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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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Wut und Verzweiflung

Tancrèd
 

Als der König mit seiner Entourage vom Hafen zurück zum Palast zog, war es eigentlich an all den anderen Kapitänen, dem König zu folgen und mit ihm gemeinsam das Bankett der Sieger zu genießen. Tancred verzichtete dankend und berief sich auf den Willen Dominicos, der im Falle seines Todes vorsah, dass Tancred sich um dessen Familie kümmerte und um dessen Nachlass. Das sah Henry ein und so war der Franzose nicht viel später auf dem Weg zum Anwesen Sforza. Kadmin sorgte indes dafür, dass die Raashno einen anderen Liegeplatz bekam, von dem aus sie den Hafen leichter wieder verlassen konnte, ehe er neuen Proviant besorgte und auch die Munition aufstockte in dem er sie von den spanischen Prisen abzweigte. Die Männer an Deck hatten Ausgangssperre. Tancreds Plan sah vor, heute in London zu nächtigen und am nächsten Vormittag, beladen mit Dienern und letzten Habseligkeiten des Hauses Sforza wieder in See zu stechen um der Familie die kläglichen Überreste von Dominicos Existenz in England zu überbringen. Schon als Kadmin die Luke zum Laderaum öffnen ließ, stand der erste Italiener vor dem Schiff, mit vollgepacktem Karren. Da jedoch alle Schiffe be- und entluden, stellte niemand auch nur eine einzige Frage, was gut für sie war.

Als Tancred das Anwesen wenig später erreichte, waren John und Kieran noch nicht da, doch so schnell wie sich die Nachricht von Dominico Sforzas Tod in London verbreitete, würden sie sicher bald hier auftauchen. John... Tanced wurde bewusst, wie sehr er die Gedanken an den jungen Mann verdrängt hatte. Natürlich hatte er auf See des nachts an ihn gedacht, doch irgendwie traf ihn die Tatsache, ihm wieder zu begegnen und das unter diesen Umständen, doch unvorbereitet. Er war froh ihn wieder zu sehen, erinnerte sich aber gleichzeitig an den Brief den er nicht gelesen hatte und wusste nicht, ob nicht genau dieses nicht-lesen im Nachhinein einen schweren Schicksalsschlag für ihn selbst bedeutete.

Als er wenig später Amadeo die Nachricht vom Tod des Herzogs berichtete, blieb der Mann erstaunlich ruhig. Wieder fühlte Tancred das ungute Gefühl einer permanenten Bedrohung, das er in Amadeos Nähe so häufig empfand. Trotzdem schien der Italiener ernsthaft betroffen, auch wenn er sich keinen Kommentar erlaubte. Stattdessen setzte er die Räder in Bewegung, die für diesen Fall vorgesehen waren. Keine halbe Stunde nach dem Tancred angekommen war, rollten voll beladene Wagen gen London. Getarnt in Seekisten lagerten darin die Habseligkeiten der Dienerschaft, die alsbald die Rückreise antreten würden. Auch im Haus war kurz darauf zu hören, als man aus den Gemächern Dominicos die letzten Dinge abmontierte, die man mitzunehmen gedachte.

Genau in diese rege Betriebsamkeit platzten Kieran und John, die auf den Hof kamen. Nicht etwa selbst geritten, sondern in einer Kutsche. Als Tancred Kieran sah, wusste er auch wieso. Er schluckte, als er John neben Kieran stehen sah, aber außer den beiden niemand mehr aus der Kutsche stieg. Offenbar war John ohne seine Frau gekommen, aber den Ehering trug er nach wie vor am Finger. Genauso wie das Kreuz, das Tancred ihm geschenkt hatte und das aus Johns Hemd hervorblitzte. Der Franzose biss die Zähne aufeinander.

