis zur Fertigstellung seiner Prothese fast schon wie der erholsame Urlaub sein, den er dringend nötig hatte. Sie durften jetzt beide bloß nicht in alte Muster zurückfallen.

Crocodile presste einen Armstumpf gegen seinen Mund, als er in seinem Hals einen heftigen Würgereiz spürte, und bemühte sich zugleich um eine möglichst lockere Körperhaltung. Natürlich war er noch immer rund um die Uhr von Sklaven und Pflegepersonal umgeben, die jede seiner Bewegungen misstrauisch beobachteten. Niemand durfte merken, dass es ihm schlecht ging.

Wahrscheinlich kamen seine Magenschmerzen und die Übelkeit vom Eis gestern Abend, redete Crocodile sich ein. Diese Erklärung klang überzeugend. Er wusste, dass zum Beispiel Säuglinge kein Eis bekommen durften, weil ihre Mägen das noch nicht vertrugen. Bei ihm handelte es sich wahrscheinlich um ein ähnliches Prinzip. Seit er aus dem Koma erwacht war und seine in-vitro-Ernährung eingestellt worden war, hatte er einen deutlich empfindlicheren Magen als früher. Bestimmt handelte es sich bei der Ursache dieser Symptome tatsächlich bloß um eine solche Kleinigkeit wie zu viel Eis in zu kurzer Zeit.
 

Crocodile lehnte das Frühstück ab, das die Sklavinnen ihm in Doflamingos Bett servierten. Außerdem lehnte er ebenfalls das zweite Frühstück ab, das in seinem eigenen Bett serviert wurde; genauso wie den Brunch, den man ihm an seinem Lieblingsplatz im Garten anrichtete und das frühe Mittagessen, das man im Speisesaal bereitstellte. Um keine dieser Mahlzeiten hatte Crocodile gebeten (wozu auch, wenn er sowieso nichts herunterbekommen würde) und darum vermutete er, dass Doflamingo hinter dieser Sache steckte. Vermutlich hatte er die Sklavinnen angewiesen dafür zu sorgen, dass er genug Nahrung zu sich nahm, was Crocodile allerdings ganz und gar nicht gefiel. Dieses Verhalten deutete darauf hin, dass sein Partner in alte Gewohnheiten zurückfiel und das hieß konkret: Überbesorgtheit und Bevormundung.

Als eines der Mädchen schließlich zu ihm kam und ihn fragte, wieso er heute nichts essen wollte, ging Crocodile davon aus, dass es von Doflamingo geschickt worden war. Um diesem keinen weiteren Grund zur Beunruhigung zu geben, antwortete er in einem möglichst unbekümmert klingenden Tonfall: "Es gibt keinen besonderen Grund. Ich bin bloß heute einfach nicht sonderlich hungrig. So etwas hat doch jeder Mal, oder nicht?"

Leider schien sich das Mädchen damit nicht zufrieden geben zu wollen. Es hakte noch einmal nach: "Sind Sie sich wirklich sicher, dass es keine Ursache für Ihren fehlenden Appetit gibt? Ist Ihnen womöglich übel?"

Damit hatte das Mädchen zwar genau ins Schwarze getroffen, doch Crocodile bemühte sich natürlich darum, sich nichts anmerken zu lassen. "Natürlich bin ich mir sicher", erwiderte er recht schroff, "wie kann man sich denn über so etwas nicht sicher sein?"

Zu seinen Ungunsten allerdings wirkte die Sklavin noch immer nicht ganz überzeugt. Sie warf Crocodile einen abschätzenden Blick zu -was ihn schrecklich wütend machte, schließlich war er ein ehemaliger Shichibukai und sie bloß ein dummes Sklavengör!- und sagte dann: "Der junge Lord hat allen Sklaven und Sklavinnen aufzutragen, bei jeglicher gesundheitsgefährdenden Änderung Ihres Verhaltens, unverzüglich den Arzt zu kontaktieren. Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, dass ich den Befehlen meines Herrn selbstverständlich Folge leisten werde, auch wenn sich mein Verdacht schließlich als unbegründet herausstellen sollte. Bitte haben Sie einen kurzen Moment Geduld, während ich den Arzt für eine Untersuchung herrufen lasse."

"Das wirst du nicht tun, du verdammte Göre!", brüllte Crocodile wütend. Er streckte aus einer alten Gewohnheit heraus einen Arm aus, ehe ihm einfiel, dass er die Sklavin weder in eine Mumie verwandeln noch auf seinen Goldhaken aufspießen konnte. Tatsächlich schien sich das Mädchen überhaupt nicht weiter um diese Geste zu kümmern, sondern ging zu einem anderen Sklaven hinüber, um diesen aufzutragen den Arzt zu holen.

Crocodile nahm seinen Arm zurück und presste sich den Armstumpf gegen die Brust. Augenblicklich überrollten ihn seine Gefühle wie eine riesige Tsunamiwelle. Eine ungleiche Mischung aus Wut, Ärger, Hilflosigkeit und Selbsthass breitete sich in seinem gesamten Körper aus. Und es bildete sich eine Erkenntnis in seinem Kopf, die diese Tsunamiwelle noch weiter anschwellen ließ: Nicht bloß Doflamingo behandelte ihn von oben herab, sondern jeder, der ihn sah. Denn warum sollte man auch Respekt vor einem Menschen haben, dem beide Hände fehlten? Ganz gleich wie gefährlich und berühmt dieser früher auch gewesen sein mochte? Crocodile presste auch den zweiten Armstumpf gegen seinen Oberkörper; es war eine seltsame Geste, die fast so wirkte, als würde er sich selbst umarmen.

Doflamingo hatte ihn tatsächlich zu seinem Haustier gemacht. Nun war bloß noch ein Krokodil, das man in einem Käfig gefangen hielt und dem man zur Sicherheit die Zähne gezogen und die Krallen abgeschnitten hatte. Er stellte für niemanden mehr auch nur die geringste Gefahr dar. Nicht einmal für ein Sklavenmädchen. Früher hätte Crocodile sie getötet; sie absichtlich lange leiden gelassen, weil sie seinen Stolz verletzt hatte. Nun allerdings konnte er nichts gegen sie ausrichten und musste völlig hilflos dabei zusehen, wie sie gemeinsam mit dem Arzt auf ihn zugelaufen kam.
 

bye

sb

Kapitel 11

Crocodile beschloss, sich dieses Mal nicht von seiner Verzweiflung und Enttäuschung beherrschen zu lassen. Der gestrige Abend, den er gemeinsam mit Doflamingo verbracht hatte und der so unfassbar gut verlaufen war, hatte ihm seinen Mut zurückgegeben. Oder zumindest einen Teil davon. Jedenfalls weigerte Crocodile sich vehement gegen das Sklavenmädchen, das ihn herablassend behandelte, sowie gegen den Arzt, den dieses gerufen hatte. Beide kamen mit professioneller Mine auf ihn zugelaufen, doch anstatt sich seinem Schicksal zu fügen, wich er ein paar Schritte zurück und warf ihnen den finstersten Blick zu, den er im Repertoire hatte.

"Guten Tag, Sir Crocodile", begrüßte ihn sein Arzt mit einer Stimme, die zwar geschäftlich ernst, doch keinesfalls beunruhigt klang. Kaum hatte er seinen Namen ausgesprochen, spürte Crocodile den Sims eines Erkerfensters im Rücken. Vor ihm stand der Arzt, der rechts und links von jeweils einem Sklavenmädchen flankiert wurde. Er besaß also keine Fluchtmöglichkeit; abgesehen natürlich von dem großen Fenster hinter ihm.

"Ich wurde darüber informiert, dass Sie heute jegliche Nahrung verweigern", erklärte der Arzt sein Erscheinen. "Aus diesem Grund möchte ich gerne eine routinemäßige Untersuchung bei Ihnen durchführen. Den Fokus werde ich selbstverständlich auf Ihren Verdauungstrakt legen. Zu Beginn möchte ich Sie darum bitten, die Fragen, die ich Ihnen nun stellen werde, wahrheitsgemäß zu beantworten." Er holte ein Stift und ein Klemmbrett hervor, auf dem mehrere Bögen Papier festgemacht worden waren. Soweit Crocodile erkennen konnte, war das Papier unbeschriftet; er ging also davon aus, das es dazu gedacht war, Notizen niederzuschreiben.

"Empfinden Sie ein Gefühl der Übelkeit? Wenn ja, wie lange? Und fällt Ihnen eine mögliche Ursache ein?"

"Das geht Sie überhaupt nichts an, Sie verdammter Quacksalber!", war die einzige Antwort seitens Crocodile, die der überrascht wirkende Arzt erhielt. Rasch notierte sich dieser ein paar Worte, die Crocodile hinterher als "unverhältnismäßige Emotionalität, Gefühls- und Wutausbrüche" entziffern konnte.

"Haben Sie etwa auch einen Abschluss in Psychologie?", blaffte Crocodile. Eigentlich hatte er wütend und patzig klingen wollen, doch seine Stimme hörte sich selbst in seinen eigenen Ohren bloß kraftlos und verzweifelt an. Sein Sarkasmus musste auf den anwesenden Arzt und die beiden Sklavinnen wie ein Armutszeugnis wirkend; lächerlich und schwach.

Dass er nicht einmal dazu in der Lage war, seine eigene Standhaftigkeit angemessen auszudrücken, frustrierte Crocodile und fachte seine Wut noch um ein Vielfaches an. Früher, als er noch ein berüchtigter Pirat und einer der Shichibukai gewesen war, hätte jeder, der eine solche Aussage von ihm hörte, so rasch wie möglich das Weite gesucht. Doch nun schaffte er es nicht einmal, diese drei Personen vor ihm, bei denen es sich sogar bloß um Sklaven handelte, zu beeindrucken.

"Ja, den habe ich", erwiderte der Arzt kühl. Crocodile lachte, doch auch dieses Geräusch hörte sich seltsam humorlos und schwach an. Als ihm dieser Umstand klar wurde, legte sich ein bitterer Geschmack auf seine Lippen.

"Bitte beantworten Sie nun die Fragen, die ich Ihnen stelle, Sir Crocodile", kehrte der Arzt ungerührt zum ursprünglichem Thema zurück. Er wirkte keineswegs eingeschüchtert oder gar ängstlich, auch wenn es sich bei der überaus schlecht gelaunten Person, die ihm gegenüberstand, um einen ehemaligen Shichibukai handelte, der ihn außerdem um mehr als zwei Köpfe überragte. "Schließlich geht es hier um Ihre Gesundheit."

"Mein Gesundheitszustand hat nichts damit zu tun, ob mir übel oder schwindelig ist", entgegnete Crocodile und auch wenn seine Worte zuerst recht paradox klangen, meinte er tatsächlich, was er da sagte. "Ich werde erst dann wieder gesund sein, wenn ich meine rechte Hand zurückhabe. Diese verdammten Untersuchungen machen mich nur noch kränker."

"Sie reden Unsinn", meinte der Arzt ungerührt und notierte diese Feststellung ebenfalls auf seinen Papieren. "Es geht hier schließlich nicht bloß um die Hand, die Sie verloren haben. Darüber hinaus wurde Ihnen nämlich eine schwerwiegende Vergiftung zugefügt. Von Ihrem Blutverlust und den anderen Verletzungen, die Sie im Kampf mit Eustass Kid davongetragen haben, ganz zu schweigen. Außerdem haben Sie ein Vierteljahr lang im Koma gelegen. Aber das wissen Sie selbstverständlich alles selbst. Was ich jedenfalls sagen möchte, ist Folgendes: Sie sind krank, Sir Crocodile! Ihnen fehlen nicht bloß Ihre beiden Hände. Ihr gesamter Körper ist krank. Genauso wie Ihr Geist. Darum ist es unumgänglich, dass Sie auch nach dem Erwachen aus Ihrem Koma medizinisch betreut und versorgt werden. Ihre Genesung ist ein Wunder, das ich mir kaum erklären kann. Ein sehr fragiles Wunder. Sie sollten dieses Wunder nicht aufs Spiel setzten, indem Sie sich notwendigen Untersuchungen entziehen!"

"Was wissen Sie denn schon!", entgegnete Crocodile mit lauter Stimme. "Ich bin ein Pirat. Ich habe die Grandline besegelt. Ich habe in meinem Leben bereits hunderte Kämpfe bestritten. Und niemals war irgendeine ärztliche Nachversorgung notwendig. Entweder man stirbt oder man überlebt. So einfach ist das. Und ich habe überlebt. Also gibt es keinen Grund, um mich noch weiter zu untersuchen und mir irgendwelche Pillen zu verschreiben."

"Eine so schwerwiegende Verletzung wie die Amputation eines Gliedm..."

"Ich habe zuvor schon eine Hand eingebüßt!", konterte Crocodile, ehe der Arzt die Gelegenheit dazu erhielt, seinen Satz zu beenden. "Ich kenne die Schmerzen und Risiken, die mit einer Amputation verbunden sind. Und ich habe sie bereits damals überstanden. Völlig ohne jede ärztliche Versorgung!"

"Dann hatten Sie eben sehr großes Glück!", meinte der Arzt, der nun bei weitem nicht mehr so ruhig und kühl klang wie zu Beginn ihrer Diskussion. "Aber wie ich Ihnen bereits zu erklären versuchte: Es geht nicht bloß um die Amputation Ihrer Hand. Haben Sie mir denn nicht zugehört?"

"Einen solchen Ton verbitte ich mir!", entgegnete Crocodile scharf. "Auch wenn es sich bei Ihnen um einen Arzt handelt, sollten Sie nicht vergessen, dass Sie dennoch bloß ein Sklave sind. Genauso wie die beiden Mädchen rechts und links von ihnen. Und ich bin der Geliebte Ihres Herrn. Auch das sollten Sie lieber nicht vergessen. Ansonsten sehe ich mich dazu gezwungen, den jungen Lord darüber zu informieren, dass sich einer seiner Sklave äußerst ungebührlich verhält. Und wer weiß schon, was für eine Strafe er sich für Sie einfallen lässt? Doflamingo kann sehr grausam sein, wenn er es möchte."

Eigentlich gefiel Crocodile der Gedanke nicht, dass er seinen Partner als Druckmittel einsetzen musste; er war niemals jemand gewesen, der sich auf den Erfolgen anderer ausruhte und diese für seine Zwecke nutzte. Aber in seiner verzweifelten Lage wusste er sich einfach nicht anders zu helfen. Und auf der anderen Seite musste er auch zugeben, dass es ihm große Genugtuung bereitete, zu sehen, dass der Arzt schwer schluckte. Außerdem hatte es sich ja nicht einmal um eine Lüge gehandelt: Er war schließlich tatsächlich der Geliebte von Donquixote Doflamingo, der wiederum der Herr dieser Sklaven war, die da gerade vor ihm standen und ihn für dumm verkaufen wollten. Diese Tatsache beruhigte Crocodile ein wenig.

"Auch der junge Lord ist sehr stark an Ihrer Genesung interessiert", wagte der Arzt nach reichlicher Überlegung zu sagen. "Er gab mir die Erlaubnis und den Befehl, Sie zu untersuchen, wann immer ich es für nötig halten sollte. Eine solche Notwendigkeit sehe ich nun angesichts Ihrer Weigerung, Nahrung zu sich zu nehmen."

"Was wollen Sie damit sagen?", fragte Crocodile spitz, während er dabei zusehen musste, wie der Arzt mitsamt den beiden Sklavenmädchen näher an ihn heranrückte. Da er nicht noch weiter zurückweichen konnte, fühlte er sich schrecklich hilflos, wie ein einzelnes Lamm, das von einem Wolfsrudel eingekreist wurde. Diese Situation behagte ihm ganz und gar nicht. Man würde ihn doch nicht etwa zwingen, gegen seinen Willen eine Untersuchung über sich ergehen zu lassen, nicht wahr?

"Damit will ich sagen, dass Sie dieser Untersuchung nicht entgehen können", meinte der Arzt. "Also ersparen Sie doch bitte mir und sich selbst unnötigen Widerstand und beantworten Sie einfach die Fragen, die ich Ihnen stelle. Noch einmal: Empfinden Sie ein Gefühl der Übelkeit?"

Crocodiles Mundraum fühlte sich staubtrocken an, seine Zunge lag wie ein Fremdkörper unbeweglich da und als er schlucken wollte, war er bloß dazu in der Lage, zu husten. Er konnte überhaupt nicht fassen, was gerade geschah. Wagten es diese drei Sklaven (diese Sklaven verdammt nochmal!) tatsächlich, sich einfach über ihn und seine Weigerung sich untersuchen zu lassen, hinwegzusetzen? Er war doch kein kleines Kind, dem man trotz Weinen und Brüllen seine Medizin aufzwang! Er war ein erwachsener Mann! Und das bedeutete, dass er über seine ärztliche Versorgung selbst entscheiden konnte! Nur er und niemand sonst. Nicht einmal sein Partner!

"Sir Crocodile?", hakte der Arzt, der erneut Stift und Klemmbrett bereit hielt, um sich Notizen zu machen, nach, als Crocodile seine Frage noch immer nicht beantwortet hatte.

Wut regte sich in Crocodile. Er spürte klar und deutlich, wie sie sich ausgehend von seiner Magengegend in seinem ganzen Körper ausbreitete. Wie heiße Lava pulsierte die Wut in jeder Ader seiner Körpers. Er konnte sogar seine Fingerspitzen zucken fühlen, ehe er sich daran erinnerte, dass er überhaupt keine Finger mehr besaß.

Außerdem wurde Crocodile plötzlich klar, dass ihn dieser verdammte Arzt zu rein gar nichts zwingen konnte. Denn auch wenn er keine Hände mehr besaß, bedeutete das schließlich nicht automatisch, dass er auch seine Teufelskräfte nicht mehr benutzen konnte. Zwar war es ihm nicht möglich, einen Angriff zu starten, doch zumindest verteidigen konnte er sich noch immer.

Der Arzt wies mit einer Kopfbewegung, die auf Crocodile ganz furchtbar arrogant wirkte, die beiden Sklavinnen an seiner Seite dazu an, seinen Patienten festzuhalten. Die Sklavenmädchen, die (wie Crocodile vermutete) den Befehlen des Arztes unterstellt waren, kamen sogleich dessen Anweisung nach und näherten sich ihm mit ausgestreckten Armen. Als sie allerdings nach ihm greifen wollten, landeten die Hände der beiden Sklavinnen bloß in feinem Sand.

Trotz der Anwesenheit des Arztes und der Sklavinnen schloss Crocodile für einen kurzen Moment die Augen. Sich in Sand zu verwandeln, fühlte sich nämlich einfach unfassbar berauschend und befreiend an. Er konnte seine Muskeln und Sehnen ganz genau spüren und obwohl es eigentlich gar nicht nötig war, verwandelte Crocodile jede einzelne Faser seines Körpers in ein Sandkorn. Es war ein fast so intensives Gefühl wie ein Orgasmus. Crocodile genoss es in vollen Zügen und bereute es augenblicklich, nicht bereits früher wieder Gebrauch von seinen Teufelskräften gemacht zu haben. Schließlich gehörten seine Kräfte genauso zu ihm wie seine Gliedmaßen.

"Das ist genug!", meinte plötzlich der Arzt mit energischer Stimme. "Holt sofort den jungen Lord! Sagt ihm, dass sein Geliebter", er legte besonders viel Abscheu und Verachtung in dieses Wort, "sich einer wichtigen Untersuchung verweigert und außerdem völlig verrückt spielt. Beeilt euch! Wer weiß schon, wozu er in seiner derzeitigen emotionalen Lage fähig ist!"

Wenn erst einmal Doflamingo erschien, dessen war Crocodile sich sofort sicher, dann wäre jede Möglichkeit, der bevorstehenden Untersuchung zu entgehen, für ihn verloren. Ganz gleich wie viel Unsinn der Arzt auch gesprochen hatte, in einem Punkt hatte er wohl oder übel recht: Doflamingo würde auf dessen Seite stehen und nicht auf der seines Partners. Denn er glaubte, zumindest was Medizin anging, an dieselben Prinzipien wie der Arzt. Er wird mich ganz einfach dazu zwingen, mich untersuchen zu lassen, dachte Crocodile verzweifelt, ob ich es möchte oder nicht, spielt für ihn keine Rolle. Daran gab es nicht den geringsten Zweifel. Und diese Prognose gefiel Crocodile ganz und gar nicht.

Urplötzlich überkam ihn eine Idee. Eine überaus verrückte und waghalsige Idee. Und ohne weiter darüber nachzudenken, setzte Crocodile sie in die Tat um. Vielleicht war sie ihm gekommen, weil er sich im Augenblick in einer schrecklich verzweifelten Lage befand. Vielleicht auch deswegen, weil ihn die Benutzung seiner Teufelskräfte daran erinnerte, wozu er zu früheren Zeiten fähig gewesen war, und ihm neuen Mut verlieh. Hinterher konnte Crocodile nicht mehr genau sagen, was nun genau der Ansporn für das gewesen war, was er jedenfalls nur den Bruchtal einer Sekunde später tat.

In einem Ausbruch von Waghalsigkeit drehte Crocodile sich rasch um und trat das große Fenster, das sich einen Augenblick zuvor noch hinter ihm befunden hatte, mit einem einzigen festen Fußtritt ein. Es war sein Glück, dass das Glas recht dünn zu sein schien, denn sofort tat sich ein Loch auf, das groß genug war, um hindurch zu steigen. Und auch ein zweites Mal schien ihm das Schicksal gewogen zu sein: Das hohe Fenster lag relativ tief, sodass Crocodile auch ohne die Hilfe seiner Hände auf den Sims klettern konnte; was er ohne auch nur einen kurzen Moment lang zu zögern sogleich tat.

Der Arzt bemühte sich verzweifelt darum, ihn von seiner gefährlichen Position wegzuholen, doch jedes Mal, wenn er nach Crocodiles Armen oder Hüfte griff, bekamen dessen Hände bloß Sand zu fassen. Er war völlig machtlos gegen Crocodiles Teufelskräfte.

Auch wenn Crocodile genau wusste, dass er nicht viel Zeit übrig hatte, ehe Doflamingo erscheinen würde, blieb er für einen Moment länger als unbedingt notwendig auf dem Fenstersims hocken. Zum einen, weil ihm die völlige Hilflosigkeit und Verzweiflung des Arztes, der noch immer mit allen Mitteln versuchte, ihn zurück in den Raum zu holen, große Genugtuung bereitete und zum anderen, weil er den warmen Nachmittagswind, der ihm angenehm ins bleiche Gesicht wehte, in vollen Zügen genoss. Zum ersten Mal seit langem fühlte Crocodile sich wieder wirklich lebendig, frei und glücklich.

Er nahm einen tiefen Atemzug, ehe er in einem großen Satz aus dem Fenster sprang.

Crocodile hatte ein drittes Mal großes Glück, denn er hatte sich bloß im ersten Stock der weitläufigen und imposanten Villa von Donquixote Doflamingo befunden, als er aus dem Fenster gesprungen war. Darum fiel es ihm nicht allzu schwer, seinen Körper mithilfe seiner Teufelskräfte abzufangen, um größere Schäden zu vermeiden. Trotzdem schmerzten ihm die Knie ganz furchtbar, als er auf dem Boden aufkam.

Und, so unfassbar es auch klang, hatte Crocodile heute nicht bloß drei-, sondern gleich viermal hintereinander großes Glück: Das Fenster, aus dem er geflohen war, war nicht nach innen zum Garten der Villa, sondern nach außen gelegen. Er gab sich selbst zwei Atemzüge, die er nach seinem Fenstersturz dringend benötigte, ehe er sich aufrichtete und wahllos in irgendeine Richtung davonlief.

Es war das erste Mal seit dem Erwachen aus seinem Koma, also das erste Mal seit Monaten, dass er das Gelände der Villa verließ und auch das allererste Mal, dass er sich ohne jede Aufsicht bewegte. Doch dieser Umstände war Crocodile sich im Augenblick nicht bewusst.

Er dachte bloß daran, sich so schnell wie möglich von der Stelle zu bewegen. All seine Gedanken waren auf die Aufgabe gerichtet, einen Unterschlupf zu finden, den weder Doflamingo selbst noch dessen Sklaven oder Crewmitglieder allzu rasch aufspüren könnten. Um an irgendetwas anderes zu denken, blieb ihm keine Zeit, denn er wusste, dass seine Verfolger schnell waren und dass sie alles daran setzen würde, ihn in sein Krankenbett und zu seinem Arzt zurückzubringen.
 

Crocodile lief einfach davon, ohne viele Gedanken an die Frage zu verschwenden, wohin ihn seine Füße tragen würden. Aus den Augenwinkeln heraus bekam er mit, dass ein paar Sklaven und Sklavinnen sich darum bemühten, ihn einzufangen, doch überraschenderweise gelang es kaum jemandem, ihn einzuholen; und wenn der eine oder andere es doch schaffte, dann glitten seine Hände bloß durch feinen Sand, anstatt ihn tatsächlich zu greifen zu bekommen.

Das Wissen, dass dank seiner Teufelskräfte keiner von ihnen auch nur das geringste gegen ihn ausrichten konnten, stimmte Crocodile ungeheuer fröhlich. Endlich war er kein Patient mehr, den man versorgen musste, und auch kein Opfer, mit dem man tun und lassen konnte, was man wollte, sondern er war endlich wieder ein freier und völlig selbstbestimmter Mensch. Zumindest für den Moment.

Zu seiner Rechten (wenn er denn eine gehabt hätte) konnte Crocodile den Saum einer großen Baumgruppe ausmachen und ohne weiter über diese Information nachzudenken, beschloss er, sie anzusteuern. Obwohl sie das eigentlich nicht gewesen war, erschien ihm diese instinktive Entscheidung im Nachhinein als sehr intelligent und vorausschauend; denn in einem Wald war es natürlich deutlich schwieriger, ihn ausfindig zu machen, als etwa im freien Feld oder sogar in der Stadt, denn dort würde ein Mann ohne Hände mindestens genauso stark auffallen wie ein bunter Hund. Außerdem konnte er davon ausgehen, dass man ihn als ehemaligen Shichibukai und Entflohenen aus Impel Down sowieso rasch wiedererkennen würde.

Crocodile befand sich in einem Geisteszustand, den man fast schon als apathisch und wahnsinnig bezeichnen konnte, während er sich hastig einen Weg durch das Unterholz freikämpfte. Auch wenn seine Knie wegen seines Sprungs aus dem Fenster (gleichwohl es sich nur um den ersten Stock gehandelt hatte und er sich mittels seiner Teufelskräfte hatte abfangen können) noch immer schmerzten und die vielen Äste und Dornen der Sträucher, durch die er sich schlug, blutige Kratzer auf seinem gesamten Körper hinterließen, dachte Crocodile keine Sekunde lang daran, stehen zu bleiben und sich zu ergeben. Die Benutzung seiner Teufelskräfte erinnerte ihn an seine Zeit auf hoher See zurück, und nun kam er sich vor wie ein Pirat, der um jeden Preis vor der Marine flüchten musste, weil man ihn ansonsten nämlich gefangen nehmen und anschließend hinrichten würde. In seinem Kopf wurde Crocodile wieder zum berüchtigten Captain einer eigenen Piratencrew, während er Doflamingo und dessen Leute zu Soldaten der Marine machte. Und seine Aufgabe bestand darin, vor der Marine zu flüchten, um sein Leben zu retten, ganz gleich wie schrecklich sein Körper schmerzte und auch dem hellen Flimmern, das immer wieder vor seinen Augen erschien, zum Trotz.

Crocodile wusste nicht, wie lange er gelaufen war, als der Wald irgendwann ein Ende nahm. Er gelangte schließlich an einen schmalen, aber traumhaft schönen Sandstrand, der ihn vom Meer trennte. Als Crocodile die strahlend blaue See ausmachen konnte, verlangsamte er sein Schritttempo, bis er auf dem nur wenige Meter breiten Strand zum stehen kam.

Der Anblick, der sich ihm bot, wirkte geradezu paradiesisch: Eben noch hatten ihm hohe Baumkronen die Sicht auf das Firmament verwehrt, doch nun legte er den Kopf in den Nacken und erblickte einen absolut wolkenlosen und fröhlich strahlenden Himmel, der sich am Horizont mit dem ebenso blauen Meer vereinte. Der salzige Geruch der See wehte zu ihm hinüber und Crocodile versuchte, so viel wie nur möglich von diesem altbekannten Duft einzuatmen und für die Ewigkeit in sein Gedächtnis einzubrennen. Seine nackten Füßen, die eben noch gegen Wurzel getreten und von Dornen gekratzt worden waren, wurden nun von feinem und warmen Sand gekitzelt.

Plötzlich spürte Crocodile überhaupt nicht mehr, wie heftig seine Knie schmerzten, wie heiß seine Lunge brannte und wie unangenehm die vielen Kratzer an seinem Körper juckten. Er dachte auch nicht mehr an den Arzt, vor dem er geflohen war, oder an Doflamingo, der mit Sicherheit fieberhaft nach ihm suchte. Das einzige, was er fühlte, war die Sonne, die ihm warm auf sein Gesicht schien; das einzige, was er sah, waren der blaue Himmel und das Meer; das einzige, was er hörte, war das Gekreische der Möwen und das Rauschen der Wellen; und das einzige, was er roch und was er auf seinen Lippen schmeckte, war das Salz, das zu ihm herüberwehte.

Crocodile wusste nicht, wie lange er einfach bloß dastand und die vielen fantastischen Sinneseindrücke, die sich ihm boten, verarbeitete. Er hatte jedes Zeitgefühl verloren; vielleicht handelte es sich um Stunden, vielleicht auch nur um ein paar Minuten.

Der Anblick der See weckte Sehnsucht in ihm. Sehnsucht nach seinem alten Leben, Sehnsucht nach einem Piratenschiff, mit dem davonsegeln konnte, Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung. Doch derselbe Anblick erinnerte Crocodile auch umso schmerzlicher daran, dass es ihm unmöglich war und unmöglich blieb, diese Sehnsüchte zu stillen. Es würde noch Monate dauern, bis seine Prothese fertiggestellt war. Und bis dahin stand er unter der Aufsicht von Donquixote Doflamingo, der unter keinen Umständen zulassen würde, dass er dessen Insel verließ.
 

Mit meiner waghalsigen Flucht, dachte Crocodile bekümmert und ließ sich auf dem Boden nieder, werde ich mir vermutlich jede Chance, auch nur das Gelände der Villa zu verlassen, zunichte gemacht haben. Crocodile war sich dessen bewusst, dass es ihm nicht allzu lange gelingen würde, sich vor Doflamingo und dessen Leuten zu verstecken. Vermutlich handelte es sich bloß noch um wenige Minuten, ehe ein Sklave oder ein Crewmitglied oder vielleicht sogar Doflamingo selbst hinter ihm auftauchen und ihn zurück in sein Krankenbett verfrachten würde. Er war kein freier Pirat mehr, sondern bloß ein aufmüpfiger Gefangener.

Plötzlich kam Crocodile seine eigene Flucht furchtbar dumm und unüberlegt vor. Was hatte ihn nur dazu getrieben, eine Fensterscheibe einzuschlagen, aus dem ersten Stock zu springen und zu fliehen? Früher hätte er sich etwas so Waghalsiges und Verrücktes niemals getraut. Früher hätte er sich unter keinen Umständen auf seinen Instinkt verlassen; er war ein Mensch gewesen, der jeden seiner Schritte genau plante und zweimal nachdachte, ehe er eine Entscheidung traf.

Scham überkam Crocodile, als er daran zurückdachte, wie er sich vorgestellt hatte, er wäre ein entflohener Pirat und bei Doflamingo und dessen Leuten würde es sich um die Marine handeln, die nach ihm suchte. Was war nur in ihn gefahren? Litt er nun bereits an Wahnvorstellungen? Konnte er nicht einmal mehr unterscheiden, was Traum und was Realität war?

Doflamingo hat Recht damit, wenn er sagt, dass ich vieles tue, was ich früher niemals getan hätte, schoss es Crocodile durch den Kopf. Hatte er sich tatsächlich so sehr verändert?

Auf einmal kamen ihm all die vielen Dinge, die er heute getan hatte, völlig verrückt vor: Warum hatte er sich dem Arzt, der ihn untersuchen wollte, überhaupt verweigert? Schließlich war ihm doch tatsächlich übel gewesen von dem Eis, das er am vorherigen Abend gemeinsam mit Doflamingo verputzt hatte. Die Untersuchung hätte vermutlich nur wenige Minuten in Anspruch genommen und außerdem wäre er bestimmt gleich wieder entlassen worden, nachdem man ihm ein paar Pillen gegen Übelkeit verschrieben hätte.

Und warum war er aus dem Fenster gesprungen? Auch wenn Crocodiles Körper inzwischen deutlich belastbarer war als Doflamingo glaubte, hielt nicht einmal er selbst seinen gesundheitlichen Zustand für so weit, dass er aus irgendwelchen Fenstern springen sollte. Von seiner anschließenden Flucht durch den Wald ganz zu schweigen. Was hatte ihn bloß dazu getrieben, sich so völlig untypisch zu verhalten?

Crocodile bereute seine Waghalsigkeit, die ihn wahrscheinlich noch teuer zu stehen kommen würde. Vermutlich würde Doflamingo ihm eine Art Stubenarrest erteilen, sodass er nicht einmal mehr sein Krankenzimmer verlassen durfte. Eine absolute Horrorvorstellung. Doch gegen eine solche Behandlung würde er nichts ausrichten können. Wenn er sich weiterhin aufmüpfig verhielt, würde er sich nur noch weiter in den Schlamassel hineinreiten, in dem er sich bereits befand. Vielleicht, dachte Crocodile niedergeschlagen, sollte ich mich einfach widerstandslos in mein Schicksal fügen und gehorsam die Zeit abwarten, bis meine Prothese endlich fertiggestellt ist.

Seufzend richtete er seinen gesenkten Blick wieder auf. Inzwischen machte sich die Sonne auf den Weg zum Horizont. War es ihm tatsächlich gelungen, so lange unaufgespürt zu bleiben? Crocodile beobachtete die Sonne, während sie den blauen Himmel und das ruhige Meer in ein warmes Rot-Orange tauchte, ehe sie schließlich hinter der schmalen Linie, die Himmel und Meer miteinander verband, verschwand.

Selbst wenn Doflamingo Blut und Galle spuckt, selbst wenn er mir wochenlang Hausarrest erteilt, dachte Crocodile plötzlich, kann er mir diesen Anblick niemals wieder wegnehmen. Und dieser Gedanke tröstete ihn ein wenig.
 

Die Sonne war bereits fast vollständig untergegangen, als Crocodile hinter sich am Waldrand ein paar Zweige knacken hörte. Er ahnte bereits, dass es sich entweder um Doflamingo selbst oder aber um einen seiner Leute handelte; vielleicht einen Sklaven oder sogar ein Mitglied aus seiner Piratencrew. Crocodile machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen, auch wenn er davon ausging, dass die Person, die hinter ihm stand, absichtlich laute Geräusche verursacht hatte, um auf sich aufmerksam zu machen. Er brachte die wenige Zeit, die ihm noch verblieb, lieber damit zu, den Sonnenuntergang anzuschauen.

„Sir Crocodile.“

Irgendwann hatte der Mensch, dem er noch immer den Rücken zuwandte, seinen Namen ausgesprochen. Verwundert zog Crocodile seine Augenbrauen zusammen. Es schien sich nicht um Doflamingo zu handeln, denn dessen Stimme kannte er natürlich wie keine zweite. Trotzdem wandte Crocodile seinen Blick nicht von dem Sonnenuntergang ab; eigentlich interessierte es ihn nämlich gar nicht, wer genau es sein würde, der ihn zurück zur Villa holte.

Erst als sich der Fremde neben ihn auf den Boden setzte, obsiegte Crocodiles Neugier und er wandte seinen Kopf nach links, um zu sehen, welche Person es wagte, sich ihm auf solch sonderbare Weise zu nähern.
 

bye

sb

Kapitel 12

Auch wenn Crocodile den Menschen, der neben ihm auf dem Boden saß, in seinem Leben noch niemals zuvor gesehen hatte, erkannte er ihn auf Anhieb. Doflamingo hatte ihm nämlich in der Zeit, in der er noch ans Bett gefesselt gewesen war und kaum etwas anderes zu tun gehabt hatte außer zuzuhören, sehr häufig von seiner Piratencrew und darum auch von diesem sonderbaren Mann erzählt.

"Gladius", stellte Crocodile mit einer undefinierbar klingenden Stimme fest und musterte den überaus ungewöhnlich gekleideten Untergebenen seines Partners.

Gladius' Gesicht wurde von einer Maske bedeckt, die allerdings nicht sonderlich viel dazu beitrug, seinen Träger unkenntlich zu machen. Jeder, der ihn einmal gesehen oder (wie in Crocodiles Fall) sogar nur beschrieben bekommen hatte, erinnerte sich sofort an ihn zurück, wenn er ihm begegnete. Auf dem Kopf trug er einen hohen Zylinder und sein dunkler Mantel, der eng an seinem langen und schmalen Körper anlag, war mit Ornamenten geschmückt, die wie goldene Zahnräder verschiedener Größe ausschauten. Eine wirklich ominöse Gestalt, dachte Crocodile sich und wusste nicht so recht, was er von Gladius und dessen Verhalten, das auf ihn mindestens ebenso seltsam wie sein Äußeres wirkte, halten sollte.

