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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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London 3 - Atemlos

John

Einen Moment schien die Welt um ihn herum still zu stehen. Er fiel rückwärts in das kühle Nass, das ihn umschloss und ihn durch seine Kälte kurzzeitig in all seinen Bewegungen lähmte. Er sah, wie sich der Wasserspiegel über sich wieder schloss und er gänzlich von Wasser umhüllt war. Das grün-bräunliche Licht um ihn herum, wirkte seltsam und das, was er hörte, mindestens genauso. Aus einem Reflex heraus hatte er den Atem angehalten und fast hatte John das Gefühl in einer Zwischenwelt zu schweben, unabhängig von Zeit und Raum zu sein. Es schien ihm fast, als sehe er sich außerhalb seines Körpers, habe einen fremden Blick auf sich. Er sah Arme, die Arme seines Vaters, die ihn hielten, nach unten hielten, während er versuchte nach oben zu kommen… John riss die Augen auf. Mit einem Mal kehrte in sein Bewusstsein zurück, was gerade geschehen war: er war ins Wasser gefallen. Und mit genau diesem Gedanken schüttete sein Körper so eine heftige Ladung an Adrenalin aus, dass er fast das Gefühl hatte, als würde sein Herz stehen bleiben, wenn es nicht so heftig schlagen müsste. Und der kurze Moment, der absoluten Ruhe und Stille, wurde beendet durch ein heftiges Armeschlagen, dem unbändigen Drang, Luft holen zu müssen, so dass versuchte, sich irgendwie wieder nach oben zu bringen. An irgendetwas stieß er sich ab und als er an die Oberfläche kam, holte er laut Luft, während er mit den Armen schlug und versuchte, irgendwie oben zu bleiben. Aber so einfach war das nicht. Immer wieder strauchelte er nach unten, während seine Arme unkoordiniert ihn versuchten oben zu halten.
 

Tancrèd

Tancred war am Kai in die Hocke gegangen und musterte die Wasseroberfläche unter der er John mit dem weißen Hemd deutlich sehen konnte. Der bewegte sich nicht, zumindest einige Sekunden lang. Dann tauchte John auf und Tancred wollte schon einen amüsierten Spruch ablassen, ehe er merkte, dass John nicht nur nach oben strampelte und Luft holte, sondern in Panik versuchte aus dem Wasser zu kommen. In Panik - und ohne nur den Hauch einer Ahnung davon, wie er Arme und Beine zum ruhigen Schwimmen koordinierte. Menschen starrten ins Wasser, die meisten lachten und deuteten auf den jungen Mann, der immer wieder unterging. Tancred überlegte kein zweites mal, als Johns Kopf abermals unter der Wasseroberfläche verschwand. Er nahm den Hut ab und riss sich die Stiefel von den Füßen, warf die schwere Jacke dazu. Drei Dinge die nicht unbedingt nass werden mussten, ehe er im nächsten Augenblick schon neben John ins Wasser sprang und ihn nach kurzem Auftauchen und Orientieren schon in den Fingern hatte und über Wasser zog. Mit kräftigen Schwimmbewegungen hielt er ohne Probleme sie beide über Wasser, ehe er so laut er konnte gegen Johns ins Wasser platschende Arme anbrüllte. "Ich hab dich ja! BERUHIGE DICH!" Manchmal half bei Panik nur noch ein harscher Befehl, das wusste Tancred nur zu gut. Aber weil John so strampelte und sich leider nicht so leicht beruhigen ließ, konnte er sie beide nicht weit genug über Wasser halten, um John zu den helfenden Händen nach oben zu strecken, die inzwischen dort herabgereicht wurden. Als John sich etwas beruhigte, klammerte er kurz darauf an ihm und Tancred hatte das unbestimmte Gefühl, dass John nicht loslassen würde, um die Hand eines anderen zu ergreifen. "Atmen, verstanden?Atmen!", keuchte er, inzwischen auch angestrengt von dem kurzen strampelnden Schwimmeinsatz. Er hatte ein Ziel vor Augen, mit dem er aus dem Wasser kam. Zwei Matrosen an Deck des Handelsschiffes hatten eine Strickleiter an der Seite des Schiffes unweit von ihnen herabgelassen, die Tancred nach zwei Schwimmzügen greifen konnte und sich so ersteinmal selbst wieder besser zu Atem kommen ließ. John in seinem Arm zitterte wie Espenlaub und machte keine Anstalten sich irgendwie von selbst zu bewegen... und mit jeder Sekunde, die sie mehr im kalten Wasser waren, merkte Tancrèd, wie die Nasse Kleidung schwerer und schwerer an ihnen zog.

Er klemmte John zwischen sich und dem Schiffsrumpf ein, ehe er die Füße in eine der unteren Sprossen der Leiter stellte und sich und Johns Gewicht dann mit den Armen aus dem Wasser hob. Schwerer als gedacht - merkte der Kapitän kurz darauf. John war zwar bestimmt nicht zu schwer für ihn, aber nass, mit schwerer Kleidung und steif wie ein Brett war er nicht die angenehmste Last für eine Kletterpartie. Doch weil Tancred wusste, dass John im Wasser den Heldentod sterben würde und er selbst sicher nicht dabei zusehen wollte, nahm er die Kraft zusammen die er aufbringen konnte und zog sie beide, keuchend und Sprosse für Sprosse am Schiff hinauf, bis zwei starke Armpaare John packten und ihn über die Reeling auf das trockene Deck zogen. Ein anderer Matrose hatte eine Decke geholt und legte sie John über, während Tancred selbst über die Reeling stieg und sein nasses Hemd vom Körper zog, um sich mit einem zweiten Tuch ebenfalls abzureiben. Die schaulustige Menge unten am Kai verzog sich wieder und Tancred ging sofort neben John in die Hocke, rubbelte ihn trocken so gut das mit der nassen Kleidung denn ging. Einer der drei Matrosen brachte einen Becher mit Rum und Tancred hielt John den Becher hin. "Ist es okay?", fragte er leise, wollte jetzt nicht laut darüber sprechen, was er in Johns Augen gesehen hatte, als der im Wasser das erste mal wieder aufgetaucht war. Männer, die ertranken, waren auch panisch.. aber John hatte keinen Grund gehabt, bei so vielen Männern und Menschen um ihn herum in Panik auszubrechen. Er hatte doch selbst gesagt, dass Wasser nicht schlimm war, wenn es nicht endlos war. Und vermutlich auch nur dann, wenn er darin stehen konnte. Es musste etwas vorgefallen sein, irgendwann einmal. Doch Tancred ging es nichts an, also fragte er nicht, sondern bemühte sich nur, John warm zu halten.
 