Es dauerte kaum einen Herzschlag, bis Verzweiflung, Trauer und Schmerz aus Kieran herausbrachen. Innerlich verdammte der Kapitän Dominico, dessen so heroischer Einsatz für ein Land, das nicht einmal sein eigenes war, ihn in diese grausame Situation gebracht hatte, Kieran gegenüber zu stehen und ihm diese Nachricht zu überbringen. Es war so unendlich falsch.

Er wich nicht zurück als Kieran ihn so anschrie und John ihn festhielt. Beinahe wünschte er sich, der würde loslassen, so dass er unter Kierans trommelnden Fäusten besser zu dem in der Lage war was er jetzt tun musste. "Er befehligte ein anderes Schiff. Sie wurden eingekreist, er konnte nichts tun. Er rettete seine Männer, dann jagte er das Magazin in die Luft. Er wusste, dass er nicht entkommen konnte und er wusste, dass die Spanier ihm schlimmeres antun würden, als der Tod es jemals könnte. Also entschied er sich für diesen Weg." Er zog etwas aus seiner Tasche - den Ring, den Kieran Nico geschenkt hatte. Auf der Rückfahrt hatte er oft das schlichte Metall angesehen und sich gefragt, ob er eines Tages jemanden finden würde der ihn so sehr liebte, dass er sogar das Risiko einging, Ringe zu tragen. Er bewunderte Nico für den Spagat zwischen Familie, seinem Amt und seiner Liebe. Eine Aufgabe, der er sich damals aus Feigheit entzogen hatte.

"Er war bereits tot, als wir ihn aus dem Wasser gezogen haben. Die Explosion muss innere Verletzungen verursacht haben. Am Abend vor der Schlacht gab er mir das für dich." Er hielt Kieran den Ring hin. "Für den Fall seines Todes nahm er mir das Versprechen ab, dich mit dem Ring zu seinem Grab zu bringen. Er wollte, dass du ihn ein letztes Mal "siehst" und ich habe es ihm versprochen. Er wollte, dass du ihm diesen Ring bringst und dann einen Ort findest an dem du frei sein kannst. Ich gab ihm dieses Versprechen. Morgen früh werden wir ablegen. Ich hole dich und alles oder alle die du mitnehmen willst mit einer Kutsche an der Apotheke ab. Dann segeln wir fort und ich für meinen Teil werde nicht nach England zurückkehren."

Sein stumpfer Gesichtsausdruck mochte wie Trauer aussehen, doch innerlich tobte Tancred. Kieran konnte kaum stehen und schien so gebrochen das Tancred wirklich Angst hatte, ihn überhaupt morgen auf dem Schiff zu sehen. "Es.. es tut mir leid Kieran, dass ich mein Versprechen nicht halten konnte. Ich bereue es zutiefst. Auf der Fahrt ist er mir ein guter Freund geworden."
 

John
 

Dass um sie herum rege Betriebsamkeit herrschte, merkte John erst einmal kaum. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, Kieran festzuhalten, damit dieser nicht auf Tancred losging und gleichzeitig auch nicht fiel. Denn als Tancred zu sprechen begann, entspannte sich die Wut in Kieran wohl nach und nach. Aber letztlich war es die Wut, die ihn überhaupt noch aufrecht hielt, so dass er den anderen irgendwann schwer in seinen Armen liegen spürte, zitternd, erschöpft und völlig am Ende. Aber auch Tancred schien es nicht leicht zu fallen, über das Geschehene zu sprechen. Seine Worte klangen abgehackt und zeugten von persönlichem Schmerz, als er weitersprach und erzählte, wie er Nico gefunden hatte. John konnte förmlich spüren, welche Gedanken Kieran beschäftigten: Hätte er ihn retten können, wenn er mitgefahren wäre? John merkte, wie sein Freund bei dem Wort Explosion zusammenzuckte, als durchlebte er Nicos Schicksal gerade selbst noch einmal, und vermutlich war es so...

Kieran, der den Kapitän zunächst wütend angesehen hatte, senkte mit jedem Wort resignierend den Kopf und erst als Tancred ihm etwas entgegenhielt, sah er ihn noch einmal kurz an, bevor er den Ring mit zitternden Händen nahm, ihn in seiner Hand drehte und ihm erneut stumme Tränen die Wangen herunterliefen.