Eigentlich hatte Crocodile damit gerechnet, dass er, kaum dass man ihn endlich aufgespürt hätte, sofort zurück zur Villa geschleppt werden würde. Doch Gladius blieb einfach so stoisch und stumm wie eine Statue neben ihm sitzen, und deutete in keiner Weise an, dass er Crocodiles Präsenz deutlicher wahrnahm als die der Sandkörner, die seine bestiefelten Füße umspielten.

Bald schon begann Crocodile die Situation als sehr unangenehm zu empfinden.

Da Gladius' Gesicht von einer Maske und seine Augen von einer Brille mit undurchsichtigen Gläsern verdeckt wurden, war es ihm unmöglich, den aktuellen Gefühlszustand seines Sitznachbarns einzuschätzen. Bei Doflamingo, der ebenfalls ständig eine Brille mit getönten Gläsern trug, hatte Crocodile mit der Zeit gelernt, dessen Emotionen an anderen Stellen abzulesen: am Mund, an den Händen oder sogar am Faltenwurf der Stirn. Bei Gladius allerdings, dessen Gesicht fast vollständig bedeckt war und der sich (seitdem er sich neben ihn gesetzt hatte) nicht mehr bewegt hatte, gelang ihm dieser Trick natürlich nicht. Soweit Crocodile beurteilen konnte, hätte Gladius genausogut erleichtert wie angespannt, glücklich wie traurig sein können.

Irgendwann wurde die Stimmung erdrückend. Als Crocodile die Ignoranz seitens seines Jägers schließlich nicht länger aushalten konnte, sagte er fast schon ungehalten: "Willst du mich nicht zurück zur Villa schleifen? So lautet doch sicher dein Befehl, oder nicht? Von mir aus können wir gehen; ich garantiere dir, dass ich mich nicht gegen dich wehren werde."

Bei dieser Aussage handelte es sich nicht um eine Farce; Crocodile meinte tatsächlich, was er da sagte. Er war sich dessen bewusst, dass seine waghalsige Flucht das Ergebnis einer unangebrachten Panikreaktion gewesen war. Und dass sowieso niemals die echte Aussicht bestanden hatte, von Dressrosa zu fliehen. Inzwischen schämte er sich für seine tollkühne Affekthandlung sogar ein wenig: So wenig vorausschauend zu reagieren, war nämlich eigentlich überhaupt nicht typisch für ihn. Er war selbst kaum mehr dazu in der Lage nachzuvollziehen, welche Gründe ihn überhaupt erst zu diesem Wahnsinn verführt hatten.

Gladius schien von seiner Aussage allerdings völlig unbeeindruckt zu bleiben. Er schwieg so lange, dass Crocodile gar nicht mehr mit einer Erwiderung rechnete, ehe er schließlich meinte: "Mein Befehl lautet, dich aufzuspüren, (wenn nötig, medizinische Erstversorgung zu leisten), Meldung über deinen Aufenthaltsort zu machen und dich so lange festzuhalten, bis der junge Lord mit dem Arzt erscheint."

Crocodile stutzte angesichts dieser Erwiderung. Nicht etwa, weil es ihn sonderlich überraschte, was Gladius sagte, sondern eher wegen der Art und Weise, wie dieser sich ausdrückte. Eigentlich war Crocodile davon ausgegangen, dass man froh und erleichtert über sein Auffinden sein würde, doch einen solchen Eindruck erweckte Gladius nicht im geringsten: Stattdessen klang seine Stimme verärgert, schroff, ja fast schon unterschwellig zornig.

"Ich nehme an, dass du mich bereits gemeldet hast?", mutmaßte Crocodile und fragte sich insgeheim, wieso Gladius -ein Mensch, dem er niemals zuvor begegnet war- so schlecht auf ihn zu sprechen war. Denn auch wenn man es Crocodile auf den ersten Blick nicht unbedingt ansah, war er eine Person, die sehr empfindlich auf Herablassung und Gehässigkeit reagierte. Außerdem ärgerte ihn Sachverhalte, die unsinnig oder unlogisch erschienen; und ihm fiel beim besten Willen kein plausibler Grund für Gladius' Groll gegen ihn ein.

"Natürlich", antwortete dieser kurz angebunden.

"Das bedeutet also, dass Doflamingo jeden Augenblick auftauchen wird", erwiderte Crocodile und fragte sich, wieso er diese Schlussfolgerung laut formulierte; schließlich wusste Gladius sicherlich selbst sehr gut über die Folgen seines Handelns Bescheid.

Vielleicht bemühte er sich darum, ein Gespräch aufzubauen, um mehr über seinen Sitznachbarn und dessen Verärgerung über ihn zu erfahren. Im selben Augenblick, in dem Crocodile zu dieser Erkenntnis gelangte, spürte er einen bitteren Geschmack auf seinen Lippen und in seinem Rachen. Es war nämlich eigentlich überhaupt nicht seine Art, Interesse und Sympathie zu heucheln. Zumindest war es früher, bevor er auf Eustass Kid getroffen war und seine rechte Hand eingebüßt hatte, niemals seine Art gewesen.

War er inzwischen so furchtbar verzweifelt, sehnte er sich tatsächlich so schrecklich nach menschlichem Kontakt, dass er sogar schon versuchte mit einer Person anzubändeln, die ihn ganz offensichtlich nicht leiden konnte? Jämmerlich, schoss es Crocodile durch den Kopf, obwohl er zugeben musste, dass sein Verhalten aus psychologischer Sicht womöglich Sinn machte.

Wenn man monatelang zu bloß zwei Personen engen Kontakt hatte, dann war es wohl nur natürlich, dass man sich darum bemühte, seinen Bekanntenkreis zu erweitern, falls sich eine Möglichkeit dazu bot. Es ist fast noch jämmerlicher, dachte Crocodile, dass sein Arzt (sein Arzt verdammt nochmal!) gleich nach seinem Partner den zweiten Platz in der Rangliste seiner vertrautesten Bekannten einnahm.

Diese unangenehme Erkenntnis spornte Crocodile dazu an, noch nicht aufzugeben, was Gladius anging. Schließlich war es nicht unmöglich, dass er die Verhaltensweisen seines Sitznachbarns schlicht überinterpretierte. Womöglich war dieser ja überhaupt nicht verärgert über ihn, sondern hatte einfach bloß einen schlechten Tag gehabt?

Vielleicht ist sein Kopfgeld nicht so weit angehoben worden wie er es sich erhofft hat, überlegte Crocodile, als ihm einfiel, dass es sich bei Gladius um einen Piraten handelte, und als er daran zurückdachte, worüber er sich früher selbst häufig geärgert hatte. Oder irgendeine Mission, die Doflamingo ihm aufgetragen hatte, war schief gelaufen.

"Ich habe gehört, dass du Pika unterstehst", versuchte Crocodile das Gespräch in eine andere und vor allem unbefangenere Richtung zu lenken; doch auch diese Aussage kommentierte Gladius nicht. Anstatt auf seine offensichtlichen Bemühungen, eine Unterhaltung aufzubauen, einzugehen, strafte ihn der Untergebene seines Partners weiterhin mit absoluter Ignoranz. Es schien, als würde er nicht einmal in seine Richtung sehen, auch wenn dies wegen der getönten Gläser seiner Brille natürlich schwer zu beurteilen war.

Langsam wurde Crocodile wütend. Er war ein sehr stolzer Mensch und hasste es abgrundtief, wenn man ihn ignorierte. Ignoranz gehörte seiner Ansicht nach zu der allerschlimmsten Sorte von Beleidigungen, die es überhaupt gab. Ignoranz bedeutete nämlich nicht bloß Dissonanz, sondern Geringschätzung, Herablassung, Arroganz, ja im Prinzip Verachtung der übelsten Sorte. Und Crocodile konnte es überhaupt nicht ausstehen, wenn man ihm nicht mit ausreichend Respekt begegnete.

Er beschloss, noch einen letzten Versuch zu starten; sollte dieser scheitern, würde er auch seine Bemühungen, sich Gladius zu nähern, aufgeben. Alles Weitere stellte nämlich bloß eine schreckliche Peinlichkeit dar.

"Doflamingo spricht in den höchsten Tönen von dir", sagte Crocodile, weil er hoffte, Gladius mittels eines Kompliments (das nicht einmal erlogen war) aus der Reserve locken zu können.

Was ihm überraschenderweise auch tatsächlich gelang.
 

Nur leider ging sein Plan komplett nach hinten los: Anstatt sich über sein Kompliment zu freuen, sich vielleicht zu bedanken und eine ähnliche Aussage zurückzugeben, wurde Gladius fuchsteufelswild.

Crocodile traute seinen Augen kaum, als er sah, wie der hohe Zylinder, den Gladius auf dem Kopf trug, sich aufzublähen begann als würde er mit Luft gefüllt werden. Träumte er gerade? War er nach seiner Flucht womöglich eingenickt? Wenn Crocodile noch Finger gehabt hätte, dann hätte er sich jetzt vermutlich in den eigenen Unterarm gezwickt, um herauszufinden, ob er träumte oder wach war. Da dies allerdings nicht möglich war, blieb ihm nichts anderes übrig, als davon auszugehen, dass die seltsamen Dinge, die er geschehen sah, überaus real waren.

"Genug!", meinte Gladius mit einer empört und aufgebracht klingenden Stimme, während sich sein Hut weiterhin aufblähte wie ein Ballon. Crocodile fragte sich unweigerlich, wann er wohl platzen würde. "Auch wenn du der Geliebte des jungen Lords bist, kann ich deinen Mangel an Respekt nicht länger dulden! Wie kannst du es wagen, wie kannst du dich nur dazu erdreisten, über den jungen Lord zu sprechen ohne dessen Titel zu gebrauchen?! Eine solche Geringschätzung werde ich nicht tolerieren!"

Kaum hatte Gladius zu Ende gesprochen, trat tatsächlich der Fall ein, den Crocodile sich in seiner Fantasie bereits ausgemalt hatte: Der Zylinder hielt dem Druck in seinem Inneren nicht länger stand, zerplatze mit einem lauten Geräusch in hunderte kleine Fetzen und offenbarte die bis dato verdeckte Frisur seines Trägers.

Crocodile war ein wenig überrascht angesichts des Anblicks, der sich ihm bot. Im Nachhinein konnte er selbst zwar nicht mehr genau sagen, welche Art von Frisur er sich bei einem Menschen wie Gladius vorgestellt hatte, doch sicherlich hatte es sich dabei nicht um eine lange, strähnige, vom Kopf abstehende Menge dunkelblonder Haare gehandelt.

Crocodile fühlte sich sowohl von dem seltsamen Schauspiel, das er miterlebt hatte, als auch von den Worten, die Gladius ihm entgegen gespien hatte, so vor den Kopf geschlagen, dass er keinen einzigen Laut über seine Lippen brachte. Er war völlig mundtot.

Ein Umstand, den sein erzürnter Sitznachbar für sich ausnutzte, um ihm weitere Vorwürfe an den Kopf zu werfen: "Ich kann es einfach nicht fassen, dass du dich dem jungen Lord gegenüber so furchtbar unverschämt und ungehorsam verhältst! Bist du dir denn nicht im Klaren darüber, zu welch großer Dankbarkeit du ihm verpflichtet bist?

Schließlich hat er dein Leben gerettet! Wäre er nicht zur Stelle gewesen, dann wärst du jetzt längst tot!

Und weißt du eigentlich, was für ein riesiger Aufwand nötig gewesen ist, um dich aus deinem Koma zu holen? Wie viel Zeit und Geld der junge Lord in dich investiert hat? Kannst du dir auch nur vorstellen, wie teuer die medizinischen Geräte, die Operationen, die Medikamente und so weiter gewesen sind, die nötig waren, um dich am Leben zu erhalten? Von diesem Betrag hätte man für den selben Zeitraum ein ganzes Krankenhaus unterhalten können.

Aber es geht hier nicht nur um das Geld. (Geld hat der junge Lord mehr als genug.) Vor allen Dingen geht es um die große Mühe, die er sich mit dir macht. So oft es ihm möglich ist, kommt er dich an deinem Krankenbett besuchen. Spricht mit dir. Geht mit dir spazieren. Füttert dich sogar. Und zwar trotz der vielen Verpflichtungen, die er als Shichibukai inne hat. Er hat bereits dutzende Termine abgesagt, nur um sich mit dir zu beschäftigen und dich aufzuheitern.

Und anstatt ihm deine Dankbarkeit durch Gehorsam und Verehrung zu zeigen, machst du ihm nichts als Kummer! Tust Dinge, die deine Gesundheit gefährden. Bist abscheulich und ekelhaft zu ihm. Fliehst sogar aus der Villa..

Einen solchen Geliebten hat der junge Lord wahrlich nicht verdient. Um ehrlich zu sein, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, was er an dir findet.

Du bist entstellt durch deine Narbe im Gesicht und durch deine widerwärtigen Armstümpfe; dünn geworden bist du auch und außerdem siehst du kränklich aus. Vor allen Dingen kannst du ihn ja nicht einmal sexuell befriedigen, so ganz ohne Hände. Ich verstehe nicht, was der junge Lord in dir sieht.

Er könnte jeden Mann und jede Frau auf dieser Welt haben. Er besitzt tausende Sklaven und mindestens genauso viele willige Anhänger, die stolz darauf wären, wenn er sich in sie verliebte. Doch nichtsdestotrotz bleibt er einem Widerling wie dir treu, will nur dich haben und niemanden sonst. Er liebt dich von ganzem Herzen. Und du behandelst ihn wie ein Stück Dreck.

Der junge Lord verdient jemand besseren als dich.

Wenn es nach mir ginge, dann würde ich dich jetzt am Genick packen, ins Meer stoßen und dabei zusehen, wie du qualvoll ertrinkst. Zu schade, dass der junge Lord all seinen Untergebenen den Befehl erteilte, dir keinen Schaden zuzufügen.

Ich habe nichts als Verachtung für dich übrig. Also bemühe dich gar nicht erst darum, sympathisch oder einnehmend auf mich zu wirken. Die einzige Möglichkeit, meine Meinung von dir zu ändern, bestünde darin, dass du dem jungen Lord endlich das Maß an Respekt entgegenbringst, das er verdient. Andernfalls bleibst du in meinen Augen für immer eine nichtsnutziger Widerling, der sich nicht einmal seinem eigenem Lebensretter gegenüber dankbar erweist."

Es dauerte einige Sekunden, ehe der Inhalt der Worte, die Gladius ihm eben entgegen gespien hatte, tatsächlich bei ihm ankam. Crocodile wusste nicht, wie er auf die Vorwürfe, die dieser ihm machte, angemessen reagieren sollte. Er fühlte sich ein wenig benommen und begriffsstutzig, was normalerweise nur sehr selten vorkam. Hatte ihn seine Flucht so dermaßen verausgabt, dass nun auch seine mentalen Fähigkeiten darunter litten? Oder war er einfach bloß überrascht und fühlte sich überrannt, weil er mit einer solchen Anklage seitens eines Untergebenen seines Partners nicht gerechnet hatte?

"Du hast doch keine Ahnung", hörte Crocodile sich selbst sprechen, ohne dass er hätte sagen können, wie er auf diese Aussage gekommen war. "Was verstehst du schon von meiner Beziehung zu Doflamingo? Du weißt rein gar nichts über uns. Also misch dich gefälligst nicht in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen."

Gleichzeitig dachte er allerdings: Gladius hat Recht. Eine sehr ernüchternde Erkenntnis.

Wenn Crocodile ehrlich war, dann hatte er niemals an die vielen Kosten gedacht, die seine medizinische Versorgung und seine Pflege verursachten. Daran, dass Doflamingo als Shichibukai und Captain einer großen Piratenbande jede Menge Verpflichtungen hatte, und in dieser Hinsicht vermutlich stark zurücksteckte, um so viel Zeit wie nur möglich mit ihm verbringen und ihm Gesellschaft leisten zu können, hatte er ebenfalls nur selten einen Gedanken verschwendet.

Ich bin wirklich ein schrecklich undankbarer Mensch, dachte Crocodile sich und augenblicklich überkamen ihn Schuldgefühle. Stets hatte er nur an seine eigene Situation und sein eigenes Wohl gedacht, ohne die vielen großen Gefälligkeiten, die Doflamingo ihm erwies, zu berücksichtigen, geschweige denn wertzuschätzen.

Crocodile verzog den Mund angesichts dieser bitteren Einsicht. Wann nur war er, was seine Beziehung zu Doflamingo anging, so egoistisch und zentrovertiert geworden?
 

Sein Strom von Reue und Gewissensbissen wurde abrupt unterbrochen, als er laute Schritte hörte. Das Geräusch stammte vom Waldrand her, der hinter seinem Rücken lag, und Crocodile wandte sich erwartungsvoll um; es überraschte ihn nicht, Doflamingo zu sehen, der von einigen Sklaven und Sklavinnen sowie vom Arzt begleitet wurde.

Der Anblick seines Partners verstärkte Crocodiles schlechtes Gewissen noch um ein vielfaches. Doflamingo ließ ihn medizinisch versorgen, pflegte ihn, leistete ihm Gesellschaft und tat einfach alles, was in seiner Macht stand, um seine Lebensqualität zu verbessern; und zwar ohne irgendetwas zurückzuverlangen. Und auf welche Weise zeigte er sich erkenntlich? Indem er sogar noch vor seinem Partner floh und seine Gesundheit, die so hart erkämpft worden war, waghalsig aufs Spiel setzte.

Crocodile spürte, wie sein Herz sich schmerzhaft zusammenzog, als ihm klar wurde, dass wirklich jeder einzelne Vorwurf, den Gladius ihm an den Kopf geworfen hatte, absolut berechtigt gewesen war. Er war ein furchtbarer Patient und ein noch schlechterer Freund.

Doflamingo hat es wirklich nicht verdient, dachte Crocodile niedergeschlagen, sich jeden Tag mit einem Menschen, der ihm nichts als Ärger und Kummer bereitet, auseinandersetzen zu müssen. Er sollte lieber wieder ein unbefangenes Leben führen, lachen und sich um nichts sorgen.

Ein stechender Schmerz ging von Crocodiles Magen aus und zog nach oben bis zu seinem Brustkorb hoch, als ihm klar wurde, dass er allein den Grund darstellte, der Doflamingo daran hinderte, ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen. Ich mache ihn unglücklich, dachte Crocodile, während er dabei zusah, wie sein Partner auf ihn zugelaufen kam, alles wäre viel besser, wenn es mich nicht gäbe.

Vielleicht hatte Gladius, der erwiesenermaßen bisher ausschließlich äußerst zutreffende Dinge gesagt hatte, ja auch in diesem einen Punkt recht gehabt: Vielleicht bestünde die beste Lösung tatsächlich darin, ihn am Genick zu packen, ins Meer zu stoßen und ertrinken zu lassen. Zumindest ginge es dann allen Menschen, einschließlich ihm selbst, deutlich besser. Er war nichts als ein Hindernis und eine Last für alle, die mit ihm zu tun hatten.

"Crocodile!", rief Doflamingo atemlos, als er endlich bei ihm angekommen war. Crocodile stand auf und ließ zu, dass sein Partner ihn erleichtert in seine Arme schloss, auch wenn er sich innerlich ganz ausgebrannt und unglücklich fühlte. "Ich bin so froh, dass wir dich endlich gefunden haben", fuhr Doflamingo fort und küsste ihn sanft auf die Stirn. "Du kannst dir nicht vorstellen, welche Sorgen ich mir gemacht habe. Geht es dir gut?"

"Ich bin unverletzt", antwortete Crocodile wahrheitsgemäß. "Ein wenig erschöpft, aber ansonsten fehlt mir nichts, denke ich."

"Sehr gut", erwiderte Doflamingo und klang beruhigt.

Seine Erleichterung hielt allerdings nicht lange an. Kaum hatte er verdaut, dass es seinem Partner den Umständen recht gut zu gehen schien, wurde er wütend und ließ seiner Empörung und Enttäuschung freie Bahn: "Was ist denn nur in dich gefahren? Wie zur Hölle kommst du auf die Idee, aus dem Fenster zu springen? Bist du dir überhaupt dessen bewusst, was dir hätte passieren können? Du hattest wirklich unverschämtes Glück! Genausogut hättest du dir auch die Beine brechen können und wärst wieder ans Bett gefesselt gewesen. Jag mir bitte niemals wieder einen solchen Schrecken ein, ja? Ich bin krank geworden vor Sorge!"

"Es tut mir leid", sagte Crocodile sofort und senkte schuldbewusst den Blick. "Ich habe nicht beabsichtigt, dir Kummer zu bereiten. Meine Flucht war wohl eine Art Affektreaktion. Ehrlich gesagt, kann ich selbst nicht genau sagen, was da in mich gefahren ist. Ich weiß nur, dass ich in Panik geraten und dann abgehauen bin. Inzwischen ist mir aber bewusst geworden, dass ich mich falsch verhalten habe. Es tut mir leid. Ich wollte niemandem irgendwelche Umstände machen."

Doflamingo wirkte überrascht angesichts der schnellen Einsicht seines Partners; wahrscheinlich hatte er eher damit gerechnet, er wäre wütend auf ihn, würde sich selbst im Recht wähnen und sich weigern, zur Villa zurückzukehren. Als Crocodile sich dieses peinliche Szenario vor Augen führte, spürte er, wie Schamgefühle ihn überkamen; er schluckte schwer und hielt den Blick noch immer gesenkt. Im Moment fühlte er sich ganz besonders schuldig und verlegen.

"Aber was war denn der Grund für dein Verhalten?", hakte Doflamingo nach. "Man gerät in den meisten Fällen schließlich nicht einfach grundlos in Panik. Irgendetwas muss doch der Auslöser gewesen sein."

"Da war diese Sache mit dem Arzt", begann Crocodile, der beschloss, bei der Wahrheit zu bleiben. "Mir ist ein bisschen übel gewesen; vermutlich wegen dem vielen Eis, das wir beide uns gestern Abend gegönnt haben. Deswegen wollte ich nichts essen. Eine Sklavin hat dann den Arzt geholt, damit der mich untersucht.

Ich habe mich allerdings dagegen gewehrt. Im Nachhinein kann ich nicht mehr genau sagen, wieso; vielleicht, weil ich es für übertrieben gehalten habe, mich gleich einer Untersuchung zu unterziehen, nur weil ich einmal keinen Appetit hatte. Das haben der Arzt und die Sklaven aber nicht durchgehen lassen. Sie sind auf mich zugekommen, um mich festzuhalten und zur Untersuchung zu zwingen...

Naja, und in diesem Moment sind bei mir eben alle Sicherungen durchgebrannt. Ich bin in Panik geraten und habe die einzige Fluchtmöglichkeit genutzt, die ich hatte: Das Fenster hinter mir. Ich bin wahllos in irgendeine Richtung davongelaufen, durch den Wald und bis hierhin zum Strand. Dann hat mich irgendwann Gladius aufgespürt und, ja, jetzt sind wir eben hier."

Doflamingo seufzte und rieb sich mit einer Hand die Schläfe, wirkte allerdings dennoch nicht sonderlich zornig oder verdrossen. Er schwieg für eine Weile, ehe er schließlich sagte: "Gut, das kann ich vielleicht verstehen. Ich hätte in derselben Situation vermutlich ähnlich reagiert. Ich bin nur froh, dass wir dich jetzt endlich wiedergefunden haben und dass es dir gut geht."

Crocodile zog verwundert eine Augenbraue hoch, als er hörte, was sein Partner da sagte. Er hatte damit gerechnet, dass Doflamingo furchtbar wütend auf ihn wäre, ihn mit Hausarrest oder Ähnlichem bestrafte, aber beim besten Willen nicht damit, dass er angesichts seines Verhaltens Verständnis zeigen würde.

Ich habe eine viel zu schlechte Meinung von ihm, schoss es Crocodile durch den Kopf. Ich tue immer so, als wäre er ein furchtbarer Gefängniswärter, obwohl er sich mir gegenüber doch meistens rücksichtsvoll und verständnisvoll verhält. Crocodile selbst allerdings dachte von seinem Partner stets bloß das Schlechteste. Diese Erkenntnis ließ sein sowieso schon schmerzhaften Gewissensbisse noch schlimmer werden.

"Tu mir aber bitte den Gefallen, und bemühe dich darum Ruhe zu bewahren, falls dich erneut eine Panikattacke oder so etwas in der Art überfallen sollte, ja?", fuhr Doflamingo fort, der gar nicht mitzubekommen schien, was gerade im Inneren seines Partners vor sich ging. "Ich war wirklich schrecklich besorgt um dich. Wieso hast du denn nicht darauf bestanden, mich dazu holen zu lassen? Wir hätten die Situation doch sicher klären können."

"Naja", meinte Crocodile und stockte dann für einen kurzen Moment. Ob es wohl ratsam war, Doflamingo den wahren Grund mitzuteilen, wieso er nicht auf dessen Eintreffen gewartet hatte? Nach raschem Überlegen entschied Crocodile schließlich, dass sein Partner verdiente, die Wahrheit zu erfahren. Außerdem war Crocodile sowieso ein Mensch, der nicht besonders gerne oder oft log.

"Ich bin davon ausgegangen, dass du nicht auf meiner Seite, sondern auf der des Arztes stehen würdest", gab Crocodile also zu. "Du weißt schon, weil du mich in letzter Zeit immer so stark bevormundest. Ich dachte, dass du mich ebenfalls dazu zwingen würdest, mich untersuchen zu lassen; notfalls auch gegen meinen Willen."

Crocodile spürte sofort, dass er Doflamingo mit dieser Beichte tief getroffen und ehrlich verletzt hatte. Der Shichibukai schluckte schwer und Crocodile sah, dass dessen Mundwinkel unmerklich auf- und abzuckten.

Augenblicklich fühlte er einem überaus realen Schmerz im Magen: Anscheinend war er zu nichts anderem in der Lage als seinen Partner zu verletzten. Ganz gleich, ob er log oder die Wahrheit sagte: Immer wieder sorgte er dafür, dass Doflamingo unglücklich wurde. Es war, als könnte er einfach nichts richtig machen. Alles, was er tat, jede gute Bemühung, ging sofort nach hinten los.
 

"Was hältst du davon, wenn wir zur Villa zurückkehren?", schlug Crocodile vor, um das Thema zu wechseln und der unangenehmen Situation, die sich gerade anbahnte, so schnell wie möglich zu entfliehen. Er merkte bereits, wie die Luft zwischen ihnen beiden dicker zu werden schien. "Ich fühle mich furchtbar erschöpft. Und hungrig. Jetzt, wo mir nicht mehr übel ist, wird mir erst richtig bewusst, wie sehr mein Magen knurrt. Das letzte, was ich gegessen habe, war unser Eis gestern Abend."

"Gute Idee", erwiderte Doflamingo, der sich seine Kränkung anscheinend nicht anmerken lassen wollte. "Bist du denn noch dazu in der Lage, zu laufen? Bis zur Villa ist es ganz schön weit."

"Weiß ich nicht", meinte Crocodile wahrheitsgemäß. Er fühlte sich entkräftet, seine Knie schmerzten noch immer ein wenig wegen seines Sprungs aus dem Fenster und außerdem hatte er sich bei seiner Flucht durch den Wald einige juckende Verletzungen an den Füßen zugezogen. Rührten wahrscheinlich von den vielen Dornen her, die an seiner Kleidung hängen geblieben waren und ihm die Haut aufgerissen hatten, mutmaßte Crocodile.

"Dann wollen wir lieber nichts riskieren", entschied Doflamingo für ihn. "Du gehörst auf dem schnellsten Weg zurück in dein Bett." Er schwieg für einen kurzen Moment, ehe er schließlich fragte: "Sag mal, du hast doch keine Höhenangst, oder?"

Crocodile zog angesichts dieser unerwarteten Frage verwundert eine Augenbraue hoch. "Höhenangst?", wiederholte er und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wieso die Frage, ob er schwindelfrei war oder nicht, von Bedeutung sein sollte. Trotzdem beantwortete er sie ehrlich: "Nein, habe ich nicht." Dann fügte er rasch hinzu: "Wieso möchtest du das denn wissen?"

Die einzige Antwort, die er erhielt, war das breite und unheilverheißende Grinsen, das sich prompt auf die Lippen seines Partners schlich.

"Nun sag's schon!", forderte Crocodile ungeduldig. Er konnte es nämlich überhaupt nicht leiden, wenn er sich unwissend fühlte, weil er irgendwelche Sachverhalte nicht begriff. "Warum ist das wichtig?"

"Das wirst du schon merken", sagte Doflamingo und balancierte mit dieser Erwiderung geschickt um eine echte Antwort herum. Er bückte sich und schob eilig den linken Arm unter Crocodiles Knie und den rechten hinter dessen Rücken; dann hob er seinen Partner (ganz im Brautpaar-Stil) hoch in seine Arme.

Crocodile war so überrascht, dass er sich im ersten Moment überhaupt nicht gegen diese Behandlung wehrte; ganz im Gegenteil: Er genoss das unerwartete Gefühl, Doflamingo so unfassbar nah zu sein. Er konnte die Körperwärme seines Partners spüren und das Herz in dessen Brust laut schlagen hören.

Kaum allerdings hatte er sich gefasst, reagierte er natürlich auf die Art und Weise, die von Sir Crocodile wohl erwartet wurde: "Hey, was soll das? Lass mich runter, Doflamingo! Verdammt nochmal!" Er versuchte sich aus dem festen Griff seines Partners herauszuwinden, doch leider war dies ohne Hände nur sehr schwer möglich; außerdem war Doflamingo ziemlich kräftig.

Im Endeffekt konnte Crocodile nicht das geringste dagegen auszurichten, dass sein Freund ihn trug. Das war ihm zwar furchtbar unangenehm, doch es blieb ihm wohl oder übel nichts anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen und sich zumindest darum zu bemühen, die aufkommende Röte zu unterdrücken. (Schließlich waren noch immer sowohl Gladius als auch der Arzt und die Sklaven, die Doflamingo mitgebracht hatte, unmittelbar anwesend.)

"Wehr dich nicht, fufufu", meinte Doflamingo breit grinsend und Crocodile kam nicht umhin sich zu fragen, ob sein Partner ihn wohl absichtlich in diese peinliche Position gebracht hatte; vermutlich genießt er die ganze Situation, dachte Crocodile leicht verärgert und bereute es bereits, dass er ein schlechtes Gewissen gehabt hatte, weil er so oft schlecht von seinem Partner dachte. Manchmal verdiente er es ja vielleicht doch, der blöde Mistkerl, sagte Crocodile sich.

Er seufzte, schloss für einen Moment die Augen und schmiegte seinen Kopf in Doflamingos Halsbeuge. Der angenehme Körpergeruch seines Partners strömte wie ein betörender Duft in seine Nase und für eine Weile fühlte Crocodile sich so geborgen wie schon lange nicht mehr. Er vergaß völlig, dass sie beide nicht allein waren und ließ sich von Gedanken an den gestrigen Abend hinreißen: Er erinnerte sich an ihr gemeinsames Abendessen, den Sex, das leckere Eis, das sie beide sich als Nachtisch im Bett gegönnt hatten...

Allerdings wurde Crocodile in seinen wohligen Erinnerungen abrupt gestört, als er mitbekam, dass Doflamingo sich bewegte. Oder um ein wenig genauer zu werden: Dass Doflamingo Anlauf nahm. "Oh mein Gott!", brüllte Crocodile, als ihm schlagartig klar wurde, wieso sein Partner ihn gefragt hatte, ob er womöglich Höhenangst hätte. "Lass mich sofort runter! Doflamingo!"

Leider kam seine Forderung zu spät: Crocodile hatte den Namen seines Partners kaum zu Ende ausgesprochen, als dieser sich mit einem kräftigen Sprung vom Erdboden abstieß und gemeinsam mit ihm in die Lüfte stieg.

Kapitel 13

Crocodile konnte nichts dagegen ausrichten, dass Doflamingo mit ihm im Arm in die Luft abhob; ihm blieb also nichts anderes übrig als sich eng an die Brust seines Partners zu pressen und darauf zu hoffen, dass dieser seine Fähigkeiten vernünftig beherrschte.

Crocodile hatte überhaupt nicht gewusst, dass Doflamingo dazu in der Lage war, zu fliegen. Hängt bestimmt mit seinen Teufelskräften zusammen, schoss es ihm durch den Kopf; auch wenn er sich nicht so recht vorstellen konnte, wie genau dieser Trick funktionierte. Vielleicht bekäme er ja später noch die Gelegenheit, Doflamingo danach zu fragen.

Doch auch wenn Crocodile wusste, dass der Shichibukai ein überaus erfahrener und fähiger Teufelskraft-Benutzer war, und er selbst eigentlich partout nicht zur ängstlichen Sorte Mensch gehörte, gelang es ihm erst nach einigen Minuten, sich im Griff seines Partners zu entspannen. Zu fliegen war eine völlig neue Erfahrung für ihn; eine Erfahrung, zu der er außerdem eher unfreiwillig und ohne jede Vorwarnung genötigt worden war.

"Du brauchst keine Angst zu haben", meinte Doflamingo, der mitzubekommen schien, dass Crocodile sich ein wenig flau und unwohl fühlte. Seine Stimme klang beruhigend und ehrlich, doch trotzdem entging Crocodile nicht, dass ein leicht hämischer Unterton ebenfalls mitschwang.

"Das sagst du so leicht", entgegnete er darum in einem verärgerten Tonfall, obwohl die Worte seines Partners ihm tatsächlich dabei halfen, ruhiger zu werden. Es dauerte nicht allzu lange, bis er sich an das Gefühl, in der Luft zu fliegen, gewöhnt hatte und es sogar genießen konnte.

Schließlich flogen sie nicht sonderlich hoch; als Crocodile nach unten sah, bemerkte er, dass Doflamingos Füße sogar fast schon die Wipfel der Bäume streiften. Dann hob er wieder seinen Kopf und schaute in die Richtung, die sein Partner ansteuerte: Dank seiner erhöhten Position war Crocodile dazu in der Lage, nahezu den gesamten Wald zu überblicken; der Dunkelheit zum Trotz konnte er in der Ferne bereits die Umrisse der Villa ausmachen. Es schien ihm, als ginge Fliegen tatsächlich deutlich schneller als Laufen.

Der Gedanke, so bald schon wieder in sein Krankenzimmer zurückkehren zu müssen, ernüchterte Crocodile. Auch wenn seine waghalsige Flucht vermutlich nicht der beste Einfall war, den er jemals gehabt hatte, hatte sie ihm doch zumindest für einige Stunden das Gefühl verschafft, ein freier und selbstständiger Mensch zu sein. Crocodile gefiel es überhaupt nicht, dass er bereits nach nur so kurzer Zeit in sein altes und langweiliges Leben zurückkehren musste. Früher als gedacht vermisste er das Meer, die Sonne, den Strand und sogar die Möwen, die kreischend über seinen Kopf hinweg geflogen waren. Er versuchte, die Bilder von dem wunderschönen Sonnenuntergang, den er beobachtet hatte, heraufzubeschwören, doch musste leider feststellen, dass ihm dies unerklärlicherweise nicht gelang: Sein Kopf blieb leer und in seinem Körper breiteten sich Frust und Wut aus.

"Ist etwas nicht in Ordnung?", fragte Doflamingo ihn besorgt. "Bist du doch nicht schwindelfrei? Wenn du möchtest, dann können wir eine kurze Pause einlegen."

"Nein, ist schon gut", erwiderte Crocodile kopfschüttelnd.

Nur einen kleinen Moment später kam ihm eine Idee. Er zögerte kurz; als ihm allerdings klar wurde, dass er nicht wusste, wann sich ihm diese Gelegenheit ein nächstes Mal bieten würde, entschloss er sich dazu, sie doch zu äußern. Im schlimmsten Fall lehnt er eben ab, dachte Crocodile sich.

"Sag mal, Doflamingo", sagte er in einem möglichst unbefangen klingenden Tonfall und schmiegte sein Gesicht eng in die Halsbeuge seines Partners. "Ich finde den Gedanken, mich jetzt schon wieder in mein Bett zu legen, einfach furchtbar. Mir ist klar, dass ich es muss, aber trotzdem kommt es mir schrecklich vor. Kannst du mir vielleicht einen Gefallen tun, bevor wir in mein Krankenzimmer zurückkehren?"

"Was für einen Gefallen?", fragte Doflamingo sofort mit misstrauischer Stimme.

"Können wir bitte ein bisschen höher fliegen? Nur ganz kurz. Dann hätte ich etwas Schönes, wovon ich heute Nacht träumen kann."

Doflamingo zögerte. Crocodile sah, wie sein Partner sich auf die Unterlippe biss; er merkte ganz deutlich, dass dieser alle Pro- und Kontra-Argumente sorgsam gegeneinander abwog. Schließlich meinte er: "Ich weiß ja nicht. Die Luft ist weiter oben ziemlich dünn. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sauerstoffmangel sonderlich gut für deinen Heilungsprozess ist."

"Sei doch nicht so!", hielt Crocodile sofort dagegen. "Mit meiner Atmung ist schließlich soweit alles in Ordnung; ich darf sogar rauchen, weißt du nicht mehr? Es wird mir sicher nicht schaden."

"Ich bin mir immer noch nicht sicher", meinte Doflamingo. "Vielleicht sollten wir erst einmal den Arzt um Rat fragen. Immerhin bist du noch immer nicht untersucht worden. Was hältst du davon: Wenn wir in der Villa sind, lassen wir dich schnell durchchecken und falls der Arzt sein Okay gibt, nehme ich dich für eine Minute mit nach oben. In Ordnung?"

