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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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Ostern in Cambridge - Angebot und Nachfrage

Kieran Carney
 

"Man, bin ich blöd!" Ihm fiel es wie Schuppen von den Augen. Ein Grinsen legte sich auf seine Lippen. Wieso hatte er es nicht gleich gemerkt?! Der Kerl hatte was von ihm gewollt! Und zwar ganz bestimmt! Und offenbar hatte er irgendwas zu seinem Bruder gesagt, dass darauf hindeutete, so dass jener als Kirchenmitglied natürlich empört sein musste. Nun ja, nicht unbedingt... Jeder wusste, dass unter den Roben nicht immer nur Keuschheit verborgen war, ganz im Gegenteil. Sie waren weder echte Vertreter des Zölibats, noch nur an Frauen interessiert... Ob jener ihn mit dem Crown beeindrucken hatte wollen? Eine schlechte Anmache.

"Ich finde ja auch, dass Selbsterkenntnis immer der erste Weg zur Besserung ist, aber mich würde interessieren, wie du ausgerechnet jetzt merkst, dass dein Oberstübchen manchmal große Defizite aufweist." Kieran knuffte beim Sprechen seinem Bruder in die Seite. "Hey!", empörte sich jener gespielt und grinste breit. "Und warum jetzt dieses Grinsen?" Kieran schüttelte den Kopf. "Nichts Wichtiges", entgegnete der Schwarzhaarige und senkte den Blick, den Kopf schüttelnd. "Mir hat heute einer eine Crown in den Hut gelegt", erzählte er Fatih, um das Thema in eine andere Richtung zu lenken. "Und ich habe mich gerade geärgert, dass ich das Geld Timothy gegeben habe, obwohl ich mir davon eigentlich auch ein Medizinbuch hätte kaufen können..." "Du und deine Bücher, alles nur Ballast", frotzelte Fatih, aber Kieran wusste, dass er das so nicht meinte. Kieran aß gut gelaunt das Brot auf, das er in seiner Hand hielt, und sah seiner Schwester zu, wie sie für ihre Aufführungen später das "Donnerkraut" zurecht machte, mit dem sie einige tolle Effekte in ihrer Show einbauen konnten. Sie hatten nun pausiert und würden bald wieder vor die Leute treten. Wobei es hier, vor den Stadttoren auf der Ebene, wo die Schausteller kampieren durften eigentlich am lustigsten war. Man sah viele Gesichter, die man schon seit Jahren kannte, tauschte Geschichten aus und lachte und redete. Das Lächeln zierte noch immer seine Lippen. Kieran war weder eingebildet noch besonders eitel, aber es freute ihn insgeheim, wenn jemand Interesse an ihm zeigte, sei es nun eine Frau oder ein Mann. Letztlich war es doch ein Kompliment, oder etwa nicht? Wobei? Bei dem Kerl? Aus der Schicht? Dass der Typ ihn überhaupt wahrgenommen hatte...

Als Timothy allen sagte, dass sie bald losmüssten und sie sich in Schale schmeißen sollten, stand Kieran auf und ging zu seinem Zelt, sich das Oberteil ausziehend. Bei der Feuershow hatte er lieber etwas Enganliegendes am besten aus Leder an.
 

Dominico Sforza
 

Nico hatte noch keine genaue Vorstellung davon, wo er den Jungen erneut würde auftreiben können, abgesehen von der Bühne des Platzes natürlich. Es sollte am Abend eine weitere Vorstellung geben und natürlich hätte er bleiben können, doch Dominico war ein Mann der Tat, kein Mann der lange darauf wartete, dass etwas passierte. Nachdem er sich von seinem Bruder verabschiedet hatte, der sich aufmachte, um noch einmal in die Kirche zu gehen, hatte sich auch Nico auf den Weg gemacht. Alessio war ganz der hingebungsvolle Kardinal... Dominico konnte sich des Grinsens nicht verwehren, das sich auf seine Lippen stahl. Vielleicht hatte er es sich doch ungewollt schwer gemacht. Alessio konnte den Jungen einfach.. bitten. Er konnte ihm das Blaue vom Himmel herunterlügen, um ihn gefügig zu machen, alles im Namen Gottes natürlich. Oder aber, und wesentlich wahrscheinlicher, er füllte ihn mit dem besten Messwein ab, den er in der Kirche finden konnte, und würde dann dafür sorgen, dass sie beide ungesehen in einer Kutsche nach Hause kamen. Dominico wusste,, dass sein "Opfer" weit weniger naiv sein würde.

