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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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An Deck - Die Zeit vergeht

Dominico

Dominico dachte tatsächlich nicht daran, zu schreiben. Die Situation im Palast schärfte sich beinahe von Minute zu Minute, so kam es ihm zumindest vor. Beinahe täglich traf er sich mit Charles Brandon in den königlichen Ställen, in denen sie niemand beobachten konnte, und tauschte sich über die Dinge aus, die ihnen beiden gegenseitig zur Last gelegt wurden - es wurde immer schlimmer.

Wenn Nico nach Hause kam, fand er meistens einen unendlich übermüdeten Alessandro vor, der über Korrespondenz brütete und ab und an mit dem Kopf auf die vielen Briefe gebettet einschlief. Wolseys Thron kippte und Cromwell übernahm nur all zu gern die protestantische Führung in Henrys Auftrag. Katherina wurde vom Hof ins Exil verbannt und nur all zu bald darauf heiratete der König im Geheimen Anne Boleyn. Ihr Verbleib in London war nicht mehr sicher und sie beide merkten es nur all zu sehr. Während Alessandro früher die Kardinalsrobe so gern getragen hatte, weil sie alle Blicke auf sich zog, sah man ihn immer häufiger in ziviler Kleidung in den Palast reiten. Cromwell belächelte seinen "Gesinnungswandel" zusehends, doch Alessandro versuchte nach bestem Wissen und Gewissen weiterhin für Henry mit dem Vatikan zu verhandeln und damit sein Überleben am Hof zu sichern, während Cromwells offensichtliche Versuche, ihn los zu werden, immer offenere Züge annahmen, so dass bald auch Henry es nicht mehr ignorieren konnte.

Dominicos Frau erwies sich hingegen als echter Glücksgriff und ihre Anwesenheit als günstige Fügung. Statt für neue Turbulenzen zu sorgen, begab sie sich immer häufiger in die Gesellschaft von ihrer Majestät Anne, die jedes nur erdenkliche Mittel versuchte, um sich fruchtbarer zu machen, als sie es wohl ohnehin schon war. Mit List und Klugheit schaffte es Giulia so, ihr näher zu kommen und so etwas wie eine Freundin für sie zu werden. Sie berichtete ihr von all dieser "nervigen" Pracht des Vatikan und gab sich als große Reformfreundin aus. Das verschaffte ihr bei Anne offene Ohren, auch wenn Giulia zu Hause dann oft nächtelang um Vergebung dafür betete. Doch da Anne begeistert von ihrer neuen italienischen Freundin war, die ihr so viele interessante Tipps zu eigenen Kindern geben konnte, entspannte sich die Lage beinahe etwas, zumindest für Alessandro. Cromwell hatte mehr damit zu tun, Nico und Charles von Henry zu trennen. Alessandro war ja schon ziemlich abgeschrieben, wenn auch noch nicht ganz von der Bildfläche verschwunden. Allerdings war er jetzt so verwundbar, dass Cromwell nur noch auf einen günstigen Zeitpunkt warten musste. Also konzentrierte er sich mehr darauf, Anne und Giulia zu beobachten und darauf Acht zu geben, dass die Königin nicht einer Betrügerin aufsaß - Giulia gab sich jedoch offen weiblich naiv, so dass Cromwell keinen Ansatzpunkt gegen die schöne zierliche Engländerin fand.
 

Dafür spielte ihm Henrys Freude über die neuerlichen Geschehenisse in Punkto Sforzabrüder in die Hände. Der König hatte schon lange von einem Turnier gesprochen, doch jetzt nahm es langsam aber sicher Gestalt an. Ein Termin wurde in drei Monaten festgelegt, an dem sich der König und alle Edelmänner am Hof in den klassischen Disziplinen zu messen hatten, also auch Charles Brandon und Dominico Sofrza. Perfekt für den durchtriebenen Lordkanzler seiner Majestät. Mit dem richtigen Plan würde er am Turnier aller unliebsamen Feinde Herr werden, denn bei solchen Turnieren starben die Menschen doch nur all zu schnell.