Als Antwort erhielt der Shichibukai ein überaus enttäuschtes Seufzen seitens seines Partners. "Wann genau bist du eigentlich zum Spielverderber geworden?", meinte dieser frustriert. "Früher bist du nie so spießig gewesen."

Kaum waren Crocodile diese Worte über die Lippen gekommen, bereute er sie bereits. Hatte er sich nicht eben erst vorgenommen, sich Doflamingo gegenüber ein wenig dankbarer und verständnisvoller zu zeigen? Schließlich machte sich dieser doch nur Sorgen um ihn; es war nicht so, als würde er ihm aus bloßer Gehässigkeit willkürlich irgendwelche Verbote erteilen.

"Entschuldigung", fügte Crocodile also hastig noch hinzu. "Ich habe es nicht böse gemeint. Aber der Arzt wird mir das Fliegen bestimmt verbieten. Er ist wütend auf mich, weil ich mich mit ihm gestritten habe. Naja, was soll's, ist schon gut. Dann lassen wir das eben."

"Was hältst du von diesem zweiten Deal, den ich dir jetzt anbieten werde?", meinte Doflamingo plötzlich: "Wir beide fliegen ein Stück nach oben, so wie du es möchtest. Dafür allerdings isst du gleich, wenn wir wieder in der Villa sind, deinen Teller leer und legst dich danach sofort in dein Bett. Und zwar ohne jeden Widerstand. Kannst du dich auf dieses Angebot einlassen?"

"Ich denke schon", antwortete Crocodile, der angesichts der unerwarteten Kooperationsbereitschaft seines Partners zwar ein wenig überrascht war, sich allerdings auch sehr freute. Außerdem fühlte er sich im Augenblick so hungrig und erschöpft, dass er seinen Teller sowieso innerhalb kürzester Zeit leer gegessen und sich gleich danach schlafen gelegt hätte; Deal hin oder her.

Doflamingo hielt sich ebenfalls an seinen Teil der Abmachung: Ohne in der Luft stehen zu bleiben, stieg er mit einer recht schnellen Geschwindigkeit schräg nach oben. Als Crocodile seinen Blick auf den Wald unter ihnen richtete, sah er fasziniert dabei zu, wie die vielen Bäume stetig kleiner wurde; bald konnte er sie bloß noch als eine einzige große und grüne Fläche wahrnehmen.

"Die Aussicht ist wirklich atemberaubend", hauchte er in Doflamingos Ohr, während er zur Villa hinüber sah, die aus dieser Höhe wie ein hübsches Spielzeugschloss wirkte. Die dahinter liegende Stadt konnte Crocodile aufgrund der aufkommenden Dunkelheit allerdings bloß noch als ein hell leuchtendes Meer ausmachen. Inzwischen war sogar bereits der Mond aufgegangen; immerhin handelte es sich in dieser Nacht um einen Vollmond, sodass er glücklicherweise trotzdem noch einigermaßen gut sehen konnte.

Schlagartig wurde Crocodile bewusst, wie romantisch diese Situation doch eigentlich war: Er schwebte gemeinsam mit seinem Freund hoch in der Luft, sie waren allein und das einzige Licht war das des Vollmonds über ihnen. Außerdem hielt Doflamingo ihn noch immer fest an sich gepresst; Crocodile, der sein Gesicht in dessen Halsbeuge vergraben hatte, atmete genüsslich den betörenden Duft seines Partners ein und lauschte den Herzschlägen, die er so deutlich spüren konnte, als handelte es sich dabei um seine eigenen.

"Es freut mich, dass es dir gefällt", sagte Doflamingo mit einer Stimme, die seltsam belegt klang.

Verwundert hob Crocodile den Kopf und warf ihm einen fragenden Blick zu. "Ist alles in Ordnung mit dir? Werde ich dir zu schwer oder so etwas?"

"Nein, du bist federleicht. Viel zu dünn sogar, wenn ich ehrlich bin. Ich spüre dein Gewicht kaum. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, hätte ich vielleicht lieber auf zwei Portionen zum Abendessen bestehen sollen. Das wäre ein besserer Deal gewesen, fufufu."

Auch wenn sein Freund lachte, spürte Crocodile sofort, dass mit diesem irgendetwas nicht in Ordnung war. Er wirkte seltsam unauthentisch und ein wenig verlegen; Charakterzüge, die zu dem Mann, den er kannte, eigentlich überhaupt nicht passten.

Weil Crocodile sich zu sorgen begann, sprang er nicht auf Doflamingos Versuch, möglichst rasch das Thema zu wechseln, an, sondern hakte mit beunruhigt klingender Stimme nach: "Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung mit dir ist? Du wirkst plötzlich so komisch."

"Klar, mir geht's gut", erwiderte Doflamingo und klang dieses Mal ein wenig überzeugender. Er stockte für einen kurzen Moment, ehe er hinzufügte: "Eigentlich geht es mir sogar mehr als gut. Ich bin unfassbar glücklich. Und dankbar."

"Tatsächlich?" Skeptisch zog Crocodile eine Augenbraue hoch. "Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Gesundheitlich ging es mir jedenfalls in meinem Leben noch nie schlechter. Drei Monate im Koma gelegen, immer noch schwach, keine Hände... Nimm es mir bitte nicht übel, aber ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wieso man in dieser Situation glücklich oder dankbar sein sollte."

"Stimmt schon", meinte Doflamingo und räusperte sich. "Aber du darfst dabei vergessen, dass alles auch viel schlimmer hätte ausgehen können.

Stell dir nur einmal vor, ich hätte dich nach deinem Kampf mit Eustass Kid nicht aufgegriffen; dein Kumpel, dieser Typ aus Impel Down, hat zwar Erste Hilfe geleistet, aber ohne weitere medizinische Versorgung wärst du mit Sicherheit schnell gestorben. Über diesen Zufall bin ich sehr glücklich.

Es hätte auch sein können, dass du überhaupt nicht mehr aus deinem Koma erwachst. Die Ärzte hatten die Hoffnung bereits längst aufgegeben, bevor ich mich dazu entschlossen habe... du weißt schon, dich zu erlösen. Du bist gerade noch rechtzeitig aufgewacht; ebenfalls ein sehr glücklicher Zufall.

Ich bin jedenfalls unglaublich froh darüber, dass du am Leben bist. Und dass du irgendwann wieder vollständig gesund wirst. Es dauert ja nicht mehr allzu lange, bis deine erste Prothese endlich fertiggestellt ist und du ein Stück Selbstständigkeit zurückerhältst. Alles hätte auch viel schlechter kommen können. Ein Leben ohne dich kann ich mir nicht vorstellen. Und darum bin ich wirklich sehr glücklich."

"Du bist und bleibst eben ein furchtbarer Optimist, Doflamingo", sagte Crocodile, weil er nicht so recht wusste, wie er auf diese Äußerung seines Partners angemessen reagieren sollte. Es kam nämlich nur selten vor, dass dieser sich ihm auf emotionaler Ebene öffnete. Sie waren niemals ein Paar gewesen, dass viel über Gefühle sprach; eigentlich sprachen sie nie über solche Dinge. Crocodile spürte, dass er sehr verlegen wurde; aber nicht auf eine schlechte Art und Weise.

"Vielleicht hast du Recht, fufufu", meinte Doflamingo kichernd. "Und du bist ein schrecklicher Pessimist. Ich finde, wir beide ergänzen uns ganz gut. Wie auch immer, jetzt reicht es aber: Wir sind lange genug so hoch oben in der Luft gewesen. Jetzt kehren wir endlich in die Villa zurück. Nicht, dass du dich meinetwegen erkältest. Und vergiss nicht, was du mir versprochen hast: Einen ganzen Teller musst du leer essen und gleich danach geht es ins Bett!"

"Jaja, weiß ich doch", erwiderte Crocodile augenrollend und beobachtete, wie sein Partner langsam die Höhe verringerte, während er die Villa ansteuerte; ein angenehmer Lufthauch blies Crocodile in sein warmes Gesicht. "Können wir denn wann anders noch einmal fliegen? Schließlich hast du ja jetzt gesehen, dass es mir nicht schadet, nicht wahr?"

"Vielleicht", sagte Doflamingo ausweichend. Inzwischen war die Villa sehr nah; der Shichibukai landete im Innenhof des großen Gebäudekomplexes, wo er seinen Partner anschließend vorsichtig absetzte.

Kaum spürte Crocodile wieder festen Boden unter den Füßen, war seine gute Laune verflogen. Plötzlich kamen ihm seine Flucht und der Ausflug mit Doflamingo wie Fetzen irgendwelcher halb vergessener Fieberträume vor. Waren diese Dinge tatsächlich geschehen? Oder hatte er sie sich bloß eingebildet? Zum zweiten Mal an diesem Abend wünschte Crocodile sich Finger, damit er sich selbst in den Arm kneifen könnte. Ihm kam der heutige Tag sehr unwirklich vor.

Der Anblick der Villa und des Innenhofs ernüchterte Crocodile. Auch wenn er heute ausnahmsweise einmal einen interessanten Nachmittag gehabt hatte, änderte dies schlussendlich doch nicht das geringste an seinen eigentlichen Lebenssituation. Er war und blieb ein Gefangener in diesen Mauern.

"Komm", hörte er Doflamingo neben ihm sagen. "Wir wollen sofort in dein Zimmer gehen. Ich desinfiziere und verbinde deine Füße." Der Shichibukai seufzte leise. "In letzter Zeit ziehst du dir häufiger Verletzungen an deinen Füßen zu. Erinnerst du dich noch daran, wie du neulich in die Scherben des Geschirrs getreten bist, das du von deinem Bett gestoßen hattest? Vielleicht wäre es besser, wenn du wieder öfter Schuhe trägst."

"Vielleicht", murmelte Crocodile abwesend, während er Doflamingo durch das Foyer der Villa folgte. Es interessierte ihn nicht im geringsten, was sein Partner da sagte. Im Augenblick fühlte er sich bloß deprimiert und ausgelaugt. "Können wir morgen darüber reden?", meinte er darum mit erschöpfter Stimme. "Der Deal, den wir beide haben, kommt mir sehr entgegen: Ich möchte jetzt am liebsten etwas essen und mich dann sofort schlafen legen. Ich bin wirklich unglaublich müde."

"Das wundert mich nicht", entgegnete Doflamingo. "Du hast dich heute über deine Grenzen hinaus verausgabt. Du wirst lange schlafen müssen, um dieses Defizit wieder aufzuholen."
 

Als Crocodile am nächsten Tag erwachte, war es bereits früher Abend. Doflamingo schien mit seiner Vermutung, dass er viel Schlaf bräuchte, um seine Überanstrengung vom gestrigen Tag wieder auszugleichen, also Recht behalten zu haben. Obwohl Crocodile, wenn er denn richtig rechnete, um die zwanzig Stunden geschlafen hatte, fühlte er sich noch immer müde und erschöpft. Außerdem war er überaus schlecht gelaunt. Nach seiner Flucht und den Abenteuern, die er gestern erlebt hatte, deprimierte ihn die Tatsache, dass er seine Zeit nun wieder in seinem langweiligen Krankenzimmer zubringen musste, nur umso mehr.

Die tägliche Routine, die er hier erlebte, schien Crocodile nicht nur zu verabscheuen, nein, sie widerte ihn fast schon an: Zähneknirschend beobachtete er, wie die beiden Sklaven, die an der Türe Wache standen, Meldung darüber machten, dass er aufgewacht war. Vermutlich, dachte er bitter, dauerte es nicht lange, bis Doflamingo erscheinen und ihn dazu drängen würde, sein Frühstück (oder eher Abendessen, wenn man die fortgeschrittene Uhrzeit bedachte) zu sich zu nehmen. Crocodile wurde bei dieser Vorstellung beinahe schlecht.

Tatsächlich tauchten nur kurze Zeit später einige Sklavinnen auf, die ihm eine große Auswahl an verschiedenen Mahlzeiten und Getränken servierten. Und erst, als Crocodile sich an die herablassenden Worte von Gladius erinnerte, wurde ihm bewusst, dass er eigentlich überhaupt kein Recht dazu hatte, sich von dieser Behandlung angewidert zu fühlen; denn so, wie er hier als Pirat und Patient betreut wurde, so wurde schließlich mancher Adliger nicht verwöhnt. Wer kann schon von sich behaupten, dachte Crocodile und er wusste nicht so recht, ob ihn dieser Gedanke ge- oder missfallen sollte, dass ihm jeden Tag gleich nach dem Aufwachen eine Fülle von hübsch angerichteten, kalten und warmen Köstlichkeiten ans Bett gebracht wurde?

Zum ersten Mal seit er aus seinem Koma erwacht war, beäugte Crocodile ganz genau die vielen Leckereien, die man ihm servierte: Da waren verschiedene Sorten Brot mit Aufschnitt (sowohl mehrere Arten Käse als auch Wurst), Marmelade (Erdbeere, Himbeere, Blaubeere, Pfirsich), Honig (wahlweise mit Waben oder ohne) und noch vieles mehr. Eier (hart gekocht, weich gekocht, gebraten, gerührt) und Müsli (mit Früchten oder ohne, wahlweise mit Milch oder Joghurt). Da waren Suppen, verschiedene Sorten eingelegtes Gemüse und Salate (mit Fleischstreifen, mit Käse, mit Gemüse). Fleisch (Hähnchen, Pute, Schwein, Rind und Kalb, Lamm, sogar Kaninchen) und eine riesige Auswahl an Fisch (Forelle, Lachs, Barsch, Pangasius, Zander, Seeteufel und noch einige weitere, die Crocodile allerdings zumindest auf Anhieb nicht erkannte). Bei den Getränken hatte er die Auswahl zwischen Tee (so gut wie alle Sorten, die es gab), Wasser (ohne Kohlensäure, mit Kohlensäure und mit ein wenig Kohlensäure), Saft (Apfel, Orange, Traube, Kirsche und noch viele mehr), Milch und Kaffee.

Crocodile war niemals jemand gewesen, der beim Essen geizte. Bereits zu seinen Zeiten als Shichibukai in Alabasta hatte er häufig teuer gegessen und sich viele erstklassige Lebensmittel gegönnt; und auch von Doflamingo war er bei ihren Treffen stets verwöhnt worden. Schließlich waren sie beide reiche Männer (in seinem Fall: gewesen), die sich eine exklusive Lebensqualität leisten konnte, und da stellte die Ernährung keine Ausnahme dar.

Darum, und weil er gedanklich ständig mit anderen Dingen beschäftigt gewesen war, war ihm niemals wirklich bewusst gewesen, wie gut er es hier doch eigentlich hatte: Zu jeder Mahlzeit wurde er von oben bis unten verwöhnt.

Unweigerlich musste Crocodile an die Ernährung zurückdenken, die er hatte genießen dürfen, als er noch ein Gefangener in Impel Down gewesen war: Man hatte ihnen jeden Tag ein Glas Wasser und eine Schüssel Reis überlassen, mehr nicht. Es war gerade genug gewesen, um nicht zu verhungern.

Ein riesiger Unterschied zu den Köstlichkeiten, derer er sich als Gast in der Villa seines Partners erfreuen durfte.

Plötzlich überkamen Crocodile Schamgefühle, als er daran dachte, wie schrecklich undankbar er sich in dieser Hinsicht stets verhalten hatte: Niemals hatte er sich bei Doflamingo für das gute Essen bedankt, niemals hatte er auch nur wertgeschätzt, wie viele Kosten und Mühen in den Mahlzeiten, die ihm die Sklavinnen jeden Tag so hübsch angericht an sein Bett brachten, wohl stecken mochten. Crocodile, dem sein Verhalten auf einmal furchtbar peinlich war, kam plötzlich ein Szenario in den Sinn, das sich vor einiger Zeit ereignet hatte und auf das ihn sein Freund gestern Abend sogar noch angesprochen hatte: Wie er in einem plötzlichen Anflug von Hass und Hysterie das viele Geschirr und Besteck mit all den Köstlichkeiten von seinem Bett heruntergefegt hatte. Nur zu gut erinnerte Crocodile sich daran, wie sehr ihn die Fürsorge seines Partners angewidert hatte; wie ein Haustier, an das man ein besonderes Leckerchen verfütterte, hatte er sich gefühlt.

Er war sogar von seinem Bett aufgestanden und hatte vor Doflamingo flüchten wollen; sein Freund hatte ihn allerdings festgehalten und anschließend war die gesamte Situation eskaliert. Abwesend hob Crocodile seine Unterarme nach oben, sodass der Stoff sich nach unten schob und seine blasse Unterarme preisgab: Die Hämatome waren nicht mehr so deutlich zu sehen wie an dem Tag, an dem sein Partner sie ihm zugefügt hatte, inzwischen waren sie nicht mehr dunkelblau, doch noch immer leuchteten sie in gelb-grünlichen Kreisen auf seiner Haut.

Bei seiner versuchten Flucht war er in die Scherben des zerbrochenen Geschirrs auf dem Boden getreten und hatte sich einige Schnitte an den Füßen zugezogen. Crocodile ließ den Stoff seiner Hemdsärmel wieder über seine Unterarme gleiten und warf stattdessen einen Blick auf seine Füße, die hinten unter der Bettdecke hervorschauten: Doflamingo hatte sie ihm gestern Abend verbunden, bevor sie gemeinsam zu Abend gegessen hatten. Weil er sich bei seiner diesmal erfolgreichen Flucht die Füße an den Dornenbüschen aufgeschnitten hatte, als er durch den Wald gehastet war.

Nicht einmal dafür habe ich mich bei ihm bedankt, schoss es Crocodile durch den Kopf. Sein Partner ließ ihn medizinisch versorgen, leistete ihm bei fast jeder Mahlzeit Gesellschaft, versuchte ihn ständig aufzumuntern und dies alles trotz seiner Verpflichtungen als Shichibukai und Captain einer großen Piratencrew. Und wie wurde es ihm gedankt? Indem sein Partner immer nur jammerte, sich über ihn beschwerte und sogar noch vor ihm floh. Nur zu gut erinnerte Crocodile sich daran, wie er ihm sogar einmal ein zorniges "Ich hasse dich!" entgegen gespien hatte.

Gladius hat wirklich Recht, dachte Crocodile nüchtern und niedergeschlagen. Doflamingo verdiente es wahrlich nicht, dass man ihn so behandelte, wie er es tat.
 

"Sir Crocodile?"

Die zögerliche Stimme eines jungen Sklavenmädchens riss Crocodile aus seinen Gedanken. Verwirrt blickte er auf und stellte fest, dass noch alle Sklavinnen, die ihm sein Essen serviert hatten, anwesend waren. Normalerweise verschwanden sie recht schnell wieder, nachdem sie ihre Pflicht erfüllt hatten. Es sei denn, Doflamingo war nicht zugegen, um ihn zu füttern; in einem solchen Fall übernahm dann eine Sklavin diese Arbeit.

"Entschuldigen Sie bitte die vorlaute Frage", meinte das Mädchen, das ihn angesprochen hatte, schüchtern, "aber haben Sie heute keinen Appetit? Sie haben noch nicht angefangen zu essen."

Es dauerte eine Weile, ehe die Bedeutung der Worte bis zu Crocodiles Gehirn durchdrang. Üblicherweise begann er erst dann mit seiner Mahlzeit, wenn auch Doflamingo anwesend war. (Schließlich gebot dies die Höflichkeit.) Obwohl im Endeffekt Crocodile stets alleine aß; sein Freund war zu sehr damit beschäftigt, ihn zu füttern, um selbst zu essen. Trotzdem hatte sich diese Tradition bei ihnen beiden eingebürgert.

"Kommt denn Doflamingo heute nicht?", fragte Crocodile darum recht verwundert. Da sie gestern Abend nicht im Streit auseinander gegangen waren, fiel ihm kein Grund ein, der erklären würde, wieso sein Partner keine Lust dazu hatte, gemeinsam mit ihm zu frühstücken (oder zu Abend zu essen, ganz wie man es nahm.) Oder hatte er etwa Doflamingo verärgert, ohne dies zu bemerken?

"Der junge Lord entschuldigt sich", sagte das Mädchen mit gesenktem Blick. "Er hält derzeit ein überaus wichtiges Telefongespräch. Allerdings ist er darüber informiert worden, dass Sie aufgewacht sind. Er bittet darum, dass Sie bereits ohne ihn mit dem Essen anfangen. Er sagte, er würde dazustoßen, wenn sein Gespräch beendet sei. Außerdem wünscht er Ihnen einen guten Appetit."

"Oh, na gut", war das einzige, was Crocodile über die Lippen brachte. Er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte, dass sein Partner lieber telefonierte als ihm beim Essen Gesellschaft zu leisten. Nachdem allerdings die erste Enttäuschung verflogen war, kam Crocodile wieder zu Vernunft. Ich habe kein Recht dazu, deprimiert oder enttäuscht zu sein, sagte er sich. Schließlich gehörte Doflamingo nicht ihm allein. Er war ein sehr mächtiger und wichtiger Mann, der viel zu tun hatte. Er durfte es ihm nicht verübeln, wenn er einmal ein gemeinsames Essen zugunsten eines wichtigen Termins absagte.

"Was möchten Sie also essen?", fragte das junge Sklavenmädchen.

"Gemüsesuppe", antwortete Crocodile. Eigentlich spürte er keinen großen Hunger, eher wieder ein wenig Übelkeit. Da er allerdings weder Doflamingo noch die Sklaven, die sich so viel Mühe mit dieser Mahlzeit gemacht hatten, enttäuschen wollte, zwang er sich dazu, wenigstens die eine oder andere Kleinigkeit hinunterzuwürgen. "Dazu Pfefferminztee, ungesüßt. Ähm, bitte."

Kapitel 14

Auch wenn Crocodile sich ernsthaft Mühe gab, die Gemüsesuppe hinunterzuwürgen, wollte es ihm doch nicht so recht gelingen; noch immer war ihm übel und außerdem hatte ihm die Information darüber, dass sein Partner ihm beim Essen keine Gesellschaft leisten wollte, seinen Appetit verdorben. Er bemühte sich zwar darum, sich nicht zurückgewiesen und enttäuscht zu fühlen, doch konnte dies nicht wirklich verhindern. Nach über zwanzig Minuten hatte Crocodile kaum die Hälfte der Schüssel Gemüsesuppe, die man ihm serviert hatte, geleert; und es war beileibe keine sonderlich große Schüssel gewesen.

Er kaute gerade lustlos auf einem weichen Stück Möhre herum, als sich unerwartet die Türe zu seinem Krankenzimmer öffnete: Herein trat Doflamingo, der rasch zu dem Bett, in dem Crocodile aufgerichtet saß und seine Mahlzeit einnahm, hinüber huschte. Crocodile war so überrascht vom plötzlichen Erscheinen seines Partners, dass er sich prompt verschluckte und furchtbar zu husten begann, als dieser ihn in seine Arme schloss.

Doflamingo klapste ihm leicht auf den Rücken und setzte einen besorgten Gesichtsausdruck auf. "Ist alles in Ordnung mit dir, Crocodile? Sorry, dass ich so spät bin. Aber ich habe ein wirklich sehr wichtiges Telefongespräch geführt; das ließ sich einfach nicht verschieben. Hoffentlich bist du jetzt nicht sauer auf mich. Ich habe die Sache auch so schnell wie möglich geregelt, damit ich wieder bei dir sein kann."

"Ist schon gut", erwiderte Crocodile kopfschüttelnd und schwer atmend, als seine Luftröhre endlich von dem Möhrchen befreit worden war. Sich zu verschlucken war immer überaus unangenehm, fand er, auch wenn es sich in seinem Fall bloß um ein sehr kleines Stückchen gehandelt hatte.

"Bist du dir da sicher?", hakte Doflamingo nach.

"Natürlich bin ich mir sicher", sagte Crocodile und bemühte sich darum, möglichst überzeugend zu klingen. "Du bist schließlich nicht nur mein Partner, sondern auch einer der Shichibukai, der Besitzer des Human Shops und so weiter. Es gibt jede Menge Pflichten, die dich in Anspruch nehmen. Dafür habe ich Verständnis. Du brauchst wegen mir also kein schlechtes Gewissen zu haben. Außerdem bist du jetzt ja da."

"Es freut mich, dass du das so locker siehst. Damit habe ich, um ehrlich zu sein, gar nicht gerechnet."

Crocodile zuckte mit den Schultern; er wusste nicht so recht, was er auf diese Aussage erwidern sollte. Schließlich meinte er: "Auch wenn ich derzeit nicht viel zu tun habe, kann ich mich trotzdem durchaus in deine Lage hineinversetzen. Immerhin ist es nicht allzu lange her, dass ich mich selbst in einer ähnlichen Position befunden habe. Ich kenne die viele Arbeit, die das Piratendasein mit sich bringt. Du steckst sicher des Öfteren in einem solchen Dilemma und ich nehme es dir wirklich nicht übel, wenn du dich nicht für mich, sondern für die Arbeit entscheidest. Das ist in Ordnung, finde ich. Ich kann froh darüber sein, dass du dir überhaupt so viel Zeit für mich nimmst."

"Ich nehme mir gerne Zeit für dich", sagte Doflamingo mit weicher Stimme. "Es gibt nichts, was ich lieber tue als bei dir zu sein. Wenn ich auch nur eine einzige Stunde mit dir verbringe, dann läuft der ganze Tag gut; ganz gleich, was sonst noch passiert. Du bist sozusagen mein Sonnenschein, fufufu."

"Sag doch so etwas nicht, du Idiot!", erwiderte Crocodile halbherzig und senkte den Blick. Sonnenschein, dachte er und ließ sich dieses ulkige Wort stumm auf der Zunge zergehen. Er spürte, wie sich Röte in seinem Gesicht ausbreitete. Wann nur war Doflamingo so schrecklich kitschig geworden? Überhaupt passte es eigentlich gar nicht zu ihnen beiden, solch liebevolle Worte miteinander zu wechseln. Was das Ausdrücken von Gefühlen anging, war keiner von ihnen sonderlich begabt. Zumindest hatte Crocodile dies immer geglaubt.

"Wieso soll ich so etwas denn nicht sagen?", fragte Doflamingo glucksend. Er schien es sichtlich zu genießen, dass er seinen Freund mit seinen Worten in Verlegenheit gebracht hatte. (Schließlich waren noch immer die Sklavinnen, die Crocodile das Essen aufgetragen hatten, im Raum anwesend.) Doflamingo ist und bleibt eben ein gehässiger Witzbold, schoss es Crocodile durch den Kopf, doch er brachte es trotzdem nicht ganz zustande, böse auf ihn zu werden.

"Es ist doch nichts als die Wahrheit. Und du möchtest doch nicht etwa, dass ich dich anlüge, mein Sonnenschein, nicht wahr?"

"Natürlich sollst du mich nicht anlügen", entgegnete Crocodile und spürte, wie sein gesamtes Gesicht warm wurde vor Röte, "aber das bedeutet nicht, dass du alles, was du denkst, auch laut äußern musst. Manche Dinge sollte man vielleicht lieber für sich behalten, Doflamingo!"

"Ach, du hast eben einfach keinen Sinn für Romantik", hielt sein Partner dagegen. Er stützte sein Kinn auf seiner rechten Hand ab und beobachtete Crocodile genüsslich dabei, wie dieser sich in Grund und Boden schämte.

"Von wegen Romantik!", erwiderte er und warf Doflamingo einen giftigen Blick zu. "Dir geht es doch nur darum, mich in Verlegenheit zu bringen. Von Romantik verstehst du nämlich genauso wenig wie ich!"

"Wenn du meinst." Die Kritik seines Partners prallte am Shichibukai ab wie Schüsse auf eine kugelsichere Weste. "Red dir das ruhig weiter ein, fufufu." Er lachte unbefangen, ehe er wieder ein wenig ernster wurde und meinte: "Wie ich sehe, hast du deine Suppe noch gar nicht aufgegessen. Ist sie inzwischen kalt geworden? Wenn du möchtest, dann lasse ich sie dir noch einmal heiß auftragen."

"Das ist nicht nötig", erwiderte Crocodile. Der Unsinn, den er eben mit Doflamingo getrieben hatte, hatte ihn zumindest für eine Weile von seiner Übelkeit und seiner Appetitlosigkeit abgelenkt; nun allerdings fühlte er sich wieder sehr abrupt in sein reales Leben zurückversetzt. Mit viel Mühe unterdrückte Crocodile ein resigniertes Seufzen. "Sie ist noch warm. Ich werde sie schon noch aufessen, keine Sorge."
 

In den nächsten Tagen bemühte Crocodile sich sehr darum, Doflamingo gegenüber ein besseres Verhalten an den Tag zu legen und sich seine Resignation nicht anmerken zu lassen. Immer wieder kam ihm sein Gespräch mit Gladius in den Sinn und er strengte sich an, um die berechtigte Kritik, die dieser an ihm geübt hatte, umzusetzen: Nicht länger wollte er ein respektloser und undankbarer Patient und Freund sein. Doflamingo, der so unglaublich viel für ihn tat, verdiente definitiv eine bessere Behandlung. Dessen war Crocodile sich inzwischen klar geworden, und er tat alles, was in seiner Macht stand, um diesem Anspruch gerecht zu werden.

Da seine Autorität allerdings nicht sonderlich weit reichte, blieb es (zumindest zu Beginn) eher bei Veränderungen in einem sehr kleinen Rahmen: Crocodile bemühte sich zum Beispiel darum, in der Gegenwart seines Partners seine schlechte Laune zu verbergen oder er aß bei den Mahlzeiten ohne zu Murren seinen Teller leer, obwohl er eigentlich überhaupt keinen Appetit verspürte. Und wenn Doflamingo sich wieder einmal entschuldigen ließ, weil er irgendwelche (angeblich wichtigen) Besprechungen zu führen hatte, dann versicherte ihm Crocodile stets, dass er Verständnis dafür hätte und dass es ihm nicht das geringste ausmachte, auch wenn er jedes Mal einen kleinen Stich in seinem Herzen spürte, wenn sein Partner sich lieber dafür entschied, zu telefonieren anstatt seine Zeit mit ihm zu verbringen.

Ohne zu jammern und ohne sich zu beklagen fügte Crocodile sich nach und nach in die Rolle ein, die Gladius von ihm erwartete und die Doflamingo sich für ihn wünschte: Er wurde zum dankbaren, nachsichtigen, verständnisvollen und vor allen Dingen gehorsamen Patienten und Gast.

Seine schlechte Laune und seine deprimierenden Gedanken hielt er sich für die einzige Zeit des Tages auf, in der er (beinahe) allein war und sich selbst überlassen wurde: Einzig und allein abends, wenn Doflamingo ihm bereits eine gute Nacht gewünscht hatte und außer den beiden Wachen an der Tür niemand mehr da war, ließ Crocodile seine Maskerade fallen. Dann drehte er sich zum großen Erkerfenster hinüber, beobachtete frustriert und lustlos den Sonnenuntergang oder den dunklen Nachthimmel, und dachte daran, was Gladius als Lösung für all ihre Probleme vorgeschlagen hatte: Ihn am Genick zu packen, ins Meer zu stoßen und ertrinken zu lassen.
 

Zwei Wochen zogen sich überraschend langsam und zäh dahin.

Und je freundlicher und verständnisvoller Crocodile sich nach außen hin gab, desto frustrierter und verzweifelter wurde er in seinem Inneren. Auch wenn es ihm bisher weitestgehend erfolgreich gelungen war, sich an seine guten Vorsätze zu halten, nagte diese Farce doch erheblich an ihm. Crocodile war ein Mensch, der es nicht gewohnt war, sich zu verstellen - zumindest nicht dauerhaft und vor allen Dingen nicht vor seinem Partner.

Lange Zeit war er davon ausgegangen, dass es sich bei Doflamingo um den Menschen handelte, den er am ehesten vertrauen konnte und der ihn von allen am besten kannte; wenn sie zu zweit waren, dann ließ Crocodile jede Hülle fallen und verhielt sich absolut authentisch.

Dass er seine wahren Gefühle nun auch vor seinem Partner geheim halten musste, wenn auch zu dessen Wohl, verstärkte Crocodiles Frust nur noch weiter. Bei ihm handelte es sich nun einmal nicht um eine Person, die immer gute Laune hatte, das Licht am Ende des Tunnels sah und dankbar für die Lage war, in der sie sich gerade befand. Auch wenn er dies Doflamingo und den vielen Sklaven, die ihn rund um die Uhr umgaben, weismachen wollte.

Crocodile unterdrückte ein verzweifeltes Seufzen. Er machte gerade einen kleinen Spaziergang im weitläufigen Garten der Villa; doch da er rechts und links von je einem Sklaven flankiert wurde, wollte er seine wahre Gefühlslage nicht offenbaren. Anstatt zu seufzen, wandte Crocodile sein Gesicht also dem strahlend blauen Himmel über sich zu und bemühte sich um einen neutralen bis freundlichen Gesichtsausdruck.

Doflamingo war derzeit in irgendwelche wichtigen Gespräche eingebunden.

In letzter Zeit hatte sein Freund sehr wenig Zeit für ihn übrig, stellte Crocodile deprimiert fest. Ständig musste er irgendwelche wichtigen Telefongespräche führen, irgendwelche wichtigen Berichte lesen oder irgendwelche wichtigen Befehle erteilen. Worum es genau ging, erfuhr Crocodile nie; er wusste nur, dass es sich um absolut bedeutsame Dinge handelte, die unter keinen Umständen verschoben werden konnten.Wenn er nachfragte, reagierte Doflamingo stets sehr verhalten und sagte dann zum Beispiel, dass es viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde, ihm die Sachlage zu erklären.

Tatsächlich bekam Crocodile zunehmend das Gefühl, dass sein Freund etwas vor ihm geheim hielt; vielleicht auch mehrere Dinge. Doch leider hatte er keine Möglichkeit, um herauszufinden, worum es sich handelte. Denn Doflamingo ließ niemals zu, dass er einem seiner Telefongespräche beiwohnte oder dass er einen Bericht jedweder Art in die Hände bekam. Falls man in seiner Lage von "in die Hände bekommen" überhaupt sprechen konnte.

Anstatt ihm persönlich Gesellschaft zu leisten, ließ Doflamingo ihn noch stärker als sonst von Sklaven bewachen. Leider führte dies nicht dazu, dass Crocodile sich weniger einsam fühlte. Ganz im Gegenteil: Je näher ihm die Sklaven seines Freundes waren, desto eher musste er seine Maskerade aufrecht erhalten. Bald bekam er das Gefühl, beinahe vierundzwanzig Stunden am Tag den fröhlichen, nachsichtigen und dankbaren Patienten spielen zu müssen. Eine Belastung, von der er ehrlich gesagt nicht wusste, wie lange er sie noch aushalten konnte, ohne völlig verrückt zu werden.

Gerade, als er darüber nachdachte, schien es Crocodile besonders schwer zu fallen, sich zu verstellen. Er strich sich -ohne sich dessen bewusst zu sein- mit dem rechten Armstumpf über seinen Bauch und sagte dann an die beiden Sklaven, die ihn begleiteten, gewandt, dass er zur Toilette wollte. Tatsächlich musste er nicht wirklich die Toilette benutzen.

Es war bloß so, dass es sich bei der Toilette um den einzigen Ort handelte, an dem er sich allein aufhalten durfte. Zwar wäre es Doflamingo lieber, wenn ihn auch dorthin ein Sklave begleiten würde, doch glücklicherweise hatte sich Crocodile gleich zu Beginn geweigert, dieser Bedingung zuzustimmen. Trotz allem war er nämlich ein furchtbar schamhafter Mensch und hätte es niemals ertragen, wenn ihm irgendjemand (und sei es bloß ein Sklave), bei seinem Geschäft zugesehen hätte.

Seine beiden Wachen begleiteten ihn also zur nächstliegenden Toilette und zogen die Tür hinter ihm zu. (Abgeschlossen wurde allerdings nicht. Darauf hatte Doflamingo bestanden. Er argumentierte damit, dass, falls ein Notfall eintrat, die Sklaven unverzüglich die Türe öffnen können sollten.)

Erschöpft und leise seufzend ließ Crocodile sich auf den heruntergelassenen Toilettendeckel nieder. Er fühlte sich ausgelaugt, müde und nahe der Grenze zum Wahnsinn. Es strengte ihn deutlich mehr an als er zu Anfang vermutet hätte, sich so stark und vor allen Dingen so lange zu verstellen. Insgeheim fragte er sich, wie lange er dieses Spiel wohl noch aushielt. Und was geschehen würde, wenn er seine Maskerade fallen ließ - vor den Sklaven und vor Doflamingo. Was würde dann passieren?

Als Crocodile sich nicht mehr länger auf der Toilette aufhalten konnte, ohne verdächtig zu wirken (den Sklaven war von Doflamingo befohlen worden, nach fünf Minuten an die Tür zu klopfen und nachzufragen, ob alles in Ordnung wäre; wenn sie keine schnelle Antwort erhielten, durften sie hereinkommen), gönnte er sich ein letztes Seufzen, ehe er aufstand.

Das Seufzen verwandelte sich allerdings unversehens in einen unterdrückten Schmerzensschrei. Hastig presste Crocodile beide Armstümpfe gegen seinen Bauch, von dem der plötzliche Schmerz ausging. Es fühlte sich an, als hätte jemand einen heißen Eisenstab mitten durch seinen Nabel gestoßen.