John

John spürte, wie er immer wieder heruntergezogen wurde. Seine Schuhe, seine Kleidung, alles fühlte sich so schwer an. Während er krampfhaft versuchte, nach oben zu kommen, an die Luft zu kommen, wurden seine Glieder immer schwerer. Hörte er ein Lachen? Wieder erschienen Bilder vor seinem inneren Auge, so als habe er diese Situation schon einmal erlebt. In diesem Moment packte ihn jemand, eine Hand zog und zerrte an ihm. Er tauchte auf und schrie aus einem ersten Impuls heraus. „Bring mich nicht um!“ Doch nun wurde er angebrüllt. Das war nicht die Stimme, die er erwartet hatte. Nicht die Stimme seines Vaters, sondern die von Nadim, einem Freund. Der sagte etwas ganz anderes, als er erwartet hatte.

John wollte ja ruhig sein, wollte sich beruhigen. Aber sein ganzer Körper schlotterte, seine Arme und Beine wollten ihm nicht gehorchen, sondern hatten ihre eigenen Pläne, wie er sich retten sollte. Erst nach und nach wurde er wieder Herr über seine Sinne, zwang seine Hände sich am Hemd des anderen festzuhalten – oder eher festzukrallen, denn dies schien ihm irgendwie die einzige Möglichkeit der Rettung zu sein. Der Befehl, zu atmen, ließ ihn tatsächlich endlich wieder mit einem Zischen Luft holen und es fühlte sich so an, als ob jemand ihm Lebenselixier verabreichen würde. Seine Lungen füllten sich mit Sauerstoff und sein Körper begann noch heftiger zu zittern. Er krallte sich noch immer an Tancred fest, klammerte sich an diesen, wissend, dass nur er ihn hier lebend wieder herausbringen konnte. Als er merkte, wie Tancred die Leiter hinaufstieg, wollte er eigentlich helfen, aber er schaffte es nicht, sich von dem anderen zu lösen, schaffte es nicht, loszulassen und selbst zu klettern. Er hing an Tancred wie eine deutsche Dogge, die sich versuchte sich jemandem auf den Schoß zu setzen.

Je höher Tancred stieg, desto bewusster wurde sich John, was gerade geschehen war. Er zitterte noch immer am ganzen Leib, als er wieder gepackt wurde und an Deck gezogen wurde. Er wollte sich wehren, zwang sich aber loszulassen. Das waren auch helfende Arme, bestimmt oder? Tancred würde nicht zulassen, dass ihn jemand unter Wasser drückte, oder? Johns Verstand schwankte zwischen nüchterner Klarheit und irrationalem Verhalten und es verwirrte ihn. Er war ein Kopfmensch und wenn dieser nicht funktionierte – oder eher: wenn sein Körper sich seinem Kopf widersetzte, dann war das ein sehr unangenehmes Gefühl. John spürte die Decke um sich, setzte sich noch immer zitternd hin, starrte vor sich auf die Holzplanken und versuchte sich zu beruhigen, was aber kaum Erfolg hatte. Gedanklich schalt er sich einen Esel, einen Narr, wenn er hier so saß und sich nicht regte, aber er konnte sich beim besten Willen nicht rühren. Er merkte, dass Tancred vor ihm saß, dass dieser ihn abtrocknete und das tat gut.

Als ihm der Becher mit dem brennenden Geruch gereicht wurde, sah er den Becher einen Moment an, dann blickte er endlich auf und sah Tancred an. Zitternd nahm er den Becher und setzte an, trank einen Schluck. Vielleicht würde das ihn ja wieder zurück in die Realität holen… Der Rum brannte sich seine Kehle hinunter und John gab den Becher weg, ohne noch einen weiteren Schluck nehmen zu wollen. Die Frage des anderen sickerte langsam zu ihm durch. Ob es okay war? John war sich nicht sicher, was er damit anfangen sollte.

Im Moment schien ihm gar nichts okay zu sein. Viel mehr schien alles aus den Fugen geraten zu sein. Aber das konnte Tancred ja nicht wissen. Tancred konnte nicht wissen, dass er soeben ein Puzzleteilchen gefunden hatte, das erklärte, weshalb er schon sein Leben lang Alpträume vom Ertrinken hatte.

Er kuschelte sich tiefer in die Decke, umfasste mit seinen Armen seine Knie und rollte sich so quasi ein, empfand die Decke über sich als Wohltat. Nach und nach ließ er eben diese Bilder, die er da unter Wasser gesehen hatte, Revue passieren. Die Erkenntnis, dass sein Vater ihn hatte im Wasser ertränken wollen, erschreckte ihn noch mehr, als es gerade seine Hoffnungslosigkeit im Wasser getan hatte.
 

Tancrèd

Es war unglaublich, wie John sich von dem eben noch so offensiven frechen jungen Mann zu einem zitternden Bündel gewandelt hatte. Er war nicht mal mehr wirklich ansprechbar, nicht einmal der Rum half, um John klarer sehen zu lassen und ihn zu wärmen. Tancred blieb bei ihm knien, während ein anderer Mann ihm bereits seine Jacke, seine Stiefel und seinen Hut brachte. Doch John kam auch nach einigen Minuten nicht wieder zu sich und weil er sich so einrollte, kam er nichteinmal aus den nasse Sachen heraus. Tancred wusste, dass er handeln musste, weil John sonst krank werden würde. Er griff ihn erneut, diesesmal aber so, dass er ihn bequemer tragen konnte und ging zur Rampe hinüber. "Wehe du zappelst jetzt... dann gehen wir gleich noch mal baden", warnte er John vor, ehe er mit seiner Last die Gangway, die unter ihm stark federte, hinablief. Doch er kam heil unten an, bewegte sich auf der Planke mit traumwandlerischer Sicherheit. Hier war nun wieder fester Boden unter ihren Füßen und Tancreds Blick sorgte dafür, dass sich auch die restlichen Schaulustigen zerstreuten. Noch immer waren ihre Waren nicht ausgeladen, da zuerst der Palast versorgt wurde. Der Kapitän und der Matrose, der John gestoßen hatte, entschuldigten sich fortwährend, doch Tancrèd winkte ab. "Ladet die Waren auf und bringt sie zur Apotheke, ich werde euch dafür bezahlen." Der Kapitän nickte überschwenglich und Tancred wandte sich mit seiner Last ab, ging zurück zur breiteren Hafenmauer, John weiter fest an seine Brust gedrückt. Der Weg zurück zu seinem Gasthof war weit, und so schlug Tancred den Weg zur Apotheke ein. Die lag näher und dort würde John eher passende Kleidung finden. Auch wenn John, immer noch nass und mit der schweren Decke kein Leichtgewicht war, so trug Tancred ihn den ganzen Weg, auch wenn seine Arme schmerzten.

