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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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London 2 - Eifersucht und der Umgang damit

Dominico

Der Weg über ihre Länderein war schön, das Wetter spielte mit und so hatte Nico wirklich einmal Zeit zum entspannen und herumblödeln. Und das taten sie beinahe auf dem gesamten Weg zu der Hütte... Allerdings wurden die Witze und Blödeleien immer anzüglicher je näher sie ihrem Ziel kamen und es kostete Nico einiges an Willensanstrengung, um gerade noch die Pferde abzusatteln und zu versorgen. Da sie diesesmal zwei Hengste hatten war es kein Problem, die Tiere nebeneinander stehen zu lassen. Zu mehr war Nico auch nicht mehr in der Lage, als ein halbnackter Kieran vor ihm in die Hütte "floh". Nico folgte ihm grinsend und sie verteilten kurz darauf ihre Kleidung überall in der Hütte und gaben sich erst eine ganze Weile später damit zufrieden, nackt nebeneinander auf dem breiten hölzernen Bett zu liegen, dass sich ganz schön lautstark bewschwert hatte so "vergewaltigt" worden zu sein.

Nico strich Kieran sanft eine verschwitzte Strähne hinter das Ohr. Das Fenster über dem Bett war offen und streichelte ihre erhitzten Körper mit kühler Nachtluft während sie, im Blick des jeweils anderen versunken einfach nur da lagen und das schon seit einigen Minuten. Nico wollte sich einfach nicht bewegen, um die Szene nicht zu zerreißen, doch neben ihren körperlichen Bedürfnissen lagen ihm so viele Fragen auf der Zunge, die er stellen wollte... so viele Dinge, die er über Kieran erfahren wollte. Er beugte sich langsam vor, um Kieran zärtlich zu küssen, leckte über seine Lippen ehe er sich wieder von ihm löste und lächelte. "Ich weiß gar nichts von dir..." Seine Stimme war leise in der Dunkelheit, die inzwischen herrschte, nur erhellt durch den Mondschein, der durch das Fenster fiel und vom weißen Laken reflektiert wurde. Es war damit hell genug, dass Nico Kieran im Zwielicht erkennen konnte und auch sein Gesicht sah. "Ich finde... es ist Zeit darüber zu reden, oder? Ich möchte mehr über dich erfahren..." Seine Finger glitten über Kierans Seite abwärts, kreiste über kleine Male, die er im Eifer des gefechts an Kieran hinterlassen hatte. "Auch darüber, wie du gelernst hast dich so zu bewegen." Er konnte ein grinsen nicht vermeiden als seine Hand Kierans Hüfte erreichte und ihn noch einmal tiefer in seinen Schoß zog, ehe sein Blick wieder ernst wurde. "Nein, ich meine - du interessierst mich. Ich möchte etwas über dein Leben erfahren und auch darüber, wie ich in dieses Glück gekommen bin, dass du Männer attraktiv findest..." Er lächelte noch immer, doch es war wirklich eine Frage die ihn bewegte. Wie war Kieran dazu gekommen Männer zu mögen? Warum mochte er sie? Wie hatte er es bisher ausgelebt, wie hatte er bisher gelebt? Wie war er aufgewachsen? So viele Dinge, die Nico nicht wusste aber wissen wollte.
 

Kieran

Die Hütte, zu der sie ritten, kam Kieran vor wie ein Stück des Paradieses. Sie lag idyllisch und vielleicht hätte er die Aussicht und das Drumherum noch viel genauer betrachtet, wenn er nicht so verdammt hungrig nach Sex gewesen wäre, als sie ankamen. Die Sticheleien und das Flirten war ihm irgendwann so dermaßen unter die Haut gegangen, dass sie bereits im Stall ihre ersten Kleidungsstücke verloren, er noch zumindest in die Hütte floh, um später sich nicht das Stroh aus den Haaren ziehen zu müssen.

Und nun lagen sie da, nackt, verschwitzt, entspannt und zumindest fürs erste recht befriedigt. Seine Augen ruhten in denen des andern und das Gefühl, das sich in ihm breit machte, wärmte ihn von innen heraus. Dieser Mann hatte es wirklich geschafft, ihn ganz und gar für sich einzunehmen. Er war ihm verfallen, anders konnte man sonst nicht diesen Drang erklären, ihm so nah wie möglich sein zu wollen.

Als der andere ihn küsste, spürte er wieder dieses Kribbeln in seinem Bauch, das hoffentlich nie weniger werden würde. Die Worte ließen ihn seine Augen wieder öffnen, sahen den andren fragend an. Doch es war klar gewesen, dass dieses Thema irgendwann einmal aufgegriffen werden würde. Und so nickte er, als der andere sagte, dass es Zeit wäre, darüber zu reden. Solche Dinge waren nun mal auch wichtig, woher man kam, wie man zu dem geworden war, der man war. Kieran kannte mittlerweile jede Narbe am Körper des anderen, aber er kannte nicht die Geschichten dazu. Und auch wenn sie ihn wahrscheinlich auch erschrecken werden, so wollte er sie einmal alle kennen. Er erschauderte leicht unter den Fingern, die über seine Haut strichen und leicht kitzelten. Die Erregung war noch nicht ganz verebbt, so dass er die Finger so viel intensiver spürte. Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen, als der andere seine Hüfte zu sich zog und seine Beweglichkeit bemerkte. Und nun wurden die Fragen konkreter.

„Das sind einige Fragen“, sagte Kieran nachdenklich und hob seine Hand, um Dominico sacht über das Haar zu streicheln. „Etwas über mein Leben…“, wiederholte er. „Ich wurde wohl in Italien oder Spanien meinen Eltern einfach vor das Zelt gelegt. Meine Mutter konnte selbst nie Kinder bekommen, daher wurde ich ihr anvertraut und darüber bin ich sehr glücklich. Nun, und wenn man in einer Familie voll Magier Gauklern, Akrobaten und Jongleuren groß wird, lernt man sich zu bewegen. Es ist der Alltag, das, womit man Geld verdient. Durch meine Größe hatte ich den Vorteil, dass ich recht leicht war und dadurch vor allem in der Akrobatik recht gut geworden bin. Es machte mir immer Spaß und ich vermisse es. Ich habe schrecklich abgebaut und merke wie ich vom vielen Sitzen und Lernen an Kraft verloren habe. Ich sollte wieder mehr trainieren. Aber momentan habe ich ja nicht einmal wirklich Zeit zum Essen, da bleibt auch kaum Zeit zum Trainieren.“ Er seufzte leicht, während seine Finger mit den Haaren des anderen spielten. „Wir sind viel gereist und ich liebe das Reisen. Ich liebe die verschiedenen Länder, die Kulturen, die Landschaften. London schnürt mir fast die Kehle zu, manchmal fehlt mir die Luft zum Atmen. Wirklich erinnern kann ich mich vor allem an Spanien, an Frankreich und auch an Deutschland. Dort hat uns einige Zeit ein Medicus begleitet. Von ihm habe ich mein Wissen von der Wirkung der Kräuter, wobei auch meine Mutter viel weiß. Der Medikus jedoch hat in mir den Wunsch geweckt, viel tiefer in die Materie einzudringen. Aber das wurde auch eine ganze Weile gedämpft. Ich… Wenn man merkt, dass man an die Grenzen der Medizin stößt, das sind keine schönen Erfahrungen.“ Er lächelte traurig in Gedanken. Sein Blick schien weit weg, doch dann sah er den anderen wieder an, die Gedanken mit einem leichten Kopfschütteln entfernend. „Und warum ich Männer attraktiv finde? Eigentlich weiß ich das schon länger, habe es schon früh gemerkt. Aber ich dachte mir immer, dass das fahrende Volk schon genug Probleme hatte, da musste ich mir nicht auch noch die aufbürden, die damit einhergingen, auf das gleiche Geschlecht zu stehen. Und außerdem war da noch Kathy. Sie war…“ Er suchte nach den richtigen Worten. „..sie war wohl einfach meine Jugendliebe. Wir waren als Kinder immer zusammen und irgendwann entwickelte sich mehr daraus. Aber wenn ich so im Nachhinein darüber nachdenke, war es nie wirklich mehr als eine tiefe Freundschaft. Eine Freundschaft, die einer Liebe gleichkommt und doch keine war. Letztlich fehlte das Feuer der Leidenschaft. Wir waren jung, gerade mal 16… Wie auch immer. Seit sie tot ist und ich ihren Tod verwunden hatte, habe ich mir gestattet, mich dem männlichen Geschlecht doch hin und wieder hinzugeben. Aber nur denjenigen, die mir wirklich gefallen haben.“ Er grinste den anderen an. „Nun ja, und dann standest du mir plötzlich in meinem Zelt und ich hatte das Gefühl, ich müsste ganz schnell fliehen, bevor sich meine Gedanken verselbstständigten.“ Oh Gott, wenn er daran dachte, wie er Dominico zunächst begegnet war. Im Nachhinein wusste er, warum er so heftig auf den anderen reagiert hatte. Und er hatte es ihm auch im Kerker gebeichtet, aber dennoch war es fast ein wenig beschämend, wenn er daran dachte. Also schnell das Thema wechseln. "Und bei dir? Erzähl mir ein wenig von deinem Leben, den vielen Narben und ihren Geschichten. Und erzähl mir, wieso ich das Glück habe, dass du Männern nicht abgeneigt bist." Dass jener sicher nicht nur auf Mänenr stand, wie er selbst von sich nun mittlerweile glaubte zu wissen, war ihm bewusst. Schließlich hatte der andere zwei Kinder und eine Frau und er hatte gesehen, wie jener sich von einer Frau hatte abschleppen lassen. Kieran musste definitiv mit mehr kokurrieren, als es Dominico im Gegenzug musste.
 