Erstens war der junge Schausteller wohl ein Stück älter als der Messdiener, und zweitens kannte er ein Leben auf der Straße und immer in Bewegung. Der Junge würde wesentlich mehr von der Welt wissen, als dieser niedliche blonde Engel, und um ihn zu kaufen, musste Dominico weit mehr springen lassen als Alessio. Es sei denn, der Junge Messdiener wusste genügend von Unzucht und der verbotenen Fleischeslust zwischen Männern, um seinen Bruder vehement abzuweisen. Doch auch wenn er sich seines Sieges ziemlich sicher war, so war es doch besser, den Gegner nicht zu unterschätzen. Und am günstigsten ging es immernoch dann aus, wenn sie heute beide ans Ziel kamen oder beide versagten - dann blieb der Haushalt ausgeglichen, auch wenn Nico natürlich auf Sieg spielte. Er war eine Weile allein über den Marktplatz geschlendert, hatte sein Schwert schärfen lassen und sich einige Kleidungsstücke und Stoffe angesehen, vornehmlich aber nach den Schaustellern Ausschau gehalten. Durch Beobachtungsgabe und gute Ohren hatte er schon bald herausgefunden, dass die Truppe vor der Stadt lagerte, wie es auch üblich war, und sich dort auf ihren Auftritt vorbereitete. Nico hatte nicht vor, so lange zu warten, zumal es bei einbrechender Dunkelheit schwerer sein würde, an den Mann heran zu kommen. Vielleicht trug er zum abendlichen Spektakel auch eine Maske und Nico hatte ihn nicht lange und gut genug gesehen, um sicher zu sein, dass er ihn auch im Dunkeln finden würde. Er suchte Amadeo auf, der bei den Stallungen stand, die für die Pferde der anwesenden Herrschaft offen standen, und nahm sich sein Pferd, um aus der Stadt zu reiten. Er würde sehen, ob er den Kerl im Lager fand und ihn sich dann bei Seite nehmen.
 

Das Lager lag nicht am Haupttor zur Stadt sondern etwas versteckter an einem Seitentor, durch das vornehmlich Händler kamen. Man wollte ja nicht das Herrschaften direkt an einem solchen Lager vorbeikommen mussten. Für Nico war das nur bequem, denn es bedeutete, dass man auch ihn nicht direkt hier sah.

Das kurze Stück zwischen Stadttor und Lager überwand er in einem leichten Galopp, ehe er das Pferd zügelte und vor den Zelten zum stehen brachte. Er glitt von dem Tier und behielt es am Zügel - es einem der umstehenden Jungen zu geben, erschien ihm als ziemlich töricht. Den ersten Mann, den er sah, fragte er nach dem Akrobat, der am Mittag so herausragende Künste gezeigt hatte. Auf dessen Nachfrage, was Nico von ihm wolle, warf er tatsächlich die Königskarte mit dem Bankett ins Spiel - warum auch nicht. Das schien Eindruck zu machen und ihm wurde ein Weg zu einem Zelt beschrieben. Da auch andere Tiere und Wägen im Lager waren konnte er das Pferd bis vor das Zelt führen und band es schließlich einfach an eines der Gatter. Das Tier wusste, dass es ruhig zu stehen hatte. Nico hoffte für die Anwesenden nicht, dass sie das Tier anrührten. Es hatte keine wertvoll gefüllten Satteltaschen, es war einfach nur ein Reitpferd und Dominico Sforza war kein Mann, den man einfach so bestahl. Mit dem Knauf seines Schwertes klopfte er gegen den Zeltpfosten, ehe er ohne Antwort abzuwarten eintrat. Sein Stand erlaubte ihm das, auch wenn er wusste wie unverschämt das war. Es war tatsächlich das richtige Zelt gefunden, denn der junge Schwarzhaarige stand darin und hatte sich gerade zur Hälfte ausgezogen, um eine Art Anzug aus Leder überzustreifen. Bei einer Feuershow sicher alles andere als unsinnig. Noch allerdings war da ziemlich viel nackte Haut und Dominicos kühles Lächeln, das zu ihm gehörte wie sein Name, kehrte auf sein Gesicht zurück. "Guten Tag!" Er war recht leise eingetreten, machte sich jetzt jedoch ganz sicher bemerkbar.
 

Kieran Carney
 

Kieran hatte sich noch kurz die Zeit genommen, in sein Medizinbuch ein paar Notizen zu machen, um nichts zu vergessen, was er in der Bibliothek gelesen hatte. Er beeilte sich, was nicht so einfach war, weil er einfach nicht geübt genug war. Schließlich stand er von seinem Tisch wieder auf, weil er die anderen nicht warten lassen wollte. Den Rest würde er später aufschreiben, wenn er dazu kam. Und so fuhr er fort, sich seinen ledernen Anzug anzuziehen.

Er war noch immer in Gedanken, als Dominico sein Zelt betrat, so dass er ihn erst bemerkte, als jener ihn ansprach. Als er aufblickte, sah man ihm seine Überraschung deutlich an, aber er fasste sich schnell wieder. Sein Gesicht war immer ein offenes Buch. Etwas, was ihn nicht selten schon gestört hatte. "Guten Tag", erwiderte er den Gruß höflich und musterte den anderen mit Gelassenheit. Hätte er sich verneigen müssen? Wahrscheinlich. Aber er holte das jetzt auch nicht nach. Was um alles in der Welt wollte dieser Kerl hier? Jemand von diesem Stand würde doch nicht ernsthaft jemandem wie ihm hinterhersteigen. Aber da war schon wieder dieses Lächeln, das ganz offensichtlich sein Anblick -er war sich seines halbnackten Daseins bewusst - hervorgelockt hatte.

"Habt ihr es Euch anders überlegt? War wirklich ein bisschen zu viel, NUR für die Show, die ihr ja gar nicht wirklich gesehen habt, Herr..." Kieran hob fragend die Augenbrauen, wartete aber gar nicht wirklich ab, dass jener sich vorstellte. "Aber dann seid Ihr hier an der falschen Adresse, denn das Geld und auch der Crown ist schon bei Timothy, dem Mann da draußen, der bei dem beladenen Pferd steht." Er deutete mit einer laxen Handbewegung in entsprechende Richtung. "Und auch so glaube ich nicht, dass Ihr bei mir an der richtigen Adresse seid." Er zog sich sein ledernes Hemd über, das er noch in den Händen gehalten hatte, und knöpfte es sich zu. Dann griff er zu den ledernen Handschuhen, die seinen Händen Schutz boten, falls er bei der Show einmal daneben langte.

Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was jemand von ihm wollte. Entweder er erlaubte sich einen Scherz, oder ... keine Ahnung.

Nun fertig angezogen ging er die wenigen Schritte auf den anderen zu und blickte ihm ruhig mit unverhohlener Neugierde an. "Ich muss dann los, ich komme nicht gerne zu spät."
 

Dominico Sforza
 

Dominico hatte mehr als genug Zeit sich umzusehen, denn es gab nicht viel zu sehen. Ein Schlaflager, nicht mal in einem wirklichen Bett sondern gepolstert auf Stroh und einigen Brettern, die sicher zu einem Wagen gehörten. Einige Kisten, die anscheinend auch als Unterlage dienten, ein bisschen Krimskrams, mehr nicht.

Der Jongleur drehte sich um und als er ihn erkannte, zeigte sein Gesicht die Überraschung, die Dominico erwartet hatte. Und ganz offensichtlich dachte der Schausteller auch genau das, was Dominico erwartet hatte - er dachte, dass der adelige Mann sein Geld zurückforderte. Nun, woher sollte er auch anderes annehmen. Nico beobachtete aufmerksam wie er sich anzog, die lederne Kluft, die sich an seinen Körper schmiegte wie eine zweite Haut, sogar eine Kappe, um die Haare nicht zu entzünden und die Handschuhe natürlich. Doch als der junge Mann sich anschickte, an ihm vorbei nach draußen zu treten, hielt Nico ihn mit seinem Schwert auf. Es steckte noch in der Scheide, doch Dominico hielt es flach vor die Brust des Schwarzhaarigen. "Nicht ganz so schnell. Ich nehme an, du hast keine Ahnung, wer hier vor dir steht, und selbst wenn du meinen Namen kennen würdest, hättest du wohl kaum einen blassen Schimmer, wer oder was ich bin, das tut nichts zur Sache. Was sind schon Namen, nicht wahr?" Er war ein Stück näher gekommen, um eventuellen Lauschern keine Informationen zu vermitteln. "Ich bin sicher, ihr seid viel beschäftigt, vor allem für diese Vorstellung jetzt. Und ich bin auch sicher, ihr seid daran interessiert, noch mehr Geld zu verdienen für euch und eure Familie." Langsam zog er das Schwert zurück, weil er sicher war, dass der andere nicht weiter gehen würde. "Ich bin durchaus nicht abgeneigt, eure Talente weiterhin großzügig zu fördern. Das wäre sogar eine Vorstellung, die dem König gefallen könnte. Wenn ihr versteht, was ich meine. Also wenn ihr denn Interesse daran habt, und ich bin sicher das habt ihr, dann trefft mich nach eurer Vorstellung am Haupttor. Dann können wir dieses Geschäft beim Abendessen bereden." Es erschien Dominico sinnvoll, viele Anreize zu bieten. "Und bevor ihr geht", er griff den jungen Mann bei der Schulter, "verratet mir euren Namen."
 

Kieran
 

Das Schwert, das ihm vor die Brust gelegt worden war und ihm den Weg nach draußen verwehrte, löste in Kieran ein Gefühl des abrupten Freiheitsentzugs aus. Etwas, was er absolut gar nicht leiden konnte. Sein Blick hing einige Augenblicke auf dem Schwert, begreifend, was hier gerade geschehen ist, und sich beruhigend, um dem anderen Mann nicht gleich an die Gurgel zu gehen. Dann blickte er zu dem Mann auf, der es wagte, ihm in seinem Zelt auf diese Art und Weise den Weg zu versperren. Sein Blick war kühl und doch sah man das Glimmern des Zorns darin, den er kräftig versuchte herunterzuschlucken. Kieran hatte noch gut die Worte seines Vaters im Ohr: "Der Bruder des Kardinals? Das erstaunt mich. Dominico Sforza liegt hoch in der Gunst des Königs und soll zwar seine Bauern und Leibeigenen gut behandeln, aber die Brüder Sforza gelten eigentlich nicht als besonders bürgernah." Von wegen, er wüsste nicht, wer sein Gegenüber war. Allein das Wissen, dass dessen Bruder Kardinal war, reichte doch schon aus, zu ahnen, welchen Stand in der Gesellschaft jener hatte. Dennoch entgegnete er nichts auf die ersten Worte des anderen. Als jener näher trat, unterdrückte er den ersten Impuls zurückzuweichen, schob hingegen sein Kinn leicht vor, wie ein trotziges Kind, und sah den anderen unverwandt und gelassen an.