Als sie in die Gasse zurückkamen und schließlich vor der noch immer veschlossenen Türe standen, ließ Tancred den jungen Mann vorsichtig ab. "Kannst du aufschließen?"

Doch Johns Finger waren noch immer zu zittrig und so schloss Tancred schließlich auf und half John hineinzugehen, in den hinteren Bereich und schließlich die Treppe hinauf in Johns Zimmer. Er löste die Decke, die er kaum loslassen wollte, aus Johns klammen Fingern und knöpfte dann dessen Hemd auf, löste seine Hose. Die eiskalte Kleidung musste von John herunter, dringend. Er war das nicht gewohnt. Das Tancred selbst auch noch nass war und die Kleidung unangenehm kalt auf seiner Haut klebte, war dem Kapitän fürs erste egal. Für ihn zählte gerade nur, John nackt zu bekommen und ihn mit einem warmen trockenen Tuch abzureiben, das er von einem Beistelltisch genommen hatte. Er wusste nicht, ob es dafür geeignet war, aber es sah zumindest mal aus wie ein Tuch, das man dafür benutzen konnte, zumal es groß genug war, den anderen damit einzuwickeln. Und weil John nicht redete, tat er was er für richtig hielt. Als die nasse Kleidung endlich von John unten war, wickelte Tancred ihn in das warme weiche Tuch und rubbelte ihn ab, ehe er sich selbst endlich daran machte, sich aus seinem Hemd zu schälen.
 

John

John starrte vor sich hin, merkte kaum, was um ihn herum geschah. Erst als Tancred ihn auf den Arm nahm, ihn trug, kam er wieder mehr in die Realität zurück, er sah den anderen mit einem teils abwesenden, teils fragenden Blick an, wollte etwas sagen, ließ es aber. Stattdessen legte er seine Arme um die Schultern des anderen, bettete seinen Kopf auf dessen Schultern und ließ sich einfach tragen. Später würde ihm das furchtbar peinlich sein. Aber im Moment fühlte es sich gut an, so beschützt zu werden.

Er merkte, dass Tancred die Planke hinunterlief und er wollte lieber nicht darüber nachdenken, dass sie so wieder ins Wasser segeln konnten. Die Worte des anderen ließen ihn leicht lächeln und er nickte kaum merklich. John hielt still und schmiegte sich an den anderen Mann. Er schloss die Augen, hörte nur in sich hinein und versuchte für sich die Bilder zu verarbeiten, die er gesehen hatte. Und je mehr er darüber nachdachte, desto klarer wurden diese Bilder. In John wich jeder Zweifel, dass das keine Einbildung gewesen ist, erwachsen aus seinen Alpträumen. Es war bittere Realität gewesen.

Als Tancred ihn vor seiner Haustür absetzte, griff er zitternd in seine Hosentasche, aus der der Schlüssel zum Glück nicht geglitten war, als er im Wasser versunken war. Er schaffte es nicht, obwohl er langsam wieder mehr zu sich kam. Doch seine Hände zitterten so stark, dass er den Schlüssel fast fallen ließ, anstatt ihn in das Schloss zu stecken und die Türe zu öffnen. Mechanisch schloss er hinter ihnen die Türe wieder, ließ sich von Tancred hinaufbegleiten und führte den anderen Mann in sein Zimmer, das recht unpersönlich eingerichtet war. Er besaß nur das Nötigste, mehr bekam er nicht, hatte er nie bekommen. Das war wahrscheinlich auch einer der Gründe, weshalb er und Kieran gemeinsame Zeit immer bei Kieran oben verbrachten. Unschlüssig stand John im Zimmer, als Tancred ihm die Decke wegnahm und schließlich begann ihn zu entkleiden. Er wehrte sich nicht. Ihm war kalt, sehr kalt seit die Decke weg war. Daher half er ihm, so gut er konnte. Als er schließlich in das Tuch gewickelt wurde, das eigentlich eine Tagesdecke für sein Bett war und von seiner Mutter bestickt worden war, fühlte er sich schon besser. Erschöpft von den Anstrengungen, setzte er sich auf das Bett, sah zu, wie auch Tancred sich entkleidete. „Ich lasse mich eigentlich nie vom selben Mann zweimal ausziehen“, sagte er mit einem Mal unvermittelt und musste über sich selbst grinsen. Ja, langsam beruhigte er sich wieder. Langsam kam er wieder zu sich, wurde er wieder er selbst. Gleichzeitig wurde ihm gerade bewusst, welchen Einblick er Tancred gewährt hatte, in jenen Teil von sich, den er sonst so gut wegsperrte.

Das Grinsen wich bei diesem Gedanken von seinen Lippen und er senkte den Blick. Tancred hatte ihn vollkommen hilflos erlebt, verängstigt. Trotzdem hatte er ihm geholfen, ihn sogar bis hierher getragen. John fühlte sich mit einem Mal wieder sehr unwohl. „Danke für deine Hilfe“, sagte er leise.
 

