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Rain

von

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Melody

An jedem Abend an dem sie spielten, war auch sie da. Aber nur wenn sie spielten. Es war ein kleiner Klub mit einer Bühne für Nachwuchsbands und einer kleinen Theke, an der die verschiedensten Getränke angeboten wurden. An manchen Abenden für die Bühne auch für Karaoke oder Einmannbühnenshows genutzt. Doch interessierte sie sich nur für diese eine Band.

Sie wusste selbst nicht, was sie so faszinierte. Waren es die Texte? Die Melodien? Das Zusammenspiel von beidem?

Heute war es wieder so weit. Sie spielten wieder. Gewohnt gut, wie sie meinte. Seine Stimme ... sie veranlasste sie immer zum Träumen. Sie setzte sich gerne hin und schloss einfach die Augen und ließ die Stimme mit den rhythmischen Klängen der Gitarren und des Schlagzeugs auf sich wirken. Heute waren mehr Leute da. Von jedem Abend zu Abend wurden es mehr. Und sie kamen alle nur wegen den Vieren, die gerade auf der Bühne standen. Es freute sie. Sie bekamen endlich die Aufmerksamkeit, die sie verdienten.

Sie hörte einige der Gäste tuscheln, wie gut die Jungs doch aussahen. Es fielen einige Namen, doch wusste sie damit nichts anzufangen. Sie wusste nicht, wie die Bandmitglieder hießen. Es war nicht relevant für sie. Schließlich war sie hier wegen der Musik und nicht wegen den Bandmitgliedern. Auch wenn sie sich wünschte, dass es bei den anderen Gästen auch so war, bezweifelte sie es immer mehr, je mehr sie die Leute hörte.

Dennoch nahm es ihr nicht die Freude an den Liedern. Es steckten so viel Emotionen hinter ihnen, jedes Wort mit Bedacht gewählt. Jeder Takt sorgfältig überlegt. Oder klappte es bei ihnen von Anfang an? Mussten sie oft Proben, um so zu klingen, wie sie es jetzt tun, oder spielten sie einfach drauf los und die es stimmte von Anfang an?

Die Auftritte kamen ihr immer viel zu kurz vor. Morgen würde sie wieder kommen. Morgen würde sie sie wieder spielen hören, wieder in Gedanken versinken beim Hören dieser Lieder, dieser Stimme. Diese nächtlichen Besuche gaben ihr Halt.

Ihr Vater sah es nicht gerne, wenn sie nachts noch so spät draußen war, aber sie war alt genug, um auf sich aufzupassen. Er beschützte sie noch viel zu sehr, wie sie empfand. Doch nahm sie es ihm nicht übel. Er hatte nur sie und sie hatte nur ihn, doch war sie dankbar dafür. Er unterstützte sie, wo er nur konnte. Auch wenn es nicht immer leicht ist.

Sie schaffte es sogar, ihn zu überreden einmal mitzukommen und sich die Band anzuhören. Er fand die Musik nicht schlecht, doch fragte er sie, ob es nicht langweilig wird. Irgendwann habe man doch alle Lieder gehört und kann sie auswendig. Sie lächelte nur.

»Man hört jedes Mal etwas Neues. Sei es eine neue Interpretation oder einfach, weil man den Song neu auffasst durch neue Erfahrungen.« Ihr Vater wusste, was sie meinte, dennoch er teilte einfach ihre Leidenschaft für Musik nicht.

Auch heute saß sie an ihrem gewohnten Platz in dem gewohnten Klub mit der gewohnten Musik.

Seine Stimme, sie war so warm, so vertraut und doch versprühte sie einen kalten Unterton. Sie klang leicht verletzt, aber dennoch gestärkt. Sie wusste nicht, wie sie sie hätte anders beschreiben können. Es war einfach seine Stimme. Heute war ihr Opener Rain. Sie liebte den Song. Es war der Chorus vor allem, der es ihr antat. Regen ... Es war einer der Songs, den sie zu verstehen noch versuchte. Wie kann man jemanden vor Regen schützen? Wofür stand der Regen? Konnte man jemanden wirklich so verletzen und alleine lassen? Die Hintergründe, sie interessierten sie wirklich, doch würde sie, selbst wenn sie die Chance haben sollte, niemals danach fragen. Sie interpretierte ihn lieber selbst. Wenn sie wüsste, was es bedeutete, könnte sie dies nicht mehr.

Es war die Pause zum nächsten Song. Der Sänger sah in ihre Richtung und sie sah weg. Sie mochte es nicht, wenn man sie ansah, auch wenn es nur Zufall ist.