Und nun verschlug es ihm einen Moment die Sprache. Versuchte dieser Mann ihm allen Ernstes ein "Abendessen" abzuschwatzen, mit dem Versprechen, für sie beim König ein gutes Wort einzulegen? War das eine Erpressung? Was sollte das? Oder meinte er es wirklich ernst? Es gab ja einige Adelige, die Schausteller unterhielten und förderten, allerdings bedeutete das für diese auch, keineswegs mehr frei zu sein. Kieran wusste nicht so recht, was er davon halten sollte, ob er jenem Mann Glauben schenken sollte, oder nicht. In seinen konfusen Gedanken gefangen zuckte er schon fast zusammen unter der Berührung an seiner Schulter. Einen Moment wusste er nicht, was ihn mehr störte, die Hand auf seiner Schulter oder seine Reaktion darauf. Dann fasste er sich wieder, die Aufforderung des anderen vernehmend.

"Wie sagtet ihr: Was sind schon Namen, nicht wahr?" Er lächelte den anderen an und wand sich unter dessen Hand hinweg. "Wartet nicht allzu lange, Herr Sforza!" Dann verließ er das Zelt.
 

Kieran schickte sich an, zu seinem Pferd zu gehen und aufzusitzen. Die Schulter, an der der andere ihn berührt hatte, brannte, und irgendwie wunderte er sich, wie aufgebracht er war. Er war doch sonst eigentlich viel gelassener. Die anderen hatten sich schon auf den Weg gemacht, wissend, dass er nachkommen würde, und waren schon nahe dem Stadttor, als er sein Pferd wieder zügelte und dem Tempo der anderen anpasste. Der kurze Ritt hatte ihm gut getan, diese völlig unerwartete und verwirrende Situation von eben in Ruhe betrachten zu können. Ihm schien es, als würde seine Schulter, da wo ihn Dominico berührt hatte, noch immer brennen. Kieran war mehr als irritiert und versuchte erstmal seine Gedanken zu ordnen. Hatte er falsch gelegen? War der Mann wirklich an ihm und seiner Kunst interessiert, oder verarschte er ihn hier gerade? War der Eindruck, der Kerl wollte etwas von ihm, doch falsch gewesen? Was sollte dann dieser Blick und dieses Lächeln? Kieran wunderte sich über sich selbst, warum ihn dieser Mann so aus der Fassung brachte ...

"Alles in Ordnung?", hörte er seinen Vater neben sich sagen. Offenbar hatte Timothy sich zurückfallen lassen. "Wollte er sein Geld zurück?" Kieran schüttelte den Kopf. Offenbar hatte sein Vater gesehen, wer da in sein Zelt gekommen war, und zunächst dieselben Schlussfolgerungen gezogen, wie er. "Er hat mir angeboten, mich zu fördern und ein gutes Wort beim König einzulegen. Er möchte mich später treffen und bei einem Essen Weiteres besprechen." Sein Vater sah ihn überrascht an. "Du klingst nicht sehr erfreut." Kieran lachte trocken. "Ich weiß nicht, ob das alles so stimmt, was er da gesagt hat. Und ob ich das will, weiß ich auch nicht." Sein Vater nickte und schwieg einen Moment. "Vielleicht solltest du dir zumindest anhören, was er zu sagen hat. Dass du besser bist, als so manch anderer, weißt du. Und es geht hier um deine Zukunft. Sich zum Essen einladen zu lassen, kostet ja noch nichts, nicht wahr?" Kieran seufzte. "Da wäre ich mir nicht so sicher", murmelte er kaum hörbar.

Aber nun ging es erst einmal darum, sich auf die Show zu konzentrieren. Und Kieran wäre ein schlechter Schausteller, wenn er es nicht schaffte, das eine komplett hintenanzustellen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und so vollführten sie ihre Show, die an Spektakularität ihresgleichen im Land suchte. Als Kieran sich verbeugend den Beifall der Zuschauer genoss, hatte er den Auftritt Dominico Sforzas' schon vergessen gehabt. Sie räumten noch zusammen, als Timothy ihm die Fackeln aus der Hand nahm. "Hattest du nicht noch einen Termin? Lass dir die Chance nicht entgehen..." Kieran sah seinen Vater einen Moment an. Vielleicht hatte jener recht. Vielleicht sollte er nicht ganz so misstrauisch sein und ein wenig mehr Vertrauen in seine Menschenkenntnis und seine Begabung haben. Dann würde er schon sehen, ob es dieser Mann ehrlich meinte, oder nicht. Er nickte seinem Vater zu und nahm seine Stute an den Zügeln, um sich ruhigen Schrittes und nachdenklich den Weg zum Haupttor zu bahnen.
 

Dominico
 

Das dünne Lächeln auf seinem Gesicht wurde breiter als er den Widerwillen in den Augen seines gegenübers sah. Ja, er hatte eindeutig die schwerere Wahl getroffen, das wurde ihm bewusst als er den starken Willen hinter den klaren braunen Augen sah. Eine starke Persönlichkeit regte in Dominico beinahe immer den Wunsch eben diesen Menschen auf die ein oder andere Art und Weise zu brechen - oder aber, diesem Menschen auf die ein oder andere Weise den eigenen Willen aufzuzwingen. Er liebte es, wenn Leute von ihm abhängig waren, die es eigentlich nicht sein wollten, und doch war ihm letztlich meistens der Aufwand zu groß, den er betreiben musste, um eben dieses Ziel zu erreichen. Zumal es hier nur um eine eigentlich dumme Wette ging, deren Einsatz für seine Verhältnisse nicht einmal besonders hoch war.

