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Freunde

Noah, Simon und Jana
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein weiterer kleiner One-Shot. Diesmal auch nicht weihnachtlich angehaucht, versprochen ;)

Wünsche euch viel Spaß beim Lesen und freue mich über Feedback. Komplett anzeigen

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Schokoladenchili, Kaktusfeigen und andere Klischees

Simon dreht und wendet die gelbliche Frucht in seinen Händen und betrachtet sie gründlich von allen Seiten. Dann rümpft er pikiert die Nase.

„Was ist das noch mal, Noah?“ fragt er.

„Kaktusfeige.“, beantworte ich ihm zum wiederholten Mal seine Frage.

„Und du bist echt sicher, dass man das essen kann?“
 

Ich verdrehe die Augen, muss aber trotzdem lächeln. Typisch Simon. Er war schon immer sehr pingelig, was Essen anging. Was er kannte, aß er ohne zu meckern, doch ihm Neues oder nichts (seiner Meinung nach) Alltägliches vorzusetzen und schmackhaft zu machen, war schwierig – sehr schwierig – auch wenn er es im Nachhinein meist liebte.
 

„Ja, ich bin ganz sicher! Sie wird dir bestimmt schmecken.“, erwidere ich. Ich stehe am Herd und bereite das heutige Abendessen vor. Jana, Simon und ich waren vor kurzem zusammengezogen, wie wir es uns vor Jahren vorgenommen hatten, und nun mussten wir uns regelmäßig mit Simons Essgewohnheiten plagen.
 

Jana und ich kochen gerne und experimentieren mindestens genauso gern mit neuen Zutaten. Ginge es nach Simon, äßen wir jeden Tag Pommes mit Bratwurst, Pizza oder irgendein anderes Gericht, das er von seiner Mutter kannte. Nein, natürlich hatte ich nichts gegen diese Gerichte, aber auf Dauer würden sie uns doch zum Hals raushängen.
 

Simon gibt ein verächtliches Schnauben von sich. Ich kann mir schon vorstellen, wie sich die Situation nachher entwickeln wird: er wird sich mit aller Macht weigern die Feigen auch nur zu probieren, ich werde ihn festhalten und Jana wird versuchen ihm einen Löffel der Frucht zuzuführen. Danach wird er nicht nur eine, sondern wahrscheinlich mehrere der Früchte verputzen, weil sie ihm so gut schmecken.
 

„Und die kommen aus China?“ brummelt er auf einmal hinter mir. Manchmal frage ich mich, ob er mir überhaupt zuhört, wenn ich ihm was erzähle. Und warum muss eigentlich alles was mit China zu tun haben, nur weil ich Sinologie studiere?
 

„Nein, das hab ich dir aber auch schon gesagt: man glaubt, dass die Kaktusfeige aus Mexiko kommt. Sicher ist man sich allerdings nicht.“, erläutere ich, während ich eine Dose Tomaten öffne und zu den bereits im Topf vorhandenen Zutaten gebe.

„Und da es heute Chili gibt, dachte ich, es sei ein passender Nachtisch, um die Schärfe etwas auszugleichen.“ Als Antwort bekomme ich nur ein Grummeln. Er ist nicht überzeugt, was habe ich auch anderes erwartet?
 

Ich decke den Topf ab, da nun alles etwas einkochen muss, und setze mich zu Simon an den Küchentisch. Die Kaktusfeigen liegen vor ihm und er beäugt sie noch immer misstrauisch. Daneben liegt die Schokolade, die ich später zum Chili hinzugeben werde. Ich muss leicht lachen, woraufhin Simon seinen Blick von den Feigen abwendet und stattdessen mich mustert.

„Warum lachst du?“
 

„Ich habe nur gerade daran gedacht, als du zum ersten Mal mein Chili gegessen hast und mir anschließend nicht glauben wolltest, dass Schokolade dran war. Und als ich es das nächste Mal gemacht habe, warst du dabei und hast du mich ganz entsetzt angeguckt, als ich sie tatsächlich dabei gemacht habe. Du wolltest partout nicht probieren, obwohl es dir beim ersten Mal so gut geschmeckt hatte.“
 

Simon zieht eine Schnute, während ich erzähle.

„Wer kann denn ahnen, dass das wirklich zusammenpasst und schmeckt?“ versucht er sich zu verteidigen.
 

„Du! Du hattest es ja schon mal gegessen.“

Ich muss wieder lachen, doch seine Schnute verschwindet nicht.
 

„Ich dachte ja, du hättest mich verarscht! Dann hast du aber auf einmal die Schokolade rein geschmissen und scheinbar absichtlich einen ganzen Topf Essen versaut! Dabei hatte ich mich schon so darauf gefreut.“
 

„Hättest du mal sofort probiert und dich nicht wieder so angestellt, hättest du gemerkt, dass es wie beim ersten Mal schmeckt.“

„Außerdem hätte es Jana und mir eine Menge Arbeit erspart.“, füge ich in Gedanken hinzu.

Daraufhin lehnt sich Simon in seinem Stuhl zurück und verschränkt beleidigt die Arme vor der Brust.
 

„Jetzt weiß ich es ja...“, erwidert er nach einiger Zeit des Schweigens kleinlaut.
 

