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Yajuu 2

-beyond redemption-
von

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Alltag

Erschöpft kam ich nach Hause. Ich war noch nicht richtig in dem kleinen Flur angekommen, da stürmten sie schon auf mich zu.

„Lua ist wieder da!“, riefen sie wild durcheinander und voller Freude. Auch wenn ich müde war, so zauberten sie mir doch ein Lächeln auf das Gesicht.
 

Die Zwillinge erreichten mich als erstes und hängten sich an meinen Rockzipfel. Hinterher gestolpert, kam Tiara, die wie üblich den großen Stoffteddy hinter sich herzog, der größer als sie selbst war. Nur Luca stand noch am Türrahmen. Er war zum Glück schon aus dem Alter raus, um mir um den Hals zu fallen. Vorsichtig bahnte ich meinen Weg in die Küche. Die Zwillinge waren beide 9 Jahre alt, Tiara war gerade 5 geworden und Luca war noch 13 Jahre alt.

„Ähm Seth, Yara, könnt ihr bitte loslassen? Ich kann ja kaum laufen.“, widerwillig ließen die beiden Jungen von mir ab, blieben aber dicht bei mir.
 

An Luca gewandt, sagte ich: „Tut mir Leid, dass du sie heute wieder hast abholen müssen, aber meine Schicht hat länger gedauert.“ Er beäugte mich kritisch, während ich nach einer Dose im oberen Schrank suchte. Luca war immer recht schweigsam und es war schwer zu ihm durch zu dringen, aber dennoch hatte ich ihn genauso gern, wie die anderen drei. Ich selbst war gerade 19 geworden. Als ich 16 Jahre alt war, war ich dem damals 10 jährigen Luca begegnet. Ich wohnte damals schon allein, er auf der Straße und so nahm ich ihn bei mir auf. Im Laufe der Zeit waren dann auch die Zwillinge und Tiara mit dazu gekommen. Die Gründe waren leider immer dieselben, alle hatte ihre Familie durch Yajuu oder Exile verloren und da sich niemand um verwaiste Kinder kümmern wollte, hatte ich dies zu meiner Aufgabe gemacht.
 

Die Unterstützung vom Staat war gering und daher arbeitete ich hart, um über die Runden kommen zu können. An und für sich hätte ich das auch locker geschafft, wenn da nicht ein riesiges Problem gewesen wäre.

Endlich hatte ich die Dose gefunden. Als die Kleinen sie erblickten, verfinsterten sich ihre Gesichter sogleich.

„Ich weiß, ihr mögt sie nicht… aber es muss sein.“, versuchte ich sie zu beschwichtigen. Denn das, was sich in der Dose befand, war die Lebensversicherung meiner Schützlinge.

Vor über 70 Jahren war es nämlich gelungen erstmals einen Impfstoff gegen den Y-Virus zu entwickeln, der Virus der die Mensch zu Yajuu oder Exile werden ließ. Wieso genau er unterschiedlich reagieren konnte, war noch immer nicht bekannt. Jedenfalls war der Impfstoff nicht perfekt. Er senkte die Infektionsrate um knapp 60%. Nach diesem Teilerfolg war intensiv weiter geforscht worden und so wurden diese Pillen entwickelt. Diese Pillen waren in der Lage die Ausbreitung des Virus innerhalb des Körpers zu stoppen. Infizierte konnte so weiterhin Menschen bleiben, wenn sie die Tabletten regelmäßig einnahmen. Die Anzahl der täglichen Dosis wurde durch den Grad der Infektion bestimmt. So mussten manche nur eine und andere 5 Tabletten am Tag zu sich nehmen.
 

Selbst bereits mutierte Menschen konnten mit Hilfe der Pillen die neuen Instinkte unterdrücken und weiter als Menschen leben. Klang doch alles ganz gut, oder? Doch es gab einen großen Haken an der Sache… der Preis.

Der Staat garantierte, dass bei Armut die Kosten für die Behandlung einer infizierten Person übernommen wurde, doch in meinem Fall gab es mehrere Betroffene und dies ließ das monatliche Budget stark schrumpfen. Vor den Kindern ließ ich mir meine Sorgen natürlich nicht anmerken, aber es nagte doch sehr an mir. Ich hatte drei Jobs und arbeitete oft 10 Stunden bei dem einen Beruf, nur um dann zum anderen für weitere 10 Stunden zu hechten. Schätzungsweise sah man mir auch an, dass ich fertig war.
 