Genau dieser Umstand sorgte auch im Hause Sforza kurz darauf für explosive Stimmung und damit dafür, dass Kieran weiter in den Hintergrund rückte. Zu zweit versuchten Giulia und Alessio Nico davon abzubringen, bei diesem Turnier anzutreten, doch der ließ sich das nicht ausreden. Weil es genau das war, was Cromwell sich erhoffte, und weil eine Nichtteilnahme bei Henry den falschen Eindruck hinterlassen würde. Giulia hatte allerdings kein Verständnis für Nicos Einwände, selbst wenn sie stimmig waren. Selbst Anne sprach beinahe von nichts anderen mehr - neben Kinder kriegen natürlich. Sie schwärmte von einem strahlenden Henry als Turniersieger und davon, dass sie hoffte, dass Nico und Charles und alle anderen auch ein gutes Bild abgeben würden. Giulia machte weiterhin gute Miene zu bösem Spiel, doch Annes Ausführungen brachten die Engländerin bald auf eine absurde Idee.

Sie wusste, dass sie damit in die aufgeheizte Beziehung zwischen Nico und Kieran noch weitere Kerben schlagen würde doch... es musste einfach sein!
 

Zwei Wochen nachdem sie den Brief an Kieran geschrieben und auch schon eine Antwort erhalten hatte, gab der König ein angenehmes Bankett. Anne tanzte fröhlich mit Henry und auch alle anderen feierten ausgelassen. Alessandro war nicht eingeladen worden, wartete zu Hause. Giulia saß bei ihrem Mann und sah zu, dass er dem Alkohol mehr als sonst zusprach. Sie musste ihn "locker" kriegen, sonst würde das alles nichts bringen. Als die Kutsche den Hof schließlich verließ, saß eine kichernde Giulia auf dem Schoß ihres Mannes, dessen Finger unter ihrem Rock über ihre nackten Schenkel aufwärts wanderten.

Im ersten Anlauf schafften sie es nichteinmal nach Hause, die dunkle Kutsche bot genügend Komfort, um Nico dazu zu bewegen, seiner Frau einmal wieder "eheliche Freuden" zu schenken. Als sie nach Hause kamen, war Alessandro auch immer noch wach und staunte nicht schlecht und etwas irritiert, als die beiden kichernd wie kleine Kinder und einander küssend Richtung Schlafzimmer verschwanden. Seine Augenbraue rutschte in die Höhe. Ob Kieran davon wusste? Es ging ihn aber nichts an.. also senkte er den Blick wieder auf die Korrespondenz vor sich.
 

Das nächste Erwachen neben seiner nackten und eng an ihn geschmiegten Frau fiel Nico nicht nur wegen des Katers schwer. Er fühlte ein dumpfes Schuldgefühl in sich aufsteigen - da hatte er wohl ein Versprechen gegenüber Kieran gebrochen, das er ihm eigentlich gegeben hatte.. aber er konnte sich kaum noch an etwas erinnern.. und als er kurz darauf von Amadeo geweckt wurde, um die Pferde weiterhin zu trainieren, rutschte auch das wieder in den Hintergrund.
 