Crocodile glaubte, schier verrückt zu werden vor Schmerzen, als er an der Türe ein Klopfen hörte. "Sir Crocodile?", fragte einer der beiden Sklaven. "Geht es Ihnen gut?"

Ein gezischtes "Ja", war das einzige, was Crocodile durch seine aufeinander gepressten Zähne zustande brachte. Als Beweis betätige er rasch die Toilettenspülung, indem er seinen rechten Armstumpf auf den entsprechenden Knopf am Spülkasten drückte. Er erlaubte sich einen leisen Schmerzensschrei, während die laute Spülung lief, ehe er sich dazu zwang, sich wieder zusammenzureißen.

"Einen Moment noch", sagte er so laut, dass die beiden Sklaven auf der anderen Seite der Türe es auf jeden Fall mitbekommen mussten. Er atmete dreimal tief ein und aus und wischte sich mit seinem zum Glück dunklen Hemdsärmel den kalten Schweiß von der Stirn, ehe er die Türe mittels seines rechten Armstumpfs öffnete und nach draußen trat.

Crocodile sah, dass die beiden Sklaven ihm einen besorgten und misstrauischen Blick zuwarfen, der sich jedoch rasch wieder zu verlieren schien, als er in einer möglichst arroganten Gangart an ihnen vorbeischritt, um seinen Spaziergang im Garten fortzusetzen.
 

Am Abend desselben Tages fand Doflamingo die Zeit, um zusammen mit seinem Gast zu Abend zu essen. Eigentlich verspürte Crocodile keinen sonderlichen Appetit (vor allen Dingen seit dem schmerzhaften Vorfall auf der Toilette nicht mehr), doch weil er sich erstens sehr darüber freute, dass sein Partner ihm Gesellschaft leistete, und zweitens keinen Verdacht erregen wollte, zwang er sich dazu, wenigstens ein wenig Fisch und eine kleine Tasse Zitronentee hinunterzuwürgen.

"Wie war dein Tag?", fragte Doflamingo ihn, während er selbst von einem Stück Brot abbiss.

"Ganz gut", antwortete Crocodile, und weil ihm das so kurz angebunden vorkam, fügte er noch hinzu: "Ich habe einen schönen Spaziergang im Garten gemacht. Das Wetter war heute wirklich herrlich."

Angesichts dieser Aussage verzog Doflamingo ein wenig das Gesicht. "Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen", meinte er schließlich. "Ich hatte viel zu viel zu tun, um das schöne Wetter zu genießen."

Nur zu gern wüsste Crocodile, was genau Doflamingo heute so sehr beschäftigt hatte, dass er erst gegen Abend die Zeit dazu fand, sich mit seinem Freund zu unterhalten. Nachdem Crocodile einen Schluck süßen Tee genommen hatten, beschloss er, den Versuch zu wagen und ein wenig mehr über die Arbeit seines Partners in Erfahrung zu bringen. Natürlich wusste er grob, worin Doflamingos Pflichten und Aufgaben bestanden (schließlich war er selbst ebenfalls einst ein Shichibukai gewesen), doch noch immer ließ ihn die Vermutung nicht los, dass sein Partner ihm irgendetwas verheimlichte.

"Du scheinst ja in letzter Zeit wirklich viel zu tun zu haben", begann Crocodile und bemühte sich um einen möglichst unbefangenen Tonfall. Er wollte nicht, dass Doflamingo das Gefühl bekam, er wollte ihn aushorchen. "Was beschäftigt dich denn so sehr?"

Sofort sah er, dass Doflamingo sich plötzlich sehr unwohl zu fühlen schien. Auch wenn er seine Sonnenbrille trug, wich er dem Blick seines Partners aus, scharrte kurz mit den Füßen und verzog fast unmerklich den Mund. Wahrscheinlich bereute er es bereits, dass er unvorsichtig genug gewesen war, um selbst auf dieses Thema zu sprechen zu kommen.

"Ach, verschiedene Dinge", meinte er schließlich ausweichend.

"Was denn zum Beispiel?"

"Warum interessierst dich das so sehr?", gab Doflamingo anstelle einer echten Antwort zurück und warf seinem Partner einen misstrauischen Blick zu.

Crocodile hatte in den letzten Tagen und Wochen glücklicherweise oft genug geübt, seine wahren Gefühle zu verbergen und sich zu verstellen. Er ließ sich nicht anmerken, dass er sich ertappt fühlte, sondern überlegte sich stattdessen rasch eine plausible Erklärung. Schließlich sagte er: "Naja, mir ist aufgefallen, dass wir beide uns in letzter Zeit nur ziemlich selten sehen können. Du weißt schon, wegen deiner Arbeit. Und ich kann es auch wirklich verstehen, dass du viel zu tun hast...! Ich bin ja selbst auch mal ein Shichibukai gewesen. Und mir ist natürlich klar, dass ich nicht der absolute Mittelpunkt deines Lebens bin.

Aber manchmal, wenn wir uns länger nicht gesehen haben, dann fällt es mir immer schwerer, nachzuvollziehen, wieso du lieber irgendwelche Telefongespräche führst als deine Zeit mit mir zu verbringen. Ich denke einfach, dass es mir leichter fallen würde, mit der derzeitigen Situation umzugehen, wenn ich wüsste, welche Dinge dich so sehr beschäftigen."

„Du verstehst das völlig falsch“, meinte Doflamingo energisch.

Crocodile bekam unweigerlich das Gefühl, dass er mit seiner Aussage einen wunden Punkt bei seinem Partner getroffen hatte, dieser sich jedoch keine Blöße geben wollte. Also verteidigte sich Doflamingo so gut wie möglich: „Es ist überhaupt nicht der Fall, dass ich lieber arbeite als Zeit mir dir zu verbringen. Hatten wir diese Diskussion denn nicht erst vor ein paar Tagen? Natürlich bin ich gerne in deiner Nähe. Nur leider ist das eben nicht immer möglich. Ich habe unglaublich viele Dinge zu tun.“

„Aber bis vor ein paar Wochen hattest du doch nie so viel zu tun“, hielt Crocodile dagegen. Er hoffte darauf, dass es ihm gelingen würde, Doflamingo in die Ecke zu drängen, damit dieser endlich sein Geheimnis preisgab. Inzwischen brannte Crocodile schon darauf, es zu erfahren. „In den ersten Wochen und Monaten nach meinem Erwachen aus dem Koma hattest du fast immer Zeit, um mit mir zu essen oder spazieren zu gehen. Oder wenigstens zu reden.“

„Da habe ich mir besonders viel Zeit für dich genommen, weil du dich damals noch in einem sehr geschwächten Zustand befunden hast“, erklärte Doflamingo sich. „Inzwischen hat sich dein Gesundheitszustand aber deutlich verbessert (wofür ich sehr dankbar bin). Du bist nicht mehr so stark auf mich angewiesen. Dadurch bekomme ich die Gelegenheit, all die Dinge zu erledigen, die ich vernachlässigen musste, während ich mich um dich gekümmert habe. Und um Weiteres, das vor kurzem noch hinzugekommen ist.“

Vor allem der letzte Satz, den der Shichibukai sprach, erregte Crocodiles Aufmerksamkeit. Worum handelte es sich bei diesen Dingen, die so kurzfristig noch hinzugekommen waren? Ihm schossen gleich tausend verschiedene Vermutungen durch den Kopf; die eine unwahrscheinlicher als die andere.

Crocodile beschloss, seinem Partner ein schlechtes Gewissen zu machen, um an die gewünschte Information heranzukommen. Wie er aus eigener Erfahrung wusste, tat Doflamingo nach außen hin stets selbstsicher, doch reagierte gelegentlich fast schon überraschend verletzt und entgegenkommend, wenn man ihm Vorwürfe machte. Zumindest, wenn diese von seinem Partner stammten und nicht aggressiv, sondern eher subtil-unterwürfig formuliert wurden.

„Und um was genau geht es dabei? Du drückst dich immer nur so vage aus. Manchmal habe ich das Gefühl, dass du mir irgendetwas verheimlichst. Früher konnten wir uns doch alles sagen. Warum weichst du mir so sehr aus?“

„Ich... ich weiche dir nicht aus“, erwiderte Doflamingo.

Crocodile genoss es, zu sehen, dass er seinen Partner bis an dessen Limit brachte. Jedenfalls war er sich absolut sicher, dass es abgesehen von ihm selbst nur sehr wenige Personen gab, die den Shichibukai jemals dazu gebracht hatten, zu stocken und mit schwacher Stimme zu sprechen. (Zumindest nur sehr wenige Personen, die noch immer lebten.) Trotz der vielen Übung in den letzten Tagen und Wochen musste Crocodile zugeben, dass es ihm schwer fiel, ernst zu bleiben. Zum ersten Mal seit langem war er derjenige, der bei einem ihrer Gespräche die Oberhand hatte, und nicht Doflamingo. Und diese Macht fühlte sich definitiv alles andere als schlecht an. Er musste sich zusammenreißen, um nicht in lautes Gelächter auszubrechen.
 

„Zum Beispiel telefoniere ich in letzter Zeit besonders häufig mit dem Forscherteam, das ich dazu beauftragt habe, die Prothese für dich zu konzipieren und herzustellen.“

Augenblicklich löste sich das wunderschöne Machtgefühl, das Crocodile eben noch in vollen Zügen genossen hatte, in Luft aus und wich einer Mischung aus Verunsicherung und Angst.

„Du telefonierst besonders oft mit den Leuten, die meine Prothese bauen sollen?“, wiederholte Crocodile und konnte nicht verhindern, dass das überaus mulmige Gefühl, das sich in seinem Magen ausbreitete, auch sehr deutlich in seiner Stimme zu hören war. „Wieso denn das? Ist irgendetwas nicht in Ordnung? Es sind doch keine unvorhergesehenen Probleme aufgetaucht? Oder etwa doch?!“

Wenn er ehrlich war, dann war Crocodile bisher noch niemals der Gedanke gekommen, dass es bei der Herstellung seiner Prothese zu irgendwelchen Schwierigkeiten kommen könnte. Er war stets fest davon ausgegangen, dass Doflamingo ein kompetentes und erfahrenes Team zusammengestellt hatte und dass es sich bloß um eine Frage der Zeit handelte, bis er endlich einen Ersatz für seine rechte Hand bekäme.

Plötzlich kam Crocodile sich furchtbar naiv vor. Und Angst schnürrte ihm die Kehle zu.

Soweit er wusste, war noch niemals auf der Welt eine voll funktionsfähige Prothese für eine Hand gebaut worden. Geschweige denn eine Prothese, durch die man die Kräfte einer Teufelsfrucht leiten konnte. Hatte er sich in den letzten Monaten immer bloß an eine falsche Hoffnung geklammert? Würde er die Prothese, die Doflamingo ihm versprochen hatte, niemals erhalten?

Es war dumm von ihm gewesen, dachte Crocodile, sich in dieser Hinsicht völlig auf Doflamingo zu verlassen. Und auf das Forscherteam, das dieser engagiert hatte. Eine solche Unvorsicht passte doch normalerweise gar nicht zu ihm. Was war nur in ihn gefahren?

„Nein, nein, keine Sorge!“, warf Doflamingo sofort ein. Er schien es überhaupt nicht beabsichtigt zu haben, seinem Partner einen solchen Schrecken einzujagen. „Was deine Prothese angeht, ist soweit alles in Ordnung. Das Forscherteam kommt gut voran. Die Prognosen sind dieselben geblieben: Deine erste Prothese erhältst du schon in wenigen Monaten. Und die zweite, durch die du auch deine Teufelskräfte hindurch anweden kannst, wird länger auf sich warten lassen. Vermutlich mindestens ein weiteres Jahr. Aber das weißt du ja bereits alles.“

Auch wenn die Worte seines Partners Crocodile ein wenig beruhigten, stellte sich bei ihm keine vollständige Erleichterung ein. Plötzlich interessierte es ihn auch gar nicht mehr so sehr, welche anderen Dinge Doflamingo womöglich vor ihm verheimlichte.

Im Augenblick waren all seine Gedanken und Gefühle auf diese eine neue Angst gerichtet, die in ihm zu wachsen begann: Wer konnte ihm garantieren, dass er die versprochene Prothese tatsächlich erhalten würde? Woher konnte er wissen, dass nicht irgendwelche Probleme auftauchten, derer die Forscher nicht Herr werden konnten?

Crocodile schluckte, ohne daran zu denken, diese verräterische Geste vor seinem Freund geheim zu halten. Unruhig ließ er den Blick durch den Raum schweifen. Was würde bloß aus ihm werden, wenn es den Forschern doch nicht gelang, eine Prothese für ihn herzustellen? Wenn sie scheiterten? An irgendeinem Punkt nicht weiterkamen und schließlich resignierten?

Wäre dann alles durchgestandene Leid völlig umsonst gewesen?

Kapitel 15

Normalerweise war Crocodile kein ängstlicher Mensch.

Ganz im Gegenteil: Er war seit jeher eine Person gewesen, die mit beiden Beinen fest auf dem Erdboden stand und sich von nichts und niemanden unterkriegen ließ. Und falls doch etwas Unvorhergesehenes oder Gefährliches geschah, dann reagierte Crocodile nicht mit Angst oder Panik, sondern mit Wut und Verdruss. Angst zu fühlen hatte er sich zu einem unbestimmten Zeitpunkt in seinem Leben einfach abgewöhnt. Als Pirat konnte man es sich nicht leisten, ängstlich zu sein und sich einschüchtern zu lassen. Piraten, die zur ängstlichen Sorte Mensch gehörten, überlebten nicht lange auf der Grandline, falls sie diese überhaupt auch nur erreichten.

Trotzdem konnte Crocodile nicht verhehlen, dass er sich Sorgen machte.

Zu jeder Tages- und Nachtzeit dachte er an seine Prothese und an die Forscher, die diese bauen sollten. Er fragte sich, wie gut sie wohl vorankamen und mit welchen Schwierigkeiten sie bereits hatten fertig werden müssen. Hoffentlich würde sich kein Problem ergeben, vor dem sie resignierten und schlussendlich kapitulierten.

Crocodile wünschte sich, mehr Informationen zu diesem Thema zu erhalten. Plötzlich kam er sich selbst sehr töricht und naiv vor, weil er sich niemals zuvor genauere Fragen zu dem Bau seiner Prothese gestellt hatte; obwohl es sich hierbei doch eigentlich um die allerwichtigste Sache in seiner derzeitigen Lebenslage handelte. Von seiner Prothese hing schließlich seine gesamte Zukunft ab. Die Frage, wann sie endlich fertiggestellt war und wie gut sie funktionierte, beeinflusste seine Existenz maßgeblich.
 

"Ist alles in Ordnung mit dir?"

Es war die skpetisch klingende Stimme seines Freundes, die Crocodile aus seinen Gedanken riss und ihn ganz zerstreut aufblicken ließ.

Es war ein warmer Nachmittag und sie saßen beide auf gemütlichen Stühlen im weitläufigen Garten der Villa; der runde Gartentisch, der zwischen ihnen beiden stand, war im Augenblick noch leer, doch bald schon würden ein paar Sklavinnen auftauchen und das Mittagessen anrichten. Crocodile verspürte zwar absolut keinen Hunger, nicht einmal ein klein wenig Appetit, doch er hatte artig zugestimmt, als Doflamingo gemeint hatte, es wäre ein guter Zeitpunkt für eine warme Mahlzeit.

"Du wirkst ganz nervös und fahrig", fuhr ebenjener fort, ohne den durch die getönten Gläser der Sonnenbrille verhüllten Blick von seinem Partner abzuwenden. "Fühlst du dich unwohl?"

"Mir geht es gut", erwiderte Crocodile sofort, obwohl er sich ertappt fühlte. "Mach dir keine Sorgen um mich. Ich war nur ein wenig gedankenverloren, nichts weiter." Um diese Aussage zu untermauern, fügte er nach kurzem Schweigen noch hinzu: "Hattest du nicht erst vor kurzem einmal gesagt gehabt, ich würde in letzter Zeit sehr häufig mit offenen Augen träumen? Wahrscheinlich hast du Recht mit dieser Vermutung. Genau das habe ich eben nämlich getan."

Auch wenn Crocodile sich darum bemühte, möglichst authentisch zu klingen, schienen seine Worte seinen Partner nicht zu überzeugen. Crocodile konnte den misstrauischen Blick Doflamingos zwar nicht sehen, doch er spürte ihn so deutlich wie unangenehm kribbelnde Sonnenstrahlen auf der Haut.

"Du warst nicht gedankenverloren oder hast im wachen Zustand geträumt", hielt Doflamingo dagegen. "Ganz im Gegenteil: Du wirkst unruhig. Vielleicht beunruhigt. Du zeigst es nicht offen, doch ich merke es deutlich. Was ist denn in letzter Zeit nur los mit dir?"

Crocodile biss sich auf die Unterlippe und anstatt seinem Partner ins Gesicht zu sehen, sah er an diesem vorbei; sein Blick war auf einen Rosenstrauch mit hellrosa Blüten gerichtet, während er sprach: "Mit mir ist gar nichts los."

Wenn Crocodile ehrlich war, dann fühlte er sich in diesem Gespräch sehr unwohl, fast schon in die Ecke gedrängt. Es sah Doflamingo nicht ähnlich, ihn so deutlich mit seinen Argwohn zu konfrontieren. Zumindest in letzter Zeit hatten sie beide kaum gestritten oder unangenehme Gespräche geführt. Dazu hatte es auch keinen Grund gegeben: Schließlich hatte Crocodile stets den nachsichtigen und gehorsamen Patienten gespielt; jeden Ärger, der ihm auf der Zunge lag, hatte er selbstlos hinuntergeschluckt, anstatt ihm freien Lauf zu lassen.

Nun allerdings sah die Situation völlig anders aus: Anscheinend fing Crocodiles Maskerade zu bröckeln an. Sich über einen so langen Zeitraum hinweg rund um die Uhr zu verstellen und immer den verständnisvollen Gast zu mimen, hatte ihm nicht gut getan. Sein Geduldsfaden begann allmählich zu reißen. In letzter Zeit hatte es öfter kleine Ausrutscher seitens Crocodile gegeben: Patzige Bemerkungen oder einen unwilligen Gesichtsausdruck.

Und scheinbar waren diese Anzeichen auch Doflamingo nicht entgangen, der sich nun wieder um ihn zu sorgen begann. Dabei hatte er diese Minenspiel doch nur zu dem Zweck, seinen Partner ein wenig zu entlasten, überhaupt erst begonnen! Die ganze Situation schien Crocodile aus den Händen zu gleiten.

Plötzlich begann Crocodile an seinem Vorhaben zu zweifeln: Ob es eine gute Idee gewesen war, sich zu verstellen? Vielleicht sollte er diese Farce endlich beenden? Um seiner selbst willen und um Doflamingo willen. Es hatte seinem Partner gut getan, sich ein paar Wochen lang nicht um ihn kümmern zu müssen, entschied Crocodile, doch genug war genug.

Nach einigen Überlegungen beschloss er schließlich, seine Maske nicht ganz abzulegen, doch sie zumindest ein wenig zur Seite zu schieben und einen kleinen Teil seines echten Selbst preiszugeben; einen ehrlichen Einblick in seine Gefühlslage.

"Ich weiß, dass irgendetwas los ist", meinte Doflamingo, als Crocodile so lange schwieg. "Irgendetwas nagt an dir und beunruhigt dich. Und ich möchte endlich wissen, worum es sich dabei handelt." Er zögerte für einen kurzen Moment, ehe er fortfuhr: "Eigentlich dachte ich, dass du es mir sofort mitteilen würdest, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Ich habe gewartet, aber du bist nicht zu mir gekommen, um mit mir zu reden. Ich weiß, dass ich in letzter Zeit sehr beschäftigt bin und nur wenig Zeit für dich...."

"Das ist es nicht!", lenkte Crocodile rasch mit energischer Stimme ein, auch wenn dies nicht ganz der Wahrheit entsprach. Tatsächlich fühlte er sich in letzter Zeit vernachlässigt, weil sein Partner ständig Dinge zu tun hatte, die angeblich wichtiger waren als ihm Gesellschaft zu leisten. Trotzdem wollte er nicht, dass dieser sich Vorwürfe machte. "Haben wir nicht schon einmal über dieses Thema gesprochen? Ich habe dir bereits gesagt, dass ich Verständnis für deine Situation habe. Schließlich bin ich selbst einmal Shichibukai gewesen. Ich möchte dir keine Vorwürfe machen. Außerdem geht es sowieso um etwas völlig Anderes."

Angesichts letzterer Aussage wurde Doflamingo hellhörig. "Also ist tatsächlich irgendetwas nicht in Ordnung!", sagte er ernst.

"Schon", gab Crocodile zu und überlegte sich, wie er seine Sorge am besten in Worte fassen könnte. "Aber es hat nichts mit dir zu tun. Nicht direkt jedenfalls. Es geht, naja...", er stockte und war erst nach zwei tiefen Atemzügen dazu in der Lage weiterzusprechen, "es geht um den Bau meiner Prothese."

"Deine Prothese?" Verwundert zog Doflamingo beide Augenbrauen zusammen. Mit dieser Aussage schien er nicht gerechnet zu haben. "Aber wieso denn das?"

"Erinnerst du dich daran, wie du mir letztens mal gesagt hattest, dass du sehr oft mit dem Forscherteam telefonierst, das meine Prothese konzipieren soll?", fuhr Crocodile fort.

"Ich wollte dir keinen Schrecken einjagen!", warf Doflamingo sofort ein und schien bereits zu bereuen, diese Aussage im Beisein seines Partners getätigt zu haben. "Ich habe mich ungünstig ausgedrückt. Es gibt nämlich keinen Grund zur Beunruhigung. Bisher läuft alles nach Plan. In etwa zweieinhalb Monaten wirst du bereits den ersten Prototyp der Prothese erhalten. Also mach dir bitte keine Sorgen, ja?"

"Wie soll ich mir denn keine Sorgen machen?!", entgegnete Crocodile und die Worte klangen deutlich aufgebrachter als beabsichtigt. "Bisher läuft alles nach Plan. Du kannst so etwas leichthin sagen! Ich kenne den Plan noch nicht einmal!

Ich weiß weder, was das für ein Forschungsteam ist, das du zusammengestellt hast, noch wieweit es inzwischen gekommen ist. Ich habe nicht einmal eine Ahnung, wo diese Forschungsarbeit stattfindet: In einem Labor hier auf Dressrosa? Oder vielleicht hunderte Kilometer entfernt? Ich weiß über nichts Bescheid!

Und diese Unwissenheit gibt mir ein furchtbares Gefühl von Hilfslosigkeit und Abhängigkeit. Ständig mache ich mir Gedanken darum, was passieren wird, wenn beim Bau irgendetwas schief läuft. Immerhin ist noch niemals eine Prothese gebaut worden, die eine Hand wirklich hundertprozentig ersetzen kann; geschweige denn eine, durch die Teufelskräfte hindurch geleitet werden können.

Von dieser Prothese hängt meine Zukunft ab! Aber du vetröstest mich immer bloß mit Phrasen wie Alles läuft nach Plan und Alles wird wieder gut. Ich bin kein kleines Kind, dem man irgendwelche Lügen auftischen muss, damit es nicht anfängt zu weinen. Ich will endlich echte Informationen zum aktuellen Forschungsstand erhalten! Kannst du das denn nicht verstehen?!"

Mit diesem unerwarteten Gefühlsausbruch schien Crocodile seinem Partner den Wind aus den Segeln genommen zu haben; der Shichibukai wirkte ganz verdattert und brachte ungefähr eine halbe Minute lang kein Wort über die Lippen. Das Schweigen, das sich zwischen ihnen beiden ausbreitete, wurde schließlich so furchtbar unangenehm, dass Crocodile es beinahe schon bereute, diese Beichte vorgebracht zu haben. In letzter Zeit hatte er stets den nachsichtigen und gehorsamen Gast gespielt, und dass er nun so unerwartet aus seiner einstudierten Rolle schlüpfte, überraschte seinen Freund zweifellos.

"Tut mir leid", warf Crocodile rasch reumütig ein. "Es war nicht meine Absicht, dich anzufahren. Aber diese Frage macht mir wirklich sehr zu schaffen."

"Ist schon gut", erwiderte Doflamingo und seine Stimme klang sanfter, als Crocodile es erwartet hätte. "Und natürlich kann ich gut verstehen, dass du dir Informationen zum Bau deiner Prothese wünscht. Allerdings ist mir nicht ganz klar, wieso du dich so plötzlich für dieses Thema interessierst; in den letzten Wochen und Monaten hast du nur sehr selten den Anschein erweckt, dass du gerne über den Forschungsstand informiert werden möchtest. Ich habe nicht beabsichtigt, dir Neuigkeiten vorzuenthalten: Ich hatte bloß immer das Gefühl, dass du dich nicht sonderlich dafür interessierst."

Diese Äußerung seitens seines Partners nahm nun wiederum Crocodile den Wind aus den Segeln. Verunsichert senkte er den Blick und versuchte die Worte, die Doflamingo eben gesprochen hatte, zu verarbeiten und zu bewerten. Wenn er ehrlich war, dann lag ihnen eine Logik zugrunde, gegen die er nicht ankam. Tatsächlich hatte er seit seinem Erwachen aus dem Koma nur recht selten nach dem Stand der Dinge gefragt, was seine Prothese anging. Nur am Rande bekam Crocodile mit, dass ein paar Sklavinnen aufgetaucht waren und den Tisch mit verschiedenen warmen Speisen deckten.

"Du hast nicht Unrecht", lenkte Crocodile ein, nur um anschließend erneut auf Konfrontationskurs zu gehen: "Aber seit du mir gesagt hast, dass du oft mit den Forschern telefonierst, geht mir diese Sache einfach nicht mehr aus dem Kopf. Tag und Nacht mache ich mir Gedanken darum."

"Aber ich habe dir doch eben schon erklärt, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gibt", entkräftete Doflamingo das Argument seines Partners. "Die Aussage war bloß blöd von mir formuliert worden. Es ist alles in bester Ordnung."

"Das sagst du so leicht!"

"Diese Diskussion dreht sich im Kreis!", entgegnete Doflamingo scharf und lehnte sich anschließend seufzend in seinem Gartenstuhl zurück. Er legte seine rechte Hand an die Stirn und dachte für eine Weile nach, ehe er schließlich sagte: "Dass du meine Worte falsch verstanden hast, tut mir leid. Ich wollte dir keine Sorgen bereiten; das ich das letzte, was ich möchte. Und um diese Diskussion endlich zu beenden, will ich dir ein Angebot machen: Wenn du unbedingt wissen möchtest, wie es mit dem Bau deiner Prothese vorangeht, dann lasse ich für dich einen Bericht anfertigen, in dem alle wichtigen Informationen stehen; natürlich inklusive dem aktuellen Forschungsstand. Kannst du dich damit anfreunden?"

"Ich denke schon", antwortete Crocodile, obwohl er sich mit diesem Angebot eigentlich überhaupt nicht anfreunden konnte. Er wusste nicht wieso, doch aus irgendeinem Grund hatte er keine Lust, diese Diskussion schon zu beenden, auch wenn sie sich im Kreis drehte, wie Doflamingo sagte. Doch anstatt dies zu äußern, biss er die Zähne zusammen und ließ seinen Blick über die vielen Speisen gleiten, welche die Sklavinnen angerichtet hatten. Der Gedanke daran, gleich wieder essen zu müssen, obwohl er nicht das allerwinzigste Hungergefühl verspürte, steigerte seine Wut noch weiter.

In Crocodile kam das unbändige Verlangen auf, sich zu streiten; und am besten zu prügeln. Er besaß zwar keine Hände mehr, mit denen er zuschlagen könnte, doch noch immer hatte er ein gut funktionierendes Gebiss und ein Paar Beine, die inzwischen wieder recht kräftig geworden waren. Er wollte schreien und beißen und treten und all seine angestaute Wut an seinem Freund auslassen. Und gleich danach wollte er heißen und leidenschaftlichen Sex mit diesem haben.

Seltsamerweise war es genau dieser Gedanke, der Crocodile wieder zur Vernunft brachte. Was dachte er hier denn überhaupt? Er wollte sich zuerst mit Doflamingo prügeln, nur um danach Geschlechtsverkehr mit diesem zu haben? Woher kam dieses unsinnige Verlangen? Und wohin nur sollte es führen? Plötzlich fühlte Crocodile sich von seinen eigenen Gedanken eingeschüchtert. Es war sehr untypisch für ihn, die Kontrolle über seinen Verstand zu verlieren. Normalerweise war er nämlich ein sehr rationaler und vernünftiger Mensch. Wurde er nun verrückt? Hatte das anstrengende Minenspiel der letzten Wochen aus ihm eine Art Psychopathen gemacht?

"Du wirkst schon wieder beunruhigt", warf Doflamingo ein und riss seinen Partner damit erneut aus dessen Gedanken. "Was ist denn jetzt schon wieder los? Ich dachte, wir hätten das Problem gelöst." Er klang ungeduldig und ein wenig genervt, was nur sehr selten vorkam. Vermutlich hatte ihm die mühsame Diskussion eben den letzten Nerv geraubt.

"Es ist nichts", erwiderte Crocodile. Er kam sich vor wie in einem Déjà-vu; allerdings mit dem Unterschied, dass sich seine Stimme diesmal kräftig und überzeugend anhörte. Crocodile beschloss, dass es womöglich doch besser war, die Maske noch für eine Weile länger zu tragen.

Dieses bizarre Verlangen, das eben in ihm aufgekommen war, als er sie abgelegt hatte, hatte ihm selbst einen Schrecken eingejagt. Die Lebenslage, in der er sich derzeit befand, schien also nicht nur Doflamingo, sondern auch ihn selbst zu zermürben und Dinge ans Tageslicht zu bringen, die lieber verborgen bleiben sollten.

"Wollen wir jetzt endlich essen?", meinte Crocodile, um sich von seinen eigenen Gedanken abzulenken. "Um ehrlich zu sein, habe ich inzwischen großen Hunger bekommen", log er. "Und dieses gebratene Huhn sieht wirklich köstlich aus."
 

Einige Tage später lag Crocodile spätabends in seinem Krankenbett und starrte aus dem großen Erkerfenster hinaus, ohne wirklich irgendetwas zu sehen. Da er sein Gesicht von der Türe abgewandt hatte, gingen die beiden Sklaven, die dort Wache standen, sicherlich davon aus, dass er tief und fest in schlief; in Wirklichkeit allerdings war er sehr gedankenverloren und träumte mit offenen Augen vor sich hin.

Auf seinem Nachttisch lag ein etwa fünfzehnseitiger Bericht, der detaillierte Informationen zum Bau seiner Prothese enthielt. Doflamingo hatte tatsächlich Wort gehalten und ihn ihm nur wenige Tage nach ihrem virulenten Gespräch im Garten zukommen lassen. Crocodile hatte nicht auch nur ein einziges Mal einen Blick hineingeworfen. Genauso rasch wie das Verlangen, mehr Informationen zu erhalten, aufgetaucht war, hatte es sich auch wieder verflüchtigt.

Plötzlich konnte er gar nicht mehr nachvollziehen, wieso er sich überhaupt so stark für dieses Thema interessiert hatte. Doflamingo war ein intelligenter und überaus mächtiger Mann: Crocodile vertraute darauf, dass dieser ein kompetentes Forschungsteam zusammengestellt hatte, das mit allen Problem zurechtkommen und seine Prothese rechtzeitig fertigstellen würde. Hatte der Shichibukai nicht irgendwann einmal erwähnt gehabt, dass die Forscher sogar besser als gedacht vorankamen? Es gab also absolut keinen Grund, um sich Sorgen zu machen.

Nun, da dieses Thema für Crocodile nicht mehr interessant war, wandte er sich wieder anderen Fragen zu: Mit welchen Dingen beschäftigte Doflamingo sich, wenn er sich nicht in seiner Nähe aufhielt? Mit welchen Menschen telefonierte er? An welcher großen Sache war er gerade dran? Noch immer wurde Crocodile das unangenehme Gefühl, dass sein Partner ihm irgendetwas verheimlichte, nicht los. In den letzten Tagen war er viel zu beschäftigt gewesen mit der Frage, wie der Bau seiner Prothese voranging, als dass er an diese Begebenheiten Gedanken verschwendet hätte; nun allerdings kehrte die Neugierde wieder zurück.

Denn das Verhalten des Shichibukais hatte sich nicht im geringsten verändert: Noch immer wollte er nicht über seine Geschäfte sprechen; wechselte jedes Mal das Thema, wenn Crocodile danach fragte. Tatsächlich benahm Doflamingo sich sehr verdächtig. Nur zu gerne wüsste Crocodile, was sein Freund vor ihm verheimlichte, und wieso.

Während Crocodile über das seltsame Verhalten des Shichibukais sinnierte, drehte er sich im Bett um. Eine überaus schlechte Entscheidung, wie er gleich darauf feststellen musste. Sofort spürte er starke Schmerzen im Bereich des Unterbauchs und des Bauchnabels. Da er mit dem Gesicht nun in Richtung der Tür und somit der beiden Wachen lag, bemühte Crocodile sich darum, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen. Er presste seine Zähne so heftig aufeinander, dass sie zu schmerzen begannen, und vergrub sein Gesicht möglichst unauffällig in dem anschmiegsamen Kopfkissen.

Wenn die Wachen mitbekamen, dass er Schmerzen hatte, dann riefen sich mit Sicherheit gleich den Arzt. Und diesem fürchterlichen Mann wollte Crocodile in nächster Zeit lieber nicht wieder begegnen. Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie ihr letztes Aufeinandertreffen eskaliert war. Die Wiederholung einer solchen Erfahrung konnte er sich getrost sparen, fand Crocodile. Außerdem würde Doflamingo sich unnötig sorgen, wenn wegen ihm mitten in der Nacht der Arzt alarmiert werden würde. Also lieber auf den Arzt verzichten und die Schmerzen wie ein Mann ertragen.
 

Es war Crocodiles Glück, dass Doflamingo am folgenden Tag kaum Zeit für ihn erübrigen konnte: Weder zum Frühstück noch zum Mittag- oder Abendessen erschien sein Partner, ließ sich stattdessen mal wieder wegen wichtiger Telefongespräche entschuldigen und durch Sklaven vertreten. Unter anderen Umständen hätte Crocodile sich über dieses rücksichtslose Verhalten sehr geärgert, doch heute war es ihm ausnahmsweise einmal Recht.

Die Schmerzen in seinem Bauch waren zwar nicht ständig da, doch kehrten in unregelmäßigen Abständen immer wieder zurück und wurden jedes Mal ein wenig heftiger. Zumindest kam es Crocodile so vor. Dazu gesellte sich bald Übelkeit.

Um auf die Sklaven, die sich ersatzweise um ihn kümmerten und ihn pflegten, nicht verdächtig zu erscheinen, nahm Crocodile zu den Mahlzeiten ein wenig zu sich, auch wenn er (wie üblich) überhaupt keinen Appetit hatte. Was sie allerdings nicht wussten, war, dass er sich jedes Mal gleich danach auf der Toilette erbrach. Alles, was er gegessen hatte, landete beinahe völlig unverdaut im Abfluss.
 

Erst gegen Abend, als Crocodile bereits wieder im Bett lag, ließ sein Partner sich blicken. Unangekündigt öffnete dieser die Türe zu seinem Krankenzimmer und sofort bemühte Crocodile sich darum, einen unbefangenen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Er war sich absolut dessen bewusst, dass, wenn er nun verdächtig wirkte, das Minenspiel, das er heute den ganzen Tag über betrieben hatte, völlig umsonst gewesen sein würde.

Doflamingo allerdings schien gar nicht zu bemerken, dass sein Freund sich unwohl fühlte. Ganz im Gegenteil: Er wirkte selbst so euphorisch, dass er für solche Details überhaupt kein Auge hatte. Unweigerlich fragte Crocodile sich, was bloß in den Shichibukai gefahren sein mochte. Zwar war Doflamingo ein Mensch, der häufig grinste und kicherte, doch so unfassbar begeistert wie in diesem Augenblick wirkte selbst er selten.

„Was ist denn los mit dir?“, fragte Crocodile mit hochgezogener Augenbraue, während er sich den rechten Armstumpf möglichst unauffällig gegen den rechten Unterbauch drückte. Noch waren die Schmerzen nicht zurückgekehrt, doch er spürte deutlich, dass sie im Kommen waren. Ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt. „Ist dieses Wochenende Jahrmarkt in Dressrosa oder wieso wirkst du so enthusiastisch?“

„Viel besser“, entgegnete Doflamingo breit grinsend. „Ich habe eine Überraschung für dich! Komm schon, steig aus dem Bett!“

Aus dem Bett steigen? Wenn Crocodile ehrlich war, dann glaubte er nicht, dass er eine solch anstrengende Bewegung schaffen würde, ohne aufzufliegen. Die Schmerzen in seinem Unterbauch wurden mit jeder Sekunde heftiger.

„Eine Überraschung?“, meinte Crocodile darum und versuchte, ihr Gespräch in eine andere Richtung zu lenken: „Du meinst damit nicht zufällig die Tatsache, dass du dich erst gegen zweiundzwanzig Uhr das erste Mal heute bei mir blicken lässt, oder??“

Wenn er einen Streit mit Doflamingo begann, war seine Überlegung gewesen, dann rückte diese Überraschung, die dieser für ihn vorbereitet hatte, sicherlich in den Hintergrund und für ihn selbst bestünde kein Grund mehr, um aus dem Bett zu steigen. Um zu streiten, musste man schließlich nicht aufstehen.