Nachdem die Zwillinge und Tiara tapfer ihre Tabletten genommen hatten und sich in ihre Zimmer zum Spielen zurückzogen, hatte ich endlich Zeit für mich. Behutsam räumte ich die Dose wieder weg und begann mit den Vorbereitungen für das einfache Abendessen. Erst jetzt bemerkte ich, dass Luca noch immer im Türrahmen stand.

„Wann wirst du deine Tabletten nehmen?“, fragte er in seinem typischen, ruhigen Ton. Luca war sehr intelligent und daher war es auch nicht verwunderlich, dass er mich durchschaute wie ein Buch.

Ich versuchte mich dennoch heraus zu reden: „Ich werde sie nehmen, wenn die Kleinen schlafen, keine Sorge.“ Mein Lächeln war falsch und das sah er sofort.

„Wie lange nimmst du sie schon nicht mehr? Hör zu… ich kann auch noch einen zweiten Job annehmen, wenn das Geld nicht reicht. Nur du darfst nicht zu einer von denen werden.“
 

Langsam ließ ich das Messer in meiner Hand sinken. Tränen standen in meinen Augen. Es war schon schlimm genug, dass er mit 13 Jahren schon arbeiten musste, damit er mich unterstützen konnte, doch ich würde nicht zulassen, dass er noch einen Job annehmen würde, zumal er ja auch noch Schule hatte.

„Nein, ich schaff das schon. Ich habe morgen mehrere Termine zu erledigen. Zum Beispiel frage ich im Amt um mehr Unterstützung an und meine Chefs will ich auch fragen, ob sie nicht meinen Lohn aufstocken könnten. Das wird schon werden, keine Sorge.“ Sein Blick sah nicht erleichterter aus, im Gegenteil, aber er gab nach. Wortlos drehte er sich um und verschwand auf sein Zimmer. Während ich ihm hinterher blickte, kam der Hustenanfall hervor, der sich schon die ganze Zeit angekündigt hatte. Ich dämpfte es mit meinem Ärmel ab, doch als ich diesen wieder wegnahm, sah ich die Blutflecken, die sich darauf befanden.

Ich biss die Zähne zusammen und verkniff mir die Tränen. Ich konnte jetzt nicht aufgeben.
 

Am nächsten Tag ging ich, wie ich es Luca gesagt hatte auf verschiedene Ämter und zu meinen Chefs, ein großer Fehler.

Jeder Antrag wurde mir sofort abgelehnt. Die Ämter meinten, dass sie uns schon genug unterstützen würden. Die Mitarbeiter kannten kein Mitleid. Ohne mit der Wimper zu zucken, sagten sie mir einer nach dem anderen eiskalt ihre Antwort ins Gesicht.

Bei meinen Chefs lief es nicht besser. Der Erste lehnte Formal ab, der Zweite hätte mir zwar helfen wollen, jedoch fehlte ihm selbst das Geld dazu… Der Dritte, ein furchtbarer Egomane und Choleriker. Er schmiss mich aus seinem Büro und drohte mir sogar mit einer Kündigung, sollte ich so etwas noch einmal fordern. So machte ich mich also enttäuscht und mit leeren Händen auf den Heimweg. Mir war ein wenig schwindelig und ich fühlte mich krank, wie schon seit längerem, aber ich ignorierte die Symptome. Ich redete mir ein, das alles wäre nur eine einfache Erkältung, auch wenn ich es besser wusste.
 

Auf meinem Heimweg kam ich stets über eine ziemlich lange Brücke. In ihrer Mitte fuhren viele Autos, doch an den Seiten waren extra Wege für Fußgänger und Fahrradfahrer eingerichtet worden. Oft ging ich hier entlang, wenn ich mal wieder betrübt war und eine Auszeit brauchte. Von hier oben ging es steil herab. Unter der Brücke befand sich nur Schutt und Geröll. Vereinzelt wuchsen ein paar Gräser, aber das machte das ganze auch nicht ansehnlicher. Keine Ahnung, was ich an diesem Ort so beruhigend fand.