Dominico

Er wusste nicht, inwiefern es klug sein würde, noch mehr über Kieran zu erfahren, und inwiefern es seine Meinung über ihn ändern würde, doch Nico war wohl kaum in der Position, Eifersucht zu empfinden. Und bei all den Dingen, die Nico in seinem Leben getan hatte, konnte er froh sein, dass ihm gewisse Körperteile den Dienst noch nicht verweigerten. Kieran war sauber, wirklich sauber - das wusste er inzwischen und er wirkte nicht wie jemand der sich durch die Welt vögelte. Er lauschte interessiert den Ausführungen während er es doch nicht lassen konnte, Kierans Körper zu streicheln. Als es kühler wurde, zog er eine Bettdecke über sie beide, löste sich aber weiterhin nicht. Der Herbst hielt Einzug und bald würde es deutlich kälter werden.
 

Kierans Leben klang nach Abenteuer und Spaß, aber auch nach einer harten Schule. Er erfuhr, warum Kieran sich für Medizin interessierte und auch, dass er eigentlich nicht Sohn seiner Mutter war. Er hatte es sich fast gedacht, denn Kieran sah seiner Muter und seinem Vater nicht ähnlich, aber in solchen Familien konnte man nie wissen. In seiner eigenen war es ja kaum anders - auch wenn er sich relativ sicher sein konnte, dass seine Kinder seine eigenen waren, wer konnte schon wissen, ob da nicht Bruder oder Cousin die Hände oder eher etwas ganz anderes im Spiel gehabt hatten? Familie mochte einen Ausschlag geben, aber keinen so großen wie man immer wieder glauben wollte. Er machte es Kieran zumindest nicht zum Vorwurf unter welchen Umständen er groß geworden war - sicher hatte Kieran es oftmals leichter gehabt und mehr Spaß in seiner Kindheit gehabt als er selbst.

Als Kieran dann dazu kam, wie er eigentlich darauf gekommen war, Männer auch attraktiv zu finden grinste er. Ja, soetwas merkte man immer früh. Er konnte sich noch lebhaft daran erinnern, als er das erste Mal von soetwas gehört hatte. Von jungen Männern in Bordellen und seinem und Rods sehr angestrengten Gespräch darüber. Sie waren sich so sicher gewesen, dass das alles Unfug war... er schob den Gedanken wieder bei Seite, um sich auf Kieran zu konzentrieren und ließ eine Augenbraue in die Höhe schnellen. "Ohja, ich kann mich sehr lebhaft daran erinnern... und wie du die Flucht ergriffen hast. Ich war wirklich beleidigt und zwar nicht unbedingt davon, so abgewiesen zu werden, sondern von deiner Art... so als sei ich wirklich ein Monster, dabei hätte ich wesentlich offensiver sagen können, dass ich nur wünsche, dass du in mein Bett steigst." Er war eigentlich recht umsichtig an die Sache heran gegangen, aber Kieran war zu feinfülig gewesen und hatte den Braten schon von weitem gerochen - naja man hatte halt nicht immer Glück. "Dann kann ich mich ja glücklich schätzen, in deinen Augen gutaussehend genug zu sein, hmn? Ohje, und jetzt fragst du mich.." Er sah an sich hinab, sah auf die Narben. "Wenn ich dir wirklich jede einzelne Geschichte erzählen würde, dann sitzen wir in drei Wochen noch hier. Aber ich denke einige der wichtigsten solltest du schon erfahren." Er schmunzelte und legte sich etwas bequemer. "Wie du sicher weißt, oder dir zumindest denken kannst, bin ich in Italien aufgewachsen. Alessandro ist mein älterer Bruder, zwei Jahre um genau zu sein - auch wenn man diesen Unterschied kaum sieht. Obwohl unsere Familie ihre Landgüter weit ab von Rom unterhält, ist ein Teil der Familie immer in Rom und alle Kinder aus der Familie wachsen in Rom auf und gehen im Vatikan in die Schule. Das gehört sich so, frag mich nicht warum. Zusammen mit Rodrego Fernale haben wir die Stadt unsicher gemacht, ich glaube wir hatten recht schnell einen Namen. Die kleinen Narben stammen von damals." Er deutete auf zwei Narben, eine am Arm eine an der Stirn. "Prügeleien unter kleinen Jungs, man härtet sich sozusagen ab. Mein Bruder wurde irgendwann dazu ausgebildet, Kardinal zu werden. Es ist üblich, dass der ältere Bruder dieses Amt übernimmt und ich bin Gott dankbar, dass es nicht mich getroffen hat. Irgendwann war er Kardinal und ich bei der Armee. Es geht in unseren Kreisen sehr schnell. Den Umgang mit der Waffe lernst du, wenn du gerade groß genug bist das Schwert halten zu können und kaum alt genug, wirst du in deine erste Schlacht geschickt. Meine erste hab ich fast nicht überlebt." Er deutete auf eine eigentlich unscheinbare Narbe an der Seite. "Ein Dolchstoß, hat zum Glück nichts Ernsthaftes getroffen.. Alessandro hat mir beigestanden in der Zeit.. später habe ich erfahren, dass er kurz davor gewesen war, die Robe abzulehnen und zu flüchten. Er ist meinetwegen geblieben, verrückt nicht wahr? Naja.. ich hatte das Gefühl ihm dafür etwas schuldig zu sein und habe es manchmal noch. Als sich für uns die Möglichkeit ergab nach England zu kommen, habe ich sofort zugestimmt. Es hat uns vom Einfluss des Vatikan einfach ein wenig gelöst und wir leben hier freier, auch wenn es einfach nicht unsere Heimat ist." Er hatte Kierans Hand gegriffen und musterte sie und seine die ineinander verschlungen waren. "Auch meine Frau zu heiraten hat geholfen, den Einfluss zu mindern.. man denkt, ich sei alt und gesetzt genug, um mich um Familiäres zu kümmern. Man sieht ja wie gut das klappt." Er grinste. "Naja, all die anderen Narben habe ich vornehmlich aus Schlachten und Scharmützeln in Italien mit verfeindeten Familien. Ein Paar hier aus England, eine aus Frankreich, bei der ich das erste mal an Henrys Seite in den Krieg geritten bin. Und die Sache mit den Männern....", der Gedanke von vorhin kam ihm in den Sinn, "ach, wir hatten das mal gehört. Drei halbstarke Jungs, die sich damit brüste,n mal in einem Bordell gewesen zu sein, wenn wir gerade mal durch die Vorhänge gelugt hatten. Wir haben festgestellt, dass es wohl auch Männer dort drinnen gibt, die sich an Männer verkaufen, und es war total schockierend. Mit Rodrego habe ich nächtelang darüber debattiert, was die dann wohl machen. Ich meine, wir wussten ja was uns an uns gefällt, aber das alles war so komisch, dass wir es uns nicht vorstellen konnten. Einmal haben wir uns auf die Lauer gelegt und es beobachtet, frag nicht wie wir uns damals darüber kaputt gelacht haben. Es war ein alter Kardinal, der es kaum geschafft hat, seine Männlichkeit in Gefechtsposition zu bringen und der Jüngling musste sich ganz schön anstrengen. Danach haben wir im Stall gesessen und immernoch behauptet, es sei widerwärtig. Irgendwann kamen wir auf die Idee, es mit einem Kuss zu versuchen.. naja, die nächste kluge Feststellung war, dass ein Mann wohl nicht feucht werden kann wie eine Frau." Er musste auflachen bei dem Gedanken daran. "Naja, und dann haben wirs irgendwann nochmal versucht, hat uns wohl nicht losgelassen.. Wie es mit meinem Bruder aussieht, weiß ich nicht, wir haben es ihm auch erzählt, aber er schien zu wissen, wie es geht. Naja, es gab kaum was, das wir drei nicht geteilt haben. Mit Rodrego dachte ich sogar eine Weile lang einen Gefährten fürs Leben gefunden zu haben, aber.. wie du sagst, eine Freundschaft ist nicht gleich Liebe, auch wenn sie enger nicht sein kann. Und wir hatten schwere Zeiten, in denen wo froh waren, einander zu haben." Auf Kathy war er nicht eifersüchtig... das war vor seiner Zeit gewesen, aber was war mit anderen Männern zur jetzigen Zeit? Hatte es die gegeben? Vielleicht sollte er besser nicht fragen.. oder einfach mal mit gutem Beispiel voran gehen? "Als..", setzte er an und sein Gesicht verzog sich etwas, "ich dich an diesem Abend nicht haben konnte, war Rodrego bei mir... aber der Gedanke an dich hat mich nicht wirklich losgelassen. Vielleicht ist es ein guter Zeitpunkt dir zu sagen, dass es mir leid tut, was ich zu dir gesagt habe... im Zelt in Spanien. Ich habe das nicht so gemeint." Nein, das hatte er wirklich nicht. "Und auch wenn ich mich in London ablenken musste, habe ich dich seit Camebridge nicht vergessen. Aber sag-" Er sah wieder in Kierans Augen und versuchte sich an einem herausfordernden Grinsen. "Was genau hast du denn eigentlich in diesen Lokalen getrieben von denen du erzählt hast, hmn? Wo Männer mit gleichgesinnten..?" Er ließ es offen, doch Kieran würde schon wissen, um was es ging.
 