Leider ließ Doflamingo sich überhaupt nicht darauf ein. Er winkte ab und meinte: „Stell dich nicht so an, Crocodile. Es gibt keinen Grund, um sauer auf mich zu sein. Ich habe heute nämlich den ganzen Tag lang an dieser Überraschung für dich gearbeitet. Und ich bin mir sicher, dass, wenn du siehst, was ich für getan habe, du deine Wut ganz schnell wieder vergessen wirst.“

„Worum handelt es sich denn bei dieser Überraschung?“

„Wenn ich es dir vorher verraten würde, dann wäre es doch keine Überraschung mehr.“

„Ich bin müde“, log Crocodile. „Es ist schon spätabends. Ich will jetzt nicht noch einmal aus dem Bett steigen. Kann diese Überraschung denn nicht bis morgen warten?“

„Auf keinen Fall! Los, komm schon!“ Zu Crocodiles Pech erwies sich sein Partner als äußerst widerspenstig. „Ich helfe dir auch, aus dem Bett zu steigen, wenn du dich wirklich so schwach fühlst.“

Und ehe er etwas dagegen tun konnte, griff Doflamingo auch schon nach seinen Unterarmen und lotste ihn in eine aufrechte Position. Crocodile musste sich ernsthaft zusammenreißen, um nicht laut loszuschreien, auch wenn die Bewegung recht sanft und vorsichtig gewesen war.

„Ist ja schon gut!“, meinte er und befreite sich aus dem Griff seines Freundes. Nun hatte er wohl oder übel keine Wahl mehr. Langsam und schwerfällig stieg Crocodile aus seinem Krankenbett und bemühte sich dabei, keinen offensichtlichen Schmerzenslaut von sich zu geben. „Wohin soll es denn gehen?“

„Bevor wir losgehen, solltest du dich anziehen“, wendete Doflamingo ein und ging zum Kleiderschrank hinüber, aus dem er eine dunkle Hose und ein grünes Hemd ans Tageslicht beförderte. Anschließend ging er zurück zu seinem Partner und begann damit, eifrig das Pyjama-Hemd, das dieser trug, aufzuknöpfen.

Crocodile seufzte unwillig. Sich aus seiner Schlafkleidung herauszuschälen und in das Hemd und die Hose, die Doflamingo für ihn bereithielt, zu schlüpfen, würden eine Menge Schmerzen bedeuten. Doch hatte er eine Wahl, wenn er vor seinem Freund nicht auffliegen wollte? Also fügte Crocodile sich schließlich in sein Schicksal und glitt mit vorsichtigen Bewegungen in die Kleidung, die sein Partner ihm hinhielt.

„Bist du jetzt zufrieden?“, fragte Crocodile mürrisch nach, als sie endlich fertig waren. „Ich verstehe überhaupt nicht, warum ich zu dieser Uhrzeit aus meinem Bett soll. Ich bin hundemüde. Was ist denn eigentlich los?“

„Das wirst du gleich schon sehen“, war die einzige und äußerst unbefriedigende Antwort, die er seitens Doflamingo erhielt, ehe dieser nach seinem rechten Armstumpf griff und ihn sanft in Richtung Zimmertüre zog. Sie verließen das Krankenzimmer, liefen den Korridor entlang und die Treppe im Foyer hinunter, ehe sie schließlich bei der geschlossenen Flügeltüre ankamen, die zum Wohnzimmer im Erdgeschoss führte.

Jeder einzelne Schritt, den Crocodile gegangen war, hatte ihm unsägliche Schmerzen bereitet. Sein Unterbauch fühlte sich an, als tobte ein Feuer darin. Nur mit viel Mühe gelang es ihm, laute Schmerzensschreie zu unterdrücken. Seine Laune war auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt. An der Überraschung, die Doflamingo ihm bereiten wollte, hatte er inzwischen nicht mehr das allergeringste Interesse.

Sein Partner wiederum schien Crocodiles schlechte Laune entweder gar nicht erst zu bemerken oder er war zuversichtlich, dass die Überraschung, die dieser für ihn geplant hatte, sie sogleich in Luft auflösen würde. Crocodile bezweifelte dies zwar, doch ließ sich wohl oder übel auf die kommende Situation ein.
 

Er wehrte sich nicht einmal, als Doflamingo ihm von hinten seine Hände über die Augen legte und somit die Sicht nahm, auch wenn ihm persönlich dieses Verhalten unangebracht und ein wenig kindisch vorkam. Schließlich handelte es sich bei ihnen beiden um erwachsene Männer. Trotzdem nahm Crocodile es leise seufzend hin und gönnte seinem Partner den Spaß. Je früher sie mit dieser Überraschung (worin auch immer diese bestehen mochte) fertig waren, desto eher konnte er sich wieder in sein Bett legen und endlich ein wenig erholsamen Schlaf finden.

Crocodile hörte, wie die prächtige Flügeltüre vor ihnen (vermutlich von zwei Sklaven) geöffnet wurde. Doflamingo lotste ihn mit langsam und vorsichtigen Schritten -immerhin wurde Crocodiles Sicht noch immer durch zwei große Hände blockiert- in das Wohnzimmer hinein und blieb schließlich nur wenige Meter vor der Couchgarnitur in der Mitte des Raums stehen. Zwar konnte Crocodile die Couch nicht sehen, doch er wusste, dass sie auf einem flauschigen Teppich stand, den er eindeutig erfühlen konnte, während der Rest des Zimmers mit teurem Parkett ausgelegt war.

Obwohl Crocodile bisher kein starkes Interesse an dieser Überraschung gezeigt hatte, von der sein Partner anscheinend ganz begeistert war, spürte er nun sehr deutlich, dass sein Herz plötzlich heftig zu schlagen anfing und ihm ein Schauer prickelnd über den Rücken lief.

Unweigerlich fragte er sich, was ihn erwarten würde. Wieso war er zu dieser fortgeschrittenen Uhrzeit in das Wohnzimmer der Villa gebracht worden? Wer oder was befand sich auf der Couch, die er zwar nicht sehen konnte, doch von der er wusste, dass sie nicht weit von ihm entfernt stand?

Um sich ein wenig zu beruhigen, nahm Crocodile einen tiefen Atemzug... und hatte plötzlich einen überaus bekannten Geruch in der Nase. Und jäh in diesem Augenblick wurde ihm klar, worin die Überraschung bestand, die Doflamingo ihm bereiten wollte, und auch, wieso dieser in den letzten Tagen und Wochen so viele geheime Telefongespräche geführt hatte.

„Überraschung!“, sagte Doflamingo mit vergnügter Stimme und entfernte seine beiden Hände vom Gesicht seines Freundes. Und obwohl Crocodile wusste, was ihn erwartete, wer ihn erwartete, konnte er es doch einfach nicht fassen.

Kapitel 16

Auf der Couchgarnitur im Wohnzimmer saß ein großer Mann mit kurzem, hellem Haar und dunkler Haut, die sich über seine imposanten Muskeln spannte. Sein Gesicht wirkte auf den ersten Blick recht ausdruckslos, doch Crocodile kannte ihn viel zu gut, als dass er auf diese Farce hereingefallen wäre. Er registrierte genau jede Veränderungen in der Miene seines Gegenübers, mochte sie auch noch so winzig sein, und stellte fest, dass dieser ihn erwartungsvoll musterte.

"Daz", sagte Crocodile mit belegter Stimme und ging einen einzelnen Schritt auf seinen ehemaligen Untergebenen zu.

Just erhob sich ebenjener von seiner Sitzgelegenheit und überwand rasch die kurze Distanz zwischen ihnen beiden. "Boss", erwiderte Daz in einem Tonfall, der auf jeden Anderen einen gleichgültigen Eindruck gemacht hätte, während er in Crocodiles Ohren erleichtert und beschwingt klang.

Daz wollte ihm die rechte Hand anbieten, ehe er seinen Fehler selbst bemerkte. Er nahm sie eilig wieder zurück und wandte verlegen den Blick ab, während Crocodile nicht umhin kam, in leises Gelächter auszubrechen.

"Ist schon gut", meinte er, nachdem er sich wieder gefangen hatte. "Es macht mir nichts aus. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt." Beim Verzicht auf das obligatorische Händeschütteln handelte es sich wahrlich nicht um das Schlimmste an seiner derzeitigen Lebenssituation, fand er. Dass Daz sich dennoch für dieses peinliche Malheur zu schämen schien, rührte Crocodile ein klein wenig.

"Welche alternative Art der Begrüßung würdest du bevorzugen?", fragte ihn sein ehemaliger Untergebener höflich. "Eine Verbeugung?"

"Anbetracht der Tatsache, dass ich dir mein Leben verdanke", erwiderte Crocodile leichthin, "sollte lieber ich mich vor dir verbeugen als du dich vor mir, Daz."

Daz verzog verdrießlich den Mund. Schließlich meinte er: "Das wäre mir unangenehm. Immerhin stehst du in der Rangordnung deutlich höher als ich. Ich möchte dir gegenüber nicht respektlos erscheinen, Boss."

Crocodile war sich nicht sicher, ob er das ehrerbietige Verhalten seines ehemaligen Untergebenen amüsant oder traurig fand. "Es gibt keine Rangordnung mehr, Daz", erklärte er, und auch bei dieser Aussage war er sich selbst nicht sicher, ob er sie positiv oder negativ werten sollte. "Alle Attribute, denen ich meinen hohen Rang zu verdanken hatte, sind längst verloren. Ich bin kein Shichibukai mehr und auch kein Pirat. Meine Gelder hat nach meinem Fall die Weltregierung beschlagnahmt. Und meine Teufelskräfte beschränken sich auf ein Minimum. Es gibt keinen Grund, um sich mir gegenüber so demütig zu verhalten, wie du es vorhast."

"Doch, den gibt es", erwiderte Daz und Crocodile sah, dass er aufmunternd lächelte. "Zumindest solange nicht auch deine Intelligenz und dein Scharfsinn unter dem Verlust deiner Hand gelitten haben."

Angesichts dieses Kompliments konnte Crocodile gar nicht anders als Daz' Lächeln zu erwidern. Aus dieser Perspektive hatte er seine derzeitige Lebenssituation tatsächlich noch nie betrachtet.

"Trotzdem möchte ich nicht, dass du dich vor mir verbeugst", meinte er. "Wie wäre es stattdessen mit einer freundschaftlichen Umarmung?"

Mit diesem Vorschlag schien sein ehemaliger Untergebener einverstanden zu sein. Sie schlossen einander in die Arme und Crocodile merkte, dass Daz sich darum bemühte, ihn auf keinen Fall zu feste zu drücken. Ihm missfiel es, dass dieser ihn anscheinend für so fragil wie eine Porzellanpuppe hielt, doch da er Verständnis für Daz' Rücksichtnahme aufbringen konnte und außerdem nicht gleich schon ihr erstes Wiedersehen durch eine solche Bagatelle belasten wollte, beschloss Crocodile lieber zu schweigen.

"Wie geht es dir?", wurde er gefragt, als sie beide sich wieder voneinander lösten.

"Den Umständen entsprechend ganz gut", antwortete Crocodile. "Angeblich soll sogar die Prothese für meine rechte Hand in weniger als zweieinhalb Monaten fertiggestellt sein."

"Das ist schön zu hören", meinte Daz, der sich trotz seines neutralen Gesichtsausdrucks über diese Neuigkeit zu freuen schien.

"Und wie geht es dir?", gab Crocodile die Frage zurück. "Wie war deine Reise nach Dressrosa? Und wieso bist du überhaupt hergekommen? Ich dachte, du hieltest mich für tot."

"Das tat ich tatsächlich", gab sein ehemaliger Mitstreiter zu. "Jedenfalls bis mich dein", er warf Doflamingo einen abschätzenden Blick zu, "Partner vor wenigen Wochen ausfindig gemacht hat, um mir mitzuteilen, dass du aus deinem Koma erwacht bist. Er bat mich darum, nach Dressrosa zu kommen, um dir während deines Genesungsprozesses Gesellschaft zu leisten. Besucht hätte ich dich allerdings sowieso. Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich darüber bin, dass du am Leben bist und dass es dir gut geht. Es ist sehr schön, dich wiederzusehen."

"Mich freut es auch, dich wiederzusehen", gab Crocodile zu.

Tatsächlich waren seine Worte nicht gelogen. Er sah in der Anwesenheit von Daz eine Lösung, die sowohl ihm als auch Doflamingo zugute kam: Nun würde er sich nicht mehr vernachlässigt und einsam fühlen, wenn sein Partner keine Zeit für ihn erübrigen konnte. Und Doflamingo wiederum würde ganz in Ruhe seinen Pflichten als Shichibukai nachgehen können, ohne dass ihn sein schlechtes Gewissen plagte.

"Es gibt so viele Dinge, die ich dich fragen möchte", meinte Crocodile. "Wo bist du in den letzten Monaten gewesen? Was hat sich getan draußen in der weiten Welt? Und gibt es irgendwelche Neuigkeiten über Eustass Kid oder Mugiwara?"

Bevor Daz auch nur auf eine dieser Fragen antworten konnte, wurden sie beide von Doflamingo unterbrochen. Sein Partner hatte die ganze Zeit über schweigend in der Nähe des Türrahmens gestanden und sich diskret zurückgehalten, doch nun klinkte er sich in ihr Gespräch ein. "Ich kann gut verstehen, dass ihr beide viel zu bereden habt", meinte er. "Aber trotzdem muss ich euch bitten, eure Unterhaltung morgen früh fortzusetzen. Es ist schon sehr spät. Daz, ich hoffe, du fühlst dich nicht vor den Kopf gestoßen, doch Crocodile sollte sich jetzt lieber wieder schlafen legen. Auch wenn die Wunde an seinem Arm gut heilt, ist er noch immer nicht vollkommen gesund. Er braucht viel Ruhe und Schlaf. Es wird noch lange dauern, bis er endlich wieder ganz der Alte ist."

Es ärgerte Crocodile, dass sein Partner ihn vor seinem ehemaligen Untergebenen blamierte und als Schwächling darstellte. Immerhin würde es ihm nicht schaden, mal eine oder zwei Stunden länger wach zu bleiben als üblich. Die kritische Phase seines Heilungsprozesses hatte er schließlich längst überwunden.

Ehe er jedoch die Gelegenheit dazu bekam, Doflamingo zurechtzuweisen, hatte längst Daz wieder das Wort ergriffen. "Natürlich", meinte er mit einsichtig klingender Stimme. "Crocodiles Genesung hat selbstverständlich oberste Priorität."

Er verbeugte sich leicht vor dem Shichibukai, ehe er sich wieder seinem ursprünglichen Gesprächspartner zuwandte: "Gute Nacht, Boss. Vielleicht bekommen wir ja morgen die Gelegenheit, uns ein wenig länger zu unterhalten."

"Das hoffe ich doch", erwiderte er. "Dir auch eine gute Nacht, Daz."

Nachdem sie beide sich voneinander verabschiedet hatten, griff Doflamingo sanft, aber bestimmt nach dem linken Unterarm seines Partners und dirigierte diesen aus dem Wohnzimmer.
 

Crocodile wartete, bis er außer Sicht- und Hörweite seines ehemaligen Untergebenen war, ehe er sich aus dem Griff seines Freundes befreite und diesem einen finsteren Blick zuwarf.

"Sag mal, was sollte denn das eben?", fragte er mit giftiger Stimme. Er schämte sich sehr dafür, dass Doflamingo sich ihm gegenüber wie eine überbesorgte Mutter benommen hatte. Vor allen Dingen vor den Augen von Daz. Dieser musste ihn nun doch für einen vollkommenen Versager halten!

"Was meinst du?", erwiderte Doflamingo und täuschte naive Unwissenheit vor.

"Du weiß ganz genau, was ich meine", schimpfte Crocodile und verschränkte die Oberarme vor der Brust. "Dein Verhalten! Wieso hast du mich vor Daz so niedergemacht?"

"Ich habe dich überhaupt nicht niedergemacht", meinte Doflamingo. Inzwischen hatten sie den Korridor erreicht, auf dem Crocodiles Krankenzimmer lag. "Ich habe lediglich einige Tatsachen geäußert. Nichts von dem, was ich gesagt habe, ist gelogen gewesen."

"Darum geht es doch gar nicht!", hielt er wütend dagegen. "Ich kann dein Verhalten einfach nicht nachvollziehen: Du zerrst mich spätabends aus meinem Bett, um mich damit zu überraschen, dass du Daz nach Dressrosa eingeladen hast... und kaum eine Viertelstunde später willst du uns gleich wieder voneinander trennen!"

Crocodile hielt einen kurzen Moment lang inne. Er zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen und warf seinem Partner einen skeptischen Blick zu. "Doffy", sagte er schließlich. "Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?"

Das Schweigen, das auf diese Frage folgte, war ihm Antwort genug.

"Ich fasse es nicht!", meinte Crocodile, während sie beide sein Krankenzimmer betraten. "Deine Eifersucht ist absolut lächerlich und fehl am Platz, Doflamingo! Ich hoffe, dass du dir dessen bewusst bist. Wir haben doch überhaupt nichts getan."

"Ihr habt euch umarmt", gab Doflamingo spitz zurück.

Crocodile seufzte leise auf. Um ehrlich zu sein, war er es gewohnt, dass sein Partner recht schnell eifersüchtig wurde. So war es eben immer schon gewesen. Doch bloß aufgrund einer kurzen Umarmung gleich ein solches Theater zu veranstalten, war selbst für eine so eigentümliche Person wie Doflamingo sehr untypisch.

"Es war eine rein freundschaftliche Umarmung", meinte Crocodile. Und als er merkte, dass er bloß auf taube Ohren stieß, fügte er in einem ziemlich zynisch klingenden Tonfall hinzu: "Ich hätte ihm auch die Hand geschüttelt, wenn ich es gekonnt hätte!"

Diese Aussage schien seinen Partner endlich dazu zu bewegen, ein klein wenig Einsicht zu zeigen. "Schon gut, schon gut", sagte Doflamingo und wirkte beschwichtigt. "Ich gebe zu, dass ich eben vielleicht ein klein wenig überreagiert habe. Es ist nur so, dass ich es einfach nicht mehr gewöhnt bin, dich zu teilen. Wenn du verstehst, was ich meine."

"Du musst mich doch überhaupt gar nicht teilen", lenkte Crocodile mit besänftigter Stimme ein. "Es stimmt, dass ich sowohl dich als auch Daz sehr gerne mag. Der springende Punkt ist jedoch der, dass die Art meiner Zuneigung sich unterscheidet. Ich liebe dich, Doflamingo, während ich für Daz kameradschaftliche oder höchstens freundschaftliche Gefühle hege. Ich versichere dir, dass kein Anlass zur Eifersucht besteht!"

Zur Bekräftigung seiner Worte legte Crocodile seine Arme um den Hals seines Partners, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund. Als sie sich wieder voneinander lösten, wirkte Doflamingo erfreulicherweise endgültig überzeugt.

"Ist ja schon gut", meinte er und fuhr sich mit einer Hand durch sein kurzes, blondes Haar. "Ich glaube dir. Aber nichtsdestotrotz solltest du dich jetzt schnell bettfertig machen und schlafen legen. Es ist schon spät. Immerhin ist tatsächlich kein einziges Wort, das ich von mir gegeben habe, erlogen gewesen."

Crocodile kam nicht umhin, mit den Augen zu rollen und leise aufzuseufzen. "Von mir aus", meinte er schließlich, um auch selbst guten Willen zu zeigen. "Hilfst du mir aus meiner Kleidung? Und keine Sorge: Wenn du möchtest, dann verspreche ich dir hoch und heilig, dass ich Daz niemals um diesen Gefallen bitten werde."

"Das will ich doch schwer hoffen", erwiderte Doflamingo teils ernst, teils neckisch, während er mit geschickten Händen das Hemd seines Partners aufknöpfte.
 

Am nächsten Morgen erhob Crocodile sich aus seinem Bett, kaum dass er aufgewacht war. Die Begegnung mit seinem ehemaligen Mitstreiter kam ihm inzwischen vor wie ein kühner Traum und er wollte sich unbedingt davon überzeugen, dass sie tatsächlich stattgefunden hatte. Die leichten Bauch- und Unterleibsschmerzen, die ihn bereits so früh morgens plagten, ignorierte Crocodile gekonnt, während er ein paar Sklaven herbeirief, die ihm beim Waschen und Ankleiden helfen sollten. Weil er auf Daz einen guten Eindruck machen wollte, legte er heute besonders viel Wert auf adrette Kleidung.

Crocodile fühlte sich wie in einem Rausch. Die Anwesenheit seines ehemaligen Untergebenen erinnerte ihn an alte Zeiten zurück. Sofort schossen ihm Bilder von ihrem Leben in Alabasta, ihrer gemeinsamen Flucht aus Impel Down und ihrem Dasein in der Neuen Welt durch den Kopf. Die wenigen Monate, die seitdem vergangen waren, kamen Crocodile vor wie eine halbe Ewigkeit.

Er konnte nicht verhehlen, dass ihn die Gesellschaft von Daz freute. Dadurch bekam er auf eine verquere Weise das Gefühl, er könnte die Zeit zurückdrehen. Es war beinahe schon wie früher. Gedanklich machte Crocodile sich eine Notiz, sich unbedingt bei Doflamingo für diese wundervolle Überraschung zu bedanken. Sicherlich war es nicht gerade einfach gewesen, Daz in der Neuen Welt ausfindig zu machen; Crocodile konnte sich gut vorstellen, dass sein Mitstreiter sich nach ihrer Trennung eher bedeckt gehalten hatte. Umso mehr fühlte er sich Doflamingo zur Dankbarkeit verpflichtet.

Die Wut, die er in den letzten Wochen gehegt hatte, hatte sich praktisch in Luft aufgelöst. Woher hätte er auch wissen können, dass sein Partner nicht an irgendwelchen großen und geheimen Projekten arbeitete, sondern sich daran gemacht hatte, ihm eine solche Freude zu bereiten? Sofort bekam Crocodile heftige Gewissensbisse, weil er so schrecklich schlecht von Doflamingo gedacht hatte. Er nahm sich vor, seine Skepsis wieder gut zu machen.

Doch darum würde er sich erst zu einem späteren Zeitpunkt kümmern. Zuerst wollte er mit Daz sprechen. Crocodile lagen hunderte verschiedene Fragen auf der Zunge; die eine dringlicher als die andere.

"Bereitet für Daz und mich ein Frühstück vor", wies Crocodile eines der Sklavenmädchen an. "Am besten draußen auf der Terrasse, wenn das Wetter es zulässt. Und seid ja nicht geizig mit dem Essen! Sollte ich mitbekommen, dass einer von euch meinen Gast unhöflich behandelt, werde ich dies unverzüglich an den jungen Lord weiterleiten; und der wird sich sicher eine schöne Bestrafung für diejenige Person ausdenken! Verstanden?"

Crocodile wollte seinem ehemaligen Untergebenen beweisen, dass, auch wenn er derzeit körperlich eingeschränkt war, sich ansonsten nicht allzu viel verändert hatte. Er bemühte sich darum, den Reichtum und Luxus deutlich zu machen, in dem er noch immer lebte. (An die Tatsache, dass er seine hochwertige Lebensqualität allein seinem überaus reichen Partner zu verdanken hatte, verschwendete er keinen Gedanken.) Die Komplimente, die Daz gestern Abend verstreut hatte, hatten Crocodiles Selbstbewusstsein gestärkt. Er wollte vor diesem nicht als armer, vom Schicksal bestrafter Verlierer dastehen, sondern als ein intelligenter Angehöriger der Oberschicht, der zwar körperlich leicht angeschlagen war, doch mit diesem Umstand gut zurechtkam. Crocodile nahm sich vor, im Verlauf ihres Gesprächs unbedingt noch einmal einfließen zu lassen, dass seine Prothese bereits in nicht einmal zehn Wochen fertiggestellt sein würde. Und dass man sogar an einer Variante arbeitete, durch die er seine Teufelskräfte hindurch leiten konnte.

Crocodile warf einen letzten, prüfenden Blick in den Spiegel. Mit seinem rechten Unterarm strich er sich über sein sorgsam nach hinten gekämmtes Haar. Erst als er der Ansicht war, dass es adrett genug aussah, machte er sich auf den Weg zur Terrasse.
 

Daz saß bereits am reichlich gedeckten Tisch, als Crocodile sich zu ihm gesellte. Eine Sklavin rückte ihm den Stuhl zurecht, auf dem er sich anschließend niederließ. Insgesamt fühlte Crocodile sich gut. Abgesehen von seiner fehlenden Hand (und seinem ebenfalls fehlenden Goldhaken) erweckte die Situation beinahe den Eindruck, als hätte sich niemals irgendetwas zwischen ihnen beiden verändert. Als hätte Crocodile niemals gegen Kid verloren, niemals seine rechte Hand eingebüßt, niemals drei Monate lang im Koma gelegen. Für einige herrlichen Sekunden lag gab er sich der wunderschönen Wunschvorstellung hin, all diese Ereignisse hätten niemals stattgefunden.

"Guten Morgen, Boss", begrüßte ihn sein ehemaliger Untergebener. Diesmal machte er nicht den Fehler, aufzustehen und ihm seine rechte Hand hinzuhalten. Stattdessen blieb er auf seinem Stuhl sitzen und warf ihm ein kaum sichtbares, freundliches Lächeln zu.

"Guten Morgen, Daz", erwiderte Crocodile mit unbekümmerter Stimme. "Hast du gut geschlafen? Ich hoffe doch, man hat dich für die Nacht angemessen untergebracht."

Daz nickte und meinte: "Ich bewohne derzeit ein sehr komfortables Gästezimmer. Gemütliches Bett, Balkon, eigenes Bad... Ich habe keinen Grund, um mich zu beklagen."

"Das ist schön zu hören", sagte Crocodile, der froh darüber war, dass Doflamingo trotz seiner Eifersucht anscheinend genug Etikette gezeigt hatte, um seinen ehemaligen Mitstreiter angemessen wohnen zu lassen. Es hätte ihn auch nicht gewundert, wenn sein Partner diesen in einer absoluten Absteige untergebracht hätte. Auch wenn Doflamingo nur wenige Jahre jünger als er selbst war, benahm er sich manchmal so unreif wie ein wütendes Kind.

"Und wie geht es dir?", fragte ihn Daz. "Ich bin, um ehrlich zu sein, sehr überrascht angesichts deiner, nun ja, Lebenseinstellung. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du einen solch fröhlichen und zuversichtlichen Eindruck machen würdest. Dasselbe gilt für deinen gesundheitlichen Zustand. So, wie ich dich jetzt vor mir sitzen sehe, könnte man leicht vergessen, dass du monatelang auf der Türschwelle zum Tod gestanden hast."

"Ich habe mich tatsächlich sehr schnell wieder erholt", meinte Crocodile, in dessen Ohren die Worte seines ehemaligen Untergebenen wie zuvorkommende Komplimente klangen. "Inzwischen bin ich beinahe genauso belastbar wie früher. Ich denke, wenn erst meine Prothese fertiggestellt ist, wird es nichts mehr geben, was mich von der See fernhält."

"Du hast vor, dein Leben als Pirat fortzuführen?", fragte Daz und Crocodile konnte deutliche Skepsis aus seiner Stimme heraushören. "Du möchtest Dressrosa verlassen, sobald du wieder über eine rechte Hand verfügst?"

"Nun ja", gab Crocodile zurück. Eigentlich hatte er eben bloß ein wenig prahlen wollen. Er hatte sich noch nicht sonderlich viele Gedanken darüber gemacht, was er mit seinem Leben anstellen würde, sobald er wieder vollkommen genesen war. Weil er weder lügen noch seine Aussage zurücknehmen wollte, meinte er schließlich: "Nicht sofort. Bei der Prothese, die ich in etwa zehn Wochen erhalten werde, handelt es sich bloß um einen Prototypen. Ich werde mit ihr wohl meinen Alltag bewerkstelligen können, doch um auf der Grandline zu bestehen, reicht sie noch lange nicht aus. Ich werde warten müssen, bis man es geschafft hat, eine Prothese herzustellen, durch die man meine Teufelskräfte leiten kann. Die Prognose der zuständigen Wissenschaftler liegt bei sechs bis vierundzwanzig Monaten. Mit einer solchen Wartezeit komme ich allerdings zurecht, denke ich. Du kennst mich gut genug, um zu wissen, dass ich mich nicht einfach auf ins Blaue mache. Ich werde diese Zeit nutzen, um Vorbereitungen zu treffen. Erst dann werde ich wieder in See stechen."

Daz zog eine Augenbraue nach oben. "Eine Prothese, durch die man Teufelskräfte hindurch leiten kann?", hakte er nach. "Ist so etwas denn überhaupt möglich?"

"Doflamingo hat einige der besten Wissenschaftler der Welt eingestellt, um an diesem Projekt zu arbeiten", warf Crocodile ein, der sich durch die Skepsis seitens seine ehemaligen Mitstreiters verletzt fühlte. "Er verfügt über ausreichend Geld, um solche aufwändigen Forschungsarbeiten in die Wege leiten zu können. Ich werde über die Fortschritte laufend in Kenntnis gesetzt. Erst vor kurzem habe ich einen detaillierten Bericht zugestellt bekommen, der die aktuelle Lage beschreibt. Wenn du dich für dieses Thema interessierst, darfst du ihn bei Gelegenheit gerne mal durchlesen."

"Sehr gerne", meinte Daz und nahm einen Schluck aus einer Tasse, die vermutlich Tee enthielt. "Es ist wirklich unfassbar, was die Wissenschaft heutzutage leisten kann. Ich hoffe sehr, dass der Bau deiner Prothese gelingen wird. Es wäre großartig, wenn du bald wieder vollkommen gesund werden würdest."

"Ich bin beinahe schon wieder gesund", meinte Crocodile. Er wollte nicht, dass Daz ihn für schwach und schwerkrank hielt. Immerhin ging es ihm inzwischen wieder recht gut. Er war schon lange nicht mehr bettlägrig und auch die Dosis seiner Medikamente und Schmerzmittel wurde zunehmend gesenkt.

"Dein Partner sieht das anders, denke ich", erwiderte Daz.

"Doflamingo übertreibt in seiner Sorge um mich", sagte Crocodile. "Er befürchtet, dass sich mein gesundheitlicher Zustand wieder verschlechtern könnte. Aber bald wird auch er einsehen müssen, dass es mir gut geht."

"Ich kann gut verstehen, dass er sich Sorgen macht", wandte Daz überraschenderweise ein. "Ich selbst habe deine Genesung für absolut unwahrscheinlich, beinahe schon unmöglich gehalten. Schon als ich zu dir kam und Erste Hilfe leistete, nachdem du den Kampf gegen Eustass Kid verloren hattest, habe ich mir gedacht, dass die Chancen schlecht für dich stehen. Ich meine, du warst nicht bloß einfach verwundet.... Deine rechte Hand war weg! Überall war Blut. Ganz zu schweigen von der schweren Vergiftung, die du dir zugezogen hattest.

Du hättest Doflamingos Gesichtsausdruck sehen sollen, als er dich fand. Zuvor habe ich ihn immer bloß grinsend oder lachend erlebt... doch in diesem Moment wirkte er, als wäre irgendetwas in ihm gestorben. Ich war froh, als er half, aber ich habe trotzdem nicht daran geglaubt, dass du überleben würdest.

Den Ärzten gelang es, deinen Zustand zu stabilisieren, und du bist in ein Koma gefallen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich im Prinzip schon jede Hoffnung für dich aufgegeben. Du darfst nicht denken, ich hätte dich für schwach gehalten oder nicht an dich geglaubt, Boss... aber du weißt einfach nicht, wie es war. Du lagst in diesem Bett und eigentlich warst du längst schon tot. Maschinen atmeten für dich, Röhrchen aßen für dich... Hunderte Kabel ragten aus deinem Körper heraus... Als du nach einigen Wochen immer noch nicht aufgewacht warst, habe ich beschlossen, zu gehen.

Um ehrlich zu sein, fällt es mir schwer zu fassen, dass du mir jetzt gegenüber sitzt und ich dir von all diesen Dingen erzählen kann. Diese Situation kommt mir unwirklich vor, als würde ich träumen. Du solltest es Doflamingo nicht übel nehmen, dass er sich um dich sorgt, Boss. Dass du am Leben bist, dass du sprechen und lachen kannst, ist ein Wunder, an das niemand von uns mehr geglaubt hat."

Crocodile schluckte und scharrte mit den Füßen. Er wusste nicht, was er auf diese Aussage erwidern sollte. Es war ihm sehr unangenehm, dass sein ehemaliger Mitstreiter die simple Tatsache, dass er noch nicht tot war, für ein unerklärliches Wunder hielt. Außerdem erinnerten ihn dessen Erzählungen an das Anfangsstadium seines Heilungsprozesses zurück; an diese furchtbare Zeit, in der er weder hatte laufen noch eigenständig essen dürfen. Er wollte nicht daran zurückdenken.

"Wir haben genug über mich geredet", meinte er darum und bemühte sich um eine feste Stimme. "Wie sieht es bei dir aus? Was hast du in den letzten Wochen getan? Wo bist du gewesen?"

"Mal hier, mal dort", antwortete Daz recht ausweichend. "Nachdem die Marine dich für tot hielt, machte man sich auf die Suche nach mir. Vermutlich dachte man, dass ich allein eine leichte Beute darstelle. Ich habe versucht, mich bedeckt zu halten. Aus diesem Grund hat es auch relativ lange gedauert, bis dein Partner mich ausfindig machen konnte."

Irritiert zog Crocodile die Augenbrauen zusammen. "Die Marine hält mich für tot?", hakte er mit skeptischer Stimme nach.

Daz nickte. "Kid ist nicht gerade eine sonderlich zurückhaltende Persönlichkeit", erklärte er. "Er hat überall damit geprahlt, dass er einen ehemaligen Shichibukai getötet hätte. Da du seitdem auch nicht mehr auf der Bildfläche erschienen bist, nahm die Marine seine Worte für bare Münze. Sie erklärten dich offiziell für tot und zahlten Kid dein Kopfgeld aus."

"Aber hat denn Doflamingo niemals verlauten lassen, dass ich noch lebe?"

Crocodile konnte kaum fassen, was sein ehemaliger Untergebener ihm da auftischen wollte. Die Welt hielt ihn für tot? Niemand hatte eine Ahnung, dass er noch lebte? Er wusste selbst nicht wieso, doch aus irgendeinem Grund schlug Crocodile diese Neuigkeit gewaltig auf den Magen. Selbst sein Kopfgeld war bereits an seinen vermeintlichen Mörder ausgezahlt worden.

"Wieso hätte er das tun sollen?", meinte Daz in einem sachlichen Tonfall. "Es stellt doch schließlich einen großen Vorteil für Doflamingo dar, dass du offiziell als tot giltst. Niemand kommt hierher nach Dressrosa, um dich zu suchen, und bedroht sein Königreich. Du bist sicher hier."

Crocodile musste zugeben, dass der Einwand von Daz durchaus berechtigt war. Trotzdem hatte die Tatsache, dass ausgerechnet sein vermeintlicher Tod sein Leben schützen sollte, einen faden Beigeschmack. Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, dass man seine Existenz als ausgelöscht betrachtete. Unweigerlich fragte Crocodile sich, wie die Leute, die ihn kannten, auf diese Nachricht reagiert hatten. Hatte sich Mugiwara über seinen Tod gefreut? Hatte Nico Robin einen Hauch von Wehmut überkommen?

"Hat dir Doflamingo denn niemals davon erzählt?", fragte Daz.

Crocodile zögerte kurz, ehe er den Kopf schüttelte. "Er hält viele wichtigen Informationen von mir fern", gab er schließlich wahrheitsgemäß zu. "Vermutlich denkt er, eine solch schockierende Nachricht könnte sich negativ auf meinen Gesundheitszustand auswirken. Ich erwähnte ja bereits, dass er in seiner Sorge häufig übertreibt."

"Wenn es stimmt, was du sagst, dann bin ich deiner Meinung", sagte sein ehemaliger Untergebener. "Ich kann es noch immer nicht recht fassen, doch ich muss zugeben, dass du auf mich einen sehr gesunden Eindruck machst. Du läufst, sprichst und denkst wie früher. Zumindest an deinem mentalen und psychischen Zustand scheint sich nichts verändert zu haben. Du wirkst auf mich noch genauso vernünftig und scharfsinnig wie früher."

"Wenn nur Doflamingo es genauso sehen würde", erwiderte Crocodile halb ernst, halb spaßig. "Wie gesagt, es ist schwer, ihn von meinen Fortschritten zu überzeugen. Ich nehme ihm meine Sorge um mich nicht übel, doch allmählich muss er begreifen, dass ich nicht mehr so fragil und empfindlich bin wie vor einigen Monaten noch."

Daz nickte bedächtig. Schließlich meinte er: "Vielleicht kann ich dir dabei ja helfen, Boss. Gemeinsam könnten wir versuchen, Doflamingo davon zu überzeugen, dass sich dein gesundheitlicher Zustand verbessert hat."

"Gute Idee!", meinte Crocodile begeistert. "Auf dich wird er eher hören als auf mich."