Während ich so meines Weges ging, sah ich im Augenwinkel einen Schatten. Er bewegte sich unnatürlich schnell. Ich tat so, als hätte ich nichts bemerkt und ging unbeirrt weiter. Doch der Schatten wich nicht. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, dass er immer näher rücken würde. Mein Schritt wurde schneller bevor ich es realisierte. Bald schon hastete ich regelrecht über die Brücke. Schockiert stellte ich fest, dass auch der Schatten schneller wurde. Er zog seine Kreise immer enger und enger. Ich saß in der Falle und weit und breit war kein anderer Mensch in Sicht.

Schon bald ging mir die Puste aus. Verschlimmert wurde das durch meinen sowieso desolaten Gesundheitszustand. An die Brüstung gelehnt, schnappte ich angestrengt nach Luft. Schweiß rann mir das Gesicht herab. Da Ende Herbst war und schon recht kalte Temperaturen vorherrschten, hatte ich mich dick angezogen, was sich nun rächte.

Als ich aufblickte, zuckte ich noch mehr zusammen. Eine Person näherte sich mir. Mir war zwar schleierhaft woher sie nun kam, doch ich hatte das Bedürfnis sie zu warnen. Vielleicht war der Schatten nur auf mich fokussiert und diese Person hatte noch eine Chance auf Flucht. Mir fehlte jedoch die Stimme um ihr das mitzuteilen. Ich wusste nicht einmal, ob sie den Schatten bereits gesehen hatte oder ob sie nur dachte, ich wäre allein und hätte Atemschwierigkeiten.
 

Einige Meter vor mir, blieb die Person plötzlich stehen. Ein langer Mantel flatterte im Wind. Da er jedoch offen war, erkannte ich die Silhouette einer Frau. Ihr Gesicht sah ich nicht, da ein großer dunkelroter Hut, der schien, als wäre er schon älter, dieses verdeckte. Mir fröstelte bei ihrem Anblick, war sie doch nur dünn angezogen. Jedoch schien ihr das nicht das Geringste auszumachen.
 

„Alles in Ordnung?“, fragte sie mich mit einer melodisch klingenden Stimme. Zwischen zwei Atemzügen, brachte ich ein: „Ja, aber hier ist etwas…“, heraus.

Sie lächelte daraufhin amüsiert, soviel sah man noch.

„Ich weiß.“, war ihre mir rätselhafte Antwort. Gerade wollte ich fragen, wieso sie dann hierher gekommen war, da erschien der Schatten einige Meter vor ihr. Ich befand mich zwischen den beiden. Meine Augen weiteten sich und ich vergaß zu atmen. Zwar hatte ich schon viel von den Yajuu gehört, gesehen hatte ich aber noch keinen in echt. Die Gestalt dieses Yajuu war grotesk. Er erinnerte mich an eine Mischung aus Bär und vielleicht ein Dachs oder so was in der Art. Aber er hatte viele Klingen und Klauen und sehr spitze, lange Zähne. Wieso nur, reagierte diese Frau in keiner Weise? Sie zuckte nicht mal.

„Mädchen, Lauf.“, sprach die Unbekannte auf einmal. Kurz starrte ich sie an, doch sie meinte es todernst. Trotz meines schlechten Gewissens rannte ich los. Ich durfte hier nicht sterben. So konnte ich meine kleine Familie ja nicht einfach zurücklassen.

Als sich meine Beine in Bewegung setzten, spürte ich einen Luftzug an mir vorbeiziehen. Die Frau hatte sich ebenfalls in Bewegung gesetzt und rannte nun auf den Yajuu zu, der sich seinerseits ebenfalls auf den Angriff vorbereitete.
 

Auch als meine Lungen schon brannten, rannte ich weiter. So kam ich einige Zeit später völlig fertig zu Hause an. Zum Glück war noch niemand weiter da. Luca würde die Kleinen heute noch mal abholen, ich konnte mich also ausruhen.

