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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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London 2 - Verspätung

Alessandro

Alessandro hatte in der Tat einiges mit Nico zu klären.

Als er am Samstagmorgen erwachte, fühlte sich sein ganzer Körper matt und taub an. Ein warmer Körper lag in seinem Rücken und ein recht schwerer Arm auf seiner Seite. Sein Rachen schrie nach Wasser und Alessio hangelte nach dem Krug, nur um festzustellen, dass sein Kopf ihm den Alkoholkonsum etwas übel nahm. Zum Glück war ihm nicht schlecht... Mit verzogenem Gesicht würgte er die ersten Schlucke Wasser hinunter, ehe seine Kehle wieder befeuchtet war und er den Becher hinunterstürzen konnte. Dann erkannte er Rodrego hinter sich und von seinem missmutigen Gesichtsausdruck fiel das Griesgrämige ab. Die Erinnerungen an die letzte Nacht kamen wieder wie eine Sturmflut in sein Hirn und dazu ein ihm unbekanntes Ziehen in seiner Kehrseite... Ja, auch daran erinnerte er sich jetzt. Nochmal fand ein voller Wasserbecher den Weg an seine Lippen, ehe er sich neben Rod wieder ausstreckte und sich an ihn schmiegte. Der Sonnenstand verriet ihm, das der Vormittag weit fortgeschritten war, aber das war ihm egal. Im Kopf ging er durch, was heute wichtig gewesen wäre und verwarf es gleich wieder. Nur ein Treffen mit Wolsey, in dem es darum ging, ihm den Hintern zu küssen... Und darauf hatte Alessandro gerade keine Lust. Er würde sich krankheitsbedingt entschuldigen, wenn er später nach London ritt. Jetzt wollte er Rodregos Nähe genießen, die ihn erfüllte und ihm das erste Mal seit langem das Gefühl gab, nicht allein aufzuwachen und nicht allein zu sein.

Als Rod erwachte, schmunzelte Alessio leicht und strich ihm das Haar aus der Stirn, ehe er auch ihm Wasser reichte, das Rod ähnlich gierig trank wie er.

Aufstehen war Alessandro noch nie so schwer vorgekommen. Als sie beide gefühlte Stunden später endlich aufstanden, um sich zu waschen und anzukleiden, kam es Alessio irgendwie vor wie ein herber Verlust. Rod musste sich wegen seiner Arbeit bald verabschieden und nur der sanfte Abschiedskuss tröstete den Kardinal darüber hinweg, ihn jetzt gehen lassen zu müssen.
 

Rodrego

Rodrego wachte von dem Gefühl auf, beobachtet zu werden. Und dieses Gefühl, das hier in dem Fall auch nicht wirklich ein schlechtes war, hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Er blinzelte und lächelte sogleich, als sich bestätigte, dass Alessio noch immer neben ihm lag, ihn ansah. Seine Arme zogen den anderen näher zu sich, während er die Augen noch einmal schloss, um erst richtig wach zu werden. Sanft küsste er den anderen an die Halsbeuge. „Wie spät ist es?“, wisperte er mit von Schlaf und dem Alkohol des vergangenen Abends verfremdeter Stimme. Er öffnete die Augen wieder etwas und nahm Alessio den Becher Wasser ab, den dieser ihm reichte. Er trank zügig und während er trank, merkte er, dass er irgendwie das Gefühl hatte, etwas vergessen zu haben, - neben den leichten Kopfschmerzen, die er verspürte. Er lauschte diesem Gefühl und wurde unruhig, als ihm der Brief in den Sinn kam.

„Hast du noch etwas vor, oder können wir noch ein wenig liegenbleiben? Ich möchte nicht ungemütlich sein, es ist grad so schön, aber ich möchte auch nicht, dass du Ärger bekommst wegen mir“, sagte er dann und als der andere ihm sagte, dass es nichts gäbe, was nicht bis später Zeit hätte, nickte er zufrieden. Nun, wenn dem so war, würde er ja den anderen von nichts zurückhalten, wie es in dem Brief gefordert worden war, oder? „Das ist schön“, sagte er lächelnd und küsste den anderen sanft auf die Schulter und zog ihn noch etwas näher an sich.