John

Die Zeit ohne Kieran in seinem Haus allein mit seinem Vater war zermürbend. Er konnte seinem alten Herren wie schon immer in seinem Leben nichts recht machen, und er war froh darüber, hin und wieder auf das Anwesen der Sforzas reiten zu können, um dort in Ruhe zu arbeiten. Er vermisste Kieran, anders vielleicht als gedacht. Er vermisste ihn als Freund, der ihm ein wenig das Lachen zurückgab, das er im Moment so selten zeigen konnte. Die Uni beanspruchte ihn, besonders die Anatomie. Dafür war der Kurs der „Alchimisten“, wie er oft genannt wurde, fantastisch und machte mehr Spaß, als alles Bisherige. Um sich seine Zeit zu vertreiben, schrieb er regelmäßig an Kieran, der auch ihm berichtete, und schickte ihm dabei auch immer die Unterlagen aus der Uni mit, damit jener den Anschluss nicht versäumte. Wie er Kieran kannte, würde er wahrscheinlich auch die Abschlussprüfungen bestehen, wenn er zuvor nicht eine Vorlesung besucht hatte, aber dennoch. In den Briefen erzählte John von seinem Vater und dessen Patienten, berichtete über das Studentenleben, seine Ausflüge in die nächtliche Szene Londons und versäumte auch nicht zu fragen, ob sich Dominico bereits gemeldet habe. Es war mittlerweile schier ein Running Gag, wenn er ganz am Schluss post scriptum diese Frage noch anfügte und Kieran an der gleichen Stelle ein "Nein, noch immer nicht." setzte. Aber eigentlich war da Thema dafür viel zu traurig. Er spürte regelrecht von der Ferne, wie Kieran litt und sich dennoch nicht unterkriegen ließ. Der kleine Kerl hatte mehr Stärke, als so mach ein Stier. Immerhin hatte er es auch geschafft, dieser Meute von Seefahrern zu vermitteln, dass jemand mit ein wenig medizinischen Kenntnissen auch nicht ganz verkehrt bei ihnen war. Er hatte deutlich aus dem Brief herauslesen können, wie stolz er darauf war. Und John musste da immer schier brüderlich lächeln und freute sich mit dem anderen.
 

An diesem Abend saß er wieder vor einem Stück Pergament und haderte mit sich selbst. Sollte er davon schreiben, was er gesehen hatte, oder nicht? Sollte Kieran erfahren, dass Dominico ganz offensichtlich mit seiner Frau wieder enger zusammen war, als es anfangs den Anschein gemacht hatte? Nun, er wusste nicht genau, ob die beiden wirklich wieder richtig zusammen waren. Aber das Bild der nicht mehr ganz so gut hergerichteten Frau, die aus der Kutsche stieg, gemeinsam mit einem stark angetrunkenen Dominico, der notdürftig seine Hose hochhielt, war eigentlich eindeutig gewesen, oder? John war an diesem Abend noch lange im Labor gewesen. Sollte er es erzählen? Aber was würde es bringen? Würde es ihm die Trennung leichter machen, die doch eh schon längst im Raume stand, oder würde es ihm nur noch mehr Schmerzen bereiten? John wusste es nicht. Er entschied sich dagegen und berichtete ihm nur, dass Dominico in nunmehr zwei Monaten bei einem Turnier würde mitreiten müssen. Bis dahin würde der Kleine wieder zurück in London sein - nur noch 7 Wochen..
 

Kieran

Es vergingen Wochen, ja mittlerweile Monate und nichts kam. Kein Dominico, kein Brief, kein Wort, nichts. Er war vergessen – das wurde Kieran immer bewusster. Vergessen von dem Mann, dem er sein Herz geschenkt hatte, der ihn das seinige versprochen hatte. Und diese Erkenntnis war so bitter, so verdammt bitter, dass Kieran es noch immer nicht wirklich glauben wollte.

Er hatte Dominico vertraut, seinen Worten und Gesten vertraut, die ihm gesagt hatten, dass er ihn lieben würde. Aber wenn man jemanden liebte, dann meldete man sich doch, oder? Egal, wie schwierig die Lage war. Dann frage man, wie es einem ginge, was man täte.