Dieselben Mädchen wie gestern waren wieder da. Wieder tuschelten sie über die Jungs. Hören die überhaupt diese wundervolle Musik? Oder wollen sie einfach nicht? Sie verstand es nicht. Diese Jungs machten so tolle Musik und alles, was die sahen, war das Aussehen. Aber es war deren Sache. Es war deren Sache, bis sie auf sie zukamen und sie darauf ansprachen, dass der Sänger zu ihr sah. Ob sie ihn kenne, ob sie was mit ihm hatte. Sie war überfordert mit diesen Fragen, sie war wegen der Musik hier, nicht wegen dem Sänger. Mehr als ein leises kichern, bekam sie für diese Antwort nicht.

Der letzte Song klang aus und die Band machte sich auf den Weg nach draußen. Es war ungewöhnlich für sie noch hier zu sein. Normalerweise ging sie sofort nach dem letzten Song, doch dieses Mal wartete sie. Sie wartete, bis die Band auch ging. Sie wollte Gewissheit. War es Zufall, dass er sie ansah? Sie sah auf ihr Handy. Es war kurz nach Mitternacht. Sie musste nach Hause, ihr Vater machte sich bestimmt schon Sorgen. Normalerweise war sie jetzt bereits zu Hause. Sie tippte einige Worte in ihr Handy und sendete ihre Nachricht. Es wird ihn beruhigen, da war sie sich sicher.

Sie erschreckte kurz, als jemand ihr auf die Schulter tippte. Der junge Mann entschuldigte sich dafür und lächelte.

»Du kommst, jedes Mal, wenn wir spielen, und sitzt immer hier. Darf ich fragen warum?« Sogar wenn er sprach, hatte seine Stimme dieses gewisse Etwas. Der Rest seiner Kollegen schienen schon vorgegangen zu sein. Wie nett, dass sie nicht einmal auf ihn warteten.

»Ich ... Eure Musik, sie ist einfach wunderschön. Da komme ich gerne her.« Sie lächelte zurück. Sie wollte aufstehen, doch drückte er sie sanft zurück. Er kam näher und flüsterte ihr eine Frage in das Ohr. Ihre Antwort ließ ihn noch mehr strahlen, als zuvor. Er bot ihr an sie nach Hause zu begleiten und sie nahm das Angebot gerne an. Sie redeten über alles, alles bis auf Musik.

Ihr Vater wartete bereits. Er blieb auf, sie hatte es bereits erwartet. Er fragte sie, was passiert sei. Sie strahle so, wie er es ausdrückte.

»Ich habe heute mit dem Sänger gesprochen. Er hat mich gefragt, ob ich weiß, wie er heißt.«

Er fragte sie, was sie antwortete.

»Ich habe Nein gesagt. Und ihn gefragt, ob das denn relevant ist, um ihre Musik zu mögen.«

Sie bekam das Lächeln nicht aus ihrem Gesicht. Sie würde zum nächsten Auftritt wieder hingehen und auf ihrem gewohnten Platz, sich einfach zu der Musik treiben lassen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  HyakuyaMikaela
2013-06-12T05:27:13+00:00 12.06.2013 07:27
Liebe kyouto!

Hiermit möchte ich dir endlich deinen gewonnen Kommentar im Rahmen des YUAL-Gewinnspiels übermitteln und mich bei dir dafür entschuldigen, dass dies erst jetzt geschieht.
Ich hoffe, du bist über die Verspätung nicht allzu enttäuscht.

Zudem noch eine kurze, wichtige Anmerkung:
Der Kommentar spiegelt alleinig meine persönliche Meinung wieder und nicht die meiner Kollegen.
Die Geschichte wird somit nicht nach YUAL-Standard bewertet.
Beschwerden o.ä. demnach bitte per ENS an mich richten.


Nun, beginnen wir mit der Idee, die mich als Musik-Junkie gleich magisch angezogen hat. ;-)
An sich ist die Idee ein wenig oberflächlich ausgearbeitet, was, wie ich finde, jedoch den Charme ausmacht. Du beziehst dich auf Schlüsselmomente, deren Inhalt wohl jeder Musik-Liebhaber am eigenen Leib nachempfinden kann; toll ist vor allem, dass du es so allgemein beschrieben hast, dass es sich um verschiedene Genre handeln könnte und dem Ganzen - entgegen der üblichen Geschichten, die man öfter zu dem Thema liest - kein Gesicht / keinen Namen gegeben hast. So können sich viele Fans mit deinem Text und der darin beschriebenen Situation identifizieren und das hebt die Idee, so detailliert auf die Gedanken / Empfindungen während dem Erleben einzugehen, etwas aus der Masse hervor. Die handlungstechnische Entwicklung ist auch sehr interessant, vor allem das Ende, das eine überraschende Wendung enthält. Es ist zudem gut, dass du nicht(!) näher darauf eingegangen bist, denn das hätte imho den Knackpunkt zerstört. Während dem Mittelteil dachte ich auch zuerst, dass die Geschichte sich ein wenig in Richtung Klischee entwickeln würde (die Reaktion der Weiber, die nur Augen für die Jungs haben und denen die Musik an sich schnuppe ist; ebenso wie der Sänger, der das Mädchen seines Herzens in der Menge ausmacht und mit ihr Augenkontakt aufbaut und dann eben das Treffen selbst), aber wie schon erwähnt, die Wendung hat's rumgerissen und der Idee einen eigenen Glanz verliehen.