Dennoch war auch er ja nicht ganz ohne Arbeit und als sie sich schließlich verabschiedeten, küssten sie sich, als würden sie sich das Versprechen geben, sich bald wieder zu sehen, diese Nacht vielleicht bald zu wiederholen. Etwas Verbindliches, irgendetwas Konkretes sagten sie nicht, ließen in der Schwebe, was aus dieser Nacht in Zukunft werden würde, aber Rodrego würde es begrüßen, wenn sie wirklich ausprobierten, ob mehr zwischen ihnen sein könnte, als die Freundschaft, die sie bisher geteilt hatten.
 

Alessandro

In eine dunkelrote Robe gehüllt ritt Alessandro Sforza erst am Nachmittag durch die Tore von London zum Palast, durch die geschäftigen Gassen Londons. Er war mit den Gedanken allerdings ganz woanders und merkte erst als er Wolseys Arbeitszimmer erreichte, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Die Blicke der Menschen draußen hatte er eben noch als Überraschung über den Schnitt seiner neuen Robe gedeutet, doch jetzt merkte er, dass sie ihn musterten. Fragend? Forschend? Er zwang sich seine Gedanken beieinanderzuhalten, als er bei Wolsey vorgelassen wurde und erfuhr schon kurz darauf, warum die Menschen so starrten als er Wolseys wütenden Blick sah. "Wo seid ihr gewesen, eure Eminenz?" Alessio beeilte sich, sich zu verneigen. "Verzeiht, eure Eminenz, aber ich habe mir in Italien wohl den Magen verdorben. Mein Arzt musste mich heute Morgen erst behandeln, bevor ich in der Lage war zu essen", gab er zurück und Wolsey schien sich, wenn auch schlecht gelaunt, damit zufrieden zu geben. "Es gibt Probleme, massive Probleme." Er bot Alessio einen Stuhl an und der Kardinal setzte sich gegenüber seinem Kollegen. "Cromwell nimmt mehr und mehr Einfluss auf den König. Er sagt, eine Scheidung von Katharina sei rechtens, weil die Heirat bereits ungültig ist. Sie war ja bereits verheiratet und daher wahrscheinlich keine Jungfrau mehr. Er sagt, wenn Henry nur einen Weg finden würde, sich von Rom zu lösen, würde er dafür sorgen, dass der König Anne heiraten kann. Der König ließ darüber abstimmen und Eure Stimme fehlte zu unseren Gunsten!" Alessio runzelte die Stirn. Das waren in der Tat alles andere als gute Neuigkeiten, aber ein Drama war es auch nicht. "Dem Papst ging es bereits schlecht, als ich in Rom weilte. Ich bin sicher, man wird bald das Konklave einberufen und dann seid ihr Papst. Will der König sich nicht mehr gedulden?" Wolseys Handbewegung deutete auf das Gegenteil hin. "Er will keinen Tag länger vergeuden, an dem er keinen Thronfolger mehr zeugen kann! Er liegt seiner Frau nichteinmal mehr bei, sondern hat nur noch Augen für diese Hexe Boleyn. Wir müssen ihn dringend davon abhalten, sich von Rom loszusagen, sonst ist mein und euer Stand in London nicht mehr sicher."

Alessio nagte auf seiner Unterlippe, ehe er nickte. "Ich werde mit meinem Bruder sprechen, sein Wort hat Einfluss bei seiner Majestät. Er soll mit ihm sprechen." Und so debattierten sie noch den ganzen Nachmittag darüber, wie man Henry und seinen Heiratswahn stoppen konnte. Dass es seine Schuld war, dass es soweit gekommen war, sah Alessio zwar ein, doch er bereute es keinesfalls, so lange neben Rodrego im Bett gelegen zu haben... er konnte immernoch fliehen, wenn hier die Schiffe sanken, und noch nahm er Henrys Drohungen einfach nicht ernst.
 