Tancrèd

Tancred "arbeitete" schnell und ruhig. John aus den nassen Sachen zu bekommen, war die oberste Priorität und als er ihn endlich in die Tagesdecke wickelte ließ Johns Zittern nach. Er setzte sich auf das Bett und das war sicher auch gut, denn das Bett, so glaubte Tancred, war ein Ort, der für John Sicherheit bedeutete. Sicherheit wieder zu gewinnen, nach dem Kampf mit dem Wasser, war auch wichtig. Anscheinend klappte es, denn während Tancred sich umgedreht hatte, um seine nasse Hose, die er inzwischen auch abgelegt hatte, aus dem kleinen Fenster zu hängen, gefolgt von seinem Hemd, konnte John schon wieder freche Sprüche klopfen. Er grinste und drehte sich zu dem Spiegel, von dem aus er John im Bett sehen konnte. Er löste die lederne Augenklappe, die wegen der Feuchtigkeit einen dunklen Abdruck über dem Auge hinterlassen hatte, und wischte den mit dem Finger weg. "Ich ziehe normalerweise auch keine Giftmischer aus dem Wasser", erwiderte er kühl und scheinbar gelassen, ehe er sich grinsend wieder umdrehte und zum Bett kam, um sich ebenfalls zu setzen. Er wollte wenigstens kurz trocknen, solange Johns Vater noch nicht wieder da war.. dDer würde diese Situation wohl falsch auffassen und so wie Tancred ihn kennen gelernt hatte, wäre es besser, wenn er das nicht täte.

"Eigentlich jammerschade diese Einstellung. Du solltest sie vielleicht revidieren. Aber nein, Spaß bei Seite. Ich hätte dich sicher nicht ertrinken lassen, was denkst du denn? Was für ein Kapitän wäre ich wohl und noch viel schlimmer, was für ein Mensch? Das Leben ist unantastbar.. naja, zumindest wenn man kein Spanier ist." Sein verschmitztes Funkeln in den Augen zeigte, dass er es so ernst dennoch nicht meinte. "Es war selbstverständlich, dir zu helfen." Er griff in Johns dunkles Haar und zog eine Alge heraus, die wohl noch am Schiffsrumpf gehangen hatte.

"Werde ich erfahren, warum du nicht schwimmen kannst und in einem so sicheren Hafenbecken in Panik verfallen bist?" Seine Stimme war ganz ruhig, nicht wertend, nicht anklagend, nur ehrlich interessiert. Es war ohnehin eine seltsame Situation. Er hätte besser gehen sollen, nachdem er John hier abgesetzt hatte, aber er war immer noch hier. Irgendwie passte das so gar nicht zu ihm, der normalerweise ganz und gar nicht so anhänglich war. Aber im einsamen London genoss er die Gesellschaft eines "Bekannten", wenn man John so nennen konnte. Mehr als ein paar Bier und eine befriedigende Nacht teilten sie ja immerhin nicht.. und doch war Tancred neugierig auf diesen Mann, dessen schöne Augen und sein wirklich ansehnlicher Körper ihn irgendwie fesselten. Es war dieses etwas, das Tancred in John wahrnahm, das andere vielleicht nicht sahen. Er sah in Johns manchmal schlacksigen Bewegungen eine besondere Eleganz und dessen langgestreckten schlanken Körper nahm er keinesfalls als zu schmächtig wahr, sondern eher wie die Sehne eines Bogens gespannt und doch geschmeidig. Er hatte diesen Blick auf die Menschen um sich herum und wusste, das er damit meist allein war. Vielleicht hatte er ihn auch, weil sein eigenes körperliches Defizit ihm zu schaffen machte, in dem er nur ein Auge hatte - er wusste es nicht genau. Aber an allem, was in seinen Augen schön war oder seine Neugierde weckte, hatte er interesse, und das war nunmal gerade John.
 

John

Die Antwort des anderen ließ John wieder ein wenig schmunzeln. Giftmischer… Nun, das war er wohl teilweise. Aber hauptsächlich beschäftigte er sich eigentlich mit ganz harmlosen Dingen. Aber darum ging es jetzt gerade nicht. Irgendwie gefiel es ihm, von Tancred so genannt zu werden, wissend, dass es im Scherz gemeint war.

Als sich Tancred fast ganz nackt neben ihn auf das Bett setzte, zögerte John einen Moment. Er hatte den Reflex gehabt, seinen Arm auszustrecken und damit seine Decke, die um ihn geschlungen war, zu öffnen, um Tancred darin aufzunehmen. Aber wie würde der andere diese Geste verstehen? Warum hatte er überhaupt diesen Reflex gehabt? Und so blieb es bei einem kurzen Zucken der Hand, einem Kopfnicken in Richtung einer Tür und den Worten. „Durch die Tür ist das Bad... wenn du ein Handtuch möchtest…“

Tancreds Ausführungen darüber, dass er ihn nicht hätte ertrinken lassen, brachten John zum lächeln. „Hm, dann ziehe ich meine Entschuldigung zurück“, sagte er trocken. „Wenn es eh zum Service gehörte…“ Warum konnten die Menschen Dank nicht einfach für sich stehen lassen? Er grinste leicht. „Ich meine es ernst. Ich danke dir! Ohne großen Anspruch auf Menschlichkeit und andere hochtragende Worte wie ‚unantastbar‘“ Die Anspielung darauf, dass Tancred es schade fand, dass John sich nie auf einen Kerl zweimal einließ, ließ er einfach stehen. Auch der Kommentar, dass er seine Einstellung revidieren sollte. Es ging Tancred letztlich nichts an, fand er. Auch wenn dieser gerade wohl einer der wenigen Menschen neben Kieran war, der mehr von ihm wusste. Oder gerade vielleicht deshalb. Letztlich war John klug genug, um sich selbst zu reflektieren. Seine Einstellung schützte ihn und er sah keine Notwendigkeit, diesen Schutz momentan aufzuheben. Gerade jetzt nicht, nicht vor Tancred, der gesehen hat, wie schwach er sein konnte.

Die folgende Frage ließ ihn aus genau diesem Grunde unsicher werden. Eigentlich hätte er damit rechnen müssen, aber erst allmählich gewann sein Verstand wieder die Oberhand in seinem Kopf. Wollte er darauf antworten? Wollte er ihm erklären, weshalb er so panische Angst vor Wasser hatte?

„Ich habe schon immer Angst vor Wasser gehabt, seit ich denken kann. Meine Mutter hat mir einmal erzählt, dass ich fast ertrunken wäre und seitdem diese Angst habe. Sie sitzt tief in mir und ich glaube nicht, dass sie so bald wieder gehen wird, vermutlich.“ John gab eine Antwort, aber nur die, die er früher auch schon erzählt hatte. Mit dem, was er nun wusste, musste er ersteinmal selbst klarkommen, bevor er das Bedürfnis verspürte, es jemandem zu erzählen. „Bei Wasser setzt leider mein sonst recht klarer Verstand komplett aus.“ Er zuckte mit den Schultern und stand auf. Irgendwie wollte er Tancred gerade nicht so nahe bei sich haben. Irgendwie hatte er Angst, er könnte sich an ihn lehnen. Irgendwie war um ihn herum auch deutlich zu viel nackte Haut, die ihn irritierte. Sein Blick war unverhohlen über den so männlichen Körper des anderen geglitten, als dieser eben seine Kleidungsstücke aufgehängt hatte. Tancred war so anders, als die Männer, mit denen er sonst in die Kiste stieg.