Womöglich, dachte er insgeheim, bestand der große Nutzen seine ehemaligen Untergebenen nicht bloß darin, dass er ihm Gesellschaft leistete, während Doflamingo sich um seine Pflichten als Shichibukai kümmerte. Er könnte ihm auch dabei helfen, seine Beziehung zu seinem Partner wieder in normale Bahnen zu lenken. Daz würde auf seiner Seite stehen und sich für ihn einsetzen, sobald Doflamingo mal wieder zur Überfürsorge neigte.

"Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen, Boss", hörte er Daz mir ernster Stimme sagen. Crocodile zweifelte nicht an der Treue seines Untergebenen. Nur mit viel Mühe gelang es ihm, ein triumphierendes Grinsen zu unterdrücken.
 

bye

sb

Kapitel 17

Doflamingo verheimlicht viele Neuigkeiten und Informationen vor mir", erklärte Crocodile seinem Untergebenen, während sie einen kleinen Spaziergang im weitläufigen Garten der Villa unternahmen. Die Sonne schien und der Himmel war strahlend blau. Die Temperaturen lagen bei angenehmen dreiundzwanzig Grad Celsius. (Da es sich bei Dressrosa um eine tropische Sommerinsel handelte, wurde es vor allem gegen Nachmittag oft unerträglich heiß.) "Insbesondere bezüglich Kid und Mugiwara. Ich vermute, dass er deutlich mehr weiß, als er mir mitteilt. Immerhin ist er nicht bloß ein Shichibukai, sondern auch der Besitzer des Human-Shops; außerdem ist er in der Unterwelt unter dem Decknamen Joker tätig. Bei so vielen unterschiedlichen Kontakten muss er einfach über andere Informationen verfügen als die Presse."

Daz senkte nachdenklich den Blick. Er zögerte einen kurzen Augenblick lang, ehe er erwiderte: "Anscheinend hält Doflamingo nicht bloß Insider-Informationen vor dir geheim, sondern auch Nachrichten, die aktuell waren, während du im Koma lagst, über die derzeit allerdings nicht mehr oft berichtet wird."

Crocodile warf seinem Untergebenen einen verwunderten Blick zu. "Was willst du damit sagen?", fragte er schließlich. Tatsächlich hatte er keine Vorstellung davon, was dieser mit seinen dubios anmutenden Worten meinen könnte.

"Weißt du zum Beispiel darüber Bescheid, dass dein Partner seinen Human-Shop auf dem Sabaody Archipel verloren hat?", fragte Daz ihn mit ernster Stimme. "Nachdem Mugiwara und seine Crew dort aufgetaucht waren, kam es zu einem Kampf mit Admiral Kizaru. Der Anlass war der Angriff Mugiwaras auf einen Tenryuubito. Anschließend war der Human-Shop nicht mehr zu retten und Donquixote war dazu gezwungen, ihn aufzugeben."

Crocodile schüttelte überrascht den Kopf. Über dieses Faktum hatte ihn niemand in Kenntnis gesetzt. Nicht einmal sein eigener Partner. Unweigerlich fragte Crocodile sich, worin der Grund dafür liegen mochte. Hatte Doflamingo diese Neuigkeit für unwichtig und nicht erwähnenswert gehalten? Oder schämte er sich gar für diese (wenn auch kleine) Niederlage und hatte nicht gewollt, dass sein Partner davon erfuhr?

"Erzähl mir mehr", befahl Crocodile seinem Untergebenen. "Ich weiß bloß über Meldungen Bescheid, die in den letzten Wochen herausgekommen sind. Davon, was während meiner Zeit in Impel Down und meines Komas geschehen ist, habe ich keine Ahnung."

Daz schwieg für eine Weile. Crocodile warf ihm einen gespannten Blick zu. Auch wenn der Gesichtsausdruck seines Untergebenen auf jeden Anderen eher teilnahmslos gewirkt hätte, kannte Crocodile diesen lang genug, um zu erkennen, dass er angestrengt nachdachte. Vermutlich sortierte er gedanklich die vielen verschiedenen Ereignisse, die in den letzten Wochen und Monaten stattgefunden hatte.

Irgendwann meinte Daz mit bedächtiger Stimme: "Die Mugiwara-Bande hat sich aufgelöst. Niemand weiß, wieso. Niemand weiß, wo sich die einzelnen Mitglieder befinden. Niemand weiß, ob es sich um eine temporäre Trennung oder um das endgültigte Ende handelt. Sie sind bereits seit vielen Monaten nicht mehr auf der Bildfläche erschienen. Und es gibt keine Zeichen, die andeuten würden, dass dies bald der Fall sein wird. Die Mugiwara-Bande ist wie vom Erdboden verschluckt."

Ob Crocodile es zugeben wollte oder nicht: Diese Nachricht schockierte ihn zutiefst. Äußerlich gab er sich ruhig und gefasst, weil er sich vor seinem Untergebenen keine Blöße geben wollte, doch innerlich kochten die unterschiedlichsten Gefühle in ihm hoch.

Es war unlogisch, dass das Schicksal von Menschen, mit denen er im Prinzip nichts zu tun hatte, ihn so sehr bewegte. Doch immerhin war Mugiwara ein entscheidender Faktor in seinem Leben gewesen: Er hatte seine Pläne in Alabasta zunichte gemacht. Er war dafür verantwortlich, dass man ihn nach Impel Down verfrachtet hatte. Und er war auch derjenige gewesen, der ihn wieder befreit hatte.

Crocodile konnte nicht so recht fassen, dass dieser Mann, der bereits so viele Dinge vollbracht und solch großen Ruhm geerntet hatte, plötzlich aufgab und verschwand. Zwar war er mit Mugiwara nicht befreundet, doch er glaubte, ihn gut genug zu kennen, um zu wissen, dass dieser seinen Traum Piratenkönig zu werden, nicht einfach aufgeben würde.

"Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass Mugiwara und seine Crew die Flinte ins Korn geworfen haben", kommentierte Crocodile schließlich die Aussage seines Untergebenen. "Erinnerst du dich noch daran, mit welcher Hartnäckigkeit sie in Alabasta unseren Plänen entgegengetreten sind? Ich denke, dass der Tod von Portgas D. Ace einen schweren Schlag für Mugiwara dargestellt hat. Allerdings bin ich überzeugt davon, dass er sich erhohlen und bald wieder zur See fahren wird. Dieser Junge ist zäh. Nichts und niemand wird ihn davon abhalten können, sein Ziel weiterzuverfolgen."

Daz warf ihm einen undefinierbaren Blick zu, während er sagte: "Genau derselben Meinung bin ich auch."

Crocodile nickte. "Wir sollten aufmerksam bleiben", meinte er. "Womöglich tritt Mugiwara schon bald wieder in Erscheinung. Ich möchte die Laufbahn dieses sonderbaren Menschen weiterverfolgen. Aber nun genug von Mugiwara. Wie sieht es mit Eustass Kid auf, Daz? Hast du irgendwelche interessanten Informationen über ihn einholen können?"
 

Crocodile unterhielt sich sehr lange mit Daz. Auch wenn er seinen Partner liebte und diesem überaus dankbar war, tat es gut, zur Abwechslung einmal mit einer anderen Person zu sprechen. Ein anderes Gesicht zu sehen und eine andere Stimme zu hören. Der letzte Mensch (abgesehen von Doflamingo), mit dem Crocodile eine Unterhaltung geführt hatte, war Gladius gewesen. Den Rest der Crew seines Partners kannte er bloß vom Hörensagen; gesehen hatte er ihn noch nie zuvor.

Gegen neunzehn Uhr aß Crocodile gemeinsam mit Doflamingo und Daz zu Abend. Wenn er ehrlich war, dann sah er dieser Zusammenkunft eher mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits, da er nur schwer einschätzen konnte, wie eifersüchtig und besitzergreifend Doflamingo sich verhalten würde; andererseits, weil er gefüttert werden musste. Eigentlich hatte Crocodile sich an diesen Umstand inzwischen recht gut gewöhnt, doch die Anwesenheit seines Untergebenen rief ihm wieder deutlich ins Bewusstsein, dass er noch weit davon entfernt war, ein normales Leben zu führen. Plötzlich begann er sich zutiefst dafür zu schämen, dass er nicht ohne Hilfe essen konnte. Gerade in dieser Situation vermisste er seinen Goldhaken, der ihm zumindest ein klein wenig Selbstständigkeit zurückgeben würde.

Auch Daz, der gemeinsam mit Doflamingo und ihm am Tisch saß, begann sich zu wundern. "Wie kommt es eigentlich, dass du deinen Goldhaken nicht trägst, Boss?", fragte er ihn, während er ein paar Haferflocken in seine Schüssel schüttete. "Sind deine Muskeln noch nicht stark genug, um einen solch schweren Gegenstand permanent anzuheben?"

"Unter Anderem deswegen, ja", warf Doflamingo ein, ehe sein Partner dazu kam, eine Antwort zu geben. "Auch wenn er inzwischen recht gut laufen und sprechen kann, darfst du nicht vergessen, dass Crocodile etwa ein Vierteljahr lang komplett regungslos dalag. Seine Muskeln sind stark verkümmert. Und immerhin besteht sein Haken aus massivem Gold. Es wird noch einige Wochen dauern, bis Crocodile wieder dazu in der Lage ist, seinen Goldhaken mit sich zu führen."

"Ich kann durchaus für mich selbst sprechen!", warf ebenjener mit giftiger Stimme ein. Es ärgerte ihn, dass sein Partner ihm das Wort abschnitt und über ihn sprach, als befände er sich nicht im selben Raum. Schon wieder wurde er vor seinem Untergebenen blamiert, der ihm wiederum einen verwunderten Blick zu. "Und außerdem weißt du ganz genau, dass wir unterschiedlicher Meinung sind, was diese Sache angeht. Ich bin der Ansicht, dass ich durchaus dazu in der Lage bin, mit meinem Goldhaken umzugehen."

"Du bist noch viel zu ungelenk in deinen Bewegungen", wandte Doflamingo mit gewichtig klingender Stimme ein. "Du könntest dich leicht aus Versehen selbst verletzen. Außerdem bist du tatsächlich noch nicht kräftig genug, um deinen Goldhaken lange bei dir zu tragen. Auch wenn du es dir selbst nicht eingestehen willst, bist du körperlich noch immer stark angeschlagen."

"Die Verletzung an meinem Arm heilt gut!"

"Es geht nicht bloß um die Verletzung!", entgegnete Doflamingo mit unerwartet scharfer Stimme. "Falls du es vergessen haben solltest: Du bist auch schwer vergiftet worden. Bis vor kurzem noch lagst du regungslos im Bett und warst nicht einmal dazu in der Lage, selber zu atmen. Deine Genesung ist ein langwieriger Prozess, der sich Schritt für Schritt vollzieht. Es ist utopisch zu glauben, dass du schon wenige Monate nach dem Erwachen aus deinem Koma wieder ganz der Alte wärst!"

Während Crocodile und Doflamingo sich gegenseitig wütende Blicke zuwarfen, sah Daz stumm in seine Schüssel mit Haferflocken. Crocodile kam nicht umhin zu bemerken, dass sein Gast sich sehr unwohl zu fühlen begann. Er konnte es ihm nicht verübeln. Mithilfe einer Menge Selbstbeherrschung zwang Crocodile sich schlussendlich dazu, dreimal tief durchzuatmen und wieder zur Ruhe zu kommen. Er war wollte Daz nicht in eine unangenehme Situation bringen, indem er sich gleich vor dessen Nase mit seinem Partner stritt. Außerdem führten sie dieselbe Diskussion nun schon zum x-ten Mal. Und bisher war es Crocodile nie gelungen, seinen Willen durchzusetzen; Doflamingo blieb absolut unerweichlich.

"Wie auch immer", sagte er darum und gab dieses Mal klein bei. Aus dem Augenwinkel heraus bekam er mit, wie Daz erleichtert aufatmete. Bei seinem Untergebenen handelte es sich nicht um einen Feigling, doch Crocodile konnte gut verstehen, dass dieser nicht erpicht darauf war, hier zwischen die Fronten zu geraten und sich schlimmstenfalls mit einem Shichibukai anzulegen.

"Möchtest du noch ein wenig Fisch?", hörte er Doflamingo fragen.

Crocodile nickte. Er war froh darüber, dass sein Partner nicht darauf bestand, ihre Auseinandersetzeung fortzuführen, sondern sich im Sinne ihres Gastes ebenfalls wieder beruhigte. Crocodile hätte sich nicht gewünscht, dass die Situation vor den Augen von Daz eskalierte. Doflamingo konnte grausam und gefährlich sein, wenn er wollte. Diese Erfahrung hatte Crocodile immerhin am eigenen Leib machen müssen. Die Hämatome an seinen Unterarmen waren inzwischen zwar beinahe komplett verblasst, doch noch zu gut erinnerte er sich an die Situation, in der sie entstanden waren.

Die Anwesenheit von Daz tat Doflamingo und ihm gut, kühlte ihre manchmal zu hitzig und ungestüm werdende Beziehung herunter. Er war ein Durschnittsswert, eine Größe, an der sie sich orientieren konnten. Sofort wurde Crocodile wieder klar, wie krankhaft und ungerecht ihre Beziehung manchmal doch war. Natürlich gab es gute Momente... wenn sie gemeinsam im Garten spazieren gingen oder im Bett Eiscreme aßen... aber mindestens genauso oft hatte ihre Verbindung auch schon gewalttätige und erniedrigende Züge angenommen. Die Hämatome an seinen Unterarmen waren der Beweis. Ein Beweis von vielen.

Crocodile hoffte darauf, dass der Aufenthalt seines Kameraden Doflamingo zur Einsicht bewegen würde. Vielleicht hätte Daz mit seinen normalen, durchschnittlichen und gesunden Ansichten eine positive Wirkung auf seinen Partner. Womöglich würde dieser endlich verstehen, dass er ihre Liebesbeziehung unnötig belastete, indem er ihm ständig seinen Willen aufzwang, wenn auch bloß aus Sorge.

Gedankenverloren öffnete Crocodile den Mund und zerkaute das Stück Fisch, das Doflamingo ihm hinhielt. Inzwischen hatte sich die Stimmung am Tisch wieder beruhigt. Daz aß munter seine Haferflocken, während Crocodile von seinem Partner gefüttert wurde. Crocodile warf froh darüber, dass sein Untergebener mit ihnen zu Abend saß. Er hatte das Gefühl, dass Doflamingo ein bisschen weniger Macht über ihn hatte, wenn eine dritte, neutrale Person mit im Raum war.
 

Um zweiundzwanzig Uhr dreißig lag Crocodile allein in seinem Krankenbett. Wie üblich standen an der Tür zwei Sklaven Wache und hielten ihren Blick auf ihn gerichtet. Durch die nur halb zugezogenen Vorhänge schien ein wenig helles Mondlicht in das Zimmer. Crocodile hatte sein Gesicht der Wand zugewendet. Es war schmerzverzerrt und er wollte verhindern, dass die beiden Wachen auf ihn aufmerksam wurden.

So schlimm wie heute Nacht waren seine Magenschmerzen noch nie zuvor gewesen. Die Gegend um seinen Bauchnabel herum fühlte sich an, als hätte jemand eine heiße Eisenstange mitten hindurch gestoßen. Und bei jeder Bewegung -mochte sie auch noch so minimal sein- verstärkte sich der Schmerz um ein Vielfaches. Crocodile war Schmerzen gewohnt und kam inzwischen auch mit einem hohen Maß an Quälerei verhältnismäßig gut zurecht, doch gerade in diesem Moment musste er sich ernsthaft zusammenreißen, um nicht laut loszuschreien oder sogar in Tränen auszubrechen.

Irgendwann erreichte Crocodile einen Punkt, an dem er mit dem Gedanken spielte, Doflamingo über seine Schmerzen zu informieren. Er dachte sich, dass es besser wäre, sich mit dem fürchterlichen Arzt auseinanderzusetzen als diesen leidenden Zustand weiterhin zu ertragen. Als die Schmerzen in seinen rechten Unterbauch wanderten und die Sicht vor seinen Augen verschwamm, entschied Crocodile sich schlussendlich dazu, endlich jemandem über sein Befinden Bescheid zu geben. Er beschloss, Daz einzuweihen.

Seinen Partner wollte er nicht beunruhigen. Doflamingo neigte so sehr zur Überfürsorge, dass er schlimmstenfalls sogar in Panik ausbrechen würde. Ein Szenario, das Crocodile unter allen Umständen vermeiden wollte. Außerdem wusste er, dass Daz über medizinische Kenntnisse verfügte, die über das Leisten von Erster Hilfe weit hinausgingen. Roronoa Zoro war nicht der erste Gegner gewesen, gegen den sein Untergebener verloren hatte. Es hatte nicht wenige Situationen gegeben, in denen Daz sich selbst und auch Andere medizinisch versorgen musste. Nicht zuletzt hatte Crocodile selbst schon von dem Wissen seines Untergebenen profitiert: Hätte Daz sich nicht um ihn gekümmert, nachdem er als Verlierer aus dem Kampf mit Eustass Kid hervorging, wäre er mit Sicherheit längst tot.

Crocodile schloss für einen Moment die Augen und atmete zweimal tief durch. Anschließend bemühte er sich um eine gelassen klingende Stimme, als er sagte: "Sklaven? Ist mein Gast Daz Bones noch wach? Wenn dies der Fall sein sollte, lasst ihn herbringen."

Die Wachen warfen sich gegenseitig skeptische Blicke zu, ehe einer von ihnen fragte: "Ist irgendetwas nicht in Ordnung, mein Herr? Sollen wir nicht lieber den jungen Lord benachrichtigen?"

"Habt ihr mir denn nicht zugehört, ihr Idioten?", erwiderte Crocodile rasch und versuchte, einen möglichst autoritären Eindruck auf die beiden Sklaven zu machen. "Mir geht es gut. Ich habe bloß Probleme beim Einschlafen und möchte mich darum ein wenig unterhalten. Es gibt keinen Grund, um Doflamingo so spät abends noch zu stören."

Entweder machte Crocodiles einen sehr überzeugenden Eindruck oder die Sklaven hatten keine Lust darauf, sich zu dieser fortgeschrittenen Stunde mit ihrem Herrn auseinanderzusetzen und diesen womöglich zu verärgern; jedenfalls nickten sie und kurz darauf machte sich einer von ihnen auf den Weg, um Daz zu holen. Crocodile konnte nur mit viel Mühe ein erleichtertes Seufzen unterdrücken. Er hoffte darauf, dass sein Untergebener irgendeinen Trick kannte (vielleicht einen besonderen Tee oder eine Schlafposition), der seine Bauchschmerzen lindern würde.

Daz hatte einen besorgten und verwunderten Gesichtsausdruck aufgesetzt, als er Crocodiles Zimmer betrat. Er war noch nie zuvor hier gewesen; argwöhnisch ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen, ehe er an das Bett herantrat, in dem Crocodile lag.

"Guten Abend, Boss", sagte er und verbeugte sich leicht, obwohl Crocodile ihm bereits mehrmals mitgeteilt hatte, dass er darauf keinen Wert legte. Da Daz stand, während er selbst noch immer im Bett lag, war er außnahmsweise einmal kleiner als sein Untergebener. Vielleicht hielt dieser deshalb eine Verbeugung zur Begrüßung für angemessen.

"Guten Abend, Daz", erwiderte Crocodile und brachte trotz seiner Schmerzen ein zaghaftes Lächeln zustande.

Einen Moment später wandte er sich den beiden Wachen zu, die noch immer an der Türe standen und jedes seiner Worte deutlich mithören konnten. "Lasst uns beide für ein paar Minuten allein", befahl er ihnen in einem gebieterischen Tonfall. "Ich möchte mich mit meinem Gast unter vier Augen unterhalten."

Derselbe Sklave, mit dem er bereits zuvor gesprochen hatte, zögerte kurz, ehe er entgegnete: "Es tut mir sehr leid, Sir Crocodile, doch wir dürfen Sie leider nicht aus den Augen lassen. Sollte Ihnen irgendetwas zustoßen, während wir abwesend sind, wird der junge Lord uns zur Rechenschaft ziehen."

Verärgert zog Crocodile die Augenbrauen zusammen. "Ich bin doch nicht allein, du verdammter Dummkopf", wandte er ein. "Daz ist hier bei mir. Glaubst du, er würde tatenlos zusehen, wenn sich irgendetwas an meinem Gesundheitszustand ändert? Und jetzt geht vor die Tür, ihr Kakerlaken, oder es wird nicht der junge Lord sein, um den ihr euch sorgen musst."

Wieder hatte Crocodile Glück. Womöglich erschien den beiden Wachen sein Einwand vernünftig; vielleicht fürchteten sie sich auch einfach bloß davor, dass er seinen kräftigen und unsympathisch wirkenden Untergebenen auf sie hetzen würde. Jedenfalls ließen sie sich erweichen. "Wir sind in zehn Minuten wieder da", sagte derjenige Sklave, der der Wortführer zu sein schien. "Und bleiben die ganze Zeit über auf dem Gang. Bitte beeilen Sie sich mit ihrem Gespräch, Sir Crocodile."

Ebenjener ließ sich zu keiner Erwiderung herab, sondern sah bloß selbstgefällig dabei zu, wie die beiden Wachen sein Krankenzimmer verließen.

Auch Daz sah ihnen hinterher. Als sie endlich allein waren, schüttelte er ungläubig den Kopf und meinte: "Man könnte meinen, sie sind nicht da, um dich zu beschützen, sondern um dich zu bewachen."

"Du hast es erfasst", erwiderte Crocodile mit bitterer Stimme. "Es handelt sich um eine von Doflamingos verrückten Sicherheitsvorkehrungen. Im Prinzip bin ich nie allein; ich werde rund um die Uhr bewacht. Habe ich dir nicht gesagt, dass Doflamingo mit seiner Sorge übertreibt?"

Sein Untergebener nickte. "Ich kann nachvollziehen, dass dein Partner sich um dich sorgt", meinte er, "doch es ist entwürdigend, dich hier einzusperren wie ein wildes Tier. Du hast nichts getan, was eine solche Behandlung rechtfertigen würde."

Es freute Crocodile, dass Daz auf seiner Seite war und Doflamingos Benehmen ebenfalls als völlig überspannt empfand. Da er bei seinem Partner auf Granit biss, was dieses Thema aning, war es nett, zur Abwechslung einmal Bestätigung zu erhalten. Trotzdem wollte er nun endlich auf den eigentlichen Grund für ihr Zusammentreffen zu sprechen kommen. Immerhin blieb ihnen nicht viel Zeit, wenn die Wachen ihr Wort hielten, wovon Crocodile wohl oder übel ausgehen musste.

"Ich habe furchtbare Schmerzen", erklärte er seinem Untergebenen mit hektischer Stimme. "Aber ich möchte nicht, dass die Wachen Doflamingo holen. Er würde bloß wieder völlig übertreiben in seiner Sorge. Kennst du irgendein schnell wirksames Mittel gegen Bauchschmerzen?"

Daz begutachtete ihn kritisch, ehe er in einem unerwartet zögerlichen Tonfall erwiderte: "Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, dir ohne den Rat eines Arztes irgendwelche Schmerzmittel zu verabreichen. Schließlich bin ich nicht darüber informiert, welche anderen Medikamente du einnimmst. Es könnten alle möglichen Arten von Nebenwirkungen auftreten."

Zu behaupten, dass Crocodile von seinem Untergebenen enttauscht war, wäre eine heftige Untertreibung gewesen. Er hatte damit gerechnet, dass Daz sich auf seiner Seite befinden und ihm sofort irgendeinen Tee oder ein anderes Mittel mit schmerzlindernder Wirkung bringen würde. Dass dieser sich nun allerdings genauso zaghaft und besserwisserisch wie sein Partner und sein Arzt anhörte, frustrierte Crocodile und machte ihn wütend.

Trotzdem versuchte er, seinen Untergebenen durch sachliche Argumente zu überzeugen. Immerhin war er sich dessen bewusst, dass es sich bei Daz um einen sehr besonnen und rationalen Mensche handelte. Ihn wütend anzubrüllen, würde vermutlich nicht zu dem Ergebnis führen, dass Crocodile sich wünschte. Also sagte er: "Ich finde, dass du in deiner Sorge übertreibst, Daz. Ein paar Schmerztabletten werden mir sicher nicht schaden. Von mir aus kannst du mir auch ein homöopathisches Mittel besorgen. Kennst du vielleicht einen Tee oder Ähnliches, der gegen Magenschmerzen hilft? Wenn ich Doflamingo störe, wird er schlimmstenfalls seine sowieso schon völlig überzogenen Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärfen."

Tatsächlich schien er seinen Kameraden ein Stück weit erweichen zu können. Daz ließ sich seine Worte einen Moment lang durch den Kopf gehen, ehe er sagte: "Wo genau tut es denn weh? Und um welche Art von Schmerzen handelt es sich? Um das richtige Heilmittel zu finden, muss ich wissen, worin die Ursache für die Schmerzen liegt."

"Meine Bauchschmerzen haben in der Gegend um den Nabel begonnen", erklärte Crocodile rasch, "und sind inzwischen hinunter in den rechten Unterbauch gewandert. Wenn ich ganz still daliege, sind die Schmerzen aushaltbar, doch bei auch nur der kleinsten Bewegung werden sie wieder schlimmer."

Daz zog seine Augenbrauen zusammen. Schließlich meinte er: "Darf ich deinen Bauch befühlen, Boss? Ich habe eine Vermutung, worin die Ursache für deine Schmerzen liegen könnte."

Crocodile nickte und schob mit dem rechten Armstumpf seine Bettdecke zur Seite. Das Schlafanzug-Hemd, das er trug, wurde von Daz in einer unerwartet vorsichtigen Bewegung nach oben geschoben. Sanft fuhr dieser mit beiden Händen über Crocodiles entblößten Oberkörper, drückte an manchen Stellen die blasse Haut, während sein Gesicht einen zugleich sehr besorgt und fachmännischen Ausdruck zierte.

Crocodile hätte es niemals zugegeben, doch auch wenn er noch immer unter schlimmen Schmerzen litt, genoss er die zärtliche Berührung seitens seines Untergebenen. Es war lange her, seitdem irgendjemand so hingebungsvoll seinen Oberkörper berührt hatte. Die Intimitäten, die er mit Doflamingo ausgetauscht hatte, lagen nun schon wieder mehrere Wochen zurück; seitdem waren sie einander sexuell nicht mehr näher gekommen. Unweigerlich wünschte sich Crocodile, es wäre nicht Daz, sondern sein Partner, der sich über ihn beugte und ihn betastete.

Glücklicherweise schien sein Untergebener von seinen unlauteren Gedanken nichts mitzubekommen. Daz ließ ihn los und warf ihm einen unwilligen Blick zu. Er zögerte einen Moment lang, ehe er mit belegter Stimme meinte: "Ich fürchte, ich werde Donquixote einschalten müssen, Boss."

Sofort löste sich das angenehme Gefühl, das sich in Crocodiles Unterleib ausgebreitet und seinen Schmerz ein wenig gelindert hatte, in Luft auf. Entsetzt wandte er sich seinem Untergebenen zu; er konnte gar nicht so recht fassen, was dieser eben zu ihm gesagt hatte. "Spinnst du?", fauchte er diesen zornig an. "Wie kommst du denn auf diese verdammte Idee? Du weißt doch genau, dass Doflamingo völlig verrückt werden wird, wenn wir ihn zu dieser späten Stunde herholen lassen! Hast du nicht eben noch selbst gesagt, dass du die Sicherheitsvorkehrungen, mit denen ich mich hier arrangieren muss, für überzogenen hältst?!"

"Ich gebe zu, dass Donquixote in seiner Sorge übertreibt", lenkte sein Untergebener ein, "doch hierbei handelt es sich um einen Notfall. Niemanden über deine Krankheit zu informieren, wäre grob fahrlässig. Dein Leben ist in Gefahr, Boss!"

"Es sind doch bloß Magenschmerzen!", wandte Crocodile in einem verzweifelten Tonfall ein. "Doflamingo wird mich nicht mehr in Ruhe lassen, wenn du ihm nun Bescheid gibst! Ich dachte, du wärest auf meiner Seite!"

"Das bin ich!", versprach sein Untergebener, doch dessen Worte klangen wie Gift in Crocodiles Ohren.

"Du lügst!", warf er Daz mit lauterer Stimme als beabsichtigt vor. "Du redest denselben Unsinn wie Doflamingo und meine Wachen! Wenn du irgendjemandem über meine Beschwerden informierst, verrätst du mich, Daz!"

"Es sind nicht nur die Schmerzen, nicht wahr?", erwiderte sein Untergebener, der sich um ein ruhiges Gemüt zu bemühen schien. "Leidest du auch an Appetitlosigkeit? Und erbrichst du dich, wenn du doch etwas isst?"

Crocodile wollte Daz gerade irgendeine wütende Beschimpfung an den Kopf werfen, als er sich allmählich wieder beruhigte. Er warf seinem Untergebenen einen skeptischen Blick zu. "Woher weißt du davon?", fragte er diesen mit zusammengezogenen Augenbrauen. Tatsächlich war er immer bloß davon ausgegangen, dass seine Symptome nichts zu bedeuten hätten. Daz jedoch schien sie zu einem konkreten Krankenheitsbild zusammenfügen zu können.

"Ich vermute, dass du an einer Blinddarmentzündung leidest", erklärte ihm sein Untergebener in einem sachlich klingenden Tonfall. "Seit wann treten Magenschmerzen, Appetitlosigkeit und Erbrechen bei dir auf? Wir müssen so schnell wie möglich handeln. Schlimmstenfalls platzt dein Blinddarm und der entzündete Inhalt landet in deiner Bauchhöhle. Das könnte deinen Tod bedeuten."

"Du lügst", meinte Crocodile schwer atmend. "Es sind nur ganz gewöhnliche Bauchschmerzen. Sie haben nichts zu bedeuten. Bring mir einfach einen Tee und leg dich dann wieder ins Bett, Daz. Dieses Gespräch zwischen uns beiden hat niemals stattgefunden. Ich warne dich: Wehe, du benachrichtigst Doflamingo. Das würde ich dir niemals verzeihen!"

"Ich kann damit leben, dass du mich hasst", sagte Daz, "doch ich möchte nicht für deinen Tod verantwortlich sein, Boss. Nicht nach allem, was du bereits durchstehen musstest. Ich werde die Wachen rufen. Es tut mir leid."

"Nein!" Crocodile richtete sich in seinem Bett auf. Mit viel Mühe gelang es ihm, die Schmerzen, die sich wie ein heißes Feuerwerk in seinem Bauch ausbreiteten, zu ignorieren. Er wollte nach Daz' Unterarm greifen und diesen daran hindern, sein Krankenzimmer zu verlassen, doch selbstverständlich gelang ihm dies nicht. Sein rechter Armstumpf streifte den Hemdsärmel seines Untergebenen, doch dieser schien die hauchzarte Berührung nicht einmal mitzubekommen. Stattdessen ging dieser zur Tur hinüber, öffnete diese und rief nach den Wachen, die draußen auf dem Gang patrouillierten.
 

Auch wenn sich aus Crocodiles Sicht heraus alles wie in Zeitlupe abspielte, war er nicht dazu in der Lage, das Geschehen zu verhindern. Daz hatte den falschen Stein bewegt und nun rollte eine schreckliche Lawine unaufhaltsam auf ihn zu. Er brüllte seinen Untergebenen an, er beschimpfte ihn und gab ihm widerliche Namen, er sagte ihm, dass er ihn hasste, doch am Ende konnte er nichts tun. Hilflos musste Crocodile dabei zusehen, wie die beiden Wachen losstürmten, um ihren Herrn über seine potenzielle Blinddarmentzündung zu informieren.

Gemeinsam mit dem Arzt und einigen weiteren Sklaven betrat Doflamingo das Krankenzimmer seines Partners. Er eilte zu dem Bett hinüber, in dem dieser lag, und berührte ihn zärtlich an der Wange. Crocodile schüttelte die Geste wütend ab und trat nach dem Arzt, der ungefragt seinen Oberkörper zu betasten begann.

"Ganz ruhig", sagte Doflamingo in einem beschwichtigenden Tonfall und verhinderte mittels seiner Teufelskräfte, dass Crocodile sich gegen die Untersuchung zur Wehr setzen konnte. "Der Arzt wird dich bloß abtasten. Es gibt keinen Grund, um in Panik zu geraten. Wir müssen wissen, ob sich der Verdacht auf Blinddarmentzündung erhärtet oder nicht."

"Fick dich", war die erste Erwiderung, die Crocodile einfiel.

Er fühlte sich gedemütigt und herabgesetzt. Da Doflamingos Teufelskräfte ihn daran hinderten, seine Gliedmaßen zu bewegen, musste er hilflos dabei zusehen, wie der Arzt mit seinen blassen und kalten Händen über seinen Bauch fuhr, während alle im Raum Anwesenden dabei zusehen konnten. Daz wirkte verlegen, doch wandte seinen Blick nicht ab. Doflamingo bemühte sich auf der einen Seite darum, ihn zu beruhigen, und beobachtete auf der anderen Seite nervös jede Bewegung, die der Arzt vollführte. Die Sklaven, die zugegen waren, hielten den Blick zumeist gesenkt.

"Es handelt sich definitiv um eine Appendizitis", war schließlich die Diagnose des Arztes. "Die Entzündung ist bereits weit fortgeschritten. Wir müssen sofort notoperieren, ansonsten besteht die Gefahr, dass der Darm reißt. Dann könnte es zu einer Peritonitis kommen, die gegebenenfalls tödlich endet."

Doflamingo nickte. Der Arzt hatte nicht mit Crocodile, sondern mit ihm gesprochen. "Tut alles, was nötig ist, um ihn zu retten", erwiderte Doflamingo mit energischer Stimme.

Nun wandte sich der Arzt an die anwesenden Sklaven. "Bereitet den OP vor", befahl er diesen. "Wir operieren in zwanzig Minuten. Und bringt auch ein Narkosemittel her, das für unseren Patienten geeignet ist. Wir werden ihn unter Vollnarkose stellen."

"Ich will nicht operiert werden!", warf Crocodilemit lauter Stimme ein. Er ärgerte ihn, dass niemand sich die Mühe machte, ihm zu erklären, was überhaupt vor sich ging. Die Fachwörter, mit denen der Arzt um sich warf, sagten ihm nichts. Er hatte bloß verstanden, dass man ihn betäuben und operieren wollte.

"Es wird alles wieder gut", versicherte Doflamingo ihm und strich zärtlich über sein Haar. Crocodile wollte die Hand seines Partners abschütteln, doch zu seinen Ungunsten konnte er sich noch immer nicht bewegen. "Dein Blinddarm ist entzündet und deswegen wird der Arzt ihn herausnehmen. Es handelt sich leidglich um einen Routineingriff. Du brauchst nicht nervös zu sein."

"Ich will nicht operiert werden!", wiederholte Crocodile. Seine Augen weiteten sich, als er eine Sklavin sah, die sich ihm mit einer Spritze näherte. "Und ich will auch nicht betäubt werden! Ich will nicht, dass alles wieder dunkel wird! Ich will wach bleiben...!"

Niemand schienen sich um seine Einwände zu kümmern. Sowohl Doflamingo als auch Daz sahen untätig dabei zu, wie die Sklavin ihm die Spritze verabreichte. Noch immer war Crocodile nicht dazu in der Lage, sich zu bewegen. Er wollte um sich treten und dem Mädchen die Spritze aus der Hand schlagen, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als diese überaus erniedrigende Prozedur über sich ergehen zu lassen. Crocodile brüllte und schimpfte solange, bis ihm schwarz vor Augen wurde.
 

bye

sb

Kapitel 18

Als Crocodile erwachte, fühlte er sich unwahrscheinlich gut. Weder sein Bauch noch irgendein anderes Körperteil schmerzte. Er hatte sogar gute Laune.

Crocodile blieb einige Minuten lang mit geschlossenen Augen liegen, lauschte seinem eigenen Herzschlag, den er überdeutlich wahrnahm, und genoss das angenehme Gefühl, völlig entspannt und unbeschwert dazuliegen. Er hätte nichts dagegen, sich noch für Stunden in diesem heimeligen Zustand aufzuhalten.

Gerade wollte er seine Augen öffnen, als er die Stimme seines Partners irritiert fragen hörte: "Wieso lächelt er? Vor der Operation ist er doch noch ganz panisch gewesen."

"Es handelt sich um eine Nebenwirkung des Narkosemittels, das ihm gespritzt wurde", erwiderte der Arzt in einem fachmännisch klingenden Tonfall. "Im Augenblick fühlt er sich sehr wohl und behaglich. Es kann auch passieren, dass er anfängt Unsinn zu reden oder zu brabbeln. Vermutlich wird es noch etwa zehn bis zwanzig Minuten dauern, bis er wieder halbwegs zu sich gefunden hat. Grund zur Beunruhigung besteht jedenfalls nicht. Diese Reaktion ist vollkommen normal."

Crocodile öffnete die Augen; seine Lider fühlten sich schwer an. Er kam sich vor, als er wäre er soeben aus einem tiefen Schlummer erwacht. Linker- und rechterhand von dem Bett, in dem er lag, standen Doflamingo und der Arzt, die ihn beide gespannt musterten. Sofort wurde das angenehme Hochgefühl durch Enttäuschung, Wut und Scham ersetzt. Es entrüstete ihn, dass man sich über ihn beugte und ihn begutachtete, als handelte es sich bei ihm um ein kompliziertes Schriftstück, anstatt um einen lebenden Menschen.