Kieran

Hm, ja beleidigt war der andere gewesen, das hatte er gemerkt. Aber das hatte ihn auch nur in seiner Vermutung gestärkt. „Ich bin froh, dass es gekommen ist, wie es gekommen ist“, sagte er. Denn wenn er wirklich mit Dominico nach Hause geritten wäre damals. Ob sie dann jetzt hier so dalägen? Und so wie es im Moment war, war es wunderbar. Also lieber nichts an der Vergangenheit schrauben. Er grinste breit, als der andere die Schlussfolgerung zog, dass er froh sein könne, mit ihm hier liegen zu dürfen. „Ich bin sehr wählerisch..“, merkte er an und küsste den anderen kurz, bevor er ihm zuhörte, was jener von sich zu berichten hatte. Er hörte, dass Nico mit seinem Bruder in Rom aufgewachsen war, dort sogar beim Vatikan zur Schule gegangen ist, dass sein bester Freund offenbar jener Rodrego war, dessen Namen Nico auch schon genannt hatte, als er ihn gebeten hatte, für sein Anwesen und seine Gefolgschaft und eben seinen Freund der Hausarzt zu werden. Er hörte heraus, dass Alessandro in die Kardinalsrobe geschlüpft war, obwohl er es nicht wollte, dass Nico sich ihm gegenüber schuldig fühlte. Dass er selbst Soldat geworden war, seine erste Schlacht kaum überlebt hatte. Dass sie letztlich England als Fluchtmöglichkeit genommen hatten, um ein wenig mehr atmen zu können. Und Kieran konnte das verstehen. Dominicos Jugend klang so gar nicht nach Freiheit und Selbstverwirklichung. Es klang nach Pflichterfüllung, nach dem Streben, Erwartungen nicht zu enttäuschen, nach Ausbrechen, sobald sich die Gelegenheit ergab und den Konsequenzen von Blessuren dadurch, bevor man wieder in das Korsett zurückkehrte, das einem von Geburt an angezogen wurde. Seit ihrem Gerpsäch damals im Lager vor Cambridge wusste er, wie Dominico zu seiner Frau stand, welches Verhältnis sie zueinander hatten, so dass ihre Erwähnung ihn auch nicht weiter störte. Vielmehr musste er lächeln, als Dominico ihn letztlich als Grund nannte, weshalb jener wesentlich weniger gesetzter und alt war, als es vielleicht den Anschein haben sollte. Er zog ihre ineinander verschlungenen Hände zu sich und küsste den Handrücken des anderen sanft. Dass Dominico in vielen Schlachten sich zu bewährend hatte, das war eine Sache, die ihn durchaus nicht unberührt ließ, eine andere war die Tatsache, dass er auch von Angriffen nicht gefeit war, die jederzeit und immer von irgendwelchen Rivalen herkommen konnten. Er hatte in Spanien gesehen, wie schnell der andere in Lebensgefahr schweben konnte. Er sagte dazu nichts, es war Nicos Leben. Aber wenn sich jemals eine Möglichkeit ergeben würde, dass dieser sich etwas mehr aus dem Brennpunkt zurückzog, würde er ihn darum bitten, es zu tun. Es war schon damals in Spanien schlimm gewesen, der Gedanke, ihn zu verlieren. Jetzt, wo sie wirklich zueinander gefunden hatten, war das noch viel unerträglicher.

Als Dominico ihm erzählte, wie er den Weg zu den Männern gefunden hatte, lauschte er mit einem amüsierten Grinsen den Ausführungen. Und es war wunderbar, den anderen anzusehen, während er erzählte, auflachte, in diesen Erinnerungen versank. Dominico war einfach unheimlich schön.

Allerdings war Kieran überrascht, als Nico ihm erklärte, dass er einmal mit diesem Rodrego zusammen gewesen war, dass sie miteinander Sex gehabt hatten, auch wenn es offenbar eben ähnlich wie bei ihm und Kathy keine Liebe gewesen war. Aber sie waren offenbar noch immer eng befreundet. Wie Rodrego sich dann wohl im gegenüber verhalten würde? Ob jener das genauso sah, wie Dominico? Er wollte etwas sagen, in diesem Punkt nachfragen, damit er wusste, was auf ihn zukam, aber Nico sprach schon weiter. Und es war schon ein seltsames Gefühl, als er hörte, dass er an jenem Abend durch den Mann ersetzt worden war, mit dem Nico einmal eine Beziehung gehabt hatte. Er wusste nicht so genau, wie er darüber denken sollte. Aber eigentlich war das doch völlig egal, oder? Sie waren da so weit weg von dem, was sie jetzt hatten, wie sonst nie wieder. Also warum sollte es ihn stören? Doch das komische Gefühl in seinem Magen wurde nicht besser, als Dominico sich auch noch dafür entschuldigte, was damals in Spanien im Zelt gesagt worden war. Auch nicht, als jener ihm offenbarte, dass er sich in London „abgelenkt“ habe. Und im nächsten Satz wollte er von ihm wissen, was er so in den entsprechenden Pubs in London trieb. Kieran war ein wenig irritiert. Aber wieso? Wie ihn Dominico daran erinnerte, war er auch nicht keusch geblieben. Nicht wahr?