John ging zu seinem Schrank, ließ die Tagesdecke fallen und öffnete die Tür. Dann griff er sich Klamotten, die Tancred passen könnten und suchte sich auch gleich selbst welche heraus. Lieber nicht riskieren, das Bedürfnis nach Sex anzustacheln. In schwachen Momenten musste man aufpassen, dass man keine Dummheiten machte. „Möchtest du dich auch waschen? Ich könnte das Wasser warm machen…“, fragte er. „Mein Vater wird noch bis nach Mittag unterwegs sein. Wir haben also noch einige Zeit, aber vorher solltest du wieder mehr angezogen haben, sonst hab ich ein großes Problem.“ Er grinste leicht, als er sich umdrehte. „Ich hab ein paar Klamotten, die dir passen könnten.“
 

Tancrèd

Tancred genoss es, die nasse Kleidung endlich los zu werden. Er mochte es auch auf dem Schiff diese einfach abzulegen und nackt zu trocknen. Das Gefühl von Salz, das langsam auf seiner Haut trocknete und beinahe soetwas wie einen feinen weißen Film hinterließ, das liebte er. So blieb er sitzen als John ihm das Handtuch im Bad anbot und winkte ab. Ihm war viel eher das leichte Zucken des Mannes aufgefallen, das in seine Richtung gegangen war. Es hatte beinahe den Anschein gehabt, als habe John ihn mit unter die Decke schlüpfen lassen wollen, doch er tat es letztendlich nicht. Er lächelte als John seinen Dank ansprach und nickte dann einfach nur.. vielleicht war in diesem Punkt wirklich jede Rechtfertigung umsonst. Er sah sich nebenher etwas in dem Zimmer um und wunderte sich abermals. Irgendwie.. war das alles recht karg und trostlos. John schien nicht viel zu besitzen oder viel zu bekommen.. dabei war Mr. Forbes doch sein Vater, oder? Tancred war in seiner Jugend mit Geschenken überhäuft worden, was sicher auch keine angemessene Behandlung war, doch dieses Zimmer wirkte irgendwie erschreckend unpersönlich. Er erkannte auf den ersten Blick nichts, das wirklich John gehörte oder mit dem er ihn identifizieren konnte. John setzte kurz darauf an, ihm zu erklären, warum er solche Angst vor dem Wasser hatte, und im Grunde war es auch die Erklärung, die Tancred sich zurechtgelegt hatte. Irgendwann musste einmal irgendetwas passiert sein, das dafür gesorgt hatte, dass John einfach Angst hatte. Ob das nun die ganze Geschichte war oder nicht - es machte keinen Unterschied. Was John nicht preisgeben wollte, würde er nicht preisgeben und Tancred drängte ihn nicht. Stattdessen bemerkte er Johns Blick, der über seinen nackten Körper strich. Nicht besonders scheu und unauffällig und so bemerkte Tancred es und er glaubte auch zu erkennen, dass es John gefiel, was er zu bieten hatte. John stand schließlich vom Bett auf, und es glich fast einer Flucht vor ihm, der er John doch gar nicht angefasst hatte. Prinzipien, hmn?

Es war ja nichteinmal der Sex, der lockte. Tancred verspürte nur das dringende Bedürfnis John in den Arm zu nehmen, ihm über den Rücken zu streichen und ihm zu sagen, dass es wieder gut werden würde. Dass der Schreck und die Panik gehen würde und dass er irgendwann die Angst vor dem Wasser ablegen konnte, wenn er denn wollte. Wenn er nicht wollte, dann würde es auch in Ordnung sein. Tancred hatte das unterschwellige Gefühl, dass John genau das brauchte und deswegen wollte er es ihm auch geben. Er betrachtete Johns schöne Kehrseite, seine Schulterblätter, die sich unter der Haut abzeichneten, seine Wirbelsäule, sein Steißbein und die schönen Pobacken, die letztlich in Johns lange Beine übergingen. Er erhob sich ebenfalls, behände und lautlos. Wie schon beim letzten mal war er schneller hinter John, als der das realisieren konnte. Gerade als sich seine Arme um John schließen wollten, drehte John sich um und so zog Tancred John frontal in seine Arme, lehnte sein Kinn auf Johns Schulter. "Mach dir nicht die Mühe.. ich habe ein Bad im Gasthaus und ich mag Salz auf meiner Haut. Wenn die Zeit es erlaubt, dann komm mit ins Bett... und decke dich zu. Du musst dich wieder aufwärmen, dein Körper ist eiskalt." Er spürte Johns Körper an seinem - dessen Körper im Gegensatz zu seiner eigenen schmalere Brust hatte. Und während Tancreds Körper schnell wieder aufwärmte, war John immer noch ein wirklicher Eisklotz. So sah Tancred nicht ein loszulassen, sondern hielt ihn ersteinmal in den Armen.
 

John

Dass Tancred seine Geschichte so hinnahm und nicht weiter nachfragte, war John nur recht. Er hatte Angst, dass Tancred sein Flehen, ihn nicht umzubringen, auf die Geschichte ummünzte und dadurch das herausfand, was er selbst nun definitiv wusste. Er schob den Gedanken wieder zur Seite. Er wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Er konnte Tancred auch nicht so vor die Tür setzen. So bald würde er ihn, wie er ihn einschätzte, wohl nicht wieder loswerden. Und damit sollte er wohl recht behalten...