"Hört auf", meinte er darum, doch seine Stimme klang nicht ansatzweise so scharf und zornig wie in seinem Kopf. "Keine Blinddarmentzündung. Ich will nicht, dass es dunkel wird. Und dass es weh tut. Ich brauche nur Tee."

Doflamingo zog eine Augenbraue hoch.

Der Arzt zuckte mit den Schultern. "Wie ich es vorausgesagt habe", meinte er und blickte die Krankenakte seines Patienten durch. "Er redet Unsinn. Seine Worte haben keine Bedeutung."

Auch wenn Doflamingo an der Aussage des Arztes nicht zu zweifeln schien, streichelte er die Stirn seines Partners und erwiderte in einem beruhigend klingenden Tonfall: "Alles ist gut, Crocodile. Niemand wird dir wehtun. Du hast die Operation bereits hinter dich gebracht."

Crocodile bewegte den Kopf, um Doflamingos Hand abzuschütteln, doch dieser schien den Versuch nicht einmal zu bemerken. Stattdessen begann er nun, auch durch sein Haar zu fahren. Es ärgerte Crocodile, dass der Shichibukai sich das Recht herausnahm, ihn ohne Erlaubnis zu begrabschen. Er war unwahrscheinlich wütend auf ihn, weil er einfach zugelassen hatte, dass man ihn narkotisierte und operierte, ohne dies zuvor gründlich mit ihm abzusprechen. Crocodile war der Ansicht, dass die Entscheidung, ob er sich einer Operation unterzog oder nicht, schlussendlich die seine bleiben sollte. Doflamingo hatte mit seinem Verhalten definitiv eine Grenze überschritten.

Trotzdem blieb Crocodile nichts Anderes übrig, als zuzulassen, dass sein Partner ihn streichelte wie ein Haustier. Noch immer fühlte er sich schwummerig und brachte kaum einen vernünftigen Satz über die Lippen. Doch er nahm sich vor, Doflamingo zur Rede zu stellen, sobald die Nachwirkungen der Betäubung ausklangen.
 

Nachdem Crocodile wieder zur Besinnung gekommen war, fütterte man ihn mit leichter und weicher Kost. Da er nun keine Bauchschmerzen mehr verspürte und auch sein Appetit wieder zurückgekehrt war, hätte er gerne ein saftiges Stück Fleisch oder Ähnliches gegessen, doch ihm wurde erklärt, dass der Arzt verordnet hätte, er dürfte in den nächsten Tagen sicherheitshalber bloß weiche Nahrung zu sich nehmen. Crocodile versuchte die Sklavin, die für ihn zuständig war, vom Gegenteil zu überzeugen, doch sie gab kein Stück nach. Wieder einmal wurde über seinen Kopf hinweg entschieden, wurden ihm ohne vorherige Absprache irgendwelche Auflagen aufgedrückt; doch er würde sich wohl oder übel daran halten müssen. Was sollte Crocodile auch sonst tun?

Er gab durchaus zu, dass das Entfernen seines Blinddarms ein sinnvoller Schritt gewesen war. Seine horrenden Schmerzen waren verschwunden, er aß wieder in einem normalen Maß und erbrach sich nach den Mahlzeiten nicht mehr. Dennoch hielt er es für eine bodenlose Unverschämtheit, dass man ihn behandelt hatte wie ein unmündiges Kind, und ihn ohne seine Einwilligung betäubt und operiert hatte. Außerdem ging er davon aus, dass Doflamingo, der seine Fürsorge inzwischen beinahe schon auf einen normalen Umfang hinuntergeschraubt hatte, nun wieder völlig verrückt werden und seine verkorksten Sicherheitsvorkehrungen erneut verschärfen würde. Alles, was Crocodile sich so mühselig erarbeitet hatte, löste sich in Luft auf. Alles drohte wieder wie früher zu werden.

Nach seiner Mahlzeit ließ Crocodile sofort nach seinem Partner schicken. Er war sich dessen bewusst, das ein Streitgespräch vermutlich nicht allzu viel an seiner neuen Lebenssituation ändern würde, doch er wollte zumindest alle Möglichkeiten ausschöpfen, die ihm zur Verfügung standen. Womöglich würde die ernsthafte Kritik seinerseits Doflamingo doch zur Besinnung bringen.

Es dauerte nicht lange, bis der Shichibukai das Krankenzimmers seines Partners betrat. Sein Gesicht zierte einen undefinierbaren Ausdruck und die Arme hielt er vor dem Oberkörper verschränkt. Um ehrlich zu sein, überraschte es Crocodile, dass sein Freund einen solch kühlen Eindruck erweckte. Als er aus seiner Narkose erwacht war, hatte sich dieser ihm gegenüber immerhin überaus fürsorglich und liebevoll verhalten. Unweigerlich fragte Crocodile sich, was der Grund für diesen unerwarteten Stimmungswechsel sein mochte.

Er bemühte sich um einen selbstsicher klingenden Tonfall, als er meinte: "Hast du ein paar Minuten für mich übrig? Ich muss unbedingt mit dir reden."

"Das trifft sich gut", erwiderte Doflamingo und kam in seinem typisch o-beinigen Gang auf ihn zu. "Genau dasselbe habe ich nämlich auch vorgehabt. Es gibt mehrere wichtige Dinge, die ich mit dir abklären muss."

Verwundert zog Crocodile die Augenbrauen zusammen. "Tatsächlich? Und worum handelt es sich dabei?"

Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Partner ein eigenes Anliegen mit in dieses Gespräch hineinbringen würde. In letzter Zeit hatte sich dieser stark zurückgehalten, was Streit und Beanstandung anging. Nicht ohne Grund war Crocodile darauf bedacht gewesen, sich möglichst wohlgefällig zu verhalten und seinem Partner nicht auch nur den geringsten Grund zur Sorge oder zum Ärger zu geben. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wieso dieser wütend auf ihn war und worüber er mit ihm sprechen wollte.

"Ich denke, es macht mehr Sinn, wenn du anfängst", gab Doflamingo zurück. Inzwischen hatte er das Bett erreicht, in dem Crocodile lag. Anstatt sich wie üblich auf die Bettkante zu setzen, schnappte er sich einen nahestehenden Hocker und ließ sich darauf nieder. Crocodile schluckte. Plötzlich bekam er ein sehr ungutes Gefühl, was diese Situation anging.

Doch selbstverständlich war er kein Feigling. Er hatte Doflamingo herholen lassen, um sich zu beschweren und diesem ins Gewissen zu reden. Und genau das würde er auch tun. Crocodile wäre nicht Crocodile gewesen, wenn er sein Vorhaben verschieben würde, bloß weil sein Partner selbst ebenfalls eingeschnappt wirkte.

Also holte er tief Luft, sah Doflamingo geradewegs ins Gesicht und meinte: "Ich kann es einfach nicht fassen, dass du mich gegen meinen Willen hast betäuben und operieren lassen! Was hast du dir nur dabei gedacht? Ich bin doch kein Kind, über dessen Kopf hinweg man solche Entscheidungen treffen kann. Diese Operation hätte vorher mit mir abgesprochen werden müssen! Kannst du dir vorstellen, wie... wie verunsichert ich gewesen bin, als der Arzt plötzlich angeordnet hat, mich unter Vollnarkose zu stellen? Es ging alles so schnell...! Ich verlange (sollte sich eine ähnliche Situation noch einmal ergeben), dass zuvor alles mit mir abgesprochen wird. Und dass die Frage, ob ich operiert werde oder nicht, letzendlich von mir und niemandem sonst beantwortet wird."

Doflamingo unterbrach ihn nicht, während er sprach, doch bei jedem seine Worte sanken seine Mundwinkel ein Stück weiter ab. Als Crocodile fertig mit seiner Ansprache war, machte sein Partner einen ganz und gar missgestimmten Eindruck.

Schließlich erwiderte er: "Es blieb keine Zeit, um irgendwelche Details mit dir abzusprechen. Der Arzt musste dringend notoperieren. Hätten wir noch länger gewartet, wäre dein Blinddarm womöglich geplatzt. Hast du eine Ahnung, welche verheerenden Auswirkungen ein geplatzter Blinddarm haben kann?: Der entzündete Inhalt ergießt sich in deiner offenen Bauchhöhle, was schlimmstenfalls eine lebensgefährliche Bauchfellentzündung zur Folge haben kann. Dieses Risiko wollte ich selbstverständlich nicht eingehen; darum ging alles sehr schnell. Außerdem ist die Operation doch gut verlaufen: du bist wohlauf, hast keine Schmerzen mehr und mir wurde auch berichtet, dass du vernünftig isst. Ich verstehe also nicht, wieso du ein solches Theater veranstaltest."

"Es geht um das Prinzip", gab Crocodile schnippisch zurück. Er konnte durchaus nachvollziehen, dass sein Partner aus Sorge schnell gehandelt hatte; er bestritt nicht einmal, dass es ein sinnvoller Schritt gewesen war, seinen Blinddarm zu entfernen. Trotzdem wollte er, dass Doflamingo seinen Fehler einsah. Sein Körper gehörte ihm, niemandem sonst und darum sollte auch er (nur er!) entscheiden dürfen, ob er operiert wurde oder nicht. "Es ist nicht in Ordnung, dass man mich ohne mein Einverständnis und ohne, dass ich über den Eingriff auch nur informiert werde, operiert. Ich wusste ja nicht einmal genau, was mit meinem Blinddarm nicht gestimmt hat. Ganz zu schweigen von etwaigen Riskiken. Ich bin es inzwischen leider ja schon gewohnt, dass du viele Entscheidungen triffst ohne Rücksicht auf meine Ansicht zu nehmen, doch dieses Mal bist du definitiv zu weit gegangen, Doflamingo!"

"Du tust so, als wäre es meine Schuld", entgegnete ebenjener mit verärgert klingender Stimme. "Hättest du nicht erst so spät Bescheid gegeben, hätte man die Operation planen und in Ruhe mit dir absprechen können. Dass der Arzt notoperieren musste, ist dein eigenes Verschulden! Ich verstehe einfach nicht, wieso ich erst so spät von deiner Blinddarmentzündung erfahren habe. Und dann nicht einmal durch dich persönlich, sondern durch Daz. Womit wir bei meinem Anliegen wären."

Crocodile zögerte einen kurzen Augenblick lang. Dann meinte er: "Ich wusste nicht, dass mein Blinddarm entzündet ist. Ich hatte Bauchschmerzen, doch ich habe sie nicht sonderlich ernst genommen. Deswegen habe ich sie auch vor dir verheimlicht. Ich dachte mir, dass du sicherlich wieder völlig verrückt spielen würdest. Und das wollte ich nicht riskieren."

"Das wolltest du nicht riskieren?", wiederholte Doflamingo; dieses Mal klang seine Stimme nicht mehr bloß verärgert, sondern ernsthaft wütend. So außer sich hatte Crocodile seinen Partner nur sehr selten zuvor erlebt. "Ich glaube, Crocodile, dass du derjenige von uns beiden bist, der verrückt spielt! Du hältst Bauchschmerzen und Erbrechen vor mir geheim, nur weil du keine Lust darauf hast, dass ich mir Sorgen um dich mache? Zu welchem Preis?! Du hättest sterben können, verdammt nochmal! Ist es das wirklich wert?"

"Ich wusste nicht, dass es sich um eine Blinddarmentzündung handelt", beteuerte Crocodile. "Hätte ich darüber Bescheid gewusst, hätte ich dich auf jeden Fall eingeschaltet. Ich wollte bloß verhindern, dass du dir unnötig Sorgen um mich machst. Es lief doch allmählich wieder gut zwischen uns. Ich wollte unser gutes Verhältnis nicht beeinträchtigen."

"Du hast mein Vertrauen missbraucht!", warf Doflamingo ihm in einer vor Zorn ganz hoch klingenden Stimmlage vor. "Ich bin davon ausgegangen, dass du es mir sofort mitteilen würdest, wenn sich dein Gesundheitszustand verschlechtert. Nach allem, was du durchstehen musstest, hätte ich diese Selbstverständlichkeit für das Mindeste gehalten. Aber anscheinend habe ich mich in dir getäuscht, Crocodile. Ich fürchte, ich werde ab heute andere Saiten aufziehen müssen!"

"Was meinst du damit?", hakte Crocodile skeptisch nach. Er wusste nicht, worauf sein Partner hinauswollte.

Doflamingo atmete zweimal tief- ein und aus, ehe er verkündete: "Deinem Vertrauensbruch werden Konsequenzen folgen. Ich kann mich nicht mehr auf dich verlassen. Doch ich möchte auch nicht riskieren, dass es dir gesundheitlich wieder schlechter geht; nicht jetzt, wo deine Prothese schon in wenigen Wochen fertiggestellt sein wird." Er zögerte einen kurzen Moment. Dann fuhr er mit fester Stimme fort: "Ab sofort wirst du dich täglich einer prophylaktischen Untersuchung unterziehen. Nur auf diese Weise kann ich sicher gehen, dass alle Erkrankungen frühzeitig erkannt werden."

"Das ist nicht dein Ernst!", warf Crocodile ein. "Verdammt, Doflamingo! Jetzt ist nicht die Zeit für dumme Scherze!"

Er hoffte darauf, dass der Shichibukai wirklich bloß einen unpassenden Witz gerissen hatte. Doflamingo würde doch nicht tatsächlich von ihm verlangen, dass er sich jeden Tag einer Untersuchung unterzog, oder nicht? Pures Entsetzen breitete sich in Crocodiles ganzem Körper aus, als sein Partner keine einzigen Muskel im Gesicht rührte. Allem Anschein nach meinte dieser seine abstruse Forderung tatsächlich ernst. Crocodile konnte es kaum fassen.

"Das ist doch völlig überzogen!", warf er Doflamingo vor. "Ich werde doch sowieso schon oft untersucht!"

"Offensichtlich nicht oft genug", erwiderte jener mit unerweichlicher Stimme. "Ich möchte unter keinen Umständen riskieren, dass du erneut erkrankst, ohne dass ich rechtzeitig davon erfahre. Es geht hier um deine Gesundheit, Crocodile! Ich möchte dich nicht verlieren. Diese neue Sicherheitsvorkehrung ist nur zu deinem Besten."

Crocodile senkte den Blick. Das Entsetzen, das er gerade fühlte, wich allmählich Wut, Enttäuschung und Unverständnis. Er hielt Doflamingos Reaktion auf seine Blinddarmentzündung für völlig übertrieben. Sich jeden Tag einer Untersuchung zu unterziehen, war definitiv nicht notwendig.

"Außerdem stelle ich noch eine weitere Bedingung."

Crocodile blickte auf und warf seinem Partner einen misstrauischen Blick zu. Er sagte kein Wort, doch wartete gespannt darauf, dass dieser fortfahren würde. Konnte es denn noch schlimmer werden?

"Ich möchte, dass du dich von Daz fernhältst", sagte Doflamingo.

Crocodile zog die Augenbrauen zusammen. "Wieso?", fragte er mit verwunderter Stimme nach. "Daz hat (deiner Ansicht nach) doch nichts falsch gemacht. Hätte er dich nicht über meine Blinddarmentzündung informiert, wäre ich noch immer nicht operiert worden. Schlimmstenfalls hätten die Wachen Alarm geschlagen, wenn es längst schon zu spät gewesen wäre."

"Ich bin froh darüber, dass er zur Aufklärung dieser Angelegenheit beigetragen hat", lenkte Doflamingo ein, "doch trotzdem halte ich es für besser, wenn ihr euch eine Weile lang nicht seht."

"Du hast mir immer noch nicht gesagt, was der Grund für diese Bedingung ist", bohrte Crocodile nach, der überhaupt kein Verständnis für diese neue Regelung aufbringen konnte. In seinen Augen war sie völlig unsinnig. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, welche rationale Begründung dieses Verbot rechtfertigen sollte. Immerhin war es Doflamingo selbst gewesen, der Daz nach Dressrosa gebracht hatte.

Angesprochener antwortete nicht sofort auf Crocodiles Frage. Auch wenn Doflamingos Augen durch die orangefarbenen Gläser seiner Sonnenbrille verdeckt wurden, merkte Crocodile, dass dieser seinem Blick auswich. Erst als er die Arme vor der Brust verschränkte und inbegriff war, seine Frage zu wiederholen, gab Doflamingo eine Antwort in Form einer Gegenfrage: "Wieso hat sich Daz so spät abends in deinem Zimmer aufgehalten?"

Zuerst verstand Crocodile überhaupt nicht, worauf sein Partner hinauswollte. Irritiert überlegte er, wieso der Grund für den Besuch seines Untergebenen von Bedeutung sein könnte. Doflamingo und Daz hatten schließlich kaum etwas miteinander zu tun. Es dauerte etwa eine halbe Minute, bis Crocodile klar wurde, dass es sich bei der neuen Regelung, die sein Freund aufstellen wollte, in Wirklichkeit um eine absolut unverschämte Unterstellung handelte. Crocodile bließ die Backen auf und warf Doflamingo einen tödlichen Blick zu. "Was willst du damit sagen?", fragte er und spürte, dass heiße Wut in ihm zu kochen begann.

"Ich will überhaupt nichts sagen", gab Doflamingo unerwartet kühl zurück. "Ich will nur wissen, wieso du Daz zu einer solch fortgeschrittenen Uhrzeit in dein Zimmer eingeladen hast. Die Wachen haben mir erzählt, dass du sogar darauf bestanden hättest, mit ihm allein gelassen zu werden. Was habt ihr getan? Oder vorgehabt?"

"Ich fasse es nicht", entgegnete Crocodile; seine Worte entsprachen genau seinem Gemütszustand. "Ich fasse es einfach nicht! Doflamingo! Du bist vollkommen wahnsinnig! Deine Eifersucht nimmt wieder einmal groteske Züge an! Entschuldige dich lieber bei mir, bevor ich so wütend werde, dass ich mich nicht mehr dazu in der Lage sehe, dir zu verzeihen!"

"Ich bin nicht wahnsinnig", meinte Doflamingo und stand von seinem Hocker auf. "Tu nicht so, als wäre meine Eifersucht nicht gerechtfertigt: Ständig steckst du mit Daz zusammen! Und außerdem hast du mich schon einmal betrogen. Oder erinnerst du dich etwa nicht mehr an Maja?"

Crocodile spürte, wie sich Röte in seinem Gesicht ausbreitete. Natürlich erinnerte er sich noch sehr gut an Maja, das junge Sklavenmädchen, dem er befohlen hatte, ihn oral zu befriedigen. Er war sich auch dessen bewusst, dass es sich dabei um einen Fehler gehandelt hatte. Trotzdem fand es er es nicht gerechnet, dass Doflamingo nun wieder diese alte Geschichte hervorholte, um seine Eifersucht zu begründen. Immerhin handelte es sich bei diesem auch nicht um einen Unschuldigen.

"Und was ist mit dir?", erwiderte er darum mit zorniger Stimme. "Ich erinnere mich ebenfalls sehr gut an einen gewissen Sklavenjungen, mit dem du Sex gehabt hast. Wie die Hunde habt ihr es getrieben! Also tu nicht so, als hättest du eine weiße Weste. Und außerdem ist meine Beziehung zu Daz eine rein platonische. Zwischen uns beiden ist nichts gelaufen. Niemals."

"Wieso seid ihr dann allein in deinem Zimmer gewesen?" Die Worte seines Partners schienen Doflamingo nicht im Mindesten überzeugen zu können.

"Mir ist klar geworden, dass ich irgendetwas unternehmen muss wegen meiner Bauschmerzen", erklärte Crocodile in einem selbstsicher klingenden Tonfall. "Und deswegen habe ich Daz holen lassen. Ich wusste, dass er über medizinische Kenntnisse verfügt und habe gehofft, er könnte mir schnell ein schmerzlinderndes Mittel besorgen. Ich bin davon ausgegangen, er würde gelassener als du reagieren, doch offensichtlich habe ich mich geirrt. Kaum hat er festgestellt, dass mein Blinddarm entzündet war, hat er Alarm geschlagen."

Es war bereits zu spät, als Crocodile feststellte, dass die Wahrheit in Doflamingos Ohren mindestens genauso verletzend klingen musste wie die Bestätigung dessen Vermutung, Daz und er hätten sich einander sexuell genähert.

"Du hast lieber Daz gerufen als mich?"

Crocodile konnte sehr deutlich die Enttäuschung in der Stimme seines Partners heraushören. Doch auch wenn Doflamingo ihm in gewisser Weise leid tat, erwiderte er unerbittlich: "Wie kannst du mir das verübeln? Jetzt, wo du es weißt, tust du nichts Anderes, als mir neue Verbote aufzuhalsen. Und ich bin davon überzeugt, dass du ähnlich reagiert hättest, wenn ich dich schon früher über meine Bauchschmerzen informiert hätte. Es muss dich nicht wundern, dass ich solche Dinge vor dir geheim halte, wenn ich weiß, dass ich doch nur verlieren kann. Ob nun heute oder morgen: Du reagierst völlig über."

Mit seinen Worten schien er seinen Freund ernsthaft gekränkt zu haben. Crocodile spürte sehr deutlich, dass Doflamingo sich verletzt und entwürdigt fühlte. Vermutlich war er davon ausgegangen, dass er derjenige wäre, dem er es als Erstes erzählen würde, wenn irgendetwas nicht in Ordnung war. Früher hatten sie oft über alle möglichen Dinge gesprochen. Nun allerdings schien Doflamingo klar zu werden, dass sein Partner sich ihm schon seit langem nicht mehr anvertrauen wollte oder konnte.

Doflamingo fuhr sich mit der rechten Hand über den Mund. Auch er schien es für die bessere Entscheidung zu halten, sich seinem Partner nicht anzuvertrauen. Anstatt über seine Enttäuschung zu sprechen, schluckte er seine Gefühle hinunter und meinte in einem bitter klingenden Tonfall: "Wie auch immer. Dies hier ist meine Villa und darum gelten meine Regeln. Du wirst dich jeden Tag einer Untersuchung unterziehen. Und von Daz wirst du dich fernhalten. Keine Diskussion."

"Diese Regeln stellst du doch nur auf, um dich an mir zu rächen!", warf Crocodile dem Shichibukai vor.
 

Doflamingo ließ sich nicht zu einer Erwiderung herab; für ihn schien dieses Gespräch beendet zu sein. Als er inbegriff war, das Zimmer zu verlassen, erhob Crocodile sich kurzerhand von seinem Krankenbett. Am liebsten hätte er seinen Partner am Ärmel festgehalten, doch da er keine Hände mehr besaß, blieb ihm nichts Anderes übrig, als diesem hinterher zu laufen und zu beschimpfen. Es ärgerte ihn, dass Doflamingo ohne Rücksicht auf ihn seinen Willen durchsetzen wollte. Doch den Shichibukai schienen seine Einwände überhaupt nicht zu kümmern. Er lief weiter den Gang entlang und würdigte Crocodile nicht eines einzigen Blickes. Vielleicht lag es daran, dass er ihn mit seinen Worten so unerwartet heftig verletzt hatte.

Schon bald wurde es Crocodile zu bunt: Am oberen Treppenabsatz holte er seinen Partner ein und verschränkte ihm den Weg. Nun blieb Doflamingo nichts Anderes übrig, als sich doch mit ihm zu befassen.

"Lass mich durch", meinte dieser und Crocodile kam nicht umhin zu bemerken, wie furchtbar missgelaunt und ungeduldig sein Partner klang.

"Dieses Gespräch ist noch nicht zu Ende!", erwiderte er mit energischer Stimme. "Du kannst nicht einfach aus einer Laune heraus irgendwelche verrückten Regeln aufstellen! Das ist nicht fair!"

"Und was willst du dagegen tun?" Ein unerwartet fieses Lächeln zierte plötzliche Doflamingos schmale Lippen. "Du wirst dich jeden Tag einer Untersuchung unterziehen, ob du es willst oder nicht. Notfalls werde ich dich eben zwingen; ich habe die Mittel dazu."

"Ich bin nicht dein Spielzeug!", warf Crocodile mit wütender Stimme ein. Die Worte seines Partners verletzten ihn zutiefst. Was erlaubte sich Doflamingo eigentlich?!

"Nein, das bist du nicht", lenkte dieser ein, "doch ich trage die Verantwortung für dich. Du hast dein Recht auf Selbstbestimmung verloren, als du beschlossen hast, mir deine Blinddarmentzündung zu verschweigen. Ich kann dir nicht mehr zutrauen, selbst Sorge für deine Gesundheit zu tragen. Also nehme ab sofort ich die Zügel in die Hand. Und nun geh mir aus dem Weg! Du solltest dich lieber wieder ins Bett legen und ausruhen. So viel Aufregung tut dir nicht gut."

"Ich warne dich, Doflamingo." Crocodile zwang sich zu einer ruhigen Stimme. Er warf Doflamingo einen ernsten Blick zu. "Verstehst du denn nicht, dass deine ständige Bevormundung unsere Beziehung belastet? Früher hättest du es niemals gewagt, mir irgendwelche Bestimmungen aufzudrücken. Wo ist der Mann hin, der alles auf die leichte Schulter nimmt und mich ständig zum Lachen bringt? Ich erkenne dich kaum wieder."

"Dasselbe könnte ich von dir behaupten", meinte Doflamingo. "Früher hast du mir Dinge anvertraut, die du sonst niemandem sagen konntest. Nun lässt du lieber Daz rufen als mich, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist. Wie auch immer. An den neuen Regelungen wird sich nichts ändern. Du unterziehst dich täglich einer Untersuchung und hältst dich von Daz fern. Inzwischen denke ich, dass es ein Fehler gewesen ist, ihn nach Dressrosa zu holen."

"Das kannst du nicht tun!" Es überraschte Crocodile selbst, wie schrecklich verzweifelt seine Stimme klang.

"Doch, das kann ich. Und ich werde es auch.", erwiderte Doflamingo unerbittlich. "Jetzt mach mir endlich Platz. Ich habe einige wichtige Dinge zu erledigen."

"Du bist ein verdammtes Arschloch!", brüllte Crocodile und warf seinem Partner den giftigten Blick zu, den er im Repertoire hatte. "Ich lasse mich von dir nicht herumkommandieren wie..."

Er brachte seinen Satz nicht zu Ende. Doflamingo hatte mit seiner rechten Hand ausgeholt und ihm mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen. Der Hieb war so heftig gewesen, dass Crocodile nach hinten auf den Boden fiel. Überrascht und furchtbar gekränkt rieb er sich mit dem rechten Armstumpf über seine schmerzende Wange.

Er konnte es nicht fassen, dass Doflamingo es tatsächlich wagte, ihm gegenüber handgreiflich zu werden. Eine solch eindeutige Demonstration von Gewalt hatte es in ihrer Beziehung zuvor noch nie gegeben. Würde Crocodile über Hände (oder zumindest seinen Goldhaken verfügen), hätte er sich längst wieder aufgerappelt und zum Gegenschlag ausgeholt. In seiner derzeitigen Situation blieb ihm jedoch nichts Anderes übrig, als sich mühevoll vom Boden zu erheben und seinem Partner einen hasserfüllten und vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen. Ohne Handflächen, auf denen man sich abstützten konnte, gestaltete sich der Vorgang des Aufstehens ungemein schwierig.
 

"Boss!"

Verwundert blickte Crocodile sich um. Er machte Daz aus, der eilig die Treppe hinaufstürmte. Sein Untergebener kniete sich neben ihn hin und umfasste seinen linken Unterarm, um ihm aufzuhelfen. Crocodile jedoch schüttelte dessen Hand wütend ab. Da er die Ansicht vertrat, dass dieser grundsätzlich für seinen Streit mit Doflamingo verantwortlich war, wollte er die Hilfe seines Untergebenen nicht annehmen.

Daz akzeptierte wohl, dass er wütend auf ihn war, doch diese Erkenntnis schien ihn nicht daran zu hindern, sich Sorgen um ihn zu machen. "Geht es dir gut?", hörte er ihn beunruhigt klingender Stimme fragen. "Die Ohrfeige sah ziemlich übel aus."

"Ich bin nicht aus Glas", erwidere Crocodile rasch, doch er sagte es nur, weil er sich vor seinem Untergebenen keine Blöße geben wollte. Um ehrlich zu sein, nahm ihn diese Ohrfeige doch mehr mit, als er jemals zugeben würde. Doflamingo hatte ihm noch niemals absichtlich wehgetan.

Nachdem Daz sicherging, dass es ihm zumindest körperlich soweit ganz gut ging, wandte er sich an Doflamingo, der noch immer nur wenige Schritte von ihnen entfernt dastand. Er schwieg und sein Gesichtsausdruck war undefinierbar. Crocodile konnte nicht einschätzen, ob sein Partner seine Tat bereute oder nicht.

"Wieso hast du das getan?", fragte Daz ihn, und auch wenn seine Stimme nicht laut war, schwang doch eindeutig ein vorwurfsvoll klingender Unterton mit. "Ich dachte, du hättest Gefühle für Crocodile. Wie kannst du es da wagen, dich ihm gegenüber so furchtbar respektlos zu verhalten? Hat er nicht schon mehr als genug Schmerzen erlitten in den letzten Wochen und Monaten? Musst nun auch du ihm wehtun, Donquixote?!"

"Er mich provoziert", entgegnete Doflamingo. Er klang reumütig, doch nicht einsichtig.

"Das ist keine Entschuldigung", meinte Daz mit unnachgiebiger Stimme. "Crocodile ist nicht bei Sinnen: Der Verlust seiner rechten Hand nimmt ihn seelisch stark mit. Und außerdem ist er erst vor kurzem aus einer Vollnarkose erwacht. Du hättest Reife beweisen und nicht auf seine Provokation eingehen sollen. Wenn du dich für vernünftiger hältst als er, dann solltest du dich auch dementsprechend verhalten."

"Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen", sagte Doflamingo. Er griff nach Crocodiles rechtem Unterarm und zog diesen mit einem sanften Ruck in seine Richtung. "Du hast kein Recht, dich in unsere Beziehung einzumischen!"

"Ich bin kein Mensch, der seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten steckt", erwiderte Daz und griff wiederum nach Crocodiles linkem Arm. "Doch wenn ich mitbekomme, dass du Crocodile Gewalt antust, bleibt mir nichts Anderes übrig, als einzuschreiten. Hast du etwa vergessen, wie er bewusstlos, blutend und mit amputierter Hand auf der Straße lag? Er hat es nicht verdient, noch mehr leiden zu müssen."

"Ich könnte dich hier und jetzt töten", meinte Doflamingo mit einer Stimme, die so scharf klang wie ein frisch gewetztes Schwert. Er zog Crocodile näher zu sich. "Meine Fähigkeiten übersteigen deine bei weitem. Also überlege dir lieber gut, was du tust."

"Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um meinen Boss zu beschützen", sagte Daz mit ernster Stimme und strengte sich an, um ebenjenen wiederum in seine Richtung zu ziehen.

Letzendlich war es Crocodile, der diesen zu eskalieren drohenden Konflikt beendete. "Hört auf!", brüllte er mit zorniger Stimme und versuchte sich zu befreien. "Alle beide! Merkt ihr denn nicht, was ihr da macht? Ihr reißt mich noch entzwei!"

Doflamingo und Daz ließen ihn gleichzeitig los. Crocodile brachte sofort einige Meter Sicherheitsabstand zwischen sich und die beiden anderen Männern. "Was fällt euch nur ein?", meinte er, während er ihnen abwechselnde entrüstete Blicke zuwarf. "Ihr benehmt euch wie zwei Kleinkinder, die sich um ein Spielzeug streiten! Und ihr wollt mir weißmachen, ich wäre hier derjenige, der nicht mehr ganz bei Sinnen ist?!"

"Tut mir leid, Boss", sagte Daz sofort; er wirkte ehrlich schuldbewusst. "Es ist nicht meine Absicht gewesen, dich in eine unangenehme Lage zu bringen. Ich wollte dich bloß beschützen."

"Genau dasselbe will ich auch", fügte Doflamingo hinzu, der im Gegensatz zu Daz nicht sonderlich einsichtig oder versöhnlich klang. "Doch manchmal stellst du für dich selbst die größte Gefahr dar. Darum muss ich dich manchmal auch vor dir selbst beschützen, Crocodile."

"Indem du mir ins Gesicht schlägst?", erwiderte er in einem zynisch klingenden Tonfall und beobachtete mit Genugtuung, wie sein Partner das Gesicht verzog. "Ihr seid doch alle beide verrückt! Vielleicht wäre es das Beste, wenn ich mich für eine Weile von euch fernhalte! Ich denke, ihr braucht ein wenig Zeit, um wieder zu euch zu finden."
 

bye

sb

Kapitel 19

Es überraschte Crocodile selbst, doch tatsächlich ließen sowohl Doflamingo als auch Daz ihn in Ruhe. Er nutzte die Gelegenheit, um seine Gedanken und Gefühle zu ordnen.

Während er sich auf der Kante seines Krankenbettes niederließ, fuhr er bedächtig mit dem rechten Armstumpf über seine Wange. Doflamingo hatte ihn ins Gesicht geschlagen. Und es tat ihm nicht einmal leid. Obwohl Crocodile den metallischen Geschmack von Blut in seinem Mund schmecken konnte, war er kaum dazu in der Lage zu begreifen, was eben geschehen war.

Er war sich sicher, dass sein Partner erneut die Hand gegen ihn erheben würde. Doflamingo hatte sich verändert: Von dem unbefangenen, stets amüsierten Shichibukai, den er einst kennengelernt hatte, war nichts mehr übrig geblieben. An seine Stelle war ein paranoider, selbtgefälliger Mann getreten, den er nicht ausstehen konnte.

Bitterere Enttäuschung übermannte Crocodile, als ihm mit einem Mal klar wurde, dass er Doflamingo nicht mehr liebte. Dass er der Person, die sein Partner nun war, nichts als Hass und Verachtung entgegenbringen konnte.

Wenn Crocodile noch seine rechte Hand gehabt hätte und in Besitz seiner Teufelskräfte gewesen wäre, dann hätte er mit Doflamingo ganz einfach Schluss gemacht. Ihm erklärt, dass ihre Beziehung nicht länger existierte. Dass es in Zukunft keine Telefongespräche und erst recht keine gemeinsamen Treffen mehr geben würde.

Doch in dieser priviligierten Situation befand Crocodile sich leider nicht. Er konnte sich nicht einfach von Doflamingo trennen; dazu hatte er überhaupt keine Möglichkeit.

Ich kann ihn nicht verlassen, dachte er verzweifelt. Doflamingo war ein Puppenspieler und Crocodile seine Marionette. Einfach alles hing von ihm ab. Seine Sicherheit, der Bau seiner Prothese... Sollte er ihre Beziehung beenden, würde der Shichibukai bestimmt keinen Finger mehr für ihn rühren. Am Ende schnitt er sich damit ins eigene Fleisch - ganz gleich welch toxische Züge ihre Beziehung inzwischen angenommen hatte.

Ganz abgesehen davon war Crocodile sich nicht sicher, ob der Shichibukai eine Trennung überhaupt akzeptieren würde. Er könnte ihn ganz einfach daran hindern, Dressrosa oder auch nur sein Krankenzimmer zu verlassen. Wenn man ehrlich war, dann war Crocodile doch bereits jetzt sein Gefangener. Er war ihm hilflos ausgeliefert.

Plötzlich kam Crocodile sich nicht länger vor wie ein Haustier. Eher wie ein Lamm, das geschlachtet werden sollte. Doflamingo würde ihn in seiner krankhaften Fürsorge verzehren, bis nichts mehr von ihm übrig war. Ein eiskalter Schauer lief Crocodile den Rücken hinunter.

Er schloss die Augen und zwang sich dazu tief ein- und wieder auszuatmen. Soweit durfte er es nicht kommen lassen. Er musste fliehen. Um jeden Preis. Eine Wahl hatter er nicht. Es war bloß noch eine Frage der Zeit, bis Doflamingo vollkommen die Kontrolle über sein Handeln verlieren würde. Doch wie?

Er musste sich etwas einfallen lassen. Sich einen Plan überlegen. Dressrosa den Rücken kehren. Doch wie sollte solch ein Unterfangen gelingen?
 

Die vom Shichibukai angeordneten Untersuchungen ließ Crocodile täglich mit stoischer Ruhe über sich ergehen. Er wehrte sich nicht, wenn der Arzt (den er beinahe genauso sehr verabscheute wie Doflamingo selbst) seinen Blutdruck maß, seinen Torso abtastete oder sein Herz abhörte. Die Ergebnisse waren jedes Mal unauffällig.

Sein Gehorsam schien seinem Partner gut zu gefallen. Am Abend des dritten Tages leistete Doflamingo ihm beim Essen bereits wieder Gesellschaft. Mit viel Mühe zwang Crocodile sich dazu alle Speisen, mit denen er gefüttert wurde, hinunterzuschlucken. Er wollte Doflamingo unbedingt bei Laune halten.

„Bist du immer noch sauer auf Daz?“, fragte er in einem möglichst unbefangen klingenden Tonfall, während er auf einem Stück durchgebratenem Rindersteak herumkaute.

„Wie kommst du darauf?“, erwiderte Doflamingo mit kühler Stimme.