Der Schausteller hatte definitiv sein Interesse geweckt, schon allein wegen dessen rebellischer Haltung ihm gegenüber. Er hatte das Angebot gemacht, ob er Junge nun annahm oder nicht, lag nicht mehr in Dominicos Händen. Sicher, er hätte ihn verschleppen können, hätte mit ein bisschen Einfluss und einem nötigen Maß an Gewalt dafür sorgen können, dass geschah was er beabsichtigt hatte, doch das musste nicht sein.

Also beschloss er zu warten und stattdessen seinem Bruder einen Strich durch die Rechnung zu machen. Sabotage gehörte immerhin genau so sehr dazu, wie der Versuch, einander in ihren Eroberungen zu übertrumpfen. Nachdem der junge Mann das Zelt verlassen hatte und davon geritten war, hatte Dominico sich ebenfalls wieder auf das Pferd geschwungen. Sein Weg hatte ihn an den Toren der Stadt entlang geführt und dort hatte er jeden Wachmann bestochen, den er gefunden hatte. Er hatte ihnen aufgetragen Alessio Sforza aufzuhalten, beim Versuch die Stadt zu verlassen. Einen Kardinal daran zu hindern, zu gehen wohin er wollte, war ein Problem, doch es war nicht Alessio, den sie durchsuchen sollten, sondern den jungen Mann, den er bei sich haben würde. Sollten sie bei ihm eine Menge an Geld oder Schmuck finden, der augenscheinlich keinem armen Messdiener gehörte, so sollten sie ihn in Gewahrsam nehmen. Es war ein Versuch zumindest auch Alessio am Gewinnen zu hindern, auch wenn Dominico genau wusste, dass eine höhere Bestechung ausreichte, um seinen Bruder passieren zu lassen. Wenn er aber Glück hatte, waren genügend Leute anwesend, die eine erneute Bestechung unmöglich machen würden. Schließlich ritt er durch die Stadt zum Haupttor und stieg vom Pferd. Die Show auf dem Marktplatz war wohl noch in vollem Gange und daher war am Tor nicht viel Betrieb. In einem angrenzenden Gasthaus kaufte er einen Krug Wein und nahm einige Zinnbecher mit, die er unter den Torwachen verteilte, und gemeinsam mit ihnen einige Schluck ein trank, während er wartete. Von seinem Bruder war noch keine Spur zu sehen und das Pferd stand noch immer in den Stallungen - sie würden einander wohl nicht begegnen und Dominico blieb zu hoffen, dass sein Plan aufging.

Auf dem Markt ging die Show zu Ende und die Menge verlief sich langsam aber sicher in den Gassen der Stadt, in denen die Feierlichkeiten fortgesetzt wurden, doch Dominico blieb, wo er war, und wartete einfach nur, hatte sich auf eine der niedrigen Mauern gesetzt, die den Zugang zum Tor begrenzten. Sein Pferd stand ruhig neben ihm nah an der Mauer, so dass die wenigen Menschen passieren konnten.

Beinahe hatte er schon mit seinem Spaß in der Nacht abgeschlossen, als er den jungen Mann mit Pferd im Schlepptau durch die Menge schlendern sah. Nun, das hieß noch nichts, also blieb Dominico beinahe unbeteiligt sitzen.
 

Kieran
 

Kieran wusste nicht, ob es das Richtige war, was er hier tat, aber er musste es wohl einfach herausfinden. Was hatte er schon zu verlieren. Zwar traute er diesem Sforza nicht wirklich, irgendwas stank gewaltig gen Himmel, aber sollte das alles hier wirklich nur ein Spiel sein, dann würde er zumindest die Spielregeln mitbestimmen, da war sich Kieran sicher. Ansonsten würde er auf dem Absatz kehrt machen und der Typ würde ihn hoffentlich in Ruhe lassen. Das Schlimme an diesen Menschen war, dass sie meinten, alles bekommen zu können, was sie wollten, wenn nur der Preis stimmte. Und wenn sie etwas nicht bekamen, schreckten sie auch nicht vor Gewalt zurück. Es gab zwar auf dem Papier immer mehr Rechte auch für das niedere Volk, aber die wenigsten trauten sich, ihre Rechte auch einzufordern. Frauen, die vergewaltigt wurden, wurden als Huren dargestellt, die es "selbst so gewollt hatten". Bauern, die hungern mussten, weil ihnen alles an Ernte genommen wurde, waren mit einem mal faule Hunde. Und so manch andere Geschichten, die man immer wieder hörte.

So in Gedanken merkte er kaum, dass er schon fast an Dominico Sforza vorbeigegangen wäre. Und so blickte er etwas überrascht auf, sah sich um und erblickte schließlich den Mann, der ihn heute so überrascht hatte, etwas abseits auf einer kleinen Mauer sitzend.

Einen Moment sah er ihn nur an, betrachtete ihn, als wollte er noch einmal überprüfen, wie groß die Alarmglocken waren, die in ihm schrillten. Dominico Sforza unterschied sich zumindest in seinen Klamotten ein wenig von dem Rest der Adeligen, was aber sicher nur bedingt mit Intellekt, als vielmehr mit seiner Herkunft zu tun hatte, denn Kieran war sich sicher, dass der Name "Sforza" kein angelsächsischer war. Das Gesicht wirkte schön, ohne dass man ihn als Schönling betiteln wollte. Und die Augen, die seinen Blick erwiderten, ließen einen klugen Kopf vermuten, der wusste, was er wollte und im Normalfall bekam, was er verlangte. Sicher war er einer dieser Leute, die für den König in die Schlacht zogen, wenn dieser es verlangte. War das nicht oft so: Der eine Sohn in der Kirche, der andere im Krieg? Wie auch immer – alles in allem war Dominico ein Mann, dem er unter anderen Umständen wohl nicht wiederstehen konnte, und genau das war hier wahrscheinlich das Problem.