Als er sich umdrehte, konnte er fast gar nicht anders, als gegen den anderen zu laufen. Die ihn umfassenden Arme zogen ihn an den bemuskelten Körper und John spürte nur zu deutlich, nackte Haut auf nackter Haut. Er fühlte zudem, wie warmer Atem über kalte Haut, seine kalte Haut, strich, wie Hände an seinem Rücken lagen und ruhten. Er nahm wahr, wie das Kinn des anderen auf seiner Schulter abgelegt wurde. Er spürte das leichte Vibrieren des Brustkorbs, als jener begann zu sprechen, und hörte die Worte über seine Haut wanderten. Während er all das bemerkte, regte er sich nicht, schaffte es nicht, aus der Starre zu erwachen. Er brachte es nicht fertig, sich zu wehren, genauso wenig aber auch, zu erwidern. In ihm tobte ein Kampf: sollte er diese Nähe zulassen? Sollte er Tancred in seine Schranken verweisen? Sollte er ihn gar bitten, zu gehen? Er wusste nicht, was er machen sollte, daher lauschte er in sich hinein. Seinen Unterleib sollte er dazu lieber nicht befragen, denn der war durchaus angetan von dem Körper, den er schon einmal hatte schmecken dürfen, dessen Zärtlichkeit er schon einmal genossen hatte. Und er selbst? Wollte er das? Wenn sie jetzt gemeinsam zum Aufwärmen ins Bett gingen, war ja wohl klar, worin das endete, oder? War das Tancreds Intention? Oder war jener wirklich nur darauf bedacht, ihn zu wärmen? Normalerweise wusste er doch auch immer, was er zu tun hatte, in solchen Situationen, oder?

Seine Lippen legten sich küssend auf die Schulter des anderen, sacht leckte er über die Haut. "Schmeckt tatsächlich ziemlich salzig...", murmelte er leise. Vielleicht sollte er einfach darauf eingehen. "Wenn ich mich zudecken lassen soll", fuhr er leise fort und drehte den Kopf etwas, um Tancred leicht von der Seite anzusehen. Doch sein Blick glitt zur Halsbeuge des anderen, in die er sacht hineinbiss und erneut drüberleckte, "dann nur, wenn du mit hinunterschlüpfst und mich wärmst..." Wenn sie jetzt miteinander schliefen, würde das zwar gegen seine Prinzipien verstoßen, aber dann könnte er das entschuldigen, weil jener ihm ja gerade das Leben gerettet hatte, oder? "Mir ist wirklich ziemlich kalt", fuhr er mit einem naiven Touch in der Stimme fort. Er würde einfach aus Dankbarkeit mit ihm schlafen. Das war doch die rettende Idee. Wenn Tancred ihn später danach fragen würde, würde er es ihm genau so erklären, genau. "Aber ich denke, da gibt es das ein oder andere Mittel", wisperte er gegen den Hals und biss noch einmal sacht hinein, "dass mir wirklich sehr, sehr bald viel wärmer ist." Er hatte damals doch auch schon mit ihm geschlafen, um einfach nur ein Bett für eine Nacht zu haben. Dann könnte er ja jetzt mit ihm schlafen, um sich für sein Leben zu bedanken. Da war nichts dabei. Das bedeutete nicht, dass man sich nun öfters sah oder irgendwelche Verbindlichkeiten herrschten, right? "Wie sieht's aus?", er distanzierte sich leicht von Tancred und sah ihn so nun an. "Bringst du mich ins Bett?"
 

Tancrèd

Man hätte ihm statt John auch gerade ein langes Holzbrett in den Arm geben können, es hätte keinen großen Unterschied gemacht. Der Mann in seinen Armen rührte sich einfach kein Zentimeter und stand einfach nur stocksteif da. Tancred, der die Augen geöffnet hatte, sah, wie Gänsehaut Johns Rücken hinab kroch als er sprach und er spürte soetwas wie sachte Erregung in Johns Lenden. Oh.. nun, so hatte er sich das eigentlich nicht vorgestellt. Ja, John war begehrenswert, und Tancred sah das auch, war auch geneigt sofort wieder mit ihm zu schlafen - aber nicht jetzt. Als sich John rührte tat er das nicht, in dem er seinerseits die Arme um Tancred schlang, sondern indem er seine Schulter küsste, und über die salzige Haut leckte. Die warme Zunge jagte ihm einen eisigen Schauer durch den Körper, doch er beherrschte sich, auch wenn es nicht einfach war. Der Biss in seine Halsbeugte sorgte dafür, dass Tancreds Schulter und Nackenpartie versteifte weil er die Muskeln anspannte und er zwang sich, sich doch von John zu lösen, sah ihm in die hübschen blauen Augen. "Ich werde dich wärmen..", erwiederte er ruhig und ging dann ein Stück zurück, so dass der Weg zum Bett frei war und er John anheben und hinein"werfen" konnte, ehe er die Decke zurückzog und sich neben ihm in das Bett gleiten ließ. Weil es nicht so breit war, waren sie ohnehin gezwungen dicht beieinander zu liegen und Tancred zog John wieder in seine Arme und die Decke über sie beide. Zwischen zwei nackten Körpern war der Wärmeaustausch tatsächlich am besten, und nur deswegen war er jetzt auch noch nackt. Seine warmen Hände rieben über Johns kalten Rücken, um die Durchblutung wieder anzuregen, doch als John den ersten Versuch machte, seine Hände in Richtung seiner Leiste zu schieben, drückte Tancred sie entschieden weg und sah ihm direkt in die Augen. "Dieses Mittel solltest du nicht zum Aufwärmen in Erwägung ziehen." Er legte Johns Hände auf seiner Hüfte ab. "Ich glaube dir, wenn du sagst, dass du nicht mit dem gleichen Mann zweimal schläfst. Ich glaube, dass du deine Prinzipien hast und ich werde nicht aus dieser Situation, in der du dich befindest, versuchen, meinen Nutzen zuziehen. Ich will dich wärmen und nicht ausnutzen, auch wenn dir das nicht logisch erscheinen mag. Bitte denke nicht, es sei, weil ich dich nicht attraktriv finde, denn in meinen Augen bist du wunderschön. Aber jetzt lass mich dich nur wärmen, schließe die Augen und versuch bitte einfach nur ein wenig Ruhe zu finden." War er streng? Nein, aber seine Stimmlage war deutlich. Wohl auch, weil es nicht wirklich einfach war, John zurückzuhalten. Einfach nachzugeben hätte nämlich durchaus auch seinen Reiz gehabt. Doch was dann? Er wollte nicht, dass es aussah als würde er es fordern dafür, dass er Johns Leben gerettet hatte. Und da waren immer noch die Worte, die John gesagt hatte, als Tancred ihn das erste mal wieder über Wasser gezogen hatte. Bring mich nicht um! - mit diesem Flehen in der Stimme. Nein, mit was auch immer John zu kämpfen hatte, Tancred wollte nicht, dass er versuchte, es mit dem Sex zu verdrängen.
 