Rodrego

Rodrego war überrascht, als an diesem Abend ein Bote kam, um ihm einen Brief zu überreichen. Noch bevor er richtig fragen konnte, von wem dieser Brief kam, eilte der Bote allerdings schon weiter. Rod war sich sicher, dass er ohnehin keine Antwort erhalten hätte.

Der Brief enthielt nur ein paar Worte: „Danke, Ihr werdet bald mehr erfahren; weitere Anweisungen folgen!“ – Rod war unschlüssig, was er damit machen sollte. Eigentlich hatte er Alessio in seinem Arm haltend vor dem Einschlafen beschlossen gehabt, diesen Brief zu vergessen, ihn zu ignorieren, und sich vielleicht doch einfach damit abzufinden, dass seine Eltern gestorben waren, unabhängig davon, wer diese Intrige gegen ihn eingefädelt hatte. Und das Resultat dieser Entscheidung war eine ruhige Nacht, in der er zwar letztlich nicht viel, aber immerhin so entspannt wie schon lange nicht mehr geschlafen hatte.

Und doch war es nun wieder ein seltsames Gefühl, diesen Hinweis in den Händen zu halten. Was würde folgen? Welche Anweisungen?

Und es beschäftigte ihn doch noch eine andere Frage: Ganz offensichtlich war Alessio zu spät gekommen, aber: zu was?

Bald jedoch waren diese Fragen nebensächlich, denn die Arbeit holte Rodrego ein und hielt ihn auf Trab. Warum auch immer – aber es schien, als wolle Henry den Winter nutzen, um sein Waffenarsenal zu erweitern…
 

Alessandro

Ihm war nach wie vor nicht bewusst, welche Tragweite die Nacht mit Rodrego nach sich gezogen hatte, von dessen geheimen Erkundungen einmal ganz abgesehen. Nach dem Gespräch mit Kardinal Wolsey hatte Alessio die Messe besucht, um seine Gedanken zu sammeln. Nicht unbedingt, weil das Gespräch mit Gott ihm dabei half, doch hier hatte er wenigstens seine Ruhe. Schon auf dem Weg in die Kirche hatte er gemerkt, wie die Menschen um ihn herum tuschelten, und es ging ihm mehr als nur ein wenig auf die Nerven. Was zur Hölle war denn geschehen?

Nach seinem Gebet und einigen Treffen mit Informanten und Bekannten, die er alle am Hof im Audienzsaal und den Gärten fand, zeichnete sich nach und nach ein Bild, das Alessio mehr und mehr blanke Furcht in die Knochen trieb. Cromwell hatte schon eine ganze Weile gegen ihn intrigiert, doch so langsam nahm diese ganze Sache überhand. Die Abwesenheit der Brüder hatte Cromwell nicht dazu genutzt, sie öffentlich zu denunzieren oder gegen sie vor dem König zu reden - nein, Cromwell war wesentlich hinterhältiger. Alessandro merkte sehr bald, dass er mit Cromwell einen sehr, sehr ebenbürtigen, wenn nicht sogar überlegenen Gegner hatte. Der neue Mann an Henrys Seite war glühender Verfechter einer englischen kirchlichen Revolution. Einst selbst lange Zeit durch Italien gereist und gefühlte Jahrzehnte immer an der Seite Wolseys anzutreffen ging der Mann anscheinend jetzt seinen ganz eigenen Weg und dieser Weg gefiel Henry besser als Wolseys schleichender Versuch den Vatikan im gesamten zu übernehmen. Vielleicht auch, weil ein Papst Wolsey noch immer den Vatikan bedeutete und weil Henry die Unabhängigkeit die ihm vorschwebte besser gefiel? Alessio konnte es nicht sagen. Auf jeden Fall stützte sich Cromwell auf revolutionäre Kräfte und bediente sich allem Anschein nach nicht unbedingt den normalen Mitteln für seine Intrigen: Er nutzte unbekanntere, unwichtigere Männer, um sie von seiner Sache zu überzeugen, und schaffte es so langsam aber sicher eine Schar von Fürsprechern für sich zu gewinnen. Alessio hatte zwar keinen Boden verloren, als er in Italien gewesen war, aber er hatte auch keinen gut gemacht… Cromwell dagegen schon. Sogar einige der Leute, von denen sich Alessio sicher gewesen war, dass sie eigentlich dachten wie er und sein Bruder, ließen durchblicken, dass auch sie eine Abspaltung der englischen Kirche befürworteten, auch wenn niemand besonders begeistert davon schien, wie Henry mit seiner Königin umsprang... aber das stand ja bekanntlich auf einem anderen Blatt, denn gegen Henry sagte niemand auch nur ein Wort, es sei denn, man war bereit für diese Überzeugung zu sterben - und das war bereits zu oft passiert.

