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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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London 4 - Ein Zeichen

Patricia
 

Nach ihrer Hochzeit und einer sehr erfolgreich simulierten Hochzeitsnacht hatte ihr scheinbares Glück leider ein jähes Ende gefunden. Offenbar war Johns Treffen mit "seinem" Kapitän alles andere als erfreulich verlaufen und Patricia hatte zwar versucht mit John zu reden, doch der hatte nicht mit sich reden lassen. Da sie seinen Wunsch nach Ruhe und Freiraum seit jeher akzeptiert hatte, ließ sie ihn in Ruhe - kam aber nicht umhin mit Kieran über ihn zu sprechen, wenn er denn da war. Doch auch Kieran hatte andere Sorgen und so war es an ihr Johns Vater so glaubhaft wie möglich zu vermitteln, dass John ein guter Ehemann war und zwar in jeder Hinsicht. Den alten Mann schien es kein bisschen zu interessieren, dass John offenbar jeden Lebensmut verloren hatte. Es war ihm vielleicht sogar lieber so und das erschreckte Patricia erst recht. Wie konnte man nur so grausam sein? Auch wenn John so niedergeschlagen war, so bestätigte die Grausamkeit seines Vaters sie jeden Tag darin, doch den richtigen Weg gegangen zu sein - denn sie gab ihm mehr und mehr Kontra und hatte jetzt auch jedes Recht dazu als ordentlich angetraute Frau an Johns Seite.

Wenn sie nachts neben ihrem Mann ins Bett sank, hielt sie ihn nicht selten im Arm. Nicht aus sexuellem Interesse, sondern einfach, um ihm den Trost zu spenden, den sonst Kieran ihm gespendet hatte und um ihm zu zeigen, dass sie nach wie vor hinter ihm stand und alles daran setzte, dass sich sein Traum doch noch verwirklichte.

Nach dem ihre Lieferung nach Gravesend abgeschickt worden war und sie weniger zu tun hatten, schien John ein wenig aufgeregter zu sein. Sie fragte nicht wieso, weil sie befürchtete, dass Johns Vater die Ohren zu sehr spitzte. Doch was auch immer Johns Lebensmut zumindest ein wenig angefacht hatte, sie hoffte, dass etwas passieren würde. Doch auch der vierte und fünfte Tag verstrichen ereignislos und John schien einmal mehr in sich zusammen zu sinken. Morgen würde die Flotte auslaufen, für Dominico und Charles Brandon gab es heute ein letztes großes Bankett am Hofe. Tancred hatte sich nicht angemeldet, das hatte Patricia von Kieran erfahren. Sie hatte es John zwar nicht gesagt, doch der schien zu spüren, dass sein Liebster nicht mehr kommen würde und es brach ihn. Und sie konnte nicht mehr tun als dabei zuzusehen, wie John in seinem Unglück versank.
 

Als sie am Abend noch im Laden stand und den Tresen abwischte, ertönte plötzlich und unerwartet die leise Glocke an der Tür. Die Apotheke hatte eigentlich schon seit ein paar Minuten geschlossen, doch manchmal kamen einige Nachbarn noch zu später Stunde wegen Blessuren oder Krankheiten, die der Arbeitstag mit sich gebracht hatte. Normalerweise meldeten sich diese Leute aber vorher an. Der Gast der jetzt den Laden betrat, war nichts dergleichen.

Er war groß und schlank, hatte eine scharf gezeichnete Nase und wunderschöne dunkle Augen, die einen ganz gewissen frechen Glanz innehatten. Er war irgendwie ausländisch gekleidet und auch wenn Patricia selbst noch nie einen Araber gesehen hatte, so kannte sie diese Männer doch aus Kierans Geschichten - und er sah genauso aus. Sie lächelte freundlich zur Begrüßung. "Hallo! Was kann ich für sie tun?"

Der Araber neigte den Kopf zu ihr und räusperte sich dann. Sein Englisch war nicht akzentfrei und schwer zu verstehen. Sie wusste nicht genau welche Sprachen sie heraushörte, doch es waren einige. "Ich suche John Forbes. Ich muss mit ihm sprechen. Wegen der Lieferung für die Flotte“, erklärte er langsam und deutlich. Patricias Augenbraue rutschte nach oben und sie sah sich um. Forbes Senior war nirgends zu sehen. Soweit sie wusste war er heute, wie immer an diesem Wochentag, bereits mit einigen "Schulfreunden" beim Stammtisch. Sie winkte Kadmin nach hinten ins Labor durch, wo John an einem der Tische saß. "John", rief sie hinüber, "du hast Besuch."

Kadmin trat mit jenem federnden Gang durch die Tür, der ihm auch an Deck eigen war. Patricia kam nicht umhin leicht zu schmunzeln, als sie sah, wie sich der Araber bewegte. Wie ein Tänzer, so schien es ihr. Aber sie hatte diese Art zu gehen schon bei einigen Seemännern gesehen, die sie im Hospital betreut hatte und vielleicht lag es einfach an der Arbeit auf einem schwankenden Schiff. Als das Glöckchen am Eingang erneut Kundschaft verkündete, wandte sie sich ab um die ältere Dame zu bedienen, die sich offenbar den Fuß verstaucht hatte und jetzt einen Verband wollte.