John

Etwas an den Worten „Ich werde dich wärmen.“ klang seltsam, aber John kam nicht gleich darauf. Als Tancred ihn mal wieder einfach hochhob und ins Bett buxierte, war dieser Gedanke aber gleich wieder verfolgen. Nun, dann würde er sich so revanchieren, für sein Leben, das ihm der andere erhalten hatte. Er konnte sich Schlimmeres vorstellen, als mit Tancred ins Bett zu gehen. Ganz im Gegenteil, es war durchaus eine angenehme Vorstellung. Vielleicht würde er auch den Arsch hinhalten, wenn Tancred das so wollte. Das war er ihm schuldig, oder?

Irgendwie fühlte sich John gerade nicht so wohl in seiner Haut, aber er wusste nicht weshalb. Er legte auch seine Arme um den viel männlicheren Körper des anderen und genoss es, wie dessen Hände über seinen Rücken rieben. Er spürte, dass ihm tatsächlich nach und nach wärmer wurde. Sacht begannen seine Finger schließlich über den Körper des anderen zu wandern. Wenn er ihn schon zu sich ins Bett zog, sollte er ihm auch etwas bieten, nicht wahr? Neckisch strichen seine Finger über die Hüftknochen, wollten die Leiste hinunterwandern, als sich eine Hand mauf die seine legte und seine Hand wieder zurück auf die Hüfte gelegt wurde. Irritiert blickte er Tancred an. Jetzt wurde ihm klar, was ihn vorhin gestört hatte: Die Worte waren ohne jeden Touch von Lust oder Erotik gesprochen worden, so nüchtern und sachlich, nicht verrucht oder neckend. Auch die Berührungen an seinem Rücken schienen jetzt wirklich nur darauf aus zu sein, ihn zu wärmen. John war sichtlich irritiert. Was sollte das denn jetzt? Wurde er gerade abserviert?

Tancreds Worte schienen das zu bestätigen. Es verwirrte John zutiefst. Wurde er da gerade wirklich abserviert? Sonst hatte doch auch niemand ein Problem damit, ihn zu nehmen und zu benutzen, wie er es brauchte. Was sollte das? Aber Tancred schien sich absolut sicher zu sein, nicht mit ihm schlafen zu wollen, ihn wirklich nur wärmen zu wollen. In ihm regte sich erschrockener Unmut. War er nicht schön genug? Sein Körper nicht ansprechend? Seine Augen blickten Tancred kritisch musternd an. Es war dem anderen wirklich ernst. Er wollte die Situation nicht ausnutzen, sein Angebot nicht annehmen, tatsächlich hier nicht mit ihm schlafen. Trotzig zuckte er mit den Schultern, distanzierte sich etwas vom anderen und schloss die Augen, wie befohlen. Wollte der Kerl doch wirklich nicht mit ihm schlafen! Tze

John merkte, dass es ihn wurmte, dass er das Gefühl hatte, nicht gut genug zu sein oder nicht begehrenswert. Oder war der andere wirklich ehrlich? Kaum vorstellbar. Noch während er dalag und die Augen geschlossen hielt, um dem anderen nicht in die Augen sehen zu müssen, merkte er gar nicht, wie die Müdigkeit von der kurzen Nacht und dem aufregenden Morgen ihn übermannte und einschlafen ließ.
 

Tancrèd

Anscheinend hatte John aus seinen Worten tatsächlich noch nicht ableiten können, dass Tancred nicht gewillt war, jetzt mit ihm zu schlafen. Es kam ihm einfach falsch vor und er wollte nicht den Eindruck erwecken, John nur gerettet zu haben, um in den Vorzug zu kommen noch einmal mit ihm in der Kiste zu landen. So war es nicht. Tancred Interesse an dem jungen Mann ging über das körperliche hinaus. Eigentlich war es nichteinmal Teil seines Interesses, denn er nahm an, dass er selbst nicht in Johns Beuteschema fiel. Für ihn selbst gab es soetwas wie "Beuteschema" nicht. Er nahm natürlich nicht "alles" und "jeden", auch er hatte seine Vorlieben. Doch wenn ein Mensch ihn beeindruckte und faszinierte, dann war ihm das ziemlich egal, wie er aussah, ob er größer und kräftiger war oder eben kleiner und oder schlanker. Es kam darauf an, ob die Chemie stimmte. Da er Johns Worten glaubte, dass der es lieber unkompliziert hielt und sich auf niemanden ein zweites Mal einließ, hatte sein unmoralisches Angebot jetzt noch mehr den Beigeschmack einer Widergutmachung und das wollte Tancred nicht. Wenn John ihn noch mal wollte, dann, weil er im wahrsten Sinne des Wortes heiß auf IHN und seinen Körper war. Weil er ihn wollte, nicht weil er das Gefühl hatte zu müssen.

Als John das realisierte, distanzierte er sich von Tancred und der nahm an, mit dieser Einschätzung richtig zu liegen. Doch John warf ihn nicht hinaus, sondern ließ sich wärmen und schlief schon bald darauf ein. Tancred bemerkte es an der ruhiger werdenden Atmung und der Tatsache, dass John sich in seinen Armen langsam entspannte. Schlaf tat ihm vielleicht wirklich gut. Er würde sich erholen können und auch Johns Körper wurde wieder wärmer. Als er ihn warm genug empfand, löste sich Tancred langsam von ihm, vor allem weil er auch das Gefühl hatte, dass die Zeit schon weit genug fortgeschritten war und er auf gar keinen Fall mit Mr. Forbes zusammenstoßen wollte. Also erhob er sich lautlos, nahm seine Kleidung, die in der Mittagswärme halb getrocknet war, zog sie über und verließ die Apotheke, ohne John zu wecken. Als er die Türe hinter sich schloss und leise pfeifend die Straße zu seiner Gaststätte hinunter ging, beschloss er für sich, John auf jeden Fall heute Abend abzuholen. Vielleicht glaubte John nicht mehr daran und vielleicht wollte er das auch gar nicht, doch Tancred würde es tun, weil es ausgemacht gewesen war. Wenn John dann, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und wieder eins mit sich selbst immer noch auf eine zweite Runde pochte, dann würde er wohl nicht mehr Nein sagen.