„Ich..“, sagte er nachdenklich, sammelte sich dann aber und sah den anderen wieder an. „Ich habe mich genauso abgelenkt, wie du dich offensichtlich“, fuhr er dann fort. „Ich war der festen Überzeugung, dass es besser für uns ist, wenn wir uns nicht mehr sehen, dass du eh kein Interesse an mir hast und ich dich einfach vergessen sollte.“ Ja, so war das in London in der Anfangszeit gewesen. Damals hatte er keinen Anspruch auf Nico gehabt und sich genauso wie dieser mit anderen Dingen abgelenkt. „Ich gehe mit John oft in ein irisches Pub. Die Stimmung ist schön, es wird getrunken, getanzt und gelacht, es ist locker und es gibt dort viele Studenten, die ihre pseudophilosophischen Gespräche führen und daran arbeiten, die Welt zu verbessern.“ Er grinste leicht, fand er diese verkopften Menschen doch unheimlich rührselig und naiv. „oder wir gehen ins Red Stallion, eine Kneipe für Freidenker. Ich mag die Atmosphäre und das Gefühl der Ungezwungenheit. Und wenn man weiß, worauf man achten muss, dann findet man auch ein paar Männer, mit denen man tanzen kann, oder ‚nach hinten‘ verschwinden kann, oder eben nach Hause, je nach dem, welche Bedürfnisse man hat.“ So war das damals gewesen. Seit er wieder Hoffnungen auf Dominico gehabt hatte, war er mit John vor allem gegangen, um andere Bekannte zu treffen, zu trinken, zu tanzen und zu reden. Er wusste nicht so genau, wie er zu dem Thema Treue stand. Aber ihm war im Moment klar, dass er Nico nicht teilen wollte. Er spürte das nagende Gefühl der Eifersucht tief in sich. „Es gibt aber auch Läden, in denen es eindeutig vor allem um Sex zwischen Männern geht. Das kann durchaus mal ganz nett sein, wenn man keine Lust auf lange Gespräche hat, sondern einfach nur das Verlangen nach schneller Befriedigung. Die habe ich aber damals eher weniger aufgesucht.“ Er sah den anderen an. „Ich habe es dir ja schon einmal angeboten, John und mich zu begleiten. Das Angebot steht noch immer. Allerdings hoffe ich, dass ich dann nicht zusehen muss, wie du ‚nach hinten‘ verschwindest. Denn ich glaube, da hätte ich definitiv ein Problem damit.“ Er sagte das überlegend. „Dass ich dich bei Hofe wahrscheinlich nie für mich haben werde, darüber denke ich lieber nicht nach. Solange ich es nicht weiß und sehe, ist es mir wahrscheinlich auch egal. Aber wenn ich bei dir bin, möchte ich nicht den Eindruck haben, dich teilen zu müssen, zumindest nicht richtig, also sexuell... du weißt schon, was ich meine, oder? Flirten ist eine Sache, aber Sex eine ganz andere.“ In diesen Kneipen wurde nunmal viel geflirtet. Und Nico war sicher jemand, der so einige ansprach. Aber zu wissen, dass jener sich einen Blowjob dort am Ende abholte oder einen Quickie – nein, lieber nicht. Er würde das auch nicht tun.

„Wenn du sagst, dass du Rod in Cambridge bei dir hattest, heißt das, dass ihr da noch zusammen ward? Wie ist dein Verhältnis zu ihm? Ich soll ja auch ihm ein Arzt sein, soweit ich das weiß. Und irgendwie ist das ein wenig komisch, es fühlt sich seltsam an.“ Er blickte wieder auf ihre Hände, die ineinander lagen, so als würden sie sich nie trennen wollen. „Und was du damals im Zelt gesagt hast… Ich habe nur deshalb das Zimmer betreten, um das zu verhindern. Es aber aus deinem Mund zu hören, hat mich ganz schön erschreckt. Mittlerweile weiß ich, dass du das nur gesagt hast, um mich wirklich zu verschrecken, damit ich dich vergessen kann. Es ist schon ok. Du musst dich nicht dafür entschuldigen.“
 

Dominico

Sie waren an einem sehr heiklen Thema angekommen und Nico merkte es. Obwohl sie wohl beide das dringende Bedürfnis hatten, darüber zu sprechen, fiel es ihnen nicht leicht sich so ganz zu entblättern. Kieran war es ja schon damals nicht leicht gefallen, jetzt schien es noch schwerer zu sein - Nico konnte es nur zu gut nachvollziehen. Schon im Kerker hatte es Kieran nicht gepasst, sein Innerstes preis zu geben, hier war es eine andere Situation aber es kostete sie beide Überwindung. Nico war zwar vorgeprescht, doch er hatte gesagt, was er hatte sagen wollen - jetzt war es an Kieran nachzufragen und ob ihm das schmecken würde, wusste er noch nicht. Er sah bereits an Kierans Gesicht, dass das Geständnis mit Rodrego nicht in sein Konzept gepasst hatte von dem, was er damals von Nico gedacht hatte, aber das hatte Nico bereits erwartet. Als Kieran dann zu erzählen begann merkte Nico bereits wie sich etwas in ihm verkrampfte. Eifersucht war auch in seiner Beziehung zu Rodrego ein Thema gewesen, denn während er selbst nicht sehr oft darauf achtete, wie er sich gab, achtete er bei anderen peinlich genau darauf. Er machte zwar nicht direkt Szenen, doch er wurde schnell misstrauisch und das vermutlich zu unrecht. Er fühlte wie sich in ihm Widerstand breit machte, als Kieran von diesen Lokalen berichtete und dem Spaß, den er dort gehabt hatte. Wie er darüber sprach klang es offen und ehrlich, doch in Nicos Ohren klang es wie der reinste Betrug, obwohl er nicht mal damit zu tun hatte. Er schob das Gefühl bei Seite, konzentrierte sich auf die Dinge, die vor ihnen lagen, und die Einladung klang gut. Das was danach kam, brachte ihn aber eindeutig zum Grübeln und er räusperte sich. "Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht Henry bin, der seinen Schwanz in jedes sich ihm bietende Loch steckt, obwohl ich Königin und Mätressen zur genüge habe. Ich will auch am Hof nicht in deiner Abwesenheit herumhuren, auch das gehört sich nicht.. und ich werde sicher nicht vor deinen Augen mit einem anderen Mann "nach hinten" verschwinden, um sonstetwas zu tun. Zumindest nicht, wenn ich noch im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin." Er wollte das Thema etwas auflockern, das ihm gerade schon ordentlich auf die Brust drückte. "Wenn nicht, musst du der Mann sein, mit dem ich nach "hinten" verschwinde, okay? Er grinste, doch es lag auch eine Spur Ernst in seinem Blick. "Ich bin jemand, der sicher gerne flirtet und sehr charmant sein kann, aber.. Ich feiere manchmal auch ein bisschen zu gut." Es war keine Entschuldigung, das wusste er selbst. "Aber keine Sorge, ich kann auch an mich halten. Und wenn ich dich haben kann, dann will ich keine der anderen aufgedonnerten Frauen am Hof.. nein, dich in meinen Armen zu haben, ist tausend mal schöner.." Er küsste Kieran sanft ehe er wieder zu dem ernsten Thema zurückfand. "Mein Verhältnis zu Rodrego ist nur noch freundschaftlich. Es war im Grunde nie etwas anderes, außer das wir eine ganze Zeit lang täglich in einem Bett geschlafen haben. Mir ging es schlecht und er war für mich da und umgekehrt, das ist alles. Wir waren im Cambridge auch schon lange nicht mehr zusammen, es war nur die Not und ein Theaterspiel für meinen Bruder. Alessio.. naja, ich weiß es nicht genau - er hat es mir nie gesagt, aber ich glaube, als wir noch jünger waren, da hatte mein Bruder ein Auge auf Rodrego geworfen. Als er und ich aber gemeinsam diese 'Freuden' - wie ich sie die beschrieben habe - kennen gelernt haben, war Rod für meinen Bruder zum Tabu geworden, er wollte wohl nicht mit dem gleichen Mann wie ich.. keine Ahnung." Er schüttelte kurz den Kopf. "Auf jeden Fall, als ich die Wette verloren hatte, da wollte ich nicht allein sein. Alessio hat mir mit diesem blonden Flittchen wirklich eine lange Nase gezeigt und dass er ihn nicht direkt auf meinem Schoß genommen hat, war alles. Sie kamen zu uns in den Zuber, oder wollten zumindest, aber das hätte ich nicht ertragen. Also ist Rod in die Bresche gesprungen und hat sich selbst auf meinen Schoß gesetzt und aus dem Theater für Alessio, den es wohl wirklich getroffen hat, uns so zu sehen ist dann einfach mehr geworden. Es hatte nichts zu bedeuten, es war nur Sex, nur Befriedigung." Und das war es wirklich gewesen. "Rod sieht das nicht anders, wir sind Freunde und er wird sich für mich freuen, wenn er von dir und mir erfährt, da bin ich sicher." Er streckte sich etwas und zog Kierans Knie an, so dass er es um seine Hüfte schwang. "Ich kann mir schon denken, dass du nicht grundlos damals ins Zimmer geplatzt bist nur.." Er suchte nach den richtigen Worten "Ich will ehrlich sein. Ich hatte nicht so häufig die Gelegenheit, mich mit sonstwas zu vergnügen, und die Befriedigung, die ich empfinde, wenn ich mit dir schlafe, ist nichts gegen das, was bei schnellem Sex hinter einem Wandvorhang mit einer Frau passiert. Seit du bei Mr. Chambers in die Lehre gegangen bist, wollte ich dich. Dass ich es überhaupt geschafft habe, aus diesem Haus zu flüchten, wundert mich heute noch. Jeder Brief, den du mir geschrieben has,t hat mich weiter getrieben in dieser Sehnsucht, ich wollte dich so sehr.. und dann steht dieser Kerl vor mir und bietet mir an.. wärest du nicht hinein gekommen, dann hätte ich es getan. Ich hätte es bereut, ich hätte es nicht gewollt, nicht im tiefen Inneren - aber ich hätte es getan. Ich hatte diese Wut in mir über das, was er sagte, ich hatte Druck, der einfach raus musste.. ich glaube nicht, dass es für ihn besodners angenehm gewesen wäre, und vermutlich hätte er danach nichtmal mehr seine Frau beglücken können." Er zuckte mit den Schultern. "Aber es wäre auch nur ein Mittel zum Zweck gewesen.. nicht weil mich sein Angebot gereizt hat, sondern weil mein Verstand vor Sehnsucht nach dir beinahe ausgesetzt hat." Er wollte das Kieran es verstand, auch wenn es kaum zu verstehen war. Und jetzt war er wieder an der Reihe, oder? "Erzähl mir.. von John." Er wollte seine Stimme nicht forschend klingen lassen, doch nch allem was er über John wusste, war das Konkurrenz im Haus - und das war gar nicht gut.
 