Nach einer viertel Stunde konnte ich schließlich wieder normal atmen. Ich machte es mir auf der Couch gemütlich, deckte mich zu und schaltete den Fernseher an, welcher nur selten lief. Unschlüssig schaltete ich durch die Programme, bis ich bei den Nachrichten hängen blieb. Der junge Sprecher stand gerade auf einer Brücke. Hinter ihm sah man Blut, welches überall umher gespritzt war.

Es war dieselbe Brücke auf der ich bis vor einer Stunde noch selbst gewesen war. Ich erhöhte die Lautstärke und starrte wie gebannt auf das Bild. Die Frau musste wohl gestorben sein. Sofort schaltete sich mein Gewissen wieder ein, als der Nachrichtensprecher sagte: „Ersten Untersuchungen zu Folge, handelt es sich bei den Leichenteilen um Teile eines Yajuu. Die Spurensuche ist noch zu Gange, erste genaue Ergebnisse werden voraussichtlich in ein paar Tagen erwartet…“, dann hörte ich nicht mehr zu, denn ich war fassungslos.
 

Yajuu? Diese sonderbare Frau hatte einen Yajuu getötet? Aber sie hatte doch gar keine Waffen dabei gehabt, als ich ihr begegnet war… zumindest nicht, was einen Körper so zerreißen könnte. Ein kalter Schauer lief über meinen Rücken. Dann fiel mein Blick auf die Uhr. Es war höchste Zeit mit dem Abendessen anzufangen. Ich raffte meinen müden Körper also auf und schleppte mich in die Küche.
 

Am Abend hörte ich mir dann aufmerksam die Geschichten der Kleinen an. Sie erzählten aufgeregt, was sie heute alles in der Schule gemacht hatten und ich hörte gerne zu. Es heiterte mich auf ein wenig Normalität im Leben zu haben.

Der schweigsame Luca hielt nicht mehr viel von solchen Konversationen. Er regelte seine Sorgen alleine, auch wenn ich ihm immer wieder erklärte, dass es nicht gut war alles in sich hinein zu fressen. Aber natürlich konnte ich ihn nicht zwingen mir etwas zu erzählen und das wollte ich auch gar nicht.

Als schließlich alle in ihren Betten waren, war es Zeit für mich zur Arbeit zu gehen. Einer meiner Jobs war Kellnerin in einer recht billigen Kneipe. Die Atmosphäre dort war hart, aber dennoch war es mein Lieblingsjob von allen, die ich so machte.
 

Die Nacht war recht kühl und es nieselte ein wenig. Ich zog meinen Mantel enger um mich und ging eilig durch die Straßen. Nicht das ich Angst hatte, aber ganz sicher war mir nicht zu mute, schließlich gab es genug Yajuu und Exile, die hier ihr Unwesen trieben. Meine Schritte hallten an den Wänden der dunklen Häuser wider. Endlich erreichte ich die kleine Gasse in der die Bar lag. Durch den Hintereingang trat ich ein und zog meinen Mantel aus. Mein Chef war ein schweigsamer, aber doch herzlicher Mensch, wenn man ihn näher kannte. Mit einem typischen Nicken begrüßte er mich und ich lächelte fröhlich zurück.

Wenig später hatte ich meinen Platz hinter der Theke eingenommen und bediente die ersten Gäste. Alles waren Leute, die ich bereits gut kannte. Ab und zu führten sie einen kleinen Plausch mit mir oder wollten mit mir einen anstoßen. Auch wenn ich müde war und mich nicht gut fühlte, war dies doch ein Ort der Entspannung für mich geworden.
 

Irgendwann hörte ich die Türklingel und sofort hob ich den Blick zur Tür. Hinein kam eine Gestalt, die mit Hut und Umhang verhüllt war. Ich kniff die Augen zusammen, als ich sie erkannte. Das war doch die seltsame Frau von der Brücke? Anscheinend hatte sie nicht mal einen Kratzer abbekommen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Raishyra
2014-03-25T17:58:20+00:00 25.03.2014 18:58
Ohhh, keine Ahnung vom ersten Teil, aber ich finde es bis jetzt schon ziemlich gut :3 Zudem finde ich dein Cover einfach geil xD Es sieht so toll aus~ Bin mal gespannt wie es weiter geht^^


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