„Ich mache dir ja auch keine Vorwürfe.“, versuche ich ihn aufzumuntern. „Und wenn du der Kaktusfeige nur eine Chance gibst, wirst du sie bestimmt lieben.“
 

Mehr als ein Grummeln bekomme ich nicht als Antwort, also begebe ich mich an den Herd und kümmere mich wieder um das Chili und lasse das Thema fürs Erste ruhen.
 


 

Jana kommt etwa eine Stunde später und genau richtig zum Essen heim. Wie ich sie gebeten hatte, hat sie frisches Baguette vom Bäcker in der Nähe ihres Ausbildungsbetriebs mitgebracht, das wir zum Chili genießen werden. Simon hatte sich zwischenzeitlich in sein Zimmer verzogen und wahrscheinlich weitergeschmollt, doch als er die Haustür hörte, kam auch er wieder in die Küche. Enttäuscht seufzend lässt er sich erneut am Küchentisch nieder.
 

„Auch nichts Essbares zum Nachtisch. Hättest du nicht ein paar Glückskekse oder so mitbringen können? Die schmecken wenigstens und wir hätten damit sogar was, das zu Noahs Studium passt.“
 

Jana schaut verwirrt von Simon zu mir.

„Was ist denn mit dem los?“ will sie wissen.
 

Ich erkläre ihr also die Situation, woraufhin auch sie nicht anders kann als – wie ich schon vor ihr – die Augen zu verdrehen.

„Glückskekse kriegt man hier zwar beim Chinesen“, korrigiere ich Simon anschließend, „in China selbst gibt es sie aber nicht. Sind nur hier und in den USA besonders beliebt.“, worauf ich jedoch nur ein genervtes „Hrmpf.“ von ihm ernte.
 

„Simon, mittlerweile solltest du wissen, dass wir dir nichts zu essen geben, das nicht schmeckt.“, versucht Jana nun ihr Glück ihn zu überzeugen, doch auch sie wird geflissentlich ignoriert.
 

Ich lasse unterdessen ein letztes Mal das Chili leicht aufkochen, fülle jedem eine Schale ein und geselle mich dann zu den beiden an den Tisch. Trotz seiner eben noch miesen Laune haut Simon ordentlich rein, höchstwahrscheinlich um den „Verlust“ seines Nachtisches auszugleichen.
 

Während des Essens tauschen wir uns über unseren Tag aus und Simon kehrt zu seinem üblichen quirligen Selbst zurück. Er erzählt ausschweifend von seinen Professoren und Kommilitonen, was er alles gelernt hat und noch mehr. Vergessen ist das Drama um den Nachtisch – als hätte es gar nicht stattgefunden. Als Jana und ich uns allerdings nach dem Abräumen wieder hinsetzen und unsere Kaktusfrüchte aufschneiden...
 

„Haben wir nicht irgendwas anderes im Haus? Ich will keine Kakteen essen.“
 

Jana und ich rollen simultan mit den Augen und versuchen seine Nörgelei zu ignorieren. Jana erzählt mir von dem Buch, das sie momentan liest, doch es ist schwer sich auf sie zu konzentrieren.
 

„Leute, hätten wir nicht zumindest ein paar Bananen oder so kaufen können? Oder Weintrauben? Ich hätte jetzt wirklich gern Weintrauben. Oder eine leckere Ananas.“ Er seufzt freudig, stellt sich wahrscheinlich vor, wie er erwähnte Früchte isst.

„Ich würde jetzt sogar eine Salatgurke essen, obwohl die nach nichts schmecken. Kiwis! Warum hast du keine Kiwis gekauft, Noah? Die sind auch exotisch, aber schmecken wenigstens gut. Oder Mangos! Ja, eine Mango wäre jetzt auch was Feines.“
 

Es fällt mir schwerer und schwerer Jana zuzuhören, weil Simon mit seinem Nörgeln einfach nicht aufhört. Und auch Jana selbst hat Schwierigkeiten gegen ihn anzukommen.
 

„Orangen, Tomaten, Kirschen, Erdbeeren, Äpfel, Birnen, Blaubeeren, Brombeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, so viele leckere Sachen und was kaufst du? Kakteen. Ich verstehe nicht, wie ihr das Zeug essen könnt. Das muss doch total-“
 

Er liegt mit dem Kopf auf seinen auf dem Tisch verschränkten Armen und zählt auf, was ihm in den Sinn kommt. Doch an diesem Punkt haben wir ihn bereits ignoriert und uns vorbereitet. Jana hat eine weitere Kaktusfrucht aufgeschnitten, mit einen Löffel etwas aus der Frucht geschabt und ist bereit Simon diesen im richtigen Moment zu verabreichen.
 

Dieser Moment ist schnell gekommen. Blitzschnell und gekonnt schiebt Jana Simon den Löffel in den Mund als er sich nach weitem Öffnen gerade wieder schließt, gibt Simon so gar keine andere Möglichkeit als das Fruchtfleisch zu schmecken. Und – wie ich bereits vorhergesehen hatte – leuchten seine Augen plötzlich auf und er grabbelt nach der Frucht in Janas Hand.
 

„Wow, das ist ja lecker. Warum habt ihr das nicht gleich gesagt?“
 

Ich lache laut los und Jana überlässt der grabbelnden Hand die Frucht. Ja, das ist unser Simon. Von fünf Früchten hat er schlussendlich 3 gegessen, obwohl er sie nicht mal probieren wollte.



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