Kieran

Es war wirklich nicht einfach, über all diese Dinge zu sprechen. Aber Ehrlichkeit war das Wichtigste, wenn ihre Beziehung irgendeine Zukunft haben sollte. Sie kamen aus so völlig verschiedenen Welten, wenn sie da nicht ehrlich zueinander wären, könnten sie es auch gleich sein lassen. Also nahm sich Kieran vor, tapfer zu sein, bedenkend, dass das ein oder andere, was er Nico erzählte, diesem sicher auch nicht unbedingt schmeckte.

Er war froh, als Dominico ihm versicherte, am Hofe durchaus in der Lage zu sein, zu wiederstehen, und auch nicht vorhatte, vor seinen Augen sich abschleppen zu lassen. Nun, es gab Beziehungen, wo die Partner das durchaus erregend fanden – er hatte das beobachtet - aber es war definitiv nichts für ihn selbst. „Ich denke ohnehin, dass - wer auch immer versuchen sollte, dich abzuschleppen - nicht wirklich an mir vorbeikommt. Und so oder so werde ich dann immer der sein, der mit dir nach hinten verschwindet!“ Vielleicht sollten diese Worte Spaß sein, aber dem war eigentlich nicht so. Selbst wenn es jemanden gäbe, der versuchen würde, Nico anzugraben – er würde sicher nicht tatenlos zusehen und den anderen gewähren lassen. Er konnte da schwer aus seiner Haut. Sanft erwiderte er den Kuss, nachdem Nico ihm versichert hatte, dass es er war, den er in seinem Armen liegen haben wollte. Er lächelte. Ja, das wusste er. Aber so wie er sich kannte, so wie er die Situation einschätzte und wie er Nico kannte, war er sich sicher, dass auch andere Zeiten auf sie zukämen. Er war da Realist genug.

Dass Dominico so ausführlich über sein Verhältnis zu Rodrego berichtete, gab Kieran die Gewissheit, dass es wirklich nicht mehr war, dass sie auch in Cambridge nur Sex gehabt hatten. Er hatte damals ohnehin überhaupt keinen Anspruch auf den anderen, also betraf es ihn letztlich auch gar nicht. Interessant fand er dann diese Dreiecksbeziehung zwischen Alessio, Rod und Nico, bzw. die Geschichte aus Cambridge, die nun eine ganz neue Dimension erreichte, als die Ausführungen des anderen in den Stallungen damals. Kieran nickte, als Nico damit endete, dass Rod sich für sie freuen würde. Er war gespannt, wer Rodrego wohl war, und war sich sicher, dass er ihn noch kennenlernen würde.

Es schien fast, als wolle Dominico ihn festhalten, als er sein Bein über seine Hüfte zog, damit Kieran bei den folgenden Worten nicht würde fliehen können. Denn die Geschichte mit Gregor beschäftigte Kieran noch immer ziemlich, manchmal nachts in seinen Träumen, manchmal tagsüber, wenn er jemanden sah, der seinem ehemaligen Schwager ähnlich sah. Er hatte das alles verdrängt, aber es lastete noch schwer auf ihm. Und so wurde sein Blick auch sehr ernst, als der andere erklärte, weshalb er wohl wirklich auf dieses Angebot eingegangen wäre. Und dabei dachte er auch an John, bei dem er damals ins Bett gekrochen war, weil er ihm die Wärme gespendet hatte, die ihm gefehlt hatte, nachdem Dominico sich im Waschhaus von ihm abgewandt hatte. Und Kieran glaubte Nico, dass er es nicht gewollt hatte. Es war wahrscheinlich die Tatsache, dass Gregor ihn so schikaniert hatte, dass er ihn so blöd angegangen war, ihn so offen gehasst hatte, die die Sache für ihn so schlimm machte. Wäre er hinzugekommen, wenn irgendwer Nico zweideutige Angebote gemacht hätte, dann wäre er wahrscheinlich gegangen. Aber bei Gregor war da einfach etwas anderes. „Du hättest mich damals schon haben können, mein Herz hattest du schon längst“, sagte er schließlich und seufzte. „Wir haben uns eine ganze Zeit lang unnötig gegeißelt. Ich.. Mich hat die Sache mit Gregor glaube ich am meisten deshalb verletzt, weil ich gerade so guter Hoffnung gewesen war, dass wir uns wieder annähern. Die Briefe, der Benimmunterricht.. Ich hoffte, dass ich einfach nur geduldig sein musste, dass du dich vielleicht doch noch für mich entscheiden würdest. Und dann ausgerechnet Gregor, der mir so böse Dinge an den Kopf geworfen hatte… Ich war irgendwie schrecklich enttäuscht.“ Nun, vielleicht sollten sie das jetzt auch einfach ruhen lassen. Es war vorbei, sie hatten sich über Umwege doch noch gefunden und Gregors Tod reute ihn nicht.

„Von John?“ Kieran sah den anderen prüfend an. Hörte er da ein wenig mehr als nur belangloses Interesse heraus? „John ist zu einem guten Freund geworden. Wir haben uns auf Anhieb verstanden, obwohl er eigentlich ein absoluter Einzelgänger ist. Er war froh, jemanden im Haus zu haben, der ihn akzeptiert wie er ist. Er hat mir von der Uni erzählt, mir die Unterlagen aus den Vorlesungen zur Verfügung gestellt, weil er wusste, wie scheinbar unmöglich es für mich sein würde, an die Uni zu kommen. Er sagte immer, dass ich der bessere Arzt werden würde, als er es ist. Er liebt seine Drogerie, er ist ein genialer Alchimist, wenn man so will, aber er ist kein besonders guter Arzt. Er kann zum Beispiel kaum Blut sehen. Er hasst es, an Leichen herumzuschneiden. Dafür liebt er die Poesie, die Literatur, die Musik. Und Männer.... Er ist ein ganz widerwärtig direkter Mensch und sein Sarkasmus ist nicht immer leicht zu ertragen. Aber es wundert mich nicht, dass er so ist. Sein Vater ist sehr streng mit ihm, zu streng. Er ist nicht sehr beliebt, denn die wenigsten können ihm das Wasser reichen. Er hat einfach eine zu scharfe Zunge, ohne dass man es ihm zutrauen würde. Keine Ahnung.“ Er zuckte mit den Schultern und dachte einen Moment nach. Er hatte noch nicht ganz durchschaut, was John so hatte werden lassen, wie er geworden war. Im Gegensatz zu ihm wusste der andere allerdings, sich im rechten Moment zurückzunehmen, wann man besser seinen Mund hielt, und wann nicht. Er war in seiner Schicht perfekt aufgehoben, höflich dem Adel gegenüber, bissig, wenn es darum ging, die Gesellschaft oder Gleichgestellte einzuschätzen. Dabei ist er ihm gegenüber sehr feinfühlig. Kieran vermutete ein großes Herz unter all der Ablehnung, die er anderen entgegentrug. „Er hat mir London auf eine andere Art und Weise gezeigt und mir viel Kraft gegeben, als ich dort Fuß fassen musste.“ Irgendwie befand er es für besser, nicht zu erwähnen, dass jener ihm auch Nähe geschenkt hatte, als er sie ganz dringend gebraucht hatte, dass er ihm zu verstehen gegeben hatte, in ihm einen Partner finden zu können, dass jener ihm unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatte, dass er von Dominico nichts hielt. Es war für alle besser, wenn das erstmal so bliebe. Dennoch war sich Kieran sicher, dass ein nach Hause Kommen am Montag schwierig werden würde. Denn John ging davon aus, dass Kieran auf seiner Reise über Nico hinweg sein würde. Dass Nico mitgereist war, hatte er ihm nicht gesagt. Und gerade vor den Prüfungen und nach dem Mord an Gregor, waren er und John sich viel näher gekommen. Und Kieran hatte es vermieden, dem anderen eindeutige Signale zu geben – weder in die ein, noch in die andere Richtung.
 