Kieran seufzte und überwand die letzten Schritte und blieb vor dem anderen stehen. Kurz zupfte er an dem Hemd, das er sich noch angezogen hatte, um nicht in seinem Lederanzug hier aufkreuzen zu müssen. Nun, dann wollte er mal sehen, was dieser Abend noch so für ihn vorgesehen hatte.

"Ich würde gerne anhören, was Ihr zu sagen habt, aber ich bestimme, wo wir essen gehen", erklärte er und sah den anderen bestimmt an. Kieran hatte nicht vor, sich von diesem Mann irgendwohin "abschleppen" zu lassen. Und er wollte nirgendwohin, wo er sich nicht auskannte. Er misstraute diesem Mann, daher wollte er das Spielfeld bestimmen. "Ich bin übrigens Kieran, Kieran Carney." Zögernd, noch immer nicht wissend, ob er hier wirklich sein sollte, streckte er dem anderen Mann die Hand hin.
 

Dominico Sforza
 

Dominico sah auf als bemerke er den jungen Mann, der zu ihm herüber kam, jetzt erst. Er hatte noch immer seinen Becher in der Hand und nahm einen weiteren Schluck des recht billigen Weines. Also war er doch gekommen und tatsächlich nicht nur, um das Tor zu passieren, sondern um sich sein Angebot genauer anzuhören. Er richtete sich ein wenig auf, als der Schausteller abwendete und auf ihn zukam. Einige Menschen passierten gerade hinter ihm das Tor. Sein Hengst gab ein unwilliges Geräusch von sich, als sich das andere Pferd so sehr näherte, weil Kieran, den anderen Platz machen musste. Dominico hob eine Hand und dem Pferd über die Nüstern zu streichen, was es beruhigte. Er hatte die Beine übereinander geschlagen und es sich recht bequem gemacht. Da auch Kieran ihn schon vorher abgewiesen hatte, machte er sich nicht die Mühe, Haltung anzunehmen. "Ach, ist das so?" Er sah zu Kieran auf, als der nun auf diese Art ankam. Dominico hatte nicht vor, woanders als zu Hause zu essen. "Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass ihr mir misstraut, kann das sein?" Er lehnte sich an die Wand hinter sich und musterte Kieran, zu dem er ja nun endlich den Namen hatte. "Ich wüsste nicht, welchen Anlass zum Misstrauen ich gegeben habe. Und was mein Angebot angeht, so rede ich darüber sicher nicht in einer Taverne, eurem Lager oder an sonst irgendeinem Ort als in meinen eigenen vertrauten vier Wänden. Wenn es um‘s Geschäft geht, Mr. Carney, sind die Ohren der falschen Leute meistens weiter geöffnet als die eigenen." Außerdem brachte ihm Kieran irgendwo im nirgendwo nichts. Entweder er hatte ihn heute Nacht in seinem Bett, oder aber er sah zu, dass er Alessio noch einige Steine in den Weg legte, wenn er schon sein Ziel nicht erreichte. So viel Interesse, dass es 20 Pfund wert wäre, hatte er dann doch nicht. Und Kieran hatte offensichtlich keine Lust auf sein unmoralisches Angebot einzugehen, so viel Misstrauen wie der Gute jetzt schon an den Tag legte.

Dominico war ehrgeizig in diesen Dingen, aber auch schnell gelangweilt - und Kierans "Widerworte" und eigene Forderungen machten die Sache für Dominico gerade alles andere als verlockend. "Wohin glaubt ihr, sollte es also gehen?" Fragen konnte man ja mal, auch wenn Nico nicht vorhatte, sich ins gemeine Volk zu mischen. Nicht dass er es verabscheute, doch an einem Tag wie diesem hatte er nicht vor, sich vor den Augen des Königs unbeliebt zu machen, indem er in einem Gasthaus ausfällig wurde.
 

Kieran Carney
 

Kieran musste unwillkürlich lächeln, als er den Unmut des anderen in dessen Stimme hörte. Sicher kam es nicht oft vor, dass jemand Forderungen an diesen Mann stellte. Sicher gab normalerweise nur er Befehle. Aber Kieran war nicht irgendein Kuscher, der sprang, wenn jemand pfiff. Mag sein, dass sich so manch anderer von Geld, Wohlstand und Reichtum blenden ließ, er selbst misstraute diesem Gehabe. Und genau das sprach der andere auch gerade aus. Kieran blickte den anderen an, während dieser seine Vorbehalte kundtat. Da wollte der ihn doch tatsächlich zu sich nach Hause holen. Glaubte der Typ, dass er ein Idiot war? Offensichtlich. Kieran hätte wütend sein können, aber eigentlich amüsierte ihn die Situation gerade sehr.