Dennoch muss ich sagen, dass beim Lesen ein wenig die inhaltliche Spannung gefehlt hat. Eventuell hättest du noch ein paar Szenen mehr einbauen können, um weitere Fülle zu verleihen. Beispielsweise eine Mini-Perspektive des Sängers, wie es auf ihn wirkt, wenn er so einen intimen (Augen-)Kontakt zu einem Fan aufbaut - eben so ein kleiner Gedankeneinschub, der inhaltlich etwas Abwechslung geboten hätte. Hätte die Charakterentwicklung auch ein wwenig angekurbelt.
(Und wegen der oberen Anmerkung, weil sich das womöglich ein wenig widerspricht:
ich meine hiermit keinen erzwungenen "Tiefgang", sondern nur mehr Fülle rundherum, weil es so eher ein kurzes, einseitiges Leseerlebnis war, sehr schade ist - hätte gerne mehr gelesen. :D
Es hätten mMn gut noch mehr kurze Eindrücke reingepasst, um die Geschichte auszubauen.)
Aber der Erzählstil dagegen war an sich wohlklingend und sehr mitfühlend, sodass es einen passenden Ausgleich gab.

Alles in allem finde ich aber, dass dieses Werk gut strukturiert ist - auch durch den nachempfindbaren Stil, der den Leser schnell berührt -, unterhaltsam und mit einer interessanten Wendung, die sich fast nahtlos einfügt und die Botschaft, die du mit dem Text vermitteln möchtest, unterstreicht.
(Wenn ich ehrlich bin, hätte ich genau an der Endstelle Kitsch erwartet. XD
Gott sei Dank bist du aber gerade aus diesem Schema ausgebrochen)

Bei der Kategorisierung hast du's jetzt eigtl. nur in die Themen Musik und eigene Serie, sowie One-Shot gesetzt, was ein bisschen dürftig ist, da das gewählte Hauptthema sehr vielfältig ist. Gedanken, Empfindungen, Alltag, Konzert, Begegnung etc. wären vllt. ein paar Schlagworte, mit denen man die Leserschaft ein wenig neugierig machen könnte, anstatt sie ins kalte Wasser zu schicken. Wobei man bei der Wahl stets darauf achten sollte, keinen relevanten Inhalt anzugeben, wegen Spoiler.
Halt nur ein paar kleine Köder auslegen. D;

Schreibtechnisch wäre der Satzbau noch ein wenig dehnbarer gewesen, weil gerade zu Anfang einige ähnliche Strukturen aufgetaucht sind (z.B. mit dem 'sie'), was teils verwirrend war und teils leicht holprig rüberkam - holprig in dem Sinne, dass dieses Wort sich oft wiederholt hat (auch wenn es ja eigentlich Sinn hat) und da manchmal einfach wenig Zwischenraum gegeben wurde. Auch Wortdopplungen, wie 'Bühne' (An manchen Abenden für die Bühne auch für Karaoke oder Einmannbühnenshows genutzt. Doch interessierte sie sich nur für diese eine Band.) lassen einen beim Lesen leicht stutzen; in so einem Fall ist es immer hilfreich, auf Synonyme zurückzugreifen. Einmannshows hätte mMn auch gereicht, denn immerhin wird im Kontext selber klar, dass es sich um künstlerische Bühnenauftritte handelt. Und ich glaube, bei dem ersten 'für' in dem zitierten Satz müsste es 'wurde' heißen, oder? Tippfehler ;)
Allerdings hast du eine Atmosphäre geschaffen, die die Geschichte nahe an den Leser ranbringt, das ist klasse gemacht.

Es war wirklich ein Lesegenuss gewesen! Danke dafür und frohes Weiterschreiben in Zukunft!

(Und wie gesagt, wenn du noch Fragen / Beschwerden o.ä. hast, bitte kontaktiere mich per ENS!)


Grüße  HyakuyaMikaela!


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