Dominico

Gregor war eine Sache, die sie beide wohl nicht so schnell loslassen würde. Eine Sache, die sie niemals loslassen würde, da war sich Nico sicher. Ein Mord, den man mehr oder weniger gemeinsam beging, blieb immer im Gedächtnis, immerhin war man nicht allein damit, es zu vertuschen. Doch Nico wusste, dass Kieran niemals etwas darüber sagen würde, nichtmal unter Folter.. und er auch nicht. Sie hatten ja nichteinmal darüber gesprochen in der Zeit, in der sie so sehr versucht hatten, sich gegenseitig zu vergessen und sich beinahe zu hassen. Gregor würde immer ein Thema zwischen ihnen bleiben und genau deswegen wollte Nico, dass Kieran verstand, was ihn umgetrieben hatte - umso besser, dass Kieran es zumindest nicht erneut so sehr verteufelte. "Ich weiß, ich hätte dich haben können.." Mit einem Lächeln stahl er sich erneut einen Kuss von Kieran, diesesmal einen etwas längeren. "Aber es wäre ungerecht gewesen. Ich hatte darüber nachgedacht, aber die Bedingungen waren einfach falsch. Wenn, dann sollten es Bedingungen sein, die dir gerecht werden und ich bin mir auch jetzt noch nicht sicher, ob sie es sind. Dieses Versteckspiel ist falsch.. aber jetzt muss ich es spielen, weil ich dich nicht mehr gehen lassen kann." Um das nochmal zu unterstreichen drehte er sich etwas und zog Kieran halb auf sich. Er mochte das Gewicht von Kierans Körper auf seinem, es fühlte sich gut an. Und dann erzählte Kieran von John.. und auch wenn Nico eigentlich nicht derjenige war, der sich all zu sehr in den Intrigen bewegte, sondern eher sein Bruder, der sie selbst spann, so waren seine Ohren auch fein genug, um zwischen dein Zeilen zu "hören". Ja, wie John so war, charakterlich, und wie er war im Studium - das machte alles Sinn. Doch von dem Zeitpunkt, zu dem Kieran bei John und seinem Vater eingezogen war, bis zu dem Zeitpunkt, an dem er angefangen hatte zu studieren.. da waren Monate vergangen. Und John hatte Kieran sicher nicht jeden Tag von dem Studium erzählt, auch wenn er sich schon vorstellen konnte, dass Kieran wissbegierig wie er war den armen jungen Mann mehr als einmal genötigt hatte, ihm so viel wie möglich zu erklären. Dass John kein Blut sehen konnte, schloss aus, dass er ihm viel darüber berichtet hatte und Kieran sagte immerhin auch, dass er mit John feiern gewesen war.. Kieran schien seinem Blick bewusst nicht auszuweichen, gab aber unumwunden zu, dass John ausnahmslos am männlichen Geschlecht interessiert war. Er haderte mit sich. Er musste weiter nachfragen, das war klar - aber wie? Auf eine sanfte Tour, die es Kieran unmöglich machen würde, weiter zu schweigen, oder auf eine lustige unverfängliche Art, die Kieran das Gefühl vermittelte, dass Nico es ihm nicht übel nahm wenn mehr gewesen war? Er konnte förmlich riechen, dass da noch mehr hinter dem Namen "John" steckte und der Gedanke, Kieran zurück in dieses Haus gehen zu lassen war eine pure Tortur... andererseits stand Kieran nicht anders da, Rodrego wohnte auf ihrem Anwesen.

Und wenn Kieran Rod erstmal kennen lernte, gegen den Adam von Da Vinci blass wurde... dann würde Kieran vielleicht auch anders darüber denken. Wobei sich Nico noch nicht so sicher war, ob Kieran ähnlich eifersüchtig war wie er. Zwar klang es so an, aber Nico war... nun, recht jähzornig, wenn es um Eifersucht ging. Er entschied sich für eine Mischung beider Möglichkeiten. Mit einem Lächeln auf den Lippen stieß er Kierans Nase mit seiner an. "Du willst mir also sagen, dass du mit einem jungen Mann wie John, der sicher so ziemlich jeden Trick beherrscht, den es zu beherrschen gibt, jede Nacht unter einem Dach schläfst, ohne das er jemals Hand an dich gelegt hat?" Nico legte den Kopf schief. "Ich hab ja selbst erfahren dürfen, wie schwer es ist, dich aus deiner Kleidung zu schälen, aber... ich glaube nicht, dass du so prüde bist." Er grinste noch immer, strich Kieran über den Oberschenkel. "Ich hoffe die Verhältnisse zwischen euch sind so klar wie bei Rodrego und mir, ob nun etwas gewesen ist oder nicht... Ich möchte nicht, dass unser Glück von solchen Szenen getrübt wird." Ja, das war doch ganz gut gelungen, oder? "Und ich denke, ich werde deine Einladung annehmen. Nicht sehr bald, aber sicher irgendwann! Ich werde dich in diesem Pub treffen und du wirst staunen, wenn du mich dort siehst. Ich bin sicher, du wirst mich kaum widererkennen..." Denn Nico konnte sich stark verändern. Das Haar ein wenig gestutzt, was ohnehin wieder notwendig war, zurückgekämmt und ordentlich gemacht, gepaart mit einer anständigen Rasur und anderer Kleidung machte aus seinem Gesicht etwas vollkommen anderes. Hoffentlich gefiel er Kieran dann noch.. "Also, ich werde dir Bescheidgeben, wann ich es schaffe, euch dort zu besuchen für eine kleine Tour mit mir!" Er gab Kieran einen Klaps auf den allerwertesten. Ohje, die Mädchen würden fluchen, wenn sie die Laken zum Waschen bekamen. Alles war voller Öl, Schweiß und verdünntem Wein, den Nico noch versucht hatte zu trinken... allerdings war ihm das wegen Kierans Lippen eine Etage tiefer etwas missglückt.
 

Kieran

Kieran erwiderte den Kuss nur zu gerne, tat es doch so gut, jetzt Dominico so verbunden zu sein. Und als der andere schließlich weitersprach, seufzte er ein wenig. „Aber ich kann auch für mich selbst entscheiden und selbst darüber nachdenken, was mir gerecht wird, Dominico“, sagte er eindringlich. „Solche Dinge müssen gemeinsam entschieden werden. Und ich habe weit weniger ein Problem damit, verstecken zu spielen, als du es vielleicht glauben magst.“ Es freute ihn natürlich zu hören, dass Dominico ihn haben wollte und dafür alle Lüge in Kauf nahm. Aber er hatte da auch ein Wort mitzureden. „Aber lassen wir das. Wir haben uns gefunden und vielleicht hat uns diese ganze Geschichte auch noch einmal viel enger miteinander verbunden. Und das ist in jedem Fall gut. Er hatte sich auf den anderen ziehen gelassen und küsste Dominico nun sanft, schließlich verspielter. Seine Hand glitt über den Oberkörper des anderen und so zu liegen weckte schon wieder unanständige Gedanken in ihm, obwohl er eigentlich langsam wirklich geschafft von der Reise und dem langen Tag war.