"Ja, ich misstraue Euch zutiefst", erklärte er ohne Umschweife. "Ich misstraue Menschen, die mich ansehen, als würden sie mich mit ihren Blicken ausziehen wollen. Ich misstraue Menschen, die unverhältnismäßig mit ihrem Geld um sich werfen. Ich misstraue Menschen, die behaupten an meinem Talent interessiert zu sein, und sich aber nie Zeit genommen haben, meine Vorstellung wirklich anzusehen. Und ich misstraue Menschen, die versuchen mit leeren Versprechungen einem zu schmeicheln und einen zu ködern." Eigentlich war hiermit die Sache schon gegessen, oder? "Ich werde Euch nicht mit zu Eurem Haus begleiten, denn da fühle ich mich nicht sicher. Ich brauche Eure leeren Phrasen nicht, denn auch wenn wir keinen Gönner haben, so sind wir glücklich und zufrieden, auch wenn zu unserem Publikum eben nicht der Hofstaat um den König gehört."

Seine Stute, das hinter ihm stand fing an, an seinem Hosenbund zu nesteln, als wollte es ihm sagen: "Ich hab Hunger, dauert das hier noch lange?" Kieran griff in gewohnter Weise in seine Hosentasche, um ihr einen Kanten altes Brot zu geben, mit dem sie sich ersteinmal zufrieden gab.

"Ich denke also, dass unser Gespräch nun beendet ist und ich mich nicht in meinem Misstrauen geirrt habe, das mir gesagt hat, dass das alles nur hohle Phrasen waren, die Ihr in meinem Zelt von euch gegeben habt. Zumal Ihr wahrscheinlich eh nicht eingelassen worden wäret, wohin ich mit Euch gegangen wäre". Zumindest wäre es wahrscheinlich nicht ohne eine Gegenleistung gegenüber José gegangen, der ihm mindestens einen Abend abgeschwatzt hätte, an dem Kieran in den Katakomben sein Können zum Besten hätte geben müssen. Die Katakomben waren eine Location, die nicht jeder betreten durfte, und die auch nur die wenigsten kannten. Es waren letztlich alte Gewölbekeller einer ehemaligen Befestigungsanlage, die José für sich nutzte, um dem langsam aufstrebenden Bildungsbürgertum einen Platz zu bieten, an dem es nicht so derb und roh zuging, wie in den üblichen Tavernen. Das Essen war exzellent, denn der ehemalige Seefahrer, der einiges an exotischem Koch-Wissen von Übersee mitgebracht hatte, zauberte immer bestes Essen auf den Tisch. Und dort konnte man, wenn man wollte, auch definitiv ungestört sein. Allerdings waren die Katakomben eigentlich für Leute von dem Stand wie dieses Sforzas tabu.

Kieran wandte sich zu seinem Pferd um und schwang sich in den Sattel, ohne die Steigbügel dafür zu brauchen. Dann sah er Dominico Sforza noch einmal an. "Es tut mir leid für Euch, dass Ihr Eure Zeit verschwendet haben. Vielleicht versucht Ihr Euer Glück mal dort vorne in der Queen's Road. Dort gibt es einige Huren und Stricher, die sich von Goldmünzen beeindrucken lassen."

Kieran verschwendete hier gerade ziemlich seine Zeit. Dieser Kerl war definitiv auch nur einer von diesen adeligen Gockeln, die aufgeplustert herumstolzierten und gackerten, während die meisten Menschen redlich arbeiteten und lebten, um diese beschissene Welt zu etwas Besserem zu machen. Aber Kieran war sich ziemlich sicher, dass diese Leute irgendwann der Vergangenheit angehören würden, auch wenn er selbst das vielleicht nicht mehr miterleben würde. Zumindest war es seine Hoffnung, dass es irgendwann nicht mehr diese Leute waren, die Welt regierten, sondern andere, ehrlichere, die einen Sinn für Recht und Unrecht hatten. Auch wenn ihm klar war, dass es aufgeplusterte, mit heißer Luft gefüllte Menschen immer gab und geben würde. Und, dass die Zeit noch nicht reif war für etwas anderes. Aber es änderte sich bereits etwas, langsam kamen auch die einfacheren Bürger dazu, gesellschaftlich aufzusteigen. Er hoffte insgeheim manchmal, dass er irgendwann die Chance haben würde, etwas in dieser Welt zu bewegen, als Arzt. Aber die Chancen waren verschwindend gering. Aber wer wusste schon, was die Zukunft bringen würde? Tempora mutantur et nos mutamur in illis.

"Einen schönen und erfolgreichen Abend noch, Herr Sforza", grüßte er ihn, ihm zunickend und wendete sein Pferd.
 

Dominico Sforza
 

Natürlich holte der junge Kerl vor ihm zu diesem gesammelten Blabla an, das Dominico sich häufiger von "normalen" Menschen, wie sie sich schimpften, anhören durfte. Jaja, die bösen Adeligen, die die arme Bevölkerung nur ausraubte, ausplünderte und am Ende sich auf deren Kosten noch einen Spaß machte. Niemand musste ihm das erklären, Dominico kam aus der Oberschicht und wusste wodurch man seine Macht festigte. Kieran vergaß dabei jedoch, dass Nico nicht etwa Engländer, sondern Italiener war. Und dass die Familie Sforza vielleicht in England angesehen und sicher auch in einem gewissen Maßstab wohlhabend war, Nico aber trotzdem nicht den gewöhnlichen Werdegang eines Adeligen durchgemacht hatte.