Letztendlich hatten sie also doch Boden verloren und Alessio kam lange nicht auf das Hofgut zurück, schlief kaum. Nachts traf er sich mit Informanten, die den Schutz der Dunkelheit vorzogen, am Tage mit hochrangigen Familienvertretern, nur um festzustellen, dass Cromwell mehr als vorsichtig und klug vorging.

Als er am Mittag des darauffolgenden Montags wieder auf seinen Bruder traf, wirkte der fröhlich und gelöst, als er den Palast erreichte, zumindest solange bis er auf einen abgekämpften und übermüdeten Alessandro traf. Sie gingen ein wenig durch die Stadt, denn Henry war noch unabkömmlich und hatte die Sitzung verlegen lassen. Die Zeit war zu kurz für all das, was Alessio seinem Bruder zu berichten hatte, doch in groben Zügen gelang es ihm die Dringlichkeit ihrer Situation zu schildern.

Cromwells Plan schien es zu sein, vor allem ausländische Familien aus England zu vertreiben. Es schien beinahe so, als sei es Cromwell zuwider, dass so viele ausländische Familien versuchten, Einfluss auf Henry zu nehmen, auch wenn sich Alessandro kaum vorstellen konnte, welche das waren. Er hatte zumindest herausgehört, dass es Cromwells erklärtes Ziel war, sie beide von Henry zu entfernen und zwar am besten in einer Art und Weise, die auch Charles Brandons Einfluss auf Henry minderte. Alessio wusste, wie wenig Dominico und Charles Thomas Cromwell leiden konnten... leider gehörte Alessio selbst nicht in den illustren Kreis von Henrys Günstlingen. Aber so wie es sich derzeit darstellte, würde auch sein Bruder nicht mehr besonders lange in diesen Kreis gehören, wenn sie sich nicht zusammenrissen. Das Allerwichtigste war es wohl, sich sofort mit Charles in Verbindung zu setzen. Alessandro hatte das bereits auf mehreren Wegen getan und schon eine Antwort erhalten, dass Charles sie demnächst zu einem Abendessen besuchen würde. Sie mussten ihre guten Kontakte dringend zusammenhalten und noch eine Spur aufmerksamer sein, was Anschläge wie den in Madrid anging... vielleicht war bereits das eine von Cromwells Taten gewesen und dass sie nicht vorbereitet gewesen waren, schockierte Alessio mit jeder Minute mehr, die er darüber nachdachte. Als er endlich am Abend auf das Anwesen zurückkam, gemeinsam mit seinem Bruder und einer verstärkten Wache, war er am Ende seiner Kräfte und schlief am nächsten Tag beinahe bis zum Nachmittag.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tut mir leid, dass ich es nochmal zurücknehmen musste.. Aber mir war aufgefallen, dass ich noch etwas umstellen musste, damit es richtig weitergehen kann...

Die nächsten Kapitel werden vermutlich noch einige Zeit dauern. Dafür wird es umso schöner =)
Und John bekommt auch endlich mehr Platz, so dass ihr ihn kennenlernen könnt =) Komplett anzeigen

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