Was nun kam ließ aber jeglichen Gedanken an erneuten Sex wieder verschwinden. Etwas kritisch musterte er Nico, der seine Eifersucht auf John offenbar versuchte hinter Witz und Lässigkeit zu verbergen. Aber dass jener nachfragte, zeigte nur zu deutlich, dass Nico mehr wissen wollte, wie es zwischen ihm und John stand. Und das, was er fragte, war ja wohl auch eindeutig. Seine Augenbrauen wanderten nach oben, als er das Wort ‚prüde‘ hörte und als sei das nicht schon genug, prophezeite ihm Nico, dass ihr „Glück getrübt“ werden würde, wenn da doch mehr war und sich John mehr erhoffte. Und als Nico ihm dann zusagte, mit ihm in das Londoner Nachtleben einzutauchen, klang das eher so, als wollte Nico sehen, wie keusch Kieran wirklich lebte. „Werde ich dich nicht wiedererkennen, weil du bei jedem Kerl, der mich ansieht, beißen wirst? Oder werde ich staunen, weil du versuchen wirst, alle in den Schatten zu stellen, die es wagen werden, mit mir zu tanzen?“, fragte er provozierend. Dann seufzte er. „John ist mir ein guter Freund und er ist nicht so wie du denkst. Er bekommt jeden ins Bett, das weiß ich, das sehe ich. Aber glaube mir bitte: er würde nie seine „Tricks“ auspacken, um MICH ins Bett zu bekommen. Das hätte er sonst schon längst getan. Er würde mich nie anrühren, wenn ich das nicht wollte. – Und das hatte er ja wirklich nicht, als Kieran mehrmals neben ihm die Nacht verbracht hatte. - Er hat mir durchaus zu verstehen gegeben, dass er sich mehr mit mir vorstellen könnte, aber ich habe ihm gesagt, dass es jemanden gibt, den ich nicht vergessen kann. Und wenn ich nach Hause komme, dann werde ich ihm sagen, dass es jemanden gibt, den ich nicht vergessen muss.“ Er sah Dominico ernst an. „Du weißt, dass ich mich nur schwer verstellen kann. Mir ist Ehrlichkeit sehr wichtig, und noch wichtiger ist mir Vertrauen. Wenn du mir nicht vertraust, dann kränkt mich das. Ich vertraue dir auch. Ich vertraue darauf, dass es sich so verhält, wie du mir das vorhin versprochen hast, bei Hofe, mit anderen Männern. Solange ich derjenige bin, den du liebst, möchte ich nichts davon wissen, was du bei Hofe zu tun hast.“ Er schwieg kurz. „Ich hatte nichts mit John und werde das auch nie haben, solange wir zusammen sind. Und meine Freunde sind meine Freunde.“ Irgendwie war er leicht gereizt. Sicher, für ihn wäre es auch nicht angenehm, wenn er wüsste, dass Rod und Nico noch vor kurzem etwas miteinander gehabt hätten und beieinander wohnen würden. Aber er hatte mit John definitiv nichts gehabt, außer dass er bei ihm geschlafen hat, als es ihm schlecht ging. „Du kannst uns gerne begleiten, aber verschone mich vor irgendwelchen Szenen, ok? Ich liebe dich, Dominico, von ganzem Herzen. Dich und nur dich.“ Er sah ihn eindringlich an. „Und daran ändert sich auch nichts, wenn ich mit meinen Freunden ausgehe und ein wenig Spaß habe.“ Er schwieg kurz. Er brauchte seine Freiheiten und würde diese auch Nico zugestehen. Er wollte unbefangen flirten können, das machte ihm Spaß. Aber das war ja nichts von Bedeutung. Wenn Dominico flirtete, war das auch ok. Solange jener eben zu Hause aß, wenn er sich auswärts Hunger gemacht hatte, war das in Ordnung. Und vielleicht fände er es auch nicht weiter schlimm, wenn Nico mit anderen Sex hatte. Er wollte es nur nicht auf die Nase gebunden bekommen. Und er wollte Ehrlichkeit dann haben, wenn jemand anderes Nico mehr bot, als er das konnte, wenn Gefühle mit ins Spiel kamen und wenn damit die Beziehung drohte zu kippen. „Wir gehen meist am Donnerstag und Freitag aus. Du bist jederzeit willkommen, wenn du es dir einrichten kannst. Aber ich muss jetzt erstmal heimkommen und sehen, was es zu tun gibt, bei Dr. Chambers, bei Mr. Forbes, an der Uni. Und ich muss auch dringend zu meiner Familie. Sie fehlt mir. Und das nächste Trimester startet auch. Die Zeit vor Weihnachten wird sehr stressig." Er seufzte leicht und ließ sich auf Nicos Brust sinken, legte den Kopf an der Schulter ab und strich mit seiner Hand dem anderen über die Brust. „Ich werde dir schreiben, sobald ich den Überblick habe, wann es etwas ruhiger wird.“
 

Dominico

Kieran wirkte eigentlich gerade so, als wolle er das Gespräch am liebsten verebben lassen, doch Nico merkte schnell, dass seine Aussage jetzt zu weit gegangen war. Kieran hatte seine lockere ungezwungene Fassade durchschaut und Nico wusste nicht genau, ob er froh darüber sein sollte oder ob ihn die Menschenkenntnis, die Kieran von ihm in so kurzer Zeit gewonnen hatte, erschrecken sollte. Kierans Blick war kritisch und Nico merkte, wie Kieran sich auch körperlich etwas distanzierte, auch wenn er noch immer auf ihm lag. Nicos Maske fiel und er verzog das Gesicht. So hatte er es ja jetzt auch nicht gemeint.. naja, und wenigstens bekam er jetzt eine etwas ausführlichere Erklärungzu John. Er wusste, dass er es ihm einfach glauben musste wenn Kieran sagte, dass John ihn nicht angerührt hatte. Kieran würde nicht lügen, das hatte er auch bisher nie getan. Dass John allerdings nicht der Typ dafür war, Kieran ins Bett bekommen zu wollen, da war sich Nico nicht all zu sicher.. schon gar nicht, wenn jener offenbar ein reges Sexleben hatte. Er hielt es aber für besser, jetzt nicht darauf hinzuweisen, dass Kierans Schauspielkünste wesentlich besser geworden waren, seit er in London studierte. Aber Kieran hatte vermutlich recht, dass er das nicht würde vor Nico verbergen müssen... und Nico selbst war die viel größere Fremdgehgefahr und er musste sich eindeutig an die eigene Nase fassen. Doch er war innerlich bereit dazu, und das war doch das wichtigste, oder? Wenn er bereit dazu war, treu zu sein, dann würde er es auch schaffen.

Dennoch konnte er nicht ganz verhindern, dass bei Kierans Darstellung seiner selbst jene höfische Arroganz in seinen Blick zurückfand, die Kieran bei ihrer ersten Begegnung so verabscheut hatte. "Irgendwelche Szenen?", echote er, ebenfalls etwas gereizt von Kierans Vorstellung eines eifersüchtigen Nico. "Würde ich Szenen machen, mein lieber Kieran, dann läge ich bereits tot in einem Wassergraben. Weder werde ich dich davon abhalten, mit irgendjemandem zu tanzen, noch werde ich dich davon abhalten, zu flirten, wenn es das ist, was du willst. Ich kann dir auch dabei zusehen, es stört mich nicht." Gut, das war nicht ganz die Wahrheit, aber solange Nico dabei war, störte es ihn wirklich nicht. "Was genau denkst du von mir? Ich glaube, du siehst die Sache etwas falsch. Ich bin es vielmehr nicht gewohnt, dass Männer oder Frauen, die mir sagen dass sie mich lieben mir treu sein wollen, das ist alles. Und wenn du mit John in einem Bett schläfst, dann finde ich das vielleicht nicht toll, weil ich der sein will, der neben dir im Bett schläft, aber wenn es so kommt, dann kommt es so. Ich will nur nicht, dass du zwischen zwei Stühlen stehen musst, das ist alles." Und das war es beinahe wirklich, denn auch wenn Nico Konkurrenzdenken hatte, er glaubte Kieran, wenn der ihm sagte, dass er ihn liebte. "Hmn.. ich will nicht daran denken, zurück zu müssen." Er fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht und strich die Haare zurück. "Wenn du möchtest, reiten wir schon am Sonntag zu deiner Familie.. ich könnte auch eine Nacht bei ihnen sein, wenn es dich nicht stört." Denn Nico war gern bei Kierans Familie und da er noch nicht offiziell wieder in London war, würde man ihn dort auch nicht suchen oder ihm auflauern. Es war also eine einmalige Chance.
 

Nico merkte, wie sich bleierne Schwere langsam aber sicher auf seine Glieder legte und er schob Kieran sanft von sich. "Ich gehe noch mal hinaus und sehe nach den Pferden.. danach brauche ich glaube ich dringend Schlaf. Willst du dich noch mal waschen?" Draußen gab es einen Brunnen, den sie dafür benutzen konnten.