Wenn Nico eines gelernt hatte dann das: Du kannst dich nur dann mit denen anlegen, die über die stehen, wenn du weißt, wie sie funktionieren. Er war nur deswegen in der Gunst des Königs aufgestiegen, weil er vor ihm gekuscht hatte - so wenig ihm das auch gefallen hatte. Aber es war ein notwendiges Übel, dass Kieran wohl nicht erkannte. Nico war es egal, er hatte tatsächlich vor, sich lieber eine Hure oder gar nichts mit nach Hause zu nehmen, bevor er sich weiter mit jemandem herumstritt, der glaubte von Politik eine Ahnung zu haben, wie die meisten Menschen, die glaubten, dass "Freiheit" die Lösung aller Probleme war. Also rührte sich Nico keinen Meter als Kieran ihn nach dessen Meinung wohl abfertigte und sich wieder in den Sattel schwang. Tatsächlich hatte er sein Talent nicht besonders beobachtet und im Grunde war es ja auch nie darum gegangen. Dass Kieran sich nicht von Münzen beeindrucken ließ, war ebenfalls zwar verwunderlich, aber nicht unüblich. Niemand ließ sich gerne kaufen.

Als der Schausteller sein Pferd wendete, um fortzureiten, drehte Nico den Kopf wieder zum Wachmann, der unsicher war, ob er das Gehörte einfach ignorieren oder Dominico den Rücken stärken sollte.

"Sag mal.." - Dominico kannte den Mann gut genug, um ihn duzen zu können - "haben die eigentlich eine Genehmigung, um hier aufzutreten? Bei den ganzen Holzhäusern und dem Feuer... Ich weiß ja, der König liebt das, aber ist er sich der Gefahren bewusst?" Er sprach gerade noch laut genug, damit Kieran ihn hören konnte, der davon ritt. "Als ich beim letzten Empfang noch einmal Gelegenheit hatte, mit Henry zu sprechen, sagte er nichts von einer Truppe für das Osterfest. Nein, es lag ihm sogar viel daran, es zu einem wahren Fest des Glaubens ohne all diese üblichen Possenreißer zu machen. Ich denke, man sollte ihn davon in Kenntnis setzen." Die unterschwellige Andeutung sorgte bei dem Wachmann sofort für eine Reaktion. Er ging zu einem der anderen Wachmänner hinüber, die immer wieder durch die Stadt patrouillierten und trug ihm auf, den Marktvogt ausfindig zu machen, um zu prüfen, ob die Schausteller eine Genehmigung für ihre Auftritte hatten. Dominico war sich sicher, dass sie keine hatten, und selbst wenn, spielte die keine Rolle, wenn die Zweifel beim König nur gut genug geschürt wurden. Der König war in diesen Dingen vorsichtig. Dominico war eigentlich niemand, der Beziehungen und Macht ausspielte. Doch Kieran hatte sein eigentlich anfänglich nett gemeintes Angebot so gegen den Karren gefahren, dass Nico bereit war, es doch zu tun. Allein schon, um die Ahnungen des Schaustellers zu stützen, denn er hatte keine Ambition vor ihm als guter Mensch dazustehen, der er ohnehin nicht war und nicht sein wollte. Seine Familie hatte ihm Respekt vor jedem Menschen gelehrt, doch Nico hatte schnell gesehen, dass es nicht nur Könige waren, die bereit waren über die Leichen ihrer Bauern zu mehr Ruhm zu marschieren. Leute wie Kieran waren auch nur allzu bereit, über die Leichen von seinesgleichen zu gehen, und Nico verärgerte das am meisten. Während er selbst durchaus differenzierte, waren sie als Adelige für alle Bürger nur die grausamen Herren, die sich auf ihre Kosten bereicherten. Nachdem jeder Versuch, dieses Bild über sich zu ändern, gescheitert war, hatte er es sein lassen und auch nicht mehr vor, damit erneut zu beginnen, sobald man ihm mit Misstrauen und Ablehnung begegnete.
 

Kieran Carney
 

Und natürlich hörte Kieran, was Dominico zu dem Wachmann sagte. Und er sah, wie dieser sogleich reagierte. Sein Blick wandte sich noch einmal um, die Zügel nicht annehmend, um seine Stute anzuhalten. Sein Blick war voll Mitleid für einen Gockel, der nun, offenbar in seinem Stolz gekränkt, seine Macht ausnutzte, um wie ein beleidigtes Kind nachzutreten. Nun, wenn jener es nötig hatte... Kieran wusste, dass sein Vater mit Genehmigungen und dergleichen Dinge sehr gewissenhaft umging, daher machte er sich nur bedingt Sorgen. Sollten sie das Feuer verbieten, hatten sie genug andere Möglichkeiten, Geld zu verdienen.
 

Er selbst schickte sich lieber an, die nun gewonnene Zeit noch einmal in der Bibliothek zu verbringen. Um diese Uhrzeit war sie leer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  rotes_pluesch
2017-06-28T10:58:01+00:00 28.06.2017 12:58
Zwei festgefahrene Meinungen prallen aufeinander und jeder versucht den anderen zu übertrumpfen mit seiner Sturheit xD
Herrlich zu lesen^^
Antwort von:  -Amber-
28.06.2017 14:50
Ja, Sturheit trifft es gut!
Da wird es noch öfter Probleme geben XD


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