Aber warum meldete er - Kieran - sich dann nicht einfach? Warum ergriff nicht doch er endlich die Initiative? Er hatte es versucht, hatte ihm einen Brief geschrieben. Einen förmlichen, aus Angst, dass er in falsche Hände geraten könnte. Er hatte ihm mitgeteilt, dass er seine Ausbildung gut meistern würde, dass er die Möglichkeit haben würde, die Prüfungen für das Semester mitschreiben zu dürfen, so dass sich das Studium an sich durch seinen Aufenthalt an Board nicht verzögern würde. Tatsächlich nutzte er Johns Aufzeichnungen und seine Bücher, um am Ball zu bleiben, und es funktionierte gut. Er konnte fast besser lernen, als wenn er in die Vorlesungen gegangen war. Dann hatte er noch ein „Ich hoffe Euch und Eurer Familie geht es gut!“ angehängt und so inständig auf eine Antwort gehofft, dass es geschmerzt hatte, als er nach drei Wochen zugeben musste, dass auch diese Brief unbeantwortet geblieben ist.
 

Kieran bekam mit, dass die Zeiten bei Hofe turbulent waren. Katharina im Exil, der König wieder vermählt, Cromwell auf dem Vormarsch und die ausländischen und katholischen Familien mehr oder weniger auf er Flucht. Und eben letzter Punkt war es, der ihm Angst machte. Was wäre, wenn Nico ginge, ohne ihm etwas zu sagen? Der Gedanke fraß ihn auf. Und doch war er entscheidend. Was würde er tun, wenn jener einfach ginge? Und was würde er tun, wenn er es ihm erzählen würde?

Die Worte Nadims kehrten immer wieder in seinen Kopf zurück, das Szenario in Italien, wo er als Hofarzt arbeiten durfte. Nein, das wollte er nicht. Definitiv nicht.

Kieran merkte, dass sein Herz begonnen hatte, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass Dominico ihn nicht mehr begehrte, dass er ihn vergaß, dass er ihm nicht mehr wichtig war.
 

Derweil suchte und fand er Ablenkung in der Mannschaft, in der er mittlerweile fest integriert war. Er hatte noch einige Zeit einfach mitgearbeitet. Irgendwann hatte er Safir überrumpelt, und ihm ohne weiter darüber zu reden, die Wirbel eingerenkt, wobei er ziemlich geschrien hatte, danach aber so dankbar gewesen war, dass alle anderen sich gewundert hatten. Nach und nach gab es kleiner Situationen, in denen er wortlos geholfen hatte, dabei bedacht, die Patienten in einer Situation zu erwischen, in der sie sich nicht gegen seine Behandlung wehren konnten.

Bei einem größeren Manöver hatte es eines der gegnerischen Schiffe doch geschafft, dem ein oder anderen eine Verletzung zuzufügen. Und an diesem Abend wurde Kieran das erste Mal aufgesucht. Es war eine angenehme Arbeit und er merkte, dass er von der Mannschaft gemocht wurde. Und auch mit Tancred verstand er sich gut. Sie hatten nicht viel Zeit miteinander, doch hin und wieder trafen sie sich in der Nachtwache. Und dann waren die Gespräche angenehm und interessant. Kieran mochte den Seemann mit dem Herz aus Gold, der seine Männer liebte und so gut behandelte, wie sich das jeder nur wünschen konnte, ohne dass er deswegen nur einen Millimeter an Autorität einbüßen musste. Vermutlich, weil Tancred ein ganz anderes Gesucht setze, wenn er Spanier am Horizont vermutete. Kieran hoffte inständig, dass er sich niemals den Hass des anderen auf sich ziehen würde...
 

Kieran vermisste John, mit dem er regen Briefkontakt pflegte und der ihm gut tat, mit London und den Ereignissen vor Ort verbunden zu bleiben. Einige Briefe hatten ihn ängstlich gemacht. Dominico würde tatsächlich bei einem Turnier mitmachen. Noch hatte er keine Gelegenheit gehabt, den Kapitän um Erlaubnis zu bitten, dort hin zu dürfen. Aber lange durfte er sich keine Zeit mehr dafür lassen.

Im Moment fuhren sie in Richtung Süden, legten es darauf an, spanischen und auch französischen Schiffen zu begegnen. Kieran, dem man durchaus gezeigt hatte, wie man mit einem Degen umzugehen hatte, hoffte immer, dass er dennoch nie diesen benutzen müsste.

Nur noch wenige Wochen...



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