Crocodile zuckte mit den Schultern. „Nun ja, du erlaubst immer noch nicht, dass wir beide uns sehen. Dabei dachte ich, dass du deine Eifersucht inzwischen unter Kontrolle gebracht hättest.“

„Er ist zu später Stunde in deinem Zimmer gewesen“, warf sein Partner ihm zähneknirschend vor. „Und du hast verlangt, dass ihr allein gelassen werdet.“

„Daz ist mein Untergebener“, wandte Crocodile ein. „Oder zumindest ist er das gewesen. Ich hatte ihm verboten dich holen zu lassen, doch er hat sich über meinen Befehl hinweggesetzt.“

„Eine äußerst vernünftige Entscheidung. Hätte Daz anders gehandelt, wärst du womöglich tot.“

Crocodile senkte den Blick. „Ich wusste nicht, dass mein Blinddarm entzündet war“, wiederholte er zum x-ten Mal. „Jedenfalls würde ich Daz gern wiedersehen. Ich hatte noch gar keine Gelegenheit mich bei ihm zu bedanken.“

„Wofür möchtest du dich bedanken? Er hat doch deiner Anweisung zuwider gehandelt.“

„Und damit mein Leben gerettet“, sagte Crocodile, „worüber ich sehr froh bin. Auch wenn es nicht immer leicht ist: Ich hänge doch an meinem Leben. Und deswegen möchte ich gern mit Daz sprechen.“ Als Doflamingo noch immer zögerte, fügte Crocodile mit eindringlicher Stimme hinzu: „Du weißt, dass nichts zwischen uns beiden war, Doflamingo. Du bist der einzige für mich. Warum fällt es dir so schwer das zu akzeptieren?“

„Also gut“, meinte sein Partner schlussendlich und kreuzte die Beine übereinander. „Von mir aus darfst du ihn treffen.“

Unerwartet legte sich ein liebevolles Lächeln auf seine schmalen Lippen. Für einen kurzen Augenblick kratzte der alte Doflamingo an der Oberfläche. Crocodile spürte, wie sein Herz sich zusammenzog. Angesichts dieses Lächelns fühlte er sich beinahe schon schlecht wegen des Fluchtplans, an dem er arbeitete. „Ich weiß, dass du mich liebst und für Daz nichts empfindest. Tief in meinem Inneren wusste ich es die ganze Zeit über. Es hat mich nur so furchtbar verletzt, als du nach ihm anstatt nach mir verlangt hast. Kannst du das verstehen?“

„Natürlich“, sagte Crocodile. „Ich liebe dich, Doflamingo. Nichts könnte an meinen Gefühlen für dich etwas ändern.“
 

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen machte Crocodile zusammen mit Daz einen Spaziergang im Garten. Die beiden Sklaven, die allgegenwärtig an seinen Hacken klebten -wie Mist, in den man getreten war-, blieben wenige Schritte hinter ihnen beiden zurück.

Crocodile musste herausfinden, wie es um die Loyalität seines Untergebenen stand. Daz hatte ihn verraten. Er war mitverantwortlich dafür, dass Crocodile sich gegen seinen Willen hatte einer Operation unterziehen müssen. Doch er ahnte, dass Daz diesen Schritt nicht ergriffen hatte, um ihn herabzusetzen, sondern um sein Leben zu retten.

Was wäre Daz noch bereit zu tun, um ihn zu schützen?

So unauffällig wie möglich wollte Crocodile sich seiner absoluten Untergebenheit versichern. Bestimmt hatte Doflamingo die beiden Sklaven, die mit aufmerksamen Gesichtern hinter ihnen herliefen und jedes Wort ihrer Unterhaltung mitbekamen, angewiesen ganz hinzuhören. Sie würden es sofort melden, wenn sie irgendwelche verdächtigen Gesprächsfetzen mitbekämen.

Nachdem sie eine Weile lang über belanglose und ungefährliche Themen gesprochen hatten, fragte Crocodile seinen Untergebenen irgendwann: „Erinnerst du dich noch daran, wie wir beide in Impel Down aufeinander getroffen sind?“ Seine Stimme klang ruhig und gelassen. Die beiden Wachen, deren Atem Crocodile beinahe im Nacken spüren konnte, würden keinen Verdacht schöpfen.

Daz drehte sich nicht zu ihm um, sondern warf ihm lediglich aus dem Augenwinkel heraus einen verwunderten Blick zu. Auf Außenstehende erweckte er -wie immer- einen absolut stoischen und gefassten Eindruck, doch Crocodile nahm überdeutlich Daz' erwartungsvolles Schweigen wahr.

„Ich habe dich damals etwas gefragt“, fuhr Crocodile fort. „Weißt du das noch?“

Ich habe vor, von diesem Ort zu fliehen. Doch dafür brauche ich Hilfe. Wie sieht es bei dir aus? Schließt du dich mir an, Mister One?

Der Groschen schien gefallen zu sein. Keinem Anderen wäre es aufgefallen, doch Crocodile, der die Mimik seines Untergebenen lesen konnte wie kein Zweiter, bemerkte die Veränderung in seinem Blick sofort.

„Ich erinnere mich“, meinte Daz. Seine Stimme klang ruhig wie die unberührte Oberfläche eines Sees. „Die gleiche Frage hast du mir nach dem Krieg gestellt, als wir den Bericht über Mugiwaras Rückkehr zum Schlachtfeld in der Zeitung gelesen haben.“

Ich werde in die Neue Welt zurückkehren. Kommst du mit? Zu dieser Zeit hatte er angefangen ihn „Daz“ anstatt „Mister One“ zu nennen.

Sie beide spazierten gelassen im Garten umher. Sie blieben nicht stehen und schauten einander auch nicht an. Niemand, der sie hier sah, würde auch nur im Entferntesten ahnen, dass sie darüber sprachen gemeinsam von hier zu fliehen.

„Wenn ich dich ein drittes Mal fragen würde“, sagte Crocodile und legte den Kopf in den Nacken, damit er die warmen Strahlen der Sonne auf seinem Gesicht spüren könnte, „bekäme ich dann zum dritten Mal dieselbe Antwort?“

„Natürlich“, antwortete Daz ohne auch nur einen winzigen Moment lang zu zögern. Ich werde mich anschließen, wenn du derjenige bist, der fragt.

Crocodile nickte und versuchte seine aufkommende Euphorie so gut wie möglich zu verbergen. „Das freut mich zu hören.“
 

„Du solltest dich allmählich wieder ins Bett legen“, meinte sein treuer Untergebener nach einer Weile. „Es ist nicht gut, wenn du so lange auf den Beinen bist. Die Blinddarmoperation hat an deinen Kräften gezehrt. Du musst dich ausruhen.“

„Ja, wahrscheinlich hast du Recht.“

Vermutlich wollte Daz verhindern, dass die beiden Wachen doch Verdacht schöpften. Es handelte sich bei ihm um eine extrem vorsichtige und vorausschauende Person. Und dass den beiden Wachen ihr Gespräch doch komisch vorkam und sie sich deswegen bei ihrem jungen Lord meldeten, war nun wohl das Letzte, was sie beide gebrauchen konnte.

Niemand durfte von ihrem Vorhaben erfahren. Crocodiles Plan wäre zum Scheitern verurteilt, wenn Doflamingo auch nur den winzigsten, aberwitzigsten Verdacht schöpfte.

Crocodile verabschiedete sich unten am Treppenabsatz von Daz. Den restlichen Weg zu seinem Krankenzimmer trat er allein -allein bis auf die beiden allgegenwärtigen Wachen natürlich- an.
 

Crocodile musste geduldig bleiben. Er hatte sich der Loyalität seines Untergebenen versichert, doch ansonsten war er in seinem tollkühnen Plan noch kein Stück vorangekommen. Er war kein Dummkopf; ihm war klar, dass er nicht heute die Absicht fassen konnte zu fliehen und morgen von Dressrosa verschwunden wäre.

Doflamingo war ein gefährlicher und mächtiger Mann. In der Villa, in der sie sich aufhielten, wimmelte es nur von Sklaven und Angestellten, die ihren jungen Lord gleichermaßen fürchteten und verehrten. Ganz zu schweigen von den Mitgliedern seiner Piratencrew. Sie alle wussten genau, wie sehr Doflamingo an ihm hing, und würden nichts unversucht lassen, um seinen Fluchtversuch zu vereiteln.

Crocodile musste sich einen schlauen, ausgeklügelten Plan überlegen, um all die Hindernisse zu umgehen. Es würde nicht leicht werden, daran bestand kein Zweifel: Doch nun, da Daz wieder an seiner Seite war, konnte Crocodile in seiner Brust endlich wieder die Flamme lodern hören, von der er ausgegangen war, sie wäre für immer erloschen. Eine solche Zuversicht hatte er nicht mehr gefühlt, seitdem er aus seinem Koma erwacht war.

Crocodile hatte nach der linken nun auch seine rechte Hand verloren, doch sein Gehirn war unbeschädigt geblieben. Nicht seine Teufelskräfte, nicht sein Goldhaken, sondern sein scharfer Verstand war stets seine stärkste Waffe gewesen.

Er brauchte sich nur einen todsicheren Fluchtplan zu überlegen. Crocodile setzte seinen Kopf ein und Daz seine Hände. Gemeinsam würden sie einen Weg aus diesem Alptraum herausfinden.
 

Doch er durfte nicht ungeduldig werden. Keinen Verdacht erregen.

Crocodile bemühte sich darum, in Doflamingos Gunst aufzusteigen. Je gelassener und unvorsichtiger sein Partner wurde, desto höher stiegen seine Chancen auf Erfolg.

Inzwischen war Crocodile geübt darin, seine wahren Gefühle zu verbergen. Es kostete ihn nicht viel Kraft so zu tun als würde er Doflamingos Gesellschaft genießen. Widerstandlos ließ er die Küsse seines Partners über sich ergehen. Die süßen Worte, die er ihm in sein Ohr flüsterte, erduldete er ruhig.

Seine immer größer werdende Abneigung gegen Doflamingo ließ er sich nicht anmerken. Seine Stimme wurde nicht gereizt, seine Mundwinkel zuckten nicht unwillig, seine Augen offenbarten nichts von dem immer größer werdenden Hass, den er in seinem Inneren spürte.

Es erstaunte Crocodile, wie leicht es ihm fiel, Doflamingo als Feind anzuerkennen. Wie einfach es war, sich seiner Abneigung gegen diesen Mann zu ergeben.

Einst hatte er ihn geliebt. Crocodile hatte nicht einfach bloß romantische Gefühle für Doflamingo gehegt. Er war eine ernsthafte, intensive Beziehung zu dem anderen Shichibukai eingegangen; eine Beziehung, die viele Jahre lang andauerte und das Vertrauen auf beiden Seiten wachsen ließ.

Von dem warmen Prickeln, das ihn immer überkam, wenn er die Möglichkeit hatte sich mit Doflamingo zu treffen, war nichts mehr übriggeblieben. Da war keine Liebe mehr. Um ehrlich zu sein, konnte er seinen Partner kaum noch ausstehen.

Eine seltsame Traurigkeit überkam Crocodile plötzlich. Schade, dachte er, dass es so enden musste. Das hatten sie beide nicht gewollt. Damals, vor so vielen Jahren, als er den anderen Piraten bei Gold Rogers Hinrichtung kennengelernt hatte, hätte Crocodile sich niemals erträumt, dass ihre gemeinsame Geschichte auf diese Weise zu Ende gehen würde. Nicht einmal in seinen allerschlimmsten Alpträumen.
 

Sie aßen gemeinsam zu Abend.

Crocodile lag in seinem Krankenbett, während sein Partner sich auf der Bettkante niedergelassen hatte. Er fütterte ihn behutsam mit etwas lauwarmen Kartoffelbrei.

Alles war wie gewohnt. Lustlos schluckte Crocodile den Brei hinunter und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Ihm bot sich exakt derselbe Anblick wie immer: Links das große Erkerfenster, rechts die Türe, die auf beiden Seiten von Wachen flankiert wurde. Man konnte in Worten nicht ausdrücken, wie sehr Crocodile dieses Zimmer verabscheute. Es widerte ihn dermaßen an, dass er plötzlich kämpfen musste, um den Kartoffelbrei hinunterzuschlucken.

„Ganz ruhig“, hörte er die sanfte Stimme seines Partners sprechen. „Lass dir Zeit.“

Hunderte Male hatte er Doflamingo schon genau diese Worte sagen hören. Lass dir Zeit, echoten sie in seinem Kopf. Es ist nur vorübergehend. Bald wird alles wieder früher sein.

Crocodile konnte nicht anders: Angewidert spuckte er den Brei aus. Die gelbliche Pampe landete auf der Bettdecke in seinem Schoß.

Doflamingo nahm es gelassen. Situationen wie diese hatte es schon sehr häufig gegeben. Es passierte oft, dass Crocodile einen Bissen, der sich bereits in seinem Mund befand, einfach nicht herunterbekam. Dann blieb ihm nichts Anderes übrig als ihn wieder auszuspucken.

Nein, dachte er und betrachtete missmutig die Schale Kartoffelbrei, die auf dem Tablett auf seinem Nachttisch stand, nichts wird wieder wie früher werden.

Plötzlich hatte Crocodile keinen Appetit mehr. Schuldgefühle überkamen ihn.

„Es tut mir leid“, hörte er sich selbst sagen.

„Nicht schlimm“, erwiderte Doflamingo und streichelte zärtlich mit der Hand über seinen Rücken.

Seinem Partner war nicht klar, was er meinte. Verzweifelt ließ Crocodile den Kopf hängen.

Er musste daran denken, was der Shichibukai alles für ihn getan hatte. Nicht nur dass Doflamingo keine Kosten und Mühen gescheut hatte, um ihn während seines Komas am Leben zu erhalten. Und dass er die besten Wissenschaftler versammelt hatte, um nur für ihn eine Prothese bauen zu lassen. Fast täglich nahm Doflamingo sich die Zeit, um an seinem Bett zu sitzen und ihn zu füttern oder ihm zuzuhören, wenn er über die Bücher sprach, die er gelesen hatte, um sich die Langeweile zu vertreiben. Ohne ungeduldig zu werden, sah er Crocodile beim Essen und Trinken zu.

Hätte der Shichibukai auch dann all diese Dinge für ihn getan, wenn er von Anfang an gewusst hätte, dass es ihn ihre Beziehung kosten würde? Es tat Crocodile schrecklich leid. Er hatte nicht gewollt, dass seine Liebe zu Doflamingo zugrunde ging. Das hatte er nicht verdient. Erst recht nicht nach allem, was er für ihn getan hatte.

Plötzlich überkamen Crocodile Zweifel. Könnte er es wirklich über sich bringen seinen Partner zu verlassen? Damit verriet er ihn, das war klar. Die Vorstellung versetzte ihm einen schmerzhaften Stich ins Herz. Es tat ihm wirklich schrecklich leid.

Crocodile leckte sich über die Lippen, ehe er in einem zögerlich klingenden Tonfall sagte: „Weißt du, Doffy... Ich glaube, ich habe mich nie bei dir bedankt.“

„Bedankt?“ Doflamingo zog die Augenbrauen zusammen. „Bedankt wofür denn?“

„Für alles.“ Crocodiles Stimme klang belegt. Er hatte sich noch nie so traurig gefühlt wie jetzt gerade in diesem Augenblick. „Für all die Jahre, die wir nun schon zusammen durchgestanden haben. Und dafür, wie fürsorglich du dich um mich kümmerst, seitdem ich gegen Eustass Kid verloren habe. Mir ist klar, dass es nicht immer einfach war. Auch für dich nicht. Und ich möchte, dass du weißt... dass ich alles, was du für mich getan hast, wirklich außerordentlich wertschätze.“

Es war ihm wichtig, seinem Partner diese Dinge ganz klar und deutlich zu sagen. Wenigstens diesen schwachen Trost hatte Doflamingo verdient.

Seine Worte rührten den Shichibukai zu Tränen. Es war lange her, dass Crocodile ihn hatte weinen sehen. Nun konnte er beobachten wie dicke, heiße Tränen über seine Wangen kullerten. Um ehrlich zu sein, wusste er nicht, wie er darauf reagieren sollte. Mit einer solchen Reaktion hatte Crocodile nicht gerechnet. Instinktiv streckte er seinen rechten Arm aus, um die Tränen seines Partners fortzuwischen. Zu spät fiel ihm ein, dass er keine Finger mehr besaß, mit denen er Doflamingos Gesicht hätte berühren können. Verlegen nahm Crocodile seinen Armstumpf wieder zu sich zurück.

Crocodile kam sich schrecklich unbeholfen vor. Er wünschte sich bloß, dass sein Partner aufhörte zu weinen. Doch ihm fiel nichts ein, was er hätte tun oder sagen können, um ihn zu trösten.

Irgendwann fing Doflamingo sich von selbst wieder. Mit dem Hemdsärmel trocknete er seine Tränen.

„Es tut mir leid“, sagte er und zog laut die Nase hoch. „Eigentlich habe ich mir vorgenommen, in deiner Anwesenheit nicht zu weinen.“

„Du kannst nicht immer nur stark sein“, erwiderte Crocodile mit sanfter Stimme.

„Ich muss es“, gab Doflamingo kopfschüttelnd zurück. „Für dich, Wani. Ich weiß, dass es hart ist. Aber du musst mir glauben: Alles wird wieder werden wie früher. Ich habe neue Nachrichten von meinen Wissenschaftlern erhalten: In etwa einem Monat wird deine erste Prothese fertiggestellt sein. Versprich mir bitte, dass du diese vier Wochen noch durchhalten wirst. Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben.“

„Das habe ich nicht.“ Crocodile sprach die Wahrheit. Er blickte hoffnungsvoll in die Zukunft.

Seitdem er Daz, seinen treuesten Untergebenen, wiedergesehen hatte, hatte er wieder zu sich gefunden. Hatte einen Zugang zum alten Sir Crocodile gefunden, der zuvor verschüttet gewesen war.

Bitter lächelnd blickte Crocodile in das tränenverschmierte Gesicht seines Partners. Seine Entscheidung stand fest, auch wenn sie ihm das Herz brach: Ihm blieben nur noch vier Wochen, die er an Doflamingos Seite würde ausharren müssen. Sobald er über seine Prothese verfügte, würde er Dressrosa verlassen. Crocodile fürchtete diesen Tag ebenso sehr wie er ihn herbeisehnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Mann oh Mann, plötzlich hat Mexx so viele neue, tolle Funktionen.^^ Dann benutze ich jetzt auch zum ersten Mal dieses "Autoren-Nachwort" xD
Ja, liebe Leser, ich hoffe, dass euch auch dieses Kapitel gut gefallen hat und ihr mir vielleicht den einen oder anderen Kommentar da lasst. :) Kapitel 3 ist so gut wie fertig und an Kapitel 4 wird ebenfalls bald gearbeitet^^

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Es hat ein wenig auf sich warten lassen, aber nun ist auch das 3. Kapitel von "Amputiert" da :)
Hoffentlich gefällt es euch; ich jedenfalls bin, sagen wir mal, zu 85 - 90 % damit zufrieden. über Feedback jeder Art freue ich mich natürlich immer gerne :)

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leute :)
Bitte verzeiht mir, dass das vierte Kapitel von "Amputiert" so lange auf sich warten gelassen hat, aber ich hatte mit der Uni einfach total viel zu tun. Ich werde mich darum bemühen, das nächste Kapitel möglicht schnell hochzuladen ;)
Über Kritik freue ich mich natürlich immer sehr! Bitte nehmt kein Blatt vor den Mund ;)

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leute,
ich hoffe, dass euch da 5. Kapitel gefällt! (Dieses Mal musstet ihr ja auch nicht allzu lange warten ;P) Über Kommentare jeder Art freue ich mich natürlich immer!!! :D

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und hier, liebe Leute, das 6. Kapitel und der Höhepunkt der Fanfiction! Dofla und Croco sind ziemlich heftig aneinander geraten, haben sich allerdings wieder gefangen und wollen morgen Abend ein ernstes Gespräch miteinander führen... Ob das wohl gut geht? ;)
Ich freue mich über jeden Kommentar! :D

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, liebe Leute :) Weil das letzte Kapitel ja ein wenig kürzer als üblich gewesen ist, gibt es hier nun ein Kappi mit ein bisschen Überlänge.^^ Eigentlich wollte ich "Amputiert" in den nächsten Kapiteln beenden... Nun, einfach mal gucken, was draus wird. Dafür, dass ich die Fanfic ohne jeden Plan angefangen habe, ist sie mir doch ziemlich ans Herz gewachsen.
Kritik ist wie immer sehr erwünscht! Bitte sagt mir, was ihr von Doffy & Croco haltet. <3

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo,liebe Leser! :)
Es tut mir wirklich leid, dass ihr so lange auf das neue Kapitel von "Amputiert" warten musstest! Ich bin in letzter Zeit kaum zum Schreiben gekommen und außerdem sind mir, um ehrlich zu sein, auch ein wenig die Ideen ausgegangen. Jetzt ist mir allerdings wieder einiges eingefallen ;) Ich werde mich darum bemühen, das nächste Kapitel schneller zu schreiben und hochzuladen, damit ihr nicht noch einmal so lange warten müsst.
Viel Spaß beim Lesen! :D

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leser,

wie versprochen habe ich mir mit dem neuen Kapitel nicht so viel Zeit gelassen wie das letzte Mal. Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat und ihr die Fanfic noch weiter verfolgt. :)
(NEIN, die Lemon wird an dieser Stelle nicht abgebrochen. Im nächsten Kapitel geht es mindestens genauso heiß weiter ;). Falls es adult wird, lade ich zusätzlich noch eine jugendfreie Version hoch.)
Wie viele Kapitel es insgesamt werden, kann ich leider noch gar nicht einschätzen, da ich selber keine klare Vorstellung davon habe, wie es weitergehen und enden wird. Es können genauso gut drei wie dreißig weitere Kapitel folgen.^^
Falls ihr vielleicht selber Ideen für die Ff habt, könnt ihr die gerne in die Kommentare schreiben. Ich lasse mich gerne inspirieren. :)

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo Leute :)
Für meine minderjährigen Leser gibt es das Kapitel 10 noch einmal als jugendfreie Variante. Die "adulten" Parts habe ich rausgeschnitten. Viel Spaß beim Lesen! Über Kommentare freue ich mich natürlich immer! :9

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leser,
ich hoffe sehr, dass euch das 11. Kapitel von "Amputiert" genauso sehr gefallen hat wie die vorherigen, auch wenn ich dieses Mal leider keine Stellen mit Doflamingo einbauen konnte.^^ Ursprünglich hatte ich vorgehabt, ihn gegen Ende das Kapitels auf Croco treffen zu lassen; habe mich dann allerdings doch dagegen entschieden, weil ich lieber eine neue Figur einführen wollte. Habe nämlich in einem Kommentar zu einem früheren Kapitel mal gelesen gehabt, dass ihr euch das wünschen würdet.^^
Wer genau die ominöse Person ist, auf die Croco trifft? Um ehrlich zu sein, weiß ich es selbst noch nicht genau, auch wenn ich bereits eine Idee habe. Mehr erfahrt ihr ja dann im 12. Kapitel ^^

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Nochmal Hallo hier am Kapitelende ;)
Ich hoffe, dass euch das 12. Kapitel mindestens genauso gut gefallen hat wie die vorherigen; ich habe mich nämlich darum bemüht, die Tipps, die ihr mir in den Kommis schreibt, so gut es geht umzusetzen. Dieses Mal zum Beispiel, indem ich mit Gladius eine neue (im OP-Universum vorhandene) Figur eingeführt habe. Was haltet ihr von ihm?? (Das könnt ihr mir gerne in die Kommentare schreiben!) Bisher haben wir ja alle noch nicht allzu viel von ihm gesehen, aber er hat es mir bereits seit seinem allerersten Auftritt total angetan.^^
Für das 13. Kapitel (uh, Unglückszahl xD) habe ich bereits ein paar Ideen und werde mich so bald wie möglich ans Schreiben setzen. Bye bye!! :)

bye
sb

PS: Bitte lasst euch nicht irritieren, weil da "Kapitel 13: Kapitel 12" steht; das liegt daran, dass ich das 10. Kapitel, das ja adult ist, noch einmal in einer zensierten Fassung hochgeladen habe und es als 11. gilt. Das hat die Zählung leider durcheinander gebracht, stört euch bitte nicht weiter dran. :/ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein zweites Mal Hallo hier am Kapitelende! :)
Hoffentlich hat euch das 13. Kapitel von "Amputiert" genauso gut gefallen wie die vorherigen, auch wenn es sich um eine Unglückszahl handelt.^^
Wie versprochen gab es ja einen romantischen Moment zwischen Croco & Dofla. :* (Es ist so cool, dass Doflamingo fliegen kann!!!!) Was haltet ihr davon?
Über Feedback jeder Art freue ich mich sehr! Bitte schreibt mir, was ihr gut bzw. schlecht findet. Ich verspreche auch hoch und heilig, dass das nächste Kapitel nicht allzu lange auf sich warten lässt! :)

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo lieber Leser :)
Es freut mich, dass ihr das 14. Kapitel von "Amputiert" durchgelesen habt; ich hoffe, dass euch mindestens ebenso gut gefallen hat wie die vorherigen Kapitel. Wie versprochen musstet ihr ja auch nicht allzu lange warten.^^
Über Kritik jeder Art freue ich mich natürlich sehr. Gerne dürft ihr mir auch eigene Ideen schreiben; vill. finde ich ja eine Möglichkeit, die eine oder andere Idee in den weiteren Verlauf der Story einzubauen.
Bis zum nächsten Mal! :)

bye
sb

PS: Bei meiner anderen Dofladile-Ff "Mesh of Lies" habe ich vor kurzem ebenfalls ein neues Kapitel hochgeladen. Vielleicht möchtet ihr ja mal hineinschauen ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und hier ist Kapitel Nummer 15! Mit mehr als 4.000 Wörtern sogar ein wenig länger als übliche. :)
Ja, ich weiß, der Cliffhanger gegen Ende des Kapitels ist sehr gemein, aber ich wollte unbedingt mal wieder ein wenig Spannung in die Story bringen. Klar weiß ich, dass "Amputiert" weiß Gott keine Action-Ff ist, aber gerade deswegen halte ich es für sehr wichtig, darauf zu achten, dass der Storyverlauf nicht erlahmt und meine Leser ein bisschen was zu knabbern haben.^^
Außerdem finde ich es toll, dass ihr, meine lieben Leser, gerne mal eigene Ideen in eure Kommentare schreibt (z.B. neue/mehr Personen einbringen) und möchte euch natürlich zeigen, dass ich eure Vorschläge auch wirklich ernst nehme. Vielleicht wisst ihr ja schon (oder erahnt), um wen es sich bei der ominösen Person handelt. xD Ihr dürft eure Vermutungen gerne in die Kommentare schreiben. Zumindest mit Gladius scheine ich euch beim letzten Mal ja doch überrascht zu haben.^^

bye
sb Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo lieber Leser! :)
Es tut mir sehr leid, dass ihr so lange auf ein neues Kapitel von "Amputiert" warten musstet. Ich hatte viele andere Dinge zu tun und um ehrlich zu sein, hat mich auch die Lust an einigen anderen Ff-Projekten gepackt (z.B. "Gestaltenwandler^^). Jetzt bin ich allerdings wieder mit voller Motivation da :)
Ich hoffe sehr, dass euch Kapitel Nummer 16 mindestens ebenso gut gefallen hat wie die vorherigen. Dass Einbringen von Daz als neuen Charakter ist übrigens länger schon geplant gewesen. Ich wollte endlich Doflas&Crocos-Zweierbeziehung aufbrechen und einen dritten wichtigen Charakter einbringen. Viele Ideen, was man daraus machen könnte, schwirren mir bereits im Kopf herum. Gerne dürft ihr natürlich auch in die Kommentare schreiben, was ihr euch wünscht! :)
Die Ff neigt sich übrigens so langsam mal dem Ende zu, denke ich. Meine Prognose liegt bei ca. 5 Kapiteln, aber wer weiß auch, ob ich mich daran halten werde. Dafür, dass "Amputiert" zumeist aus spontanen Einfällen von mir besteht, ist die Ff schon ziemlich lang geworden.^^
Ich hoffe, dass ihr auch bis zum Ende dabei sein werdet. :) An dieser Stelle möchte ich mich übrigens gerne bei meinen vielen tollen Lesern bedanken. :) Es ist schön zu wissen, dass die Ff so gerne gelesen wird.

Bis zum nächsten Mal!

bye
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, liebe Leser! :)
Dieses Mal musstet ihr ja nicht allzu lange auf ein neues Kapitel warten. Ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat. :)
Und ich entschuldige mich persönlich beim armen Croco, der wegen mir mal wieder so viel Schlimmes durchstehen muss: Nicht nur, dass sein Plan von Daz als sein treuer Untergebener wohl nach hinten losgegangen ist, nun muss er auch noch notoperiert werden. Wie die ganze Sache weitergeht, erfahrt ihr im nächsten Kappi. ;)
Über Kommentare freue ich mich sehr!
Tschüssi^^

bye
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leser! :)
Ich hoffe, ihr hattet viel Spaß beim Lesen dieses Kapitels und hinterlasst vielleicht den einen oder anderen Kommentar. Dieses Mal musstet ihr ja auch wirklich nicht lange auf ein neues Kappi warten. :) Um ehrlich zu sein, hat mich die Schreibwut wieder total gepackt. Kapitel 18 war schon wenige Tage nach Kapitel 17 fertig geschrieben.
Wie ihr sicherlich selbst schon festgestellt habt, spitzt sich "Amputiert" immer weiter zu. Dofla wird handgreiflich und drückt Croco verschärfte Sicherheitsvorkehrungen auf, während unser armes Krokodil heftig zwischen die Fronten gerät. Wie es weitergeht mit Dofla, Croco & Daz, erfahrt ihr im nächsten Kappi (das hoffentlich nicht lange auf sich warten lässt^^).
Bis zum nächsten Mal! :)

bye
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Kommentare zu dieser Fanfic (66)
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Von:  Simone1
2020-04-14T13:53:27+00:00 14.04.2020 15:53
Ich hoffe du schreibst weiter, weil es wird gerade sehr interessant :)
Von:  PortgasDAceLove
2019-03-24T20:49:20+00:00 24.03.2019 21:49
Ich hatte das unstillbarre Verlangen bekommem, ebenfalls fliegen zu können XD Und der letzte Satz hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen. Bitte? Sir Crocodile, mir ist klar, dir ist ein wenig flau im Magen, aber hast du möglicherweise nicht eine Grippe oder so? I mean, du hast "Bitte" gesagt 0.0
Von:  PortgasDAceLove
2019-03-23T21:40:28+00:00 23.03.2019 22:40
Gefällt mir (:
Von:  Kasumi18
2019-01-21T04:43:54+00:00 21.01.2019 05:43
Ich hoffe das du bald wieder weiter schreibst deine Geschichten sind so fesselnd ^-^
Von:  Goesha
2018-09-04T23:26:06+00:00 05.09.2018 01:26
Wirklich super geschrieben!
Ich kann mich nur schemenhaft an die anderen Kapitel erinnern aber das ist echt halb so wild. ^^

Crocodile ist wirklich nun hin und her gerissen, da hat man bedenken, dass er Doflamingo dann doch nicht verlassen kann.
Zumal, wenn er dann auch noch seine Protese bekommt und in 4 Wochen kann noch allerhand passieren.
Überrascht hat mich aber, dass Doflamingo geweint hat. Vielleicht liebt er ihn doch noch aufrichtig und will ihn nicht nur... sagen wir, wie einen Sklaven halten.

Ich bin jedenfalls gespannt wie es weiter geht! ^^
Antwort von:  kleines-sama
05.09.2018 20:50
Vielen Dank für deinen lieben Kommentar :) Es freut mich, dass du noch Interesse an "Amputiert" hast :)
Der Verlust von Crocos rechter Hand treibt sowohl ihn als Dofla an ihre absoluten Grenzen... Ich denke, die Situation ist weder für den Häftling noch den Gefängniswärter leicht ;)
Kapitel 20 ist bereits in Arbeit :D Mich hat wieder die Schreibwut gepackt!

bye
sb
Von:  Lexischlumpf183
2016-10-30T19:36:03+00:00 30.10.2016 20:36
Hallo, bin gerade über deine FF gestolpert und würde gerne wissen ob du noch weiterschreibst? wäre schade wenn du nichts mehr schreiben würdest 😃
Antwort von:  kleines-sama
01.11.2016 22:14
Danke für deinen Kommi :)
Ich werde die Ff auf jeden Fall beenden, bin allerdings gerade noch an ein paar anderen Projekten dran ;)

bye
sb
Von:  Acea
2016-06-07T21:43:06+00:00 07.06.2016 23:43
Hallo :)
Kleines-Sama ich muss sagen: großes Lob, ich liebe Deine Fanfictions allgemein, Du hast echt ein Talent die zu schreiben *-* CrocodilexDonflamingo ist mein absolutes Lieblingspairing aus One Piece und deine Storys dazu sind einfach toll. Vor allem "Amputiert", ich hab die Geschichte jetzt schon zum zeeiten mal durchgelesen und deswegen letzte Nacht wieder durchgemacht o.O
Du kannst uns doch nicht so lange auf die Folter gespannt warten lassen. Ich hoffe, dass Du bitte endlich bald die Story vervollständigst und vielleicht kommt es ja nochmal zu so einem schönen Moment wie in Kapitel 10 ;) *-*
Liebe Grüße und lass uns bitte nicht hängen,
Acea :)
Antwort von:  kleines-sama
10.06.2016 08:30
Vielen Dank für deinen Kommentar! Es freut mich, dass dir die FF so gut gefällt :)
Und keine Sorge: Ich werde "Amputiert" auf jeden Fall beenden ;)

bye
sb
Von:  StripX
2015-06-14T21:58:25+00:00 14.06.2015 23:58
Hey,
Ich habe leider erst jetzt diese ff gesehen als ich mal wieder das Internetz durchsucht habe und ich bereue es nicht schon vorher auf das hier gestoßen zu sein D:
Es ist einfach toll! Die gefühle der charaktere, wie du sie rüberbringst und so weiter. Und ich hab nur eine frage: machst du damit auch irgendwann weiter? :o
ich fändr schade wenn nicht...
#Candy
Antwort von:  kleines-sama
23.06.2015 13:34
Hallo :)
Vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Es freut mich, dass dir die FF so gut gefällt! :)
Und ja, keine Sorge: Ich werde "Amputiert" auf jeden Fall beenden!
Ich weiß, dass viele Leser ein wenig enttäuscht sind, weil es schon eine Weile keine Updates mehr gab, aber die Ff ist auf jeden Fall NICHT abgebrochen. Mache gerade nur eine Pause und konzentriere mich auch auf andere Dinge. Bald wird es aber weitergehen! ;)

bye
sb
Antwort von:  StripX
25.06.2015 15:39
Hey,
Wenn das so ist freue ich schon darauf :D
Aber du kannst dir natürlich solange Zeit lassen wie du brauchst, es würde ja auch nichts bringen wenn du dich hetzt :)
#Candy
Von:  Crash
2014-11-02T20:33:11+00:00 02.11.2014 21:33
Uiii naja die beiden hocken halt auch schon viel zu lange auf einander. Ist glaube ich besser wenn sie erst mal eine Auszeit nehmen und vor allem das Croko seine protese kriegt und vielleicht und wieder ein wenig trainiert.
Sein Mangel an Selbstbewusstsein zieht die ganze Situation viel zu sehr herunter. Seine Hilflosigkeit kann man ja schon nicht mehr mit ansehen ^^"

Ich bin gespannt wie das nächste Kapitel weiter gehen wird.
Antwort von:  kleines-sama
03.11.2014 17:18
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! :)
Ja, ich kann dir nur zustimmen: Dofla und Croco hocken definitiv schon zu lange aufeinander. Ob eine Auszeit die richtige Entscheidung gewesen ist, wird sich noch herausstellen.^^
Croco ist schon echt eine arme Sau.^^ Haha, aber ich genieße es, ihn leiden zu lassen. Wie es mit ihm und seinem Selbstbewusstsein, mit Dofla & Daz weitergeht, erfährst du im nächsten kappi. ;)

bye
sb
Von:  Goesha
2014-10-26T21:22:35+00:00 26.10.2014 22:22
Holla, geht das ab. O.O
Ja... wer dreht da gerade mehr am Rad? Wohl alle irgendwie.
Ich denk nicht, das das gut gehen wird mit den neuen Regeln, wo Crocodile sowieso die Untersuchungen verabscheut.
Verständlich ist es aber schon, warum Doffy das macht, da er Angst hat seinen Partner doch noch zu verlieren aber das mit Daz...
der arme, der kann ja nichts dafür, das Doflamingo so eifersüchtig ist ^^"
Nun will Croco beide nicht sehen... oje, das kann heiter werden ^^""
Antwort von:  kleines-sama
03.11.2014 17:15
Vielen Dank für deinen Kommi :)
Ja, ich persönlich kann auch sehr gut beide Seiten nachvollziehen und habe mich auch darum bemüht, das deutlich zu machen. Auf der einen Seite will Croco seine Selbstständigkeit behalten, auf der anderen Seite sind Doflas Sorgen ja nicht unberechtigt.
Und ja, Daz ist irgendwie der arme Pechvogel. xD Naja, Dofla ist eben ein eifersüchtiges Hühnchen, so kennen wir ihn ja schon seit seinem ersten Aufeinandertreffen mit Croco im Manga/Anime. ^^
Wie es weitergeht, erfährst du im nächsten kappi! :)

bye
sb


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