Kadmin indes trat zu John an den Tisch heran. Der blonde Mann hatte erst beinahe freudig aufgesehen. Als er ihn erkannte, zog er eine Mauer hoch, die Kadmin selbst mit bloßem Auge sehen konnte. Offenbar glaubte John, dass der Araber nur hier war um ihn zu verhöhnen. Er konnte ihm das nicht mal verübeln. "John Forbes", begrüßte er ihn in dem Singsang, der seiner eigenen Muttersprache eigen war, "ich habe etwas für dich."

Aus seiner Jackentasche zog er eine winzige Börse. Sie war für kaum mehr gut, als für Münzen, enthielt aber keine - sondern nur einen einzigen Spielstein eines Backgammon Spiels.
 

John
 

Morgen würde er weg sein, verschwinden und vermutlich nicht wiederkehren. Kieran hatte ihm erzählt, dass er schon jetzt seinen Freibrief erhalten hatte. Vielleicht würde er noch Dominico zurück nach England geleiten, aber ob er dann noch bleiben würde? Würde er Kieran und Nico nach Italien bringen? Vielleicht, aber würde er ihn mitnehmen? Würde er auf das Schiff gehen? Im Moment träumte er wieder von Wasser - es waren keine angenehmen Träume. Und es war nichts gekommen. Gar nichts.

Es war wieder ernüchternd, wie hoffnungsvoll er gewesen war. Es war ernüchternd, wie sehr es schmerzte, wieder dieser Hoffnung beraubt worden zu sein. Ganz offenbar hatte er für Tancred keine Bedeutung mehr. Die letzte Hoffnung würde morgen, spätestens übermorgen sterben. Dann blieb ihm nur zu wünschen, dass er bald vergessen konnte. Wenn Dominico morgen in See stach, würde er Kraft für Kieran brauchen. Darüber würde er vergessen können. Bestimmt.
 

John stürzte sich wieder in seine Arbeit. Sie war nun deutlich entspannter, aber er wollte weiter an seinen Ideen forschen und genoss es, sich darin zu verlieren. Zudem musste er viel lernen, was ihm leichter fiel, als vermutet. Was man nicht alles tat, um nicht nachdenken zu müssen.

Patricia war ihm eine große Hilfe. Sie stellte keine Fragen, sondern war einfach nur für ihn da. Er bedankte sich, indem er dafür sorgte, dass die Blumen am Tresen und in ihrer Küche immer frisch waren. Wenn es ihm besser ging, würde er ihr nicht mehr so zur Last fallen.

Er war vertieft in dem Prozess der Reduktion für einen Sirup, als Patricia einen Gast ankündigte. Erstaunt blickte er auf und sofort war der Gedanke da, den er eigentlich nicht denken wollte: "Tancred". Doch wer da durch die Tür trat, war der letzte, den er eigentlich sehen wollte. John blickte wieder auf die Flamme, die die Flüssigkeit langsam zerkochte. Was wollte Kadmin hier? Wollte er ihm seinen Triumph unter die Nase reiben? Wollte er ihm erzählen, dass er verloren hatte? Als er die Worte hörte, mit diesem einzigartigen Akzent vorgetragen, blickte er doch wieder auf, sah den anderen misstrauisch an. Sein Blick wurde fragend, als der Araber ihm die kleine Börse reichte. Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens, was es wohl damit auf sich hatte, kam doch wieder die Hoffnung zurück, ein Zeichen zu erhalten. Vorsichtig nahm er die Börse und öffnete sie. Was er sah, ließ ihn einen Moment erstarren. Sein Herz schlug hart gegen seine Brust und er blickte erstaunt zu Kadmin auf. Wieso gab ihm der Araber dieses "Zeichen"? Konnte es sein, dass er sich getäuscht hatte in der Situation im Gasthaus? Hatte Tancred ihn geschickt? War das seine Art zu sagen, dass zwischen ihm und dem Araber nichts gewesen war? Es musste so sein.

John stand auf, die Augen nicht von Kadmin lösend. Seine Faust, die die Börse umschloss, legte sich auf sein Herz. "Sag ihm bitte, dass ich mich darauf freue, wenn ich ihn wieder wohlbehalten hier sehe, und gib ihm das hier von mir", bat er, dann beugte er sich vor und küsste den anderen sanft auf die Wange. "Danke", sagte er leise. "Pass bitte auf ihn auf." Er nahm wieder Abstand von Kadmin und blickte ihn an. "Und pass auf dich auf."

Dieses Zeichen reichte ihm, weiter darauf zu hoffen, dass sie sich wiedersahen – und dann würden sie reden.



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