Nico erhob sich langsam und ging nackt hinaus, wo kurz darauf Wasser plätscherte, als Nico sich das kühle Nass einfach übergoss und sich abschrubbte. Mit einem frischen Laken auf dem Bett würde es sicher viel bequemer sein zu schlafen. Er tränkte die Pferde noch einmal und gab ihnen frisches Heu, doch alles sah ruhig und friedlich aus. Er atmete tief die kühle angenehme Nachtluft ein und sah in den Himmel hinauf. Es war vielleicht das aller erste Mal, dass er Gott wirklich aus ganzem Herzen für das dankte, was er ihm mit Kieran geschenkt hatte.
 

Kieran

Die Fassade, die mit einem Mal auftauchte, ließ ihn etwas erstaunt den anderen ansehen. Doch mit den Worten begriff Kieran, was jener meinte, warum er sich jetzt hier so gab. Und er hatte ja recht. Er war wohl in der Sorge, von Nico ‚eingeengt‘ zu werden mal wieder über das Ziel hinausgeschossen. Alles, was ihn irgendwie einengte machte ihm Probleme, auch wenn es eigentlich absurd war. Seine Beziehung zu Nico war wohl eines der Dinge im Leben, das ihm die meiste Freiheit raubte. Aber er nahm es in Kauf. Allerdings konnte er dann gut und gerne auf Eifersucht verzichten. Wobei er selbst ja auch eifersüchtig war! Er musste dringend an sich arbeiten. „Und ich glaube nicht, dass ich, wenn du dabei bist, mit jemand anderem wirklich flirten möchte, aber man kann nicht verhindern, dass man angeflirtet und angegraben wird“, entgegnete er ruhig auf die Worte des anderen, dass er in seiner Anwesenheit ruhig flirten und tanzen dürfte. Und was Nico dann sagte, erstaunte ihn dann doch sichtlich. „Das werde ich nicht, keine Sorge“, beendete er dann vorläufig das Thema. Vorläufig, weil er sich fast sicher sein konnte, dass John noch einmal ein Thema werden würde. Nicht, weil er doch Lust hätte, sich auf ihn einzulassen – er hatte das wohl eigentlich auch gar nicht, er war eigentlich nicht der Typ Mann, der ihn reizte – sondern weil Nico und John sicher nie wirklich grün miteinander werden würden, soviel war ihm klar.

Er lächelte, als der andere sagte, dass er nicht ans Zurückreiten denken wollte und küsste ihn sanft auf den Hals. Ja, dass er bald wieder in dem Alltag sein würde, in dem jedes Treffen mit Dominico kostbar und schwierig werden würde, darüber wollte er lieber auch nicht so genau nachdenken. Sie waren die letzten Tage so viel beieinander gewesen, dass es ihm sehr schwer fallen wird, auf die Anwesenheit des anderen zu verzichten. Als Nico jedoch vorschlug, zu seinen Eltern mit zu kommen, dachte er kurz nach. „Weit ist es nicht“, überlegte er laut. „Eigentlich keine schlechte Idee, Dada wird glücklich sein, dich zu sehen.“ Er grinste leicht. "Lass es uns so machen. Das hält mir den nächsten Sonntag frei, an dem ich dich vielleicht sehen könnte."

Als Nico ihm erklärte, nochmal nach den Pferden sehen zu wollen, nickte er und rollte sich leicht von dem anderen herunter, ihn loslassend. „Ich komm nach“, sagte er und streckte sich kurz einfach nur ein wenig aus, um Ruhe zu finden. Die Dinge, die sie nun besprochen hatten, waren wichtig gewesen, aber auch irgendwie anstrengend.

Als das Plätschern schon wieder verebbt war, stand Kieran dann doch noch auf, bezog kurzerhand das Bett neu und ging hinaus, um es Nico gleich zu tun, und sich zu waschen. Der andere war wohl noch bei den Pferden, als er fertig war, zumindest hatte er ihn nicht zurückkehren sehen. Und so ging er frisch geduscht hinüber zum Stall, wo Nico stand und wohl die Ruhe genoss. Er umarmte den anderen von hinten, schmiegte sich an ihn und küsste ihn sanft zwischen die Schulterblätter. Dann legte er seinen Kopf an den Rücken des anderen und schloss einen Moment die Augen. „Lass und schlafen gehen“, wisperte er schließlich.
 

Sie genossen noch den nächsten Tag in vollen Zügen, um sich einfach Nähe zu schenken und mehr über den anderen zu erfahren. Viel zu bald würden sie sich wieder nur noch selten sehen können und auch dann teilweise nur kurz.

Die Heimkehr zu seiner Familie war eine Wohltat. Sie wurden herzlich empfangen und willkommen geheißen. Fatih, Timothy und seine Mutter wieder zu sehen, zeigte ihm erst wieder auf, wie sehr er sie vermisst hatte. Und sie redeten viel und aßen und tranken und sangen den ganzen Tag und Abend. Dass Dominico mittlerweile ganz offensichtlich sein Lebenspartner war, störte hier niemanden. Seine Mutter freute sich über die Kräuter, die er ihr mitgebracht hatte. Als sie abends ein wenig von ihrem neuen Programm zu Übungszwecken vorführten, merkte Kieran wie weit diese Welt mittlerweile von ihm entfernt war. Er würde so bald nicht mehr hierher zurückkehren können. Auch die Nähe zu Fatih hat gelitten, nicht nur daran, dass er so lange unterwegs gewesen war, sondern vor allem deshalb, weil Kieran mittlerweile einfach in einer ganz anderen Gesellschaftsschicht lebte. Das war nicht wertend gemeint, aber es entsprach nun mal der Realität. Dennoch war ihre Begegnung herzlich. Als sie abends in Richtung London aufbrachen, war ihnen beiden wahrscheinlich flau im Magen. Sie schwiegen den Weg über. Die entspannte Zeit war nun vorbei und es würde sich zeigen, wie sich ihre Beziehung im Alltag bewähren würde. Kieran war guten Mutes, dass sie das meistern würden, aber sie konnten zu diesem Zeitpunkt ja nicht einmal sagen, wann genau sie sich wiedersehen würden. Die Arbeit würde ihn ablenken, da war er sich sicher, Und dennoch fühlte es sich sehr schmerzhaft an, als sie sich kurz vor London verabschiedeten und Nico zurück auf sein Anwesen ritt.
 

Dominico

Eigentlich wollte Nico am liebsten gar nicht zu Bett gehen und schlafen, um so viel Zeit wie möglich mit Kieran verbringen zu können, aber so einfach war es leider nicht, sein Körper verlangte durchaus auch seine Rechte und so lagen sie bald eng umschlungen im frisch bezogenen Bett und schliefen bis die Sonne sie wachkitzelte.

Es war ein wunderschöner Tag, der leider viel zu schnell vorbei ging. Nico lernte Kieran endlich etwas besser kennen, erfuhr von seiner Kindheit und seiner Vergangenheit und Kieran lernte ebenso viel über ihn. Die Kluft zwischen ihnen war riesig, allein was ihre Erziehung und ihre Möglichkeiten betraf, doch sie fanden einen gemeinsamen Nenner und das war wichtig. Als sie am Sonntagmorgen zu Kierans Familie ritten fühlte Nico sich in der Gegenwart seines Partners wirklich einfach nur wohl und er wusste, dass er diese Zeit, in der sie sich so offen zeigen konnten, wirklich genießen musste - denn nur all zu bald würde das nicht mehr möglich sein. Auch in Briefen durften sie nicht all ZU offen schreiben, das war gefährlich. Es sei denn.. naja, es würde wohl eine Möglichkeit sein, die Briefe zu tarnen. Wenn nicht Nico, sondern eines der Dienstmädchen des Hauses die Liebesbriefe schrieb, würde jemand, der sie las, vielleicht nicht all zu viel hinein interpretieren - ja, Nico hob sich diesen Gedanken definitiv auf.

Bei Kierans Familie mussten sie sich zumindest nicht verstecken und es war ein schöner Tag mit viel feiern, lachen, singen und tanzen. Sie hatten viele Mitbringsel für Kierans Familie, die ein ums andere Mal in verzücktes Jauchzen ausbrach und Nico freute sich, weil er gern Menschen glücklich machte. Umso schwerer war es, sich am späten Abend von Kieran zu trennen. Er wollte ihn nicht gehen lassen, musste aber - nur wusste er bei diesem Abschied sehr genau, dass er Kieran wieder sehen würde, wieder halten können würde - und das tröstete ihn doch sehr über diesen Verlust hinweg. Als er das Anwesen erreichte war sein Bruder entweder schon im Bett oder noch aus. Nico beschloss einfach, selbst zu Bett zu gehen, ohne die Belegschaft zu wecken. Morgen früh würde er alles weitere mit Alessandro klären können.



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