Als Tancred ihnen Nicos letzten Wunsch nannte, begann das Kieran wieder zu festigen, es schien ihm wieder irgendwie Kraft zu geben. Vielleicht war es der Gedanke, Nico wirklich noch einmal zu "sehen" und sich zu verabschieden, der Kieran wieder etwas Halt gab. Er sah, wie jener nickte und sich nun zu ihm drehte und in seinen Armen versank, die sich um den so völlig erschöpften Körper legten, um ihn festzuhalten.

Dass der Kapitän Ihnen auch gerade erklärte, dass er England den Rücken kehrte, ließ John dessen Blick suchen, doch Tancred sah ihn nicht an, blickte nur auf Kieran, was John verstehen konnte. Er würde hoffentlich gleich noch mit ihm sprechen können. Er musste ihn vorwarnen... Aber Kieran war nun erstmal wichtiger.

Als sich der Kapitän entschuldigte, merkte er, wie durch Kieran ein Ruck ging, er langsam wieder Spannung annahm und sich vorsichtig von ihm löste. "Wir werden morgen früh abfahrbereit sein", sagte er mit belegter Stimme, den Ring fest mit seiner Faust umschlossen haltend. Er drehte sich zu Tancred und John hätte zu gerne gewusst, was gerade durch den Kopf des anderen ging, dass er plötzlich wieder so viel Kraft fand. "Mach dir keine Vorwürfe", sagte Kieran zu Tancred. "Es tut mir leid, dass ich dich so angeschrien habe." Dann drehte er sich zu Amadeo. "Hast du jemanden bei der Hand, den du schicken könntest, um Theresa und Caleb Bescheid zu geben?" Als Amadeo das bestätigte, drehte er sich zu ihm um. "Und du hast auch noch einiges zu tun. Lass uns heimfahren und dann lässt du mich bitte schlafen - traumlos schlafen."

Es war erstaunlich, wie klar Kieran gerade dachte, wie strukturiert, obwohl ihn das vermutlich viel Kraft kostete. John bestätigte ihm, dass das kein Problem sei, als Amadeo ihn noch ansprach und sich entschuldigte, dass er das jetzt täte, aber angesichts der knappen Zeit wäre es wichtig, über das Testament zu sprechen. Amadeo erklärte ihm, dass er selbst in die Apotheke kommen und es eröffnen würde. Für John bedeutete das, dass nun nichts mehr verhindern konnte, dass er ebenfalls London verließ und seien Plan dafür umsetzen würde.

Vorausgesetzt, dass Tancred... Als er den Franzosen ansehen wollte, um ihn zu fragen, ob er kurz Zeit für ein Gespräch hätte, hatte dieser jedoch den Raum bereits unbemerkt verlassen. John war irritiert. Hatte er ihm nichts zu sagen? Wollte er nichts wissen? Das leichte Zupfen an seinem Hemd ließ ihn seine Aufmerksamkeit wieder Kieran widmen, der leise ein "Ich möchte hier weg!" flüsterte. Er konnte Kieran verstehen, dass er an dem Ort, den er mit Nico verband und der - wie ihm gerade auffiel – durch die fehlenden Möbel so verändert und kalt wirkte, nicht länger bleiben wollte. "Wir gehen", versicherte er Kieran und richtete noch ein "Danke!" an Amadeo, bevor er Kieran zur Kutsche brachte, die gewartet hatte.

Sie saßen schweigend darin. Kieran starrte aus dem Fenster und die wenige Kraft, die er eben noch hatte aufbringen können, schien wie fortgeblasen. John ertrug es kaum, ihn so zu sehen und ihm nachher wirklich ein Schlafmittel zu geben war bestimmt das Beste, was er für ihn würde tun können.

Er selbst würde heute Nacht vermutlich ebenfalls keine Ruhe finden.



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