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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Laila82
2017-07-04T18:12:11+00:00 04.07.2017 20:12
Ein Mann brachte ihm Stiefel und Hut. Was ist mit Tancreds Jacke?
Antwort von:  -Amber-
04.07.2017 20:19
Ich werde ergänzen... XD
Danke für den Hinweis ;)
Von:  Laila82
2017-07-04T07:55:21+00:00 04.07.2017 09:55
Guilia und Amadeo - NEIN. Diese Frau ist echt unbeschreiblich. Obwohl wenn sie "Witwe" ist, weil Nico stellt sich tot und geht mit Kieran ich weiß nicht wohin und Guilia heiratet dann Amadeo und kriegt mit ihm Kinder (sie will ja scheint es noch welche). Nico und Kieran, zum dahin schmelzen, die zwei sind einfach nur ein Herz und eine Seele. Das sollten sie sich nur öfter mal sagen.
Tancred und John - mhh das lass ich mich überraschen was noch kommt und bin auf die Auflösung gespannt warum der Herr Forbes John nicht mag/liebt und sein Kind sogar umbringen wollte. Vielleicht verliebt sich ja John noch in Tancred, weil Tancred hat ja auf jeden Fall mal ehrliches Interesse. Erst mochte ich Tancred gar nicht, langsam wird er mir sympatischer.
Alessio und Rod. Wie geht es Rod? Alessio geht es ja bescheiden, wie angedeutet wurde.
Antwort von:  -Amber-
04.07.2017 12:11
Giulia ist toll!!! Das muss ich jetzt mal sagen. Schließlich akzeptiert sie die Neigung ihres Mannes und unterstützt die Beziehung sogar! Sie versucht ja nur in dieser Gesellschaft und unter den gegebenen Umständen klar zu kommen, und dennoch nicht einsam zu sein... Ich mag sie sehr!!! ❤️

Freu dich auf die nächsten Szenen mit Nico und Kieran ❤️<3

Tancred und John werden jetzt mehr im Fokus stehen. Da werden sich viele Fragen klären...

Auf Rod und Alessio müsst ihr noch warten. Zumindest ein bisschen Geduld haben ;)
Antwort von:  Laila82
04.07.2017 14:20
Ich hab nichts gegen Guilia.
Finde es nur etwas, nun ja, sie steigt halt mit jedem ins Bett obwohl sie ja eigentlich den König liebt. Erst der König, dann Nico, dann Alessio (oder umgedreht, wer weiß), dann deren Cousins - einfach alle mit Nachnamen Sforza - und nun Amadeo. Und wer weiß mit wem noch, wo wir nichts von wissen. Ich hab das Gefühl sie geht über Leichen um zu bekommen was sie will. Wer weiß wie sie reagiert wenn sie die Möglichkeit hätte den König zu bekommen, würde sie auch über Leichen der Familie Sforza gehen?
Antwort von:  Coventina
04.07.2017 15:48
Alessandro und Dominico sind in dieser Hinsicht keinen deut besser. Sicher, Nico ist jetzt treu, aber hat vorher mit seinem Bruder mehr als nur herumgehurt ;) Alessandro kriegt inzwischen sogar ein uneheliches Kind - das hat sich Giulia nicht erlaubt.
SIe hat Nico geheiratet und dem König den Rücken zugewandt, weil sie eben genau NICHT an seiner Seite sein will. Alles was sie im Gegenzug erwartet, ist ein bisschen Spaß, erst recht, wenn ihr eigener Mann dafür nicht mehr sorgt. Giulia wäre die letzte, die jemanden für ihre eigenen Interessen ermordet. Sie hat ihre Interessen für die Familie hintenan gestellt. Wir wissen, mit wem sie im Bett gewesen ist ;) Und man sieht ja deutlich, dass sie es im Gespräch mit Amadeo bereut.
John & Kieran waren in London auch keine Kinder von Traurigkeit - daher bitte nicht die arme Frau vorverurteilen :D
Antwort von:  -Amber-
04.07.2017 16:32
Ich glaube auch, dass sie beim König nur Opfer der Gesellschaft war. Hatte sie wirklich eine Wahl, wenn der König ihr hinterhersteigt?
Und ja! John ist da viel schlimmer. Frauen haben auch Bedürfnisse und weniger Möglichkeiten als Männer, diese auszuleben, ohne dass man gleich mit dem Finger auf sie zeigt...
Letztlich ist Giulia einfach nur emanzipiert genug, um ihren Bedürfnisse nachzugeben.
Und wenn sie es nicht so täte, würde sie es von ihrem Mann verlangen... ;)
Also besser so, als dass sie so verbittet ist, dass sie ihren Frust an allen auslebt - finde ich zumindest. ^^
Antwort von:  Laila82
04.07.2017 17:35
Ich hatte es so verstanden das sie den König liebt, dieser sie aber hat fallen lassen und sie daraufhin Nico geheiratet hat. Das sie und Nico Freunde sind und Eheleute, aber sich nicht lieben.
Ich wollte nicht dem Finger auf Guilia zeigen. Scheine da manchmal kulturell mehr zu urteilen wie mir das bewusst ist. Schreibt man das so? Wie drück ich das am Besten aus?
Bei uns ist es normal das ein Mann vier Ehefrauen plus Haren haben darf. Eine Frau wie Guilia würde man gnadenlos steinigen. Fehlender Beischlaf ist zwar der einzige Grund das Frau sich trennen darf. Aber weise einem Mann mal nach das er nicht kann? Und selbst wenn, was dann? Er kann ja sagen seiner Frau fern zu bleiben um sie zu strafen weil sie ungehorsam ist. Homosexualität gibt es offiziell nicht, aber was hinter verschlossenen Türen vor sich geht...
Antwort von:  -Amber-
04.07.2017 18:03
Ja, das kann ich mir vorstellen, dass es kulturelle Unterschiede gibt. Ich hab an der Uni zu dem Thema viel gelesen...

Aktuell (also in der Geschichte etwa eineinhalb Jahre später) sind unsere Charaktere in Damaskus...
Ich freue mich gerade sehr, dass wir eine Leserin haben, die diesem Kulturkreis entspringt <3
Bleib unbedingt dabei! ❤️


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